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Hans-Jürgen Lange · H. Peter Ohly · Jo Reichertz (Hrsg.) Auf der Suche nach neuer Sicherheit

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Hans-Jürgen Lange · H. Peter Ohly · Jo Reichertz (Hrsg.)

Auf der Suche nach neuer Sicherheit

Sozialwissenschaften im ÜberblickHerausgegeben von GESIS

Hans-Jürgen Lange H. Peter Ohly Jo Reichertz (Hrsg.)

Auf der Suche nachneuer SicherheitFakten, Theorien und Folgen

Unter redaktioneller Mitarbeit vonStefan Jakowatz

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

GESIS-IZ in Kooperation mit dem Interdisziplinären Arbeitskreis Innere Sicherheit (AKIS)

GESIS ist ein Institut der Leibniz-Gemeinschaft

1. Auflage 2008

Alle Rechte vorbehalten© VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008

Lektorat: Katrin Emmerich / Marianne Schultheis

VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media.www.vs-verlag.de

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Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, HeidelbergDruck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., MeppelGedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem PapierPrinted in the Netherlands

ISBN 978-3-531-16124-2

Inhalt

Auf der Suche nach neuer Sicherheit - Eine EinführungHans-Jürgen Lange, H. Peter Ohly, Jo Reichertz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

1 Ausgewählte Handlungsfelder

PräventionskonzepteHelmut Kury . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

KriminalitätDietrich Oberwittler, Jost Reinecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

Organisierte KriminalitätKarlhans Liebl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

Terrorismus - Im Zentrum der politischen Debatte, immer noch an denRändern der Forschung?Wilhelm Knelangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

Von der Pathogenie des StrafvollzugsRationale Erklärung für ein irrationales PhänomenMichael Alex, Thomas Feltes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

2 Politik der Inneren Sicherheit

Akteure der Inneren Sicherheit: Vom Öffentlichen zum PrivatenThomas Feltes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

Innere Sicherheit im Bund, in den Ländern und in den KommunenHans-Jürgen Lange, Bernhard Frevel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

Auf dem Weg zu einer europäischen Architektur der Inneren SicherheitBernhard Frevel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

3 Markt und Innere Sicherheit

Zur Ökonomie der Inneren SicherheitCay Folkers, Jürg Weißgerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

Zur Privatisierung verloren geglaubter Sicherheit in der KontrollgesellschaftHubert Beste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

Technik und Systeme der Inneren SicherheitStephan Heinrich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

polizei.de oder: Verändert das Internet die Praxis polizeilichen Arbeitens?Sylvia Marlene Wilz, Jo Reichertz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221

4 Soziale Konstruktion der Inneren Sicherheit

KriminalitätsfurchtErscheinungsformen, Trends und soziale DeterminantenKarl-Heinz Reuband. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

Erweiterung des SicherheitsbegriffsStephan Heinrich, Hans-Jürgen Lange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253

Soziale Kontrolle im öffentlichen RaumStefanie Eifler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269

Raum und Architektur der Inneren SicherheitHerbert Schubert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281

Medien und Innere SicherheitJoachim Kersten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293

5 Bürger und Rechtsstaat

Innere Sicherheit und bürgerrechtliche FreiheitVon der „Rettungsfolter“ bis zur elektronischen RundumüberwachungMartin Kutscha . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309

Freiwilliger Verzicht auf BürgerrechteChristoph Gusy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321

Sicherheitsgewährleistung im kooperativen VerfassungsstaatMartin Morlok, Julian Krüper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331

6 Wissenschaft und Innere SicherheitThomas Feltes, Axel Groenemeyer, Susanne Krasmann, Hans-Jürgen Lange,Klaus Neidhardt, Helge Peters, Jo Reichertz, Fritz Sack . . . . . . . . . . . . . . . . . 343

7 Szientometrische Analyse

Die Innere Sicherheit im Spiegel der deutschsprachigen LiteraturH. Peter Ohly . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377

Ausblick zur SicherheitsforschungHans-Jürgen Lange, H. Peter Ohly, Jo Reichertz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393

Anhang

Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415

Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429

Weiterführende Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435

6 Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

9/11 11. September 2001AbfBtrBV Verordnung über Betriebsbeauftragte für AbfallAbs. AbsatzAG Kripo Arbeitsgemeinschaft KriminalpolizeiAK II Arbeitskreis II der InnenministerkonferenzAKIS Interdisziplinärer Arbeitskreis Innere SicherheitALLBUS Allgemeine Bevölkerungsumfrage der SozialwissenschaftenARD Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der

Bundesrepublik DeutschlandArt. ArtikelAufl. AuflageB.A. Bachelor of ArtsBAG Bundesamt für GüterverkehrBAMF Bundesamt für Migration und FlüchtlingeBfD Bundesbeauftragter für den DatenschutzBd. / Bde. Band / BändeBDWS Bundesverband deutscher Wach- und SicherheitsunternehmenBfV Bundesamt für VerfassungsschutzBGH BundesgerichtshofBGHSt Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshof in StrafsachenBGS BundesgrenzschutzBImSchG Bundes-ImmissionsschutzgesetzBITKOM Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue MedienBKA BundeskriminalamtBMI Bundesministerium des InnernBMJ Bundesministerium der JustizBMVg Bundesministerium für VerteidigungBND BundesnachrichtendienstBPol BundespolizeiBR-Drucks. Drucksache des Deutschen BundesratesBVerfGE BundesverfassungsgerichtBVerSchG BundesverfassungsschutzgesetzBvR Aktenzeichen einer Verfassungsbeschwerde zum BundesverfassungsgerichtBZ Berliner ZeitungCCTV Closed Circuit TelevisionCEPOL Europäische PolizeiakademieCIA Central Intelligence AgencyCID Common Interest DevelopmentCNN Cable News NetworkCOPS Common Open Policy ServiceCPTED Crime Prevention Through Environmental DesignDHPol Deutsche Hochschule der PolizeiDHPolG Gesetz über die Deutsche Hochschule der Polizei

DNA DesoxyribonukleinsäureDrucks. DrucksacheDSM Dezentrales SchichtdienstmanagementDVD Digital Versatile DiscEG Europäische GemeinschaftEGKS Europäische Gemeinschaft für Kohle und StahlEGStGB Einführungsgesetz zum StrafgesetzbuchETA Euskadi Ta AskatasunaEU Europäische UnionEURODAC System für den Vergleich von Fingerabdrücken von Asylbewerbern und illegalen Ein-

wanderern zwecks Erleichterung der Anwendung des Dubliner Übereinkommens (EU)EZK Europäisches Zentrum für KriminalpräventionFAZ Frankfurter Allgemeine ZeitungFBI Federal Bureau of InvestigationFEM Führungs- und EinsatzmittelFR Frankfurter RundschauG4S Group 4 SecuricorGAM Groupe d’Assistance MutuelleGASP Gemeinsame Außen- und SicherheitspolitikGBA GeneralbundesanwaltGdP Gewerkschaft der PolizeiGG Grundgesetz für die Bundesrepublik DeutschlandGIZ Gemeinsames InternetzentrumGPS Global Positioning SystemGTAZ Gemeinsames Terrorismus-AbwehrzentrumHZ Häufigkeitszifferi.V.m in Verbindung mitIAO Information Awareness OfficeIBPdL Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der LänderIBZ Internationale Bibliographie der ZeitschriftenliteraturIKPO Internationale kriminalpolizeiliche OrganisationIM NRW Innenministerium Nordrhein-WestfalenIMK InnenministerkonferenzInfoDOK Präventionsdatenbank „Infopool Prävention“INPOL Informationssystem der PolizeiIRA Irish Republican ArmyIT InformationstechnologieIuK Information und KommunikationJGG JugendgerichtsgesetzJVA JustizvollzugsanstaltKFN Kriminologisches Forschungsinstitut NiedersachsenKFZ KraftfahrzeugKGST Kommunale Gemeinschaftsstelle für VerwaltungsvereinfachungKKP Kommunale KriminalpräventionKrimJ Kriminologisches JournalKrimLex Kriminologie-LexikonKrimZ Kriminologische Zentralstelle e.V.Kripo KriminalpolizeiKrW/AbfG Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen

Beseitigung von Abfällen

8 Abkürzungsverzeichnis

LfV Landesbehörde für VerfassungsschutzM.A. Master of ArtsMAD Militärischer AbschirmdienstMIPT National Memorial Institute for the Prevention of TerrorismMSchrKrim Monatsschrift für Kriminologie und StrafrechtsreformNds NiedersachsenNGO Non-Governmental OrganizationNIAS Nachrichtendienstliche Informations- und AnalysestelleNJW Neue Juristische WochenschriftNRW Nordrhein-WestfalenNSM Neues SteuerungsmodellNStZ Neuen Zeitschrift für Strafrechtnsur new surveillancenup new urban policingOECD Organisation for Economic Co-operation and DevelopmentOK Organisierte KriminalitätOSZE Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in EuropaOVGE OberverwaltungsgerichtOWiG Gesetz über OrdnungswidrigkeitenPC PersonalcomputerPFA Polizei-FührungsakademiePIAS Polizeiliche Informations- und AnalysestellePJZ Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in StrafsachenPKS Polizeiliche KriminalstatistikPolizei DBT Polizei beim Deutschen BundestagPrävIS Präventionsinformationssystem im InternetRAF Rote Armee FraktionRöV Verordnung über den Schutz vor Schäden durch Röntgenstrahlung - RöntgenverordnungSDÜ Schengener DurchführungsübereinkommenSfV Schule für VerfassungsschutzSIS Schengen-InformationssystemSOLIS Sozialwissenschaftliches LiteraturinformationssystemStasi Staatssicherheit; umgangssprachlich für: Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der

Deutschen Demokratischen RepublikStGB StrafgesetzbuchSTPO StrafprozessordnungStrlSchV StrahlenschutzverordnungStVollzG StrafvollzugsgesetzSV SicherungsverwahrungTREVI Terrorism, Radicalism, Extremism, Violence International (Kooperation der EG-Staaten

zur TE-, OK- und RG-Bekämpfung)UA FEK Unterausschuss Führung, Einsatz und Kriminalitätsbekämpfung des Arbeitskreises II der

InnenministerkonferenzUA IuK Unterausschuss Informations- und Kommunikationstechnologie des Arbeitskreises II der

InnenministerkonferenzUAG UmweltauditgesetzUN United NationsVIVA Modellbeschreibung: wertvoll (V), leicht transportabel (I), gut sichtbar (V), zugänglich (A)vs. versusWasSG Wassersicherstellungsgesetz

Abkürzungsverzeichnis 9

WHG WasserhaushaltsgesetzWM WeltmeisterschaftWSD Wasser- und SchifffahrtsdirektionWSV Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des BundesZIJ Zusammenarbeit in der Innen- und JustizpolitikZKA ZollkriminalamtZPD Zentrale Polizeitechnische Dienste

10 Abkürzungsverzeichnis

Auf der Suche nach neuer Sicherheit - Eine Einführung

Hans-Jürgen Lange, H. Peter Ohly, Jo Reichertz

Am 11. September 2001 stürzten in New York zwei Türme ein. Mit dem Kollaps der Twin To-wers bekam die Sicherheitsarchitektur mancher westlicher Länder Risse. Das führte in vielenLändern des Westens dazu, dass das gesamte Konzept der Inneren Sicherheit neu überdachtund überarbeitet wurde. Auch wenn 9/11 nicht der wirkliche Beginn der Neuordnung der in-neren Sicherheit im Westen war – der hatte schon früher begonnen –, muss 9/11 wegen seinertief greifenden Auswirkungen dennoch als ganz zentrales geschichtliches Ereignis angesehenwerden.

Medien, regionale wie überregionale, und der allgemeine Prozess der Mediatisierungspielten bei dem Prozess der Neuordnung und deren Legitimierung eine wichtige und auchqualitativ neue Rolle, da sich alle Beteiligten – Terroristen, Politiker, Wissenschaftler etc. –ihrer bedienten. Besonders markante, weil dramatische und theatrale Großereignisse wie dieAnschläge vom 11. September 2001 in New York oder die vom 11. März 2004 in Madrid sindmedial gut vermittelbar und dienen deshalb oft dazu, Neuorientierungsprozesse anzustoßenbzw. bereits ablaufende zu deuten und zu rechtfertigen. So gaben die Terroranschläge in NewYork in fast allen westlich orientierten Staaten (für alle Akteure) den symbolischen Katalysa-tor ab, mit dem teils weit reichende Veränderungen der Politik der Inneren Sicherheit legiti-miert wurden und immer noch werden (vgl. z.B. Reichertz 2003, Hitzler/Reichertz 2003,Heitmeyer/Soeffner 2004, Lange 2005, Kemmesies 2006).

Die US-amerikanische Regierung verarbeitete die Anschläge gegen ihre Symbole derwirtschaftlichen und militärischen Macht nicht nur mit einer groß angelegten PR-Kampagnezum neuen Willen zur Macht und dem Kriegszug nach Afghanistan (dem später dann ein wei-terer in den Irak folgte), sondern sie schuf sehr schnell auch neue, speziell gegen Terroristengerichtete Droh- und Abschreckungsmöglichkeiten und zudem eine wesentlich neue Sicher-heitsarchitektur. Dazu gehörte nicht nur das sehr laute Nachdenken über die Rechtfertigungvon Folter im Falle von mutmaßlichen Terroristen und die Straffreiheit im Falle von Straftatenamerikanischer Soldaten, sondern auch die Einrichtung geheimer Militärtribunale, die inbestimmten Situationen ohne jede Öffentlichkeit Todesstrafen verhängen können.

Weitere Maßnahmen, deren Bedeutung man innenpolitisch kaum überschätzen kann, wa-ren die Beschlüsse, ein Ministerium für Heimatschutz und ein „Information AwarenessOffice“ (IAO) einzurichten. Dem neuen Ministerium obliegt die Aufgabe, in Zukunft alle si-cherheitsrelevanten Informationen ohne Reibungsverluste zusammenzuführen und auszu-werten, und dem IAO die Aufgabe, die Inlandsaufklärung zentral und umfassend zu betrei-ben. Das FBI, das mit mäßigem Erfolg bislang für die Inlandsaufklärung zuständig war, wirdsich in Zukunft auf die Strafverfolgung beschränken. Damit wurde das amerikanische Gebäu-de der Inneren Sicherheit nicht nur mit einem tagesaktuellen Neuanstrich versehen, also reno-viert, sondern dieses Gebäude wurde grundsätzlich umgebaut – was die Frage aufwarf und-wirft, inwieweit diese genannten Maßnahmen mit der amerikanischen Verfassung in Ein-klang zu bringen sind.

Es stellt sich aber auch die Frage, welche Auswirkungen die Ereignisse in den USA fürdie deutsche Entwicklung hatten und haben. Ohne Zweifel ist der schon vor 9/11 in Deutsch-land begonnene Diskurs durch die Ereignisse in Übersee und die politischen Reaktionen maß-geblich beeinflusst worden.

Der ganz allgemeine Befund zur deutschen Lage lässt sich in einen Satz fassen: Die öf-fentlichen Sicherheitsaufgaben werden staatlich und gesellschaftlich neu verteilt. Der Staatzieht sich aus dem Prozess der Herstellung von Sicherheit und Sicherheitsgefühl keineswegszurück. Er übergibt einerseits zunehmend Aufgaben an private Unternehmen, NGOs, Vereineund Bürger, er reklamiert andererseits neue Zuständigkeiten oder baut bestehende aus. Inwie-weit trotz (oder gerade wegen) der veränderten Arbeitsteilung zwischen dem Staat und ande-ren Akteuren die Erreichung und Erhaltung von „Innerer Sicherheit“ gerade von der Hand-lungs-, Koordinations- und Steuerungsfähigkeit des Staates (auf allen Ebenen) abhängt, istnoch offen, ebenso die Frage, wie die neuen Herausforderungen durch die anderen, neuen Ak-teure in dem Feld gehandhabt werden. Zudem scheint es so zu sein, dass die durch die traditio-nellen Begriffe gezogenen Grenzen zwischen den Akteuren der „Politik Innerer Sicherheit“ebenso wie etwa die Grenzen zur „äußeren Sicherheitspolitik“ fließend geworden sind undder permanenten, gegenwärtig besonders intensiven Neudefinition unterliegen.

Hinsichtlich der Neuverteilung von Sicherheitsaufgaben ist es angebracht, genau zwi-schen Regulation und Deregulation zu differenzieren. Denn neben den (nach wie vor ablau-fenden) Deregulierungsprozessen sind offenbar immer auch Tendenzen der Neu-, Um- undRe-Regulierung zu verzeichnen.

Hinzu kommt, dass dort, wo Deregulationen im Sinne des Rückzugs staatlicher Regulie-rungstätigkeit stattfinden, nicht notwendigerweise eine regulationsfreie Sphäre entsteht. Si-cherlich besteht die Möglichkeit, dass anarchische Gewaltverhältnisse ein Regulationsvaku-um füllen, aber genauso finden sich unterschiedliche Formen institutionellen Wandels, in de-nen formelle (staatliche) Regulationen durch informelle Formen ersetzt werden.

Deshalb kann nicht von einer „Entstaatlichung“ der Sicherheitsherstellung gesprochenwerden, also einer Freistellung des Staates von der Verantwortung („Aufgabe der Aufgabe“;vgl. Offe 1994), sondern von einer umfassenden Modifikation der staatlichen Verantwortung,vom Wandel des Staates zum „Gewährleistungsstaat“ (Voßkuhle 2003, Heintzen 2003). Zubeobachten ist eine vielfältige, verstärkte und/oder neuartige Präsenz des Staates (vgl. Grande2004, Held 2000, Koch 1997, Jänicke 1996, Scharpf 2000a, Scharpf/Schmidt 2000, Weiss1998), z. B. in den Bereichen Überwachen, Vorbeugen und Kontrolle, also der Kustodialisie-rung (vgl. van Elsbergen 2004).

Im Hinblick auf mit heißer Nadel gestrickte rechtliche Regelungen unter Überprüfungs-vorbehalt ist nicht nur eine zunehmende „Flüchtigkeit der Gesetzgebung“ zu beobachten, Ge-setzgebung hat ebenso in steigendem Maße auch „tentativen“ Charakter, um auf wechselndeVerhältnisse schnell reagieren zu können. Private Anbieter innerer Sicherheit kommen insSpiel: Effizienzsteigerungen und Kostenersparnisse durch breite Etablierung von Public Pri-vate Partnerships werden in Aussicht gestellt. Es muss weiterhin in Rechnung gestellt werden,dass politische Steuerung vermehrt durch Delegation von Aufgaben an ein Netzwerk vonAkteuren „im Schatten der Hierarchie“ erfolgt (Scharpf 2000b).

An dem aktuell zu beobachtenden Sicherheitsdiskurs sind zunächst die direkt für die Ge-setzgebung verantwortlichen Sicherheitspolitiker beteiligt. An ihm nehmen aber auch die In-stitutionen und gesellschaftlichen Gruppen teil, die für die Gewährleistung von innerer Si-

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cherheit verantwortlich sind bzw. die sich für die Gewährleistung der inneren Sicherheit ver-antwortlich wähnen. So kommt es zu einem hochkomplexen, von verschiedensten Interessenher angegangenen und in einer dynamischen Machtformation stehenden, in sich widersprüch-lichen und unübersichtlichen Verständigungsprozess, mit dem sicherheitspolitische Selbst-verständlichkeiten zur Disposition gestellt und durch neue Dispositionen ersetzt werden.

Diese Prozesse vollziehen sich im Rahmen der etablierten politischen, juristischen undethischen Legitimationsdiskurse und mit Hilfe der gegebenen Medien der Gesellschaft. Andiesem Prozess sind die unterschiedlichsten Akteure beteiligten, seien es Politiker und Minis-terialbeamte, Vertreter organisierter Interessen, ebenso wie Polizisten und Richter, so genann-te Schwarze und Blaue Sheriffs ebenso wie Bodyguards und Sky Marshals, Polizeiforscher,Journalisten, Fernsehmacher, Detekteien und Sicherheitsfirmen, ebenso wie Bürgerwehren,Sicherheitswarte, Jugendgerichtshilfen und Streetworker (vgl. Lange 2000, 2003, 2008). ImDiskurs behandelt werden Repression wie Prävention, das öffentliche Warnen und Aufklären,das Erstellen von Ratgebern genauso wie das Herausgeben von Kriminalstatistiken, die Aus-bildung in Kampfsportarten wie der Besitz von Waffen, das Beobachten von öffentlichenPlätzen mit Videokameras wie die Ausstrahlung von Fernsehsendungen, die auf Ordnung undSicherheit zielen, aber auch alle Maßnahmen zur Erschwerung von Geldwäsche und das sys-tematische Scannen des World Wide Web nach strafbaren Inhalten. Dazu gezählt werdenmüssen aber auch die unterschiedlichen Bewegungen zur Aufwertung der Innenstädte durchdie Beseitigung von Müll sowie die Ausgrenzung von Bettlern, Drogenabhängigen und Pro-stituierten, die Beratung von Drogenkonsumenten in den „Locations“, die Bürgerbeteiligungbei Betreuungsaufgaben, die bewachende Nachbarschaftshilfe und die geschützten Wohnge-biete für Ältere und Wohlhabende (vgl. Wehrheim 2000, 2002). Gewiss gehören auch allewissenschaftlichen Debatten über die innere Sicherheit, das plötzliche Erstarken des Bro-ken-Window-Ansatzes (vgl. Wilson/Kelling 1996), die Übernahme des Zero-Tolerance-Kon-zepts durch eine Reihe von bundesdeutschen Städten (vgl. Dreher/Feltes 1997) und die gesell-schaftspolitischen Auseinandersetzungen über einen steigenden Bedarf an verhaltensorien-tierenden Traditionen und Werten dazu.

Der Nationalstaat „Deutschland“ sucht sich in Zeiten der Krise der staatlichen Steue-rungsfähigkeit, angesichts der Versprechungen des „New Public Management“ und des„Neuen Steuerungsmodells“, unter den Bedingungen der Globalisierung und der Denationali-sierung neue Rollen und Aufgabenzuschnitte (vgl. Krasmann 2003: 175ff., Lange/Schenck2004: 55ff., Zürn 1998: 12). Ausdruck hierfür ist auch das 7. EU-Forschungsrahmenpro-gramm, wo Sicherheitsforschung erstmals als eigener primärer Themenschwerpunkt ange-sprochen wird und dafür 1,4 Milliarden EUR bis zum Jahr 2013 bereitgestellt werden – eben-so wie das gesonderte Sicherheitsforschungsprogramm der Bundesregierung. Zu nennen istgenerell der Haushalt 2008 der Bundesregierung, in dem 3,5 Milliarden EUR für die Aufga-ben der inneren Sicherheit veranschlagt werden.1 Während die Ausgaben für äußere Sicher-heit rückläufig sind, nehmen die Ausgaben für innere Sicherheit, und zwar sowohl für öffent-liche Sicherheit und Ordnung wie auch für Rechtsschutz, kontinuierlich zu (siehe 1992 bis2004, Tabelle 1).

Auf der Suche nach neuer Sicherheit - Eine Einführung 13

1 Zum EU-Programm siehe: http://www.forschungsrahmenprogramm.de/sicherheit.htm; zum Programm derBundesregierung: http://www.bmbf.de/de/6293.php und zum Bundeshaushalt:http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2007/07/2007-07-04-haushalt-2008-innere-sicherheit.html (23.05.2008)

Tabelle 1: Ausgaben der öffentlichen Haushalte für äußere und innere Sicherheit (Mill. EUR2)

Innere Sicherheit

Jahr insgesamt äußere Sicherheit(Verteidigung)

zusammen öffentliche Sicher-heit und Ordnung

Rechtsschutz

1992 50.967 27.970 22.997 15.786 7.211

1993 50.804 26.163 24.641 16.847 7.794

1994 50.329 24.750 25.571 17.345 8.226

1995 51.320 24.393 26.927 18.192 8.735

1996 51.584 24.139 27.444 18.441 9.004

1997 51.420 23.591 27.828 18.583 9.245

1998 51.429 23.876 28.553 18.909 9.644

1999 53.749 24.399 29.350 19.452 9.898

2000 53.082 23.123 29.959 19.851 10.108

2001 55.069 24.195 30.873 20.505 10.368

2002 56.625 24.523 32.102 21.369 10.733

2003 56.549 24.409 32.140 21.274 10.867

2004 56.133 23.740 32.392 21.310 11.082

Eingebettet ist dieser Prozess der Neuausrichtung in aktuelle und weit reichende gesell-schaftspolitische Veränderungen, zu denen eine Reihe von theoretischen Erklärungen vonProzessen der Modernisierung (Bauman 1999, 2003, Beck 1986, 1998, Giddens 1995, 1999,Urry 2000) und Vergesellschaftung und Vernetzung (Castells 2002, Etzioni 1997, Putnam2000, Sennett 1990, 1995, Höffe 2002) vorliegen. Einige Stellungnahmen gehen sogar so-weit, dass sie die zunehmende Tendenz zur inneren Sicherheit selbst als eine Gefahr einstufen(vgl. Humanistische Union 2003, Sack 2005).

Es gibt also genügend Anlass, den bisherigen Prozess der Herstellung innerer Sicherheitin Deutschland aus der Sicht der aktuellen Forschung zu bilanzieren und in ihre unterschiedli-chen gesellschaftlichen Bezüge zu stellen: Zum einen, um die deutsche Architektur zur Erhal-tung innerer Sicherheit in ihrer Geschichtlichkeit verstehbar und die Veränderungen, die be-reits vollzogen sind, besser sichtbar machen zu können. Zum anderen, um die Forschung zurInneren Sicherheit, die sich seit Mitte der 1990er Jahre in unterschiedlichen Bereichen entwi-ckelt hat, mit ihren Ansätzen und Analysen, ihren Ergebnissen und weiterführenden Fragenvorzustellen. Bisher ist Sicherheitsforschung nämlich kein eigenständiger Forschungsbe-reich, sondern sie zerfällt in die Beobachtung verschiedener Teilbereiche (vgl. Klumpp et al.2008). Hierbei geraten sozialwissenschaftliche Aspekte oft in den Hintergrund (vgl. Liebl2007).

Das Buch stellt also ein Resümee der bisherigen Forschung und eine Formulierung vonoffenen Fragen auf den unterschiedlichen Gebieten der Inneren Sicherheit unter sozialwissen-schaftlichem Aspekt dar. Es ist dabei in sechs Abschnitte unterteilt: Zunächst werden „Ausge-

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2 Einige geringfügige Differenzen bei den Summen könnten auf Rundungseffekten beruhen.

wählte Handlungsfelder“, nämlich Kriminalprävention, allgemeine Kriminalität, organisierteKriminalität, Terrorismus und Strafvollzug behandelt. Es folgt die Beurteilung der „Politikder Inneren Sicherheit“ unter den Gesichtspunkten des Verhältnisses Öffentlich-Privat, der in-stitutionellen Entwicklungen im Bereich des Bundes, der Länder und der Kommunen sowiedes europäischen und internationalen Bezuges. Im Abschnitt „Markt und Innere Sicherheit“wird auf die Ökonomisierung, die Privatisierung, die technischen Aspekte und die Nutzungneuer Medien eingegangen. Unter „Soziale Konstruktion der Inneren Sicherheit“ fallen Bei-träge zur Kriminalitätsfurcht, zur Erweiterung des Sicherheitsbegriffs, zur sozialen und öf-fentlichen Kontrolle, zur räumlichen Ordnung und zur Medienberichterstattung. Der Ab-schnitt „Bürger und Rechtsstaat“ behandelt die Aspekte der bürgerlichen Freiheit, der Bürger-rechte und Tendenzen des Verzichts darauf sowie der Sicherheitsgewährleistung im koopera-tiven Verfassungsstaat. Im Abschnitt „Wissenschaft und Innere Sicherheit“ werden der wis-senschaftliche Werdegang und die Desiderate auf dem Forschungsgebiet der Inneren Sicher-heit an Hand einer Befragung von Repräsentanten diverser Forschungsansätze abgeklopft.Darüber hinaus erfolgt eine Analyse der Sichtbarkeit der Veröffentlichungen zu diesem The-ma im Spiegel der Nachweise in der sozialwissenschaftlichen Literaturdatenbank SOLIS undes werden in einem Glossar zentrale Begriffe zur Inneren Sicherheit kurz erläutert.

Das Buch ist entstanden in Kooperation des GESIS-IZ in Bonn und des InterdisziplinärenArbeitskreises Innere Sicherheit (AKIS).

Die Herausgeber

Bonn, Duisburg und Essen, im Juni 2008

Bauman, Zygmunt (2003): Flüchtige Moderne. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.Bauman, Zygmunt (2000): Die Krise der Politik. Hamburg: Hamburger Edititon.Beck, Ulrich (Hrsg.) (1998): Perspektiven der Weltgesellschaft. Frankfurt am Main: Suhr-

kamp Verlag.Beck, Ulrich (1986): Risikogesellschaft – Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt

am Main: Suhrkamp Verlag.Beck, Ulrich/Lau, Christoph (2004): Entgrenzung und Entscheidung: Was ist neu an der

Theorie reflexiver Modernisierung? Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.Bohrer, Karl H. (Hrsg.) (1997): Kapitalismus als Schicksal? Zur Politik der Entgrenzung.

Stuttgart: Klett-Cotta.Castells, Manuel (2002): Das Informationszeitalter. Bd. 2. Opladen: Leske + Budrich.Dreher, Gunther/Feltes, Thomas (Hrsg.) (1997): Das Modell New York: Kriminalprävention

durch „Zero Tolerance“. Holzkirchen: Felix-Verlag.Elsbergen, Gisbert van (Hrsg.) (2005): Wachen, kontrollieren, patrouillieren. Kustodialisie-

rung der Inneren Sicherheit. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.Etzioni, Amitai (2001): The Monochrome Society. Princeton: Princeton University Press.Etzioni, Amitai(1997): Die Verantwortungsgesellschaft. Frankfurt am Main: Campus-Verlag.Giddens, Anthony (1999): Der Dritte Weg. Frankfurt am Main: Büchergilde Gutenberg.Giddens, Anthony (1995): Konsequenzen der Moderne. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.

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Grande, Edgar (2004): Vom Nationalstaat zum transnationalen Politikregime – StaatlicheSteuerungsfähigkeit im Zeitalter der Globalisierung. In: Beck/Lau (2004): 384-401.

Grimm, Dieter (1994): Staatsaufgaben. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft.Heintzen, Markus (2003): Öffentliche Gemeinwohlverantwortung im Wandel: Beteiligung

Privater an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und staatliche Verantwortung. In:Schulze-Fielitz (2003): 235ff.

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Auf der Suche nach neuer Sicherheit - Eine Einführung 17

1 Ausgewählte Handlungsfelder

Präventionskonzepte

Helmut Kury

Einleitung

Gegenwärtig gibt es kaum ein Thema in der Kriminologie, das so breit und umfassend disku-tiert wird wie Kriminalprävention. Kriminalpräventive Projekte, Bemühungen, Initiativenund deren Institutionalisierung haben in den letzten ca. 20 bis 30 Jahren zumindest in denwestlichen Industrieländern enorm zugenommen. Vor allem die „Kommunale Kriminalprä-vention“ (KKP) hat sich zu einem „Renner“ (Hope/Shaw 1988) entwickelt. Stenson (1996)spricht vor allem hinsichtlich gemeindebezogener Projekte von einer „explosion of researchand policy discourse since the late 1970’s“ (120; vgl. auch Obergfell-Fuchs 2001: 3). In denUSA ist die Zahl der kriminalpräventiven Programme nicht mehr überschaubar. Allein für diezehn Jahre zwischen 1965 und 1975 schätzt man mehr als 6.500 einzelne Ansätze (Wright/Di-xon 1977).

Der Präventionsgedanke ist in den letzten Jahrzehnten nicht nur in der Kriminologie, son-dern ebenso in der Psychologie (vgl. Sommer/Ernst 1977, Minsel/Scheller 1981, Lösel 1986:65) oder Medizin (Myrtek 1993) prominent geworden. Dort spielen Enttäuschungen über er-wartete positive Effekte von Behandlungsmaßnahmen und vor allem auch Kostenaspekte einewesentliche Rolle. Behandlungsprogramme sind in der Psychologie oder Medizin bei verfes-tigten Störungen oft wenig erfolgreich und sehr aufwendig, damit teuer. Wie in der Krimino-logie wird auch in diesen Bereichen inzwischen unter Prävention eine nicht mehr überschau-bare Vielfalt von Maßnahmen eingeordnet, und im Gesundheitswesen oder im Bereich derPsychologischen Prävention hat es in den letzten Jahrzehnten ebenso eine ganze Reihe vongemeindebezogenen Präventionsstrategien gegeben (Myrtek 1993: 530).

Die Gründe für den Aufschwung der Kriminalprävention sind vielschichtig und werdenetwa in folgenden gesellschaftlichen Entwicklungen bzw. Bedingungen gesehen (vgl. z.B.Crawford 2006: 869, Heinz 1997: 6ff.):� Die registrierte Kriminalität in den westlichen Industrieländern hat seit dem Zweiten Welt-

krieg teilweise dramatisch zugenommen, was zu einer Überlastung der Strafjustiz geführthat, in den USA vor allem auch zu einem enormen, bisher nicht gekannten Anstieg der In-haftiertenzahlen. Für die Polizei als staatliches Strafverfolgungsorgan ist ein erheblicherHandlungsdruck entstanden.

� Opferstudien haben mehr und mehr gezeigt, dass neben den bekannt gewordenen und regi-strierten Straftaten auch ein enormes Dunkelfeld an Kriminalität besteht, was die Frage derWirksamkeit der Abschreckung staatlichen Strafens aufwirft.

� Mit der Erkenntnis um die Begrenztheit staatlicher Einwirkungsmöglichkeiten auf straffäl-liges Verhalten sind Institutionen und Maßnahmen einer informellen Sozialkontrolle zurAufrechterhaltung von Recht und Ordnung mehr in den Vordergrund getreten. Das ist inZusammenhang zu sehen mit einem Empfinden in der Gesellschaft, dass die traditionellenSicherheit vermittelnden Gruppen, wie Familie, Verwandtschaft, Nachbarschaft oder Ge-

meinde, an Bestand verlieren. Durch eine abnehmende Kinderzahl und stärkere beruflicheEingebundenheit aller Familienmitglieder, auch der Frauen, gehen, gerade in Großstädten,nachbarschaftliche Netzwerke, die auch in der Kindererziehung eine nicht unwichtige Rol-le spielen, verloren (vgl. Rose/Clear 1998). Kinder und Jugendliche sind weitgehend aufsich alleine gestellt, werden in vielen Fällen zu „Schlüsselkindern“.

� Der Kostendruck hat dazu geführt, dass man sich vermehrt nach günstigeren Alternativeneiner Prävention straffälligen Verhaltens umsieht. Da bietet es sich an, die Gemeinschaftmit ins Boot zu nehmen, ihr kriminalpräventive Aufgaben zu übertragen, vor allem auchdeshalb, weil ja in dieser Gemeinschaft wesentliche Hintergründe straffälligen Verhaltensgesehen werden können. So betont etwa Sherman (1998a: 3-1): „Communities are the cen-tral institution for crime prevention, the stage on which all other institutions perform“. Essei so teilweise zu einer „Reprivatisierung der sozialen Kontrolle“ gekommen.

� Hinzu ist, ausgehend von den USA, ein Vertrauensverlust in bis dahin teilweise mit großemEngagement betriebene Resozialisierungsprogramme für (inhaftierte) Straffällige gekom-men. Der teilweise naive Glaube der 1960er und 1970er Jahre, mit einer „Therapie“ so gutwie alle Probleme, auch Straffälligkeit, lösen zu können, ist vor dem Hintergrund von Eva-luationen zunehmend von der Realität eingeholt worden. Martinsons (1974) Schlussfolge-rung „nothing works“ in Bezug auf Reformen im Strafvollzug hat die Verfechter des Be-handlungsansatzes ernüchtert, ist gleichzeitig aber bei Verfechtern einer härteren Sank-tionspolitik auf fruchtbaren Boden gefallen.

� Gesellschaftliche Veränderungen1 haben wesentlich zu einem erhöhten Gefühl der Verun-sicherung in der Bevölkerung beigetragen, die von kriminologischer Seite in der Regel als„Kriminalitätsfurcht“ gemessen wird.

� Diese Probleme werden vor allem auch breit in den Medien berichtet. Nachrichten überKriminalität haben immer schon die Aufmerksamkeit eines breiten Publikums geweckt.Der wachsende Konkurrenzdruck um Einschaltquoten bzw. Auflagenhöhen bei einem stei-genden Medienangebot trägt zu einer vielfachen Verflachung und Dramatisierung der Be-richterstattung bei. Dies erzeugt zusätzlichen Druck auf Politiker, „endlich etwas zu tun“.

� Kriminalität und Kriminaljustiz werden mehr und mehr politisiert. Zunehmend kommenweniger Experten zu Wort, dafür Politiker und Meinungsforscher, welche die Einstellun-gen in der Öffentlichkeit immer wieder zu erfassen suchen. Das trägt zu einer „Vereinfa-chung“ der Kriminalpolitik in dem Sinne bei, dass die Öffentlichkeit, die sich, wie auch in-ternationale Umfragen immer wieder zeigen, vor allem härtere Strafen, mehr Polizei undschärfere Gesetze wünscht, von politischer Seite dieses härtere Vorgehen gegen Rechtsbre-cher versprochen bekommt, insbesondere in Wahlkampfzeiten. Damit bekommt die Öf-fentlichkeit einen wachsenden Einfluss auf die Kriminalpolitik (Crawford 2006: 869). AusKostengründen wird das Versprechen weitgehend nur in der Schaffung härterer Gesetzeumgesetzt.2

22 Helmut Kury

1 Insbesondere ab Ende der 1980er Jahre die Öffnung der Grenzen zu Osteuropa, in Deutschland die Wiederverei-nigung beider Landesteile (die anfangs Euphorie auslöste, bald aber damit verbundene Probleme vor allem fürdie Bewohner der ehemaligen DDR deutlich machte, wie eine wachsende Arbeitslosigkeit und ein steigendesGefühl in der Bevölkerung, die Politiker hätten das ganze Geschehen nicht mehr „im Griff“), die in Ostdeutsch-land nach der Wende deutlich gestiegene Kriminalitätsbelastung.

2 Da bietet sich der Hinweis auf Kriminalprävention allgemein an, die ja mehr und mehr bei der Öffentlichkeitselbst verortet wurde, die damit aufgerufen war, mit dazu beizutragen, die innere Sicherheit zu stärken.

� Schließlich haben das Versicherungsgewerbe und die private Sicherheitsindustrie ein Übri-ges dazu beigetragen, indem sie den Bürgern vor dem Hindergrund einer gesteigerten Un-sicherheit durch ihre Angebote vermehrte Sicherheit versprechen. Das private Sicherheits-gewerbe dürfte der Geschäftszweig in Deutschland, aber nicht nur hier, sein, der in denletzten Jahrzehnten die deutlichsten Steigerungsraten verzeichnen konnte.

Konzepte, die in einzelnen Ländern, vor allem den USA, vor dem Hintergrund der dortigenKriminalitätsproblematik und deren spezifischen Bedingungen entwickelt wurden, werden,trotz teilweise heftiger Kritik gegenüber diesen Programmen im Herkunftslande selbst, vonanderen Ländern, so zum Teil auch von einzelnen Kommunen bzw. Regionen in Deutschland,vielfach unkritisch übernommen. Crawford spricht von einem „global ‚transfer‘ of crime pre-vention ideas and practices“ (2006: 866). Zu denken ist etwa an die Diskussion um das Kon-zept einer „Zero Tolerance“ gegenüber auch bagatellhaftem sozial abweichendem Verhalten,wie es etwa in New York vom damaligen Polizeipräsidenten Bratton 1993 umgesetzt wurde.

Selbst wenn ein solches Konzept für die USA – speziell für New York oder andere Groß-städte – richtig sein mag, kann nicht daraus geschlossen werden, dass es auch für deutscheStädte sinnvoll ist. Es wäre also die Frage einer Übertragbarkeit auf deutsche Städte zu prüfen,da ein internationaler Austausch von Präventionskonzepten problematisch ist (vgl. Hope/Kar-stedt 2003: 480), zumal empirische Untersuchungen erwiesen haben, dass ihre Wirksamkeitauch in den USA außerordentlich fraglich ist, so dass man heute davon ausgeht, dass der kri-minalpräventive Effekt, wenn überhaupt vorhanden, als gering einzuschätzen ist. Gleichzeitigmuss beachtet werden, dass die Kosten einer „Zero-Tolerance-Politik“ ausgesprochen hochsind und die Frage auftaucht, ob die finanziellen Mittel nicht sinnvoller und vor allem wirksa-mer in andere Projekte investiert werden sollten (vgl. Jasch 2003). Das Verhältnis der Polizeizur Bevölkerung hinsichtlich der Kriminalitätsbekämpfung und die Zustände in einigenUS-amerikanischen Städten bzw. Stadtteilen in den 1980er und 1990er Jahren haben einenHintergrund gebildet, vor dem Konzepte wie „Zero Tolerance“, problemorientierte Polizeiar-beit oder „Community Policing“ unter Umständen sinnvoll gewesen sind und Neues gebrachthaben (vgl. Laue 2002: 424). Dies gilt aber etwa nicht für Deutschland. Die vielfach begeis-terte Aufnahme solcher Konzepte gründet offensichtlich nicht nur in einem gesellschaftlichenBedürfnis nach einer Kriminalitätsreduzierung im engeren Sinne, sondern vor allem in einemVerlangen nach einer geordneten, sauberen und überschaubaren Lebenswelt, in der der Staatwirksam dafür sorgt, dass die Ordnung aufrecht erhalten wird und allgemein akzeptierte Re-geln sozialen Miteinanders eingehalten werden.

Die enorme Ausweitung der Kriminalprävention in den letzten Jahrzehnten hat dazu ge-führt, dass das Konzept immer breiter und damit ungenauer wird. Kriminalität ist ein (a)sozialesVerhalten, das vor allem vom Sozialverhalten anderer und von Umwelt- bzw. Lebensbedingun-gen beeinflusst wird. Damit bieten sich, zumindest prinzipiell, zahlreiche Möglichkeiten undAnsatzpunkte, auf straffälliges Verhalten präventiv einzuwirken. Entsprechend viele Konzepteder Kriminalprävention sind in den letzten Jahren und Jahrhunderten entwickelt worden.

Präventionskonzepte 23

Historische Entwicklung

Überlegungen zur Prävention straffälligen Verhaltens sind keineswegs neu – neu ist lediglichder enorme Boom des Präventionskonzeptes in den letzten Jahrzehnten. Schon immer hatman sich Gedanken darüber gemacht, wie vor allem schwere Straftaten, die es in allen Gesell-schaften gibt, verhindert werden können, wobei sich die Definition dessen, was eine (schwe-re) Straftat ist, im Laufe der Zeit naheliegenderweise verändert hat. Aus historischen Berich-ten wissen wir, dass Gewaltkriminalität, vor allem Tötungsdelikte, aber auch Korruption undWirtschaftsstraftaten „modernen Zuschnitts“ in den letzten Jahrtausenden immer vorgekom-men sind, teilweise sogar wesentlich höher waren als heute (vgl. Eisner 2001). Der Bedarf anKriminalprävention bestand somit zu allen Zeiten. So betont beispielsweise Kaiser (1996:246), dass Kriminalprävention bereits vor unserer Zeitrechung als ein zentrales Ziel der Kri-minalpolitik gegolten hat.

Kriminalprävention bestand vorwiegend in harter, vielfach grausamster Bestrafung dergefassten Täter. Man setzte somit auf Abschreckung. So betont etwa Weeber (1995: 190) inBezug auf das Römische Reich, dass den überführten Banditen die schlimmsten Arten der To-desstrafe drohten, „die das römische Reich kannte“. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass derAbschreckungseffekt letztlich doch eher gering gewesen sei, was er in Verbindung mit derZusammensetzung der Räuberbanden bringt, die weitgehend aus Männern bestanden, diekaum noch etwas in ihrem Leben zu verlieren hatten.

Eine staatliche Schutz- und Ordnungspolizei kannten die antiken Staaten nicht. DemSelbstschutz des einzelnen Bürgers kam „erheblich größere Bedeutung zu als in modernenStaaten. Wohlhabende ließen sich in der Dunkelheit zur Abschreckung von Rowdys und Kri-minellen von einem ansehnlichen Gefolge begleiten“ (Weeber 1995: 279). Erst in der Kaiser-zeit entstanden militärisch organisierte Einsatzkräfte, die teilweise Aufgaben der heutigenBereitschaftspolizei übernommen haben (Weeber 1995: 279). Nach Hinckeldey (1980a:229f.) kam der Ausdruck Polizei um 1500 auf. 1530 hat der Reichstag zu Augsburg die ersteumfassende Reichspolizeiordnung verabschiedet. In England hingegen war die männliche er-wachsene Landbevölkerung im 15. Jahrhundert in einem System freiwilliger unbezahlterWächter zum Schutz der Bevölkerung eingebunden. Im 17. Jahrhundert wurden dann aller-dings bereits aus Steuern bezahlte Spezialisten eingesetzt (Obergfell-Fuchs 2001: 4).

Schlör (1991) gibt einen sehr umfassenden historischen Überblick über die zunehmendeProfessionalisierung des Sicherheitswesens in den drei Großstädten London, Paris und Ber-lin. Im 17. und 18. Jahrhundert mussten etwa in London von Sonnenuntergang bis -aufgangmehr als 1.000 Wächter auf ihren Posten sein, um nicht nur der Kriminalität, sondern vor al-lem auch der Gefahr einer Feuersbrunst vorzubeugen. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde in ei-nem Londoner Bezirk eine erste eigene Polizeitruppe gegründet, die nach Obergfell-Fuchs(2001: 5) als Beginn des privaten Sicherheitsgewerbes angesehen werden kann. In Berlinwurde bereits 1808 die Verwaltung der Sicherheitspolizei der Stadt auf die lokale Regierungübertragen. 1822 ging die Organisation auf das Polizeipräsidium über, wodurch es zu einerVerstaatlichung der ehemals bürgerlichen Pflichten kam. Auch in anderen europäischen Städ-ten wurde in diesem Zeitraum der von Bürgern privat getragene Wachdienst zugunsten einerProfessionalisierung abgeschafft.

Bis ins 19. Jahrhundert setzte man hinsichtlich der Kriminalprävention nahezu aus-schließlich auf eine angenommene Abschreckungswirkung einer möglichst harten Strafan-

24 Helmut Kury

drohung und -vollziehung. Allerdings kam in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zuneh-mend Kritik an dieser Kriminalpolitik auf. Howard (1777) war einer der ersten, der kritischauf den Zustand der Gefängnisse und die Problematik der Freiheitsstrafen in England undWales sowie einigen anderen Ländern hinwies. Beccaria betonte in seinem einflussreichenWerk über „Verbrechen und Strafen“, dass es besser sei, „den Verbrechen vorzubeugen als siezu bestrafen“ (2005 [1764]: 38, vgl. auch Meier 2006: 99, Kury 2007). Anfang des 19. Jahr-hunderts kam ein wachsendes Verständnis für die „Hilfswissenschaften“, wie die Medizinoder Psychologie, auf, welche zu einer Intensivierung der Diskussion um Strafe und Präventi-on beitrugen.

In Deutschland war es vor allem Franz von Liszt (1905), der aus strafrechtlicher Sichterstmals auf individualpräventive Wirkungen der Strafe hinwies. Beeinflusst von der im Rah-men des in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufkommenden Positivismus sich entwi-ckelnden empirischen Erforschung des Verbrechens und seiner Ursachen forderte er im „Mar-burger Programm“ (1882), das Verbrechen als soziale Erscheinung zu verstehen und auch derStrafe entsprechend eine soziale Funktion zuzuschreiben (vgl. Meier 2001: 25). Liszt betontein Anbetracht der von ihm erkannten auch schädlichen Wirkungen einer Freiheitsstrafe be-reits vor gut einhundert Jahren: „Wenn ein Jugendlicher oder auch ein Erwachsener ein Ver-brechen begeht und wir lassen ihn laufen, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass er wieder einVerbrechen begeht, geringer, als wenn wir ihn bestrafen“ (1905: 339). Im letzten Jahrhundertwaren es vor allem die umfangreichen empirischen Untersuchungen in den USA, etwa zu denschädlichen Nebenwirkungen des Freiheitsentzuges unter dem Stichwort der Prisonisierung,welche die präventive Wirkung einer Freiheitsstrafe zunehmend in Frage stellten. Ging dieVerantwortung für die innere Sicherheit in den letzten Jahrhunderten mehr und mehr von denBürgern auf den Staat über, ist heute in den Städten und Kommunen, vor allem unter dem Stich-wort der Kommunalen Kriminalprävention, ein teilweiser „Rückwärtstrend“ zu beobachten.

Definition von Prävention

Obwohl Kriminalprävention somit eine lange Geschichte hat, „ist sie noch immer ein vagerund ungenau definierter Gegenstand. Wissenschaftliche Bearbeitung hat sie nur selten gefun-den, dabei überwiegend im angloamerikanischen Raum“ (Kaiser 1996: 246). Weitgefasst be-inhaltet Kriminalprävention nach Crawford „all pre-emptive interventions into the social andphysical world with the intention, at least in part, of altering behaviour or the flow of events ina way that reduces the likelihood of crime or its harmful consequences“ (2006: 871).

Nach Kaiser versteht man heute unter der „Vorbeugung des Verbrechens alle Maßnah-men, die bezwecken, das Ausmaß und die Schwere der Kriminalität zu vermindern, sei esdurch Einschränkung der verbrechensfördernden Gelegenheiten, erforderlichenfalls durchPräsenz eines fähigen Beschützers (…) oder durch Nachbarschaftskontrolle, oder sei es durchEinwirkung auf (potentielle) Rechtsbrecher und die Allgemeinheit“ (1996: 248; vgl. auchBundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz 2006: 667). Die Verbrechens-begehung soll durch Einflussnahme auf bereits straffällig gewordene Personen und solche,die in Gefahr sind, in straffälliges Verhalten abzugleiten, aber auch auf potentielle Opfer, da-mit diese beispielsweise ihr Vermögen besser schützen, reduziert werden. Der Begriff der Kri-minalprävention greift über das klassische Verständnis von Kriminalpolitik weit hinaus, in-dem er etwa auch Maßnahmen außerhalb des Kriminalrechts wie z. B. den Selbstschutz durch

Präventionskonzepte 25

Bürgerwehren einbezieht. Damit steht die Kriminalprävention „im Schnittpunkt zwischen all-gemeiner Sozialkontrolle, Kriminalpolitik und den polizeilichen Bestrebungen zur Verbre-chensbekämpfung“ (Kaiser 1993: 571).

Untergliederung von Präventionsansätzen

Der „klassische“ Ansatz der Kriminalprävention beruht, wie gezeigt, seit alters her auf derAbschreckungstheorie. Straffälliges bzw. sozial unerwünschtes Verhalten soll dadurch unter-bunden werden, dass es möglichst streng bestraft wird. Man geht davon aus, dass je strengerund grausamer die Strafe ist, desto stärker die Abschreckung auf „tatgeneigte“ Mitbürgerwirkt. Dieses Konzept der „Verhaltenssteuerung“ bzw. Prävention straffälligen bzw. gesell-schaftlich unerwünschten Verhaltens findet sich seit biblischen Zeiten (vgl. Buggle 1992)durch alle Jahrhunderte, wurde im Mittelalter in Form grausamster Strafen (vgl. oben) in ex-tenso praktiziert, etwa auch dadurch, dass gerade durch öffentliche Hinrichtungen potentielleTäter abgeschreckt werden sollten. Vielfach wird sie auch heute noch, gerade auch von politi-scher Seite, als wirksam erachtet, nicht nur in den USA, wo man aus diesem Grunde nach wievor in der Mehrheit der Bundesstaaten an der Todesstrafe für Schwerverbrecher festhält, son-dern auch bei uns, wie etwa die seit Jahren immer wieder auftauchende Diskussion um eineVerschärfung des Jugendstrafrechts zeigt. Die allgemein verbreitete Annahme einer abschre-ckenden Wirkung von (harten) Strafen, gerade auch hinsichtlich schwerer, die Öffentlichkeitbeunruhigenden Gewalttaten, ist so weit verbreitet, dass „alternative“ Reaktionsmuster in derÖffentlichkeit oft auf Widerstand stoßen, vor allem, wenn sie neu eingeführt werden (vgl.Kury et al. 2002).

Im Strafrecht findet sich der Gedanke der Abschreckung im Konzept der Generalpräven-tion. Dieses wird „seit den Anfängen der bewussten Kriminalpolitik Mitte des 18. Jahrhun-derts kriminaltheoretisch erörtert“ (Kaiser 1996: 258). Die Theorie der Generalprävention ge-hört neben der Spezialprävention zu den „relativen Straftheorien“. Während die „absolutenStraftheorien“ (Kant und Hegel) die Rechtfertigung der Strafe „aus dem Gebot der Gerechtig-keit“ ableiten, Strafe hiernach die „Wiederherstellung des Geltungsanspruchs der gebroche-nen Norm“ darstellt, der Täter durch die Erfahrung des Strafleides „Genugtuung“ dafür er-fährt, dass er „der Rechtsordnung Schaden zugefügt hat“, leiten die relativen Straftheorien dieBerechtigung für die Strafe „aus der Aufgabe des Staates [ab], Straftaten zu verhindern [Prä-vention]“ (Meier 2001: 18). Die so genannten „Vereinigungstheorien“ schließlich bemühensich um eine Integration der einzelnen Grundpositionen. Die relativen Straftheorien beinhal-ten die Theorie der Generalprävention und der Spezialprävention.

Generalprävention soll auf die Allgemeinheit einwirken. Durch die Androhung, Verhän-gung und Vollstreckung einer Strafe soll diese „von weiteren Taten abgehalten werden“ (Mei-er 2001: 22). Die Theorie wurde vor allem von Feuerbach (1847: 38), „anknüpfend an die inder Aufklärung entwickelte These, dass der Entstehungsgrund von Straftaten in der Sinnlich-keit und dem Streben nach Eigennutz zu sehen sei“ (Meier 2001: 22), begründet. Der Zweckder Strafe ergibt sich für Feuerbach schon aus der bloßen Androhung ihrer Verhängung imGesetz, „die Verhängung und Vollstreckung dienten ihm lediglich der Glaubhaftmachung derDrohung“ (Meier 2001: 22). Nach Jescheck und Weigend ist „der Vorrang der Generalpräven-tion bei der Sinngebung der Strafe (…) heute herrschende Lehre“ (1996: 68; vgl. auch Meier2001: 23).

26 Helmut Kury

Es wird in der Regel unterschieden zwischen „negativer“ und „positiver“ Generalpräven-tion, ebenso zwischen „negativer“ und „positiver“ Spezialprävention. Feuerbachs Ansatz isthierbei der negativen Generalprävention (Abschreckungsprävention) zuzuordnen, bei wel-cher es um Abschreckung potentieller Täter geht. Bei der positiven Generalprävention (Inte-grationsprävention) geht es dagegen um eine Bestätigung der Normgeltung gegenüber derAllgemeinheit durch Praktizierung der Strafe gegenüber den Tätern. „Durch die Strafe sollgegenüber der Allgemeinheit die Normgeltung bestätigt werden. Die Strafe soll zeigen, dasssich das Recht gegenüber dem vom Täter begangenen Unrecht durchsetzt; sie soll gegenüberder Allgemeinheit die „Unverbrüchlichkeit des Rechts“ demonstrieren“ (Meier 2001: 22,BGHSt 24, 40 (44)). Durch diese Demonstration der Verbindlichkeit des Rechts soll zukünfti-gen Straftaten potentieller Täter vorgebeugt werden (BGHSt 24, 40 (44)). Man geht hier so-mit von einer verhaltenssteuernden Wirkung der Strafe aus. Teilweise wird noch eine Unter-gliederung in Einzelaspekte vorgenommen, so etwa von Roxin (1997). Dieser unterscheidetzwischen einem von der Strafjustiz angeregten, sozialpädagogisch motivierten „Lerneffekt“,einem „Vertrauenseffekt“, der sich daraus ergäbe, dass der Bürger erlebe, dass das Rechtdurchgesetzt werde, und einem „Befriedigungseffekt“ aufgrund einer Beruhigung nach Erle-digung der Sanktion.

Während sich die Generalprävention auf die Allgemeinheit bezieht, richtet sich die Spe-zialprävention auf den einzelnen Rechtsbrecher. Als „positive“ Spezialprävention bezieht siesich auf die Erziehung, Besserung und Wiedergutmachung, auf die Resozialisierung, (psy-chotherapeutische) Behandlung und Wiedereingliederung des Täters in die Rechtsgemein-schaft; als „negative“ Spezialprävention will sie den Täter vor der Begehung weiterer Tatenabschrecken bzw. ihn, etwa durch Inhaftierung oder Exekution, unschädlich machen. Meier(2001: 25f.) weist zu Recht darauf hin, dass das Konzept der positiven Generalpräventionüber eine Resozialisierung im Strafvollzug hinausweist. Mit ihr werden alle Bemühungen er-fasst, die innerhalb und außerhalb des Strafvollzugs in Angriff genommen werden, um denTäter zu einem straffreien Leben in der Gemeinschaft zurückzuführen. Hierunter fallen etwaauch Weisungen oder Maßnahmen im Rahmen der Unterstellung unter die Bewährungshilfe.In Deutschland hat sich der Gesetzgeber im Zusammenhang mit kriminalpolitischen Refor-men, etwa 1969 mit der Erneuerung des materiellen Strafrechts und 1976 der Schaffung einesStrafvollzugsgesetzes, „weitgehend der individualpräventiven Zielsetzung geöffnet“ (Kaiser1996: 265, vgl. zu Strafzumessungsgesichtspunkten Brandenstein 2006).

Neben dem am Strafrecht orientierten Präventionskonzept wird in Anlehnung an ein me-dizinisches Modell (vgl. Caplan 1964) in der Kriminologie, je nachdem, wieweit ein straffälli-ges Verhalten bereits offenkundig wurde, in der Regel unterschieden zwischen primärer, se-kundärer und tertiärer Prävention (vgl. Brantingham/Faust 1976, Kube 1986: 10, Kaiser1996: 248f., Heinz 1999: 93):

Die primäre Kriminalprävention richtet sich an die Allgemeinheit. Ihr Ziel ist der nichtstraffällig bzw. Opfer gewordene Bürger und dessen Lebensumwelt. Sie dient der Vorbeu-gung jeglichen Auftretens von straffälligem Verhalten, will auch Gefahren, in dieses abzurut-schen, entgegenwirken bzw. vor einer Opferwerdung möglichst schützen. Kriminalität wirdhier gewissermaßen „an den Wurzeln“ angegangen, etwa durch Normverdeutlichung, Festi-gung des Rechtsbewusstseins (vgl. positive Generalprävention), Beseitigung von „tiefer lie-genden“ Ursachen straffälligen Verhaltens, wie Sozialisationsproblemen oder wirtschaftli-chen bzw. sozialen Problemen. Auch Anreizsysteme für rechtskonformes Verhalten (Ver-

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günstigungen bei Autoversicherungen bei unfallfreiem Fahren) gehören hierher. Es sollen dieLebenssituation der Bürger „aufgrund überzeugender Kultur-, Wirtschafts-, Verkehrs- undSozialpolitik durch gezielte Beeinflussung der Situation, und genauer der Verbrechensursa-chen“, beeinflusst und damit „soziale Kompetenzen zur produktiven Konfliktbewältigung“(Kaiser 1996: 249) vermittelt werden. Es geht somit um ein mehr proaktives als reaktives Vor-gehen. Kriminalprävention soll hiernach betrieben werden etwa durch eine entsprechende Fa-milien-, Jugend- oder Schulpolitik, durch stadtplanerische Maßnahmen, aber auch durch eineErschwerung des Zugriffs auf Waren bzw. deren Kennzeichnung. Was mögliche Opfer be-trifft, ist etwa an eine allgemeine Aufklärung über Selbstschutzmaßnahmen, Selbstverteidi-gung, Aufklärung spezieller Gruppen wie Kinder oder alte Menschen oder Aufklärung übermögliche Sicherungsmaßnahmen zu denken.

Die sekundäre Kriminalprävention richtet sich dagegen an die Untergruppe derjenigen,die als potentielle Täter bzw. Opfer betrachtet werden, bzw. bezieht sich auf gefährdete Ob-jekte. Auf Täterseite geht es etwa um (jugendliche) Problemgruppen, wie Mitglieder gewalt-bereiter Vereinigungen, deren Rechts- und Wertebewusstsein gestärkt werden soll oder diedurch Sanktionsdrohungen abgeschreckt werden sollen (vgl. negative Generalprävention).Weiterhin geht es um in gefährdeten Familien aufwachsende Kinder und Jugendliche, derenSozialisationsbedingungen durch Maßnahmen der Familienhilfe und Erziehungsberatungverbessert werden sollen (vgl. Retzmann 1986, Lamnek/Luedtke 2006), um wohnsitzlose Ju-gendliche, die mittels Streetworker wieder in die Gemeinschaft zurückgeführt oder um in derSchule Auffällige, die durch besondere Hilfsmaßnahmen besser in den Schulalltag integriertwerden sollen (vgl. Lerchenmüller 1986). Ein erhebliches Problem liegt in der zuverlässigenFrüherkennung (Prognose) späterer krimineller Entwicklung. Was Objekte bzw. möglicheTatörtlichkeiten betrifft, geht es etwa um die Erhöhung des Tataufwandes, um eine Verände-rung der Tatgelegenheitsstrukturen zum Nachteil potentieller Täter, etwa durch bessere Siche-rung der gefährdeten Objekte, z. B. durch bessere Schlösser und durch Wachpersonal, oderum Nachbarschaftskontrolle („Community Control“, „Neighbourhood Watch“, „CommunityPolicing“) (vgl. Dölling/Feltes 1993), um eine Verringerung tatfördernder Gelegenheitenbzw. Situationen, um eine Steigerung des Entdeckungsrisikos, eine Verstärkung von Überwa-chungsmaßnahmen, etwa durch Installierung von Videokameras, oder um eine Abschöpfungdes Verbrechensgewinnes. Auf Seiten der Opfer richten sich die Maßnahmen beispielsweiseauf eine Schulung gefährdeter Personen (wie Bankangestellte), auf Selbstverteidigungskurseoder auf eine besondere Sicherung gefährdeter Personen bzw. Objekte. Die sekundäre Prä-vention richtet sich somit an potentiell gefährdete Personen, bezieht sich etwa auf Nachbar-schaftskontrolle, Stadtplanung und Stadtgestaltung, aber auch auf Maßnahmen privater Per-sonen zum Eigenschutz (Kaiser 1996: 249).

Die tertiäre Kriminalprävention schließlich bezieht sich vorwiegend auf eine strafrechtli-che und polizeiliche Rückfallprävention und richtet sich an bereits straffällig oder Opfer ge-wordene Bürger bzw. auf kriminalitätsbelastete Gegenden („hot spots“). Auf Täterseite gehtes etwa um spezialpräventive Sanktionsmaßnahmen, um Therapien und weitere Resozialisie-rungsmaßnahmen bei Straffälligen, um Straffälligen- bzw. Bewährungshilfe, um Schuldentil-gungsprogramme, um Diversions- und Mediationsprogramme, welche eine (weitere) Stigma-tisierung und Entsozialisierung von Tätern durch (harte) Strafmaßnahmen verhindern sollen(vgl. Kury/Lerchenmüller 1981), um ambulante Maßnahmen wie soziale Trainingskurse fürJugendliche und um Anti-Aggressivitätstrainings – insgesamt um Maßnahmen, welche Straf-

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fällige wieder als rechtschaffene Bürger in die Gesellschaft integrieren sollen. Was kriminali-tätsbelastete Regionen, etwa Stadtteile, betrifft, geht es um Maßnahmen wie Erhöhung derPolizeipräsenz, Überwachung durch Videokameras bzw. bauliche Umgestaltung. Was dieOpferseite betrifft, bezieht sich tertiäre Prävention auf Opferschutzprogramme, Opferbera-tung und -betreuung, Entschädigung für entstandenen Schaden, Wiedergutmachung durchden Täter, Täter-Opfer-Ausgleich, Frauenhäuser für misshandelte Frauen oder Kinder oderneuerdings Maßnahmen des Platzverweises (vgl. Kury/Obergfell-Fuchs 2005). Die tertiärePrävention bezieht sich nach Kaiser vor allem auf eine Rückfallvermeidung, auf die Verhinde-rung weiterer Straftaten bereits straffällig Gewordener. „Mangels überlegener oder nicht er-probter Behandlungsstrategien erschöpft sie sich nicht selten in der Repression durch ver-schärfte Strafzumessung“ (1996: 149).

Deutlich wird, dass die Zuordnung einzelner Präventionsmaßnahmen nicht immer ein-deutig ist. Nach Kaiser hat dieses Präventionsmodell seinen Schwerpunkt „in den Präven-tionsbereichen, die der Strafrechtspflege vorgelagert sind“ (1996: 249). Die Strafjustiz selbstund Alternativen zu dieser sowie nachwirkende Dienste würden nur pauschal einbezogen. Erschlägt deshalb ein Modell vor, das nach Prä-, Inter- und Postvention unterscheidet, das sichallerdings als Ordnungsmodell nie in der Breite durchgesetzt hat. Mit diesem Modell sollendie „Strategien der Verbrechenskontrolle“, vorwiegend diejenigen der Strafjustiz einschließ-lich „etwaiger Alternativen sowie begleitender und nachwirkender Dienste“, besser abgebil-det werden, „zumal die justizförmigen Aktivitäten in den Gesamtzusammenhang sinnvoll ein-gebunden“ (Kaiser 1996: 249f.) würden. Präventionen wären hiernach vor allem Maßnahmender Polizei zur Verbrechensverhütung, Intervention wären Maßnahmen durch die Strafverfol-gung, das Strafverfahren und den Strafvollzug, Postvention solche nachwirkender Dienste, et-wa im Rahmen von Vollzugslockerungen oder Bewährungshilfe.

Andere Autoren empfehlen aufgrund einer Unzufriedenheit mit dieser Dreiteilung etwaeine Unterteilung in strukturelle und personale Prävention (vgl. Rössner 1988). Während eshiernach bei der strukturellen um die Gestaltung gesellschaftlicher Bedingungen auf zentral-staatlicher oder kommunaler Ebene geht, handelt es sich bei der personalen Prävention umMaßnahmen gegenüber dem individuell Gefährdeten und dessen sozialen Bezügen (vgl. a.Kaiser 1993: 574). Schneider (1987: 653) unterscheidet nach Lejins (1967) in gesetzlichePrävention, Eingriffsprävention und mechanische Prävention. Die gesetzliche Präventionzielt darauf ab, mittels gesetzlicher Verbote Straffälligkeit zu verhindern, baut somit auf dieabschreckende Wirkung von (angedrohten) Sanktionen (vgl. Generalprävention). Die Ein-griffsprävention bezieht sich auf alle Maßnahmen zur Verhinderung von (weiterer) Straffäl-ligkeit, wie soziale Programme in Gemeinschaften, Unterstützung für Familien, Behandlungvon Tätern, Hinweise an potentielle Opfer oder Beratung von Polizei und Justiz. Sie wird wie-derum untergliedert in primäre und sekundäre Eingriffsprävention, wobei sich die primäre analle, die sekundäre an bereits straffällig bzw. Opfer Gewordene wendet. Mechanische Präven-tion schließlich bezieht sich hiernach auf die Stadt- und Baugestaltung, Wohnblocküberwa-chung, Schutz der eigenen Wohnung, etwa durch Alarm- und sonstige Sicherheitsmaßnah-men.

Crawford betont, dass hinsichtlich der Art der Intervention in der Regel unterschiedenwerde zwischen „Situational Prevention“ und „Social Prevention“. „Situational prevention in-volves the management, design, or manipulation of the immediate physical environment to re-duce the opportunities for specific crime“ (2006: 872). Hierunter fallen eine Fülle von Maß-

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nahmen der primären und sekundären Prävention, wie Einbruchsschutz und mechanische Zu-gangskontrollen, bessere Überwachung von Plätzen, etwa durch Videokameras oder Polizei-präsenz, Stadtplanung oder wirksamere Vermittlung von Gesetzen und Regeln (874). SozialePrävention wird wiederum untergliedert in „developmental“ und „community crime preventi-on“ (882). Während sich ersteres auf die positive Einwirkung auf Einzelpersonen und derenMotive zur Begehung straffälligen Verhaltens bezieht (siehe primäre Prävention), versuchtletzteres auf Gemeindeebene zu wirken, etwa durch Veränderungen in den Beziehungen derBürger oder kollektiver Kontrollmaßnahmen. Daneben beschreibt Crawford (2007: 884ff.)die Kategorie „Community crime prevention“, die Maßnahmen in und durch eine Gemeindeumfasst im Sinne der Kommunalen Kriminalprävention.

Präventionsprogramme

Ab etwa Mitte des letzten Jahrhunderts wurden in den USA, aber auch europäischen Ländernwie Dänemark oder den Niederlanden, Resozialisierungsprogramme entwickelt, die denschädlichen Wirkungen des Strafvollzugs entgegenwirken bzw. diese aufheben sollten unddie Inhaftierten durch (psychologische) Behandlung besser befähigen sollten, nach Haftent-lassung ein straffreies Leben zu führen (vgl. etwa zu den breit diskutierten SexualstraftäternObergfell-Fuchs 2006). Nachdem diese Programme aufgrund eines mangelnden und über-zeugenden Erfolgsnachweises aus den USA unter Beschuss gerieten (vgl. Martinson 1974,Lipton et al. 1975) und es zu einer „Krise des Behandlungsgedankens“ gekommen war (vgl.Kaiser 1996: 267), wurde seitens der Kriminologie in Anlehnung an Liszt (vgl. oben) und vorallem unter dem Einfluss des Labeling-Ansatzes (vgl. Sack 1978) zunehmend der Gedankeverstärkt, vor allem jugendliche Straftäter, um eine Stigmatisierung zu vermeiden und damitdie Wiedereingliederung zu erschweren, durch Anwendung alternativer Reaktionsmustermöglichst um das Kriminaljustizsystem „herumzuleiten“. In diesem Zusammenhang entstan-den ab etwa den 1970er Jahren international auf polizeilicher, staatsanwaltschaftlicher undgerichtlicher Ebene eine Fülle von Diversionsprogrammen (vgl. Kury/Lerchenmüller 1981,Kerner 1983, Dölling 1991, Heinz/Storz 1992).

Einen geradezu kometenhaften Aufschwung mit neuen Dimensionen erfuhr der Präven-tionsgedanke dann zu Beginn der 1990er Jahre, insbesondere durch die inzwischen zahllosenProgramme zu einer Kommunalen Kriminalprävention (KKP). Inzwischen liegen auch inDeutschland umfangreiche Handbücher und Zusammenstellungen zu den unterschiedlichenProjekten vor. Einen sehr guten Überblick über die Entwicklung und Projekte bis zur Jahrhun-dertwende gibt Obergfell-Fuchs (2001). Eines der umfangreichsten und stimmigsten Projektewar das „Area-Project“ in Chicago (vgl. Shaw/McKay 1931, Cohen 1955), das von 1932-1957 arbeitete und von einer Theorie der sozialen Desorganisation ausging. Projekte zur KKPgab es bereits Jahre vor dem Aufschwung in Deutschland schon im Ausland, etwa Großbri-tannien, den skandinavischen Ländern, Frankreich, Belgien oder den Niederlanden (Koetz-sche 1994, Graham/Bennett 1997).

Dabei sind Gedanken, wie sie jetzt im Rahmen der KKP vertreten werden, keineswegsneu. Wie Crawford (2006: 867) ausführt, wurden schon im 18. Jahrhundert Überlegungen an-gestellt, die den heutigen sehr ähnlich sind, wie Reduzierung der Gelegenheitsstrukturen oderVeränderung der Aufgaben der Polizei im Gemeindekontext. Bereits in den letzten Jahrzehn-ten, vor dem Boom im Bereich Kriminalprävention, wurde immer wieder betont, dass Vor-

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beugen auch in diesem Bereich besser sei als Heilen (vgl. Kaufmann 1974). Ebenso konnteschon vor Jahrzehnten gezeigt werden (vgl. Feest 1971, siehe auch Walter 1999: 30), dass Po-lizeipräsenz auf potentielle Täter eine abschreckende und auf die Bevölkerung eine vertrau-ensbildende Wirkung hat. Seit 1921 gibt es Kriminalpolizeiliche Beratungsstellen, in Baden-Württemberg inzwischen allein ca. 40, seit 1965 das Kriminalpolizeiliche Vorbeugungspro-gramm für den Bund und die Länder, seit 1965 gezielte Präventionsarbeit in Schulen und seit1975 eine bundesweit abgestimmte Öffentlichkeitsarbeit der Polizei (Schwind 2007: 358).

Seit 1955 versuchen die Vereinten Nationen im Rahmen internationaler Konferenzen infünfjährigen Abständen der Prävention von Straftaten und Behandlung von Tätern („Preven-tion of Crime and the Treatment of Offenders“) mehr Gewicht zu verleihen. In Dänemarkwurde bereits 1971 ein kriminalpräventiver Rat gebildet. Vergleichbare Einrichtungen folgtenin Schweden (1972), Frankreich (1983), Belgien (1985) und Großbritannien (1993) (Schwind2007: 363). In Deutschland fand das Konzept einer über bisherige Initiativen hinausgehendenKKP zunächst keinen Anklang. Nach Schwind (2007: 366) begann die Geschichte der institu-tionalisierten Kriminalprävention bei uns Anfang der 1970er Jahre. Nach ersten Versuchen ei-ner ressortübergreifenden Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kriminalprävention 1972 inBerlin (Regierender Bürgermeister von Berlin 1974) und 1978 in Nordrhein-Westfalen, wur-de 1978 in Niedersachsen der erste deutsche interministerielle Arbeitskreis „Präventive Kri-minalpolitik“ ins Leben gerufen, der die Aufgabe hatte, „in einer Bestandsaufnahme die ver-schiedenen kriminalpolitisch bedeutsamen Maßnahmen und Vorgaben der Landesregierungzusammenzufassen und in einem ressortübergreifenden Programm zueinander in Beziehungzu setzen“ (Hasenpusch 1982: 40). 1983 wurde in Neumünster eine „Enquete-Kommissionzur Untersuchung der Ursachen der Kriminalität in Neumünster“ eingesetzt, die als Vorläuferder heutigen kriminalpräventiven Räte gesehen werden kann. 1990 wurde dann mit demSchleswig-Holsteinischen Landesrat für Kriminalitätsverhütung erstmalig in Deutschland einentsprechendes landesweites Gremium gegründet (Koetzsche 1997: 389). Seit Anfang der1990er Jahre sind dann in fast allen deutschen Bundesländern und Städten Netzwerke zurKKP entstanden (Bundesministerium der Justiz/Bundesministerium des Innern 2006: 671ff.).

Dies begründet sich darin, dass die KKP in Deutschland vor dem Hintergrund der enor-men Verunsicherungen in der Bevölkerung im Zusammenhang mit den bald sichtbar werden-den Problemen der Wiedervereinigung Ost- und Westdeutschlands und der Öffnung derGrenzen zu ehemaligen Sowjetländern und der damit einsetzenden bzw. befürchteten Migra-tion von Ost nach West ab Anfang der 1990er Jahre deutlichen Rückenwind bekam. Umfra-gen zeigten bald auch eine deutlich steigende Furcht in der Bevölkerung, Opfer einer Straftatzu werden (Kury 2004a). Kriminalität, Opferwerdung und in diesem Kontext Verbrechens-furcht wurde zu einem wesentlichen politischen Thema. Die Politik geriet unter Handlungs-druck. In diesem Zusammenhang bot es sich, auch bei knappen Kassen, an, zumindest einenTeil der Verantwortung für die innere Sicherheit an die Bevölkerung zurückzugeben. Dasideale Konzept hierfür lieferte die KKP. Bürger wurden jetzt als Partner im Kampf gegen Kri-minalität gesehen, wodurch ihnen eine Mitverantwortung übertragen wurde (Crawford 2006:894).

Eines der Vorreiter-Bundesländer wurde Baden-Württemberg, wo der damalige Innenmi-nister 1993 einen Arbeitskreis „Kommunale Kriminalprävention“ ins Leben rief und vor al-lem das Pilotprojekt „KKP in Baden-Württemberg“ startete (Kury 1997, Schimpeler/Hepp1997: 412). Im Rahmen dieser Initiative wurden in drei Städten wissenschaftlich begleitete

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Modellprojekte in Angriff genommen und vor allem auch ein Handbuch für die Durchfüh-rung von Projekten und ein Fragebogen für eine standardisierte Datenerhebung bei Umfragenzur Sicherheitslage entwickelt (Dölling et al. 2003: 281ff.). Es sollten in den Kommunen mitUnterstützung örtlicher kriminalpräventiver Räte und Arbeitskreise konkrete Maßnahmen zurKriminalprävention entwickelt und durchgeführt werden (vgl. Feltes 1995, Forschungsgrup-pe Kommunale Kriminalprävention in Baden-Württemberg 2000, Heinz 1999).

Inzwischen ist die Zahl der gegründeten Gremien zur Kriminalprävention in den Gemein-den und der in Angriff genommenen Projekte unüberschaubar. Steffen (2004: 18) schätzteschon vor Jahren die Zahl der Präventionsgremien auf der Ebene von Städten, Gemeinden undLandkreisen auf 2.000. Schon damals engagierten sich 75% der deutschen Städte mit über50.000 Einwohnern in der institutionalisierten KKP. Mehrere Länder verleihen inzwischenLandespräventionspreise für besonders gute Projekte; 1997 wurde der erste Bundespräven-tionspreis verliehen. Spitzenreiter in der Einrichtung von Präventionsgremien und -projektenwar von Anfang an Baden-Württemberg mit 550 Projekten in fast 300 Städten. Die Autorinspricht nicht zu Unrecht von einer „Erfolgsstory“ des Konzepts. Frehsee, der den Ansatz derKKP kritisch sieht, betont, es sei heute anzunehmen, dass es Gemeinden gäbe, „in denen dasbedeutendste kriminologische Problem der Kriminalpräventive Rat selbst“ (1998: 740) sei.Jasch (2003: 419) meint, dass in den Kommunen keine Lücken entstünden, wenn die Präven-tionsgremien ihre Arbeit wieder einstellen würden. Stock (2002) kritisiert, dass in den Gre-mien mehr Konzepte, Papiere und Diskussionen produziert würden als wirksame Taten.

1993 wurde die Deutsche Stiftung für Kriminalprävention und Straffälligenhilfe gegrün-det. Die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren beschloss 1997/98 die Grün-dung der Stiftung „Deutsches Forum Kriminalprävention“, die 2001 mit Sitz in Bonn als ge-meinnützige, rechtsfähige Einrichtung des bürgerlichen Rechts eingerichtet wurde (www.kriminalpraevention.de). Die Einrichtung konzentriert sich schwerpunktmäßig auf Gewalt-prävention (empfohlen werden 10 Maßnahmen, etwa Erziehungsprogramme, Mentorenmo-delle und multisystemische Familienbehandlungsprogramme, interkulturelles Lernen imKindergarten, spezifische kognitiv-verhaltenstherapeutische Programme für Problemfälle,Kinder und Jugendliche, ältere Menschen, häusliche Gewalt). Daneben finden sich auf derAgenda aber auch Prävention durch Technik (wie elektronische Wegfahrsperre bei Autos,Einbruchsschutz durch Einbau von Sicherheitstechnik) und Evaluation (gefördert wird Eva-luation nach gutem methodischen Standard). Die Datenbank PrävIS bietet Informationenüber Projekte, Kampagnen, Veranstaltungen, Gremien, Institutionen, Arbeitsgruppen sowieLiteratur und Medien zum Thema Prävention. Die Stiftung gibt die Zeitschrift „forum krimi-nalprävention“ heraus. Inzwischen gibt es auch ein „European Crime Prevention Network“mit einem Sekretariat in Brüssel. Das Europäische Zentrum für Kriminalprävention (EZK)hat das Ziel, die Kriminalprävention in Deutschland und Europa in Wissenschaft und Praxiszu fördern. Seit 1997 gibt das EZK die Fachzeitschrift „Die Kriminalprävention“ heraus. AufBundesebene wurde eine „Interministerielle Arbeitsgruppe Kriminalprävention“ eingerich-tet, in der alle Bundesressorts vertreten sind (Schwind 2007: 375f.).

Das Bundeskriminalamt (2001) veröffentlichte eine Übersicht über die Länder-Bund-Projektsammlung bis Anfang des Jahrzehnts, wobei nur 53 ausgewählte Dokumente stich-wortartig aufgeführt werden und auf weiterführende Information verwiesen wird. Die Projek-te beziehen sich etwa auf die Bereiche Drogen/Sucht, Eigentumskriminalität, Gewalt (Jugend-licher), Jugendkriminalität/Jugendschutz, Kinder/Primärprävention, Nachbarschaft/Wohnum-

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