Handlungsempfehlungen zum Betrieblichen ... · Idee des BEM geht aber weiter: Es geht auch darum,...
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HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN ZUM BETRIEBLICHEN EINGLIEDERUNGSMANAGEMENT
INTEGRATIONSAMT Landeswohlfahrtsverband HessenINTEGRATIONSAMTLandeswohlfahrtsverband Hessen
HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN ZUMBETRIEBLICHEN EINGLIEDERUNGSMANAGEMENT
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InhaltInhaltsverzeichnis
Vorwort: „Blick hinter die Kulissen” ..... 3.....................................
1Auf einen Blick ..... 5....................................................................
Betriebliches Eingliederungsmanagement – Ziele und Nutzen ..... 5 ....
Betriebliches Eingliederungsmanagement nach „Schema F”? ..... 5 .....
· BEM – individuell und dynamisch ....................................................... 6
· Dialog und Konsens .......................................................................... 6
· Nichts über uns ohne uns .................................................................. 7
· Aus den Erfahrungen lernen .............................................................. 7
2 ......
.................................
Grundlagen des Betriebliches Eingliederungsmanagements . .... 8
Gesundheitsförderung als Betriebskultur . ...... 8
Die gesetzliche Regelung des § 84 Absatz 2 SGB IX im Überblick .... 9
· Ziel des BEM . ..... 9.............................................................................
· Beteiligte Personen und Stellen ...... . 9...................................................
BEM – letztlich ein Gewinn für alle Beteiligten .. ... 13 .........................
· Die Sicht der Arbeitgeber . .... 13............................................................
· Die Sicht der Beschäftigten .. .... 13........................................................
· Aus der Sicht der Schwerbehinderten vertretung,
der Betriebs- und Personalräte ... ... 14 ....................................................
Häufi g gestellte Fragen .. ... 16 ............................................................
1. Anwendungsbereich des § 84 Absatz 2 SGB IX ................................... 16
2. Beteiligung der betroffenen Person ............................................ ...... 19
3. Folgen eines fehlenden BEM für den Arbeitgeber...... 23...........................
4. Umsetzung des BEM ...... 26................................................................
Hinweise zur Handhabung des Datenschutzes ..... 31 ..........................
· Grundsätzliches ...... 31........................................................................
· Umgang mit Daten im BEM ...... 32.........................................................
3Betriebliches Eingliederungsmanagement im Einzelfall ...... 37.....
Aufgaben und Rollen der Beteiligten im Einzelfall ....... 37..................
Die Prozesskette ........ 38...................................................................
· Der Verfahrensablauf im Überblick ........ 38............................................
· Die Schritte im BEM ......... 39...............................................................
4Einzelfallübergreifender systematischer Ansatz des BEM .........46
ImpressumHerausgeber: Landschaftsverband Rheinland, LVR-Integrationsamt 50663 Köln und Landschaftsverband Westfalen-Lippe LWL-Integrationsamt Westfalen48133 Münster
© 2013: LWL-Integrationsamt Westfalen, 48133 Münster und LVR-Integrationsamt, 50663 Köln Autor: Christoph Beyer, Landschaftsverband Rheinland, LVR-Integrationsamt; Carla Ihme, LWL-Integrationsamt Westfalen;Petra Wallmann, LWL-Integrationsamt Westfalen
Redaktion: Petra Wallmann, LWL-Integrationsamt WestfalenBearbeitung des Nachdrucks für die Schriftenreihe des LWV Hessen:Uwe Giesen (verantwortlich), Marco SteinbachGesamtherstellung: Landwirtschaftsverlag GmbH, 48165 Münster
Herausgeber:Landschaftsverband Rhein-land, LVR-Integrationsamt50663 Köln undLandschaftsverband Westfalen-LippeLWL-Integrationsamt Westfalen48133 Münster
© 2013: LWL-Integrations-amt Westfalen, 48133 Münster und LVR-Integrati-onsamt, 50663 Köln
Autor:Christoph Beyer, Land-schaftsverband Rheinland, LVR-Integrationsamt; Carla Ihme, LWL-Integrati-onsamt Westfalen;Petra Wallmann, LWL-Integrationsamt Westfalen
Redaktion:Petra Wallmann, LWL-Integrationsamt Westfalen
Bearbeitung des Nachdrucks für die Schriftenreihe des LWV Hessen:Uwe Giesen (verantwort-lich), Marco Steinbach
Gesamtherstellung: Landwirtschaftsverlag GmbH, 48165 Münster
5Einführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements .... 48
Organisation der Einführung als Projekt ...... 48.................................
Phasen der Einführung ...... 49 ............................................................
· Überzeugungsarbeit, Aufklärung, Sammlung von Informationen ........ . 49........
· Auftragsklärung für die Einführung ....... 49................................................
· Projektorganisation ....... 49....................................................................
· Projektstart und Beginn der operativen Arbeit ........ 49................................
· Erste Zwischenbilanz ........ 50.................................................................
· Abschluss des Projekts und Überführung in die betriebliche Praxis ....... 50........
Möglichkeit und Bedeutung externer Hilfen ........ 50 ...........................
Mögliche Stolpersteine und wie man sie vermeidet ...... 50 ..................
Leistungen der Integrationsämter ....... 52 .........................................
Prämien für die Einführung ....... 52 ....................................................
6Praxisteil ....... 53..........................................................................
Materialien zur Prozesskette ....... 53 ..................................................
A. Fragen zur Vorbereitung des Erstkontaktes/Erstgesprächs ......... 53 ..............
B. Hinweise für den Arbeitgeber zum Erstkontakt ......... 53 .............................
C. Gesprächsleitfaden für das Erstgespräch ........ 57 ......................................
· Erklärungen zum Datenschutz sowie Vereinbarung über den Schutz
persönlicher Daten im Rahmen von Maßnahmen des BEM .......... 59...............
· Datenblatt für das BEM ......... 61.............................................................
.............................................................· Maßnahmen-Blatt BEM ......... 62
· Checkliste zur Vorbereitung einer Fallbesprechung ......... 63..........................
· Empfehlungen zur Gesprächsführung ......... 63...........................................
· Organisation und Protokoll Arbeitsversuch .............. 65...............................
Hinweise zur Gestaltung einer Betriebs- oder
Dienstvereinbarung zum BEM ........... 66............................................
Vorschlag für eine Präsentation vor der Geschäftsleitung ........ 67.....
Abkürzungsverzeichnis ....... 70..........................................................
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
VorwortBlick hinter die Kulissen
Die vorliegende Broschüre wurde durch die Integrationsämter der Landschaftsverbände
Rheinland und Westfalen-Lippe erstmalig im Jahre 2005 herausgegeben. Zwischenzeitlich
liegt die vierte, aktualisierte Auflage mit Stand Mai 2013 vor. Der Nachdruck der Broschü
re durch das Integrationsamt des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen erfolgt mit freund
licher Genehmigung der vorgenannten Stellen. Gleichzeitig wurde eine Angleichung des In
halts an die hessischen Gegebenheiten vorgenommen.
Blick hinter die Kulissen Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
sie halten die nunmehr 4. Auflage der Handlungsempfehlungen zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement in der Hand. Als die Integrationsämter der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe im Jahr 2005 die Empfehlungen zum ersten Mal veröffentlichten, begann das Vorwort folgendermaßen: „Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist zunächst eine Aufgabe des Arbeitgebers und gilt für alle Beschäftigten. Er ist verpflichtet, im Einzelfall alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Arbeitsunfähigkeit seiner Mitarbeiterin oder seines Mitarbeiters zu beenden, weiterer Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz zu erhalten. Damit dies gelingt, braucht der Arbeitgeber ‚Mitspieler’. Das ist in erster Linie die oder der Betroffene selbst, denn nur mit deren oder dessen Zustimmung können die Ursachen der Arbeitsunfähigkeit ermittelt, eventuell nötige Begutachtungen durchgeführt und schließlich in Frage kommende Maßnahmen umgesetzt werden. Das sind aber auch weitere Akteure im Betrieb oder in der Dienststelle, nämlich der Betriebs- oder Personalrat, und, wenn es sich um schwerbehinderte oder gleichgestellte Beschäftigte handelt, die Schwerbehindertenvertretung.
Auch von außen kommt Unterstützung: Partner außerhalb des Betriebes /der Dienststelle sind die Rehabilitationsträger und bei schwerbehinderten Menschen die Integrationsämter. Diese externen Stellen sollen die Beteiligten im Betrieb bei der Umsetzung des BEM unterstützen: Einmal durch Leistungen, die im Einzelfall erforderlich sind, zum anderen aber auch bei der generellen Einführung des BEM. Neben Unsicherheiten und auch Vorbehalten gegenüber der seit 2004 geltenden gesetzlichen Vorschrift wird immer wieder die Frage gestellt: ‚BEM – wie sollen wir das denn bei uns überhaupt umsetzen?’
Wir – das LVR-Integrationsamt in Köln und das LWL-Integrationsamt Westfalen in Münster – haben uns zum Ziel gesetzt, Betriebe und Dienststellen bei der Einführung des BEM zu unterstützen. Ausgehend von der Maßgabe, dass es nicht für alle Betriebe und Dienststellen ein einheitliches Vorgehen geben kann, haben wir uns vorgenommen, Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Nun sind Handlungsempfehlungen nur so gut, wie sie für die Umsetzung in der betrieblichen Praxis taugen. Aus diesem Grund holen wir uns fortlaufend Unterstützung aus den Betrieben und Dienststellen und lassen uns extern beraten.”
An unserer Zielsetzung hat sich auch neun Jahre seit Inkrafttreten des § 84 Absatz 2 SGB IX nichts geändert. Das gesetzliche Anliegen, die Beschäftigungsmöglichkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Betrieben und Dienststellen so gut und so lange wie möglich zu erhalten, ist aktueller denn je.
Festgestellt werden kann, dass das BEM bei den allermeisten Arbeitgebern angekommen ist. Die Betriebs- und Personalräte sowie die Schwerbehindertenvertretungen haben seine präventive und positive Bedeutung in ihrer täglichen Arbeit ebenfalls kennen und schätzen gelernt. Die Erarbeitung der Grundlagen für unsere Handlungsempfehlungen erfolgte auch für die vorliegende überarbeitete Fassung im engen Dialog mit denjenigen, die sie letzten Endes in ihrem Betrieb /in ihrer Dienststelle anwenden. Beim LVR-Integrationsamt fand Ende 2010 ein Praxistag rund um das BEM statt, der im Dezember 2012 mit einem weiterem Praxistag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit fortegesetzt wurde. Gefreut haben
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Blick hinter die Kulissen
wir uns hierbei wiederum über die zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der privaten Wirtschaft und dem öffentlichen Dienst, aus großen und kleinen Betrieben beziehungsweise Dienststellen.
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Beim LWL-Integrationsamt wurde Expertenwissen beim BEM-Praxistag im Herbst 2008 mit
den betrieblichen Akteuren vertieft und diskutiert. Die praktische und rechtliche Fortentwicklung des BEM war auch Schwerpunktthema der von beiden Integrationsämtern gemeinsam ausgerichteten Fachmesse „Behinderte Menschen im Beruf” auf der RehaCare 2009 in Düsseldorf. Beim LWL-Integrationsamt Westfalen wird darüber hinaus der Austausch mit den Praktikern aus Betrieben und Dienststellen fortentwickelt. BEM-Teams wird Gelegenheit geboten, neben dem Erwerb von speziellem Fachwissen im Austausch mit anderen und dem Integrationsamt an der Fortentwicklung des eigenen Teams zu arbeiten.
Die Handlungsempfehlungen behalten ihre bewährte Form bei: Sie beinhalten in ihrem ersten Teil Ausführungen zur Vorschrift des § 84 SGB IX und Vorschläge zu ihrer Umsetzung.
Wir beleuchten die Vorschrift aus verschiedenen Perspektiven, gehen auf die uns immer wieder gestellten Auslegungsfragen ein und schlagen für die Durchführung des BEM eine Prozesskette vor, die die Akteure bei der praktischen Arbeit unterstützen soll. Wichtig ist, dass dies keine starr einzuhaltende Schrittfolge sein soll, sondern ein Leitfaden, der flexibel angewendet werden kann.
Im zweiten Teil, dem Praxisteil, bieten wir einzelne Handlungshilfen wie zum Beispiel Checklisten oder Gesprächsleitfäden an, die für das BEM im Einzelfall wie auch für ein standardisiertes Verfahren hilfreich sein sollen. Da der Erfolg des BEM sehr von seiner Einführung im Betrieb beziehungsweise in der Dienststelle abhängt, finden Sie in diesem Praxisteil dazu auch eine Vorlage für eine PowerPointPräsentation.
Wir hoffen sehr, dass es uns gelingt, die Akteure bei der konkreten Umsetzung des BEM zu unterstützen und so dazu beizutragen, dass die Vorschrift in den Betrieben und Dienststellen eine positive Wirkung entfaltet.
Die vorliegende Auflage wurde Anfang 2013 in großen Teilen überarbeitet und aktualisiert. Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung für das BEM nehmen die Regelungen zum Datenschutz weiterhin breiten Raum ein. Bei den Antworten auf die häufi g gestellten Fragen wurden die in der Zwischenzeit ergangenen Urteile und gerichtlichen Entscheidungen berücksichtigt und eingearbeitet. Neu aufgenommen wurde unter anderem ein Beispiel für ein Anschreiben zur Einleitung des BEM. Die Informationen zur Vergabe von Prämien für die Einführung des BEM durch die beiden Integrationsämter von LVR und LWL befinden sich auf dem aktuellen Stand.
Welch große Bedeutung wir dem Thema Prävention und BEM beimessen, wird sehr deutlich an unserem gewandelten Selbstverständnis. In diesem Jahr begehen wir das 60-jährige Bestehen der beiden Landschaftsverbände. Die Integrationsämter bzw. die Hauptfürsorgestellen haben sich in dieser Zeit gemeinsam mit den örtlichen Fürsorgestellen/Fachstellen
zu einem kompetenten und immer ansprechbaren Partner der Arbeitgeber, Betriebs- und Personalräte sowie Schwerbehindertenvertretungen entwickelt. Prävention und BEM bekommen dabei eine stetig wichtiger werdende Funktion.
Wir wünschen Ihnen eine für Ihren Betrieb bzw. Ihre Dienststelle gewinnbringende Lektüre.
Köln, Münster im Mai 2013
Matthias Münning
LWL-Sozialdezernent LWL-Integrationsamt Westfalen
Martina Hoffmann-Badache
LVR-Sozialdezernentin LVR-Integrationsamt
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Kapitel 1. Auf einen Blick
In diesem Kapitel
• BEM – Ziele und Nutzen• BEM nach „Schema F”?
1BEM – Ziele und Nutzen
Mit den Regelungen rund um die Prävention überträgt der Gesetzgeber einen Teil der Ver
antwortung für die Gesundheit der Beschäftigten dem Betrieb beziehungsweise der
Dienststelle. Auf den Einzelfall angewendet soll das BEM helfen, die Arbeitsunfähigkeit zu
überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen, den Arbeitsplatz zu erhalten. Die
Idee des BEM geht aber weiter: Es geht auch darum, eine Systematik für die Vorgehens
weise zu entwickeln, die transparent ist und alle Beteiligten bei der Umsetzung im Einzel
fall unterstützt. So trägt das BEM letztlich dazu bei, die Gesundheit der Belegschaft zu
schützen, zu erhalten oder schnellstmöglich wiederherzustellen. Dafür muss man sich zu
nächst einmal vor Augen führen, wie viele Stunden des Tages die Beschäftigten an ihrem
Arbeitsplatz verbringen, und dass sie hier ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten ein
setzen. Von daher ist es fast zwingend, Beschäftigte mit Fragen der Gesundheit nicht al
lein zu lassen, sondern ihnen konkrete präventive betriebliche Angebote zur Gesundheit
zu unterbreiten.
Gesundheit, Leistungsfähigkeit, Belastbarkeit, Motivation, Zufriedenheit der Belegschaft
sind Zielgrößen des Eingliederungsmanagements. Betrieben und Dienststellen, die darauf
ein besonderes Augenmerk legen, kommen die positiven Auswirkungen wiederum zugu
te. Gesunde und zufriedene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind motivierter und
leistungsfähiger und haben weniger Fehlzeiten. Rein betriebswirtschaftlich gesehen ko
sten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit den Arbeitgeber Geld – eine Senkung der Fehlzeiten ist
in seinem eigenen Interesse.
BEM nach „Schema F”?
Nein, eben nicht. Ein für alle Arbeitgeber vorgeschriebenes Konzept, ein fertiges Schema
zum Abarbeiten gibt es nicht. Gerade der Zusatz „betrieblich” drückt aus, dass es um ein
möglichst betriebsbezogenes Vorgehen geht. Das BEM wird in einem Großkonzern anders
aussehen als in einem mittelständischen Betrieb und in einem kleinen Handwerksbetrieb
noch einmal anders. Wo im Großbetrieb zum Beispiel die Einsetzung eines regelmäßigen
„Runden Tisches” sinnvoll ist, besteht in einem kleinen Betrieb dafür keine Notwendigkeit,
wenn die Lösungsfindung im Einzelfall auf „dem kleinen Dienstweg” zu erreichen ist.
Wichtig ist, dass eine auf die Gegebenheiten des Betriebes/der Dienststelle abgestimmte
Vorgehensweise entwickelt wird, die in jedem Einzelfall Anwendung findet, und dass die
ses Vorgehen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im jeweiligen Unternehmen bekannt
und transparent gemacht wird.
In diesem Kapitel
• BEM – Ziele und Nutzen• BEM nach „Schema F”?
1. Auf einen Blick
BEMBetriebliches Eingliederungsmanagement
6
BEM – individuell und dynamisch
BEM ist also immer ein individuelles Verfahren, das genau so viele Prozessschritte um
fasst, wie erforderlich sind, um im Einzelfall die Ziele zu erreichen. Das heißt, mal reichen
wenige Schritte mit wenigen Akteuren aus, mal ist der Prozess aufwändiger und erfordert
die Hinzuziehung mehrerer betrieblicher und außerbetrieblicher Akteure. Entscheidend ist
in erster Linie das Ergebnis.
Als System betrachtet ist das BEM ein dynamisches Instrument. Wichtig ist, mit dem In
strument auch tatsächlich zu arbeiten; das heißt Erfahrungen sam
meln und es aufgrund der Erfahrungen kontinuierlich weiterentwi
ckeln. Ein bis ins letzte Detail ausgereiftes Konzept nutzt niemandem,
wenn es nicht gelebt wird. Für den Anfang ist es sicher besser, mit
weniger Regelungen auszukommen und zu starten, als so lange am Konzept zu feilen,
dass es für die Praxis zu kompliziert ist, eher abschreckt als hilfreich ist – und in der
Schublade landet.
BEM – individuell und dynamisch
-
Dialog und Konsens
Das BEM setzt auf Dialog und Konsens. Die beiden „Herren des Verfahrens” sind der Ar
beitgeber und die betroffene Arbeitnehmerin oder der betroffene Arbeitnehmer. Zwar ver
pflichtet die Vorschrift den Arbeitgeber zum Handeln, wenn die Voraussetzungen gegeben
sind. Die Vorschrift sagt aber auch, dass für alles, was dann an Hilfemaßnahmen erfolgt,
die Zustimmung der oder des Betroffenen erforderlich ist. Das heißt, ohne ihre oder seine
Einwilligung werden zum einen keine Schritte eingeleitet, zum anderen werden die einzu
leitenden Maßnahmen im Dialog entwickelt.
Das Dialog- und Konsensprinzip gilt schließlich auch für die Mitwirkung der weiteren in
ternen und externen Akteure. Sie sollen mit ihrem Sachverstand den Arbeitgeber und die
Betroffene/den Betroffenen beraten und unterstützen.
1. Auf einen Blick
7
Nichts über uns ohne uns
Die freiwillige Teilnahme der oder des Beschäftigten ist eines der wesentlichen Leitprin
zipien des BEM-Verfahrens. Sie oder er entscheidet selbst, ob sie oder er teilnehmen
möchte oder nicht. Zu beachten ist, dass die Beschäftigten ein Selbstbestimmungsrecht
über ihre gesundheitlichen Daten haben. Um die Freiwilligkeit zu gewährleisten, bedarf es
einer entsprechenden Information durch den Arbeitgeber, die so gestaltet ist, dass die
oder der Beschäftigte selbstbestimmt über die Teilnahme am BEM-Verfahren entscheiden
kann. Diese Information kann in einem persönlichen Gespräch und/oder in einem Infor
mations- beziehungsweise Einladungsschreiben gegeben werden.
Entscheidend für die Akzeptanz der Beschäftigten für das BEM ist, dass sie erkennen kön
nen, dass BEM zur präventiven Unterstützung und nicht zur Vorbereitung einer
eventuellen Kündigung angeboten wird. Insoweit kommt der Einführung des
BEM im Betrieb sowie der ersten Kontaktaufnahme mit dem Betroffenen
besondere Bedeutung zu.
Aus den Erfahrungen lernen
Das BEM geht vom Einzelfall aus. Die Umsetzung der Vorschrift soll
aber nicht beim jeweiligen Einzelfall stecken bleiben. Die Arbeitsun
fähigkeitszeiten eines einzelnen Mitarbeiters können betriebliche Ur
sachen haben, die bei Kollegen wiederum zu Fehlzeiten führen können.
Eine rechtzeitige Behebung der betrieblichen Schwachstelle hilft, dies zu
vermeiden.
Das heißt, wenn die Erfahrungen aus dem Einzelfall ausgewertet werden, lassen
sich daraus wertvolle allgemeine Erkenntnisse für den Betrieb/die Dienststelle ableiten,
zum Beispiel im Hinblick auf eine allgemeine Gesundheitsförderung im Betrieb oder auf
effektive Helfer-Strukturen.
-
-
-
8
Kapitel 22. Grundlagen des BEM
In diesem Kapitel:
• Gesundheitsförderung alsBetriebskultur
• Die gesetzliche Regelungdes § 84 Absatz 2 SGB IXim Überblick
• BEM – letztlich ein Gewinnfür alle Beteiligten
• Häufig gestellte Fragen• Hinweise zur Handhabung
des Datenschutzes
In diesem Kapitel:
• Gesundheitsförderung alsBetriebskultur
• Die gesetzliche Regelungdes § 84 Absatz 2 SGB IXim Überblick
• BEM – letztlich ein Ge winnfür alle Beteiligten
• Häufig gestellte Fragen• Hinweise zur Handhabung
des Datenschutzes
Gesundheitsförderung als Betriebskultur
Gesundheitsförderung als Unternehmensstrategie zielt auf das Wohlbefinden der Beschäf
tigten. Menschen, die mit ihrer Arbeitssituation zufrieden sind, sind produktiv und sel
tener krank. Geringe krankheitsbedingte Fehlzeiten senken die Kosten. Betriebliche Ge
sundheitsförderung dient aber genauso den Beschäftigten, schließlich geht es um ihre
Gesundheit. In der Arbeitswelt ist zu beobachten, wie die Anforderungen und die Arbeits
dichte immer mehr zunehmen. Aussagen wie: „Immer weniger Beschäftigte müssen im
mer mehr leisten” sind längst keine leeren Behauptungen mehr. Der steigende Arbeits
druck bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten. So steht
sicherlich auch die Zunahme psychischer und seelischer Erkrankungen in einem unmittel
baren Zusammenhang mit dieser Entwicklung.
Eine weitere Beobachtung gilt der demografi schen Entwicklung: Im Jahr 2005 gab es in
Deutschlands Betrieben und Dienststellen erstmals mehr Mitarbeiter, die über 50 Jahre alt
sind als unter 30. Und im Jahr 2015 wird jeder dritte Beschäftigte in Deutschland älter als
50 Jahre sein. Verknüpft man die demografi sche Entwicklung mit der steigenden Arbeits
belastung für den Einzelnen, so bedeutet dies, dass die Belegschaften altern und gleich
zeitig ihre Arbeitskraft intensiver genutzt wird.
Der steigende Arbeitsdruck bleibt nicht ohne Aus
wirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten
-
Vor diesem Hintergrund wird die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten nur ge
lingen, wenn auf die Ressourcen Gesundheit, Arbeitsfähigkeit und Erwerbsfähigkeit bes
ser geachtet wird als bisher. Prävention im Sinne einer Gesundheitsförderung ist in den
letzten Jahren zum integralen Bestandteil des Geschehens in vielen Betrieben und Dienst
stellen geworden. Die Gesundheitsförderung als Unternehmensstrate
gie ist ein umfassender Ansatz. Sie beinhaltet die Verbesserung der Ar
beitsbedingungen in Betrieb und Dienststelle, den Arbeitsschutz, das
heißt die Vermeidung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, geht
aber auch über diese „klassischen” Maßnahmen zur Gesunderhaltung
der Belegschaft hinaus. Psychische Erkrankungen der Beschäftigten
treten immer häufiger auf. Ein wichtiger Bestandteil der Gesundheitsvorsorge und -für
sorge in Betrieb und Dienststelle ist die betriebliche Suchtprävention für alkoholabhängige
und -gefährdete Beschäftigte, aber auch für andere Suchtformen wie Medikamentenab
hängigkeit, Konsum illegaler Drogen und Spielsucht. Gesundheitsförderung als Unterneh
mensstrategie nimmt zum Beispiel auch das Führungsverhalten der Vorgesetzten in den
Blick, um psychische Stressoren und „Krankmacher” zu vermeiden. Durch Informationen,
Aktionswochen und Ähnliches fördert der Betrieb/die Dienststelle ferner eine gesunde Le
bensführung der Beschäftigten, auch im privaten Bereich. Damit verbunden ist die be
rechtigte Erwartung, dass sich jeder Beschäftigte eigenverantwortlich um seine Gesund
heit bemüht. Betriebliche Prävention als Teil der Gesundheitsförderung umfasst alle
Anstrengungen, die dazu beitragen, Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbe
dingte Gesundheitsgefahren zu vermeiden. Wenn gesundheitliche Schwierigkeiten bereits
aufgetreten sind, geht es bei der Prävention darum, durch geeignete Maßnahmen diese
2. Grundlagen des BEM
§§§
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zu beseitigen oder zumindest eine Verschlimmerung zu verhindern. In diese umfassenden
Ansätze von betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention ist das BEM eingebettet.
Es befasst sich mit der Reaktion auf Arbeitsunfähigkeitszeiten von einiger Häufi gkeit oder
Dauer und den Möglichkeiten zu ihrer Überwindung sowie künftigen Verringerung. Das
BEM ist somit Bestandteil der Gesundheit als Betriebskultur.
Die gesetzliche Regelung des § 84 Absatz 2 SGB IX im Überblick
Mit der Novellierung des SGB IX durch das Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Be
schäftigung schwerbehinderter Menschen ist das BEM gesetzlich eingeführt worden. Das
BEM hat seinen Standort in dem mit der amtlichen Überschrift „Prävention” versehenen
§ 84. Dessen Absatz 2 Satz 1 bestimmt wörtlich: „Sind Beschäftigte
innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen
oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zustän
digen Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außer
dem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betrof
fenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden
und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der
Arbeitsplatz erhalten werden kann (BEM).” BEM verfolgt also das Ziel, im Betrieb mit den
dort vorhandenen Akteuren und Strukturen sowie unter Nutzung der dort gegebenen oder
herstellbaren spezifischen Potenziale, Beschäftigte gesund und arbeitsfähig zu halten be
ziehungsweise deren Arbeitsfähigkeit wieder (vollständig) herzustellen.
BEM ist im SGB IX gesetzlich verankert worden.
Die gesetzliche Verpfl ichtung zum BEM in § 84 Absatz 2 Satz 1 SGB IX zielt darauf ab,
durch geeignete Gesundheitsprävention das Arbeitsverhältnis im Einzelfall möglichst dau
erhaft zu sichern. Dieser einzelfallbezogene Ansatz sollte aus der Sicht der Integrations
ämter ergänzt werden um ein gemeinsam im Betrieb/in der Dienststelle vereinbartes sy
stematisches Vorgehen zur Sicherstellung eines erfolgreichen BEM.
Ziel des BEM
Das Ziel des BEM ist es, den Ursachen von Arbeitsunfähigkeitszeiten einer/eines Beschäf
tigten gemeinsam nachzugehen, nach Möglichkeiten zu suchen, künftige Arbeitsunfähig
keitszeiten zu vermeiden oder zumindest zu verringern, Rehabilitationsbedarfe zur Siche
rung der Erwerbsfähigkeit der Beschäftigten frühzeitig zu erkennen und entsprechende
Rehabilitationsmaßnahmen rechtzeitig einzuleiten. Das BEM nutzt somit sowohl dem ein
zelnen Beschäftigten als auch seinem Arbeitgeber und den Sozialversicherungssystemen.
Beteiligte Personen und Stellen
Am BEM sind mehrere Personen beziehungsweise Stellen innerhalb und außerhalb des
Betriebs/der Dienststelle beteiligt:
2. Grundlagen des BEM
§§ §
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Der Arbeitgeber
Der Arbeitgeber ist verpflichtet das BEM durchzuführen. Er hat zunächst die Aufgabe,
• zu überprüfen, ob im Einzelfall die Voraussetzungen, die einen BEM-Prozess gemäß
§ 84 Absatz 2 Satz 1 SGB IX auslösen, gegeben sind (Dauer der Arbeitsunfähigkeits
zeiten bezogen auf die letzten zwölf Monate), um dann
• das BEM-Verfahren durch eine erste Kontaktaufnahme mit der/dem Beschäftigten zu
starten.
Der Arbeitgeber bleibt für den gesamten Ablauf des BEM-Prozesses (letzt-)verantwortlich,
auch wenn er innerbetrieblich ein Integrationsteam, den Betriebsarzt oder die Schwerbe
hindertenvertretung mit der Durchführung der weiteren Verfahrensschritte, der Veranlas
sung von Maßnahmen (zum Beispiel ärztliche Untersuchungen, Einschaltung des bera
tenden Ingenieurs des Integrationsamtes) beauftragt hat.
Die Beschäftigten
Das BEM dient der Überwindung beziehungsweise der Vorbeugung von Arbeitsunfähigkeit
und soll den Arbeitsplatz der oder des Beschäftigten sichern helfen. Es handelt sich also
um eine Maßnahme zugunsten der beschäftigten Person.
Eine Mitwirkungspfl icht der Beschäftigten im BEM-Verfahren besteht nicht. Im Gegenteil
ist das gesamte Verfahren durch das Prinzip der Freiwilligkeit der Teilnahme
geprägt. Daher kann ohne die Einwilligung der oder des Beschäftigten kein
BEM-Verfahren durchgeführt werden. Das Erfordernis der Einwilligung be-
zieht sich dabei auf alle Verfahrensschritte des BEM sowie auf alle beteiligten
Personen. Datenschutzrechtliche Aspekte sind zu beachten. Liegt die Einwil
ligung der/des Beschäftigten nicht vor, kann es seitens des Arbeitgebers kei
ne weiteren Aktivitäten zur Überwindung oder Verringerung der Arbeitsunfä
higkeitszeiten im BEM-Verfahren geben. Die Beschäftigten sind am gesamten BEM-Prozess
zu beteiligen. Dies geschieht zum Beispiel durch die Einbeziehung in einzelne Maßnah
men, etwa eine Arbeitsplatzbegehung oder eine Teilnahme an Beratungsgesprächen.
Der Schutz der personenbezogenen
Daten muss während des gesamten BEM-Verfahrens
gewährleistet sein
Ist die oder der Beschäftigte mit dem BEM-Verfahren einverstanden, sollte sie/er dann
auch am Verfahren aktiv mitwirken. Sie oder er sollte zum Beispiel Auskunft geben über
besondere Belastungen am Arbeitsplatz (betriebliche Ursachen der Arbeitsunfähigkeit)
und mithelfen, Auswirkungen gesundheitlicher Probleme auf die berufl iche Leistungsfä
higkeit aufzuklären.
Die Preisgabe der äußerst sensiblen gesundheitlichen Daten beziehungsweise der Daten
über Behinderungen und deren Folgen kann Beschäftigten nur dann zugemutet werden,
wenn der Schutz dieser personenbezogenen Daten während des gesamten BEM-Verfah
rens gewährleistet ist. Das heißt für den Arbeitgeber, dass die Zahl derjenigen, die von
diesen sensiblen Daten Kenntnis erlangen, auf das unumgänglich Notwendige zu be
schränken ist. Für die Beschäftigten bedeutet es, dass die Entscheidung zur Mitteilung von
Krankheitsdaten ihnen selbst überlassen bleibt. Es wird empfohlen, sensible Daten nur
dann und nur insoweit zu offenbaren, wie sie für die Sachverhaltsermittlung im Verfahren
von Bedeutung sind.
2. Grundlagen des BEM
§§§
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Die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen durch den Arbeitgeber und alle übrigen
Beteiligten des BEM-Prozesses ist von ausschlaggebender Bedeutung für die vertrauens
volle Mitwirkung der Beschäftigten beim BEM und für die Gewissheit der Beschäftigten,
dass das Verfahren tatsächlich in ihrem Interesse und nicht zur Vorbereitung einer Kün
digung durchgeführt wird. Erteilt die/der Beschäftigte ihre/seine Zustimmung zur Einlei
tung des BEM-Verfahrens nicht oder zieht sie/er diese Zustimmung später zurück oder
beteiligt sich im weiteren Ablauf des BEM-Prozesses nicht mehr an den erforderlichen
Maßnahmen, so endet das BEM-Verfahren an dieser Stelle. Der Arbeitgeber ist in diesem
Fall nicht mehr zu einer Durchführung von Maßnahmen im Rahmen des BEM verpflichtet.
Die Frage, ob sensible gesundheitliche Daten für das BEM-Verfahren genutzt werden kön
nen, hängt auch davon ab, ob diese für die Umsetzung des Verfahrens „zwingend erfor
derlich” sind. Hierüber ist die betroffene Person in geeigneter Weise unter Hinweis darauf
aufzuklären, dass sich die Frage nach einer gegebenenfalls freiwilligen Preisgabe von
Krankheitsangaben nur dann stellen könnte, wenn sie nach einer Erörterung der son sti
gen belastenden Gesichtspunkte und in Frage kommender Hilfsangebote unabweisbar er
scheint.
Dabei ist allerdings zu beachten, dass die/der Beschäftigte es nicht hinnehmen muss,
ihre/seine medizinischen Daten über Inhalt, Umfang und Details der Erkrankung vor me
dizinischen Laien auszubreiten. In der Regel kommt daher allenfalls in Betracht, dass
diese Daten dem in § 84 Absatz 2 Satz 2 SGB IX genannten Betriebsarzt mitgeteilt wer
den. Ist kein Werks- oder Betriebsarzt vorhanden, so kommt auch die Hinzuziehung eines
arbeitsmedizinischen Dienstes in Betracht. Der Arzt übernimmt es, die medizinischen Er
kenntnisse den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des BEM in dem Erst- und gegebenen
falls den Folgegesprächen in ihren Auswirkungen auf den konkreten Arbeitsplatz zu ver
deutlichen. Entsprechend den Grundsätzen für die Begutachtung der Arbeitsfähigkeit
kommt es dabei in der Regel nicht auf die medizinischen Details an, wie etwa die Ana
mnese oder die (genaue) Diagnose.
Die Schwerbehindertenvertretung, Betriebs-/Personalrat
Weitere Akteure des BEM-Prozesses sind die Schwerbehindertenvertretung (bei schwer
behinderten Beschäftigten) sowie der Betriebs- oder Personalrat. Sie dürfen von sich aus
die Einleitung eines BEM beim Arbeitgeber anstoßen (siehe dazu § 95 Absatz 1 Satz 2
SGB IX für die Schwerbehindertenvertretung, § 80 Absatz 1 Nummern 1, 2, 4, 6, 8 und 9
BetrVG für die Betriebsräte und § 68 Absatz 1 Nummern 1, 3 und 4 BPersVG, § 62 Absatz
1 Nummern 1– 4, § 76 Absatz 1 HPVG für die Personalräte). Die Beschäftigtenvertretungen
unterstützen den BEM-Prozess, sie bringen eigene Vorschläge ein und fördern das Verfah
ren durch Unterstützung der/des einzelnen Beschäftigten im Rahmen ihrer Aufgabenstel
lung nach dem Schwerbehinderten-, Betriebsverfassungs- beziehungsweise Personalver
tretungsrecht. Die Schwerbehindertenvertretung, aber auch ein Betriebs- oder Personal
ratsmitglied kann Teilaufgaben des BEM-Prozesses im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber
übernehmen. Im Betrieb oder in der Dienststelle kann ein Integrationsteam gebildet wer
den, das beispielsweise aus der Schwerbehindertenvertretung, einem Betriebs- und Per
2. Grundlagen des BEM
§§§
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sonalratsmitglied sowie weiteren innerbetrieblichen Akteuren wie dem Betriebsarzt und
der Arbeitssicherheitsfachkraft bestehen kann. Diesem Integrationsteam kann der Arbeit
geber, nachdem er den Erstkontakt zu der/dem betroffenen Beschäftigten hergestellt und
deren/dessen Zustimmung zum BEM-Verfahren eingeholt hat, die weitere Durchführung
des BEM-Prozesses im Betrieb/in der Dienststelle übertragen. Wichtig ist in diesem Zu
sammenhang, dass die Absprachen, die gemeinsam vom Beschäftigten, dem Arbeitgeber
(Vertreter), der Schwerbehindertenvertretung und dem Betriebs-/Personalratsmitglied im
Rahmen des BEM-Verfahrens getroffen worden sind, danach auch gemeinsam getragen
und umgesetzt werden. Das muss auch für eventuell notwendige betriebsverfassungs-
beziehungsweise personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsverfahren gelten, in de
nen es um die im BEM abgesprochene (Personal-)Maßnahme geht. Das BEM ist in § 84
Absatz 2 SGB IX als Kooperationsprozess angelegt. Ein erfolgreiches BEM braucht deshalb
zuverlässige Partner und wechselseitiges Vertrauen in das Worthalten aller Beteiligten.
Der BEM-Verantwortliche im Klein- oder Mittelbetrieb:
zum Beispiel der Betriebsarzt
Fehlt insbesondere in Klein- oder Mittelbetrieben eine Beschäftigtenvertretung oder
kommt es nicht zur Bildung eines Integrationsteams, so hat der Arbeitgeber zum Beispiel
die Möglichkeit, den Betriebsarzt mit der Durchführung der einzelnen BEM-Verfahren zu
beauftragen.
Externe Partner
Als mögliche externe Beteiligte und Ansprechpartner für Rehabilitationsleistungen zur
Teilhabe am Arbeitsleben und für Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben nach
dem Schwerbehindertenrecht nennt § 84 Absatz 2 SGB IX die Rehabilitationsträger (Kran
kenkasse, Rentenversicherung, Agentur für Arbeit, Unfallversicherung) sowie die Integra
tionsämter bei schwerbehinderten Menschen.
Diese externen Beteiligten sollen ihre Leistungen zur Erhaltung der Erwerbsfähigkeit, zur
ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung, zur berufl ichen Qualifizierung
und zur Gewährleistung des Unfallschutzes und der Arbeitssicherheit
in den BEM-Prozess einbringen. Ihre Beteiligung empfi ehlt sich erst
dann, wenn die Sachverhaltsermittlung und die Gespräche während
des innerbetrieblich durchgeführten einzelnen BEM-Verfahrens kon
kret nahe legen zu überprüfen, ob Maßnahmen zur Teilhabe am Ar
beitsleben beziehungsweise zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben sinnvoll erscheinen.
BEM braucht zuverlässige Partner
und wechselseitiges Vertrauen
2. Grundlagen des BEM
§§§
:
13
BEM – letztlich ein Gewinn für alle Beteiligten
Die Sicht der Arbeitgeber
Anfangs sahen viele Arbeitgeber mit der in § 84 Absatz 2 Satz 1 SGB IX verankerten
Pflicht zur Durchführung eines BEM nur mehr Bürokratie, mehr personellen Aufwand, das
heißt mehr Kosten auf sich zukommen. Dies hat sich gewandelt; das BEM ist heute weit
gehend etabliert. Die Vorteile erfolgreicher Eingliederungsbemühungen bestehen in
• einer Verringerung künftiger Fehlzeiten bei der oder dem einzelnen betroffenen Beschäf
tigten, aber möglicherweise auch der Fehlzeiten anderer Beschäftigter, indem Erkennt
nisse bezüglich krankmachender Faktoren im Betrieb, die in einem Einzelfall gewonnen
worden sind, zur Verbesserung der fraglichen Arbeitsbedingungen genutzt werden. Eine
Verringerung der Arbeitsunfähigkeitszeiten bedeutet, je nach Umfang dieser Verringe
rung, eine entsprechende Kostenersparnis.
• einem Instrument, um in Zeiten alternder Belegschaften erfahrene Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter sowie Wissensträgerinnen und Wissensträger durch frühzeitiges Erkennen
eines Rehabilitationsbedarfes sowie durch frühzeitige Einleitung von Rehabilitations
maßnahmen gesundheitlich zu stabilisieren, damit sie dem Betrieb länger zur Verfügung
stehen können.
• einer Verbesserung des Betriebsklimas und des Images des Arbeitgebers. Auch die zu
nächst nicht von einem BEM direkt betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter achten
darauf, wie ein Unternehmen mit älteren und gesundheitlich beeinträchtigten Kolle
ginnen und Kollegen umgeht. BEM macht den Betrieb fair und vorbildlich im Umgang
mit älteren und gesundheitlich beeinträchtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dies
fördert ihre Identifikation mit dem Betrieb/der Dienststelle. Außerdem zeigt sich der Ar
beitgeber mit der Einführung eines BEM sozial kompetent und weitblickend in der Per
sonalarbeit. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Imagefaktor, auch bei Kunden und
bei der Rekrutierung neuer – vor allem auch jüngerer – Mitarbeiterinnen und Mitarbei
ter.
Fazit: Die Vorteile für die Arbeitgeber überwiegen!
Die Sicht der Beschäftigten
„Krankheitszeiten, Krankheitsdiagnosen, die Gesundheit insgesamt sind Privatsache.
Deshalb stehen in einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes auch
keine Krankheitsdiagnosen, sondern nur die Dauer der Arbeitsunfähigkeit. BEM macht aus
dieser Privatsache eine „betriebsöffentliche Angelegenheit”. Was ist, wenn das BEM-Ver
fahren keinen Erfolg hat und weitere Arbeitsunfähigkeitszeiten zu befürchten sind? Habe
ich dann nicht an der Vorbereitung meiner krankheitsbedingten Kündigung mitgewirkt?”
Arbeitsunfähigkeitszeiten sind nie Privatsache gewesen. Sie belasten den Betrieb/die
2. Grundlagen des BEM
§§ § :
14
Dienststelle mit Lohnfortzahlungskosten, Kolleginnen/Kollegen müssen die Arbeit zusätz
lich übernehmen. Die Solidargemeinschaft der Versicherten wird ebenfalls mit Kosten be
lastet (zum Beispiel mit Krankengeld oder den Kosten von medizinischen Rehabilitations
maßnahmen). Wichtiger aber ist, dass das BEM zur persönlichen Gesunderhaltung der/
des einzelnen Beschäftigten wesentlich beitragen kann. Betrieblichen Ursachen von Ar
beitsunfähigkeitszeiten wird nachgegangen. Einer möglicherweise drohenden Chronifizie
rung von Krankheiten kann vorgebeugt werden, wenn man den Ursachen der Krankheit
auf den Grund geht. Der arbeitende Mensch verbringt – jedenfalls wenn er in Vollzeit be
schäftigt ist – während der Zeit seiner Erwerbstätigkeit ein Drittel des Tages am Arbeits
platz. Arbeitszeit ist Lebenszeit. Erkenntnisse aus BEM-Verfahren, die beispielsweise zu
belastungsmindernden Veränderungen in der Arbeitsorganisation, zu einer ergono
mischen Arbeitsplatzgestaltung oder zur Reduzierung psychischer Stressfaktoren (unter
anderem auch im Verhalten von Führungskräften) führen, aber auch die stufenweise Wie
dereingliederung nach längerer Krankheit besitzen vor diesem Hintergrund erhebliche Be
deutung für die Gesundheit jeder/jedes Beschäftigten.
Fazit: Die Vorteile für die Beschäftigten überwiegen!
Aus der Sicht der Schwerbehindertenvertretung, der Betriebs-
und Personalräte
„Das BEM ist ein Verfahren, in dem sich die Interessen und Rechte des einzelnen (schwer
behinderten) Beschäftigten, des Arbeitgebers, der Belegschaft und der Interessenvertre
tungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vermischen. Die klare Rollenaufteilung und
Arbeitsteilung – hier Arbeitgeber, dort die Beschäftigtenvertretungen, die an der Seite der
einzelnen Mitarbeiterin/des einzelnen Mitarbeiters stehen – geht uns verloren. Eventuell
müssen wir uns im Einzelfall auf Wunsch der/des Beschäftigten auf Kompromisse einlas
sen, die mit unseren grundsätzlichen Anschauungen als Arbeitnehmervertretungen nicht
in Einklang stehen. Indem wir uns an BEM-Verfahren intensiv beteiligen, nehmen wir dem
Arbeitgeber ein Gutteil seiner Verantwortung ab und müssen uns bei misslungenem BEM
sogar noch vor der/dem Beschäftigten rechtfertigen.”
Diese Sichtweise ist nicht zutreffend. Die meisten Beschäftigtenvertretungen haben die
erheblichen Vorteile eines vernünftig gestalteten BEM-Verfahrens im Betrieb/in der Dienst
stelle erfahren. Sie gewinnen einen systematischen Ansatz für die betriebliche Gesund
heitsförderung im Interesse der Beschäftigten. Ein BEM-Verfahren, das zu einer syste
matischen Auswertung der betrieblichen Gesundheitsgefährdungspotenziale und „krank
machender” innerbetrieblicher Faktoren einschließlich des Führungsverhaltens von
Vorgesetzten führt, bietet den Beschäftigtenvertretungen Ansätze, um ihrerseits Initiati
ven zur gesundheitsfördernden Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu ergreifen. Die
Betriebsräte können damit ihren entsprechenden Aufgaben nach den §§ 89 und 92a Be
trVG zur Verbesserung der Beschäftigungssituation und nach § 90 Absatz 2 BetrVG zur
menschengerechten Gestaltung der Arbeitsbedingungen, die Personalräte ihren ver
2. Grundlagen des BEM
:
§§§
15
gleichbaren Aufgaben nach § 75 Absatz 3 Nummern 11 und 16 BPersVG beziehungsweise
§ 74 Absatz 1 Nummern 2, 6 und 16 HPVG effektiv und kompetent nachkommen. Nach
§ 76 Absatz 1 HPVG haben die Personalräte in Hessen eine eigenständige „Zuständigkeit
für Prävention” in Bezug auf die Verhütung von Unfall- und Gesundheitsgefahren.
Fazit: Die Vorteile für die Schwerbehindertenvertretungen,
Betriebs- und Personalräte überwiegen!
2. Grundlagen des BEM
????
16
Häufig gestellte Fragen
Die Regelung des § 84 Absatz 2 SGB IX wirft viele Fragen auf. Arbeits- und verwaltungs
gerichtliche Entscheidungen geben Hinweise zur Interpretation und Auslegung der Vor
schrift. Die nachfolgenden Fragen und Antworten zum BEM sind auf der Grundlage der in
Literatur und Rechtsprechung vertretenen Auffassungen zusammengestellt worden.
Die Fragen und ihre Antworten gliedern sich in die Themenblöcke:
1. Anwendungsbereich des § 84 Absatz 2 SGB IX
2. Die Beteiligung der betroffenen Person
3. Folgen eines fehlenden BEM für den Arbeitgeber
4. Umsetzung des BEM
1. Anwendungsbereich des § 84 Absatz 2 SGB IX
Gilt § 84 Absatz 2 SGB IX nur für schwerbehinderte und gleichgestellte behin
derte Menschen oder für alle Beschäftigten?
§ 84 Absatz 2 SGB IX gilt für alle Beschäftigten. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der
Vorschrift. In ihrem Text ist der Adressatenkreis genannt („Sind Beschäftigte...”) und wei
ter geregelt, dass die notwendigen Maßnahmen immer mit der Interessenvertretung im
Sinne des § 93 SGB IX, aber nur bei schwerbehinderten und gleichgestellten behinderten
Menschen auch mit der Schwerbehindertenvertretung abzuklären sind (LAG Hamm, Urteil
vom 24.01.2007 – 2 Sa 991/06; BAG, Urteil vom 12.07.2007 – 2 AZR 716/06, br 2008, 77).
Gibt es Ausnahmen für befristet eingestellte Aushilfskräfte, Teilzeitkräfte,
Probezeit et cetera?
Grundsätzlich gilt die Vorschrift für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in einem re
gulären Beschäftigungsverhältnis stehen. Daher gilt sie selbstverständlich auch für alle
Teilzeitkräfte unabhängig von der wöchentlichen Stundenzahl. Der Arbeitsplatzbegriff des
§ 73 SGB IX mit seinen Ausnahmen findet hier keine Anwendung, da allein auf den Be
schäftigten abzustellen ist. Insofern gilt die Vorschrift auch für Aushilfskräfte, wobei zu
berücksichtigen ist, dass natürlich auch alle Pflichten des Arbeitgebers mit dem Ende des
Arbeitsverhältnisses enden. Eine Ausnahme hiervon besteht insoweit, als vor einer Kün
digung innerhalb der Probezeit ein Präventionsverfahren nach § 84 Absatz 1 SGB IX nicht
durchgeführt werden muss. Die Rechtsprechung begründet dies damit, dass in Fällen, in
denen das Arbeitsverhältnis noch keine sechs Monate gedauert hat, der Arbeitnehmerin/
dem Arbeitnehmer weder der allgemeine Kündigungsschutz (§ 1 KSchG) noch der Son
derkündigungsschutz nach § 85 SGB IX zusteht (BAG, Urteil vom 28.06.2007 – 6 AZR
750/06). Die Ausführungen sind auf § 84 Absatz 2 SGB IX übertragbar.
Gilt § 84 Absatz 2 SGB IX auch für Beamte?
Selbstverständlich gilt § 84 Absatz 2 SGB IX auch für Beamte. Dass diese „Beschäftigte”
sind, ist bei § 81 Absatz 2 SGB IX unstreitig und gilt auch bei § 84 SGB IX. Auch der Be
griff des „Arbeitgebers” beruht auf der gesetzlichen Begriffsbestimmung für das SGB IX
2. Grundlagen des BEM
????
17
in § 71 Absatz 1 SGB IX, wonach Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes alle privaten und
öffentlichen Arbeitgeber sind, auch wenn es einzelne – immer weitergehende – Rege
lungen für öffentliche Arbeitgeber gibt. Die Pflicht zur Durchführung eines BEM erstreckt
sich auf alle Beamten mit einer krankheitsbedingten Fehlzeit von mehr als sechs Wochen
innerhalb eines Jahreszeitraumes (BVerwG, Beschluss vom 04.09.2012 – 6 P 5.11).
Was bedeutet „innerhalb eines Jahres”?
Bei der Jahresfrist ist nicht auf das Kalenderjahr, sondern darauf abzustellen, ob die be
troffene Person in den letzten zwölf Monaten insgesamt länger als sechs Wochen unun
terbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig war. Nur diese Berechnung ist mit dem Ziel des
BEM, der Gesundheitsprävention am Arbeitsplatz, vereinbar. Eine sinnvolle Gesundheits
prävention hat keinen Bezug zu dem jeweiligen Kalenderjahr, sondern muss allein darauf
abstellen, dass bei einem Beschäftigten über einen bestimmten Zeitraum gehäufte oder
längerfristige Erkrankungen vorliegen.
Wie berechnet sich die Frist von sechs Wochen?
Bei dieser Frage ist zu unterscheiden, ob die Erkrankung länger als sechs Wochen unun
terbrochen besteht oder die Frist von sechs Wochen durch mehrere Perioden von Arbeits
unfähigkeit erreicht wird. Die erste Frist ist leicht zu bestimmen. Eine Erkrankung über
sechs Wochen – 42 Tage – erfüllt die Voraussetzungen. Bei mehreren Erkrankungen ist
abzustellen auf die Zahl der Arbeitstage und die Frist dann unter Berücksichtigung der
üblichen Arbeitswoche zu berechnen. Arbeitet die betroffene Person in der Fünftagewo
che, liegen die gesetzlichen Voraussetzungen nach 30 Arbeitstagen mit Arbeitsunfähig
keitsmeldung vor. In der Sechstagewoche sind 36 Arbeitstage mit Arbeitsunfähigkeitsmel
dung erforderlich. Da der Gesetzgeber lediglich vorschreibt, dass es auf die Dauer der
gesundheitlichen Beeinträchtigung ankommt und daraus abgeleitet wird, dass auch die
arbeitsfreien Tage mit einzubeziehen sind, kann alternativ unabhängig von der vertrag
lichen wöchentlichen Arbeitszeit und unabhängig von der Anwesenheit am Arbeitsplatz
wie folgt berechnet werden: Alle Zeiten der Arbeitsunfähigkeit werden zusammengerech
net und durch sieben geteilt ( 1 Woche = 7 Tage). Die Sechswochenfrist ist erfüllt, wenn
am Ende eine „6” oder eine höhere Zahl steht (vergleiche „Die Ermittlung des Zeitpunkts
für die Einleitung eines BEM nach § 84 Absatz 2 SGB IX” von Anja Hillmann und
Dr. Alexander Gagel, IQPR Diskussionsforum B, Schwerbehindertenrecht und betrieb
liches Gesundheitsmanagement, Diskussionsbeitrag Nummer 1/2009, www.iqpr.de). Die
se Alternative bietet sich insbesondere bei Beschäftigten im Schichtdienst an.
Muss für die zu zählenden Tage eine AU-Bescheinigung vorliegen?
Nein! Grundsätzlich muss erst ab dem dritten Tag einer Erkrankung eine ärztliche Arbeits
unfähigkeitsbescheinigung vorgelegt werden. Bei den beiden ersten Tagen liegt jedoch be
reits eine Arbeitsunfähigkeit vor, sodass selbstverständlich beide Tage mitzuzählen sind.
2. Grundlagen des BEM
????
18
Zählen nur „echte” Krankheitszeiten oder auch Arbeitsunfähigkeitszeiten
wegen Kuren, Reha-Maßnahmen?
In die Berechnung der Sechswochenfrist fließen alle Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit ein,
also auch Kuren (gegebenenfalls abweichend bei Beamten) und Reha-Maßnahmen. Au
ßerdem ist es unerheblich, ob – falls bekannt – dieselbe oder verschiedene Krankheitsur
sachen vorliegen. Die Berücksichtigung der Gründe für krankheitsbedingte Fehlzeiten er
folgt erst im weiteren Verlauf des BEM, in der Regel bereits beim Erstgespräch.
Was bedeutet „wiederholt arbeitsunfähig”?
Es ist ausschließlich auf die zeitliche Komponente der wiederholten Arbeitsunfähigkeit ab
zustellen (insgesamt sechs Wochen). Die Art der Erkrankung muss die betroffene Person
nicht offenbaren. Es kommt weder darauf an, ob berufliche oder private Ursachen zu der
Arbeitsunfähigkeit geführt haben, noch ob immer die gleiche oder ganz unterschiedliche
Erkrankungen vorliegen. Einerseits können ganz unterschiedliche Symptome eine ge
meinsame physische oder psychische Ursache haben. Andererseits ist der Arbeitgeber
nicht immer über die Art der Erkrankung informiert. Aber auch dann, wenn alle Erkran
kungen bekannt sein sollten, lohnt es sich, einen Blick auf die wirklichen Ursachen zu wer
fen und gemeinsam mit der betroffenen Person zu überlegen, wie die Arbeitsunfähigkeit
überwunden und erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden kann.
Muss jeder Arbeitgeber ein BEM durchführen?
Das Gesetz trifft keine Differenzierungen etwa nach der Größe des Unternehmens oder der
Beschäftigungspflicht nach dem SGB IX. Deshalb sind grundsätzlich alle Arbeitgeber ver
pflichtet, BEM mit ihren Beschäftigten durchzuführen. Insofern gilt § 84 Absatz 2 SGB IX
auch in einem Betrieb ohne Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung und auch im
Kleinbetrieb, ist also nicht abhängig von einer bestimmten Anzahl von Arbeitnehmerinnen/
Arbeitnehmern (vergleiche LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17.11.2005 – 4 Sa 328/05).
Jedoch stellt es in einem Betrieb, der nicht dem KSchG unterfällt, kein Indiz für eine Sitten
widrigkeit oder Treuwidrigkeit einer Kündigung dar, wenn der Arbeitgeber kündigt, ohne zu
vor ein BEM durchgeführt zu haben (BAG, Urteil vom 24.01.2008 – 6 AZR 96/07).
Wann muss der Arbeitgeber tätig werden?
Nach Rückkehr der betroffenen Person?
Die Vorschrift knüpft allein an die Sechswochenfrist an, nicht an die gesunde Rückkehr
der betroffenen Person. BEM ist kein Krankenrückkehrgespräch! Insofern sollte bereits
während der Phase der Arbeitsunfähigkeit der Kontakt zu der betroffenen Person gesucht
werden. Je nach konkreter Erkrankung ist dann das weitere Vorgehen abzustimmen.
Kennt der Arbeitgeber bereits den Grund der Erkrankung, kann dies bei der Festlegung
des weiteren Vorgehens berücksichtigt werden. Beispielsweise kommen nach einem
schweren Autounfall oder bei einer langfristigen schweren Erkrankung Maßnahmen am
Arbeitsplatz erst in Betracht, wenn die Genesung fortgeschritten ist. Sind psychische
Gründe Ursache der Erkrankung, kann es auch für die erfolgreiche ärztliche Behandlung
2. Grundlagen des BEM
????
19
wichtig sein, konkrete Maßnahmen am Arbeitsplatz sofort zu vereinbaren. Beispiel: Ist
eine Kassiererin einer Bank Opfer eines Banküberfalls geworden und infolgedessen ar
beitsunfähig, kann es notwendig sein, ihr unverzüglich die Versetzung in eine interne Ab
teilung zu garantieren. In diesen Fällen empfiehlt es sich, den Integrationsfachdienst hin
zuzuziehen. Zur praktischen Handhabung wählen vor allem größere Arbeitgeber
Stichtagsregelungen für die Erhebung der Daten. Dies ist akzeptabel, soweit die Stichtage
nicht zu weit auseinander liegen (bis zu drei Monate).
Was ist, wenn keine Interessenvertretung gewählt wurde?
Wenn gar keine Interessenvertretung gewählt wurde, fehlt dem Arbeitgeber zwar der in
nerbetriebliche Partner für die notwendige Klärung, wie BEM im Einzelfall umgesetzt wer
den kann. Er bleibt aber zur Durchführung des BEM, welche in diesem Fall weder unmög
lich noch sinnlos ist, verpfl ichtet (BAG, Urteil vom 30.09.2010 – 2 AZR 88/09). Wenn
keine Schwerbehindertenvertretung gewählt wurde, nimmt allein der Betriebs- oder Per
sonalrat an dem Verfahren teil.
2. Beteiligung der betroffenen Person
Kann BEM nur mit Zustimmung der betroffenen Person durchgeführt werden?
Ja! Es gilt der Grundsatz der Freiwilligkeit! Daher ist die betroffene Person zunächst darü
ber zu informieren, warum der Arbeitgeber nach sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit an sie
herantritt, welches Ziel dies hat, welche datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu beach
ten sind (BAG, Urteil vom 24.03.2011 – 2 AZR 170/10) und wer in dem Verfahren beteiligt
werden soll. Vor jedem weiteren Schritt ist dann zunächst die Zustimmung des Betroffenen
erforderlich. Hinzukommen muss die datenschutzrechtliche Einwilligung. Hierbei sollte ein,
am besten schriftlicher, Hinweis auf die gesetzlichen datenschutzrechtlichen Bestimmungen
erfolgen. Dies schließt die Information über den Datenschutz und besonders darüber ein,
dass die Einwilligung ebenfalls freiwillig erteilt wird und jederzeit mit Wirkung für die Zu
kunft widerrufen werden kann (§ 7 Absatz 2 Satz 6 HDSG, § 4a Absatz 1 BDSG).
Kann die Zustimmung später zurückgezogen oder später erteilt werden?
Ja! Die Zustimmung zum BEM kann erst später erteilt und auch jederzeit zurückgezogen
werden. In diesem Fall trägt die betroffene Person jedoch das Risiko, wenn bestimmte
Maßnahmen nicht mehr umgesetzt werden können. Daher sollte vor einem solchen Schritt
stets zuerst das Gespräch mit dem Betriebs- bzw. Personalrat sowie der Schwerbehinder
tenvertretung gesucht werden.
Darf der Arbeitgeber den Betriebsrat/Personalrat oder die Schwerbehinderten
vertretung vor der Zustimmung der betroffenen Person informieren?
Jede Information über Ursachen und Auswirkungen der Erkrankung oder jede sonstige
inhaltliche Information darf nur mit Zustimmung der betroffenen Person an die Interes
senvertretung (Betriebsrat/Personalrat) oder die Schwerbehindertenvertretung weiterge
geben werden.
2. Grundlagen des BEM
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Die Frage ist jedoch, ob der Arbeitgeber die Interessenvertretung und – bei schwerbehin
derten und gleichgestellten behinderten Menschen – die Schwerbehindertenvertretung
darüber informieren darf, dass die betroffene Person länger als sechs Wochen erkrankt ist
und ein Erstkontakt hergestellt wird. Diese Frage wurde kontrovers diskutiert.
Viele Datenschützer vertraten die Auffassung, dass diese Information nur weitergegeben
werden darf, wenn vorher eine schriftliche Einwilligung der betroffenen Person vorliegt.
Ihr Argument war dabei insbesondere der Umstand, dass allein aus einer gesetzlichen
Aufgabe – hier die Überwachung des Arbeitgebers nach § 84 Absatz 2 Satz 7 SGB IX –
keine Berechtigung zum Erhalt geschützter Daten hergeleitet werden könne. Der Um
stand, dass eine Mitarbeiterin beziehungsweise ein Mitarbeiter länger als sechs Wochen
krank ist, sei als solches eine schützenswerte Information. Die Datenschutzbeauftragten
stützten sich des Weiteren auf den Wortlaut des § 84 Absatz 2 SGB IX sowie auf die ent
sprechende Gesetzesbegründung zur Einführung des BEM (vergleiche Bundestagsdruck
sache 15/1783 vom 21.10.2003, Bundestagsdrucksache 15/2318 vom 09.01.2004). Sie
wiesen darauf hin, dass in Zweifelsfragen das Schutzinteresse der Betroffenen dem mög
lichen Informationsrecht der betrieblichen Interessenvertretungen voranzustellen sei.
Dieser Auffassung sind sowohl das Bundesarbeitsgericht als auch das Bundesverwal
tungsgericht nicht gefolgt. Das Bundesarbeitsgericht hatte bereits im Jahr 1997 festge
stellt, dass der Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber nicht als „Dritter” im Sinne des
Datenschutzrechts anzusehen sei, da er nicht außerhalb der speichernden Stelle, also des
Unternehmens, stehe (BAG, Beschluss vom 11.11.1997 – 1 ABR 21/97).
Daran anknüpfend hat der 1. Senat nunmehr klargestellt, der Betriebsrat könne verlan
gen, dass ihm der Arbeitgeber die Arbeitnehmer namentlich benennt, welche nach § 84
Absatz 2 die Voraussetzungen für die Durchführung des betrieblichen Eingliederungs
managements erfüllen. Die Benennung der Arbeitnehmer sei zur Durchführung der sich
aus § 80 Absatz 1 Nummer 1 BetrVG, § 84 Absatz 2 Satz 7 SGB IX ergebenden Über
wachungsaufgabe erforderlich. Sie hänge nicht von der vorherigen Einwilligung des Ar
beitnehmers ab. Die Wahrnehmung des Beteiligungsrechts aus § 80 Absatz 1 Nummer 1
BetrVG stehe nicht zur Disposition des Arbeitnehmers. Nach § 84 Absatz 2 SGB IX müsse
der Arbeitgeber in einer ersten Phase allen Arbeitnehmern mit den erforderlichen Krank
heitszeiten im Jahreszeitraum ein BEM anbieten. Erst danach sei in einer zweiten Phase
zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden, erneuter Arbeitsunfähigkeit
vorgebeugt und wie der Arbeitsplatz erhalten werden könne. Das Gesetz zwinge den be
troffenen Arbeitnehmer nicht, ein BEM durchzuführen, sondern verpflichte lediglich den
Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer unter den gesetzlich normierten Voraussetzungen ein
BEM anzubieten. Die nach § 84 Absatz 2 Satz 1 SGB IX erforderliche Zustimmung der be
troffenen Person beziehe sich nur auf den Klärungsprozess, nicht aber auf die vorherge
hende Phase, die mit dem Zugang des Angebotes über die Durchführung des BEM beim
Arbeitnehmer ende. Für diesen Teil des BEM habe der Gesetzgeber kein Zustimmungs
erfordernis normiert. Der Übermittlung der Namen stünden auch keine datenschutz
rechtlichen Gründe entgegen. Das Erheben von Daten über die krankheitsbedingten
Fehlzeiten durch den Arbeitgeber und ihre Übermittlung an den Betriebsrat sei auch bei
2. Grundlagen des BEM
????
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fehlender Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer nach § 28 Absatz 6 Nummer 3 Bun
desdatenschutzgesetz (BDSG) zulässig (BAG, Beschluss vom 07.02.2012 – 1 ABR 46/10).
Das Bundesarbeitsgericht bezieht sich in seiner Entscheidung ausdrücklich auf eine erste,
bereits im Jahr 2010 ergangene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 84
Absatz 2 SGB IX. In dieser hat der 6. Senat ausgeführt, dass der Personalrat unabhängig
von einer vorherigen Zustimmung einen Anspruch hat zu erfahren, welche Personen die
Voraussetzungen für die Durchführung eines BEM erfüllen. Hingegen könne der Personal
rat nicht verlangen, dass der Dienststellenleiter ihm die auf das Unterrichtungsschreiben
eingehenden Antwortschreiben der Beschäftigten ohne deren Zustimmung zur Kenntnis
bringe (BVerwG, Beschluss vom 23.06.2010 – 6 P 8/09). Diese Rechtsprechung hat der
Senat in einer zweiten Entscheidung bestätigt und weiter ausgeformt. Die Dienststelle ist
demnach verpflichtet, regelmäßig die Namen derjenigen Beschäftigten mitzuteilen, denen
ein BEM anzubieten ist und Einsicht in das Hinweisschreiben an die betroffenen Beschäf
tigten zu gewähren. Der Personalrat benötige sowohl die entsprechende Namensliste als
auch Kopien der Anschreiben, um seine Überwachungsaufgabe nach § 84 Absatz 2 Satz
7 SGB IX erfüllen zu können. Die Vorlagepflicht des Dienststellenleiters sei von der Darle
gung eines besonderen Anlasses, namentlich einer zu besorgenden Rechtsverletzung, un
abhängig. Das Informationsbegehren des Personalrates sei jedoch unter Berücksichti
gung des Persönlichkeitsrechts des einzelnen Beschäftigten auf ein einzelnes
Personalratsmitglied begrenzt (BVerwG, Beschluss vom 04.09.2012 – 6 P 5/11 sowie Par
allelentscheidung vom selben Tag – 6 P 7/11).
Die Grundsätze zu den Informationsrechten des Betriebs- bzw. Personalrates sind auf die
Schwerbehindertenvertretung zu übertragen. Die Vertrauensperson der schwerbehinder
ten Menschen ist nach § 84 Absatz 2 Satz 7 SGB IX berechtigt, vom Arbeitgeber die be
troffenen schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen benannt zu bekommen, die die
Voraussetzungen für ein BEM erfüllen und Einsicht in die Anschreiben zu nehmen.
Kann die betroffene Person eine Teilnahme des Betriebsrates/Personalrates
oder der Schwerbehindertenvertretung beziehungsweise eine Mitwirkung des
betriebsärztlichen Dienstes ablehnen, wenn sie ansonsten mit der Durchfüh
rung eines BEM einverstanden ist?
Die betroffene Person kann die Beteiligung des Betriebsrates/Personalrates oder der
Schwerbehindertenvertretung ablehnen. Die aktive Beteiligung der zuständigen Interes
senvertretung ist grundsätzlich geeignet, das nötige Vertrauen beim Beschäftigten für das
BEM zu wecken. Gleichwohl ist es immer denkbar, dass einzelne Beschäftigte – aus welchen
Gründen auch immer – kein Vertrauen zu ihrer Interessenvertretung haben (BVerwG,
Beschluss vom 23.06.2010 – 6 P 8.09). Grundsätzlich gilt dies auch für den Betriebsarzt,
soweit der Arbeitgeber nicht aus anderen Gründen berechtigt ist, diesen hinzuzuziehen.
2. Grundlagen des BEM
????
22
Muss die betroffene Person dem Arbeitgeber oder dem Integrationsteam die
Diagnose der Erkrankung mitteilen?
Nein. Die Diagnose ist keine Information, die dem Arbeitgeber oder dem Integrationsteam zu
offenbaren ist. Im Einzelfall kann es aber sinnvoll sein, den Betriebsarzt darüber zu informie
ren, damit dieser – gegebenenfalls nach Einholung weiterer Informationen der behandelnden
Ärzte auf Basis einer entsprechenden Entbindung von der Schweigepflicht durch die betroffene
Person – die übrigen Beteiligten über Auswirkungen der Erkrankung am Arbeitsplatz informiert.
Kann die betroffene Person im öffentlichen Dienst zum Amtsarzt
geschickt werden?
Diese Frage beantwortet sich allein nach den allgemeinen Bestimmungen, die durch § 84
Absatz 2 SGB IX nicht erweitert werden. Insofern kann eine betroffene Person, die im öf
fentlichen Dienst arbeitet, gegen ihren Willen dann zum Amtsarzt geschickt werden, wenn
dies nach den allgemein hierfür bestehenden Vorschriften möglich ist (zum Mitbestim
mungsrecht des Personalrates BVerwG, Beschluss vom 05.11.2010 – 6 P 18/09). Es ist
nicht zwingend erforderlich, dass vor einer amtsärztlichen Untersuchung ein BEM ange
boten oder durchgeführt wurde. Zwischen dem BEM und dem Verfahren zur Klärung einer
eventuellen Dienstunfähigkeit besteht kein Stufenverhältnis. Beide Verfahren schließen
einander auch nicht aus. Im Rahmen einer amtsärztlichen Untersuchung kann der Amts
arzt auch zu möglichen Maßnahmen des BEM Stellung nehmen (vergleiche OVG Nie
dersachsen, Beschluss vom 20.01.2007 – 5 ME 61/07).
Welche BEM-Informationen kommen in die Personalakte?
In die Personalakte darf nur aufgenommen werden, dass die Durchführung eines BEM an
geboten wurde, ob die betroffene Person hiermit einverstanden war oder nicht und welche
konkreten Maßnahmen zur Überwindung beziehungsweise Vorbeugung von Arbeitsunfä
higkeit angeboten und umgesetzt werden.
Darüber hinausgehende Informationen im Rahmen des BEM-Verfahrens sind in gesonderter
Weise, in einer separaten BEM-Akte, aufzubewahren. Eine Arbeitnehmerin/ein Arbeitneh
mer hat einen Anspruch darauf, dass die Aufbewahrung sensibler Gesundheitsdaten unter
Berücksichtigung ihrer/seiner Interessen geschieht. Einer solchen Einschränkung des
Rechts zur Personalaktenführung steht nicht das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an
der Vollständigkeit der Personalakte entgegen (vergleiche BAG, Urteil vom 12.09.2006 –
9 AZR 271/06). Wie er die gesonderte Aufbewahrung und damit die berechtigten Arbeit
nehmerinteressen gewährleistet, obliegt seiner Personal- und Organisationshoheit. Ärzt
liche Aussagen und Gutachten, Stellungnahmen der Rehaträger oder des IFD und Ähnliches
gehören nicht in die Personalakte, sondern zum Beispiel in die Akte beim Betriebsarzt.
Können die im Rahmen des BEM-Verfahrens erhobenen Krankheitsdaten vom
Arbeitgeber bei einer nachfolgenden Kündigung herangezogen werden?
Nein! § 84 Absatz 2 Satz 3 SGB IX verlangt ausdrücklich, dass die Arbeitsnehmerin/der
Arbeitnehmer auf Art und Umfang der erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen
2. Grundlagen des BEM
????
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ist. Soweit besondere Arten personenbezogener Daten – wie Krankheitsdaten – erhoben,
verarbeitet oder genutzt werden sollen, muss sich die Einwilligung der Arbeitnehmerin/
des Arbeitnehmers ausdrücklich auf diese Daten beziehen (§ 4a Absatz 3 BDSG). Die im
BEM-Verfahren erteilte Einwilligung des Betroffenen zur Verarbeitung seiner krankheits
bezogenen Daten bezieht sich nur auf dieses Verfahren. Eine Verwendung der Daten im
Rahmen eines Kündigungsverfahrens würde eine Zweckänderung darstellen, die ohne
entsprechende Einwilligung unzulässig ist.
Was passiert, wenn die betroffene Person die Durchführung
eines BEM ablehnt?
Es hat grundsätzlich keine rechtlichen Auswirkungen, wenn die betroffene Person mit der
Durchführung eines BEM nicht einverstanden ist und dieses ablehnt. Stimmt der Arbeitneh
mer trotz ordnungsgemäßer Aufklärung nicht zu, ist das Unterlassen eines BEM „kündi
gungsneutral” (BAG, Urteil vom 24.03.2011 – 2 AZR 170/10). Die Entscheidung muss auch
nicht begründet werden. Sie hat nur insoweit Folgen, als sich die betroffene Person nach Ab
lehnung des BEM-Verfahrens in einem möglichen arbeitsgerichtlichen Verfahren – also nach
Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung – nicht darauf berufen kann, dass kein BEM
durchgeführt oder keine leidens- oder behindertengerechte Anpassung des Arbeitsplatzes
versucht wurde. Die betroffene Person nimmt sich jedoch die Möglichkeit, gemeinsam mit
dem Arbeitgeber und den weiteren am BEM beteiligten Personen eine gemeinsam erarbei
tete Lösung zur Vermeidung oder Verringerung der Arbeitsunfähigkeitszeiten zu finden.
3. Folgen eines fehlenden BEM für den Arbeitgeber
Gibt es Sanktionen gegen den Arbeitgeber, wenn er kein BEM macht?
Unmittelbar gibt es keine Sanktionen, insbesondere ist die fehlende Durchführung eines
BEM nicht als Ordnungswidrigkeit in § 156 SGB IX benannt. Ein Verstoß des Arbeitgebers
gegen § 84 Absatz 2 SGB IX stellt auch kein Indiz im Sinne des § 22 AGG für eine un
zulässige Benachteiligung wegen einer Behinderung dar (BAG, Urteil vom 28.04.2011 –
8 AZR 515/10).
Jedoch gilt: Eine krankheitsbedingte Kündigung, die ohne Durchführung eines Verfahrens,
das die Fragestellung des § 84 Absatz 2 SGB IX beantwortet, ausgesprochen wurde, ist in
der Regel unverhältnismäßig und damit sozialwidrig. Daher muss der Arbeitgeber der/dem
Beschäftigten zuvor ein BEM anbieten und im Fall der Zustimmung auch durchführen.
Dabei ist die Durchführung eines BEM zwar nicht formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für
eine krankheitsbedingte Kündigung. Nach der Rechtsprechung konkretisiert § 84 Absatz 2
SGB IX aber das dem Kündigungsrecht ohnehin innewohnende Ultima-Ratio-Prinzip inso
fern, als über diese Vorschrift dem Arbeitgeber das Maß an Prüfung vorgegeben wird, die er
zur Verhinderung der krankheitsbedingten Kündigung vornehmen muss (grundlegend BAG,
Urteil vom 12.07.2007 – 2 AZR 716/06, br 2008, 77 sowie Urteil vom 23.04.2008 – 2 AZR
1012/06, Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR 400/08, Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR 198/09,
Urteil vom 30.09.2010 – 2 AZR 88/09 sowie Urteil vom 24.03.2011 – 2 AZR 170/10).
2. Grundlagen des BEM
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Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtung zur Durchführung eines BEM kann
nicht folgenlos bleiben. Die öffentlich-rechtliche Präventionspflicht des Arbeitgebers löst in
sofern zugleich arbeitsvertragliche Pflichten aus. Vor einer krankheitsbedingten Kündigung
muss der Arbeitgeber daher zunächst alle ihm zumutbaren Möglichkeiten ausschöpfen, den
Arbeitsplatz behinderungs- beziehungsweise leidensgerecht auszugestalten oder die be
troffene Person auf einem anderen Arbeitsplatz gegebenenfalls auch zu geänderten Arbeits
bedingungen weiterzubeschäftigen. Das BEM gibt ihm das Verfahren, die Möglichkeiten und
Hilfen für eine Weiterbeschäftigung der gesundheitsgefährdeten betroffenen Person zu klä
ren. Es ist ein vom Arbeitgeber dem Betroffenen anzubietendes Verfahren, das die zu be
teiligenden Stellen, Ämter und Personen einbezieht, keine vernünftigerweise in Betracht zu
ziehende Anpassungs- und Änderungsmöglichkeiten ausschließt und in dem die von den
Teilnehmern eingebrachten Vorschläge sachlich erörtert werden (BAG, Urteil vom 10.12.2009
– 2 AZR 400/08). Es geht somit um die Etablierung eines unverstellten, verlaufs- und er
gebnisoffenen Suchprozesses (BAG, Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR 198/09).
Das Fehlen eines BEM nach § 84 Absatz 2 SGB IX führt nur dann nicht zur Unwirksamkeit
der krankheitsbedingten Kündigung, wenn feststeht, dass die Wiederherstellung der Ar
beitsfähigkeit einer Arbeitnehmerin/eines Arbeitnehmers ungewiss ist und eine Verset
zungsmöglichkeit auf einen anderen leidensgerechten Arbeitsplatz nicht besteht (vergleiche
LAG Hamm, Urteil vom 29.03.2006 – 18 Sa 2104/05; BAG, Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR
400/08). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein BEM deshalb entbehrlich war, weil
es wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Arbeitnehmers unter keinen Um
ständen ein positives Ergebnis hätte bringen können, trägt der Arbeitgeber (BAG, Urteil
vom 24.03.2011 – 2 AZR 170/10; LAG Hamm, Urteil vom 27.01.2012 – 13 Sa 1493/11).
Führt der Arbeitgeber kein BEM durch, hat dies daher für ihn negative Folgen für seine
Darlegungs- und Beweislast. Er kann sich dann nicht pauschal darauf berufen, ihm seien
keine alternativen, der Erkrankung angemessenen Einsatzmöglichkeiten bekannt (so zu
erst BAG, Urteil vom 12.07.2007 – 2 AZR 716/06). Der Arbeitgeber hat vielmehr von sich
aus denkbare oder vom Arbeitnehmer (außergerichtlich) bereits genannte Alternativen zu
würdigen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen sowohl eine Anpassung des
bisherigen Arbeitsplatzes an dem Arbeitnehmer zuträgliche Arbeitsbedingungen als auch
die Beschäftigung auf einem anderen – leidensgerechten – Arbeitsplatz ausscheiden. Erst
dann ist es Sache des Arbeitnehmers, sich hierauf substantiiert einzulassen und darzule
gen, wie er sich selbst eine leidensgerechte Beschäftigung vorstellt (BAG, Urteil vom
10.12.2009 – 2 AZR 400/08 und Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR 198/09).
Was ist, wenn der Arbeitgeber das BEM nicht ordnungsgemäß angeboten hat?
Hat der Arbeitgeber zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 84 Absatz 2 SGB IX ein Ver
fahren durchgeführt, dass nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen an ein BEM ge
nügt, so ist das gleichbedeutend mit einem nicht durchgeführten BEM. Zu diesen Min
destanforderungen gehört, dass der Arbeitgeber den Betroffenen vor seiner Zustimmung
auf die Ziele des BEM sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten
Daten hingewiesen hat (BAG, Urteil vom 24.03.2011 – 2 AZR 170/10).
2. Grundlagen des BEM
????
25
Kann der Arbeitgeber sich darauf berufen, die Arbeitnehmerin/der Arbeit
nehmer sei „offensichtlich” nicht zu einem BEM-Verfahren bereit gewesen?
Richtig ist: Die Zustimmung des Arbeitnehmers ist notwendige Voraussetzung für ein
BEM-Verfahren. Jedoch muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer dazu
eindeutig auffordern, beziehungsweise ihm ein entsprechendes Angebot zum BEM unter
breiten. Hat der Arbeitgeber dies nicht getan, kann er sich nicht spekulativ darauf beru
fen, die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer hätte diesem Vorgehen ohnehin nicht zuge
stimmt (vergleiche BAG, Urteil vom 12.02.2007 – 2 AZR 716/06).
Entbindet die Aussage der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers, der Arbeitge
ber könne nichts zur Wiederherstellung ihrer/seiner Arbeitsfähigkeit tun,
diesen von der Verpflichtung zur Durchführung eines BEM-Verfahrens?
Nein, die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Durchführung eines BEM bleibt auch in einem
solchen Fall bestehen. Die pauschale Aussage der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers hat
arbeitsrechtlich keine Relevanz. Der Arbeitgeber muss trotz der gegenteiligen subjektiven
Einschätzung der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers in einem arbeitsgerichtlichen Ver
fahren dessen Arbeitsunfähigkeit im Falle des späteren Bestreitens beweisen. Ebenso
bleibt es bei der Verpflichtung des Arbeitgebers, in einem BEM-Verfahren abzuklären, ob
die subjektive Einschätzung der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers bezüglich der mög
lichen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zutreffend ist. Eine solche Äußerung der Ar
beitnehmerin/des Arbeitnehmers stellt auch keine (ausdrückliche) Ablehnung eines BEM-
Verfahrens dar.
Wie entscheidet das Integrationsamt bei einem Antrag auf Zustimmung zur
Kündigung, wenn kein BEM durchgeführt wurde?
Die Praxis der Integrationsämter hierzu ist nicht einheitlich. Teilweise wird die Zustim
mung versagt, weil BEM der Kündigung als letztes Mittel vorausgehen muss.
Zahlreiche Aspekte, die Gegenstand eines BEM sind, kann das Integrationsamt im Rah
men des von ihm durchzuführenden Kündigungsschutzverfahrens klären, so zum Beispiel,
ob begleitende Hilfen im Arbeitsleben zur Erhaltung des Arbeitsverhältnisses in Betracht
kommen oder ob eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz möglich ist. Es kann da
bei einen seiner Fachdienste oder einen Integrationsfachdienst einbeziehen. Bis zur Klä
rung dieser Fragen kann allerdings das Kündigungsschutzverfahren beim Integrationsamt
erhebliche Zeit in Anspruch nehmen. Der Arbeitgeber kann wesentlich zur Verfahrensbe
schleunigung beitragen, wenn er vor Antragstellung auf Zustimmung zur Kündigung ein
BEM selbst initiiert und durchführt.
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird – unter Bezug auf die Arbeitsge
richte – davon ausgegangen, dass die Durchführung des Präventionsverfahrens nach § 84
Absätze 1 und 2 SGB IX keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Zustimmungsent
scheidung des Integrationsamtes nach §§ 85 ff. SGB IX ist. Jedoch kann das Integrati
onsamt im Rahmen seiner Ermessensentscheidung das Fehlen eines BEM gegebenenfalls
zulasten des Arbeitgebers berücksichtigen, wenn bei Durchführung des Präventions
2. Grundlagen des BEM
????
26
verfahrens die Möglichkeit bestanden hätte, die Kündigung zu vermeiden (vergleiche
BVerwG, Beschluss vom 29.08.2007 – 5 B 77.07, br 2007, 193; OVG Münster, Beschluss
vom 04.07.2007 – 12 A 641/07 sowie Beschluss vom 25.04.2008 – 12 A 395/08 und vom
05.03.2009 – 12 A 122/09).
4. Umsetzung des BEM
Muss der Arbeitgeber BEM als System einführen?
Eine gesetzliche Verpflichtung zur Einführung des BEM als System mit Integrationsteam
und auf der Grundlage einer Vereinbarung mit dem Betriebsrat/Personalrat besteht nicht
(LAG Hamburg, Beschluss vom 21.05.2008 – H 3 TaBV 1/08). Das Gesetz fordert die
Durchführung des BEM im Einzelfall. Kleinere Arbeitgeber werden daher auch nur auf den
Einzelfall reagieren und versuchen, diesen mit Hilfe der externen Partner, also der ge
meinsamen Servicestelle, der Rehaträger und gegebenenfalls des Integrationsamtes zu
lösen. Bei größeren Arbeitgebern ab 200 Beschäftigten ist es allerdings sinnvoll, das Ver
fahren einheitlich und durch Einbeziehung eines festen Integrationsteams zu erarbeiten
und umzusetzen. Dies legt auch § 83 Absatz 2a Nummer 5 SGB IX nahe, der die Regelung
des BEM-Verfahrens in einer Integrationsvereinbarung hervorhebt.
Gibt es Mindestvoraussetzungen für ein BEM?
Ja. Zwar enthält § 84 Absatz 2 SGB IX keine nähere gesetzliche Ausgestaltung des BEM,
das Verfahren soll vielmehr den jeweiligen Gegebenheiten im Betrieb beziehungsweise in
der Dienststelle angepasst werden. Gleichwohl lassen sich aus dem Gesetz gewisse Min
deststandards ableiten. Danach entspricht jedes Verfahren den gesetzlichen Anforderun
gen, das die zu beteiligenden Stellen, Ämter und Personen einbezieht, das keine vernünf
tigerweise in Betracht zu ziehende Anpassungs- und Änderungsmöglichkeit ausschließt
und in dem die von den Teilnehmern eingebrachten Vorschläge sachlich erörtert werden
(BAG, Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR 400/08). Zu den Mindestanforderungen gehört,
dass der Arbeitgeber den Betroffenen gemäß § 84 Absatz 2 Satz 3 SGB IX vor seiner Zu
stimmung auf die Ziele des BEM sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und
verwendeten Daten hinweist (BAG, Urteil vom 24.03.2011 – 2 AZR 170/10).
Wer soll mit ins Integrationsteam?
Die Vertretung des Arbeitgebers kann aus dem Vorgesetzten oder einer Vertreterin/einem
Vertreter der Personalabteilung oder zum Beispiel dem Beauftragten für schwerbehinder
te Menschen bestehen. Wichtig ist, dass die Person, die diese Aufgaben wahrnimmt,
selbst berechtigt ist, Entscheidungen zu treffen, oder über Rückfragen schnell Entschei
dungen des Arbeitgebers zum Beispiel über eine Veränderung des Arbeitsplatzes oder
eine Versetzung herbeiführen kann. Daneben ist ein Mitglied des Betriebsrates bezie
hungsweise Personalrates, die Schwerbehindertenvertretung und der werksärztliche
Dienst hinzuzuziehen. Hier sollte eine regelmäßige Vertretung angestrebt werden. Ist die
Schwerbehindertenvertretung festes Mitglied eines BEM-Teams, kann sie wie die übrigen
Team-Mitglieder auch an Verfahren mit nicht schwerbehinderten Beschäftigten beteiligt
2. Grundlagen des BEM
????
27
werden. § 84 Absatz 2 SGB IX benennt keine Personen oder Stellen, denen die Leitung
des BEM anvertraut wäre (BAG, Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR 198/09).
Häufig sehen Betriebs-/Dienst- oder Integrationsvereinbarungen zum BEM vor, dass die
betroffene Person die Möglichkeit hat, zu bestimmen, welche Mitglieder des Integrations
teams in ihrem konkreten Verfahren beteiligt werden sollen. Es ist auch möglich, zusätz
lich eine außenstehende Person des Vertrauens hinzuzuziehen.
Die externen Partner, also die gemeinsamen Servicestellen, die Rehabilitationsträger, das
Integrationsamt oder der Integrationsfachdienst sind nicht Mitglied des Integrations
teams und nehmen – allein aus Zeitgründen – auch in der Regel nicht an dessen Sit
zungen teil. Sie beraten das Integrationsteam lediglich zu konkreten Leistungen.
Darf der Betriebsrat/Personalrat oder die Schwerbehindertenvertretung auch
vor dem Arbeitgeber tätig werden und Kontakt mit der betroffenen Person
aufnehmen?
Dies ist natürlich nicht verboten. Soweit es geschieht, erfolgt dies jedoch außerhalb des
BEM-Verfahrens.
Wie kann man Ängste bei der betroffenen Person abbauen, wenn sich der
Arbeitgeber nach sechs Wochen meldet?
Der entscheidende Punkt für den Erfolg des BEM – neben dem Datenschutz – ist die mög
lichst umfassende Information der Beschäftigten. BEM lebt von Vertrauen. Die Informati
on sollte bei Einführung des BEM über eine Betriebsversammlung und einen Rundbrief,
Aushang oder Ähnliches erfolgen. Diese umfassende Information über die Ziele, die da
tenschutzrechtlichen Bestimmungen, die Beteiligten und den Ablauf des Verfahrens muss
zudem dann erfolgen, wenn der Arbeitgeber die Zustimmung der betroffenen Person zur
Durchführung des BEM einholt. In dem dann folgenden Erstgespräch ist diese Informati
on nochmals zu vertiefen.
Muss BEM ein bestimmtes Ergebnis haben?
Nein, das Gesetz schreibt weder bestimmte Mittel vor, die auf jeden – oder auf gar keinen
– Fall in Erwägung zu ziehen sind, noch beschreibt es bestimmte Ergebnisse, die das BEM
haben muss oder nicht haben darf. Es vertraut vielmehr darauf, dass die Einbeziehung
von Arbeitgeber, Arbeitnehmerin/Arbeitnehmer, Betriebsrat/Personalrat sowie gegebe
nenfalls Schwerbehindertenvertretung und externen Stellen sowie die abstrakte Beschrei
bung des Ziels ausreichen, um die Vorstellungen der Betroffenen sowie internen und ex
ternen Sachverstand in ein faires und sachorientiertes Gespräch einzubringen, dessen
Verlauf im Einzelnen und dessen Ergebnis sich nach den Erfordernissen des jeweiligen
Einzelfalls zu richten haben (BAG, Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR 198/09).
Fest steht aber auch, dass das BEM-Verfahren einen Abschluss haben muss. Dies erwar
tet nicht zuletzt die betroffene Person.
2. Grundlagen des BEM
????
28
Muss der Arbeitgeber das im BEM gefundene Ergebnis umsetzen?
Es gibt keine Möglichkeit, dass die betroffene Arbeitnehmerin beziehungsweise der be
troffene Arbeitnehmer die Umsetzung des Ergebnisses einklagen kann. Hat das BEM je
doch zu einem positiven Ergebnis geführt, ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet,
vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung die empfohlene Maßnahme – soweit
diese in seiner alleinigen Macht steht – als milderes Mittel umzusetzen. Kündigt er, ohne
sie umgesetzt zu haben, muss er im Einzelnen und konkret darlegen, warum die Maßnah
me entweder trotz Empfehlung undurchführbar war oder selbst bei einer Umsetzung die
se keinesfalls zu einer Vermeidung oder Reduzierung von Arbeitsunfähigkeitszeiten ge
führt hätte. Dem wird der Arbeitnehmer regelmäßig mit einem einfachen Bestreiten
entgegentreten können (BAG, Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR 400/08). Zu den gebotenen
Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements gemäß § 84 Absatz 2 SGB IX
gehört auch die Durchführung einer ärztlich empfohlenen stufenweisen Wiedereingliede
rung. Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, können Schadenersatzansprüche des Ar
beitnehmers gemäß § 280 BGB, § 823 Absatz 2 BGB in Verbindung mit § 84 Absatz 2 SGB
IX in Betracht kommen (LAG Hamm, Urteil vom 04.07.2011 – 8 Sa 726/11).
Muss die betroffene Arbeitnehmerin beziehungsweise der betroffene Arbeit
nehmer dem im BEM gefundenen Ergebnis Folge leisten, zum Beispiel eine
Rehabilitationsmaßnahme beantragen?
Zunächst ist festzuhalten, dass das BEM-Verfahren eine gemeinsame Klärung der Situa
tion am Arbeitsplatz beinhaltet und ein Ergebnis somit gemeinsam gesucht und gefunden
wird. Setzt die betroffene Person die gefundene Maßnahme nicht um, muss der Arbeitge
ber sie darauf hinweisen, dass sie im Weigerungsfall mit einer Kündigung rechnen muss.
Lehnt die betroffene Person die Maßnahme dennoch ab oder bleibt sie trotz Aufforderung
untätig, braucht der Arbeitgeber die Maßnahme vor Ausspruch einer krankheitsbedingten
Kündigung nicht mehr als milderes Mittel zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 10.12.2009
– 2 AZR 400/08).
Was ist, wenn das BEM zu einem negativen Ergebnis führt oder das gefundene
Ergebnis fehlschlägt?
Führt das BEM zu dem Ergebnis, dass es keine Möglichkeit gibt, die Arbeitsunfähigkeit zu
überwinden oder künftig zu vermeiden, ist dies ebenfalls bei einer eventuellen krankheits
bedingten Kündigung zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber genügt seiner arbeitsgericht
lichen Darlegungslast, wenn er auf diesen Umstand hinweist und behauptet, es bestünden
keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten. Der nunmehr darlegungspfl ichtige Arbeit
nehmer genügt seiner Darlegungslast grundsätzlich nicht dadurch, dass er auf alternative
Beschäftigungsmöglichkeiten verweist, die während des BEM behandelt und verworfen
worden sind. Auch der Verweis auf nicht behandelte Alternativen wird grundsätzlich aus
geschlossen sein. Der Arbeitnehmer muss diese bereits in das BEM einbringen. Er kann
allenfalls auf Möglichkeiten verweisen, die sich erst nach Abschluss des BEM bis zum Zeit
punkt der Kündigung ergeben haben (BAG, Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR 400/08).
2. Grundlagen des BEM
???
?
29
Ebenso verhält es sich, wenn das im BEM gefundene Ergebnis fehlschlägt. Der Arbeitge
ber muss jedoch dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer die realistische Möglichkeit zur Um
setzung erhält und darf zum Beispiel bei einer stufenweisen Wiedereingliederung (§ 28
SGB IX) nicht einen ungeeigneten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen oder bereits nach
wenigen Tagen eine volle Arbeitsleistung verlangen.
Hat die betroffene Person einen eigenen einklagbaren Anspruch auf die
Durchführung von BEM?
§ 84 Absatz 2 SGB IX ist vorrangig als öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers
anzusehen, die zugleich arbeitsvertragliche Pflichten auslöst (vergleiche LAG Hamm, Ur
teil vom 24.01.2007 – 2 Sa 991/06). Aus einer solchen Verpflichtung dürfte sich jedoch
kein individueller Anspruch der betroffenen Person ergeben, zumal der Gesetzgeber indi
vidualrechtliche Folgen einer Verletzung der Pflichten zur Prävention nicht geregelt hat
(vergleiche VG Gelsenkirchen, Urteil vom 22.09.2006 – 11 K 3597/05).
Ein einklagbarer Anspruch besteht jedoch in den Fällen, in denen eine Betriebs-/Dienst
vereinbarung abgeschlossen wurde, die ein entsprechendes individuelles Recht des ein
zelnen Beschäftigten beinhaltet.
Unabhängig hiervon kann sich die Mitarbeiterin beziehungsweise der Mitarbeiter natürlich
jederzeit an den Betriebsrat/Personalrat sowie die Schwerbehindertenvertretung wenden.
Kann der Betriebsrat/Personalrat oder die Schwerbehindertenvertretung die
Durchführung des BEM gegen den Arbeitgeber durchsetzen?
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass ein solcher Anspruch besteht, wenn die Zu
stimmung der betroffenen Person im Einzelfall vorliegt. Gemäß § 84 Absatz 2 Satz 6 SGB
IX ist die Interessenvertretung berechtigt, die Klärung zu verlangen. Dieser Anspruch
kann auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren durchgesetzt werden (§§ 2a Absatz
1 Nummer 1, 80 Absatz 1 ArbGG). Darüber hinaus gewährt § 84 Absatz 2 Satz 7 SGB IX
den Interessenvertretungen ein Kontrollrecht.
Nicht geklärt ist, ob ein genereller Anspruch auf Einführung eines BEM aus § 84 Absatz 2
SGB IX abgeleitet werden kann. Die Interessenvertretungen können sich hier möglicher
weise auf die einschlägigen Regelungen des Betriebsverfassungsrechtes, des Personal
vertretungsrechtes und des SGB IX stützen und BEM als Maßnahme beantragen, die der
Gesundheitsförderung der Beschäftigten und/oder den schwerbehinderten Menschen
dient. So ist zum Beispiel aufgrund des Beschlusses des Arbeitsgerichtes Dortmund vom
20.06.2005 – 5 BV 48/05 – eine Einigungsstelle zur Regelung des BEM eingerichtet wor
den, die dann eine Betriebsvereinbarung zum BEM erarbeitet und in Kraft gesetzt hat (so
auch LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.12.2006 – 6 TaBV 14/06).
Das LAG Hamburg hat entschieden, dass die einzelnen Maßnahmen des BEM nicht der
Mitbestimmung des Betriebsrates gemäß § 87 Absatz 1 Nummer 7 BetrVG unterliegen.
Sofern der Arbeitgeber das BEM in formalisierter Form durchführen möchte, komme al
lerdings ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Absatz 1 Nummer 1
BetrVG in Betracht, nicht jedoch nach § 87 Absatz 1 Nummer 7 BetrVG (LAG Hamburg,
2. Grundlagen des BEM
????
30
Beschluss vom 21.05.2008 – H 3 TaBV 1/08). Die gegen die Entscheidung zugelassene
Rechtsbeschwerde hat das Bundesarbeitsgericht als unbegründet zurückgewiesen, da es
die Anträge mangels hinreichender Bestimmtheit für unzulässig erachtet hat (BAG, Be
schluss vom 18.08.2009 – 1 ABR 45/08).
Ein BEM ist aber nur dann wirklich erfolgreich, wenn alle Beteiligten gemeinsam etwas für
die Prävention und für die Gesundheitsvorsorge in dem Unternehmen tun wollen. Daher
sollte hier ein gemeinsames Konzept aller Beteiligten angestrebt werden, von dem die Be
schäftigten und der Arbeitgeber in gleicher Weise etwas haben.
Ist die Einführung des BEM mitbestimmungspflichtig?
Sofern der Arbeitgeber lediglich im jeweiligen konkreten Einzelfall darüber entscheidet, ob
er ein BEM durchführt, besteht kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Absatz 1 Nummer 1
BetrVG. Dagegen besteht nach den soeben gemachten Ausführungen ein Mitbestim
mungsrecht in den Fällen, in denen der Arbeitgeber für alle Beschäftigten generell ein
standardisiertes Verfahren zum BEM einführt. Das Bundesarbeitsgericht hat zuletzt fest
gestellt, dass bei der Ausgestaltung des BEM für jede einzelne Regelung zu prüfen ist, ob
ein Mitbestimmungsrecht besteht (BAG, Beschluss vom 13.03.2012 – 1 ABR 78/10). Bei
vielen Arbeitgebern wird es so gehandhabt, dass Arbeitgeber und Betriebsrat/Personalrat
und Schwerbehindertenvertretung bereits bei der Einführung des BEM, zum Beispiel bei
der Erstellung des Rundbriefes, zusammenarbeiten.
Sollte eine Betriebsvereinbarung oder eine Integrationsvereinbarung bei
Einführung des BEM als standardisiertes Verfahren abgeschlossen werden?
§ 83 Absatz 2a Nummer 5 SGB IX geht davon aus, dass in einer Integrationsvereinbarung
Regelungen zur Durchführung eines BEM getroffen werden. Es empfiehlt sich jedoch, in
der Integrationsvereinbarung lediglich auf eine Betriebsvereinbarung zu verweisen bezie
hungsweise zu regeln, dass hierzu eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen wird. Der
Grund hierfür liegt darin, dass eine Integrationsvereinbarung in erster Linie die Integra
tion schwerbehinderter und gleichgestellter behinderter Menschen regeln soll und vor
nehmlich mit der Schwerbehindertenvertretung zu verhandeln ist. Der Betriebsrat/Perso
nalrat ist dabei zu beteiligen. Da das BEM aber alle Beschäftigten betrifft, ist hier eine
Vereinbarung mit dem Betriebsrat/Personalrat unter Beteiligung der Schwerbehinderten
vertretung notwendig, die dann auch für alle Beschäftigten gilt. Daher empfiehlt sich eine
Betriebsvereinbarung. In der Rechtsprechung wird zwar ein Anspruch der Schwerbehin
dertenvertretung gegenüber dem Arbeitgeber auf Aufnahme von Verhandlungen über
eine Integrationsvereinbarung, nicht jedoch auf Abschluss einer Integrationsvereinba
rung anerkannt (vergleiche LAG Hamm, Beschluss vom 19.01.2007 – 13 TaBV 58/06).
2. Grundlagen des BEM
-
!!!!
31
Hinweise zur Handhabung des Datenschutzes
Grundsätzliches
Ein wirksamer und sorgfältig gehandhabter Datenschutz ist eine Grundvoraussetzung für
das BEM. Ihm kommt eine besondere Bedeutung zu, da das Gelingen oder Scheitern der
Eingliederungsmaßnahmen wesentlich vom Vertrauen der Mitarbeiterin/des
Mitarbeiters in die Verfahren des BEM abhängt.
Soll die Zusammenarbeit der Beteiligten im BEM erfolgreich sein, erfordert das
den Austausch schützenswerter Informationen zum Einzelfall. Hier stellt sich
die Frage, wie viel muss beziehungsweise darf ein Arbeitgeber wissen, um sei
ner BEM-Verpflichtung nach § 84 Absatz 2 SGB IX nachzukommen? Wie viel
sollte die/der betroffene Beschäftigte von ihren/ seinen Krankheits- und Behin
derungsdaten im BEM-Verfahren (auch) gegenüber dem Arbeitgeber offen legen, damit
ein BEM erfolgreich durchgeführt werden kann?
-
Das Gelingen der Eingliederungsmaßnahmen hängt wesentlich vom Vertrauen des Mitarbeiters ab
Die Antwort auf die beiden Fragen an Arbeitgeber und Beschäftigte kann – im Sinne eines
Leitsatzes – nur lauten: Nur so viel wie unbedingt erforderlich, um ein zielführendes, der
Gesundwerdung und Gesunderhaltung der Beschäftigten dienendes BEM durchführen zu
können.
Auf Grund seiner besonderen Bedeutung empfiehlt es sich, Regelungen zum Datenschutz
als wichtigen Bestandteil der Dienst- oder Betriebsvereinbarung zum BEM aufzunehmen.
Im Einzelnen können folgende Punkte in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung geregelt
werden:
• Daten werden zu dem Zweck erhoben, um Maßnahmen der Prävention, Gesundheitsför
derung und der Wiedereingliederung entwickeln zu können.
• Welche Daten erhoben werden, hängt von der jeweiligen Besonderheit des Betriebes ab,
grundsätzlich können solche Daten erhoben werden, wie sie im Datenblatt vorgeschla
gen werden (siehe Vorschlag Datenblatt).
• Die Daten können durch autorisierte Personen der Personalakte entnommen werden, au
ßerdem können jene Informationen der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters verwendet werden,
die sie/er der Ansprechperson mitteilt und durch vorherige schriftliche Zustimmung zur
Weitergabe an Dritte (Arbeitgeber, Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung) freigibt.
• Auf personenbezogene Daten, die nicht dem Datenblatt oder der Personalakte entnom
men werden können, dürfen Dritte (Arbeitgeber, Betriebsrat, Schwerbehindertenvertre
tung) nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters zu
greifen.
• Daten, die Veränderungen in der Leistung und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiterin/
des Mitarbeiters betreffen, können dem Arbeitgeber zugänglich gemacht werden, eben
so wie Fehlbeanspruchungen am Arbeitsplatz und gegebenenfalls Gesundheitsgefahren.
• Ärztliche Diagnosen sowie Daten zur Gesundheitsprognose können von der betroffenen
Mitarbeiterin/dem betroffenen Mitarbeiter mit dem Betriebsarzt erörtert werden und
2. Grundlagen des BEM
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32
dürfen von diesem ohne Einverständnis des Betroffenen nicht anderen am BEM Beteili
gten zugänglich gemacht werden. Dies gilt nicht für betriebliche Ursachen und Auswir
kungen der Erkrankungen. Der Betriebsarzt übernimmt es, die medizinischen Erkennt
nisse und ihre möglichen Auswirkungen auf den Arbeitsplatz den Teilnehmern des BEM
zu erläutern. Die Entscheidung über die Mitteilung von Details der Krankheit bleibt der/
dem Betroffenen überlassen.
• Datenschutz und Schweigepflicht (wie zum Beispiel die betriebsärztliche Schweige
pflicht) sind auch bei der Durchführung des BEM zu beachten. Die Erhebung und Ver
wendung der Daten für das BEM sollten – sofern es einen solchen gibt – durch den Da
tenschutzbeauftragten geprüft werden. In die Personalakte wird nur ein Vermerk
aufgenommen, der die Zustimmung zu beziehungsweise Ablehnung von Maßnahmen im
Rahmen eines BEM, die vom Dienstherrn beziehungsweise Arbeitgeber veranlassten
Maßnahmen gemäß § 84 Absatz 1 und 2 SGB IX und die Dokumentation über den Ab
schluss des BEM enthält. Hinzu kommen – soweit vorhanden – das Erstschreiben des
Dienstherrn/Arbeitgebers sowie das Antwortschreiben der/des Betroffenen.
Umgang mit Daten im BEM
Offenbarung von Krankheits- oder Behinderungsdaten im BEM
Das BEM braucht eine ausreichende Datengrundlage. Um zu bestimmen, was als ausrei
chende Datengrundlage zum Gesundheitsstand der/des betroffenen Beschäftigten anzu
sehen ist, empfiehlt sich die deutliche Unterscheidung von drei Datenkategorien:
• Daten zur medizinischen Diagnose
Die eigentlichen medizinischen Diagnosen sind für die Planung von Maßnahmen des
BEM nicht erforderlich. Nur der Betriebsarzt sollte die Diagnose kennen, um Aussagen
darüber treffen zu können, ob im Einzelfall der Zeitpunkt für Maßnahmen des BEM ge
eignet ist beziehungsweise ob geplante Maßnahmen des BEM dem Krankheitsgesche
hen genügend Rechnung tragen.
• Daten zur Aufklärung von Krankheitsursachen im Betrieb
Gibt es plausible Hinweise darauf, dass bestimmte Arbeitsbedingungen mit erhöhten
Erkrankungsraten von Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern im Zusammenhang stehen, ist
der Betrieb auf entsprechende Daten angewiesen, um handeln zu können. Dies betrifft
nicht nur generelle Zusammenhänge, sondern auch den Einzelfall.
• Daten zu den gesundheitsbedingten Einschränkungen der Einsatzmöglichkeiten einer
Person
Diese Daten sind für das BEM unerlässlich. Für die Planung von Maßnahmen ist es not
wendig, die Einschränkungen der Einsatzmöglichkeiten einer Person zu kennen, even
tuell auch erwartbare Veränderungen, die sich etwa durch den Krankheitsverlauf oder
durch die Auswirkungen medizinischer oder rehabilitativer Maßnahmen ergeben kön
nen.
2. Grundlagen des BEM
!!!!
33
Im gesamten BEM ist die Befürchtung von betroffenen Beschäftigten zu berücksichtigen,
dass sie sich mit der Offenbarung persönlicher Daten über ihre gesundheitliche Situation
selbst schädigen könnten. Deswegen wird es auf die tatsächliche Handhabung des BEM
im Betrieb ankommen, wie viel Vertrauen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Be
teiligten des BEM haben.
Die Benennung von Gesundheits- und Behinderungsdaten als zwingende
Voraussetzung für betriebliche Prävention von Beschäftigungsrisiken
§ 84 Absatz 2 SGB IX enthält eine Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber den Beschäf
tigten. Es geht insofern um die Möglichkeiten im Betrieb oder in der Dienststelle, im Kon
sens eine tätigkeits- und arbeitsplatzbezogene Gesundheitsförderung zu betreiben. Im
Vordergrund steht somit die Frage, ob betriebliche beziehungsweise dienstliche Faktoren
(mit-)ursächlich für Arbeitsunfähigkeitszeiten sind. Ohne Benennung der Ursachen, die
den mehr als sechswöchigen Arbeitsunfähigkeitszeiten im Sinne des § 84 Absatz 2 Satz
1 SGB IX zugrunde liegen, ist diese Frage nicht zu beantworten. Ist ein solcher Zusam
menhang allerdings offensichtlich ausgeschlossen – zum Beispiel bei einem grippalen In
fekt – so offenbart die/der Beschäftigte selbstredend die Erkrankungsursache nicht; das
BEM-Verfahren endet hier bereits beim Erstkontakt. Sind allerdings Zusammenhänge zwi
schen Arbeitsunfähigkeitszeiten und betrieblichen Gegebenheiten denkbar, braucht der
von § 84 Absatz 2 SGB IX in die Pflicht genommene Arbeitgeber Informationen von der
oder dem Beschäftigten, um sachgerecht Maßnahmen zur Abhilfe gemeinsam mit allen
Beteiligten prüfen zu können.
Der Betriebsarzt als geeigneter Moderator und Verwalter von Krankheits- und
Behinderungsdaten der Beschäftigten
Im Spannungsfeld zwischen dem, was der Arbeitgeber zur Durchführung des BEM im Ein
zelfall an Informationen unumgänglich benötigt, und dem, was eine Beschäftigte/ein Be
schäftigter an sensiblen Krankheits-, Behinderungs- und weiteren persönlichen Daten zu
offenbaren bereit ist, kann der Betriebsarzt eine entscheidende, beiden Seiten gerecht
werdende Funktion einnehmen. Der Betriebsarzt hat nach § 3 Absatz 1 des Gesetzes über
Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (ASiG)
unter anderem
• die Arbeitnehmerinnen/Arbeitsnehmer zu untersuchen, arbeitsmedizinisch zu beurteilen
und zu beraten sowie die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten,
• Ursachen von arbeitsbedingten Erkrankungen zu untersuchen, die Untersuchungser
gebnisse zu erfassen und auszuwerten und dem Arbeitgeber Maßnahmen zur Verhütung
dieser Erkrankungen vorzuschlagen,
• arbeitsphysiologischen, arbeitspsychologischen und sonstigen ergonomischen sowie ar
beitshygienischen Fragen (zum Beispiel zum Arbeitsrhythmus, zur Arbeitszeit und zur
Gestaltung der Arbeitsplätze und des Arbeitsablaufs sowie der Arbeitsumgebung) nach
zugehen,
• insgesamt die Arbeitsbedingungen zu beurteilen sowie
2. Grundlagen des BEM
!!!!
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• auch Fragen des Arbeitsplatzwechsels sowie der Eingliederung und Wiedereingliederung
behinderter Beschäftigter in den Arbeitsprozess zu klären.
Der Betriebsarzt ist bei der Anwendung seiner arbeitsmedizinischen Fachkunde weisungs
frei (§ 8 Absatz 1 Satz 1 ASiG). Der Betriebsarzt ist nur seinem ärztlichen Gewissen un
terworfen und hat die Regeln der ärztlichen Schweigepfl icht gegenüber dem Arbeitgeber,
den Interessenvertretungen, der Schwerbehindertenvertretung und allen übrigen Dritten
strikt zu beachten (vergleiche § 8 Absatz 1 Satz 3 ASiG). Wichtig ist ferner, dass der Be
triebsarzt ausdrücklich nicht die Aufgabe hat, Krankmeldungen der Arbeitnehmerinnen/
Arbeitnehmer auf ihre Berechtigung hin zu überprüfen (§ 3 Absatz 3 ASiG).
Nach Auffassung der Integrationsämter ist der Betriebsarzt somit ein geeig
neter und sachkundiger Moderator des BEM-Prozesses in medizinischer Hin
sicht. Er ist es wegen seiner Schweigepflicht gewohnt, sensible Krankheits-
und Behinderungsdaten nicht ungeschützt zu offenbaren, sondern die
arbeitsmedizinischen Erkenntnisse und Bewertungen daraus mit den Beteiligten im Be
trieb/in der Dienststelle ohne Benennung der einzelnen Krankheitsdiagnosen zu erörtern.
Damit können die Erfordernisse fachgerechter Sachverhaltsaufklärung einerseits und die
berechtigten Interessen der betroffenen Beschäftigten am Schutz ihrer personenbezo
genen Daten im BEM-Verfahren andererseits zusammengeführt werden.
-
Der Betriebsarzt als sachkundiger Moderator
des BEM-Prozesses
Die Verpflichtung der übrigen Beteiligten am BEM-Verfahren zum Schutz der
personenbezogenen Daten der Beschäftigten
Die gemäß § 84 Absatz 2 SGB IX am BEM-Verfahren neben der Mitarbeiterin/dem Mitar
beiter und dem Arbeitgeber beteiligten Stellen unterliegen im Hinblick auf die Weitergabe
personenbezogener schutzwürdiger Daten wie Krankheitsdiagnosen und Behinderungsart
an den Arbeitgeber einem strengen Datenschutz:
• die Interessenvertretungen gemäß § 79 BetrVG, § 10 BPersVG und § 68 HPVG,
• die Schwerbehindertenvertretungen gemäß den §§ 96 Absatz 7 und 97 Absatz 7 SGB IX,
• die Rehabilitationsträger und das Integrationsamt gemäß § 35 SGB I in Verbindung mit
den §§ 67 folgende SGB X. Für alle Beteiligten gilt, dass eine Verletzung der Schweige
pflicht strafbewehrt ist (§ 203 StGB).
Problematisch ist die Frage der Weitergabe von Daten für die Vertreterin beziehungswei
se den Vertreter des Arbeitgebers, wenn sie/er Vorgesetzter der/des Betroffenen ist oder
eine Mitarbeiterin/ein Mitarbeiter der Personalabteilung. Diese könnten im weiteren Ver
lauf des Verfahrens in Konflikte zu ihren übrigen Aufgaben geraten.
Daher sollte bei der Einführung des BEM konkret festgelegt werden, wer den Arbeitgeber
in einem Integrationsteam vertritt. Ist dies zum Beispiel der Beauftragte des Arbeitgebers
für schwerbehinderte Menschen, der nicht gleichzeitig in der Personalabteilung angesie
delt ist, könnte dieser zur Schweigepfl icht auch gegenüber dem Arbeitgeber und der Per
sonalabteilung verpfl ichtet werden. Ist es eine andere Person, besteht möglicherweise die
Notwendigkeit, die Diskussion im Integrationsteam auf die Auswirkungen der Erkrankung,
auf die Tätigkeit und mögliche betriebliche Ursachen zu beschränken. Die Art der Erkran
kung und andere Fragen zur Gesundheitsprognose dürfen dann nicht besprochen werden,
2. Grundlagen des BEM
!!!!
35
weil der Arbeitgeber hierauf eine mögliche spätere Kündigung stützen könnte.
Das BEM soll nach erfolgreichem Abschluss einer Rehabilitation oder Maßnah
men der Eingliederung dem weiteren Berufsweg der betroffenen Person nicht
mehr im Wege stehen. In die Personalakte werden daher mit Ausnahme der
genannten Unterlagen keine weiteren Informationen aufgenommen.
Alle Beteiligten unterliegen dem gesetzlichen Datenschutz
Personalakte und Aufbewahrung von einzelfallbezogenen relevanten BEM-
Unterlagen mit geschützten Daten
Eine dem BEM vergleichbare Problematik im Hinblick auf die Aufbewahrung sensibler per
sonenbezogener Daten von Beschäftigten besteht im Bereich der arbeitsmedizinischen Vor
sorgeuntersuchungen hinsichtlich gefährlicher Arbeitsstoffe. Bei diesen Untersuchungen
werden aus Gründen der ärztlichen Schweigepflicht in einer dem Arbeitgeber zugänglichen
Kartei nur der Zeitpunkt der Vorsorgeuntersuchung und die Daten eingetragen, die über die
Eignung oder Nichteignung für die Beschäftigung beziehungsweise Weiterbeschäftigung et
was aussagen. Nicht in dieser Kartei dokumentiert, sondern nur vom Arzt schriftlich festge
halten werden die erhobenen Befunde, Diagnosen und sonstige medizinische Daten.
Diese Handhabung empfehlen die Integrationsämter auch für das BEM.
Alle weiteren Informationen, die im Zusammenhang mit BEM erhoben werden, werden
getrennt von der Personalakte aufbewahrt und spätestens nach einem Zeitraum von drei
Jahren vernichtet. Mit Urteil vom 12.09.2006 – 9 AZR 271/06 – hat das Bundesarbeits
gericht festgestellt, dass sensible Gesundheitsdaten grundsätzlich in besonderer Weise
aufbewahrt werden und vor unbefugter zufälliger Kenntnisnahme durch Einschränkung
des Kreises der Informationsberechtigten geschützt werden müssen. Die Aufbewahrung
in einem verschlossenen Umschlag reicht hierzu aus. Zu empfehlen ist aber die Aufbe
wahrung in einem verschlossenen Schrank.
Das bedeutet, dass in der Personalakte die wesentlichen Grundinformationen zum BEM
aufgenommen werden, und zwar das Informationsschreiben, die Zustimmung/Ablehnung
der betroffenen Person einschließlich der datenschutzrelevanten Erklärungen, dass ein
BEM durchgeführt wurde und welche Maßnahmen zur Überwindung beziehungsweise Vor
beugung von Arbeitsunfähigkeit ergriffen wurden sowie ein Abschlussbericht. Dasselbe gilt,
wenn die/der Beschäftigte der Durchführung eines BEM zu Beginn oder im Prozessverlauf
nicht (mehr) zustimmt. Medizinische Daten hingegen werden nicht in die Personalakte auf
genommen. Sie verbleiben bei den beteiligten Ärzten, insbesondere dem Betriebsarzt
(siehe oben) oder werden an die betroffene Person zurückgegeben. Angesichts dieser die
Interessen der Beschäftigten schützenden Regelungen sollten diese bereit sein, die zum
BEM erforderlichen Informationen zu möglichen Zusammenhängen zwischen Arbeitsun
fähigkeitszeiten und Arbeitsbedingungen in das vom Arbeitgeber zu verantwortende BEM-
Verfahren einzubringen. Anderenfalls ist ein gesundheitsförderndes BEM nicht durchführ
bar.
2. Grundlagen des BEM
)
BEMBetriebliches Eingliederungsmanagement
36
Datenschutzrechtliche Hinweise für die Ansprechperson im Erstkontakt:
• Zum Zwecke der Aufnahme des Erstkontaktes erhält die Ansprechperson durch die Per
sonalabteilung Name, Abteilung und private Telefonnummer der Mitarbeiterin/des Mit
arbeiters.
• Diese Weitergabe personenbezogener Daten entspricht der Zweckbestimmung des Ar
beitsverhältnisses (Verpflichtung aus § 84 Absatz 2 SGB IX) und dem damit verbun
denen Vertrauensverhältnis mit der/dem Betroffenen und ist daher nach § 28 Absatz 1
Satz 1 Nummer 1 BDSG erlaubt. Die Ansprechperson wird vom Datenschutzbeauftrag
ten über die Datenschutzbestimmungen informiert und zu deren Einhaltung verpflichtet.
• Eine Weitergabe personenbezogener Daten erfolgt nur mit Zustimmung der Mitarbeite-
rin/des Mitarbeiters, der eine Aufklärung über Art der weitergegebenen Daten sowie
Sinn und Zweck der Datenweitergabe vorausgehen muss. Insbesondere wird die An
sprechperson nur mit schriftlicher Einwilligung der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters ihr
vom Arbeitnehmer bekannt gegebene personenbezogene Daten an beteiligte Personen
– so zum Beispiel Arbeitgeber, Betriebsrat oder Schwerbehindertenvertretung – bekannt
geben oder besprechen.
Datenschutzrechtliche Hinweise aus: Institut für Qualitätssicherung in Prävention und Re
habilitation GmbH an der Deutschen Sportschule Köln (IQPR), Forum B: Schwerbehinder
tenrecht und Fragen des Betrieblichen Gesundheitsmanagement – Diskussionsbeitrag
Nummer. 3/2005, Juni 2005, Seite 5 folgende (www.iqpr.de
37
Kapitel 33. BEM im Einzelfall
In diesem Kapitel
• Aufgaben und Rollen derBeteiligten im Einzelfall
• Die Prozesskette
Aufgaben und Rollen der Beteiligten im Einzelfall
In diesem Kapitel
• Aufgaben und Rollen derBeteiligten im Einzelfall
• Die ProzessketteArbeitgeber BEM ist Aufgabe des Arbeitgebers. Er ist für die
Einleitung und Durchführung verantwortlich, zugleich
ist der Arbeitgeber „Herr des Verfahrens”.
Betroffene Mitarbei
terin/betroffener
Mitarbeiter
ist zweiter „Herr des Verfahrens”. Ohne ihre/seine
Bereitschaft kann BEM nicht durchgeführt werden.
Sie/Er kann das BEM jederzeit abbrechen. Dann kann
sie/er sich allerdings nicht darauf berufen, dass kein
BEM angeboten beziehungsweise durchgeführt
wurde.
Betriebliche
Interessenvertre
tung
Mitwirkungsrechte der betrieblichen Interessenvertre
tung sind durch das BEM nicht eingeschränkt. Die
betriebliche Interessenvertretung wird vom Arbeit
geber im Rahmen des BEM eingeschaltet.
Schwerbehinderten
vertretung Bei schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbei
tern oder diesen Gleichgestellten wird vom Arbeit
geber die Schwerbehindertenvertretung verbindlich
hinzugezogen.
Die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter kann die Beteiligung
der Schwerbehindertenvertretung ablehnen.
Betriebsarzt Zur Abklärung der gesundheitlichen Einschränkungen
und der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiterin/des
Mitarbeiters kann der Betriebsarzt hinzugezogen
werden.
Externe Partner erbringen Leistungen zur Teilhabe in Form von
Beratung, Fördermitteln, Assistenzleistungen am
Arbeitsplatz oder externen Maßnahmen zur Rehabili
tation und Qualifizierung.
3. BEM im Einzelfall
38
Die Prozesskette
Der Verfahrensablauf im Überblick
Schritt Arbeitsmittel
Arbeitsunfähikeit von mehr
als sechs Wochen feststellen
Abfrage Personal
informationssystem
Erstkontakt mit dem betrof
fenen Mitarbeiter aufnehmen
Fragen zur Vorbereitung
Erstkontakt
BEM ist nicht notwendig
Mitarbeiter lehnt BEM ab Erstgespräch führen Leitfaden Erstgespräch
Beendigung des BEM
BEM ist nicht notwendig
Mitarbeiter lehnt BEM ab Fallbesprechung Leitfaden Erstgespräch
Beendigung des BEM
Keine Maßnahmen möglich Maßnahmen durchführen Maßnahmenprotokoll
Beendigung des BEM
Wirkung der Maßnahmen
überprüfen Ergebnisprotokoll
Maßnahmen nicht erfolgreich Maßnahmen erfolgreich Abschlussdokumentation
Beendigung des BEM
3. BEM im Einzelfall
39
Die Schritte im BEM
Wichtig sind die Schritte und die dort abzuarbeitenden Ziele und Inhalte. Dieses struktu
rierte Vorgehen ist für Großbetriebe, Unternehmen mittlerer Größe und für Kleinbetriebe
gleichermaßen zu empfehlen. In der Spalte „Organisation, Struktur” haben wir uns teil
weise an größeren Betrieben orientiert. Kleine und mittlere Betriebe können die Vorschlä
ge an ihre Gegebenheiten anpassen.
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7. SCHRITT
46
Kapitel 44. Einzelfallübergreifender systematischer Ansatz des BEM
In diesem Kapitel:
•Einzelfallübergreifender systematischer Ansatz des BEM
In diesem Kapitel:
• Einzelfallübergreifendersystematischer Ansatzdes BEM
Einzelfallübergreifender systematischer Ansatz
Wie dargelegt, handelt es sich beim BEM um ein teilweise komplexes Verfahren mit einer
Reihe von Beteiligten. Daher sollte das BEM jedenfalls in größeren Betrieben/Dienststel
len einzelfallübergreifend systematisch geordnet und gemeinsam verabredet werden. Da
bei empfiehlt es sich, auch die Verantwortlichkeiten für den BEM-Prozess sowie für einzel
ne Schritte dieses Prozesses klar festzulegen. Eine solche Vereinbarung zwischen den
Betriebspartnern sollte Regelungen zu folgenden Punkten beinhalten:
• zum Verfahrensablauf
• zur Zuweisung von Verantwortlichkeiten für den BEM-Prozess oder Teilschritte (zum Bei
spiel Integrationsteam, Betriebsarzt)
• zur Mitwirkung des/der Beschäftigten (Freiwilligkeitsprinzip)
• zur Gewährleistung des Datenschutzes
• zur Ergebniskontrolle und Fallauswertung zwecks Gewinnung von Erkenntnissen zur
Verbesserung der betrieblichen Gesundheitssituation sowie
• zu Dokumentationsformen und -pflichten.
Für ein systematisches einzelfallübergreifendes BEM ist eine betriebliche Vereinbarung er
forderlich, zum Beispiel eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung oder die Integrationsver
einbarung nach § 83 SGB IX.
An dieser Stelle sei noch einmal betont: Das BEM ist kein starres, für alle Betriebe und
Dienststellen gleichartiges System. Ein BEM im öffentlichen Dienst sieht sicherlich anders
aus als eines in der Privatwirtschaft, ein BEM in einem Großkonzern anders als eines in
einem mittelständischen Betrieb. So unterschiedlich mögliche betriebliche Faktoren, die
zu Arbeitsunfähigkeitsszeiten führen, sind, so unterschiedlich können auch die gemein
sam im Betrieb/in der Dienststelle vereinbarten Schwerpunktsetzungen für ein erfolg
reiches BEM sein. Wichtig ist, dass insbesondere der Arbeitgeber und die Beschäftigten,
aber auch alle übrigen Beteiligten des BEM gemeinsam hinter dem gesetzlichen Anliegen
– der Gesundheitsförderung und Prävention – stehen.
Integrationsteam
Der Arbeitgeber benennt, wer an dem Integrationsteam beteiligt wird. Dies sind in der
Regel ein Vertreter des Arbeitgebers, Betriebsrat/Personalrat, Schwerbehindertenvertre
tung und gegebenenfalls Betriebsarzt. Für die Fallbesprechung im Team kann es hilfreich
sein, externe Partner mit hinzuzuziehen:
Integrationsamt gemeinsame Servicestellen Krankenkassen
Rentenversicherungsträger Berufsgenossenschaften Agentur für Arbeit
Ärzte Rehakliniken Integrationsfachdienste
4. Einzelfallübergreifender systematischer Ansatz des BEM
BEMBetrieblichesEingliederungsmanagement
47
Empfehlungen:
• Es wird dem Arbeitgeber empfohlen, ein konstantes Integrationsteam zu bilden und die
sem Raum und Zeit zur Verfügung zu stellen, um das BEM für betroffene Mitarbeiter
innen oder Mitarbeiter durchführen zu können.
• Auch wenn in kleinen und mittleren Unternehmen kein Integrationsteam existiert, ist
dringend zu empfehlen, externen Rat hinzuzuziehen. Das Integrationsamt, Krankenkas
sen oder die Berufsgenossenschaft können Ansprechpartner (zum Beispiel beratender
Ingenieur, Integrationsfachdienst, Krankenmanagement, Berufshelfer/Disability Mana
ger) benennen, die zu Fallbesprechungen vor Ort kommen.
• Es ist effektiver, das Hauptaugenmerk auf die verbliebenen Fähigkeiten und Stärken der
Mitarbeiterin/des Mitarbeiters zu richten und nicht auf deren/dessen Erkrankung. De
taillierte Informationen über Erkrankungen sind nicht Gegenstand der Erörterungen im
Integrationsteam.
-
48
Kapitel 5. Einführung des BEM 5In diesem Kapitel:
• Organisation derEinführung als Projekt
• Phasen der Einführung• Möglichkeit und Bedeu
tung externer Hilfen• Mögliche Stolpersteine
und wie man sie vermeidet
-
• Leistungen der Integrationsämter
In diesem Kapitel:
• Organisation der Einführung als Projekt
• Phasen der Einführung• Möglichkeit und Bedeu
tung externer Hilfen• Mögliche Stolpersteine
und wie man sie ver meidet
• Leistungen der Integrationsämter
Einführung des BEM
Von ausschlaggebender Bedeutung für den Erfolg oder Misserfolg des BEM und der Ge
sundheitsprävention im Betrieb ist die Phase der Einführung des Systems des BEM. Mit
dem Abschluss einer Vereinbarung zum BEM zwischen den Betriebspartnern ist die Arbeit
nicht getan, sie beginnt damit erst.
Organisation der Einführung als Projekt
Aus dem bisher Gesagten wird deutlich, warum es ein für alle Betriebe und Verwaltungen
passendes Konzept für die Einführung des BEM nicht geben kann.
In kleinen und mittleren Unternehmen reicht oft allein die gut strukturierte Umsetzung
des BEM im Einzelfall und die Inanspruchnahme der Unterstützung externer Hilfen (siehe
Seite 50). Dies spart Ressourcen und genügt den gesetzlichen Mindestanforderungen.
Anders ist dies in Betrieben etwa ab einer Größe von 200 Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern.
Hier bietet es sich an, BEM in Form eines Projekts einzuführen. Dazu empfiehlt sich die
Gründung eines Integrationsteams. Dieses Team ist der Entwicklungsmotor des BEM. Sei
ne einzelnen Aufgaben und Rollen wurden bereits oben beschrieben.
Das dort genannte Kernteam aus Arbeitgeber, Schwerbehindertenvertretung, Betriebsrat/
Personalrat und Betriebsarzt kann sich bei Bedarf erweitern um:
• Arbeitsmedizinischen Dienst
• Arbeitssicherheitsbeauftragte
• Gesundheitsbeauftragte
• Gleichstellungsbeauftragte (im öffentlichen Dienst)
• externe Partner: gemeinsame Servicestelle, Integrationsamt, Reha-Träger, Agentur für
Arbeit, Integrationsfachdienst
Das Team sollte strukturiert arbeiten, sich vor allem in der Einführungsphase regelmäßig
treffen und neben der einzelfallbezogenen Arbeit die Einführung des BEM als System be
gleiten. Es ist darauf zu achten, dass die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter der Mitwirkung der
Beteiligten des Integrationsteams zugestimmt hat. Keiner besonderen Zustimmung be
darf die Mitwirkung von Arbeitgeber und Betriebsarzt.
5. Einführung des BEM
49
Phasen der Einführung
Um BEM erfolgreich zu installieren, empfehlen wir folgende Einführungsschritte:
Überzeugungsarbeit, Aufklärung, Sammlung von Informationen
• Arbeitgeber, Betriebsrat/Personalrat und Schwerbehindertenvertretung informieren sich
über die gesetzliche Grundlage des § 84 Absatz 2 SGB IX (zum Beispiel in den regelmä
ßigen Besprechungen zwischen Arbeitgeber und Interessenvertretung).
• Die Belegschaft und die Führungskräfte werden über das BEM informiert und sensibili
siert. Dazu können zum Beispiel Betriebsversammlungen, Mitarbeiterzeitungen, Intra
net oder etwa ein gezieltes Rundschreiben an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein
gesetzt werden.
• Alle betriebsintern notwendigen Informationen über Strukturen und Prozesse sowie Zu
ständigkeiten werden zusammengetragen.
• Alle Informationen über die gesetzlichen Grundlagen werden zusammengestellt.
• Weiterhin sollten alle extern möglichen Hilfen und die für den Betrieb bei den verschie
denen Trägern von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Bundesagentur für Arbeit,
Rentenversicherungsträger, Unfallversicherungsträger/Berufsgenossenschaften und In
tegrationsamt) zuständigen Personen ermittelt und erfasst werden.
Allen Beschäftigten muss die Sinnhaftigkeit des BEM-Verfahrens vermittelt werden. Die
Beschäftigten müssen davon überzeugt werden, dass das BEM ihren ganz persönlichen
(Gesundheits-) Interessen dient und nicht der Vorbereitung von personenbedingten Kün
digungen wegen AU. BEM lebt von Vertrauen! Die Zusage, dass die datenschutzrecht
lichen Bestimmungen eingehalten werden, ist dabei von großer Bedeutung.
Auftragsklärung für die Einführung
Mit dem Arbeitgeber wird geklärt, welche Personen konkret im Betrieb für den Aufbau des
BEM zuständig sind. Es wird ein Projektteam gebildet.
Projektorganisation
Das Projektteam organisiert die Struktur, den Verlauf, das Verfahren und die Rahmenbe
dingungen ziel- und passgenau auf die Belange des Betriebs und vor allem der Beschäf
tigten im Betrieb.
Projektstart und Beginn der operativen Arbeit
Zu einem festgelegten Zeitpunkt startet das Team mit seiner operativen Arbeit: Die kon
kreten Einzelfälle werden anhand der Prozesskette bearbeitet. Der Anteil behinderter oder
gesundheitlich eingeschränkter Beschäftigter wird ermittelt. Alle in der täglichen Arbeit
anfallenden Vorgänge und Probleme werden dokumentiert.
5. Einführung des BEM
50
Erste Zwischenbilanz
Nach einem gemeinsam festgelegten Zeitraum, etwa nach sechs Monaten, wird Bilanz ge
zogen, werden Stärken und Schwächen des Systems analysiert und die notwendigen
praktischen Konsequenzen daraus gezogen.
Abschluss des Projekts und Überführung in die betriebliche Praxis
Nach erfolgreicher Umsetzung der Konsequenzen wird das System des BEM in die tägliche
betriebliche Praxis überführt. Es wird eine zentrale Koordinationsstelle, etwa in der Per
sonalabteilung, bestimmt und die Umsetzung wird im Betrieb bekannt gemacht. Dazu
wird zum Beispiel eine spezielle Informationsbroschüre erstellt und an alle Mitarbeite
rinnen und Mitarbeiter verteilt. Die Führungskräfte erhalten Schulungsangebote für die
Umsetzung des BEM.
Möglichkeit und Bedeutung externer Hilfen
Um eine erfolgreiche Umsetzung des BEM im Einzelfall, aber auch im System, zu errei
chen, bietet sich generell die Einbindung kompetenter externer Partner an.
Dazu gehören:
• die gemeinsamen Servicestellen
• die Rehabilitationsträger: Krankenkasse, Rentenversicherungsträger, Unfallversiche
rung, Agentur für Arbeit
• Reha-Kliniken
• Einrichtungen der berufl ichen Rehabilitation
• das Integrationsamt bei schwerbehinderten/gleichgestellten behinderten Menschen
• der Integrationsfachdienst
Die regelmäßige Zusammenarbeit mit diesen Partnern fördert deren Verständnis für die
betrieblichen Belange, erleichtert die Kooperation im Einzelfall und erhöht sukzessiv die
Beratungskompetenz aller am Prozess Beteiligten.
Mögliche Stolpersteine und wie man sie vermeidet
Mögliche Stolpersteine für das Projekt können sein:
• Die Bedeutung des BEM wird nicht erkannt (vom Arbeitgeber, vom Betriebsrat/Perso
nalrat oder von der Schwerbehindertenvertretung).
• Die Beschäftigten akzeptieren das BEM nicht: mangelnde Information, Angst vor Kon
trolle und Datenmissbrauch.
• Widerstände aus Angst vor Bedeutungs- und Machtverlust (zum Beispiel Interessenver
tretungen, Führungskräfte).
5. Einführung des BEM
• Wichtige betriebliche Funktionsträger zeigen mangelnde Bereitschaft zur Mitwirkung.
• Boykott durch Arbeitgeber aus Angst vor Kosten und Zweifel am Nutzen.
• Es gibt keine verbindlichen Regelungen, wer für was verantwortlich ist.
• BEM ist zu kompliziert geregelt, überreguliert und formalisiert.
• Es gibt überzogene Erwartungen von einzelnen Beteiligten.
• Instrumentalisierung des BEM für Eigeninteressen.
Die Einführung des BEM wird nur gelingen, wenn sowohl der Arbeitgeber als auch die In
teressenvertretungen nicht nur formal, sondern auch inhaltlich hinter der Gesundheits
prävention und dem BEM stehen, dies gemeinsam den Beschäftigten vermitteln und über
zeugend darlegen, dass sie gemeinsam Verantwortung in den einzelnen BEM-Prozessen
übernehmen werden. Es kommt wesentlich auf die Transparenz des gewählten Vorgehens
an sowie auf die offene und kooperative Beteiligung aller betrieblichen Partner. Die Kom
munikation des BEM, warum es eingeführt wird und welchen Nutzen es für die verschie
denen Zielgruppen bringt, ist ein wichtiges Mittel, um mögliche Widerstände zu überwin
den.
Unbedingt vermeiden sollte man die Erwartungshaltung, mit dem BEM sei in jedem Ein
zelfall ein Allheilmittel zur Überwindung beziehungsweise Verringerung von Arbeitsunfä
higkeitszeiten und zur Vermeidung personenbedingter Kündigungen gefunden worden.
Das BEM zielt zwar auf die Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses, jedes einzelne
BEM-Verfahren ist aber stets ergebnisoffen: Vieles geht, aber nicht jede Erkrankung lässt
sich auskurieren, nicht jede Belastung verringern, nicht jeder Arbeitsplatz leidens-/behin
derungsgerecht gestalten.
51
5. Einführung des BEM
52
Leistungen der Integrationsämter
Beratung bei der Einführung, Prämien für die Einführung, Leistungen im konkreten Ein
zellfall, etwa im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben – dies sind die Handlungs
felder der Integrationsämter. Die Zielgruppen sind dabei die schwerbehinderten und
gleichgestellten behinderten Menschen.
Die Aufgabe der Integrationsämter besteht nicht in der konkreten Einführung und Durch
führung des BEM im einzelnen Betrieb oder der einzelnen Verwaltung. Die Integrations
ämter unterstützen die Betriebe/Dienststellen bei der Umsetzung ihrer Aufgabe – so zum
Beispiel mit diesen Handlungsempfehlungen. Darüber hinaus halten die Integrations
ämter weitere Informationsschriften zum BEM und anderen verwandten Themen bereit.
Prämien für die Einführung
Ein weiteres Handlungsfeld ist die Vergabe einer Prämie an Arbeitgeber für die Einführung
des BEM. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorge
stellen (BIH) hat dazu Empfehlungen erarbeitet.
53
Kapitel 6. Praxisteil 6In diesem Kapitel:
• Materialien zurProzesskette
• Hinweise zur Gestaltungeiner Betriebs- oderDienstvereinbarungzum BEM
• Vorschlag für einePräsentation vor derGeschäftsleitung
Materialien zur Prozesskette
A. Fragen zur Vorbereitung des Erstkontaktes/Erstgesprächs aus
Sicht des BEM-Beautragten
1. Ist die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter in den vergangenen zwölf Monaten erstmals sechs
Wochen oder länger erkrankt oder zeigen sich steigende Tendenzen im Vergleich zu vo
rangegangenen Perioden?
2. Liegt bereits eine betriebsärztliche Stellungnahme jüngeren Datums vor?
3. Gibt es Hinweise von anderer Seite (zum Beispiel vom Betriebsrat/Personalrat, Schwer
behindertenvertretung oder einer Führungskraft), dass die Erkrankung der Mitarbeite-
rin/des Mitarbeiters in Zusammenhang mit ihrer/seiner Tätigkeit oder dem Arbeitsplatz
steht (geäußerte Unzufriedenheit, Anzeichen von Überforderung et cetera)?
4. Liegen Erkenntnisse darüber vor, ob es sich bei der Erkrankung um einen Unfall han
delt, infolge dessen durch eventuelle Unfallfolgen nicht mit einer vollständigen Wieder
herstellung der Gesundheit gerechnet werden kann?
5. Ist damit zu rechnen, dass die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter nur mit Einschränkungen
an den ursprünglichen Arbeitsplatz oder nur durch Veränderungen des ursprünglichen
Arbeitsplatzes dahin zurückkehren kann?
6. Liegt eine Schwerbehinderung/Gleichstellung vor und gibt es Hinweise darauf, dass
diese in Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeit steht?
B. Hinweise für den Arbeitgeber zum Erstkontakt
Zielsetzung
Der Start des BEM hat einen großen Einfluss darauf, ob Beschäftigte sich auf das BEM ein
lassen und aktiv an effektiven Lösungen mitwirken. Die wichtigste Zielsetzung beim Her
stellen des Erstkontaktes besteht darin, der betroffenen Person die positive Aufmerksam
keit des Betriebes zu signalisieren und Vertrauen aufzubauen. Dies ist deshalb von so
großer Bedeutung, da die Frage, ob ein BEM überhaupt und mit welchem Erfolg durchge
führt wird, entscheidend von der Zustimmung und Kooperationsbereitschaft der Mitarbei
terin/des Mitarbeiters abhängig ist. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass die
Kontaktaufnahme mit der betroffenen Person behutsam und mit der erforderlichen Wert
schätzung erfolgt.
Der Erstkontakt im BEM ist dann erfolgreich, wenn die betroffene Person die Möglichkeit
hat, sich über die Ziele des BEM und den Umfang einschließlich des Schutzes der dafür
erhobenen Daten zu informieren. Im Erstkontakt wird die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter auf
die Freiwilligkeit der Teilnahme am BEM hingewiesen. Damit die Freiwilligkeit tatsächlich
gegeben ist, muss eine Ablehnung des BEM ohne negative Folgen möglich sein.
Ob der Arbeitgeber selbst, die/der direkte Vorgesetzte, der betriebsärztliche Dienst, eine
BEM-Beauftragte/ein BEM- Beauftragter den ersten Kontakt herstellt, hängt von den je
weiligen betrieblichen Gegebenheiten ab. Die Umsetzung von BEM in der Praxis hat ge
zeigt, dass die Herangehensweisen hier sehr vielfältig sind.
In diesem Kapitel:
• Materialien zur Prozesskette
• Hinweise zur Gestaltungeiner Betriebs- oderDienstvereinbarungzum BEM
• Vorschlag für einePräsentation vor derGeschäftsleitung
6. Praxisteil
:
:
:
:
54
Form des Erstkontaktes
Nachdem der Arbeitgeber oder eine von ihm benannte Ansprechperson Name, Abteilung
und die private Telefonnummer der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters erhalten hat, gilt es zu
überlegen, ob die Kontaktaufnahme persönlich im Betrieb, telefonisch oder schriftlich er
folgen und was dabei inhaltlich zur Sprache gebracht werden soll. Ersteres hängt von den
Umständen des Einzelfalles und den betrieblichen Rahmenbedingungen ab. Grundsätzlich
bietet sich ein Informationsschreiben an, welches durch eine persönliche Ansprache er
gänzt werden sollte.
Kontaktaufnahme im Betrieb
Wird die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter an seinem/ihrem Arbeitsplatz aufgesucht, sollte
dies so diskret geschehen, dass dabei die Vertraulichkeit gewahrt wird. Außerdem sollte
der Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter die Möglichkeit gegeben werden, sich zu äußern, ob sie/
er jetzt oder zu einem späteren Zeitpunkt für ein kurzes Gespräch Zeit hat. Auf keinen
Fall ist die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter an ihrem/seinem Arbeitsplatz zu überrumpeln und
an Ort und Stelle mit dem Anliegen der Ansprechperson zu konfrontieren. Zeigt die Mit
arbeiterin/der Mitarbeiter Bereitschaft für ein kurzes Gespräch, sollte dazu die Örtlichkeit
so gewählt werden, dass es dabei zu keiner Störung kommt.
Telefonischer Kontakt
Ist die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter wegen Arbeitsunfähigkeit nicht im Betrieb, kann der
Kontakt telefonisch erfolgen. Besteht zwischen der Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter und
dem Arbeitgeber beziehungsweise der von ihm benannten Ansprechperson bereits ein
guter Kontakt, kann ein Telefonat persönlicher sein als ein Brief und im Gespräch auf ihre/
seine Äußerungen eingegangen werden. Andererseits kann sich die Mitarbeiterin/der Mit
arbeiter durch ein unangekündigtes Telefonat „überwacht” und „überrumpelt” fühlen und
so von vornherein der Ansprechperson mit Misstrauen begegnen.
Schriftlicher Kontakt
Entscheidet sich der Betrieb dafür, mit der Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter nur schriftlich Kon
takt aufzunehmen, sollte man darauf achten, dass das Schreiben wohlwollend formuliert ist,
darin die Fürsorge des Betriebes zum Ausdruck kommt und die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter
sich in keiner Weise unter Druck gesetzt fühlt. Unter Umständen empfiehlt sich die Ankün
digung einer telefonischen oder persönlichen Kontaktaufnahme zur weiteren Abklärung.
Inhalt des Erstkontaktes
Wird ein persönlicher (im Betrieb), telefonischer und/oder schriftlicher Erstkontakt zur
Mitarbeiterin/zum Mitarbeiterin hergestellt, sollte dieser Folgendes zum Inhalt haben:
• Die Ansprechperson bekundet gegenüber der Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter Interesse
an der Überwindung der Arbeitsunfähigkeit und der Wiederherstellung der Gesundheit,
• sie gibt ihr/ihm erste kurze Informationen über das BEM sowie über die Vertraulichkeit
der im Verfahren erhobenen Daten,
6. Praxisteil
:
:
55
• sie betont die Bedeutung ihrer/seiner Bereitschaft zur Mitarbeit und
• erkundigt sich, ob sie/er grundsätzlich an der Durchführung eines BEM interessiert ist.
Inhalt des ersten Anschreibens
• Hinweis auf Inhalt und Ziele des BEM (§ 84 Absatz 2 SGB IX)
• Feststellung der sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit
• Gesprächsangebot
• Freiwilligkeit des Mitwirkens am BEM
• Hinweis auf Art, Umfang und Verbleib der für BEM erhobenen Daten
• Umfang der Dokumentation des Arbeitgebers in der Personalakte
• Hinweis auf die Möglichkeit der Beteiligung des Personalrates/Betriebsrates/der Schwer
behindertenvertretung/des Betriebsarztes/anderer Personen des Vertrauens
• Fragen nach dem medizinischen Grund der Arbeitsunfähigkeit müssen nicht beantwor
tet werden
• Ansprechpartnerinnen/Ansprechspartner für Rückfragen und gegebenenfalls Angebot
für vorherige Beratung durch den Betriebsarzt
• Rückantwortbogen.
Äußert sich die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter ablehnend, muss die Ansprechperson
dies respektieren, sollte ihm/ihr jedoch die Gelegenheit geben, die Entscheidung
nochmals zu überdenken.
Bekundet die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter hingegen Interesse am BEM, kann ein Erst
gespräch vereinbart werden.
Beispiel eines Erstanschreibens
Das nachfolgende Beispiel stellt weder eine zwingende Vorgabe noch eine verbindliche
Empfehlung dar. Es soll Vertrauen des betroffenen Mitarbeiters in das ihm angebotene
Verfahren wecken und gleichzeitig so verständlich wie möglich sein.
6. Praxisteil
56
Betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Absatz 2 Sozialgesetzbuch –
Neuntes Buch (SGB IX)
Sehr geehrte/r Frau/Herr,
aufgrund Ihrer länger andauernden Erkrankung/Ihrer wiederholten Kurzerkrankungen in der Vergangenheit wende ich mich/wenden wir uns heute an Sie mit dem Angebot eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM).
Worum geht es beim BEM?
Es geht vor allem darum, frühzeitig gesundheitlichen Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz entgegen zu wirken und Sie darin zu unterstützen, möglichst schnell wieder gesund zu werden. Da mir/uns Ihre Gesundheit ein großes Anliegen ist, biete ich/bieten wir Ihnen gerne ein Gespräch an.
Was ist Gegenstand des Gespräches?
Mit Ihnen möchte ich/möchten wir überlegen, welche betrieblichen Bedingungen zu Ihrer Gesundung bzw. Gesunderhaltung verändert werden müssten. Außerdem möchte ich/möchten wir mit Ihnen besprechen, welche Schritte unternommen werden können, um einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen.
Wer kann teilnehmen?
Wenn Sie möchten, können an diesem Gespräch - der Personalrat/der Betriebsrat - die Schwerbehindertenvertretung - die Gleichstellungsbeauftragte und - eine Person Ihres Vertrauens teilnehmen. Ein Personalratsmitglied/ein Betriebsratsmitglied können Sie selber benennen.
Wie ist es mit Vertraulichkeit und Datenschutz?
Vertraulichkeit und Datenschutz sind wesentliche Bestandteile des BEM. Wichtig für Sie ist, dass Sie keine Angaben zum medizinischen Grund Ihrer Arbeitsunfähigkeit machen müssen. Im BEM geschieht nichts ohne Ihr Wissen und Ihre Einwilligung. Ihre persönlichen Daten werden vertraulich behandelt. Sie werden spätestens … Jahre nach Abschluss des Verfahrens gelöscht/Ihnen ausgehändigt.
Was sollten Sie tun?
Ich bitte Sie, mir bis zum … auf dem beigefügten Rückmeldebogen mitzuteilen, ob Sie mein Angebot annehmen möchten und ein Gespräch wünschen. Ihre Teilnahme am BEM ist freiwillig. Lediglich Ihre Entscheidung wird in der Personalakte dokumentiert.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und würde es sehr begrüßen, wenn wir kurzfristig einen Gesprächstermin vereinbaren könnten.
Für eventuelle Rückfragen stehe ich/stehen wir gerne zur Verfügung. Weitere Informationen zum BEM können Sie dem Intranet/dem Aushang am schwarzen Brett/den Verwaltungsnachrichten der Stadt/der Betriebszeitung entnehmen.
Mit freundlichen Grüßen
6. Praxisteil
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57
C. Gesprächsleitfaden für das Erstgespräch
Grundsätzliches
Für die Durchführung des Erstgespräches gelten grundsätzlich die gleichen Vorausset
zungen wie für die Herstellung des Erstkontaktes, das heißt der vertrauensvolle Umgang
mit der Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter ist von entscheidender Bedeutung hinsichtlich einer
erfolgreichen Durchführung eines BEM. Aus diesem Grund dient das Erstgespräch vor
allem der Hilfe und Unterstützung der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters, um gemeinsam das
Ziel einer sinnvoll geplanten und durchgeführten Beschäftigungssicherung und -förderung
zu erreichen.
Zielsetzung
Ziel dieses Erstgespräches soll sein:
Vertrauen zu der Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter herstellen
über das BEM informieren
Gründe für die Erkrankungen erkennen (private/betriebliche Gründe)
Zusammenhänge mit Arbeitsbedingungen erkennen
Bereitschaft der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters zur Mitwirkung am BEM erfragen
Lösungsansätze mit den Betroffenen entwickeln und die betrieblichen Möglichkeiten
einbringen
die nächsten Schritte planen
Vorbereitung des Erstgesprächs
Der Termin für das Erstgespräch muss in Absprache mit der Mitarbeiterin/dem Mitar
beiter vereinbart werden.
Die Gesprächsrunde sollte so besetzt sein, dass die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter sich
unterstützt fühlt und sich daher für das Gespräch offen zeigt. Bei schwerbehinderten
oder gleichgestellten behinderten Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern kann es vertrau
ensbildend wirken, wenn die Schwerbehindertenvertretung an der Runde teilnimmt.
Die Wahl der Räumlichkeit und die Vermeidung von äußeren Störungen vermitteln der
Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter Sicherheit und ein Gefühl der Wertschätzung.
Inhalte des Erstgesprächs
1. Der Gesprächsführer begrüßt die an der Gesprächsrunde Beteiligten und dankt ihnen
für ihr Kommen.
2. Zu Beginn des Gespräches erklärt der Gesprächsführer der Runde die Zielsetzung die
ses Treffens.
3. Als nächstes folgt ein Hinweis darauf, dass dieses Gespräch protokolliert wird, und ohne
die ausdrückliche Zustimmung der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters keine vertraulichen
Informationen weitergegeben werden. Weiter wird darauf aufmerksam gemacht, dass
zu ärztlichen Diagnosen keine Angaben gemacht werden müssen, sondern hierzu das
Gespräch mit dem Betriebsarzt geführt werden kann.
6. Praxisteil
58
4. Im nächsten Schritt wird die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter zuerst ausführlich über das
BEM informiert (unter besonderen Hinweisen auf die Bedeutung des SGB IX und des
Integrationsteams) und sich anschließend nach ihrem/seinem grundsätzlichen Interes
se an einer Zusammenarbeit in Bezug auf das BEM erkundigt.
5. Im Anschluss daran wird der Zusammenhang zwischen der Arbeitsunfähigkeit und der
Tätigkeit der Mitarbeiterin/ des Mitarbeiters beziehungsweise ihrem/seinem Arbeits
platz erörtert (Ursachen und Auswirkungen). Erkennt die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter
einen solchen Zusammenhang nicht, obwohl überzeugende Gründe dafür vorliegen,
oder ist sie/er aus anderen Gründen nicht an der Durchführung des BEM interessiert,
sollte der Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter erläutert werden, warum der Betrieb eine
Handlungsnotwendigkeit in Bezug auf ihre/seine Arbeitsunfähigkeit sieht. Dazu gehört
auch, dass das betriebliche Anliegen einer adäquaten Leistungserbringung durch die
Mitarbeiterin/den Mitarbeiter verdeutlicht wird und eventuelle zukünftige arbeitsrecht
liche Schritte aufgezeigt werden.
6. Erklärt sich die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter zur Zusammenarbeit bereit, sollen nun in
einem offenen Gespräch mögliche Lösungsansätze erörtert werden. Um zu vereinba
rungsfähigen Lösungen zu gelangen, ist es wichtig, Vorschläge der Mitarbeiterin/des
Mitarbeiters anzuhören. Dabei gilt es, die betrieblichen Rahmenbedingungen und die
betrieblichen Möglichkeiten im Auge zu behalten. Darüber hinaus soll der Grundsatz
gelten, dass durch die Krankheit keine Besserstellung gegenüber anderen Mitarbeite
rinnen und Mitarbeitern erfolgt.
7. Nun sollen die nächsten Schritte besprochen und terminlich festgelegt werden, wie zum
Beispiel die Vorstellung des Falles im Integrationsteam (falls dies im Erstgespräch nicht
vollständig vertreten ist) oder die betriebsärztliche Abklärung.
8. Schließlich soll zum Ende des Gespräches die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter die Einver
ständniserklärung zum BEM und die Vereinbarung über den Schutz persönlicher Daten
unterschreiben. Falls die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter nicht zur Mitwirkung an Maßnah
men des BEM bereit ist, sollte dies schriftlich festgehalten werden (einschließlich der
Aufklärung der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters über mögliche Auswirkungen ihrer/seiner
Ablehnung) und der Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter ebenfalls zur Unterschrift vorgelegt
werden.
9. Zum Schluss dankt der Gesprächsführer der Runde für das Gespräch und der Mitarbei
terin/dem Mitarbeiter gegebenenfalls für ihren/seinen Willen zur Zusammenarbeit und
beendet das Erstgespräch.
6. Praxisteil
Name:
Vorname:
Personal-Nr.:
Vorgesetzter:
Das Unternehmen/die Dienststelle
vertreten durch (Name BEM-Beauftragter des Arbeitgebers bzw. Vertreterin/Vertreter des Arbeitgebers)
und (Name Mitarbeiter/Mitarbeiterin)
....................................................
....................................................
59
Erklärungen zum Datenschutz sowie Vereinbarung über den Schutz
persönlicher Daten im Rahmen von Maßnahmen des BEM
erklären und vereinbaren Folgendes zum Schutz personenbezogener Daten und über die
Mitwirkung am BEM:
Für den Arbeitgeber, vertreten durch wird erklärt,
dass sowohl alle datenschutzrechtlichen Bestimmungen als auch alle sonstigen Schwei
gepfl ichten (zum Beispiel § 203 StGB – Ärztliche Schweigepfl icht) bei der Durchführung
des BEM beachtet und sichergestellt werden.
Frau/Herr erklärt, dass sie/er über die Ziele und
das Verfahren eines BEM umfassend informiert worden ist.
Ich bin über die Freiwilligkeit, persönliche Angaben mitzuteilen, unterrichtet worden und
habe selbst die Möglichkeit, darüber zu entscheiden, wem diese Angaben zugänglich ge
macht werden.
Über die Speicherung und Nutzung mitgeteilter persönlicher Angaben zu BEM-Zwecken
wurde ich ebenfalls belehrt.
Sie/er willigt ein, dass ausschließlich die Angaben, die im Rahmen des BEM erhoben und
auf einem Datenblatt dokumentiert werden, den Mitgliedern des Integrationsteams, mit
deren Beteiligung sie/er einverstanden ist, zum Zwecke ihrer/seiner Eingliederung be
kannt gemacht werden.
Ihr/ihm wurde mitgeteilt, dass die Mitglieder des Integrationsteams zur Wahrung des Da
tengeheimnisses schriftlich verpflichtet wurden, und dass eine Verletzung dieser Geheim
haltungspflicht arbeits- und strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht.
Ärztliche Angaben zu Krankheitsdiagnosen werden nicht erfasst und auch nicht zur Per
sonalakte genommen.
6. Praxisteil
60
In die Personalakte werden im Rahmen eines BEM ausschließlich folgende Unterlagen
übernommen:
• Durchschrift des „Erstschreibens” und eventuell Vermerk über telefonischen oder per
sönlichen „Erstkontakt”
• Zustimmung beziehungsweise Ablehnung der/des Betroffenen
• Durchschrift der Erklärung zum Schutz personenbezogener Daten im Rahmen von Maß
nahmen des BEM
• Abschlussvermerk
Alle sonstigen Unterlagen und Dokumente (zum Beispiel Vermerke über vereinbarte Maß
nahmen; Protokolle über Arbeitsversuche; Verlauf und Ergebnis; Protokolle über Maßnah
men der stufenweisen Wiedereingliederung und weiteres), die im Zusammenhang des
BEM anfallen, werden außerhalb der Personalakte in einer separaten BEM-Akte geführt,
die spätestens drei Jahre nach Abschluss der Maßnahmen mit allen in ihr enthaltenen Da
ten vernichtet wird.
Alle erhobenen Daten werden ausschließlich für die Ziele genutzt, die für einen zu verein
barenden Maßnahmeplan gemeinsam erarbeitet werden.
Ich bin darüber unterrichtet, dass ich Einsicht in alle Unterlagen und Dokumente, die mei
ne Person betreffen, nehmen kann (dies bezieht sich nicht auf handschriftliche Aufzeich
nungen, die nicht Bestandteil einer Akte werden).
Mir ist bekannt, dass eine Weitergabe von BEM-Daten an Personen oder Stellen, die nicht
an dem BEM-Verfahren beteiligt sind (zum Beispiel Einrichtungen der Rehabilitation), nur
nach meiner vorherigen Zustimmung für den konkreten Einzelfall der Weitergabe erfolgt.
Ich bin darüber informiert, dass ich die Einwilligung zur Durchführung des BEM jederzeit
für die Zukunft widerrufen kann.
Ort, Datum Mitarbeiterin/Mitarbeiter Ort, Datum Unterschrift Arbeitgeber
6. Praxisteil
Datenblatt für das BEM
Name:
Vorname:
Personal-Nummer:
Kostenstelle:
Vorgesetzter:
Schicht:
Vollzeit/Teilzeit:
Geburtstag:
Betriebszugehörigkeit:
schwerbehindert/
gleichgestellt:
Ausbildung:
Tätigkeiten im Unternehmen:
Fehlzeiten:
Leistungseinschränkungen laut Betriebsarzt oder sonstiger ärztlicher Stellungnahme:
BEM-Erstkontakt am/durch:
BEM-Erstgespräch am/durch:
Einverständniserklärung für BEM liegt vor:
Sonstiges:
61
6. Praxisteil
Name:
Vorname:
Personal-Nummer:
Maßnahmen-Blatt BEM
Datum Maßnahme Ergebnis Zeichen
62
Checkliste zur Vorbereitung einer Fallbesprechung
1. Der Arbeitgeber beziehungsweise die Arbeitgebervertreter laden schriftlich diejenigen
ein, die im konkreten Fall am BEM beteiligt werden (Integrationsteam).
2. Der Arbeitgeber beziehungsweise eine von ihm beauftragte Person organisiert die Fall
besprechung, sodass die Räumlichkeit und eine entsprechende Ausstattung (zum Bei
spiel Flipchart, Beamer und sonstiges) zur Verfügung stehen.
3. Zur Vorbereitung auf die Fallbesprechung lässt der Arbeitgeber beziehungsweise eine
von ihm beauftragte Person den Mitgliedern des Integrationsteams vertraulich zu be
handelnde Informationen, die die Mitarbeiterin/den Mitarbeiter betreffen, zukommen,
wenn dafür die ausdrückliche Zustimmung der/des Beschäftigten vorliegt. Dazu zählen
formale Informationen wie das Datenblatt der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters zum BEM
und die Klärung des aktuellen Status der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters.
Auch Informationen, die die Mitarbeiterin/den Mitarbeiter konkret in Zusammenhang
mit ihrer/seiner Tätigkeit beziehungsweise ihrem/seinem Arbeitsplatz betreffen, sollen
für die Fallbesprechung vorbereitet werden. Dazu gehören vor allem auch diejenigen
Informationen, die dem Protokoll des Erstgespräches mit der Mitarbeiterin/dem Mitar
beiter entnommen werden können, zum Beispiel die Frage, welche möglichen Lösungs
ansätze bereits besprochen wurden, beziehungsweise welche sich unter Umständen
noch anbieten würden.
4. Auf der Grundlage dieser Informationen lassen sich bei der Fallbesprechung in der Re
gel bereits erste Aussagen zu folgenden Fragestellungen treffen:
: Liegt bezogen auf den Arbeitsplatz ein Fähigkeits- und Anforderungsprofil vor, und
kann eine Aussage darüber getroffen werden, ob die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter
adäquat eingesetzt ist?
: Kann die technische Ausstattung des Arbeitsplatzes verbessert werden?
: Können Arbeitsbelastungen verringert werden (durch organisatorische Verände
rungen, Technikeinsatz und sonstiges)?
6. Praxisteil
63
: Gibt es andere geeignete Einsatzmöglichkeiten?
: Gibt es Qualifizierungsbedarf?
: Wären externe Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation oder sonstige Leistun
gen zur Teilhabe sinnvoll?
Empfehlungen zur Gesprächsführung
Die Verantwortung für die Gesprächsführung liegt vorrangig beim Arbeitgeber. Die Ver
antwortung für das Gesprächsergebnis liegt bei allen Gesprächsbeteiligten. Das Gespräch
zur Klärung der Möglichkeiten zur Vermeidung beziehungsweise Überwindung der Ar
beitsunfähigkeit ist ein persönlicher Dialog. Er erfordert von allen Gesprächsbeteiligten
ein hohes Maß an Offenheit, Ehrlichkeit und Bereitschaft, sich auf die Sichtweise der be
ziehungsweise des anderen einzulassen.
Äußerer Ausdruck eines Dialogs sind regelmäßig wechselnde Gesprächsrichtungen und
eine ungefähr gleich verteilte Gesprächszeit. Ein Gespräch im Dialog zu führen heißt vor
allem,
6. Praxisteil
64
• die Gesprächspartnerin/den Gesprächspartner ernst zu nehmen,
• die Gesprächspartnerin/den Gesprächspartner nicht zu unterbrechen,
• der Gesprächspartnerin/dem Gesprächspartner zuzuhören,
• das Gespräch durch Fragen zu steuern,
• nicht mit vorgefassten Meinungen in das Gespräch zu gehen,
• zu beschreiben statt zu werten,
• die Richtung des Gesprächs offen zu lassen,
• die Ergebnisse des Gesprächs gemeinsam zu finden.
Grundregeln der Gesprächsführung sind:
• Das Gespräch sollte nicht unter Zeitdruck und zu ungünstigen Terminen wie Freitag
nachmittag oder gegen Feierabend stattfinden,
• Kern des Gesprächs ist es, die Situation des Gegenübers anzuerkennen und eventuelle
zukünftige Veränderungen gemeinsam zu klären.
• Es sollte keine Kritik an der Person geäußert werden.
• Es sollte kein unredliches Verhalten unterstellt werden.
• Wenn die Situation emotional zu geladen ist, sollte das Gespräch vertagt werden.
6. Praxisteil
Mitarbeiter:
Name:
Vorname:
Personal-Nummer:
Kostenstelle:
Vorgesetzter:
auf Kostenstelle:
zuständige
Führungskraft:
prinzipielle Eignung des Arbeitsplatzes geprüft durch: am:
Beginn Arbeitsversuch:
Ende Arbeitsversuch:
Ergebnis:
Arbeitsplatz geeignet
Arbeitsplatz nicht geeignet
Abbruch durch Mitarbeiter:
Grund:
Abbruch durch:
Grund:
Stellungnahme Betriebsarzt:
Datum, Unterschrift Führungskraft Arbeitsversuch
Datum, Unterschrift Mitarbeiterin/Mitarbeiter
65
Organisation und Protokoll Arbeitsversuch
Arbeitsversuch
6. Praxisteil
66
Hinweise zur Gestaltung einer Betriebs-oder Dienstvereinbarung zum BEM
In einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung zum BEM sollten folgende Punkte behandelt
werden:
1. Präambel
• gemeinsame Grundlage und gemeinsame Ziele von Arbeitgeber, betrieblicher Inte
ressenvertretung und Schwerbehindertenvertretung für das BEM im Betrieb
• gemeinsame Arbeit mit dieser Vereinbarung zum Wohl der Beschäftigten
• gemeinsame Weiterentwicklung
2. Ziele des BEM
• die in § 84 Absatz 2 SGB IX genannten Ziele
• Konkretisierung nach den betrieblichen Gegebenheiten
3. Geltungsbereich
gilt für alle Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter, nicht nur für schwerbehinderte oder gleich
gestellte
4. Maßnahmen zur Umsetzung
• Beauftragung: Integrationsteam, Betriebsarzt oder sonstiger BEM-Beauftragter
• Verantwortlichkeiten
• Erfassung von Arbeitsunfähigkeitszeiten, Bedarfsfeststellung, Auslösung des BEM
• Maßnahmen, betriebliche Angebote zur Eingliederung
• Koordination der Aktivitäten im Einzelfall
• übergreifende Maßnahmen: Sensibilisierung von Führungskräften, Information und
Kommunikation des Themas Eingliederung im Betrieb
5. Datenschutz
6. Geltungsdauer
Weiterführende Hinweise zur Gestaltung von Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sind zu
finden unter: www.iqpr.de
Vorschlag für eine Präsentation vor der Geschäftsleitung
1 BEM
Präsentation vor Geschäftsführung am
Was ist BEM?
Was ist BEM?
Gesetzliche Grundlage des BEM
Nutzen für den Betrieb
Organisation des BEM
Themen des BEM
Einführung
2
• ein Verfahren zur erfolgreichen Eingliederung langzeitkrankerMitarbeiterinnen und Mitarbeiter
• ein Ansatz zur Überwindung von AU, zur Vorbeugung von erneuterArbeitsunfähigkeit und zum Erhalt des Arbeitsplatzes
zum Beispiel durch:
• Umsetzung auf einen geeigneten Arbeitsplatz
• Arbeitsplatzanpassung (häufi g mit fi nanzieller Förderung)
• Maßnahmen zur besseren Qualifi zierung oder Rehabilitation desMitarbeiters
3 Gesetzliche Grundlage des BEM
Sozialgesetzbuch IX, § 84 Absatz 2
Was ist BEM?
Gesetzliche Grundlage des BEM
Nutzen für den Betrieb
Organisation des BEM
Themen des BEM
Einführung
„Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (BEM). (...) Die zuständige Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung, können die Klärung verlangen. Sie wachen darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpfl ichtungen erfüllt.”
6. Praxisteil
67
Welchen Nutzen hat der Betrieb vom BEM? 4
Was ist BEM?
Gesetzliche Grundlage des BEM
Nutzen für den Betrieb
Organisation des BEM
Themen des BEM
Einführung
1. Reduzierung von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
2. Frühzeitige Vorbereitung des Betriebes auf den demografischenWandel: älter werdende Belegschaft
3. Positive Auswirkungen auf Mitarbeiterzufriedenheiten und Identifikation mit dem Betrieb
4. Positiver Imagefaktor in der Region durch kompetente undweitblickende Personalarbeit
5. Inanspruchnahme externer Leistungen (Beratung, Förderleistungen)
6. Mehr Rechtssicherheit bei krankheitsbedingter Kündigung
Was ist BEM?
Gesetzliche Grundlage des BEM
Nutzen für den Betrieb
Organisation des BEM
Themen des BEM
Einführung
Wie kann BEM konkret organisiert werden? 5
• Regelung des BEM in einer Betriebsvereinbarung oder Integrationsvereinbarung
• Definition der Verfahren des BEM• Einrichten eines Integrationsteams• bei KMU: Benennen eines Beauftragten für BEM durch den Arbeit
geber• Kontakt mit Integrationsamt, Krankenkasse, Rentenversicherungs
träger und Information über das Vorhaben, BEM im Betriebeinzuführen
• Organisation der Einführung als Projekt
6. Praxisteil
68
Wo sollten wir noch ansetzen? 6
Was ist BEM?
Gesetzliche Grundlage des BEM
Nutzen für den Betrieb
Organisation des BEM
Themen des BEM
Einführung
• Maßnahmen zur Sensibilisierung und Schulung von Führungskräften zum professionellen Umgang mit häufig oder langzeitkrankenMitarbeiterinnen/Mitarbeitern
• Maßnahmen zur ausreichenden Berücksichtigung der demografischen Veränderungen in der Belegschaft bei der Planung und Einrichtung von Arbeitsplätzen oder bei der Vergabe von Tätigkeiten
• Maßnahmen zur generellen Gesundheitsprävention im Betrieb(betriebliches Gesundheitsmanagement)
Einführung des BEM als Projekt
Was ist BEM?
Gesetzliche Grundlage des BEM
Nutzen für den Betrieb
Organisation des BEM
Themen des BEM
Einführung
7
• Auftrag durch die Geschäftsleitung• Einrichtung eines „Projektteams BEM”
Zusammensetzung:Personalabteilung, Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung,Betriebsarzt, Arbeitssicherheit, Vertreter aller wichtigen BetriebsbereicheArbeitsweise:Regelmäßig, zum Beispiel alle vier WochenAufgabe:• Einführung des BEM im Betrieb• Erfolgskontrolle• Entwickeln geeigneter BEM-Verfahren für den Betrieb• Entwicklung von Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen
für Führungskräfte• Vorbereitung einer Betriebsvereinbarung für BEM oder
Aufnahme von BEM in die Integrationsvereinbarung
6. Praxisteil
69
Abkürzungsverzeichnis
70
Abkürzungsverzeichnis
ArbGG Arbeitsgerichtsgesetz
ASiG Arbeitssicherheitsgesetz
AU Arbeitsunfähigkeit
BAG Bundesarbeitsgericht
BDSG Bundesdatenschutzgesetz
BEM Betriebliches Eingliederungsmanagement
BetrVG Betriebsverfassungsgesetz
BGH Bundesgerichtshof
BIH Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen
BPersVG Bundespersonalvertretungsgesetz
br Behindertenrecht, Fachzeitschrift für Fragen der Rehabilitation
BV Betriebsvereinbarung
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
DV Dienstvereinbarung
HDSG Hessisches Datenschutzgesetz
HPVG Hessisches Personalvertretungsgesetz
IFD Integrationsfachdienst
IV Integrationsvereinbarung
KMU Klein- und Mittelunternehmen
KSchG Kündigungsschutzgesetz
LAG Landesarbeitsgericht
öD Öffentlicher Dienst
OVG Oberverwaltungsgericht
sb schwerbehindert
SBV Schwerbehindertenvertretung
SGB IX Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch
StGB Strafgesetzbuch
VG Verwaltungsgericht
E-Mail: [email protected]
Internet: www.integrationsamt-hessen.de www.integrationsaemter.de