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Gute Arbeit bei Entwicklungsdienstleistern Mit Betriebsrat und Tarifvertrag gestalten

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Gute Arbeit bei EntwicklungsdienstleisternMit Betriebsrat und Tarifvertrag gestalten

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Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Innovation ist der Schlüssel für den Erfolg der Industrie in Deutschland. Die Beschäftigten bei Entwicklungsdienstleistern haben einen enormen Anteil an diesem Erfolg. Während die Industrieunternehmen ihre Aufwendungen für interne Forschungs- und Entwicklungs- auf gaben in den letzten 20 Jahren verdoppelt haben, stiegen die externen Aufwendungen in diesem Bereich um ein Vierfaches. So sind Ent-wicklungsdienstleister zu einer Branche heran-gewachsen, die bei der Entwicklung neuer Tech-nologien und Produkte unverzichtbar geworden ist, zum Beispiel in der Automobil- und Zuliefer-industrie oder in der Luft- und Raumfahrt.

Entwicklungsdienstleister haben heute ihren festen Platz in den Wertschöpfungsketten dieser Industriebranchen. Hier werden innovative Pro-zesse und Techniken erforscht, neue Produkte entwickelt oder zur Marktreife gebracht und neue Geschäftsfelder erschlossen. Damit sorgen die Beschäftigten bei Entwicklungsdienstleis-tern dafür, dass Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben und Arbeitsplätze sicher sind.

Christiane Benner Geschäftsführendes Vorstandsmitglied

» Wir fordern gute Arbeitsbedingungen

für alle, die in der Forschung und Entwicklung tätig sind.«

Vorwort

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Das Zusammenspiel von Industrie und spezia-lisierten Entwicklungsdienstleistern kann eine Bereicherung für unsere Branchen sein – wenn die Bedingungen stimmen. Das ist allerdings noch längst keine Selbstverständlichkeit. Denn Industrieunternehmen greifen nicht nur auf Ent-wicklungsdienstleister zurück, weil sie externes Expertenwissen benötigen oder zeitlich befris- tete Projekte stemmen müssen. Oft geht es schlicht um Kostenersparnis. Unternehmen wol-len hochqualifizierte Tätigkeiten billig einkau-fen. Und nicht wenige Entwicklungsdienstleister lassen sich auf diesen Deal ein.

Den Preis zahlen die Beschäftigten bei diesen Dienstleistern: in Form von fehlender Planungs-sicherheit, mangelnden Qualifizierungsange-boten und oft überbordender Arbeitsbelastung mit ausufernden Arbeitszeiten.

Das ist ein Irrweg. Echte Innovation gibt es auf Dauer nur mit Respekt und Wertschätzung. Dafür setzt sich die IG Metall ein. Wir fordern gute Arbeitsbedingungen für alle, die in der Forschung und Entwicklung tätig sind  – egal

auf welcher Vertragsgrundlage. Wir wollen, dass aus der Wertschöpfungskette eine Wert-schätzungskette wird. Mit der IG  Metall- Kam pagne »Arbeit: sicher und fair« treten wir für gute Arbeitsbedingungen ein.

Die Beschäftigten bei Entwicklungsdienstleis-tern müssen sich täglich höchsten Anforderun-gen stellen. Sie haben auch die höchsten Stan-dards bei ihren Arbeitsbedingungen verdient. Aber die gibt es nur mit Betriebsrat und Tarif-verträgen. Das zeigen zahlreiche Beispiele. Drei davon stellen wir in dieser Broschüre vor.

Darauf wollen wir gemeinsam aufbauen und bei weiteren Entwicklungsdienstleistern Beschäf-tigte unterstützen, Betriebsräte zu gründen und Tarifverträge durchzusetzen. Mit der IG Metall haben die Beschäftigten der Entwicklungsdienst-leister dabei einen kompetenten und zuverläs-sigen Partner.

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Bereicherung der Wertschöpfungs - kette – mit Licht- und Schattenseiten

Entwicklungsdienstleister

Die Industrie ist der Innovationsmotor Deutschlands: Ein Großteil aller Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) wird hier getätigt. Das gilt besonders für die Metall- und Elektroindustrie. Seit Mitte der 90-er Jahre gehen große Unternehmen jedoch verstärkt dazu über, F&E-Aufträ-ge an externe Ingenieurbüros zu vergeben. Diese Entwicklungsdienstleis-ter (EDL) erledigen Aufgaben, die für den immer komplexer werdenden Produktentstehungsprozess unverzichtbar sind. Die Tätigkeiten der rund 100.000 EDL-Beschäftigten reichen von Vorentwicklung und Design über die Komponentenkonstruktion bis hin zu Simulation und Testing.

Die Gründe für die Fremdvergaben sind viel-fältig: Teils ist das für neue Aufgaben benötigte Know-how in den eigenen Entwicklungsabtei-lungen nicht verfügbar, teils wollen es die Her-steller schlicht vermeiden, ihr eigenes Personal aufzustocken. Einige nutzen die Fremdverga-be gezielt dazu, ihre Stammbelegschaften und Personalkosten zu reduzieren. Ein Absinken des Lohnniveaus und die Verschlechterung von Ar-beitsbedingungen sind vielfach eine Folge, die billigend in Kauf genommen wird.

Eine wachsende Branche

Im Zuge dieses Trends ist eine ganze Branche von Entwicklungsdienstleistern herangewach-sen. Sie besteht aus vielen hundert sehr kleinen Ingenieurbüros, mittelgroßen Entwicklungs-spezialisten, aber auch Global Playern. In Deu tschland entfallen etwa 70  Prozent des EDL-Markts auf automotive engineering. Das entspricht ca. zwölf Prozent der gesamten Ent-wicklungswertschöpfung in diesem Kernsektor.

Die Projektaufträge werden meist größtenteils als Werk- und Dienstverträge ver geben. Viele Entwicklungsdienstleister arbeiten langfristig für ein und dieselben Auftrag geber. Oft auch auf deren Betriebsgelände, immer häufiger aber in eigenen Räumlichkeiten. Einige der Dienst-leister haben inzwischen etablierte Mitbestim-mungsstrukturen und Tarifverträge – bislang ist dies aber eine Minderheit. Beschäftigtenbefra-gungen und wissenschaft liche Untersuchungen zeigen, dass es innerhalb der Branche erhebliche Unterschiede bei Bezahlung und Arbeitsbedin-gungen gibt.

Lohndumping nicht akzeptabel

Die Vergabe von Ingenieursdienstleistungen an externe Firmen kann durchaus sinnvoll und legitim sein. Das gilt etwa, wenn ein Hersteller nicht selbst über das entsprechende Experten-wissen verfügt und es sich um zeitlich befristete Projekte handelt.

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In vielen Fällen ist eine Fremdvergabe aus Sicht der IG  Metall jedoch nicht akzeptabel. Die IG Metall ist gegen Fremdvergabe, wenn

Arbeitsbedingungen verschlechtert werden sollen,

das Lohnniveau abgesenkt werden soll und

durch die Fremdvergabe in Kernkompetenzen eingegriffen wird, weil Entwicklungs-Know-how der Stammbelegschaft verloren geht, Wettbewerbsvorteile zerstört werden oder die Produktqualität mittelfristig gefährdet ist.

IG Metall für Mitbestimmung und gute Löhne Für die IG Metall sind die Entwicklungsdienst-leister ein wichtiger Teil und eine Bereicherung der industriellen Wertschöpfungskette. Ihre Beschäftigten machen eine hochqualifizierte und wertvolle Arbeit. Den Industriebetrieben dienen sie als Innovationsquelle. Das muss re-spektiert und entsprechend honoriert werden.

Entwicklungsdienstleister dürfen aber keine mitbestimmungsfreien Zonen sein. Betriebsräte und Tarifverträge sind ein wichtiger Schutz für die Beschäftigten und bieten zahlreiche Gestal-tungsinstrumente zur Verbesserung der Arbeits- bedingungen.

Quelle: Unternehmensangaben, eigene Recherche, © Automobilwoche 05/2015

Die zehn beschäftigungsstärksten Entwicklungsdienstleister Deutschlands 2014

Rang Unternehmen Mitarbeiter Entwicklungsschwerpunkte

1 Bertrandt 11.000 Karosserie-/Interieurentw., Elektronik, Antrieb, Absicherung

2 Edag Engineering 7.800 Gesamtfzg., Produktionsanl., Leichtbau, E-Mobility/ Car-IT

3 IAV 6.300 Antriebsstrang-, Elektronik- und Fahrzeugentwicklung

4 MBtech Group / Akka (F) 4.000 Gesamtfzg., Motor- und Antriebsstr., E/E, Elektromob.

5 FEV 3.200 Motoren, alternative Antriebe, E/E-Mess- und Prüftechnik

6 Semcon 3.000 Karosserie-Derivate und Module, Powertrain, E/E

7 Bosch Engineering 1.950 Software- u. Funktionsentw., Vernetzung, E/E-Systeme

8 Continental Engineering 1.125 Chassis-, Antriebs- und Interieurelektroniksysteme, Musterbau

9 ETAS 930 Embedded Systems, Engineering, Consulting, Training

10 Mahle Powertrain 608 Entwicklung & Simulation, Prüftechnik, Kleinserienprod.

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»Audi hat, wenn Werkverträge mit Unternehmen der industriellen Dienstleistung abgeschlossen werden, eine hohe Verantwortung gegenüber der Stammbelegschaft. Es darf kein Arbeitsplatz bei Audi in Ingolstadt durch Werkverträge gefährdet werden. Die Ent- wicklungs- und Karrierewege dürfen nicht abgeschnitten werden. Gleichzeitig haben wir das Ziel, dass Beschäftigte, die über Werk- verträge am Standort Ingolstadt bei Audi arbeiten, gut in der IG Metall organisiert sind, dass sie Anspruch auf gleiches Entgelt und gleiche Arbeitsbedingungen wie die Stammbelegschaft haben.Auch die Infrastruktur wie z. B. Verpflegung, Parkplätze und Ar- beitssicherheit muss für Audianer wie Werkverträgler dem Audi-Standard entsprechen.«

Jörg Schlagbauer

IG Metall-Vertrauenskörperleiter

Audi Ingolstadt

Beispiel PSW

PSW wurde 1988 von drei Ingenieuren als klas-sisches Ingenieurbüro gegründet. Das Unter-nehmen wuchs schnell, aber einen Betriebsrat gab es nicht. Das änderte sich erst 2011, als der Ingolstädter Automobilbauer Audi 91 Prozent der Anteile an PSW übernahm. »Als wir zur Be-teiligungsgesellschaft wurden, war uns klar, dass wir einen Betriebsrat brauchen«, sagt Betriebs-ratsvorsitzender Jens Nuthmann.

Bei der Wahl gab es keine Probleme. »Im Gegen-teil, wir wurden von A bis Z unterstützt, insbe-sondere durch die IG Metall-Verwaltungsstelle hier in Ingolstadt«, so Nuthmann. Aber auch die Geschäftsführung begrüßte die Gründung eines Betriebsrats.

Der Metaller Nuthmann vertritt mit seinen zwölf Betriebsratskollegen die Interessen von inzwi-schen 850 Beschäftigten am Standort Gaimers-heim bei Ingolstadt. PSW bearbeitet für Audi komplexe Projektentwicklungen vom Konzept bis zur Serienreife. Spezialisiert ist das EDL-

Unternehmen, das heute zu 97 Prozent zum In-golstädter Autobauer gehört, auf Abwandlungen von Modellreihen, sogenannte Derivate.

Erreicht haben die Kollegen schon eine Menge. So gibt es etwa eine Regelung zur Rufbereitschaft. Auch die Privatnutzung von Internet und Diensthandys ist einheitlich geregelt. Aktuell wird mit der Geschäftsführung über eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit verhandelt. Für die Beschäftigten ein wichtiges Thema, weil es um die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben geht.

Trotz der Erfolge gibt es noch »Luft nach oben«, etwa bei der Transparenz der Entgeltgestaltung. Noch immer werden die meisten Gehälter in-dividuell ausgehandelt. Wohin es gehen soll ist klar: ein verbindlicher Tarifvertrag für alle. Seit Februar wird verhandelt. Wie dieser aussehen soll, davon gibt es bei Belegschaft und IG Metall eine klare Vorstellung: »Ziel ist der Flächentarif-vertrag Bayern.«

Nächster Schritt Tarifvertrag

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Beispiel MBtech

»Das Beste oder nichts«

»MBtech war gewachsen, Daimler in der Krise. Betriebsratswahlen einzuleiten, wurde drin-gend nötig.« Volker Sobanski erinnert sich noch genau an die Wahl des Betriebsrats im April 2009. Das Engineeringunternehmen war 1995 als 100-prozentige Tochter der Daimler AG gegründet worden. Als der Mutterkonzern ab 2008 von der globalen Wirtschaftskrise erfasst wurde, standen auch bei MBtech Personalkür-zungen auf dem Programm. Die Unsicherheit in der Belegschaft war groß. Dank des Betriebs-rats konnten Entlassungen verhindert werden. Sobanski und seine Kollegen einigten sich mit der Geschäftsführung auf eine Vereinbarung zur Kurzarbeit.

Tarifvertrag durchgesetzt

Der nächste Schritt war der Tarifvertrag. »Wir wollten die Abkoppelung von den Flächentarif- erhöhungen nicht mehr hinnehmen«, erzählt der Vorsitzende des Betriebsrats Sobanski. Um die Geschäftsführung zu überzeugen, or-ganisierten Belegschaft und IG Metall zwei »Lunchwalks«. Das Motto: »MBtech goes Tarif: das Beste oder nichts«. Dass eine gemeinsame Entgeltregelung gut fürs Unternehmen ist, sieht inzwischen auch die Geschäftsführung so. Auf Recruiting-Messen wirbt sie mit dem Hausta-rifvertrag um Nachwuchs.

Erfolgreiche Verhandlungen

Auch der Betriebsrat hält die Einführung eines fairen Entgeltmodells für einen Erfolg. Er sieht aber noch Probleme. Die interne Entgeltsprei-zung ist noch immer sehr hoch. Das gilt be-sonders für den kleinen Bereich der bis zu 200 Versuchsfahrer, die oftmals mit befristeten Verträgen arbeiten. »Hier muss stark nachge-bessert werden«, fordert Sobanski. Inzwischen wird über einen Rahmentarifvertrag für die 3.000 Beschäftigten verhandelt. Die Erfolgs-chancen stehen gut: Die Sondierungsgespräche zwischen MBtech, seit 2012 zur französischen AKKA Group gehörend, und der IG Metall sind bereits abgeschlossen.

Für ihren Haustarifvertrag mussten die Kolleginnen und Kollegen von MBtech in Sindelfingen kämpfen. Heute wirbt das Unternehmen mit der Vereinbarung auf Recruiting-Messen um Nachwuchs. Die Belegschaft setzt sich jetzt für einen Rahmentarifvertrag ein.

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Trendsetter bei Arbeitnehmerstandards

Der Entwicklungsdienstleister IAV ist Vorreiter: Die VW-Tochter setzt bereits seit Mitte der 80-er Jahre auf Mitbestimmung und tarifliche Regelungen. Das bringt nicht nur faire Löhne und Sicherheit für die Beschäftigten. Die Belegschaft nimmt auch Einfluss auf betriebliche Qualifizierungsangebote.

»Weiter zu sein als alle anderen«: Der Anspruch der Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr (IAV) bezieht sich nicht nur auf die Komplett-lösungen, die von den insgesamt 6.300 Beschäf-tigten täglich für Powertrain- und Fahrzeug-entwicklungen erarbeitet werden. Auch beim Thema Arbeitnehmerstandards ist IAV in der Branche ganz vorn mit dabei. Und das seit fast 30 Jahren. 1983 startete das Unternehmen als kleine Ausgründung der Technischen Univer-sität Berlin, drei Jahre später stieg VW ein. Mit den Wolfsburgern hielt auch die Mitbestim-mung Einzug. Bereits drei Jahre nach der Be-triebsratsgründung konnte mit Unterstützung der IG Metall ein Haustarifvertrag abgeschlos-sen werden.

IAV mit Hauptsitz in Berlin war damit Vorreiter in einer bis dahin praktisch »tariffreien« Bran-che. »Als erster IG Metall-Tarifvertrag bei einem Ingenieurdienstleister ist der Haustarifvertrag bei IAV natürlich etwas Besonderes. Seit über 25 Jahren bestehen damit für die Kolleginnen und Kollegen transparente und verbind liche Regelungen für die Vergütungsstruktur und die Arbeitsbedingungen«, sagt Garnet Alps,

für die IG Metall Mitglied im Aufsichtsrat des Unternehmens. »Mit dem Tarifvertrag gibt es eine kontinuierliche Entwicklung der Entgelte. All das wurde gemeinsam erreicht.«

Gelebte Mitbestimmung

Dank Betriebsratswahl und Haustarifvertrag ist es gelungen, den Anschluss an die Einkom-mensentwicklung bei VW zu behalten. Für den Betriebsratsvorsitzenden Mark Bäcker spielt aber nicht nur die Lohnhöhe eine Rolle: »Wir haben hier gelebte Mitbestimmung. Es geht um kollektive Regelungen, nicht darum, was Einzelkämpfer herausholen können.« Dies gilt nicht nur für den Betrieb, sondern für die ge-samte Verwaltungsstelle Wolfsburg. Hier setzt sich Bäcker im Ortsvorstand der IG Metall für die Interessen der Kolleginnen und Kollegen im Engineering ein.

Zudem erwies sich der Tarifvertrag als verläss-liches Instrument in Krisenzeiten. Und schwie-rige Phasen gab es seit 1993, einige bei VW und IAV. Orientierung holte man sich bei der Konzernmutter in Wolfsburg. Dort reagierten

Beispiel IAV

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»Volkswagen arbeitet mit Entwicklungsdienstleistern gut zusam-men. Genau wie für Automobilhersteller müssen jedoch auch für Engineeringdienstleister korrekte Arbeitsbedingungen und Mitbe-stimmungsrechte gelten. Zwar gibt es einige wenige, die mit gutem Beispiel vorangehen, wie z. B. IAV, doch dies ist eher die Aus-nahme. Bei den anderen Dienstleistern werden wir als IG Metall auf den Ausbau der Mitbestimmung und die Durchsetzung von Tarifverträgen drängen.«

Betriebsrat und Unternehmensführung mit der Vier-Tage-Woche auf Absatzrückgänge. Bei IAV gelang es, mit einem flexiblen Arbeitszeitkorri-dor von 32 bis 40 Stunden die Krisenfolgen ab-zumildern. Stolz ist man auch auf die Betriebs-vereinbarung zur Leiharbeit. Sie garantiert eine Übernahme nach zwei Jahren und Equal Pay.

Neue Aufgabenbereiche

Wie in der gesamten EDL-Branche sorgt sich auch der IAV-Betriebsrat um die ungeklärte politische Regulierung der Werkverträge. Da-durch gestaltet sich etwa die Freigabe der Las-tenhefte für 2016 sehr langwierig. Hier braucht es dringend eine Entscheidung der Politik.

Darüber hinaus wird sehr viel gearbeitet und entsprechend hoch ist die Zahl der Überstun-den. Laut Bäcker ist die Arbeit bei EDL-Unter-

nehmen manchmal sogar »selbstgefährdend«. Deshalb will er mit seinen Kollegen die Arbeits-zeitregelungen im Tarifvertrag verbessern. Be-sonders das alte Modell mit Kernzeiten soll kri-tisch überdacht werden: »Wir hoffen, im Herbst 2015 einen neuen Entwurf vorzulegen.«

Ein wichtiger Aufgabenbereich für den Be-triebsrat ist aktuell die Weiterbildung. Wenn Kollegen zu Kunden fahren, müssen sie mit dem gesamten Projektablauf vertraut sein. Dafür bedarf es umfangreicher Einarbeitung – doch die ist teuer. Der Betriebsrat setzt auch hier auf Mitbestimmung. Ähnlich wie in Wolfsburg wurde auch bei IAV ein Beteiligungsverfahren etabliert. Dieses ermöglicht allen Beschäftigten, ihre Verbesserungsvorschläge beim Betriebsrat einzureichen. Die Ideen werden gebündelt und an die Geschäftsführung weitergereicht.

Bernd Osterloh

Vorsitzender des Gesamt- und Konzern-

betriebsrats der Volkswagen AG

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IG Metall – kompetent, engagiert und aktiv

Die IG Metall steht für gute Arbeit – auch in Forschung und Entwicklung. Ingenieurinnen und Ingenieure, technische Expertinnen und Experten können sich auf die IG Metall als starken und kompetenten Partner verlassen. Das gilt selbstverständlich auch dann, wenn sie bei einem Entwicklungsdienstleister be-schäftigt sind.

Denn:

Die IG Metall ist in allen Bereichen der Me-tall- und Elektroindustrie zu Hause. Wir sind die Experten in Sachen Arbeit. Darum schät-zen Ingenieure und technische Experten die IG  Metall als starke Gewerkschaft, die ihre Herausforderungen und Anliegen versteht und sie gemeinsam mit ihnen auch durchset-zen kann.

Der Großteil der F&E-Aufgaben wird immer noch innerhalb der Industrieunternehmen er-bracht. Hier werden die Beschäftigten in der Regel durch die IG Metall vertreten und durch unsere Tarifverträge abgesichert. Dadurch gelten hohe Standards, was Arbeitsbedingun-gen, Entgelt und Mitbestimmung angeht. Was für die Entwicklungsabteilungen der Indust-rieunternehmen gilt, muss auch für die Kolle-ginnen und Kollegen bei Entwicklungsdienst-leistern gelten.

Immer mehr Beschäftigte von Entwick-lungsdienstleistern organisieren sich in der IG  Metall, um gemeinsam ihre Arbeitsbe-dingungen zu verbessern. Gemeinsam mit Betriebsräten der Kundenbetriebe aus der In-dustrie und mit Unterstützung der IG Metall erreichen sie deutliche Verbesserungen für ihre Arbeitsbedingungen.

Trotz dieser Erfolge gibt es immer noch viele Entwicklungsdienstleister ohne Mitbestim-mungsstrukturen und ohne Tarifverträge, die Arbeitsbedingungen transparent und verbind-lich regeln. Hinzu kommt der Trend, Entwick-lungsarbeiten ausschließlich aus Kostengrün-den auszulagern. Das heißt für uns Metallerinnen und Metaller:

Frühzeitig einmischen und im Betrieb Druck machen, wenn F&E-Aufgaben an Billiganbie-ter vergeben werden sollen.

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»Im Ford-Entwicklungszentrum haben wir als Angestelltenbe-triebsräte bereits vor Jahren mit der kritischen Analyse der Fremd-vergabe von Entwicklungsdienstleistungen begonnen. Im Zuge unserer Analyse und unter Einbindung unserer IG Metall-Vertrau-ensleute konnten wir nach langen Verhandlungen eine Betriebs-vereinbarung durchsetzen. Auf Basis der tariflichen Grundlagen konnten wir so die Lebensperspektiven der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeiternehmer deutlich verbessern. Fast 1.000 Über-nahmen in drei Jahren sind aus unserer Sicht das Beste, was wir als Betriebsräte für die von Leiharbeit betroffenen Kolleginnen und Kollegen durchsetzen konnten. Die Anerkennung für unsere erfolgreiche Arbeit zeigt sich im tollen Betriebsratswahlergebnis von 2014 sowie in der positiven Mitgliederentwicklung.«

»Auch als großer OEM kann man nicht alles selbst machen – haben wir auch nie gemacht. Aber wenn EDL über Werkverträge nur deswegen beauftragt werden, damit es billiger wird, läuft etwas falsch. Wir als IG Metall konnten – auch wenn es noch viel zu tun gibt – für uns als Stammbelegschaft viele Verbesserungen erreichen. Diese Erfolge dürfen nicht durch Fremdvergaben un-terlaufen werden. Deshalb stehen wir für den Grundsatz: ›Eigen-entwicklung statt Fremdvergabe‹. Das richtet sich nicht gegen die Beschäftigten der EDL, sondern gegen Billig-Vergaben. Denn die gehen zu Lasten aller Beschäftigten.«

Monika Tielsch

Betriebsrätin in der Forschung

und Entwicklung bei Daimler

Sindelfingen

Uwe Pelzer

Betriebsrat in der Entwicklung

bei der Ford-Werke GmbH in

Köln

Gut vernetzt

In der IG Metall sind Betriebsräte von Entwick-lungsdienstleistern bundesweit gut vernetzt. Im »Arbeitskreis Entwicklungsdienstleister« treffen sich mehr als sechzig ehrenamtliche Metallerinnen und Metaller zum regelmäßigen Erfahrungsaustausch. Im Mittelpunkt der Treffen stehen aktuelle Entwick-lungen in der Branche und den Betrieben, praktische Fragestellungen zur Betriebs- und Tarifpolitik sowie vertiefende Seminare, etwa zum mobilen Arbeiten.

Kontakt: [email protected], IG Metall-Vorstand Ressort Angestellte, IT, Studierende

Beschäftigte bei Entwicklungsdienstleistern dabei unterstützen, sich zu organisieren und ihre Interessen durchzusetzen.

Die Zusammenarbeit zwischen Betriebsräten auf Kunden- und Dienstleistungsseite aus-bauen. Das schafft Transparenz und stärkt die Durchsetzungskraft.

Für gute Arbeitsbedingungen im Engineering-Bereich!

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Herausgeber

IG Metall-Vorstand

Wilhelm-Leuschner-Straße 79

60329 Frankfurt am Main

E-Mail: [email protected]

www.igmetall.de

3328

9-59

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Bildnachweise

Titel: © sturti / istockphoto.com,

Seite 2, 6, 7, 9, 10, 11: © IG Metall