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Grundlagen des Betriebsübergangs nach § 613a BGB Ein Jahr Schonfrist, wer widerspricht da schon? Hartmut Vöhringer

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Grundlagen desBetriebsübergangs nach

§ 613a BGB

Ein Jahr Schonfrist, wer widerspricht da schon?

Hartmut Vöhringer

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Gliederung

1. Schutzzweck des § 613a BGB

2. Voraussetzungen des § 613a BGB

3. Rechtsfolgen bei Betriebsübergang

4. Folgerung

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Schutzzweck des § 613 a BGB

• Schutz bestehender Arbeitsverhältnisse

• Kontinuität der Arbeitnehmervertretung

• Regelung und Verteilung der Haftung zwischen Betriebsveräußerer und Betriebserwerber

• Aufrechterhaltung kollektivrechtlich geregelter Arbeitsbedingungen

• Erhaltung des sozialen Besitzstandes (Betriebszugehörigkeit)

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Voraussetzungen des § 613a BGB

• § 613a Absatz 1 Satz 1 BGB

• „Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden AV ein.“

• Betrieb oder Betriebsteil

• Übergang

• durch Rechtsgeschäft

• auf einen anderen Inhaber

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Betrieb oder Betriebsteil

• eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit

• Einheit: organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen

• zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung

• Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich

• Betriebsteil reicht aus

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Zusätzliche Anforderungen an einen Betriebsteil

• Teileinheit oder Teilorganisation eines Betriebes

• Betriebsmittel stellen organisatorische Untergliederung des

• Gesamtbetriebs dar, mit der ein Teilzweck verfolgt wird

• Inhaber kann damit bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgen

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Übergang

• Wechsel des Inhabers• Einstellung wirtschaftlicher Betätigung im Betrieb• Tatsächliche Fortführung durch Übernehmer• Wahrung der Identität• Beispiele:

(+) bei gleich bleibendem Warensortiment(-) Betriebswerber bietet statt deutscher Küche

arabische Spezialitäten an(-) Möbeleinzelhandel hatte früher Vollsortiment und

später nur Abholverkauf von Einzelstücken zu Discountpreisen

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Kriterien des Übergangs: Sieben-Punkte Prüfung

1. Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs (-teils)2. Übergang der materiellen Betriebsmittel

(Gebäude; bewegliche Güter)3. Wert der übergehenden immateriellen

Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs4. Übernahme der Hauptbelegschaft durch

den neuen Inhaber5. Übergang der Kunden- und Lieferantenbeziehungen6. Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem

Übergang verrichteten Tätigkeiten7. Dauer einer Unterbrechung dieser Tätigkeit

Wertende Gesamtbetrachtung

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Streitfall

• Funktionsnachfolge

• Fortführung einer bestimmten Tätigkeit durch einen Auftragnehmer

• Keine „Organisationstruktur“ im Sinne einer auf Dauer wirtschaftlich angelegten Einheit

• Kein Betriebsübergang

• Äußerst schwierige Abgrenzung mit umfangreicher Rechtsprechung

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Durch Rechtsgeschäft…

• Übergang im Rahmen vertraglicher Beziehungen (z.B. Kaufvertrag, aber auch sich ablösende Dienstverträge)

• Betriebliche Fortführungsmöglichkeit für Erwerber

• Keine unmittelbare vertragliche Beziehung erforderlich

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…auf einen neuen Inhaber

• Wechsel der Rechtspersönlichkeit

• möglicher neuer Inhaber: – jede natürliche Person

– oder Personengesellschaft

• Wechsel des Namens oder der Rechtsform ist kein Inhaberwechsel (§§ 190 ff. UmwG)

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Rechtsfolgen bei Betriebsübergang

Überblick

• Eintritt in Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses

• Fortgeltung Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen

• Gesamtschuldnerische Haftung

• Kein Kündigungsrecht des Arbeitgebers wegen Übergang

• Unterrichtungspflicht

• Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers

• Abweichende Vereinbarungen von § 613a I BGB

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Eintritt in Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses

• Vertragspartnerwechsel auf Arbeitgeberseite

• Erfasste Arbeitsverhältnisse

• Zuordnung der Arbeitnehmer beim Teilbetriebsübergang:

• Tatsächliche Eingliederung entscheidend

• Beurteilung nach objektiven Kriterien

• Überwiegende Tätigkeit vor dem Betriebsübergang

• Unmöglichkeit der Zuordnung: Wahlrecht– freigestellte Betriebsräte?

– Indirekte Arbeitnehmer?

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Grundsätzliche Folge

• Löhne, Gratifikationen, Sonderleistungen bleiben in entsprechender Höhe bestehen

• Betriebserwerber hat Anspruch auf Arbeitsleistung und sämtliche Nebenansprüche

• Urlaubsanspruch ist in voller Höhe zu gewähren

• betriebliche Altersversorgung ist weiter zu führen

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Fortgeltung Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen

Grundsätzlich:• Individualrechtliche Weitergeltung für mindestens 1

Jahr• Ausnahme:• Vorrang von Tarifvertrag und Betriebsvereinbarungen,• die beim Betriebserwerber gelten• Praxisprobleme:• Tarifwechsel?• Arbeitsvertragliche Bezugnahmeklauseln?• Auswirkung auf Betriebsvereinbarungen?• Achtung: Mindestlohn (Gebäudereinigung)?

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Gesamtschuldnerische Haftung

• §§ 421, 426 BGB = nach Außen gemeinsam haften, Ausgleich nur im Innenverhältnis zu leisten

• Haftung des Betriebsveräußerers• bei Entstehung des Anspruchs vor Zeitpunkt

des• Betriebsübergangs und Fälligkeit vor Ablauf

von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt• begrenzter Haftungsumfang bei Fälligkeit

nach Zeitpunkt des Übergangs

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Haftung des Betriebserwerbers

• Übernahme aller arbeitsrechtlichen Altlasten im Außenverhältnis (z.B. Schadenersatzansprüche)

• dazu gehören in der Vergangenheit entstandene noch nicht erfüllte Ansprüche

• Bestand des Arbeitsverhältnisses bei der Übernahme

• Empfehlung: klare Regelung für das Innenverhältnis in der Übernahmevereinbarung vorsehen

• ansonsten gilt gesetzliche Regelung des § 426 BGB.

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Kein Kündigungsrecht wegen Übergang

• Kündigung aus anderen Gründen bleibt möglich

• Umgehung durch Aufhebungsvertrag?

• Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages bei Umgehung des Bestandsschutzes

• echte Beendigung ist möglich

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Unterrichtungspflicht

• Textform• vor Betriebsübergang• hohe Anforderungen an Inhalt: vollständige und

zutreffende Information– Zeitpunkt und Grund des Betriebsübergangs– rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen für Arbeitnehmer– hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommene

Maßnahmen

• Folgen einer unzureichenden oder verspäteten Unterrichtung– Schadensersatzpflichten– kein Beginn der Widerrufsfrist

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Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers

• gegenüber Betriebsveräußerer oder Betriebserwerber

• in Schriftform

• keine Angabe von Gründen erforderlich

• innerhalb eines Monats nach Zugang der (rechtlich wirksamen!) Unterrichtung

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Folgen des Widerspruchs:

• Kein Übergang des Arbeitsverhältnisses

• Verbleib des Arbeitsverhältnisses beim Betriebsveräußerer

• Kein Widerruf des Widerspruchs

• Kündigungsmöglichkeit des Veräußerers

• ggf. Verlust des Sozialplananspruchs

• ggf. Sperrzeit für Arbeitslosengeld

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Abweichende Vereinbarungen von §613 a I BGB

• Nur zulässig, wenn keine Umgehung des § 613 a BGB• Aufhebungsvertrag Arbeitnehmer und Veräußerer,

wenn keine Weiterarbeit zu geänderten Bedingungen im Raum steht

• Vereinbarung ArbN und Erwerber, dass kein AV besteht• Umstritten:

– Verzicht auf Ansprüche– Erlass rückständiger Löhne, Verzicht auf

betriebliche Sozialleistungen

• Rechtsprechung: – möglich bei sachlichem Grund, z.B.

Erhalt von Arbeitsplätzen

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Folgerung

• Detaillierte und rechtzeitige Vorbereitung eines Betriebsübergangs

• Fokus auf vollständiges und korrektes Unterrichtungsschreiben

• Kündigungsverbot wegen Betriebsübergang

• für Arbeitnehmer: bewusster Umgang mit Widerspruch wegen Möglichkeit der betriebsbedingten Kündigung

• nach Widerspruch: ggf. betriebsbedingte Kündigung durch Betriebsveräußerer möglich, aber Sozialauswahl erforderlich

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