Grenzüberschreitende Regionalentwicklung Teil 4 Ein Rahmenkonzept.

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Grenzüberschreitende Regionalentwicklung Teil 4 Ein Rahmenkonzept

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Grenzüberschreitende Regionalentwicklung

Teil 4

Ein Rahmenkonzept

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Teil 4: Regionale Entwicklungszusammen-hänge: ein Rahmenkonzept

Q: Krätke, Stefan et al. 1997

Dieter, Georg Daniel; Regionaler Entwicklungszusammenhang; in: Blaas 2002

1 Komponenten regionaler Entwicklungsdynamik

2 Regionales Produktionssystem

3 Regionales Regulationssystem

4 Rahmenbedingungen der Raumausstattung und der Raumquälität, Entwicklungsniveau

5 Kohärenz regionaler Entwicklungsmodelle

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Die im vorangegangenen Kapitel dargestellten Konzepte und Ansätze sollen im folgenden zu einem Rahmenkonzept zur Erklärung regionaler Entwicklung zusammengeführt werden. Es handelt sich dabei um eine Weiterentwicklung des regulationstheoretischen Ansatzes für die Regionalforschung, der ein offenes und damit entwicklungsfähiges Forschungskonzept darstellt.

(Zur Anwendung dieses Konzeptes auf eine konkrete Region, nämlich Burgenland-West-Ungarn, s.u. Teil 6 der Vorlesung).

Ausgangspunkt ist die Frage, welche Komponenten der regionalen Entwicklungsdynamik unterschieden werden können.

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• Regionales Produktionssystem• Regionales Regulationssystem• Rahmenbedingungen der Raumausstattung und der

Raumquälität, erreichtes Entwicklungsniveau

Die drei Komponenten umfassen jeweils eine Reihe von Einflussfaktoren:

1 Komponenten regionaler Entwicklungsdynamik

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2 Regionales Produktionssystem

• Branchencharakteristik• Institutionelle Differenzierung des Unternehmenssektors• Raumübergreifende Direktionspotentiale• Umfang und Qualität des regionalen Arbeitskräftepotentials

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2.1. Branchencharakteristik

• Regionale Spezialisierung nach Branchen• vorherrschendes Produktionsmodell (Massenfertigung,

Serienfertigung, Spezialanfertigung)• Dominante Technologien• Marktformen• qualitative Marktorientierung (Ausrichtung auf Massenmärkte,

auf höhere Marktsegmente, auf Marktnischen)• Innovationsaktivitäten regionaler Unternehmen• funktionale Integration der regionalen Unternehmen

(Vollständigkeit der Unternehmensfunktionen am Standort)

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2.2. Institutionelle Differenzierung des regionalen Unternehmenssektors

• Grad der regionsinternen Arbeitsteilung innerhalb einer Branche (z.B. viele KMUs oder einige dominante größere Unternehmen)

• Regionen, die wie industrielle Distrikte strukturiert sind, weisen hohen Besatz mit KMU auf (z.B.: Anzahl d. Unternehmen je 1000 Einwohner war 1988 in norditalienischen Regionen doppelt so gross wie in Bayern oder Oberösterreich)

• Anbietervielfalt innerhalb einer Branche kann zu Stabilisierung der Regionalwirtschaft (z.B. gegenüber raumübergreifenden Marktschocks) führen und das Innovationspotential steigern

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2.3. Raumübergreifendes Direktionspotential

• Wirtschaftskraft und Entwicklungsmöglichkeiten einer Region sind abhängig vom Besatz mit „Headquarters“ (Entscheidungszentralen, Hauptverwaltungen)

• Regionalökonomien mit Konzentration dieser Einrichtungen = „metropolitane Regionen“

• In Regionen mit KMU haben sich (kleinere) Finanzunternehmen mit regionaler Bindung als förderlich für den Erfolg von KMU erwiesen

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2.4. Umfang und Qualität des regionalen Arbeitskräfteangebotes

• Qualität des Arbeitskräfteangebots ist wichtig• Was Qualität jeweils bedeutet, ist vom Produktionssystem

abhängig (high tech Industrie, Tourismus, etc)• Qualifikation kann schnell entwertet werden, daher

Qualifizierungsinstitutionen wichtig• Qualität des Arbeitskräfteangebotes ist auch vom regionalen

Regulationssystems abhängig (z.B. von den Arbeitsbeziehungen)

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3 Regionales Regulationssystem

• Koordinationsformen zwischen Unternehmen in räumlicher und qualitativer Dimension

• Qualität der industriellen Arbeitsbeziehungen• Soziokulturelles Milieu und „industrielle Kompetenz“ der Region• Unterstützende Einrichtungen auf regionaler Ebene und

staatliche Politik

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3.1. Koordinationsformen zwischen Unternehmen

• Intensität regions-interner Verflechtungen (Transaktionsdichte zwischen den Unternehmen)

• Intensive Verflechtungszusammenhänge erleichtern:– Kommunikation zwischen Unternehmen– Innovationsausbreitung– Flexibilität und Erneuerungsfähigkeit

• Organisations- und Koordinationsformen einer Region sind auch vom Ausmaß der externen Kontrolle oder auch von der regionalen Bindung der Unternehmen abhängig

• Qualität der regionalen industriellen Organisationsbeziehungen: Spektrum zwischen hierarchisch vertikalen (Zuliefer-) und partnerschaftlich-horizontalen Formen der Vernetzung

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3.2. Qualität der industriellen Arbeitsbeziehungen

• Einbindung der Arbeitskräfte in die Entscheidungsabläufe (Lohnbildung, Arbeitszeit)

• Grad der Segmentierung des regionalen Arbeitsmarktes

( reguläre/prekäre Arbeitsverhältnisse)

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3.3. Soziokulturelles Milieu und „industrielle Kompetenz“ der Region

• Informelle Beziehungsnetze und Regeln (die in der lokalen Tradition verankert sind); prinzipiell positiv ( bei Abschottung aber „Verfilzung“ )

• wirtschaftskulturelles Milieu = institutionelle Ressourcen (regionalwirtschaftliche Beziehungsnetze, Handlungsregeln, unternehmerische Fähigkeiten, regional verfügbare Qualifikation)

• Dieses Milieu verleiht mehr Stabilität als formal organisierte Geschäftsbeziehungen (Vertragsbindung)

• Lokale institutionelle Ressourcen sind wichtiger Bestandteil des endogenen Potentials einer Region (das zu einem temporären „Vorsprung im Lernen“ führen kann)

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3.4. Unterstützende Einrichtungen auf regionaler Ebene

• Einrichtungen für regionale Wirtschaftskooperation, Wissens- und Technologietransfer, Marketing, Weiterbildungseinrichtungen; Institutionen der regionalen Entwicklung und Förderung

• Beeinflussen Entwicklungspotential und Erneuerungsfähigkeit• Dichtes Netz von Einrichtungen wichtig (institutionelle Dichte)

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4 Rahmenbedingungen der Raumausstattung und Raumquälität

• Urbanisierungsgrad und Bevökerungsdichte• Infrastrukturausstattung• Verkehrsgeographische Lagequaliät• Umweltqualität

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Regionales Produktionssystem2.1 Branchencharakteristik2.2 Inst. Differenzierung d. Unternehmenssektors2.3 Raumübergreifende Direktionspotentiale2.4 Umfang/Qualität des Arbeitskräfteangebotes

Regionales Regulationssystem3.1 Koordinationsformen zwischen Unternehmen3.2 Arbeitbeziehungen3.3 Soziokulturelles Milieu industrielle Kompetenz3.4 Unterstützende Einrichtungen auf regionaler Ebene

Rahmenbedingungen d. Raumausstattung/Raumqualität4.1 Urbanisierungsgrad/Bevölkerungsdichte4.2 Infrastrukturausstattung4.3 Verkehrsgeographische Lagequalität4.4 Umweltqualität

RegionalerEntwicklungs-zusammenhang

Regionale Entwicklungsdynamik(Zusammenfassung)

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Die Entwicklungsdynamik und Wettbewerbsfähigkeit einer Region ist vom „Zusammenhalt“ (Kohärenz) ihrer sozioökonomischen Strukturkomponenten bestimmt.

Die Kohärenz auf regionaler Ebene lässt sich unter vielschichtigen Aspekten diskutieren:

5 Kohärenz regionaler Entwicklungsmodelle

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Aspekte der Kohärenz auf regionaler Ebene

• Art und Weise des Zusammenwirkens von Finanz-, Industrie-, und Dienstleistungssektor

• funktionale Kohärenz der Unternehmen und ihre regionale Verankerung

• Vielfalt der Unternehmer in regionalen Leitsektoren• Intensität und Qualität des Zusammenwirkens• Kohärenz des regionalen Sozialgefüges• Zusammenwirken von Produktionssystem und regionalen

unterstützenden Einrichtungen• Kohärenz der regionalen Entwicklungspolitik und staatlichen

Förderungspolitik

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Mangelnde Kohärenz kann ein Entwicklungshindernis sein. So werden z.B. Regionen, deren Produktionssystem vorwiegend externer Kontrolle unterliegt, eher eine fragmentierte als eine regionsintern vernetzte Industriestruktur ausbilden.

Negatives Beispiel: eine Region in einem Entwicklungsland; ein Fast-food-Unternehmen siedelt sich an und verdrängt die lokale Konkurrenz vom Markt; Vorprodukte werden aus dem Ausland bezogen; daher: auch vorgelagerte Branchen/Erzeuger teilweise im Konkurs; letztlich Verschlechterung am Arbeitsmarkt

Ein regionales Produktions- und Regulationssystem muss aber kohärent strukturiert sein, um im Wettbewerb der Regionen mithalten zu können.

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Kohärente Strukturen sind aber kaum das Ergebnis von Marktprozessen, sondern gründen sich eher auf „sozioökonomischen Innovationen“, die das Ergebnis von Lernprozessen, Aushandlungsprozessen und Kompromissen zwischen regionalwirtschaftlichen Akteuren sind.

Insoferne basiert Kohärenz auf politischer Gestaltung in einem umfassenden Sinn, nämlich nicht einseitig „von oben“, dem Staat, betrieben, sondern auch durch Mobilisierung gesellschaftlicher Aktivitäten in der Region.

Regionale Entwicklungsmodelle lassen sich unter dem Gesichtspunkt von mehr oder weniger Kohärenz typisieren:

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• Im Falle geringer Kohärenz auf regionaler Ebene ergibt sich ein Regionstypus, der dem Modell funktional-räumlicher Arbeitsteilung zugerechnet werden kann (Vorherrschaft einer raumübergreifenden (inter-) nationalen Unternehmensorganisation; einerseits metropolitane Regionen mit Spezialisierung auf strategische Funktionen; andererseits periphere Regionen mit Spezialisierung auf geringqualifizierte Fertigungsfunktionen)

• Geringe Kohärenz charakterisiert auch jenen Typus von Regionen, der infolge einer „diffusen Industrialisierung“ (geringe industriell-gewerbliche Spezialisierung u. schwache regionsinterne Vernetzung) eine fragmentierte Struktur aufweist.

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• Hohe Kohärenz zeigt jener Typus von Regionen, die dem Modell „Industrieller Distrikt“ zugeschrieben werden können (Existenz einer spezialisierten und integrierten regionalen Industrie; Vorherrschaft einer „milieu-artigen“ Organisation regionaler Produktion)

• Eine Zwischenstellung nimmt jener Typus von Regionen ein, der als Modell „regionalisierter Produktionskomplexe internationaler Unternehmen“ bezeichnet werden könnte. Solche Regionen sind geprägt von der Existenz netzwerkartiger regionalwirtschaftlicher Organisationsformen unter Kontrolle (inter) nationaler Unternehmen: funktional und (zumindest partiell) regional integrierte Produktionskomplexe