Globokar, Cage & Thompson im Instrumentalunterricht · „Valses Communicants“ – Vinko...

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JOSEPH HAYDN KONSERVATORIUM EISENSTADT Dominik FUSS BA Globokar, Cage & Thompson im Instrumentalunterricht Werke Neuer Musik aufbereitet für den Unterricht mit Blechbläsern Matrikelnummer 1173030 Studienkennzahl T 033 145 629 BACHELORARBEIT aus der Studienrichtung : IGP- Trompete (Klassik) Erstellt innerhalb des Seminars: Angewandter Tonsatz 01 Eingereicht am: Joseph Haydn Konservatorium des Landes Burgenland Betreuer: Mag. Wilhelm Spuller, MA Wien, März 2018 1

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JOSEPH HAYDN KONSERVATORIUM EISENSTADT

Dominik FUSS BA

Globokar, Cage & Thompson im Instrumentalunterricht

Werke Neuer Musik aufbereitet für den Unterricht mit Blechbläsern

Matrikelnummer 1173030

Studienkennzahl T 033 145 629

BACHELORARBEIT aus der Studienrichtung :

IGP- Trompete (Klassik)

Erstellt innerhalb des Seminars:

Angewandter Tonsatz 01

Eingereicht am: Joseph Haydn Konservatoriumdes Landes Burgenland

Betreuer: Mag. Wilhelm Spuller, MA

Wien, März 2018

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Inhaltsverzeichnis:

Vorwort 3

1. Kapitel : Einleitung

1.1 Ausgangssituationen 4

1.2 Ziele 6

1.3 Begriffserklärung „Neue Musik“ 7

2. Kapitel : Neue Musik im Einzelunterricht

2.1 Einleitung 8

2.2 Valses Communicants – aus Vinko Globokars „Laboratorium“ 9

2.3 Vereinfachte zyklische Improvisation nach V. Globokar 12

3. Kapitel : Neue Musik im Gruppenunterricht (Bläserklasse)

3.1 Einleitung 13

3.2 John Cage „FOUR6“ 13

3.3 „Soundpainting“ - Thompsons Zeichendirigiersprache in der

Bläserklasse 16

4. Zielfragenbeantwortung 22

5. Conclusio 24

6. Literaturverzeichnis

6.1 Literaturverzeichnis 25

6.2 Abbildungsverzeichnis 26

7. Anhang

7.1 Biographie des Autors 26

7.2 Erklärung über die eigenständige Abfassung 27

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Vorwort

Die vorliegende Arbeit thematisiert Werke und Konzepte der drei Komponisten

Vinko Globokar, John Cage und Walter Thompson und richtet sich explizit an

Lehrerinnen und Lehrer, die didaktische Anregungen für die Arbeit mit Musik-

klassen mit Bläsern suchen.

Speziell in der Elementaren Musikpädagogik ist das Erforschen neuer Klänge

ein wichtiger Faktor, um ein lustvolles frisches Erleben, Erfahren und Begreifen

der Musik möglich zu machen. Auf den folgenden Seiten wird versucht diese

Elemente auch im späteren Einzel- und Gruppenunterricht anwendbar zu

machen.

Abwechslungsreiche, künstlerische Ausdrucks- und Gestaltungsmöglichkeiten,

bei denen Musik, Sprache, Improvisation, Bewegung und Visualisierungs-

formen in Beziehung und Wechselwirkung treten, sind gerade im Lebenswerk

John Cages & Vinko Globokars essentiell. Die ästhetischen Parallelen aller drei

Komponisten sind augenscheinlich, noch wichtiger vereint die drei aber

vielleicht die ähnlich anarchistische Grundhaltung ihrer Werke. Weitere

Parallelen kann man bei Globokars Uberlegungen in seiner Haltung, seinem

gewählten Feld und seinen Explorationen erkennen, die stark an die etwa

zeitgleich entwickelnde Happening- und Fluxusbewegung, denen auch Cage

angehörte, erinnern.

Obwohl diese Fokussierung auf drei Komponisten keinesfalls Anspruch auf die

Gesamtheit dieses weitläufigen Themas stellt, ist es mir ein Anliegen

„praxisnah“ zu arbeiten und konkret etwas zur Weiterentwicklung von Unterricht

beizutragen. Die folgenden Beispiele sollen exemplarisch darstellen, wie man

neue Musik dem Lehrer oder der Lehrerin zugänglich machen kann. Ich hoffe,

dass meine methodisch-didaktischen Uberlegungen, Unterrichtsideen,

Vermittlungswege und Materialien bei der Gestaltung von Musikunterricht mit

Blasinstrumenten hilfreich sind.

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1. Kapitel : Einleitung

1.1. Ausgangssituation

Im Instrumentalunterricht gibt es zwei gängige Unterrichtsformen, den

Einzelunterricht, indem der Dialog und Wissensaustausch zwischen Lehrer und

Schüler im Mittelpunkt steht und den Gruppenunterricht, in welchem das

Gemeinschaftsgefühl und die gegenseitige Motivation, in unserem Beispiel

Bläserklassen, von essentieller Bedeutung sind. Beide Themenbereiche

werden in Grundzügen in der hier vorliegenden Bachelorarbeit behandelt.

Repertoiretechnisch wird im Einzelunterricht, speziell beim Instrumental-

unterricht der Trompete, oftmals seit Jahrzehnten diesselbe Literatur

verwendet. Man denke hierbei an die „Arban Method (La grande méthode

complète de cornet à piston et de saxhorn par Arban)“ von Jean-Baptiste

Arban, die um 1859 geschrieben wurde,1 oder die „Technical Studies for the

Cornet“ von Herbert L. Clarke, deren Erstveröffentlichung auch schon 19122

war. Diese Problematik gibt es auch im Gruppenunterricht (der Bläserklasse),

da hier zumeist die nordamerikanische Schulband-Literatur verwendet wird, die

unter enormen Einfluss von Yamaha (als Beratungsorganisation und Data-

holder3- Bläserklasse) vertrieben wird, obwohl diese Werke ein stilistisch enges

und einseitiges Bild des Instrumentunterrichts darstellen. In den letzten Jahren

wurden viele Aspekte der Praxis des Musik-lehrens verbessert und die

methodisch didaktischen Möglichkeiten des erweiterten Musikunterrichts

weiterentwickelt, sodass die Verbindung musikalischer Fähigkeiten mit

musikbezogenen Wissensinhalten stärker in den Fokus rückt. Man denke

hierbei exemplarisch an „Hören, Lesen, Spielen“ von Tijmen Botma und Jaap

Kastelein, dem „Trompetenfuchs“ von Stefan Dünser oder speziell dem „New

Sounds Cookbook“ von Bartmann, de Roo und Irgmaier4. Der abwechslungs-

reiche Umgang durch Singen, Tanzen, Spielen, Improvisieren, Komponieren,

Hören und Reflektieren kann vielfach zu einem positiven Motivationsschub und

stärkerem Engagement der Schüler/-innen führen.

1 Internetquelle 2., Siehe Seite 282 Internetquelle 3., Siehe Seite 283 Datenhalter für Lehrwerke4 New Sounds Cookbook; Seite 6

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Neue Klangwelten, kontemporäre Werke und unkoventionelle Modelle, im

Musikunterricht mit Blasinstrumenten, sollen die eigene pädagogische

Unterrichtspraxis erweitern und bereichern.

Gerade in Österreich, einem Land in dem das Blechblasniveau international

herausragend ist, werden Schüler/-innen durch die frühe Integration der Musik-

schulen und Blasmusikverbände in das Regelschulsystem gefördert. Hier wird,

oftmals klassenübergreifend, eine Bläserklasse installiert, die manchmal auch

in der regulären Unterrichtszeit, wöchentlich gehalten wird. Der Musik-

wissenschaftler Dr. Johannes Bähr verweist darauf, dass sich Schülerinnen

und Schüler musiktheoretische Fähigkeiten und Kenntnisse im Kontext eigener

musikalischer Praxis effektiver aneignen können, als im regulären

Musikunterricht.5 Rückschlüsse auf eine Kohärenz zwischen Musikerziehung,

Instrumentalunterricht und Musizieren auf Persönlichkeitsmerkmale und

allgemeine Lern- und Leistungsbereiche sind Teil mehrerer wissenschaftlicher

Arbeiten.6 Unter anderem deswegen beginnt die Neue Musik auch im

institutionellen Instrumentalunterricht Fuß zu fassen. Beispiele hierfür sind die

von der Internationale Gesellschaft für neue Musik und den Musikschulen der

Stadt Wien von 2009 bis 2013 stattgefundene Veranstaltung „Jugend gibt junge

Musik“, die später im Rahmen von Wien Modern unter dem Namen „Junge

Musik“ weitergeführt wurde. Kindern und Jugendlichen wird die Möglichkeit

gegeben, neue Musik gemeinsam mit jungen Komponist/-innen zu erarbeiten

und zu präsentieren7. Ein weiteres Beispiel von Neuer Musik im Instrumental-

musikunterricht, ist auch der Sammelband „New Sounds Cookbook“, indem

Absolventen der Komponistenklasse von Prof. Reinhard Febel an der

Universität Mozarteum Salzburg in Kooperation mit der Musikschule der Stadt

Burghausen, 36 Stücke für Kinder und Jugendliche im Alter von 9 bis 16

Jahren schrieben.8 Diese wurden im Rahmen der „Tage der Neuen Musik

Burghausen 2005“ mit den Komponisten erarbeitet und großteils uraufgeführt.

5 Bähr 2000a, S.218 f.6 Arendt 2009 S.99,136 f.7 Österreichische Musikzeitschrift 2012 67/4, S. 638 New Sounds Cookbook S.6

5

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1.2. Ziele

Die Lehrplanbereiche vokales Musizieren, instrumentales Musizieren,

Bewegen, Gestalten, Horen und Grundwissen sind immer im

Zusammenhang zu sehen und sol len dem jewei l igen Lernziel

entsprechend vernetzt werden. Dabei sind facherubergreifende und

facherverbindende Aspekte besonders zu berucksichtigen.9

Eine Empfehlung des österreichischen Bundesministeriums, für eine

vernetzende Unterrichtsmethodik wird vorgeschrieben, jedoch gibt es keine

genaueren Informationen wie diese konkret im Instrumentalunterricht

umgesetzt werden sollen. Im Lehrplan für Trompete der Konferenz der

österreichischen Musikschulwerke, steht unter dem Kapitel „Ganzheitliche

Pädagogik“ folgendes geschrieben:

Im Vordergrund stehen die Forderung der Gesamtpersonlichkeit der

SchulerInnen und die Erziehung zur Selbststandigkeit und Selbstreflexion

ebenso wie die Forderung der emotionalen Ausdrucksfahigkeit.

• Lernen mit allen Sinnen (Musik horen, sehen und spuren, Bewegen zur Musik)

• Soziale und emotionale Kompetenz – die SchulerInnen sollen als Menschen profitieren

• Im Zentrum steht die Musik und die damit verbundene Personlichkeitsentwicklung

• Individuell und befindlichkeitsorientiert

• Kognitiv

• Motorisch

• Rhythmus-, Bewegungs- und Horerziehung mittels Percussion, Bodypercussion, Vocalpercussion etc.

• Elemente aus der Elementaren Musikpadagogik (EMP)

• Klanggeschichten

• Vorspielen – Nachspielen

• Querverbindungen zu anderen Kunstformen der jeweiligen Epoche und Stilistik suchen (Malerei, Tanz etc.)10

9 Didaktische Grundsätze im Bereich Musikerziehung, BMUKK 2018 S.2

10 Lehrplan für Musikschulen Fachspezifischer Teil Trompete – der KOMA, S. 4

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Im Laufe dieser Arbeit wurde festgestellt, dass diese angeführten Punkte, vor

allem mit Werken von Vinko Globokar, John Cage und Walter Thompson,

erfüllt werden können und für eine „Ganzheitliche Pädagogik“ Impulse geben

können.

Thade Buchborn stellt in seinem Werk „Neue Musik im Instrumentalunterricht

mit Blechblasinstrumenten“ drei essenzielle Fragen, die ein Werk für den

generellen Einsatz im Instrumentalunterricht erfüllen muss11:

1. Kann man durch diese Repertoireerweiterung eine Veränderung auf

inhaltlicher Ebene erzielen?

2. Bereichert das Werk den/die SchülerIn und ändert es etwas an

seiner/ihrer Musizierpraxis?

3. Kann man das Werk auf Blechblasinstrumente (Trompete)

umsetzen/ adaptieren?

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden diese drei Fragen anhand von

praktischen Beispielen thematisiert und im Kapitel 4: „Zielfragenbeantwortung“

abschließend beantwortet.

1.3. Was ist „Neue Musik“ ? - Eine Begriffserklärung

„Neue Musik fungiert als nicht alles umfassende- plurale Kategorie fur die

Musik und Musikgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts und zeichnet sich

vor allem in der Differenzierung zu anderen historischen und gegenwartigen

musikalischen Erscheinungsformen aus.“12

In der Musikgeschichte markiert das Auftauchen der Musik, die als „Neue

Musik“ deklariert wird, die historische Schwelle um etwa 1910 und tauchte

erstmals als Begriff im gleichnamigen Vortrag des Musikjournalisten Paul

Bekkers im Jahre 1919 auf. Diese Zeit gilt als Bruch mit dem vorangegangenen

Kunstmusik des 19. Jahrhunderts, die Komponisten der sogenannten

Vertretern der Zweiten Wiener Schule einleiten, wie Arnold Schönberg, Alban

11 Buchborn, Thade; Neue Musik im Instrumentalunterricht mit Blechblasinstrumenten, S. 4212 Danuser 1997, S.76

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Berg und Anton Webern. Auch außerhalb Wiens gab es namhafte Vertreter wie

Luigi Russolo, Francesco Balilla Pratella, Edgard Varèse oder Charles Ives.

Ihre revolutionäre Betrachtungsweise betrafen: Harmonik, Rhythmik,

Klangfarbe, Dynamik, Form und nicht zuletzt den Werk- und Kunstcharakter

der Neuen Musik selbst.

Anders dazu wird im heutigen Sprachgebrauch die „Neue Musik“, als keine klar

umrissene Epoche bezeichnet, da genaue Stilmerkmale, die zum Beispiel in

der musikalischen Klassik oder Romantik vorherrschen, fehlen.

„Benachbarte Begriffe wie moderne und zeitgenossische Musik oder gar

musikalische Avantgarde bilden Schnittmengen innerhalb dieses

Bedeutungsrahmens. In all diesen terminologischen Pragungen außert sich

die Anforderung der Aktualitat und Zeitnahe, wird die Option auf das

Experiment betont, artikuliert sich der Anspruch auf den innovativen,

fortschrittlichen oder kritisch-subversiven Charakter der Musik des 20.

Jahrhunderts und der Gegenwart.“13

Das Anders-Sein reicht als alleiniges Merkmal noch nicht aus. Neue Musik

lässt sich am ehesten als eine revolutionäre, offene Herangehensweise an

bisher weniger Beachtete und nebensächlichere Elemente in der Musik

beschreiben. Diese werden zum Hauptgegenstand des kreativ-künstlerischen

Komponisten, der diesem Thema den Status von etwas Wertvollem und somit

den Kunstcharakter verleiht.

2. Kapitel : Neue Musik im Einzelunterricht

2.1. Einleitung

Wie schon erwähnt, ist der Einzelunterricht eine Unterrichtsform, in welcher

durch Dialog und Wissensaustausch, Lehrinhalte vermittelt werden. Man kann

bei fast keinem Schüler ein vorgefertigtes strukturiertes Unterrichtskonzept

anwenden, da jede Person individuell ist. Gerade die Individualität des

Menschen verlangt jeden Instrumentallehrer tagtäglich ein großes Maß an

13 Barbara Barthelmes, 2008, Das Magazin der Kulturstiftung des Bundes, Das Magazin #11, Frühjahr 2008 S.13

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Flexibilität, Facettenreichtum und Einfühlungsvermögen ab. Eine Befassung mit

dem Werk Vinko Globokars, der nicht nur Komponist sondern auch Posaunist

ist, liegt nahe, da seine Werke die Anforderungen für Blechbläser erfüllen und

vor Ideenreichtum sprühen.

2.2. „Valses Communicants“ – Vinko Globokars Laboratorium

Ausgehend von Globokars Erfahrungen als Posaunist - für ihn ist ein

Musikinstrument kein Objekt, sondern die Verlängerung des Körpers - begann

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vorsichtig verkürzen. Nicht nur die Länge, sondern auch der Durchmesser (bei

Trompeten mind. 13mm) und dessen Dicke sind von Bedeutung, nicht nur

damit die optimale Verbindung der Instrumente gewährleistet ist, sondern auch

der Klang vom Material übertragen wird.

Nach erfolgreicher Verbindung dieser zwei Instrumente, ist es möglich, dass

die beiden Musiker, in unserem Fall der Schüler und der Lehrer, sich in etwa

1,5 Meter Abstand gegenüber stehen können und Töne und Klänge aus dem

Schalltrichter des Instrumentes gegenüber erzeugen können.

Grundsätzlich ist eine Verwendung dieser Idee für alle zweistimmigen

Musikstücke möglich, speziell bei der Trompete ist zu beachten, dass Stücke

mit der Verwendung der transponiert notierten Töne D', Gis', Dis' und dem

kleinen g nicht möglich sind15, da das dritte Ventil das gegenüberliegende

Instrument ansteuert. Durch dieses etwas eingeschränkte Tonreservoir und

durch die erhöhte Komplexität bei der Luftführung, arbeitete ich mit einfachem

Tonmaterial.

Als exemplarisches Beispiel wird nachfolgend das französische „Frère

Jacques“, dass im deutschsprachigen Raum als „Bruder Jakob“ bekannt ist,

verwendet. Aufgrund des relativ geringen Tonumfanges, ist dieses Stück auch

für Schüler/-innen in den Anfangsjahren anwendbar und kann zudem als

Kanon praktiziert werden. Das Stück wurde auf klingend Es-Dur transponiert,

bei der Trompete ist dies das notierte F-Dur. Durch diese Transposition wurde

die Problematik mit dem beschriebenen dritten Ventil vermieden;

15 Klingend notiert wäre das; C',Fis',Dis' und das tiefe f

10

Abbildung 2: franzosisches Kinderlied, keinem Komponisten eindeutig zuschreibbar

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Nach dem erfolgreichen beherrschen der Melodie, können mehrere Varianten

erarbeitet werden:

1. Eine Art Frage und Antwort mit sich selbst auf zwei unterschiedlichen

Instrumenten (Schalltrichtern). Der Schüler steht und spielt die Melodie,

der Lehrer steht gegenüber und spielt nicht, betätigt aber das dritte

Ventil. Der Schüler spielt die erste Phrase immer auf dem eigenen

Instrument, die Antwort auf dem gegenüberliegenden Instrument. Bei

letzterem verwendet er die normalen Griffe, hält aber gleichzeitig dazu

das dritte Ventil konstant gedrückt. Durch das räumliche Gegen-

überstehen entsteht dadurch eine Art Echo. Anschaulich notiert sieht

dies so aus:

2. Durch die Kanonfähigkeit des Liedes, kann der oder die Lehrer/-in mit

dem Schüler gemeinsam einen Kanon, auf dem jeweils anderen

Instrument musizieren. Man lässt den Schüler die Melodie mit

konstanter Betätigung des dritten Ventils spielen und fängt selbst, auch

mit Betätigung des dritten Ventils, mit der Melodie an, wenn der Schüler

die Schlagzeit 3 des Taktes 3 erreicht.

11

Abbildung 3: Moglichkeit von „Valse Communicants“ bei Bruder Jakob

3----------------------- 3-----

---------- 3----------------------- 3---------

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16 Klingend G-Moll

12

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3. Kapitel : Neue Musik im Gruppenunterricht (Bläserklasse)

3.1. Einleitung

„Wer einmal erlebt hat, wie ein Schuler, der Schwierigkeiten mit seinem

Übepensum hat, plotzlich in einem Ensemble oder einer Band aufbluht

und eine unvermutete Konzentrationsfahigkeit und Musikalitat an den

Tag legt, der begreift, dass das Ensemblespiel mehr ist, als ein

Lehrplaninhalt, den man eben auch erfullen sollte.“17

Er ist ein Schlüssel zum Verständnis vieler musikalischer Zusammenhänge und

führt zu neuen Erkenntnissen. Einerseits ist man im Gesamtklang besser

aufgehoben und mitgetragen als im Solospiel, andererseits spürt man deutlich

die Bedeutung der eigenen „Stimme“ und die Möglichkeit, die Musik aktiv zu

gestalten. Dies gilt im übrigen stilübergreifend. Im Alltag von Schule und

Musikschule ist es Fakt, dass zumeist unterschiedlichste Instrumente und

verschiedene Levels innerhalb einer Gruppe vorherrschend sind. Aufgrund

dieser Problematik wurden diese Faktoren, in den nachfolgenden

Musikstücken, bestmöglich berücksichtigt.

3.2. John Cage „FOUR6“

Für das folgende Gruppenunterrichtsstück, wurde als Vorlage John Cages

Stück FOUR6 aus dem Jahre 1992 verwendet, welches Teil der

Werkkonzeptreihe John Cages 49 Nummernstucke ist. Cage bezeichnete die

Kompositionsreihe jeweils zuerst mit der ausgeschreibenen Musikeranzahl

(hier: FOUR). Die nachfolgende hochgestellte Ziffer bezeichnet, das wievielte

Stück in dieser Besetzung es ist (hier:6). Bei fast allen Nummernstücken ist die

Strukturierung der Zeit in sogenannten time brackets18 eingeteilt, bei „FOUR6“

liegt der Fokus im Finden und Spielen von unterschiedlichsten Klängen;

Choose twelve different souds [sic!] with fixed characteristics (amplitude,

overtone structure, etc.). Play within the flexible time brackets given.(...)

(John Cage im Vorwort zu FOUR6, 1992)

17 Buchborn, Neue Musik im Instrumentalunterricht mit Blasinstrumenten, 2011 S.17

18 Engl. Zeiteinheiten, Zeitklammern

13

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Vor dem Spielen des Werkes werden demnach Klänge erforscht und

festgelegt, welche innerhalb zweier Zeitangaben (Bsp: 0'55''<->1'30'')

stattfinden sollen. Eine Vorübung kann in einem Sesselkreis praktiziert

werden, indem die Schüler/-innen erstmals am Mundstück und später mit

Instrument Klänge erforschen können. Dies können Luftgeräusche, laute und

leise Töne, angeschliffene Töne, perkussive Geräusche (durch Klopfen auf das

Mundstück oder durch die Zunge), aber auch sprechen und singen durch das

Instrument (oder Mundstück) sein. Diese Ubungen können auch mit dem

später behandelten Soundpainting- Zeichendirigiersprache Walter Thompsons

dirigiert werden19.

Mehrere Vorübungen werden nachfolgend aufgelistet:

– leise, langanhaltende Töne erzeugen eine Klangschleife20

–Laute und leise Töne wandern schnell oder nach einem kurzen metrischen

Muster im Uhrzeigersinn umher

–Hohe oder tiefe Töne erzeugen eine Klangschleife

– tonlose Windgeräusche auf dem Mundstück erzeugen einen Grundklang

–Eine Runde mit außergewöhnlichen Spieltechniken (extended

techniques21), die vorher vorgezeigt und in der Gruppe probiert werden,

zum Beispiel Schmatzgeräusche, Zungenslaps, Veränderung durch

Hand vorm Trichter, pfeifen durch die unteren Ventildeckel und

perkussive Geräusche. Diese Klänge werden von den Schülern

ausprobiert und abwechselnd im Uhrzeigersinn gespielt

Folgende vorbereitende Stücke können nachfolgend ausprobiert werden:

1. Solo mit Begleitung: Ein Schüler oder Schülerin wird als Solist von den

anderen Schülern mit langen, leisen Tönen begleitet

2. Frage und Antwort: Zwischen den Schülern entwickelt sich eine

Konversation, mit fragenden Lauten und deren Antwort.

19 Siehe Kapitel III, c. 20 Eine ununterbrochener Grundklangteppich, indem chorisch (abwechselnd) geatmet wird

und der Klang somit nicht aussetzt21 Erweiterte (außergewöhnliche) Spieltechniken

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Nach dem Erforschen dieser Klangmöglichkeiten, werden deren Parameter

genauer definiert; Lautstärke (laut/leise, cresc./decresc.), Tondauern

(kurz/lang, Rhythmik), Tonhöhen (hoch/tief, Veränderung durch bending22,

Hand vor dem Instrument) und Klangfarben (hell/dunkel, geräuschvoller/reiner

Ton, extended techniques). Im nächsten Schritt kann man die beliebtesten

sechs (6) unterschiedlichen Klänge herausnehmen und dem nachfolgenden

Modell-Stück (Four YOU) zuweisen.

Anders als im Original „FOUR6“, werden Cages Vorgaben etwas verkürzt und

vereinfacht. Es werden nur die Hälfte der zu verwendenden Sounds festgelegt,

also sechs unterschiedliche Klänge. Genauso wurden die vorher beschriebene

Schreibweise der Zeiteinheiten (Bsp: 0'55''<->1'30'') verändert, um diese dem

Schüler anschaulicher zu präsentieren. Der Anzahl an Musizierenden bleibt wie

bei Cage gleich;

22 Tonabfall durch Lippenspannung

15

Abbildung 5: Stuckstruktur „Four You“, Dominik Fuss 2018

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Bei diesem Stück kann zu Ubungszwecken eine Stimme separiert betrachtet

werden, oder die Wiederholung weggelassen werden. Nach beherrschen einer

Stimme, kann durchgewechselt und/oder gleich gemeinsam im Kollektiv

musiziert werden. Gegebenfalls sollte das Klangreservoir innerhalb der Gruppe

nachgeschärft werden, da sich womöglich zuviele gleichmässige Klänge

manifestieren und das Hauptaugenmerk auf Variation und Erforschen liegen

sollte. Wichtig hierbei ist, den Schülern Zeit für die Erprobung zu geben. Dieses

Stück soll nur als Anleitung, nicht aber als definitiv fixiertes Werk gelten, denn

die Kreativität wächst mit der Zeit und nicht durch die Ausübung von Druck.

3.3. „Soundpainting“ - Thompsons Zeichendirigiersprache in der

Bläserklasse

Bereits Sun Ra, ein US-amerikanischer experimenteller, avantgardistischer

Jazzkomponist und Musiker nutzte in den 1950ern und 60ern zum Dirigieren

freier Passagen seines Arkestra einige Zeichen, um seine Band zusammen-

zuhalten und freie Improvisation anzuleiten. Auch Frank Zappa arbeitete mit

Zeichensprache und verwendete diese, um seine Gruppe improvisierender

Musiker aus dem rein metrischen Dirigat auszubrechen zu lassen und

musikalische Inhalte noch besser zu kommunizieren. Der Begriff

„Soundpainting“ selbst, wurde 1974 vom New Yorker Komponisten Walter

Thompson erfunden und wird gemeinhin als eine Form von Zeichen-

dirigiersprache bezeichnet. Sie kann gleichermaßen Musikern, Tänzern,

Schauspielern und bildenden Künstlern dienen und besteht mittlerweile aus

mehr als 1200 Zeichen. Der „Soundpainter“ (oder auch Dirigent) steht vor der

Bühne und gibt Parameter oder Anweisungen und begibt sich so in die

Situation des Instant-Komponisten23. So ist Soundpainting immer ein Dialog

zwischen der Gruppe und dem Dirigenten, der einerseits die Komposition als

Ganzes im Uberblick haben muss, jedoch genauso stets darauf reagieren

kann, was im Moment passiert.

23 Komponist im Moment, Improvisator

16

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„Soundpainting“ beinhaltet zwei Kategorien von Zeichen: die Beschreibenden

und die Funktionalen. Zuallererst befasst sich der Soundpainter mit der Frage

„Wer?“, definiert also die Instrumentengruppe, Einzelpersonen oder das

gesamte Kollektiv aktiv zu werden. Anschließend folgt die Frage nach dem

„Was?“ und der Soundpainter definiert, mit einem Schritt in eine imaginäre

Dirigierzone (der „Box“), Tonhöhe, Tempoänderungen und Lautstärke,

nachfolgend als die Frage „Wie?“ näher definiert. Die Größe der Gruppe spielt

keine Rolle, denn durch diese umfassende Zeichendirigiersprache kann sich

jedes Instrument und jeder Spieler interaktiv beteiligen.

Nachfolgend ist eine Zeichenerklärung mit anschaulichen Skizzen, die den

Lehrer und dem Schüler die Dirigiergesten vermitteln sollen. Dies sind die

elementaren 20 Bausteine, die ein erstes Dirigat mit der Gruppe möglich

machen sollen.

17

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Schritt 1 : Wie schon erwähnt ist die zuerst die Frage WER? zu beantworten:

Hier kann man die Teile der Gruppe einzeln ansprechen und mit Aktionen

aktivieren oder deaktiveren. Um ein Kollektiv zu steuern und dirigieren, ist es

essentiell diese Zeichen zu beherrschen, auch wenn in der Bläserklasse

gewisse Anpassungen erfolgen sollten, da das Zeichen Bläser, nicht zwischen

einzelnen Instrumentengruppen unterscheidet, hier kann man sich unter-

schiedliche Zeichen individuell zurechtlegen.

18

Skizze 2: Rest der Gruppe (Mehrdeutungen moglich/ zumeist der nicht aktive Teil)

Skizze 3: Blasergruppe (keine Unterscheidung ob Blech oder Holz ; spezifischeres Zeichen erfinden)

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Schritt 2: Anschließend wird die Frage WAS? Skizziert:

Diese Aktionen können entweder innerhalb der „Box“24, spontan skizziert

werden oder vorbereitend ausserhalb derselben. Diese Zeichen definieren

unter-schiedliche Parameter des Klanges näher, wie zum Beispiel Länge und

Form, aber auch grundsätzliche Spielanweisungen, wie zum Beispiel welches

Organ benutzt wird und ob dem oder den Spielenden noch größere Freiheiten

überlassen werden.

24 Imaginäre Dirigierpult

19

Skizze 6: Kurze Tone, innerhalb der „Box“ kann die ungefahre Tonhohe definiert werden

Skizze 7 Langer Ton, innerhalb der „Box“ kann die ungefahre Tonhohe definiert werden

Skizze 9: Improvisieren (alle Freiheiten)

Skizze 8: Hoherer/tieferer Ton oder Tone (meist handelt es sich um ein kleiners Intervall hinauf oder hinunter) Zumeist in der „Box“ gezeichnet

Skizze 11: Element Sprache (Dadaistisch oder sinnvoll bleibt dem Interpreten uberlassen)

Skizze 10: Luftgerausche (keine genaue Definition mit oder ohne Instrument)

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Schritt 2.5: Es gibt Mischformen, die sowohl die Frage WAS und WIE

beschreiben:

Diese Mischformen können außerhalb der „Box“ vorgezeichnet werden oder

innerhalb. Sie verändern zumeist das vorhandene Klangbild und/oder weben

neue musikalische Elemente in den Klangteppich ein.

20

Skizze 12: Eigenstandige Änderung der Idee die man gerade spielt (zumeist Tonalitat oder Rhythmische Veranderung)

Skizze 15: Der Soundpainter bewegt seine Hand oder manchmal auch seinen ganzen Korper, die Spielenden sollen die Bewegung musikalisch beschreiben

Skizze 13: mehrere Spielende oder die gesamte Gruppe versucht sich sowohl Tonal als auch Rhythmisch zu synchronisieren

Skizze 14: der Soundpainter sucht nach Ideen innerhalb der Gruppe. Der fokussierte Spieler bringt eine neue Idee, die spater vielleicht ubernommen werden kann oder solistisch praktiziert werden kann. Die anderen verharren oder wechseln zuruck zu ihrer bisherigen Tatigkeit

Skizze 16: Pointilismus (kurze sparliche, improvisierte Sequenzen)

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Schritt 3: Zu allerletzt wird noch die Frage WIE? beantwortet:

Hier werden die Klangmodule oder Phrasen durch Elemente im Rahmen der

musikalischen Parameter wie Lautstärke, Rhythmik oder Häufigkeit-

Ubertreibung näher definiert. Diese letzte Frage wird fast ausschließlich

innerhalb der „Box“ und spontan gezeichnet, kleine vorbereitetende

Zeichnungen sind möglich.

Durch die Kenntnis dieser 20 Zeichen, besitzt der Ensemblelehrer, eine

Vielzahl an gestischen Dirigatmöglichkeiten, die er vielseitig, auch bei

„normaler“ Literatur vielseitig und genreübergreifend einsetzen kann. Die Zahl

auf den jeweiligen Skizzen (rechts oben) nummeriert den Schwierigkeitsgrad

der aufbauenden Struktur, die sich innerhalb mehrerer Workshops und

Lehreinheiten logisch ergeben hat. Zumeist wird diese Klangmalerei im freieren

Kontext improvisiert, es hilft allerdings, wenn sich der noch nicht so erfahrene

Soundpainter, einen dramaturgischen Aufbau oder gewisse Elementreihung

zurechtlegt, um die Gruppe in ihrer kreativen Schaffensenergie nicht zu stören

oder gegebenfalls zu langweilen. Der kreative Austausch und das Gruppen-

gefühl wird durch diese Soundpainting-Improvisationen gestärkt und der oder

die Schüler/-in lernt, den Anderen zuzuhören. Dies ist eine der ganz wichtigen

Eigenschaften, wenn nicht sogar die wichtigste Qualität eines jeden

professionellen Musikers.

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Skizze 20: genauere Rhythmisierung durch Finger im Sechzehntel-Strukturraster

Skizze 18: Lautstarkeanderung Skizze 19: Intensitat, Haufigkeit des musikalischen Elements (Mehr/Weniger)

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4. Zielfragenbeantwortung

Kann man durch diese Repertoireerweiterung eine Veranderung auf

inhaltlicher Ebene erzielen?

Durch die schrittweise Hinführung auf diese Klangexperimente, enstehen im

Laufe dieser Ubungen selbsttätig und durch Zufall spielerisch Formen von

Improvisation. Klänge wie Luftgeräusche, das perkussive Klopfen auf das

Mundstück oder „Slaps“25 erweitern schrittweise den musikalischen

Wissenshorizonts des Schülers, welche Teil der Gruppenunterrichts-Stücke

von John Cages „FOUR6“, der Soundpaintingsprache Thompsons und den

Werken von Vinko Globokars sind. Es wurde festgestellt, dass die spielerische

Betrachtung der Improvisation und deren Elemente in der Gruppe, das

gemeinsame Zusammenspiel verändern und die Schüler schrittweise auf neue

Wege der Improvisation, des Zuhörens und der Klangerforschung führen.

Bereichern die Werke den/die SchulerIn und andert es etwas an seiner/ihrer

Musizierpraxis?

Auf dem Sektor der Trompetentechnik sind die beobachteten positiven

Veränderungen, außer dem Mehrgewinn an Motivation, eine bessere

Luftführung, Luftkontrolle und Tonvorstellungskraft, speziell bei den Stücken

von Vinko Globokar. Bei „Valse Communicants“ muss die Luftführung

aufgrund des verlängerten Luftweges, zielgerichteter und kontrollierter

eingesetzt werden. Dafür muss man diese beherrschen lernen. Zusätzlich

können sich diese Ubungen, bei Uberbetätigung, möglicherweise negativ auf

den Ansatzmechanismus26 auswirken, da der Kraftaufwand für die Luftführung

ein höherer ist, als beim normalen Trompetenspiel. Eine Kontrolle durch den

Lehrer sollte deswegen nicht außer Acht gelassen werden. Gleiches gilt für den

Umgang mit der „vereinfachten zyklischen Improvisation“. In dem kompetitiven

Zugang, besser als der Lehrer oder die Mitmusiker sein zu wollen, liegt die

Stärke, da die Spielenden angespornt werden, über die eigenen Grenzen des

Lungenvolumens und Luftführung zu gehen und gleichzeitig wenig über

Tonhöhe und der damit verbundenen „Schwierigkeit“ nachzudenken. 25 Das schnelle Bewegen der Zunge zur Mundstücköffnung, dies führt zu einem perkussiven Klang26 Das Zusammenwirken von Lippenmuskulatur (-spannung) und Kieferposition

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Durch diese Stücke, erfährt der/die Schüler/-in eine neue spielerische

Erfahrung mit der Atmung, als auch den Umgang mit Lautstärke in allen

Registern. Bei beiden sollte man die Technik des Schülers kontrollieren, um

nicht durch Unachtsamkeit, neue kontraproduktive „Gewohnheiten“ entstehen

zu lassen. Auch Cages und Thompsons Gruppen-Stücke geben, durch

angeleitete Improvisation, den Schülern die Möglichkeit sich dem Großthema

„Improvisation“ auf eine neue Art zu nähern und im Gesamtklang mit Anderen

damit zu experimentieren. Es wurde festgestellt, dass es Schülern unter

Anleitung und gewissen vorgegebenen Richtlinien leichter fällt mit

Improvisation umzugehen und einen Mehrwert für ihr Spiel zu erzielen.

Kann man die Werke auf Blechblasinstrumente (Trompete) umsetzen/

adaptieren?

Alle Werke wurden so ausgewählt und bearbeitet, dass sie im Alltag von

Schule und Musikschule verwendet werden können. Es ist wie erwähnt Fakt,

dass zumeist unterschiedlichste Instrumente und verschiedene Levels

innerhalb einer Gruppe vorherrschend sind. Aufgrund dieser Problematik

wurden diese Faktoren, in den Musikstücken bestmöglich berücksichtigt, aber

fokussiert für Blechblasinstrumente betrachtet. Beginnend bei 4 Spielenden bei

„Four You“, die natürlich beliebig oft doppelt besetzt werden können, entwickelt

sich ein neues allgemeines instrumentenspezifisches Klangreservoir, das

Level-unabhängig funktioniert. Die „vereinfachte zyklische Improvisation“

können bis zu sechs Musiker gleichzeitig spielen und da der Schwierigkeits-

grad im Bezug auf die Höhe als leicht zu definieren ist, kann man dieses Werk

vielseitig einsetzen. Durch die Soundpaintingsprache von Walter Thompson

sind alle diese Faktoren nicht von belangen, da sie unabgängig von Level,

Instrumentengruppe und Anzahl der Spielenden praktiziert werden kann.

„Valse Communicants“ und auch diese Uberlegungen dazu, können durch eine

Adaption des Plastikschlauches, mit jeglichem Blechblasinstrument praktiziert

werden.

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5. Conclusio

Die Befassung mit diesen drei Komponisten und ihren Werken zeigt die

Vielseitigkeit der Unterrichtsmöglichkeiten mit Blasinstrumenten auf. Auch

wenn diese Werke einiges an Ideen und Erfahrungen für den erweiterten

Instrumentalunterricht bieten, ist dieses weitläufige Thema, Neue Musik jungen

Schüler/-innen näher zu bringen, noch lange nicht erschöpft. Dieses wird mich

vermutlich mein gesamtes Leben lang beschäftigen. Gerade die Heraus-

forderung Stücke zu finden, die im Alltag der Musikschule möglichst vielseitig

und flexibel funktionieren, stellte sich als schwierig heraus.

Es wurde festgestellt, dass Schüler durch diese gewählten Stücke, eine neue

Erfahrung mit den unterschiedlichen Aspekten des Trompetenspiels und der

Musikalität im Allgemeinen machen konnten. Der spielende Umgang mit den

essentiellen Kernthemen des Unterrichts mit Blasinstrumenten, wie die

Atmung, der Luftführung und Kontrolle und der Tonvorstellungskraft,

erweiterten die Unterrichtspraxis und machten es möglich, Kinder und

Jugendliche schrittweise auf neue Wege der Improvisation, des Zuhörens und

der Klangerforschung zu führen.

Mit Fragen wie: „Wie erkläre ich Improvisation?“ und „Wie kann ich die

Kreativität meiner Schüler fördern?“ werde ich mich weiter auseinandersetzen,

um meine Schüler nicht nur zu guten Instrumentalisten, sondern auch zu guten

Musikern zu machen.

Abschließen möchte ich diese Arbeit mit den Worten von John Cage:

„Ich verstehe nicht warum Menschen Angst von neuen Ideen haben, Ich

habe Angst vor den alten.“ John Cage 198827

27 Aus „Conversing with Cage“ von Richard Kostelanetz, aus dem Englischen übersetzt

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6. Literaturverzeichnis

6.1. Textquellenverzeichnis / Literaturliste

Literatur:

Arendt, Gerd (2009), Instrumentalunterricht für Alle? Zur langfristigen Relevanz

des Klassenmusizierens und der Notwendigkeit einer Reform des

Musikunterrichts. Augsburg: Wißner

Barthelmes, Barbara (2008), Was ist eigentlich Neue Musik?, Das Magazin der

Kulturstiftung des Bundes, Das Magazin #11, Frühjahr 2008, Halle

Bartmann, De Roo, Irgmaier (2006), New Sounds Cookbook, 36 Stücke für

variable Ensembles, München: G.RICORDI & Co ISBN 3-938809-12-4

Bähr, Johannes (2000a), Zur Entwicklung musikalischer Fähigkeiten von Zehn

bis Zwölfjährigen: Evaluation eines Modellversuchs zur Kooperation von Schule

und Musikschule. Göttingen: Cuvillier Verlag

Buchborn, Thade: Neue Musik im Instrumentalunterricht mit Blasinstrumenten,

Essen 2011: DIE BLAUE EULE; ISBN 978-3-89924-327-7

Danuser Hermann (1997), Artikel: Neue Musik. In: Finscher, Ludwig

(Herausgeber) Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Sp. 75-122

Maletz, Hermann: Leidenschaft? Neue Musik – über Klänge, Laute, Zeichen bis

zu Jazz und Pop, Berlin 2011: Lit Verlag Dr. W. Hopf ISBN 978-3-643-11398-6

Globokar, Vinko: Individuum ↔ Collectivium 1979 → … , Saarbrücken: Pfau-

Verlag ISMN M-50085-003-8

Globokar, Vinko: Laboratorium pour 10 musiciens 1973 →85 , cf peters ed.

Österreichische Musikzeitschrift, Band 67, Heft 4, Seiten 63–66, ISSN (Online)

2307-2970, ISSN (Print) 0029-9316

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Weblinks:

1. Internetquelle: http://www.kulturstiftung-des-

bundes.de/cms/de/mediathek/magazin/magazin11/wasistneuemusik/index.html

(letzter Zugriff 4.März 2018)

2. Internetquelle: http://imslp.org/wiki/Clar

%27s_Technical_Studies_for_the_Cornet_(Clarke%2C_Herbert_Lincoln)

(letzter Zugriff 9.Februar 2018)

3. Internetquelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Arban_method

(letzter Zugriff 9.Februar 2018)

4. Internetquelle: https://www.bmb.gv.at/schulen/unterricht/lp/ahs15_790.pdf?

61ebzo (letzter Zugriff 25. Jänner 2018)

5. Internetquelle: http://www.ignm.at/?Aktuelles___Junge_Musik

(letzter Zugriff 4. März 2018)

6.2. Abbildungsverzeichnis:

Alle Graphiken © Dominik Fuss 2018

außer Originalskizze Seite 8: © Vinko Globokar Laboratorium 47a, Seite 160

7. Anhang

7.1. Biographie des Autors

Dominik Ernest Fuss wurde im Jahre 1989 in Wien geboren und absolvierte,

nach Ablegung der Matura am Musikgymnasium Wien, das Konzertfach

Jazztrompete an der Konservatorium Wien Privatuniversität bei Univ.-Prof. Jörg

Engels. Er studierte Instrumental- und Gesangspädagogik (Jazz) an der

Kunstuniversität Graz bei Univ.-Prof. Jim Rotondi und an der Universität für

Musik und darstellende Kunst IGP- Trompete (Pop) bei Prof. Horst-Michael

Schaffer. Im Rahmen des Erasmusprogrammes wechselte er im Winter-

semester 2012/13 an die Hochschule für Musik und Tanz in Köln zu Prof. Andy

Haderer und Matthias Bergmann. Seit 2014 studiert er am Konservatorium des

Landes Burgenland klassische Instrumental- und Gesangspädagogik bei Prof.

Reinhold Ambros (Wr. Philharmoniker), später Prof. Josef Bammer

(Tonkünstlerorchester NÖ).

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