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GENERGIE – CHANCENGLEICHHEIT IN DER ENERGIETECHNIK

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GENERGIE – CHANCENGLEICHHEIT IN DER ENERGIETECHNIK

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In Kooperation mit:

Unsere Partner:

Ein herzliches Dankeschön geht an die Kooperationspartner und Unterstützer des Projekts GENergie.

Das diesem Buch zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung  und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01FP1504 gefördert.

Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autor/innen.

Alle Beobachtungen beruhen auf Nennungen der Expertinnen und Experten.

GENERGIE – CHANCENGLEICHHEIT IN DER ENERGIETECHNIK

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4 | Kapiteltext | 5Grußwort

GRUSSWORT |

Deutschland ist mit seinen Zielen zur Energiewende und der Forschung in Umwelt- und Energiethemen führend in Europa. Für eine erfolgreiche Zielerreichung bis 2050 ist aber auch die Einbindung aller gesellschaftlichen Gruppen notwendig. Dies wird beim Thema Energieeffi zienz sehr deutlich. Im Rahmen des Europäischen Forschungs- und Innovationsprogramms der EU, Horizont 2020, bin ich als Genderexpertin Teil des Beratungs-gremiums für Forschung und Innovation im Energiebereich.

In den letzten Jahren hat die Europäische Kommission viele Millionen Euro in Demonstrationsvorhaben investiert, in denen Städte und Kommunen durch Sanierung oder Neubau von Wohn-vierteln eine höhere Energieeinsparung und Reduzierung von klimaschädlichen Emissionen erreichen wollen. Die vorhergesag-ten Potenziale lagen hoch, die tatsächlich erzielten Einsparungen

aber deutlich darunter. Das ist ein Problem – sowohl für die EU-Kommission als auch für die Exper-tinnen und Experten. Die Schuldigen sind schnell gefunden: die Bewohner nutzen die neuen Anlagen und Potenziale nicht so, wie es „richtig“ wäre. Die Aufforderung an mich als Genderexpertin und die im Gremium beteiligte Verhaltensforscherin: Tut etwas, damit sich die Nutzer/innen richtig verhalten!

Verhalten basiert auf Bedürfnissen und Motivation. Wenn diese Faktoren nicht in die Entwicklung und Markteinführung von Technik einbezogen werden, wird der Erfolg in Frage gestellt. Wie durch eine gute Erhebung der Bedarfe und daraus abgeleitetes Design und Beratungsleistungen ein Unterschied gemacht werden kann, lesen Sie in dieser Publikation. Das Spannende hierbei ist, dass Frauen als Anwenderinnen die Rolle der Innovationstreiber übernehmen. Mit diesem Blickwinkel lassen sich auch Studiengänge in der Energietechnik attraktiv gestalten.

Deutschlands Vorreiterrolle als Innovationsführer im Energiebereich erfordert auch Maßnahmen, um die Rolle der Frauen zu stärken, Gender in die Innovationsprozesse aufzunehmen und junge Frauen für den Bereich zu mobilisieren. Mit dieser Publikation wollen wir einen Anstoß dazu geben.

Eine inspirierende Lektüre wünscht Ihnen

Dr.-Ing. Petra PüchnerManaging Director Steinbeis 2i GmbH,ein Unternehmen im Steinbeis-Verbund

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6 | Kapiteltext | 7Inhalt

1 Einleitung 9 2 Vorstellung des Projekts GENergie 15

2.1 Zielsetzung und Umsetzung 15

2.2 Wissenstransfer und Vernetzung 16

2.3 Integration von Genderaspekten in Forschung, Entwicklung und Markteinführung im Energiebereich 18

2.4 Neue Strategien für mehr Attraktivität von Studien- und Ausbildungsgängen im Energiebereich 28

3 Autor/innenbeiträge 36

3.1 Nutzer/innengerecht planen für gender- und diversitätsgerechte energieeffi ziente Gebäude, DIin Dr.in Edeltraud Haselsteiner, Projekt GINGER 36

3.2 Förderung von Chancengerechtigkeit in Wissenschaft und Forschung – Blitzlicht, Dr. Maren A. Jochimsen, Essener Kolleg für Geschlechterforschung (EKfG) 42

3.3 MINT-FEMININ – Genderasymmetrie als Phänomen und Problem, Prof. Dr. Uwe Pfenning, Universität Stuttgart 46

3.4 Innovative Energietechnik – inspired by women, Klaus Schroeder, design-people 52

3.5 Serena Supergreen und der abgebrochene Flügel, Dr. Pia Spangenberger, WILA Bonn / TU Berlin 60

3.6 Energiegenossenschaften als Gleichstellungsinstrument, Dr. Anke Stock, Katharina Habersbrunner, Women Engage for a Common Future (WECF) 68

3.7 Die verborgene Botschaft der Bilder, Dr. Marianne Vollmer, Vollmer Consulting 74 4 Netzwerk-Beispiele 80

4.1 Women4Energy – Das europäische Frauennetzwerk für innovative Energielösungen 80

4.2 women&energy – Das energiegeladene Frauennetzwerk! 83

5 Ausblick und Schlusswort 84

6 Literaturverzeichnis 85

7 Foto- und Abbildungsverzeichnis 88

8 Impressum 90

INHALT |

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| 9Einleitung

1 EINLEITUNG

Der Begriff „Energietechnik“

Die Energietechnik ist eine Ingenieurwissenschaft, die sich interdisziplinär mit dem Thema Energie befasst. Hauptinhalte sind Technologien für die effi ziente, sichere, umweltschonende und wirtschaftliche Gewinnung, die Umwandlung und den Transport sowie die Speicherung und Nutzung von Energie in all ihren Formen.

Ein Studiengang in dieser ingenieurwissenschaftlichen Fachrichtung bein-haltet mathematisch-naturwissenschaftliche Grundlagen, technikbezoge-nes Basiswissen, Energietechnik (sowohl die theoretischen Grundlagen als auch die praktischen Anwendungsfelder) sowie nicht-technische Inhalte wie etwa Englisch, Projektmanagement, Energierecht oder wirtschaftliche Aspekte wie BWL und Unternehmensführung.1

Gender in der Energietechnik

Das Projekt „Gender in der Energietechnik“ (GENergie) wurde vom Bundes-ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert, um das Wissen in diesem Bereich durch Vernetzung und verstärkte Kommunikation zu vermehren und bekannt zu machen. Dabei geht es um Chancengerechtig-keit von Männern und Frauen in Ausbildung und Beruf sowie Forschung und Innovation.

Gender in Forschung und Innovation

Die Berücksichtigung von Genderaspekten spielt nicht nur bei der For-schung und der Auswahl von Forschungsthemen eine Rolle, sondern auch bei der Entwicklung von Produkten und deren Markteinführung. Gender-aspekte stellen daher einen wichtigen Innovationsfaktor dar.

Gender im Verständnis der Chancengleichheit von Männern und Frauen

1 www.studieren-studium.com/ studium/Energietechnik (15.02.2017)

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10 | Einleitung | 11Einleitung

ist Teil der wissenschaftlichen Exzellenz. Werden Forschungsthemen, beispielsweise im Bereich Energie, nur von Männern gesetzt, Entscheidun-gen über Investitionen in neue Entwicklungen von Gremien beschlossen, die ausschließlich aus Männern bestehen, so ist die Gefahr groß, dass alternative Perspektiven und Lösungswege übersehen und Chancen nicht genutzt werden: Das Potenzial wissenschaftlicher Exzellenz wird nicht voll ausgeschöpft. Dem kann mithilfe gemischter Forschungs- und Entwick-lungsteams entgegengewirkt werden.2 Das Potenzial wissenschaftlicher Exzellenz wird durch die Einbeziehung von Angehörigen verschiedener Kulturen und Altersgruppen noch weiter erhöht. Je vielfältiger die Teams, desto vielfältiger die Ideen, Ansprüche und Lösungsansätze, was wieder-um eine vielfältigere Kundschaft anspricht.

Die Einbeziehung aller Geschlechter erhöht die gesellschaftliche Relevanz des produzierten Wissens, der Technologien sowie Innovationen: Wa-ren und Dienstleistungen werden besser am Markt akzeptiert und ge-schlechtsspezifi sche Normen und Vorurteile hinterfragt.

Die Frage ist nicht: „Warum sollten wir in der Energieforschung und Ent-wicklung auch auf eine Beteiligung von Frauen achten?“ Die Frage lautet: „Was muss sich in Bezug auf Strukturen und Rahmenbedingungen ändern, um mehr Vielfalt in unseren Innovationsteams und auf den Entscheidungs-ebenen zu erreichen?“ In der Berücksichtigung von Genderaspekten in Forschungs- und Entwicklungsprozessen wird somit ein außerordentlich hohes Potenzial gesehen, um vielfältige Zugangsweisen zur Handhabung, unterschiedliche Nutzungsbedürfnisse sowie Wünsche und Erwartungen an die Gestaltung des Produkts besser einbeziehen zu können.

Das Thema Gender in Forschung und Innovation beinhaltet grundsätzlich zwei Handlungsräume: Einerseits soll die Beteiligung der beiden Ge-schlechter in Forschung, Innovation und Entscheidungsfi ndung im Ener-giebereich sichergestellt werden, andererseits geht es darum, die For-schungs- und Innovationsvorhaben selbst auf Genderrelevanz zu prüfen und entsprechend anzupassen.

In der Forschung sind Genderaspekte nicht sofort offensichtlich: Eine Brennstoffzelle oder die Entwicklung neuer chemischer Brennstoffe er-

2 v. Rosenstiel, L., Regnet,E., Domsch, M. (2003):

Führung von Mitarbeitern.Schäffer-Poeschel Verlag.

Stuttgart, S.447 ff.

schließen sich nicht sofort als genderrelevant. Jedoch zeigt sich anhand einiger Beispiele, dass besonders in den Bereichen „Mobilität“, „Gebäude- und Städtebau“ und „Produkt- und Dienstleistungsentwicklung“ Genderas-pekte durchaus eine Rolle spielen (siehe hierzu auch Kapitel 3.4).

Die Projektkoordinatorinnen sind sich dessen bewusst, dass mit dem Projekt „GENergie“, insbesondere in Bezug auf Genderrelevanz in Energie-forschungsprojekten, Neuland betreten wird und nicht alle Fragen beant-wortet werden können. Die Vernetzung der Expertinnen und Experten und die Anregungen aus den Exkursen geben jedoch wertvolle erste Hinweise.

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12 | Einleitung | 13Einleitung

Höhere Attraktivität von Studien- und Ausbildungsgängen

Der Frauenanteil in MINT-Fächern (Mathematik, Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften und Technik) steigt. Obwohl dies eine gute Nachricht ist, darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Anzahl der Frauen in MINT-Fächern immer noch zu niedrig ist. Europaweit gesehen ist Deutsch-land damit zwar nicht allein, es gibt aber viele Regionen, vor allem in Dänemark und Schweden, wo deutlich mehr Frauen in den Ingenieurwis-senschaften tätig sind. Abbildung 1:

Anteil von weiblichen und männlichen Wissenschaftlern

und Ingenieuren im europäischen Vergleich

1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013

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24%22%

17%

17%

13%

Das Thema Energie betrifft viele Studien- und Ausbildungsgänge und reicht von Energiewirtschaft bis hin zu sehr technischen Studiengängen wie Maschinenbau mit Schwerpunkten im Energiebereich. Die Berufsmög-lichkeiten sind ebenso vielfältig: von der Energieversorgung im kommuna-len Bereich bis hin zum Bau von Windrädern, von chemischen Energieträ-gern bis hin zu intelligenten Verteilernetzen (Smart Grids).

FrauenMänner

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Abbildung 2: Mehr Frauen studieren MINT – Anteil aber weiterhin geringFrauenanteil an den Studierenden im 1. Fachsemester in ausgewählten Studienbereichen/-fächern1993 bis 2014 (Wintersemester und folgendes Sommersemester)

Naturwissenschaften Ingenieurwissenschaften Informatik

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14 | Einleitung | 15Vorstellung des Projekts GENergie

Dr.-Ing. Petra Püchner,Managing Director Steinbeis 2i GmbH

„Das Projekt GENergie leistet einen Beitrag zur Erhöhung des Frauenanteils in Ausbil-

dung und Studium energierelevanter Themen sowie zur Integration von Genderaspekten in die energie-

relevante Forschung.“

2 VORSTELLUNG DES PROJEKTS GENERGIE

2.1 Zielsetzung und Umsetzung

Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Chancen von Frauen in Bildung und Forschung, Beruf und Gesellschaft zu fördern und die Gleichstellung von Frauen und Männern zu verwirklichen. Hierbei gilt es auch, das Innovationspotenzial der Genderforschung für wissenschaftliche Impulse und gesellschaftliche Veränderungen zu nutzen. Dabei geht es sowohl um die Teilhabe und Stärkung der Rolle von Frauen in Forschung und Entwicklung als auch um die Integration von Gender als Querschnitts-thema in Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Darüber hinaus soll das Innovationspotenzial von Frauen zur marktgerechten Entwicklung und im Technologietransfer besser genutzt werden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt und fördert im Rahmen des Nationalen Pakts „Komm, mach MINT.“ verschiedene Projekte, um das Potenzial von Frauen für MINT-Berufe3 angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels zu nutzen. In diesem Rahmen wird auch das Projekt „GENergie – Gender in der Energietechnik“ gefördert.

Das Projekt GENergie leistet mit seinen Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in der Ausbildung und im Studium von energierelevanten Themen einen Beitrag zur Steigerung heterogener Innovationsteams und für mehr Vielfalt auf Entscheidungsebenen im Energiebereich. Ergänzend werden Genderaspekte und Methoden zu deren Integration in die ener-gierelevante Forschung bekannt gemacht und vertieft.

GENergie hat dafür Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland aus den Bereichen Gender und Energietechnik zusammengebracht, um gemeinsam Genderaspekte für Hochschulausbildung und Forschung zu er-arbeiten. Die Vernetzung von Frauen aus Forschung, Hochschulausbildung und Unternehmen führte zu einem wichtigen Wissenstransfer, der einen Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit für Frauen in der Energieforschung auf allen Hierarchieebenen und in allen relevanten Innovationssystemen geleistet hat.

3 „MINT“ steht stellvertretend für die Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Bei MINT-Berufen handelt es sich nicht um eine homogene Berufsgruppe, sondern der Begriff umfasst verschiedene Berufe, bei denen jedoch technische, mathemati-sche oder naturwissenschaftliche Kenntnisse oder Fähigkeiten benötigt werden (Bundesagentur für Arbeit, Statistik/Arbeitsmarkt-berichterstattung (März 2016): Der Arbeitsmarkt in Deutschland – MINT-Berufe. Nürnberg 2016, S. 5, https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Arbeitsmarktberichte/Branchen-Berufe/generische-Publikatio-nen/Broschuere-MINT-2016.pdf (16.02.2017)).

2

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16 | Vorstellung des Projekts GENergie | 17Vorstellung des Projekts GENergie

Das Projekt trägt somit dazu bei, das ganze Spektrum des Innovations-potenzials für die Energiewende zu nutzen. Dazu gehört es, mehr Frauen für den Energiesektor durch entsprechende Ausbildungs- und Studiengän-ge zu gewinnen und in der Energieforschung und Entwicklung Gender als Innovationsfaktor zu etablieren.

Expert/innen und relevante Akteur/innen aus Hochschule, Industrie und Verwaltung wurden zu zielgerichteten Diskussionen zu den folgenden Themen eingeladen:

• Integration von Genderaspekten in Forschung, Entwicklung und Markteinführung im Energiebereich• Neue Strategien für mehr Attraktivität von Ausbildungsgängen im Energiebereich

Abschluss des Vorhabens bildete eine Konferenz am 08. Februar 2017 in Stuttgart, bei der die Ergebnisse, Empfehlungen und aktuelle Entwick-lungen zum Themenfeld Gender und Energietechnik präsentiert wurden.

2.2 Wissenstransfer und Vernetzung

Um den Wissenstransfer und die Vernetzung der Akteure zu gewährleisten, wurden unterschiedliche Formate gewählt.

Es wurden drei Workshops organisiert, die Round Tables und intensive Dis-kussionen zwischen Expert/innen und Betroffenen wie Wissenschaftler/innen, Entscheidungsträger/innen aus Wirtschaft und Verwaltung, Hoch-schullehrende sowie Akteur/innen aus der Wirtschaft ermöglichten. Die Workshops fanden in drei unterschiedlichen Bundesländern statt, um ein möglichst großes Publikum zu erreichen.

Gezielte Leitfragen, die mit Expert/innen gemeinsam entwickelt wurden, dienten als Gerüst für Diskussionen und Experteninterviews (siehe S. 18).

Referentinnen und Referenten wurden gebeten, ihre Vorträge an den Leitfragen auszurichten und die folgenden Diskussionen dementspre-chend zu lenken. Im Rahmen von Interviews fassten die Referent/innen die Kernaussagen der Diskussion zusammen. Diese Interviews sind auf der beiliegenden DVD verfügbar.

Darüber hinaus boten die Workshops eine Plattform für die Vernetzung der Akteurinnen und Akteure aus Forschungsinstituten, Hochschulen und der Industrie und zur Anbahnung gemeinsamer Kooperationsprojekte, die sich mit dem Energiethema unter Einbeziehung von Genderaspekten beschäftigen.

Die Ergebnisse des Projekts GENergie wurden bei der Abschlusskonferenz in Stuttgart vorgestellt und vertieft. Diese lieferte eine offene Plattform zum Austausch. Dadurch konnten neue Impulse sowie ergänzende Aspekte und Fragestellungen berücksichtigt werden.

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18 | Vorstellung des Projekts GENergie | 19Vorstellung des Projekts GENergie

2.3 Integration von Genderaspekten in Forschung, Entwicklung und Markteinführung im Energiebereich

Leitfragen

Das Steinbeis-Europa-Zentrum hat gemeinsam mit den Referent/innen Fra-gen und Diskussionsthemen erarbeitet, um in Gesprächen mit eingeladenen Expert/innen im Rahmen der Workshops in Magdeburg und Stuttgart und der Abschlusskonferenz in Stuttgart neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Vier Leitfragen wurden identifi ziert:1. Welche Genderaspekte bei der Forschung, Entwicklung und Markt- einführung im Energiebereich sind zu beachten?2. Welche Unterschiede gibt es in Bezug auf Gender, die für den Innovationsprozess relevant sind?3. In welchen Themenfeldern im Energiebereich ist eine Beachtung von Genderaspekten notwendig?4. Wie kommt es, dass Gender als Innovationsfaktor im Energiebereich häufi g ausgeblendet wird? Was sind hier die Herausforderungen und

Schwierigkeiten?

Die Teilnehmer/innen der beiden Workshops kamen aus der Wirtschaft, aus der Forschung und von Organisationen, die genderrelevantes Wissen im Energiebereich in Innovationsprojekten anwenden.

Ergebnisse

a) Akzeptanz einer Genderrelevanz in der Energieforschung Bei den Diskussionen wurde deutlich, dass im Hinblick auf die Relevanz von Genderaspekten besonders der Technologiereifegrad beachtet wer-den muss. Je näher ein Produkt am Markt bzw. bei der Anwendung ist, desto höher ist die Akzeptanz für eine mögliche Genderrelevanz und desto mehr Beispiele fi ndet man.

Im Umkehrschluss sind Beispiele für Technologien mit Genderaspekten, die weiter vom Markt entfernt sind und sich somit noch in der Forschungs- und Entwicklungsphase befi nden, sehr viel schwerer zu identifi zieren. Eine

junge Wissenschaftlerin aus der Elektrotechnik, die zum ersten Mal von Genderrelevanz in der Forschung hörte, empfand eine solche in Bezug auf die von ihr zu entwickelnden Energieanlagen völlig überzogen. Auf der anderen Seite sprachen sich Wissenschaftlerinnen von einem Forschungs-institut, das einen hohen Frauenanteil aufweist, dafür aus, dass allein die hohe Anzahl an Frauen in der Energieforschung zu anderen Herange-hensweisen führen kann und häufi g auch führt. Diese Kultur sei vor allem durch die langjährige Führung des Instituts durch eine Wissenschaftlerin geprägt worden.

Diese zwei Aussagen stehen stellvertretend für folgende grundsätzliche Ergebnisse:• Die fehlende Akzeptanz einer Genderrelevanz in der Energieforschung

ist zunächst vor allem darauf zurückzuführen, dass die meisten Wissenschaftler, egal welchen Geschlechts, noch nie auf diese Möglichkeit hingewiesen und nicht entsprechend geschult wurden.

• Man kann nicht davon ausgehen, dass die Präsenz von Frauen in Forschungsteams allein schon zu einer Sensibilisierung für Gender-relevanz führt.

• Eine hohe Beteiligung von Frauen, insbesondere durch entsprechende Vorbilder in Führungspositionen, könnte einen Unterschied machen.

Die Zusammensetzung von Forschungsteams ist in der Regel nicht ausrei-chend durch Vielfalt oder Genderbalance geprägt, insbesondere im stark männlich dominierten Energiebereich. Männer entwickeln Technologien, die auf ihre eigenen Horizonte in Bezug auf Bedürfnisse und Ansprüche ausgerichtet sind. Themen, die Frauen womöglich anders einschätzen oder priorisieren, werden somit nicht erkannt, angegangen und gelöst. Damit fehlt es an vielfältigen Lösungsansätzen und Ideen.

b) Erwartungshaltung an Nutzerinnen und Nutzer von EnergielösungenEnergieeffi zienz ist ein wichtiges Themenfeld im Energiesektor. Im Bereich Gebäude oder Geräte werden viele Lösungen und Anwendungen ent-wickelt, die Energie einsparen und damit gekoppelt weniger klimaschädli-che Gase produzieren sollen. In der Realität kann man aber beobachten, dass die Anwendung nicht zu den prognostizierten Verbesserungen führt. Der Grund dafür wird bei den Nutzerinnen und Nutzern gesucht, die noch

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20 | Vorstellung des Projekts GENergie | 21Vorstellung des Projekts GENergie

besser geschult werden müssen. Folglich herrscht die Meinung vor, dass sich Kund/innen und Anwender/innen ihren Produkten anpassen müssten und nicht umgekehrt.

Übersehen wird dabei, dass eine frühe Einbindung von Nutzerverhalten beim Design von Geräten und Prozessen in der Energietechnik zu neuen Funktionalitäten führen kann, die zu einer höheren Akzeptanz, einer bes-seren Bedienbarkeit und somit zu einer höheren Ausbeute der anvisierten Energieziele beitragen (siehe Kapitel 3.4).

c) Genderaspekte in der Energietechnik Sobald in einem Forschungsgebiet unterschiedliche Anwendergruppen angesprochen werden sollen, sind Genderaspekte zu beachten. Im For-schungsgebiet der Energietechnik geht es vor allem darum, den Zugang der Nutzergruppen zum Produkt zu analysieren und die Akzeptanz oder mögliche Barrieren der Personen sowie deren unterschiedliche Sicht- und Verhaltensweisen herauszufi nden.

• Zugang zu Energieversorgung In einigen Regionen der Erde ist der Zugang zu Energie nicht selbstver-ständlich. Oft müssen Frauen ohne Elektrizität auskommen und lange Strecken zurücklegen, um an Wasser zu gelangen. Organisationen wie „Wo-men Engage for a Common Future“ (WECF) analysieren das unterschiedli-che Rollenverhältnis und das damit einhergehende Nutzerverhalten der Menschen vor Ort, um eine passgenaue Förderung anzustreben. Im Rah-men von Workshops, beispielsweise in Georgien, wurde den Teilnehmerin-nen und Teilnehmern die Nutzung von Solaranlagen ausführlich erklärt, da man mit deren Einführung der Energiearmut und der starken Abholzung der Wälder entgegenwirken möchte (siehe Kapitel 3.6).

• Akzeptanz von Technologie Die Akzeptanz einer Technologie ist abhängig von den unterschiedlichsten Merkmalen einer Person wie Alter, Geschlecht und Herkunft. Fokussiert man sich auf das Geschlecht der Anwender und Anwenderin-nen, fallen einige Unterschiede auf. Frauen haben meist eine größere Hemmschwelle vor der Bedienung einer für sie neuen Technologie als Männer.

Außerdem wird der Nutzen einer Technologie von verschiedenen Perso-nengruppen unterschiedlich wahrgenommen.

Nimmt man das Technologieakzeptanzmodell von Davis aus dem Jahr 1989 und wendet es nicht nur auf „den Nutzer“, sondern auf unterschied-liche Nutzergruppen an, kann man die Akzeptanz neuer Technologien viel deutlicher analysieren. Hierzu muss das Nutzerverhalten der Anwender/innen detailliert geprüft und die jeweiligen Bedürfnisse, Anforderungen und Wünsche an die Technologie erfasst werden. Beispielsweise haben Frauen eine andere Zielsetzung bei der Verwendung einer Technologie als Männer. Eine Analyse in Bezug auf Mobiltelefone zeigte, dass die männ-lichen Nutzer vor allem ein hochtechnisches Gerät mit vielen Optionen und Innovationen suchen und diese auch verwenden. Frauen möchten vor allem ihre persönlichen Netzwerke und Verpfl ichtungen organisieren.4 Die neue Heizung wird von Frauen vor allem in Bezug auf Komfort und Bedien-barkeit bewertet, während Männer bei ihrer Kaufentscheidung auch durch Aspekte wie Innovation, Technik und die damit verbundenen Möglichkeiten geleitet werden.

4 Witt, N., Hofmeister, H. (2015): ’I just have to have it’ or ‘It’s enough for me’? Gendered tendencies in attitudes towards and usage of mobile communi-cation technology. International Journal of Gender, Science, and Technology 7 (1), S. 4-27.

Abbildung 3: Das Technologieakzeptanzmodell

Externe Variablen

Einstellung gegenüber der Verwendung

Absicht zur Bedienung

Tatsächliche Nutzung

Wahrgenommene Nutzbarkeit

Wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit

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22 | Vorstellung des Projekts GENergie | 23Kapiteltext

• Sichtweise und Verhalten in Bezug auf Energienutzung und -verbrauchDie Analyse des Nutzerverhaltens ist äußerst wichtig, um falscher Bedie-nung oder gar der Nichtnutzung einer Technik oder Technologie vorzu-beugen; dies betrifft auch das Thema Energie z. B. im Haushalt. Hierfür ist geschultes Personal gefragt, um Bedenken und Barrieren im Hinblick auf Nutzung und Bedienbarkeit aufzuspüren und diesen mit nutzergerechten Lösungen zu begegnen. Nicht immer ist eine neue Designstudie nötig, um die Interfaces zwischen der Technik und den Nutzer/innen zu gestalten. Kleine Änderungen können bereits die Bedienbarkeit optimieren und ge-zielte Schulungen bestimmten Nutzergruppen den Zugang erleichtern.

Des Weiteren ist es sinnvoll, das Verbraucherverhalten der Nutzer/innen zu ergründen, um beispielsweise Geräte zur Einstellung von Raumtempe-ratur, Raumklima oder zur Kontrolle des Stromverbrauchs so zu gestalten, dass sie ihrem Bedarf entsprechen.

Beispiele aus der Forschung

Recherchiert man über die Grenzen Deutschlands hinaus, trifft man auf das Forschungsprogramm „FEMtech“. Es handelt sich dabei um eine Initia-tive des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (bm-vit) in Österreich, die Vorhaben in Forschung, Technologie und Innovation unterstützt, deren Forschungsgegenstand die unterschiedlichen Lebens-realitäten und Bedürfnisse von Frauen und Männern berücksichtigen. In den Jahren 2008 bis 2014 wurden 55 Projekte gefördert. Hierbei sind die Projektinhalte in sechs Themengebiete unterteilt: Energie/Umwelt, IKT, Life Science, Mobilität, Produktion und Sonstige.

Nachfolgend werden zwei Projektbeispiele vorgestellt, welche besonders für die Integration von Genderaspekten in die Forschung im Energiebereich sprechen.

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24 | Vorstellung des Projekts GENergie | 25Vorstellung des Projekts GENergie

Beispiel 1: CON-BioEnergy

Laufzeit: Juni 2010 - November 2011

Ziel des Projekts: Erforschung der aktuellen Situation bei der Bedienung von Biomassekesseln und Kachelöfen mit Fokus auf Genderaspekte

Fragestellungen:• Wie stehen unterschiedliche Gruppen zu Biomasse-Heizsystemen?• Wann/Warum entscheiden sich Männer/Frauen für oder gegen ein

nachhaltiges Heizsystem?• Was sind die Barrieren und Nachteile bei der Bedienung einer

Biomasseheizung?

Ergebnisse: • Der Betrieb von Biomasse-Heizsystemen erfolgt vor allem durch Männer.• Frauen sind nur bei jeder zweiten Einführung anwesend und somit bei

Problemen und Störungen häufi g auf den Mann angewiesen.• Bei Fehlersimulationen wagten sich nur drei von zehn Frauen an den

Kessel.

Lösungen:

Supportbuttons werden schon bei der Programmierung der Pelletkessel integriert. Eine grafi sche Unterstützung zur Störungsbehebung ist über eine App verfügbar.

Es wurde ein Foliensatz für die Schulung der Energieberater/innen entwickelt, um diese für eine gendersensible Einführung nach der Installation des neuen Heizsystems zu sensibilisieren.

Beide Maßnahmen erleichtern den Zugang zur Technik, bauen Barrieren ab und geben Frauen mehr Sicherheit im Störungsfall.

Beispiel 2: EnBe2.0

Laufzeit: Juli 2014 - September 2016

Ziel des Projekts: Die Entwicklung eines anwendungsfreundlichen und praxistauglichen Beratungsinstruments für Energieberater/innen (EnBe2.0-Toolbox). Berücksichtigt werden vor allem Werte, Bedürfnisse, Präferenzen und Haushaltsansprüche der Zielgruppen.

Fragestellungen:• Was muss auf Ebene der Haushalte erforscht werden, damit die Energie-

beratung auch zu einer Erfüllung der EU-Energieeffi zienzziele führt? • Wie müssen die Maßnahmen und Empfehlungen der Energieberater/

innen gestaltet sein, um den unterschiedlichen Präferenzen von Frauen und Männern zu begegnen?

Ergebnisse: Toolbox für Energieberater/innen mit• einer Sammlung von verschiedensten

Energiespar- und Energieeffi zienz-maßnahmen und

• hinterlegten zielgruppenspezifi schen Ansprachemöglichkeiten und Argumentationshilfen

Die Berater/innen können nun die Bedarfe der Haushaltsmitglieder besser einschätzen und nutzerspezifi sche Maßnahmen erläutern.

Abbildung 4: Vorgang einer Ener-gieberatung nach Anleitung der EnBe2.0-Toolbox

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26 | Vorstellung des Projekts GENergie | 27Vorstellung des Projekts GENergie

Handlungsempfehlungen

Folgende Handlungsfelder ergeben sich aus dem Expertenaustausch im Rahmen von GENergie: 1. Forscherinnen müssen für das Thema sensibilisiert und, im besten Fall

gemeinsam mit ihren männlichen Kollegen, geschult werden, um Gender als Querschnittsthema in allen Forschungsschritten einzubeziehen. Dies kann entweder durch externe oder durch organisationsinterne Gender-expert/innen realisiert werden.

2. Gemischte Forschungs- und Entwicklungsteams, und im Energiebereich vor allem die Integration weiblicher Teammitglieder, sind wichtig, damit in Problemsituationen Fragestellungen wie „was kann passieren, wenn…“ und „was erleichtert die Handhabung…“ einbezogen werden. Frauen sind oftmals sensibilisierter, wenn es um Sicherheitsaspekte und Schutzmaß-nahmen geht.

3. Mehr Ergebnisse aus der Forschung sind notwendig, a) um tatsächliche Unterschiede in Bezug auf Forschungsergebnisse von ge-

mischten Teams im Vergleich zu derer homogener Teams aufzuzeigen und, b) um generell Genderrelevanz in der Energieforschung zu belegen.

Es gibt in Deutschland vergleichsweise wenige Forschungsbeispiele und -projekte mit genderrelevanten Inhalten. Für Österreich hingegen kann man das Förderprogramm „FEMtech“ als Beispiel nennen (siehe S. 22, 37).

Außerdem bedarf es Praxisbeispiele, um genderrelevante Inhalte in For-schungsprojekten voranzutreiben. Somit können die Vorteile der Einbezie-hung von Genderaspekten aufgezeigt und der Mehrwert für Forschung und In-dustrie auch im Hinblick auf die notwendige Investition verdeutlicht werden.

Fragestellungen in der ForschungDie Europäische Kommission hat gemeinsam mit der Stanford University eine Wissensplattform namens „gendered innovation“ geschaffen, in die auch die Ergebnisse der Fraunhofer Gesellschaft zu Genderaspekten in der Forschung eingegangen sind. Bezugnehmend darauf sollten schon bei der Ideengenerierung für Forschungsthemen im Energiebereich folgende Fragen beantwortet werden:

• Wenn die Forschung Menschen als Forschungsobjekte einbezieht, wurde die Relevanz des Geschlechts für das Forschungsthema analysiert?

• Wenn die Forschung nicht direkt Menschen einbezieht, sind mögliche biologische Unterschiede zwischen Männern und Frauen für das For-schungsobjekt relevant?

• Sollten bei der Gestaltung der Technologie Unterschiede im Körperbau zwischen Männern und Frauen berücksichtigt werden (Kraft, Größe)?

• Welche unterschiedlichen Nutzungszusammenhänge der Technik lassen sich feststellen (z. B. Nutzung im Berufsleben, in der Freizeit, in der Fami-lie etc.)? Ergeben sich daraus unterschiedliche Nutzungsgewohnheiten und -häufi gkeiten?

• Gibt es unterschiedliche Ansprüche an das Design der Technik? Zu beachten ist hier vor allem die Gefahr der Stereotypisierung.5

Gender in Forschung und Innovation etablieren1. Gezielte Förderung von beispielhaften Forschungsprojekten:

Ausschreibungen im Rahmen der Hightech-Strategie nutzen, um technologische Projekte mit Genderexperten auszustatten. Diese unterstützen und schulen das Forschungsteam darin, Genderrelevanz zu integrieren.

2. Aufruf für Begleitforschungsprojekte, die das Thema Genderrelevanz in der Energietechnik für verschiedene Energiethemen erforschen, wie z. B. in • Energiewirtschaft• Energieversorgung• Nutzerverhalten / Energieverbrauch • Erneuerbaren Energien

3. Etablierung von Gender als Innovationsfaktor im Energiebereich• Zum Beispiel kommunale Energieversorger auf verschiedene Nutzer- verhalten und Optimierung der Energieeffi zienz hinweisen.• In Kommunen städtebauliche Ausschreibungen immer im Hinblick auf bessere Einbindung der spezifi schen Bedarfe von Frauen und Älteren konzipieren.

5 Bührer, S., Schraudner, M. (Hrsg.) (2006): Gender-Aspekte in der Forschung. Wie können Gender-Aspekte in Forschungs-vorhaben erkannt und bewertet werden? DiscoverGender. Fraun-hofer IRB Verlag. Karlsruhe, S. 14.

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28 | Vorstellung des Projekts GENergie | 29Vorstellung des Projekts GENergie

4. Stärkung der Teilhabe von beiden Geschlechtern in der Energiebranche • Die Einbindung von Frauen und Männern zu gleichen Teilen in allen Entscheidungsebenen in öffentlichen Energieversorger-Unternehmen verankern.• Für die Energiewirtschaft eine Frauenquote für Führungsebenen einfordern.

2.4 Neue Strategien für mehr Attraktivität von Studien- und Ausbildungsgängen im Energiebereich

Auch zu diesem Thema wurden gemeinsam mit den Referentinnen und Referenten Leitfragen erarbeitet, welche mit den Teilnehmenden im Rah-men des intensiven Austauschs in Duisburg und Stuttgart diskutiert und beantwortet wurden.

Motivationsfaktoren junger Frauen, einen Studiengang oder eine Ausbildung im Energiebereich zu wählenFrauen sagt man eher nach, dass sie sorgsamer mit Leben, Ressourcen und Materie umgehen und dass sie stärker im Interesse künftiger Genera-tionen denken als Männer. Ein Nachhaltigkeitsbezug und die Sinnhaftigkeit in dem was man tut, auch und vor allem im Beruf, erscheinen vielen Frau-en als unabdingbar. Auch wenn es nicht beabsichtigt wird, neue Stereo-type zu schaffen, so haben doch alle Teilnehmenden aus Hochschule und Wirtschaft aufgrund der eigenen Erfahrung mit jungen Frauen in Ausbil-dung und Berufsleben dies bestätigt.

Der Energiebereich insgesamt und im Speziellen der Bereich erneuerbare Energien ist in Deutschland an das Schlagwort „Energiewende“ gekoppelt. Die Bundesregierung zielt auf eine Abkehr von der Atomenergie und eine Wende hin zu erneuerbaren Energieträgern ab. Gleichzeitig soll die Ener-gieeffi zienz erhöht, Energie eingespart und der Klimaschutz vorangetrie-ben werden. Damit steckt in der Energiebranche ein immenses Potenzial, Frauen für eine Karriere in der Energiewirtschaft zu begeistern.

Weitere Motivationsfaktoren für junge Frauen sind Themen wie • Kreativität und Innovation: Im vergleichsweise neuen Forschungsfeld der

erneuerbaren Energien wurden neue Arbeitsplätze und Berufssparten geschaffen, in denen Kreativität und Innovationsgeist besonders erfor-derlich sind. Dies sind ebenfalls Faktoren, die für die Wahl eines Studien-gangs/einer Ausbildung in diesem Bereich sprechen.

• Guter Verdienst und damit fi nanzielle Unabhängigkeit, um im Bedarfsfall auch allein eine Familie ernähren zu können.

• Gute Berufsaussichten mit Perspektive• Arbeitsplatzsicherheit• Die Möglichkeit, Karriere und Familie zu verwirklichen, ist für beide

Geschlechter inzwischen wichtig, für Frauen aber im Hinblick auf die Berufswahl entscheidender.

• Gesellschaftlicher Mehrwert/Sinnhaftigkeit, der/die auch durch Praxisnähe des Studiums zum Ausdruck kommen sollte.

Individuelle und/oder externe MotivationshemmnisseNeben den motivierenden Faktoren wurden von den Expert/innen auch Motivationshemmnisse hervorgehoben, die den Energiebereich betreffen:

a) Männerdominiertes Erscheinungsbild Eine Expertin recherchierte in Zeitschriften der Energiebranche nach Ab-

bildungen von Personen: wie viele Frauen und in welcher Rolle sind sie auf Bildern sichtbar? Das Ergebnis: fast ausschließlich Männer werden abge-bildet und damit sichtbar. In einem männerdominierten Bereich wie der Energietechnik führt dies dazu, dass Männer in einem bestimmten Alter und mit einem bestimmten kulturellen Hintergrund Männer im gleichen Alter und mit dem gleichen kulturellen Hintergrund bevorzugt einstellen.

b) Sorge vor Diskriminierung Die Angst vor dem Anderssein und die daraus resultierende Anpassung

verleitet viele Frauen dazu, einen Beruf in eher heterogenen Bereichen zu wählen. Zusätzlich kann es in Arbeits- und Projektgruppen zu Diskri-minierungen kommen, indem Männer als Mitarbeiter und Teammitglieder bevorzugt werden. Folgende Gründe dafür wurden in den Workshops genannt:

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30 | Vorstellung des Projekts GENergie | 31Vorstellung des Projekts GENergie

Zum einen sind die veralteten Rollenbilder auch in der modernen Gene-ration noch so verankert, dass Frauen nicht genug technische Kompeten-zen zugetraut wird, zum anderen kann es an der favorisierten sozialen Ähnlichkeit liegen.

c) Einschätzung der Energiebranche als konservativ Das männerdominierte Erscheinungsbild und die Sorge vor Diskriminie-

rung führen dazu, dass die Branche als konservativ wahrgenommen wird. Frauen sorgen sich, dass sie mit neuen Ideen und modernen Ansichten in der Branche nicht erfolgreich sein können.

d) Vereinbarkeit von Familie und Beruf Flexible Arbeitszeitmodelle und Karriere, die eine Familienplanung

miteinschließt, werden einem konservativen, stark männerdominierten Branchenbild nicht zugetraut.

e) Unklares Berufsbild Der Begriff „Energie“ sagt zunächst nichts über das Berufsbild aus. Da die

Branche so komplex ist und viele Bereiche umfasst, tun sich Berufsbera-tung und Hochschulen schwer, jungen Frauen ein attraktives Berufsbild zu vermitteln. Dabei sagte ein Hochschullehrer im Bereich Energiewirt-schaft: „Die Berufsaussichten sind erstklassig, ebenso Verdienst und Arbeitszeiten. Der Arbeitsplatz ist relativ sicher und bietet Aufstiegs-chancen, gerade auch für Frauen. Alle Hochschulabgänger kommen noch vor Ende des Studiums in guten Stellen unter – Männer wie Frauen.“

f) Motivationsfaktoren fehlen bei der Darstellung der Studiengänge Nur in wenigen Studiengängen im Energiebereich werden die Motivati-

onsfaktoren von jungen Frauen berücksichtigt – dabei bieten viele Studiengänge durchaus thematische Schwerpunkte an, die Frauen begeistern könnten.

g) Technologielastigkeit mit wenig Praxisbezug führt zum Studienabbruch von Frauen

In der Biotechnologie oder als medizinisch-technische Assistentin oder Laborantin ist der Technikbezug augenscheinlich nicht im Vordergrund – junge Frauen identifi zieren sich damit allein durch die Anwendungsge-

biete, ohne Sorge vor der Technik. Viele Frauen studieren Mathematik auf Lehramt aufgrund des Bezugs zur Lehrertätigkeit. Das Fehlen sinnhafter Bezüge macht Technik für junge Frauen unattraktiv und nicht greifbar.

Genderstereotypische Berufsvorstellungen im Bereich Energietechnik und deren Konsequenzen

a) Männerdominierte Welt sucht Gleichgesinnte – Männer Menschen aus einer bestimmten Personengruppe stellen oftmals lieber

Menschen aus der gleichen Personengruppe ein. Dies hat weniger etwas mit bewusster Diskriminierung zu tun als mit sozialer Ähnlichkeit. Die Gemeinsamkeit macht es leichter, die andere Person einzuschätzen und ihre Bedürfnisse, Anforderungen und Wünsche zu verstehen und nach-zuempfi nden. In dem männerdominierten Bereich der Energietechnik kommt es demnach oftmals vor, dass Männer in einem bestimmten Alter und mit einem bestimmten kulturellen Hintergrund Männer im gleichen Alter und mit dem gleichen kulturellen Hintergrund bevorzugt als Mitar-beiter einstellen. Die Konsequenz daraus ist, dass viele junge Frauen den Bereich auch als Bereich für Männer einschätzen – und eben nicht für sich selbst als attraktiv empfi nden.

b) Das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird vor allem als Frauenthema gesehen

Das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellt nach wie vor einen wichtigen Entscheidungsaspekt bei der Berufswahl von Frauen dar. Auch wenn sich das traditionelle Rollenbild von Müttern und Vätern nach und nach ändert und auch Männer vermehrt in Elternteilzeit gehen, wird diese (noch) größtenteils von Frauen in Anspruch genommen. „Männliche“ Arbeitskulturen und konservativ wirkende Systeme sprechen viele Mäd-chen und junge Frauen nicht an, da hier die Befürchtung besteht, dass die Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht als Thema für den Arbeitgeber gesehen wird, sondern die Frauen alleine betrifft. Inzwi-schen ändert sich vor allem in den Personalabteilungen das Bewusstsein, dennoch sind Teilzeitmodelle in karriererelevanten Positionen noch nicht überall angekommen und das Thema einer potenziellen Schwangerschaft von Hochschulabgängerinnen hängt unausgesprochen im Raum.

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32 | Vorstellung des Projekts GENergie | 33Vorstellung des Projekts GENergie

c) Energietechnik ist Schwerstarbeit und nichts für Frauen Der Zugang zur Energietechnik verläuft meist über naturwissenschaft-

lich-technische Ausbildungs- und Studiengänge, die oft mit handwerkli-chen Sparten wie Gas-Wasser-Installation, Heizungsbau oder Bauhand-werk in Verbindung gebracht werden. Junge Frauen assoziieren den Bereich Energie häufi g mit (Lebens-)Gefahr. Dies gilt nicht nur für die Risikotechnologien wie Kernenergie, sondern auch für die Stromversor-gung im Privathaushalt. Schon im frühen Alter werden Mädchen eher von Strom- und damit verbundenen Gefahrenquellen ferngehalten als Jungs.

d) „Maskuline“ Arbeitskultur (fast ausschließlich männliche Kollegen, somit männliche Sicht- und Vorgehensweisen)

Wie in anderen technischen Berufsbildern bilden die geschlechterste-reotypen Annahmen über technische Kompetenzen später ein zentrales Kriterium bei der Arbeitsteilung. Die technischen Aspekte in zahlreichen von Frauen dominierten Berufen, wie beispielsweise in der Laborarbeit, werden dabei verschleiert. Hier werden ebenfalls komplexe Technologi-en im Arbeitsalltag genutzt, sodass die Technikkompetenz eine qua-lifi zierende Grundvoraussetzung bildet. Dort, wo Berufe hingegen als technisch ausgewiesen werden, sind Frauen nach wie vor unterreprä-sentiert.6

Die Annahme, dass männerdominierte Berufsbereiche auch ausschließ-lich auf Männer und ihre Bedürfnisse und Anforderungen ausgelegt sind, hindert Frauen ebenfalls daran, eine Tätigkeit in der Energietechnik anzustreben.

6 Schmid-Thomae, A. (2012): Berufsfi ndung und Geschlecht.

Mädchen in technisch-hand-werklichen Projekten. Springer.

Wiesbaden, S. 64.

Unterschiede bei der Kommunikation in Bezug auf Gender Frauen sind in energierelevanten Studiengängen gefragt, da sie an Prob-leme oftmals anders herangehen als ihre männlichen Kollegen. Sie haben andere Sichtweisen auf Anforderungen und Bedürfnisse und andere Her-angehensweisen und erhöhen dadurch die Vielfalt an Ideen und Lösungen. Um das Interesse junger Frauen zu wecken, müssen Energiebranche und Ausbildungsanbieter wichtige Aspekte in ihrer Kommunikation beachten.

a) Direkte Ansprache von FrauenAus Untersuchungen im Bereich unternehmerische Selbstständigkeit und Innovation geht hervor, dass Frauen zu entsprechenden Veranstaltun-gen und Weiterbildungen dann kommen, wenn sie direkt angesprochen werden. Island wollte Unternehmerinnen für Innovationsförderungen gewinnen, erreichte dies aber erst, als die Ausschreibung explizit nicht nur Unternehmen generell sondern Unternehmerinnen als Zielgruppe nannte.7 Das vorherrschende auch unbewusst wirkende Bild einer Branche oder eines Themenkomplexes zeigt demnach starke Wirkung und wird nur durch direkte Ansprache aufgebrochen: Dieser Studiengang, diese Ausschreibung richtet sich auch an junge Frauen!

Junge Männer lassen sich – auch das zeigten die Untersuchungen – nicht durch Frauen auf Plakaten oder Frauen in der Ansprache abschrecken. Das Computerspiel, das im Rahmen des Forschungsprojekts „Serena“ ent-wickelt wird (siehe Kapitel 3.5) unterstreicht diese Annahme: ein Spiel mit einem Mädchen, das mit ihren Freundinnen energietechnische Aufgaben meistert, wird von Jungen und Mädchen gleich gern gespielt. Auf die Frage, um was es in dem Spiel geht, sagen

Jungen: „Wir haben Aufgaben gelöst.“ Mädchen: „Wir haben ein Mädchen gespielt.“

7 Steinbeis-Europa-Zentrum (Hrsg.) (2006): Unterstützung von Gründerinnen – gute Praktiken in Europa. Stuttgart, Erfurt, Bochum, Potsdam. Kongressreihe 2006, Henkel GmbH Druckerei, Stuttgart, S. 13.

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34 | Vorstellung des Projekts GENergie | 35Vorstellung des Projekts GENergie

b) Bilder und Sprache bewusst einsetzenUm Frauen zu gewinnen, spielen sowohl die Wortwahl als auch die Bild-sprache eine wichtige Rolle. Bilder und Sprache senden immer eine Botschaft, die bewusst oder unbewusst wahrgenommen wird. Durch Kommunikation in Form von Bildern und Sprache wird oft unbewusst diskriminiert. Sind auf Gruppenbildern, vor allem bei der Bewerbung von Studiengängen auf Webseiten oder in Zeitschriften, nur männliche Wis-senschaftler oder Forscher zu sehen, oder die Frauen nur verschwommen im Hintergrund erkennbar, wird die Botschaft vermittelt, dass Frauen zwar Teil des Teams sind, jedoch nur im Hintergrund agieren. Ist die Sprache rein technisch, ohne Verknüpfung mit sozialen oder anwendungsorientier-ten Bezügen, kann dies dazu führen, dass Frauen sich nicht angesprochen fühlen. Wird ausschließlich die männliche Form verwendet, erweckt es schnell den Anschein, dass weibliche Studierende entweder unerwünscht sind oder nicht als wichtig genug erachtet werden, um sie ausdrücklich zu benennen.

Zusammenfassende Handlungsempfehlungen

Die Dominanz der männlichen Vorbilder in der Energiebranche ist beson-ders unattraktiv für junge Frauen, weil die Branche damit konservativ und unbeweglich erscheint. Dies schließt für junge moderne Frauen auch ein, dass die Branche keine attraktiven Karrierechancen für sie bietet.

Insgesamt ist das Berufsbild in der Energietechnik zu wenig greifbar. Die große Bandbreite möglicher Arbeitsplätze und die guten Verdienst-möglichkeiten werden nicht detailliert aufgezeigt. Die häufi g gezeigte Frau auf einer Ölplattform mag dafür stehen, dass in allen Feldern auch Frauen „ihren Mann“ stehen können, aber dieses Bild steht für ein sehr enges Be-rufsbild, das für die Vielzahl der Frauen nicht unbedingt attraktiv ist. Die vielen Berufsbilder, die gerade in der Energiebranche mit den aufgezeigten Motivationsfaktoren gut kombiniert werden können, verdienen eine besse-re und stärkere Verbreitung unter jungen Frauen und Mädchen.

Das Thema Energie ist im Denken junger Frauen nicht automatisch mit Nachhaltigkeit und Verbesserung von Umwelt und Klima verbunden.

Die in der öffentlichen Wahrnehmung stark von Männern dominierte Branche ermutigt Frauen nicht, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Hier kann und muss die Energiebranche an sich als potenzieller Arbeitgeber, aber auch die Hochschulen ein deutlicheres zukunftsorientiertes Image der Energiebranche und der Karrierepotenziale für Frauen transportieren. Die konservativ wirkenden Systeme und Einstellungen des Umfelds, die männerdominierte Arbeitskultur und die häufi g wenig innovativ darge-stellten Tätigkeitsprofi le führen dazu, dass sich Frauen entweder kaum mit dem Gedanken befassen, in diesem Bereich tätig zu werden, oder ein Studium bzw. eine Ausbildung abbrechen.

Um diesem Phänomen entgegenzuwirken, sollten die Motivationsfaktoren bei der Konzeption und Bewerbung von Ausbildungen und Studiengängen im Energiebereich mehr Beachtung fi nden. Die Inhalte der Studiengänge sollten mit Anwendungsbeispielen greifbarer gemacht werden. Gute Berufsaussichten sowie die Möglichkeit, kreativ und innovativ tätig zu sein und einem sinnhaften Beruf mit Nachhaltigkeitsbezug nachzugehen, sollten nach außen entsprechend kommuniziert werden. Die Branche kann durch gezielte Einbeziehung von Frauen auf allen Führungsebenen attrak-tiver für andere Frauen werden und dadurch auch ihr Image aufwerten. Vor allem die Inhalte der Studien- und Ausbildungsgänge müssen klarer defi niert werden und sollten, neben allen wichtigen technischen Fächern, auch soziale, gesellschaftsbezogene oder anwendungsorientierte Fächer enthalten. Dabei sollte der technische und naturwissenschaftliche Inhalt der Studiengänge keineswegs verschleiert werden.

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36 | Kapiteltext | 37Autor/innenbeiträge | DIin Dr.in Edeltraud Haselsteiner

DIin Dr.in Edeltraud Haselsteiner,

Projekt GINGER

„Gender bedeutet, nicht stereotyp „die Frauen“ oder auch „die Männer“ in

den Blick zu nehmen, sondern Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit und Vielfalt

und deren gesellschaftliche Lebens-realitäten zu berücksichtigen.“

3 AUTOR/INNENBEITRÄGE

3.1 Nutzer/innengerecht planen für gender- und diversitäts- gerechte energieeffi ziente Gebäude

Individuell, wertschätzend, anerkennend und partizipativ! GINGER – Genderaspekte In der Nutzung von Gebäuden, Energie und Ressourcen8

DIin Dr.in Edeltraud Haselsteiner, Projekt GINGER

In der gegenwärtigen Entwicklung zukunftsweisender Gebäudekonzepte, wie Niedrigstenergie-, Passivhaus und Plusenergiegebäude, werden Nut-zer/innen zu aktiven Akteur/innen, die durch richtiges Verhalten maß-geblich an einer ausgeglichenen Energiebilanzierung mitwirken. Dieses Potenzial lässt sich umso besser erschließen, je differenzierter die Akteur/innen, ihre Motive und Handlungsoptionen bekannt sind, ebenso wie alle bedeutenden Faktoren, die das verbraucherseitig wie auch angebotsseitig erforderliche Verhalten ermöglichen oder erschweren. In diesem Zusam-menhang blieb die Genderdimension bislang nahezu unberücksichtigt. Gender bedeutet, nicht stereotyp „die Frauen“ oder auch „die Männer“ in den Blick zu nehmen, sondern Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit und Vielfalt und deren gesellschaftliche Lebensrealitäten zu berücksichtigen. Das Projekt „GINGER – Genderaspekte In der Nutzung von Gebäuden, Ener-gie und Ressourcen“ versucht die Vorteile der Integration von Genderas-pekten in der Gebäude- und Energietechnologie aufzuzeigen.

Warum ist Gender für die Planung und den Betrieb energieeffi zien-ter Gebäude relevant?

Menschen wohnen, arbeiten oder lernen in sehr unterschiedlichen Umge-bungen lieber oder weniger gerne. Ebenso sind das Temperaturempfi nden und das Bedürfnis nach „guter Luft“ sehr verschieden. Durch eine gleich-stellungsorientierte und geschlechtergerechte Analyse kann eine hohe Akzeptanz aller Nutzer/innen erreicht werden. Allerdings sind im Planungs- und Bauprozess (zukünftige) Nutzer/innen vielfach noch nicht bekannt.

8 Forschungsprojekt im Rahmen der Programmlinie FEMtech FTI-Projekte, Förderung FFG / BMVIT, Projektpartnerinnen / Mitautorinnen: Gabriele Bargehr, Susanne Geissler, Siegrun Klug und Sabine Steinbacher.

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38 | Autor/innenbeiträge | DIin Dr.in Edeltraud Haselsteiner | 39Autor/innenbeiträge | DIin Dr.in Edeltraud Haselsteiner

Das heißt, Planungsentscheidungen, Berechnungen und Gebäudesimulati-onen erfolgen auf Basis von Vorannahmen und „Standard-Nutzungs-profi len“. Diese angenommenen Werte und Nutzungsverhalten erweisen sich in der Praxis nicht immer als tauglich. Vielmehr gilt es, diese hinsicht-lich gender- und diversitätsgerechter Kriterien zu hinterfragen:

• Rollen-Stereotype, Klischees und einseitige Vorannahmen (z. B. geringe Technikaffi nität von Frauen)

• Unterschiedliche(r) Zugang und Beteiligungsmöglichkeiten: Informati-on, technologische Entwicklung und Forschung (z. B. Frauenanteil in der Energieforschung, -entwicklung und -produktion)

• Unterschiedliche ökonomische und zeitliche Ressourcen (z. B. Allein-erziehende, Senior/innen, Teilzeitarbeit und Arbeitsteilung etc.)

• Unterschiedlicher sozialer, kultureller, sprachlicher Hintergrund

Das heißt, konkret zu hinterfragen: • Treffen zukunftsweisende Gebäudekonzepte, Technologien und Energie-

versorgungssysteme die Motive und Bedürfnisse von Frauen/Männern in unterschiedlichen Lebenszusammenhängen (jung, alt, kinderlos, Familie, kultureller Hintergrund etc.)?

• Welche Faktoren bringen tatsächlich Energiespar-Effekte durch Imple-mentierung von energieeffi zienten Technologien und Betrieb von Niedrigstenergie- und Plusenergiegebäuden?

• Wie unterscheiden sich diese Faktoren differenziert nach Geschlechtern?

Im Projekt GINGER wurden umfangreiche Ideen für Maßnahmen und Lö-sungsstrategien zur Einbeziehung der Genderdimensionen erarbeitet. Im Folgenden fi nden Sie eine Auswahl der wichtigsten Ergebnisse.

Gender- und diversitätsgerechte Information: einfach, verständlich und nachvollziehbar!

(Zukünftige) Nutzer/innen sollten als Expert/innen ihres Wohn-, Arbeits- oder Lernbereichs angesehen werden. Nur wenige Nutzer/innen fühlen sich ausreichend informiert in Bezug auf die Funktionalität und den rich-tigen Betrieb eines Passivhauses. Frauen und Männer, Junge und Ältere, Personen mit und ohne Migrationsbiografi e haben das gleiche Lern- und Informationsbedürfnis,

• bevorzugen aber unter anderem verschiedene Lernstile und Medien, • weisen Unterschiede im Medienbesitz und in der Zeitressource auf, • schätzen die eigene Medienkompetenz unterschiedlich ein.

Diese unterschiedlichen Zugänge zu Information, Medien und Sprache gilt es zu berücksichtigen, indem

• verschiedene unterstützende Medien und Formate (z. B. Face-to-Face- Kommunikation, Printmedien, neue elektronische Medien etc.) zur Anwendung kommen,

• unterstützende Maßnahmen unabhängig des Geschlechtes, des Alters und der Sprachenkompetenzen eingesetzt werden (z. B. bildliche Illustration, Verwendung „leichter Sprache“ etc.),

• im Thema marginalisierte Personen und Personengruppen bewusst an-gesprochen und einbezogen werden, z. B. (weibl.) Jugendliche, Rentner/innen etc.

Gender- und diversitätsgerechte Produktentwicklung und Planung: Technik für die Nutzer/innen entwickeln statt Anpassung der Nutzer/innen an die Technik!

Planungsentscheidungen, Berechnungen und Gebäudesimulationen erfolgen auf Basis von „Standard-Nutzungsprofi len“. In den standardisier-ten Normen fi nden gender- und diversitätsgerechte Kriterien allerdings bislang noch nicht ausreichend Berücksichtigung.

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40 | Autor/innenbeiträge | DIin Dr.in Edeltraud Haselsteiner | 41Autor/innenbeiträge | DIin Dr.in Edeltraud Haselsteiner

Unterschiedliche Lebensrealitäten zu beachten heißt daher: • unterschiedliche Arbeits-, Lebens- und Wohnzusammenhänge mitzudenken, • vielfältige Lebensrealitäten und Diversitätsdimensionen in die Planung

einzubeziehen,• Meinungen und Ideen unterschiedlicher Nutzer/innengruppen einzuholen,• Entscheidungs- oder Planungsgremien geschlechterparitätisch und

gleichstellungsorientiert zu besetzen etc.

Gender- und diversitätsgerechte Energieberatung: Erkennen und berücksichtigen von verschiedenen Einstellungen und Werten!

Für die meisten Nutzer/innen stehen nicht Energie und niedrige Energie-kosten, sondern andere Vorteile eines Gebäudes im Vordergrund. Das sind zum Beispiel helle Räume, Balkon oder Loggia und eine gepfl egte Erschei-nung. Gebäude sollten so beschaffen sein, dass hier gerne gewohnt, ge-arbeitet oder gelernt wird. Um die Identifi kation mit dem Gebäudekonzept und den Ideen und Vorstellungen der Planer/innen zu ermöglichen, muss das Konzept gegenüber Nutzer/innen transparent vermittelt werden, aber ebenso ist die Diversität der Zielgruppen zu beachten:

• Aufbrechen von Stereotypen und Generalisierungen bei Beispielen wie „den Frauen“, „den Männern“, „den Migrant/innen“, „den Behinderten“ usw.,

• zielgruppenspezifi sche Angebote setzen, z. B. Angebot einer gruppen-spezifi schen Führung von Frauen für Frauen, Tag der offenen Heizungs-kellertür,

• Glossar in einfacher Sprache etc.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das explizite Adressieren von Frauen und Männern bedeutsam ist und eine konsequente Erfor-schung unterschiedlicher Bedürfnisse, Möglichkeiten und Zugänge not-wendig macht. Diese Differenzierung sollte aber nicht nur entlang der Geschlechter praktiziert werden, sondern auch Dimensionen wie Alter, Migrationsbiografi en usw. einschließen, um u. a. zielgerichtete Informati-onsstrategien entwickeln zu können, wie in diesem Projekt aufgezeigt wurde. Ergebnisse der Studie GINGER wurden für unterschiedliche Ziel-

gruppen aufbereitet und interessante Highlights in Form von Fact-Sheets zusammengefasst. Folgende GINGER Fact-Sheets sind verfügbar:

• NutzerInnengerecht planen für gender- und diversitätsgerechte energieeffi ziente Gebäude

• Strategien für ein erfolgreiches Gebäudemanagement in energieeffi zienten Häusern

• Die Nutzung im Fokus: Produktdesign für energieeffi ziente Gebäude • Lebensrealitäten im energieeffi zienten Wohnhaus und effektive

Energieberatung• Gute Luftqualität und angenehme Raumtemperaturen in

energieeffi zienten Schulgebäuden• Nutzungsqualität energieeffi zienter Bürogebäude im Sommer

Download GINGER Fact-Sheets >>> www.use-energy.at/ginger_ergebnisse.html @

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42 | Kapiteltext | 43Autor/innenbeiträge | Dr. Maren A. Jochimsen

Dr. Maren A. Jochimsen, EKfG

„Das Erreichen qualitativ aussagekräftiger Ergebnisse für beide Geschlechter ist ein Qualitätsmerkmal gesellschaftlich verant-wortlicher Forschung und leistet darüber hinaus einen Beitrag zu einer erhöhten

Akzeptanz wissenschaftlicher Forschung in der Gesellschaft.“

3.2 Förderung von Chancengerechtigkeit in Wissenschaft und Forschung – Blitzlicht

Dr. Maren A. Jochimsen, Essener Kolleg für Geschlechterforschung (EKfG)

Konzeptionelle Eckpunkte

Die Frage nach Chancengerechtigkeit in Wissenschaft und Forschung stellt sich in zweifacher Hinsicht: zum einen als Frage nach der quantitativen Beteiligung von Frauen und Männern in Wissenschaft und Forschung; zum anderen als Frage nach der Geschlechterdimension von Forschungsinhal-ten und Forschungsmethoden. Dementsprechend sind in der deutschen und der europäischen Diskussion zur Förderung von Chancengerechtigkeit in Wissenschaft und Forschung drei strategische Herangehensweisen zu unterscheiden, die von Regierungen, Universitäten, Förderinstitutionen und Zusammenschlüssen von Wissenschaftler/innen in unterschiedlichem Ausmaß berücksichtigt wurden und werden.9

1. „Fix the Numbers“ konzentriert sich auf eine zahlenmäßige Gleichstel-lung der Geschlechter in Wissenschaft und Forschung im Hinblick auf die Teilnahme und Teilhabe am Wissenschaftssystem (z. B. Erhöhung der Teilnahme von Frauen durch individuelle Fördermaßnahmen);

2. „Fix the Institutions“ zielt darauf, Chancengerechtigkeit in Karrieren durch strukturellen Wandel in Forschungsinstitutionen zu erreichen (z. B. Erhöhung der Transparenz von Entscheidungs- und Ausschrei-bungsprozessen, Quotenregelungen, Arbeitszeitregelungen, Maßnah-men zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf);

3. „Fix the Knowledge“ hat zum Ziel, Exzellenz in Wissenschaft und Forschung durch die Einbeziehung des biologischen und sozialen Geschlechts als analytische Kategorie zu fördern.

Die beiden ersten strategischen Ansätze konzentrieren sich auf Fragen der angemessenen Teilhabe der Geschlechter am und der Förderung von Chan-cengerechtigkeit im Wissenschaftsbetrieb und seinen (Entscheidungs-) Institutionen sowie auf die Analyse und Bearbeitung des zahlenmäßigen Verhältnisses der Geschlechter, z. B. im Hinblick auf verschiedene Diszi-plinen, Karrierestufen und die Besetzung von Entscheidungspositionen

9 z. B. http://genderedinno-vations.stanford.edu/what-is-gendered-innovations.html (07.02.2017)

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44 | Autor/innenbeiträge | Dr. Maren A. Jochimsen | 45Autor/innenbeiträge | Dr. Maren A. Jochimsen

(gender equality in research and innovation). Der dritte Ansatz arbeitet darauf hin, im Sinne wissenschaftlicher Exzellenz Inhalte und Methoden wissenschaftlichen Arbeitens selbst geschlechtergerecht zu formulieren und zu gestalten, um für beide Geschlechter qualitativ aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen (gender dimension in research and innovation).

Bereitschaft zum Umdenken in der Wissenschaftskultur

Die ersten beiden strategischen Zugänge haben mittlerweile mit Unterstüt-zung nationaler und europäischer Förderpolitiken ihren Weg in die gängige Praxis gefunden. Ihre Erfolge erweisen sich jedoch häufi g als fragil und lassen die erforderliche Nachhaltigkeit vermissen. Es werden zwar sichtba-re Zeichen gesetzt, wie z. B. die Erhöhung der Anzahl der Wissenschaftlerin-nen in bestimmten Bereichen; diese jedoch erweisen sich in vielen Fällen – insbesondere im Hinblick auf die Besetzung von Entscheidungspositio-nen – als nur von vorübergehender Dauer. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Ein Grund ist in der bisher unzureichenden Umsetzung des dritten strategischen Zugangs zu suchen: Es muss ein Bewusstsein geschaffen wer-den, das sich dadurch auszeichnet, dass das biologische und das soziale Geschlecht auch in Forschungsinhalten verstärkt berücksichtigt werden. Dies kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten zu einem Umdenken in der Wissenschaftskultur bereit sind. Hier setzt der dritte Zugang an.

Bei der Frage nach der Geschlechterdimension von Forschungsinhaltenund Forschungsmethoden geht es darum, Inhalte und Methoden wis-senschaftlichen Arbeitens selbst geschlechtergerecht zu formulieren. Dies geschieht durch die Integration des biologischen und des sozialen Geschlechts als analytische Kategorien in Wissenschaft und Forschung – einschließlich der Setzung von Forschungsprioritäten, Finanzierungs-entscheidungen, der Formulierung von Forschungszielen und Forschungs-methoden, Datensammlung, Analyse von Ergebnissen wie auch deren Evaluation. Dies trägt nicht nur zur Nutzung und Sicherung des gesell-schaftlichen Innovationspotenzials neuer, differenzierter und zugleich umfänglicherer Perspektiven, Fragen, Gegenstandsbereiche und Zusam-menhänge und damit zu einer Veränderung der Wissenschaftskultur in Richtung Geschlechtergerechtigkeit bei. Das Erreichen qualitativ aussage-

kräftiger Ergebnisse für beide Geschlechter ist gleichzeitig ein Qualitäts-merkmal gesellschaftlich verantwortlicher Forschung und leistet darüber hinaus einen Beitrag zu einer erhöhten Akzeptanz wissenschaftlicher Forschung in der Gesellschaft.

Anstoß strategischer Allianzen

Im Rahmen der internationalen Konferenz „Ready for Dialogue“10 am 5. November 2015 in Berlin wurde die Integration der Geschlechterdimen-sion in Wissenschaft und Forschung in den Fokus genommen und ein strategischer Dialog mit zentralen Akteurinnen und Akteuren, Zusammen-schlüssen, Forschungseinrichtungen, Institutionen und Vereinen, die sich in- und außerhalb der Hochschulen für die Integration der Geschlechterdi-mension in Wissenschaft und Forschung einsetzen, vorgeschlagen. Ansatz-punkt ist die Organisation eines nationalen und internationalen Erfah-rungsaustauschs zur Sicherung der fachlichen Expertise auf diesem Gebiet sowie der Anstoß zu einer zielgerichteten Vernetzung der Akteurinnen und Akteure zu Transfer und Verstetigung der zu erwartenden Ergebnisse. Ziel der Initiative ist es, die Wissensebene und die politische Handlungs-ebene stärker in Austausch zu bringen sowie bestehende Wissens- und Handlungsansätze nachhaltig zu stärken und auszubauen. Mit dem ange-stoßenen Dialog soll ein Beitrag geleistet werden zur zielgerichteten und verbesserten Berücksichtigung und Nutzung des Innovationspotenzials der Geschlechterdimension in Wissenschaft, Forschung und Forschungs-politik, um notwendige Impulse und damit einhergehende wissenschaftli-che und gesellschaftliche Veränderungen auf nationaler und europäischer Ebene zu intensivieren.

Die Idee einer strategischen Allianz wird von den Initiatorinnen weiter-verfolgt und der Dialog mit unterschiedlichen Stakeholdern auf nationaler und europäischer Ebene im Rahmen geeigneter nationaler und europäi-scher Veranstaltungen fortgesetzt.11

10 Siehe http://www.ready-for-dialogue.de. Das Projekt „Ready for Dialogue. Fachveranstaltung zur Geschlechterdimension in Wissenschaft und Forschung“ wurde vom 01.04.2015 - 31.03.2016 mit Mitteln des Bundesministe-riums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01FP1456 gefördert.

11 Siehe z. B. Panel “Integrating of the sex and gender analysis into research content: Ready for Dialogue? Preconditions and Suggestions for Take-off“, 9th Conference for Gender in Higher Education (and Research), Paris, 12.-14.09.2016.

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46 | Kapiteltext | 47Autor/innenbeiträge | Prof. Dr. Uwe Pfenning

Prof. Dr. Uwe Pfenning, Universität Stuttgart

„Es gibt viele „MINTeressentinnen“, die aufgrund externer Hemmnisse und deren

individueller Wahrnehmung ihr Talent nicht zum Beruf machen. Die Abstinenz von Frauen

in MINT-Berufen ist ein soziokulturelles Phänomen und sie ist eine problemati-sche strukturelle und soziokulturelle

Diskriminierung.“

3.3 MINT-FEMININ – Genderasymmetrie als Phänomen und Problem

Prof. Dr. Uwe Pfenning, Universität Stuttgart

Genderasymmetrie

Die Genderasymmetrie in vielen MINT-Disziplinen ist ein bekanntes so-ziologisches Phänomen. Ist dieses Phänomen auch ein Problem? Warum sollen Frauen einen Beruf wählen, in dem sie eine kleine Minderheit sind, der ihnen keinen Spaß macht und der ihnen lange vorenthalten wurde?

Etliche Studien zum frühkindlichen „MINTeresse“ zeigen keine Unterschie-de zwischen Jungen und Mädchen. Erst im weiteren Verlauf der schuli-schen und berufl ichen Sozialisation dünnen sich die Frauenanteile nach und nach aus. Es gibt viele „MINTeressentinnen“, die aufgrund externer Hemmnisse und deren individueller Wahrnehmung ihr Talent nicht zum Beruf machen. Die Abstinenz von Frauen in MINT-Berufen ist ein sozio-kulturelles Phänomen und sie ist eine problematische strukturelle und soziokulturelle Diskriminierung.

Die Soziohistorie der Genderasymmetrie – Vom Nationalsozialismus zur technischen Elite

Während der unseligen NS-Ära bestand für Frauen ein weitgehendes Berufs- und Studienverbot. In keinem anderen Land verfestigte sich das patriarchale Frauenbild dermaßen und wirkte noch lange nach. Freie Berufswahl für Frauen in Deutschland ist erst mit der Reform des Famili-enrechts 1972 möglich. Von der weiterhin in tradierten Familienstrukturen wirkenden informellen Unfreiheit ganz zu schweigen.

In der Nachkriegszeit waren technische Berufe für den Wiederaufbau und anschließend das „Wirtschaftswunder“ sehr bedeutsam. Derweil die „Trümmerfrauen“ bald vergessen waren, bauten Ingenieure Fabriken, Maschinen, Autos, Infrastruktur und bald auch wieder Waffen. Sie waren prädestiniert für Leitungs- und Managementfunktionen. Das berufl iche Image war elitär, die Tätigkeiten anstrengend, der Verdienst hoch und der

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48 | Autor/innenbeiträge | Prof. Dr. Uwe Pfenning | 49Autor/innenbeiträge | Prof. Dr. Uwe Pfenning

soziale Sinn äußerte sich in der ungebremsten Nutzung natürlicher Res-sourcen für menschliche Bedürfnisse, die die Ingenieure allerdings unter dem Topos Fortschritt selbst defi nierten. Wenn diese Defi nitionen zum Allgemeinwohl den allgemeinen gesellschaftlichen Sinnorientierungen zu-widerlaufen, ist dies ein negativer sozialer Sinn. Umwelt- und Naturschutz, die Grenzen des Wachstums, Atomkraft – Nein Danke!, Aufrüstung u. a. hinterfragten so die soziale Sinnhaftigkeit der Ingenieurberufe; und dies in einer Zeit, zu der in Deutschland ab Mitte der 70er Jahre die Emanzipation der Frauen erfolgte.

Die erste Generation emanzipierter Studentinnen war den MINT-Studien-gängen aufgrund deren Vergangenheit, Konservatismus und negativen Sinnes sehr abhold. Dies verlängerte die Abstinenz der Frauen von MINT-Berufen nochmals um eine Generation. Insgesamt sind den MINT-Berufen bis weit in die 80er Jahre mehrere feminine MINT-Generationen abhan-dengekommen. Der Mythos vom Ingenieur als Männerberuf lebte fort, die Reform der Ingenieurberufe blieb aus.

Die antifeminine Soziokultur von MINT

Die Berufschancen in MINT-Berufen sind für Frauen ungleich: weniger Gehalt, geringere Aufstiegschancen, höheres Ausstiegsrisiko. Soziologisch sind dies strukturelle Diskriminierungen. Individuell wahrgenommen, münden sie in einer Abkehr von MINT-Berufen.

Etwa zwei Drittel der Studentinnen und Ingenieurinnen berichten von dis-kriminierenden Erfahrungen in Studium und Beruf. Dies ist die individuelle Diskriminierung in einer Männerdomäne. Gruppeneffekte und Subkulturen werden dann bedeutsam. Frauen fehlt jedoch die „kritische Masse“, um eine eigene MINT-Kultur zu etablieren. Sie bleiben Einzelkämpferinnen oder passen sich an. Die Chance, das konservative Berufsprofi l von MINT-Berufen pro-feminin zu verändern, wird geringer. Der wohl negativste kulturelle Effekt ist die Verinnerlichung von Selbstzweifeln talentierter Frauen an ihrer MINT-Kompetenz. Wenn Frauen glauben, dass MINT-Berufe nicht für sie gemacht sind, hat die patriarchale Struktur gewonnen.

Wenn frauenfeindliche soziohistorische Entwicklungen, strukturelle und systematische Diskriminierung als unheilvolle Trias zueinander fi nden, haben es talentierte Frauen sehr schwer. Sind solche Konstellationen auf Dauer vorzufi nden, dringen ihre Effekte in das kulturelle System ein. Sie werden zu allgemein anerkannten Stereotypen, kollektiv kultivierten Vorurteilen.

Lösungsansätze

Zunächst ist es positiv, dass Genderasymmetrie als gesellschaftspoliti-sches Problem anerkannt wird. Dazu hat auch die Wissenschaft beigetra-gen. Dies schafft ein Bewusstsein und die Basis für nachhaltige Abhilfe durch Strategien und intergenerative Effekte.

Eindeutige Befunde fi nden sich dafür, dass technische Berufe mit klarem Bezug zu einem positiven sozialen Sinn wie Medizin-, Umwelt- und Bio-technik überdurchschnittliche Frauenanteile aufweisen. Gleiches gilt für den Erfolg von monoedukativen Bildungsprojekten. Allein die Anwesenheit von Jungen verändert das Lernverhalten, ein deutliches Indiz für sozio-kulturelle Effekte.

Gegenwärtig befi ndet sich das Technikimage in Deutschland im Umbruch. Fortschritte in der Medizintechnik, die Energiewende, Umwelttechnik und Ökotrophologie geben ihr einen positiven sozialen Sinn. Es gibt wieder positive Technikleitbilder. Hinzu kommt, dass für viele Technologien soziotechnische Faktoren wie Beteiligung, Interaktion, Nutzerfreund-lichkeit u. a. relevant werden oder sie gar Gesellschaftstechniken (z. B. Energiewende) zur Daseinsvorsorge repräsentieren. Damit steigt die Nähe zwischen Technologien, ihren Zielgruppen und der Gesellschaft. Technik wird Soziotechnik.

Insgesamt verändern sich damit die systemischen Strukturen der MINT-Berufe vorteilhaft für Frauen.

Die beiderseitige Emanzipation eröffnet zudem für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie neue Optionen, wenngleich vom Ausstieg aus MINT-

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50 | Autor/innenbeiträge | Prof. Dr. Uwe Pfenning | 51Autor/innenbeiträge | Prof. Dr. Uwe Pfenning

Berufen immer noch überwiegend Frauen betroffen sind. Die Techni-sierung des Alltags umfasst auch Haushaltstechnologien. Küchen sind Hochtechnologiestandorte, Roboter helfen im Haushalt und vormals männerdominierte Technologien wie das Auto entziehen sich durch ihre Komplexität immer mehr dem Heimwerkertum. Diese Chancengleichheit zum Kompetenzerwerb in Sachen Technik und die gesellschaftlichen Emanzipationseffekte verbessern die individuellen Voraussetzungen für „MINteressierte“ Frauen.

Und damit könnte eine, allerdings intergenerationale Aufwärtsspirale entstehen, in deren Verlauf sich auch die Tätigkeitsprofi le der Ingenieur-berufe angleichen zwischen frauen- und männerbezogenen Kompetenzen und Qualifi kationen. Projekte, die eine frühkindliche MINT-Sozialisation unterstützen, wären deshalb aus soziologischer Sicht sehr wichtig. Denn diese wirken den internalisierten soziokulturellen Effekten entgegen.

Soziologisch wichtig erscheint die Schlussbemerkung, dass was über Jahrzehnte an Benachteiligung aufgebaut wurde, nicht in wenigen Jahren behoben werden kann. Selbst wenn der Frauenanteil in MINT-Disziplinen weiterhin ansteigt, ist dies kein Indikator für eine signifi kante inhaltliche Veränderung der MINT-Berufe hin zu mehr MINT-FEMININ. Erst inhaltliche Reformen wie die Berücksichtigung ihrer Soziotechnik, ihres sozialen Sinns und der Abbau elitärer patriarchaler Strukturen würde eine Kehrtwende kennzeichnen.

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52 | Kapiteltext | 53Autor/innenbeiträge | Klaus Schroeder

Klaus Schroeder, design-people

„Die Anforderungen der weiblichen Nutzer an Energietechnik in Bezug auf

Alltagsnutzen und Bedienbarkeit dienen als Inspirationsquelle für die Umsetzung

besserer Lösungen.“

3.4 Innovative Energietechnik – inspired by women

Klaus Schroeder, design-people

Statistisch gesehen sind ca. 50 % der Nutzer von innovativen Technologi-en Frauen. In manchen Bereichen mehr – wie zum Beispiel bei der Ener-gietechnik in Privathäusern, wo Frauen sich aufgrund der Verteilung der Erwerbsbeschäftigung oft mehr aufhalten als Männer. Außerdem steigt die Anzahl der Single-Haushalte, wo Frauen in Bezug auf die Nutzung von Energietechnik allein gestellt sind. Sind die Anforderungen der weiblichen Nutzer in Energietechniklösungen umgesetzt, die oft primär von Männern konzipiert und gestaltet werden?

Einiges deutet darauf hin, dass sich hier Potenziale für Anbieter fi nden, ihre Produkte nutzergerechter und damit auch effektiver in Bezug auf Energieeinsparung auszulegen – und hierdurch Marktanteile und Verkaufs-zuwächse zu gewinnen.

Die Firma Danfoss, ein Global Player im Bereich energieeffi zienter Hei-zungs- und Klimatechnik, ist ein Vorreiter, wenn es darum geht, die Anfor-derungen der weiblichen Nutzer auf innovative Weise in Entwicklung und Marketing umzusetzen. Dies belegt die folgende Entwicklungsfallstudie.

Danfoss Link – Verbesserung der Geschäftsresultate mit einem geschlechtsspezifi schen Ansatz für Technologie-Design

Das Ingenieur-Team der Firma Danfoss entwickelte das so genannte Danfoss Link System, ein intelligentes, zentral gesteuertes System, um die Heizungs-anlage im gesamten Haus energiesparend und komfortabel zu bedienen.

Die Herausforderung: Wie macht man ein solches System für weibliche Nutzer attraktiv? Søren Hesseldahl, Innovationschef bei Danfoss, brachte das Danfoss Link System als Fallstudie in das Forschungsprojekt „Female Interaction“ ein.

Ziel des Projektes war es, die Motivation und die Bedürfnisse von weib-

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54 | Autor/innenbeiträge | Klaus Schroeder | 55Autor/innenbeiträge | Klaus Schroeder

lichen Nutzern in Bezug auf Technologieprodukte zu untersuchen und dieses Wissen in innovative Ansätze für das neue Design dieser Produkte zu übersetzen.

Für Danfoss war es neu, die Nutzerinnen bewusst in Nutzerstudien ein-zubeziehen. Als das Produkt Danfoss Link mit weiblichen Nutzern getes-tet wurde, war ihr Urteil eindeutig: Sie erlebten die Bedienung als sehr technisch, die Benutzeroberfl äche als zu komplex und die Funktionen der Steuerung wurden nicht als verständlich und attraktiv empfunden.

Die Studie wurde insgesamt als positiver Beitrag aufgenommen und als Anreiz, die Bedienungsfreundlichkeit der Danfoss-Lösungen weiterhin zu verbessern.

Innovationen mit einem weiblichen Benchmark

Auf Basis einer repräsentativen Segmentierung weiblicher Technologie-nutzer zwischen 18 und 60 Jahren in Dänemark wurden Testpersonen aus zwei von vier Segmenten rekrutiert. Es handelte sich hierbei um Frauen, die über eine eigene Wohnung verfügten und dort mit ihrer Familie wohn-ten – die typische Zielgruppe für Danfoss. Die Nutzerstudien zeigten, welche Nutzererlebnisse eine Raumklimalö-sung enthalten sollte, damit diese für weibliche Nutzer attraktiv wäre. Gewünscht wurde nicht nur die Steuerung der Temperatur, sondern auch

der Luftqualität. Mit einer guten Luftqualität verbanden viele weibliche Testpersonen den starken Wunsch, eine gesunde und angenehme Wohnat-mosphäre für alle Familienmitglieder zu schaffen. Die Energieeinsparung assoziierten sie mit dem Wunsch, den Nachhaltigkeitsgedanken an ihre Kinder weiterzugeben.

Diese und andere Anforderungen der weiblichen Nutzer wurden von dem Innovations- und Designteam von design-people in einem nutzerorientier-ten Designprozess umgesetzt. Die Vorstudien hierzu wurden wiederum an weiblichen Nutzern getestet und bewertet und auf Basis ihrer Rückmel-dungen optimiert.

Abbildung 5: Das Danfoss Link System (vor der Designstudie)

Abbildung 6: Weibliche Technologienutzerprofi le

Abbildung 7: Der neue Klimasensor

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56 | Autor/innenbeiträge | Klaus Schroeder | 57Autor/innenbeiträge | Klaus Schroeder

Das somit geschaffene Konzept für eine alternative und verbesserte Steu-erung enthielt radikal neue Lösungsansätze und Bedienprinzipien:

Alle Displays wurden aus dem Kontrollsystem und damit dem Wohnraum entfernt – ein Wunsch der weiblichen Nutzer. In den einzelnen Räumen ist somit nur ein diskreter Wandsensor zu fi nden, der zwei Funktionen ent-hält: Die Oberfl äche kräuselt sich, wenn die Luftqualität sich verschlech-tert, und damit ein Auslüften der Räume sinnvoll ist, um die Luftqualität zu verbessern. Die Bewegung der vorderen Sensoroberfäche in vertikaler Richtung zeigt an, wie das automatisierte zeituhrgesteuerte System die Temperatur reguliert. D. h., wenn das System aufgrund der Timereinstel-lung die Temperatur herunterfährt, wird das dadurch angezeigt, dass sich die Oberfl äche nach unten verschiebt. Wenn der Nutzer oder die Nutzerin weiterhin eine Komforttemperatur in dem Raum wünscht, kann er oder sie durch Heraufschieben der Oberfl äche dem System mitteilen, dass es die Komforttemperatur bis zur nächsten Regulierungsphase aufrechterhal-ten soll. Der neu konzipierte Raumsensor setzt ein radikal vereinfachtes Bedienungskonzept um, das es dem Nutzer erlaubt das Innenklima ohne detaillierte Ablesung und Bedienung schnell und einfach den situativen Bedürfnissen anzupassen.

Alle anderen Funktionen des Danfoss Link Systems „übersetzten“ die Desi-gner von dem von den weiblichen Nutzern ungewünschten und schwer zu bedienenden Wanddisplay in Applikationen für Tablets und Smartphones, mit denen die Nutzer/innen vertrauter sind, und die sie im Alltag fl exib-ler bedienen können. Somit wurden alle Funktionen zur Energieoptimie-

rung der Heizungsanlage durch die Einstellung von Nachtsenkung und die differenzierte Temperatureinstellung der verschiedenen Räume als Tablet-Applikation umgesetzt. Hierbei fl oss ein Konzept ein, das es den Eltern ermöglicht, die Kinder in das Energiesparen im Alltag miteinzube-ziehen. Somit wird die durch den aufmerksamen Gebrauch der Thermos-tate erreichte Energie- und Kosteneinsparung einem gemeinsam gewähl-ten wohltätigen Zweck gespendet (z. B. an die Kindernothilfe). Diese neue Funktionalität wurde sowohl von weiblichen als auch von männlichen Test-personen als ein sehr attraktiver Ansatz zur gemeinsamen Energieeinspa-rung bewertet. Für das Bedienungsdesign der Tablet-Applikation bedeutete dies, dass es nunmehr auch kindgerecht ausgelegt werden musste.

Die dritte Komponente des neuen Klimasteuerungskonzeptes wurde eine Smartphone-App. Diese ermöglicht dem Nutzer das Temperaturniveau und damit den Energieverbrauch der Heizungsanlage fernzusteuern. Eine attrak-tive Funktionalität, wenn die Skiferien vorzeitig abgebrochen werden und man dennoch zu einem angenehm temperierten Heim nach Hause kommt.

Das innovative Klimasteuerungskonzept wurde mit männlichen und weib-lichen Probanden in sechs Ländern getestet. Die positiven Bewertungen von sowohl männlichen als auch weiblichen Testpersonen ermutigten Danfoss dazu, zwei neue Prinzipien in die Entwicklung von Funktionalität und Bedienung von Klimasteuerungen einfl ießen zu lassen:

1. Every time is fi rst time – ein Prinzip für das Bedienungsdesign, das anstrebt, dass auch Nutzer, die nicht mit dem System vertraut sind (z. B. Reinigungshilfe), unmittelbar die Grundfunktionen bedienen können sollen.

2. Female Benchmark – ein Prinzip, das darauf hinausläuft, dass die weib-lichen Nutzer aktiv als Zielgruppe in die Planung von neuen Lösungen einbezogen werden und dass neue Konzepte und Bedienungsdesigns sowohl mit männlichen als auch weiblichen Nutzern getestet werden.

Dass solche Strategien wirksam sind, zeigt der Markterfolg der Smart-heating App, die Danfoss auch auf Basis der Erkenntnisse des Forschungs-projekts entwickelte. Die Danfoss Link App ist durch ein sehr einfaches und ansprechendes Bedienkonzept und -design gekennzeichnet, das am

Abbildung 8: Die neue Tablet-App

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58 | Autor/innenbeiträge | Klaus Schroeder | 59Autor/innenbeiträge | Klaus Schroeder

Markt sehr gut ankommt. Diese Fallstudie zeigt, wie sich die Anforder-ungen der weiblichen Nutzer an Energietechnik als Inspirationsquelle für bessere Lösungen umsetzen lassen und wie diese Anforderungen in Bezug auf Alltagsnutzen und Bedienbarkeit von Energietechnik zu Markterfolgen beitragen können.

EU-Toolbox für Gender in Business & Innovation

Die Danfoss-Fallstudie wurde als Fallbeispiel in eine neue EU-Toolbox für Gender in Business & Innovation aufgenommen. Diese wurde auf Basis ei-ner vierjährigen Zusammenarbeit einer europäischen Expertengruppe mit Vertreter/innen der Industrie erarbeitet (eine Industry TaskForce im Pro-gramm COST genderSTE12). Die Toolbox soll Unternehmen mit praktischen Fallbeispielen und Anleitungen dazu anregen, sich die Marktpotenziale der global wachsenden „weiblichen Ökonomie“ zu erschließen.

Auch unter dem Begriff „Womenomics“ bekannt läuft ein wichtiger Ver-braucher- und Business-Trend darauf hinaus, dass die Kaufkraft von weiblichen Verbrauchern global gesehen stärker wächst als die von männ-lichen Verbrauchern. Die Grundursache dafür ist ein verbesserter Zugang von Frauen zu Ausbildung und zum Arbeitsmarkt. Aus diesem Trend leiten sich direkt höhere Einkommenszuwächse ab, aber auch indirekte Effekte wie der Einfl uss auf Kaufentscheidungen in privaten Haushalten und in Unternehmen. So zeigt z. B. eine Studie des Deutschen Instituts für Wirt-schaftsforschung, dass der Anteil von Frauen am Arbeitsmarkt von 1995 bis 2015 um 10 % gestiegen ist, wohingegen der Anteil von Männern nur um 1 % zunahm. Die Unternehmensberatung Boston Consulting prognos-tiziert, dass 2028 über 70 % der Kaufentscheidungen im Endverbraucher-markt von Frauen getätigt werden.

Die EU-Toolbox zeigt Fallbeispiele aus verschiedensten Industriezweigen, in denen Unternehmen, die in technisch anspruchsvollen Feldern agieren, aktiv mit der Umsetzung weiblicher Nutzeranforderungen in ihren Produk-ten arbeiten – und auf Basis der Umsetzung in innovative Lösungen und innovatives Marketing Konkurrenzvorteile generieren.

12 STE = Science, Technology, Environment,

http://www.genderste.eu/(07.03.2017)

Die Empfehlungen für den Geschäftsführer eines Unternehmens lauten in der Toolbox wie folgt: • Beschaffen Sie sich Daten zur Auswirkung des weiblichen Kaufkraftzu-

wachses auf Ihre Geschäftsbereiche.• Testen Sie Ihre Lösungen mit weiblichen Nutzern, um sicherzustellen,

dass Marketing und Lösungsdesign auch auf deren Anforderungen abge-stimmt sind.

Auch für Marketingchefs und Entwicklungsleiter wurden zielgerichtete Empfehlungen erarbeitet, die dazu beitragen können, in ihrem Verantwor-tungsbereich konkrete Initiativen in die Wege zu leiten. Somit liefert die Toolbox einen Beitrag, um Energietechnologie und Endverbrauchermarkt näher zusammenzubringen.

Ein neuer Markt für innovative Energietechnologie

Zurück zur anfänglichen Frage: Sind die Anforderungen der weiblichen Nutzer in Energietechniklösungen umgesetzt, die oft primär von Männern konzipiert und gestaltet werden? – sicher bei Weitem nicht überall. Dieser Beitrag soll Ihren Blick für Innovations- und Geschäftspotenziale im Ener-giebereich öffnen, wo der Wirkungsgrad von neuen Technologien und Pro-dukten, wie z. B. Solartechnik, mit deren Akzeptanz im breiten Markt eng verbunden ist. Das wiederum erfordert einen hohen Nutzwert, der auch gut kommuniziert sein will, eine gesamtheitliche Ästhetik, wie auch einfa-che Bedienbarkeit, sowohl für Spezialisten als auch für Endverbraucher. Die weiblichen Nutzer sind eine Zielgruppe mit zunehmender Bedeutung und wachsendem Einfl uss. Dies soll im Verständnis des Autors nicht dazu anleiten, Produkte für Frauen zu gestalten, sondern die Anforderungen der weiblichen Nutzer als Inspiration zu nutzen, um eine so breite Zielgruppe wie möglich mit innovativer Energietechnik zu erreichen. Der Nebeneffekt, dass weibliche Mitarbeiter und der Energiebereich füreinander attraktiver werden, ist erwünscht und ein Teil der Zukunftsperspektiven.

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60 | Kapiteltext | 61Autor/innenbeiträge | Dr. Pia Spangenberger

Dr. Pia Spangenberger, WILA Bonn / TU Berlin

„Mädchen durch ein Computerspiel für Berufe im Bereich der Erneuerbaren Energien zu begeistern, zu informieren und in ihren technischen Fähigkeiten

zu bestärken, ist durchaus erfolgversprechend.“

3.5 Serena Supergreen und der abgebrochene Flügel

Geschlechtersensible Berufsorientierung mit einem Serious Game über Erneuerbare Energien

Dr. Pia Spangenberger (WILA Bonn/TU Berlin), Dr. Felix Kapp, Nadine Matthes (TU Dresden), Iken Draeger (WILA Bonn), Linda Kruse (the Good Evil)

Einleitung

Im Forschungsprojekt „Serena“ wird ein Serious Game entwi-ckelt, das einen Beitrag zur geschlechtersensiblen Berufsorien-tierung im Bereich technischer Ausbildungsberufe leistet. Das Spiel orientiert sich speziell an den Bedürfnissen 13- bis 15-jäh-riger Mädchen, die in technischen Ausbildungsberufen stark unterrepräsentiert sind. Das Spiel zielt darauf ab, das Selbst-wirksamkeitserleben von Mädchen in Bezug auf Technik zu ver-bessern und gleichzeitig Berufsinteresse zu wecken. Dafür wird in der Entwicklung des Serious Games ein besonderes Augen-merk auf unterstützendes Feedback innerhalb des Spiels, ein geschlechtersensibles Gamedesign und das Herausstellen von Nachhaltigkeitsbezügen im Arbeitsfeld Erneuerbare Energien gelegt und in einem Point-and-Click-Adventure umgesetzt. Auf der Reise durch eine fi ktive Spielwelt hat die Spielerin zahlrei-che Aufgaben zu lösen und lernt dabei typische Anforderungen technischer Ausbildungsberufe im Bereich Erneuerbare Energien kennen. Begleitendes Unterrichtsmaterial zum Spiel ermöglicht die Vertiefung von Wissen über technische Berufe und über Anforderungen, Aufgaben und Ausbildungsmöglichkeiten im Bereich Erneuerbare Energien.

Die primäre Zielgruppe, Schülerinnen im Alter von 13 bis 15 Jahren, wird aktiv in die Spielentwicklung einbezogen, um Lebensweltbezug und Spiel-freude sicherzustellen. Hinzu kommen Lehr- und Fachkräfte für die Berufs-orientierung an Schulen und die Berufsberatung u. a. der Arbeitsagenturen, außerschulische Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie die Fach-Community in den Bereichen MINT, Erneuerbare Energien und Gender.

Abbildung 9: Serena Supergreen Serious Game, Wissenschaftsla-den Bonn / Technische Universi-tät Dresden

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62 | Autor/innenbeiträge | Dr. Pia Spangenberger | 63Autor/innenbeiträge | Dr. Pia Spangenberger

Sowohl die Entwicklung als auch der erste Einsatz des Spiels werden wissen-schaftlich begleitet und untersucht. Mit Hilfe der Evaluation des Spiels sollen Forschungsergebnisse generiert werden, die zu neuen Erkenntnissen über den Einsatz und Nutzen von Serious Games in der Berufsorientierung führen.

Beteiligte im Verbundprojekt sind der Wissenschaftsladen Bonn e. V. (Verbundleitung), die Technische Universität Dresden mit den Fachberei-chen Psychologie des Lehrens und Lernens sowie Metall- und Maschinen-technik/Berufl iche Didaktik (wissenschaftliche Begleitung) und das Game Studio the Good Evil (Spielentwicklung). Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Förder-richtlinie „Förderung von Digitalen Medien in der berufl ichen Bildung“ von Januar 2015 bis Mai 2017.

Problemstellung und Lösungen

In den letzten 15 Jahren sind im Sektor Erneuerbare Energien viele neue Arbeitsplätze entstanden. Auch in Zukunft wird ein besonders hoher Bedarf an MINT-Fachkräften erwartet. Aufgrund einer ungünstigen Tech-niksozialisation tendieren jedoch vor allem Mädchen dazu, technische Tätigkeitsbereiche aus ihrem Berufswahlspektrum auszugrenzen (Pfenning et al. 2011). Hinzu kommen Diskriminierung und Vorurteile gegenüber Frau-en in technischen Berufen, die den Bereich Technik für Mädchen wenig attraktiv machen. Für Mädchen ist es außerdem wichtig, einen Beruf zu wählen, der nicht nur zu ihren Interessen passt und der sich gut mit dem Privatleben verbinden lässt, sondern mit dem sie auch einen gesellschaft-lichen Beitrag leisten können. Diesen Anspruch stellen sie auch an einen technischen Beruf, mit dem sie Menschen helfen und Probleme lösen möchten (z. B. Seron et al. 2016). Allerdings schätzen Mädchen technische Berufe als wenig abwechslungsreich ein, fürchten körperliche Anforder-ungen und unterschätzen soziale und kommunikative Anteile.

Ein weiteres Problem sind fehlende Kenntnisse, welche Tätigkeiten sich hinter den technischen Berufsbildern verbergen und worin der gesell-schaftliche Beitrag besteht. Die schulische Berufsorientierung greift hier

häufi g nicht (Faulstich-Wieland 2016). Erschwerend kommt für das Feld der Ausbildungsberufe im Sektor Erneuerbare Energien hinzu, dass konkrete Informationen zu den Einsatzmöglichkeiten fehlen (Scharp 2013). Ein tech-nischer Ausbildungsberuf, der ausschließlich für den Sektor Erneuerbare Energien qualifi ziert, existiert nicht. Zusätzlich ist der gesellschaftliche Bezug in Form eines Beitrags zur nachhaltigen Entwicklung für die junge Berufswählerin oder den jungen Berufswähler kaum ersichtlich (Spangen-berger 2016).

Dabei gewännen technische Ausbildungsberufe für junge Mädchen an Attraktivität, wenn der Nachhaltigkeitsbezug stärker herausgestellt würde (ebd.). Gleichzeitig müssen besonders technische Berufe geschlechtersen-sibel dargestellt und im Unterricht dementsprechend aufbereitet werden, sodass sich Mädchen stärker angesprochen fühlen (Faulstich-Wieland 2016).

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt „Serena“ hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, ein Computerspiel, ein so genanntes Serious Game, zu entwickeln, das Mädchen für technische Aus-bildungsberufe im Arbeitsfeld Erneuerbare Energien begeistert. Konkret sollen folgende Ziele bei den Mädchen erreicht werden:

• Wissen über technische Berufe erweitern• Selbstbewusstsein und eigene Fähigkeiten im Umgang mit Technik stärken• Motivation und Interesse für technische Berufe im Bereich Erneuerbare

Energien wecken

Um eine zielgruppengerechte Gestaltung sicherzustellen, wurden Lernin-halte elegant in den Spielverlauf eingearbeitet und Situationen ausgehend vom Erfahrungshintergrund 13- bis 15-jähriger Mädchen konzipiert. Um möglichst nah an ihrer Lebenswelt zu sein, wurden die Mädchen intensiv in die Spielentwicklung miteinbezogen. Schon während der Entwicklungs-phase wurde im Rahmen der projektbegleitenden Social-Media-Kampagne eine Gamerinnen-Community aufgebaut, die Sequenzen testet sowie sich an Designentscheidungen und Entwicklungsschritten beteiligt. Ihr Feed-back und ihre Vorschläge sind unmittelbar in das Spiel eingefl ossen. Das rege Interesse der Mädchen an der Spielgestaltung hing mit der Möglich-keit zusammen, kreativen Input geben zu können, der ernst genommen

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64 | Autor/innenbeiträge | Dr. Pia Spangenberger | 65Autor/innenbeiträge | Dr. Pia Spangenberger

Abbildung 10: Serena Supergreen Serious Game, Wissenschafts-

laden Bonn / Technische Universität Dresden

wurde. Um diesen positiven Effekt zu verstärken, wurde auf einem projekt-begleitenden Blog regelmäßig darüber informiert, welche Vorschläge wie umgesetzt wurden. Darüber hinaus begleiteten Schülerinnen von zwei Pro-motorenschulen das Serena-Team bei der Spielentwicklung. Im Sommer 2015 haben an den Schulen Workshops stattgefunden, die erste Erkennt-nisse über Interessen, Vorlieben, Wissen und Kompetenzen der Zielgrup-pe lieferten. So wurde auch hier festgestellt, dass technische Berufe mit einem überwiegend negativen Image belegt sind und für den allergrößten Teil der anwesenden Mädchen nicht in Betracht kommen.

Neuer Zugang zur berufl ichen Orientierung für Mädchen durch ein Serious Game

Mädchen durch ein Computerspiel für Berufe im Bereich der Erneuer-baren Energien zu begeistern, zu informieren und in ihren technischen Fähigkeiten zu bestärken, ist durchaus erfolgversprechend: Der Anteil

spielender Mädchen nimmt konti-nuierlich zu, knapp die Hälfte aller Computerspieler/innen ist weiblich und insbesondere Serious Games werden vermehrt von Mädchen gespielt (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2014). Neben der inhaltlichen Ausrichtung auf das Thema Erneuerbare Energi-en greift das Spiel Kommunikations-bedürfnisse und -gewohnheiten der Mädchen auf, thematisiert wichtige Aspekte wie die Ablösung von den

Eltern oder die Relevanz der Peergroup, stellt stereotype Rollenbilder in Frage und bietet, anders als die meisten Computerspiele, weibliche Identi-fi kationsfi guren. Außerdem wird das Spiel in der Zielgruppe nicht als Spiel extra für Mädchen beworben, um sie nicht über ein Defi zit anzusprechen, sondern die Inhalte und der Spaß am Spiel stehen im Vordergrund.

Die Spielfi gur, in deren Rolle die Spielerin bzw. der Spieler schlüpft, ist ein ganz „normales“ Mädchen ohne außergewöhnliche Fähigkeiten, das mit seinen Freundinnen in der Spielwelt interagiert. Vor Spielbeginn kann eine von vier Avatarinnen ausgewählt werden und diese im Anschluss durch die Auswahl von Kleidung weiter individuell gestaltet werden. Aufgaben und Rätsel löst die Avatarin im Team bzw. mit Unterstützung ihrer Freun-dinnen im Handy-Chat. So können Hilfestellungen im Spiel platziert wer-den (u. a. auf dem Handydisplay der Avatarin), ohne den Spielfl uss durch eingeblendete Hinweise zu unterbrechen. Auf diese Weise bietet das Spiel vielfältige Einblicke in die Arbeitswelt und betriebliche Praxis der Erneuer-baren Energien. Aufbauend auf dem Motivationsmodell von Eccles & Wig-fi eld (1994, 2002), welches deutlich macht, dass für die Berufswahl unter anderem das eigene Fähigkeitsselbstkonzept sowie geschlechtsspezifi sche Erwartungen eine Rolle spielen, werden diese Aspekte explizit adressiert. Zur Förderung des Fähigkeitsselbstkonzepts im Bereich Technik wurde beispielsweise eine Feedbackstrategie implementiert, die durch Hilfestel-lungen und Rückmeldung die Spielerin befähigt, die Aufgaben (Quests) innerhalb des Spiels selbstständig zu lösen und dadurch Erfolgserlebnisse zu haben (interaktives tutorielles Feedback, Narciss 2013). Darüber hinaus wurden durch die wissenschaftliche Begleitung und Evaluation Erkenntnis-se über den Einsatz und Nutzen von Serious Games in der Berufsorientie-rung generiert.

Didaktisches Begleitmaterial

Durch die curriculare Einbindung des Serious Games wird sichergestellt, dass Ergebnisse und im Spiel gesammelte Erfahrungen auch in die vertie-fende Berufswahlorientierung der Schülerinnen und Schüler einfl ießen. Flankierend zum Spiel wurden daher im Projektverlauf pädagogische Begleitmaterialien für Schulen und berufsberatende Einrichtungen entwi-ckelt. Um Anknüpfungspunkte für den Einsatz des Spiels im Unterricht zu bieten, wurden die 16 Rahmenlehrpläne der Bundesländer in den Fächern Arbeitslehre (bzw. Arbeit-Wirtschaft-Technik oder Wirtschaft-Arbeit-Tech-nik)13, Physik, Chemie, Biologie und Naturwissenschaften gesichtet und die entwickelten Spielinhalte auf die Lernziele in den Lehrplänen abgestimmt. Aufbauend darauf wurden eine Unterrichtseinheit zur Berufsorientierung

13 Es bestehen Benennungs-varianten in den einzelnen Bundesländern.

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66 | Autor/innenbeiträge | Dr. Pia Spangenberger | 67Autor/innenbeiträge | Pia Spangenberger

im Sektor Erneuerbare Energien sowie Unterrichtsmodule für die ein-zelnen Fächer zu ausgewählten Inhalten aus dem Spiel erstellt. So kann das Spiel nicht nur für die Berufsorientierung genutzt werden, sondern beispielsweise auch zur Erarbeitung physikalischer Prinzipien (Naturwis-senschaften). Darüber hinaus wurden Informationsmaterial und weiter-führende Links zu interessanten und informativen Webportalen für die Zielgruppe zusammengestellt.

Kurzfazit

Das Serious Game „Serena Supergreen und der abgebrochene Flügel“ greift eigene Erfahrungen der Mädchen auf, macht Spaß, beinhaltet eine übergreifende Botschaft und vermittelt technische Inhalte und Kompe-tenzen (wie bspw. das Lesen von Schaltplänen oder das Instandhalten technischer Anlagen), ohne beim Spielen mit dem erhobenen Zeigefi nger auf die Lerninhalte und Berufe zu verweisen. Auf diesem Weg stärken die Spielerinnen und Spieler ihr Fähigkeitsselbstkonzept im Bereich Technik und erlangen Kenntnisse über technische Ausbildungsberufe aus dem Bereich Erneuerbare Energien. Wir sind überzeugt, mit dem Serious Game „Serena Supergreen und der abgebrochene Flügel“ einen innovativen und wichtigen Beitrag zur geschlechtersensiblen Berufsorientierung im Be-reich Technik zu leisten. Erste Evaluationsergebnisse verdeutlichen, dass die Zielgruppe im Alter von 13 bis 15 Jahren nicht nur Spaß an dem Spiel hat, sondern Erfolgserlebnisse beim Bearbeiten der technischen Quests zu einer Steigerung des Interesses an technischen Fragestellungen füh-ren. Darauf aufbauend lässt sich in Zukunft auch eine Übertragung der Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Projekt Serena auf andere MINT-Bereiche diskutieren.

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68 | Kapiteltext | 69Autor/innenbeiträge | Dr. Anke Stock, Katharina Habersbrunner

Dr. Anke Stock, WECF

„Durch Grundsätze wie Gleichheit, Gerechtigkeit, freiwillige Kooperation und demokratische Selbstorganisation ist das genossenschaftliche Geschäftsmodell gut geeignet, um Projekte geschlechtergerecht

zu realisieren und zu fi nanzieren.“

3.6 Energiegenossenschaften als Gleichstellungsinstrument

Dr. Anke Stock, Katharina Habersbrunner, Women Engage for a Common Future (WECF)

Die großen internationalen Vereinbarungen des Jahres 2015 – das Pariser Abkommen sowie die Agenda 2030 mit ihren nachhaltigen Entwicklungs-zielen14 – haben nicht nur die Minderung der klimaschädlichen Emissi-onen15, sondern auch eine Hinwendung zu alternativen, erneuerbaren Energien zum Ziel16. Darüber hinaus verankern beide Abkommen die Ge-schlechtergerechtigkeit an prominenter Stelle: in der Präambel des Pariser Abkommens sowie im Nachhaltigkeitsziel Nr. 5, das Geschlechtergerech-tigkeit fordert. Gemeinsam mit dem „Lima Work Programme on Gender“, das die Berücksichtigung der Geschlechtergerechtigkeit im Rahmen der Klimaverhandlungen vorsieht und auf dessen Verlängerung sich 2016 geeinigt wurde17, zeigen die Abkommen, dass eine effektive Integration der Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen einen hohen Stellenwert einnimmt.

Bei der Umsetzung dieser Ziele stehen alle Länder vor großen Herausfor-derungen, denn eine solche Transformation, gekoppelt mit der Quer-schnittsaufgabe Geschlechtergerechtigkeit, erfordert innovative Lösungs-ansätze. Energiegenossenschaften als geschlechtergerechte Klimafi nan-zierungsinstrumente scheinen hierzu gut geeignet. Die Nichtregierungsor-ganisation „Women Engage for a Common Future“ (WECF)18 realisierte ein solches Modell in Georgien, um sichere, klimafreundliche und geschlech-tergerechte Energielösungen für einkommensschwache ländliche Haushal-te zu ermöglichen.

Beispiel Georgien

Die ländliche Bevölkerung verwendet zum Heizen und Kochen meist Holz aus nichtnachhaltiger Forstwirtschaft, für das ca. ein Drittel des Einkom-mens aufgewendet wird. Dies führt zu weit verbreiteter Energiearmut, worunter insbesondere die ohnehin sozial schon schlechter gestellten Frauen leiden. Traditionell verrichten die Frauen nach wie vor unbezahlte

14 Sustainable Development Goals (SDGs) verabschiedet im Rahmen der Agenda 2030.

15 Im Rahmen des Pariser Abkommens mittels nationaler Klimaschutzbeiträge (NDCs) und im Rahmen der Agenda 2030 durch SDG 13 (Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels).

16 SDG 7: Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie (7.2: Anteil erneuerbarer Energien bis 2030 deutlich erhöhen).

17 UN (2016), Gender and Climate Change. Draft conclusions pro-posed by the Chair. Recommen-dation of the Subsidiary Body for Implementation, S. 18.

18 WECF ist ein internationales Netzwerk von ca. 150 Frauen- und Umweltorganisationen mit Büros in Deutschland, den Niederlan-den, Frankreich, der Schweiz und Georgien. WECF arbeitet an der Schnittstelle zu Umwelt, Gesundheit und Geschlechterge-rechtigkeit und setzt gemeinsam mit lokalen Partnerorganisatio-nen Projekte um. Gleichzeitig ist die politisch unabhängige NRO aktiv in politischen Prozessen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene (www.wecf.eu).

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70 | Autor/innenbeiträge | Dr. Anke Stock, Katharina Habersbrunner | 71Autor/innenbeiträge | Dr. Anke Stock, Katharina Habersbrunner

Hausarbeit und haben durch das Beschaffen von Brennholz zusätzliche Arbeit. Die Mehrzahl der Haushalte kocht mit ineffi zienten Öfen auf Holz, was dramatische Folgen für Gesundheit und Umwelt mit sich bringt. Für Frauen ist es zudem aufgrund fehlender Sicherheiten schwieriger, Kredite für neue Technologien zu erhalten.

Im Rahmen eines Pilotprojekts, das gemeinsam mit georgischen Part-nern entwickelt wurde, konnte der Brennholzbedarf durch emissionsfreie Technologien erheblich reduziert werden: durch solarbetriebene Warm-wasserkollektoren, energieeffi ziente Öfen sowie effektive Gebäudeisolie-rungen. Alle benötigten Materialien werden lokal produziert und sind für die georgische Lebensweise und Gebäudeart geeignet. Diese Maßnahmen schützen den Wald, verringern die ineffi ziente Holznutzung sowie die Treibhausgasemissionen.

Die Gründung von bisher vier lokalen Energiegenossenschaften ermög-licht Bürgerinnen und Bürgern (2016 waren es 140 Mitglieder, davon 32 % Frauen), sich aktiv und auf demokratische Weise in die Gestaltung und nachhaltige Sicherung ihrer Energieversorgung einzubringen. Jede(r) kann Mitglied werden, hat Stimmrecht in der Generalversammlung und kann somit die Strategie mitgestalten. Der Bottom-up-Ansatz mit geringen Geschäftsanteilen erlaubt einer breiten Bevölkerung, sich zu beteiligen. Die Genossenschaften werden von erfahrenen und im Pilotprojekt ausge-bildeten Energiemanagern und Handwerkern betrieben. Sie bieten tech-nische Unterstützung bei der Umsetzung mittels Fortbildungen zu den Themen „Technologie“, „Management“ und „Marketing“, unterstützen bei der Öffentlichkeitsarbeit und ermöglichen den Zugang zu Expertenwissen. Das mit lokalen Banken vereinbarte Finanzierungsmodell ermöglicht den Zugang zu bezahlbaren Bankdarlehen für Frauen und Männer zu gleichen Bedingungen. Die gesamte Wertschöpfungskette vom Materialeinkauf bis zur Installation schafft Arbeitsplätze und lässt Frauen und Männer am lokalen Wirtschaftskreislauf teilhaben. Die Organisationsform basiert auf den Prinzipien Solidarität, Demokratie, Identität und Mitgliederförderung.19

19 Klemisch, H., Boddenberg, M. (2012), Zur Lage der Genossen-

schaften – tatsächliche Renais-sance oder Wunschdenken?

Die Gründung einer Dachgenossenschaft mit allen lokalen Genossenschaf-ten als Mitglieder sorgt für die Bündelung von wirtschaftlichem und tech-nischem Know-how über Energietechnologien (z. B. Solarkollektoren) und erzielt Skaleneffekte, z. B. beim Einkauf von Materialien. Die Dachgenos-senschaft betreibt auch eine Produktionsstätte für zertifi zierte Kollektoren, fi nanziert von lokalen und internationalen Investoren. Sie garantiert durch Zertifi zierung den Qualitätsstandard der Produkte und bietet Marketing und Weiterbildung für die lokalen Genossenschaften an. Auf politischer Ebene setzt sie sich für eine erneuerbare Energiepolitik ein. In der Satzung ist eine Frauenquote von mindestens 40 % im Management festgelegt.

Durch Grundsätze wie Gleichheit, Gerechtigkeit, freiwillige Kooperation und demokratische Selbstorganisation ist das genossenschaftliche Ge-schäftsmodell gut geeignet, um Projekte geschlechtergerecht zu realisie-ren und zu fi nanzieren.20

20 UNRISD (2016), Policy Inno-vations Transformative Change. Implementing the 2030 Agenda for Sustainable Development, S. 38, 117.

Aktive Bürgerinnen und Bürger als Genossenschaftsmitglieder, Mitarbeiter(innen), Energieunternehmer(innen) und Investor(innen)

Transformatives Potenzial durch ökologischen, ökonomischen und sozialen Nutzen

Georgische Energiegenossenschaften

Internationale Investoren

DachgenossenschaftMaterialeinkauf und Produktion, Skaleneffekte

Finanzierung und Betrieb von ProduktionsstättenQualitätsgarantie durch Zertifi zierung

Marketing und Trainings, politisches Engagement

GreenEnergy

Clean Power Europe

Zrudi

WECF

Switch to the Sun

Solarpartner Süd

R-CleenEnergy

Energie 2030

WeitereCoops

WeitereInvestoren

unabhängiger Berater

Eigentümer Haushalte

Bank

VerträgeZahlungenInstallation/Service

1. Kooperation

2. Kaufvertrag3. Darlehensvertrag

7. Zinsen und Tilgung

5. Su

bven

tion

6. Installation

4. Darlehenssumme

Finanzierungsmodell mit 3-Parteien-Vertrag

Abbildung 11: Finanzierungsmodell WECF

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72 | Autor/innenbeiträge | Dr. Anke Stock, Katharina Habersbrunner | 73Autor/innenbeiträge | Anke Stock

Fazit

Energiegenossenschaften, die von Männern und Frauen gemeinsam initi-iert und geführt werden, und die diesen gemeinschaftlich gehören, tragen zu einer Entmonopolisierung von Wissen über Energieversorgung bei. Das transformative Potenzial ergibt sich aus der nachhaltigen Zielsetzung die-ser Genossenschaften, deren demokratischen Prinzipien und der fl achen Hierarchie sowie der Finanzierung durch sowohl privates als auch öffent-liches Kapital. Damit stellen Genossenschaften zukunftsfähige Modelle dar, die eine geschlechtergerechte Klimapolitik fördern können, soweit sie nachhaltig von der Politik und der Zivilgesellschaft unterstützt werden.

Abbildung 12: Projektdesign einer geschlechtergerechten

Energiegenossenschaft (WECF)

GESCHLECHTER-GERECHTIGKEIT

Konsultation von lokalen Frauenorganisationen

Gender Budgeting

Frauenquote (40 %) für Vorstand und Aufsichtsrat

Geschäftsanteile erwerbbar durch Sacheinlagen oder Ratenzahlung

Gezielte Trainings für Frauen hinsichtlich Technologien/Management etc.

Geschlechtergerechtes Finanzierungsmodell

Kooperation mit Zivilgesellschaft und Regierung

Mitglieder der lokalen Energie-genossenschaften in Georgien mit WECF-Mitarbeiterinnen

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74 | Kapiteltext | 75Autor/innenbeiträge | Dr. Marianne Vollmer

Dr. Marianne Vollmer, Vollmer Consulting

„Bilder sind nonverbale Botschaften. Sie zeigen Sympathie und Vertraulichkeit

oder Offenheit, den Statusunterschied von Personen und nicht zuletzt machen sie

auch eine Aussage über diejenigen, die die Bilder angefertigt und in die

Öffentlichkeit gebracht haben.“

3.7 Die verborgene Botschaft der Bilder

Dr. Marianne Vollmer, Vollmer Consulting

Wahrnehmung ist subjektiv

Es ist nicht möglich, die Umwelt objektiv wahrzunehmen; es gibt nur eine wahrgenommene Umwelt, d. h. Wahrnehmung ist subjektiv. Der Wahrnehmungsprozess beginnt mit der Informationsaufnahme (1). Unsere momentane Aufmerksamkeit bestimmt die Objekte, die wir wahr-nehmen. Beispielsweise sehen wir überraschend viele Anzeigen für Ka-minholz, sobald wir festgestellt haben, dass wir wieder welches brauchen. In der Phase der Informationsaufnahme entscheidet sich, welche Infor-mation wir anschließend verarbeiten und worüber wir später nachdenken werden.

Informationsverarbeitung (2) beschreibt, klassifi ziert und wägt ab. Hier unterstützen uns Stereotype, wobei insbesondere Geschlechtsstereotype interessant sind. Stereotype gewährleisten eine effektive und schnelle Informationsverarbeitung und sichern Handlungsfähigkeit in komplexen sozialen Situationen. Stereotype vervollständigen bruchstückhafte Infor-mation, sodass wir „uns den Rest denken können“. Beispielsweise sehen sich viele Entscheider auf der sicheren Seite, wenn sie das Ingenieursteam lieber von einem Mann führen lassen, nicht von einer Frau. Und der weibli-che Vorname kostet richtig Geld, wenn ein Unternehmenskredit beantragt wird. Stereotype haben uns das Denken abgenommen.

Die Urteilsbildung (3) mit Bewerten, Prognostizieren und schließlich Han-deln schließt den Wahrnehmungsprozess ab. Wie die Informationsaufnah-me und -verarbeitung wird auch die Urteilsbildung von zahlreichen Feh-lern begleitet. Fazit: Wir interagieren nicht mit der realen Person, sondern mit dem Bild, das wir von dieser Person im Kopf haben.

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76 | Autor/innenbeiträge | Dr. Marianne Vollmer | 77Autor/innenbeiträge | Dr. Marianne Vollmer

Das nonverbale Signalsystem

Evolutionsperspektivisch betrachtet ist das nonverbale Signalsystem älter als die Sprache und besser an die Kommunikation grundlegender emotio-naler Botschaften angepasst.

Die verbale Ebene vermittelt Informationen über die äußere Welt (z. B. Tun, Handlungsanweisungen). Die nonverbale Ebene vermittelt das sub-jektive Erleben, die Gefühle, emotionale Botschaften wie Werthaltungen, Einstellungen, Sympathien und andere persönliche Reaktionen. Diese spielen eine wichtige Rolle im sozialen Miteinander. Die nonverbale Ebene kommuniziert Einstellungen und Emotionen effektiver als Sprache. Non-verbale Botschaften sind um vieles überzeugender als Worte; man spricht von einer etwa fünf Mal höheren Wirkung.

Nonverbale Botschaften kommunizieren (1) Sympathie, (2) Statusun-terschiede und Unterschiede bezüglich der sozialen Kontrolle sowie (3) Aufmerksamkeit und Reaktionsbereitschaft.

Bilder sind nonverbale Botschaften. Sie zeigen Sympathie und Vertraulich-keit oder Offenheit, den Statusunterschied von Personen und nicht zuletzt machen sie auch eine Aussage über diejenigen, die die Bilder angefertigt und in die Öffentlichkeit gebracht haben.

Bildanalyse

Bilder übermitteln komplexe Botschaften, die schnell, mit einem Blick erfassbar sind. Im Folgenden werden ausgewählte Bilder nach wahrneh-mungspsychologischen Gesichtspunkten analysiert und kurz interpretiert.

Ein Roll-up auf einer Karrieremesse soll Frauen auf ein Unternehmen auf-merksam machen. Abgebildet sind zwei Männer unterschiedlicher Hautfar-be und zwei Frauen. Diversity und Geschlechterproporz sind erfüllt, aber es gibt eine weitere Botschaft: Die Männer sind im Vordergrund, die Frau-en im Hintergrund, einmal leicht verschwommen, einmal abgeschnitten. Soweit die Informationsaufnahme. Die Verarbeitung der Information lässt

mutmaßen, dass Frauen zwar willkommen sind, aber nur im Hintergrund, nicht wirklich sichtbar und – vielleicht in ihren Möglichkeiten – beschnit-ten. Die Entscheidung, sich bei diesem Unternehmen zu bewerben, könnte hierdurch beeinfl usst werden (Phase der Urteilsbildung).

Auf dem Cover eines Veranstaltungsprospekts sind drei Mitglieder eines Familienunternehmens abgebildet. Sichtbar sind die Frau bzw. Tochter im Hintergrund, daneben der Mann bzw. Sohn. Der Vater oder Chef ist im Vordergrund, die Mutter fehlt. Die Arme der Tochter sind nackt. Zudem hat das Prospekt auf eine gendergerechte Sprache verzichtet; die Rede ist von „der Nachfolger“. So viel zur Informationsaufnahme.Die Nacktheit der Arme zeigt die Verkleinerung der Position der Frau. Gemeinsam mit der maskulinen Sprache ist davon auszugehen, dass die Frau nicht als Nachfolgerin in Betracht gezogen wird (Informationsver-arbeitung). Das Urteil fällt leicht: Die modernen Werte, die das Prospekt vermitteln möchte, werden nicht umgesetzt.

Auf dem Gruppenfoto eines Unternehmerverbands sind vier Männer und eine Frau zu sehen. Die männliche Hintergrundposition ist durch Frontal-ansicht betont, die Frau steht im Vordergrund, die Arme sind bedeckt. Die „Frauenquote“ ist nicht ausreichend, aber die Frau ist statusgleich; keine Verkleinerung ihrer Position. Es könnte interessant sein, mit dieser Organi-sation Kontakt aufzunehmen.

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78 | Autor/innenbeiträge | Dr. Marianne Vollmer | 79Autor/innenbeiträge | Marianne Vollmer

Fazit

Bilder vernachlässigen Frauen, tarnen oder verzerren sie. Sie sind mit kleinerem Status präsentiert, sie rutschen in den Hintergrund, werden „unscharf“, mithin unwichtig.

Das Bildmaterial in angesehenen Zeitschriften oder Broschüren ist vom Männlichen dominiert.

Wenn ein Unternehmen sich für Potenzialträgerinnen öffnen will, d. h. weibliche Karrieren möglich machen will, ist den Druckerzeugnissen eine ausgewogene weibliche bzw. männliche Präsenz und zudem eine weibliche Botschaft zu wünschen.

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80 | Netzwerk-Beispiele | 81Netzwerk-Beispiele

4 NETZWERK-BEISPIELE

4.1 Women4Energy – Das Europäische Frauennetzwerk für innovative Energielösungen

Das Netzwerk „Women4Energy“ setzt sich dafür ein, Frauen aus Forschung und Industrie zu allen energierelevanten Themen zu vernetzen und dazu beizutragen, dass Ergebnisse aus der Forschung unter Gender- und Diversity-Gesichtspunkten in den Markt kommen. Women4Energy ver-schafft Frauen aus Forschung und Industrie somit eine Plattform zum Austausch, zur Weiterbildung und zum Wissenstransfer. Das Netzwerk wur-de im Dezember 2012 unter Federführung des Steinbeis-Europa-Zentrums im Rahmen von InnoEnergy (ehemals KIC InnoEnergy) gegründet und wird vom baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gefördert. Es strebt eine Vorreiterrolle bei der Schaffung einer Innovationskultur an, bei der Gender eines der wichtigsten Querschnitts-themen sein wird.

Bereits bei der ersten internationalen Konferenz am 12. Dezember 2013 versammelten sich über 100 Frauen aus Forschung und Entwicklung aus 16 verschiedenen Ländern, um sich über neue Entwicklungen und zukünfti-ge Herausforderungen auf dem Energiemarkt zu informieren und gemein-sam innovative und nachhaltige Lösungen sowie neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Insgesamt haben schon über 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer den bislang vier Konferenzen beigewohnt und mit ihren Expertisen einen wert-vollen Beitrag geleistet.

Mit hochkarätigen Rednerinnen aus ganz Europa zeigt die Konferenz jähr-lich, dass Frauen im Energiesektor sehr erfolgreiche Führungspositionen einnehmen können und bietet eben diesen Frauen eine Bühne. Junge Wissenschaftlerinnen erhalten durch einen „Call for Papers“ die Möglich-keit, ihre Ideen mit Frauen aus Forschung und Industrie zu diskutieren und weiterzuentwickeln.

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82 | Netzwerk-Beispiele | 83Netzwerk-Beispiele

4.2 women&energy – Das energiegeladene Frauennetzwerk!

Seit November 2010 existiert das von PricewaterhouseCoopers initiierte Frauennetzwerk women&energy. Es wendet sich an aktuelle und zukünftige Entscheiderinnen in der Energiewirtschaft.

Die Position von Frauen in der Energiebranche gezielt zu stärken, dazu möchte das Netzwerk beitragen. Im Vordergrund steht hierbei das lang-fristige Ziel, das gesamte berufl iche Umfeld grundsätzlich zu verbessern, beispielsweise durch den Ausbau von Geschäftsbeziehungen und den kon-sequenten Wissensaustausch. Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und andere Aspekte der Work-Life-Choice spielen demgegenüber eine nachgeordnete Rolle.

Das Netzwerk möchte den geeigneten Rahmen bieten, um zentrale Fra-gestellungen mit dem Wissen der anwesenden Branchenkennerinnen zu diskutieren. Die Entwicklung zukunftsfähiger Ideen, die aktive Mitgestaltung von Rahmenbedingungen und die zielgerichtete Einwirkung auf Entschei-dungsprozesse soll durch die Kenntnis eines klar umrissenen Marktum-felds befördert werden.

Auf zweimal jährlich stattfi ndenden themenbezogenen Fachveranstal-tungen bietet sich nicht nur die Chance zum Netzwerken, sondern auch die Gelegenheit, im Rahmen von Fachvorträgen und Workshops aktuelle Energiefragen gemeinsam mit Gleichgesinnten zu diskutieren.

Kontakt/Mitgliedsanfragen: >>> [email protected] Webseite:>>> www.pwc.de/de/energiewirtschaft/women-and-energy-foerdert-frauen-in-der-energiewirtschaft.html

@

Durch die LinkedIn-Gruppe „Women4Energy“ konnte ein breites Netzwerk von Frauen aus unterschiedlichen Bereichen der Energiewirtschaft aufge-baut werden. Insgesamt über 200 Mitglieder/innen nutzen die Plattform, um sich gegenseitig über Veranstaltungen, Neuigkeiten und Ausschrei-bungen auf dem Laufenden zu halten.

Das Steinbeis-Europa-Zentrum veröffentlicht regelmäßig den Werdegang und die Erfolgsgeschichten von weiblichen Vorbildern, so genannte „Role Models“, auf der Projektwebseite www.women4energy.eu. Dadurch werden jungen Frauen, die sich für eine Karriere im Energiebereich interessieren, die Möglichkeiten aufgezeigt und neue Anstöße gegeben.

Kontakt/Mitgliedsanfragen: >>> Saskia Heyde | [email protected] „Women4Energy“ Webseite: >>> www.women4energy.eu

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84 | Ausblick und Schlusswort | 85Literaturverzeichnis

5 AUSBLICK UND SCHLUSSWORT

Im Rahmen des Projekts „GENergie“ konnten Frauen und Männer aus den Wissenschaften und der Hochschullehre mit Teilnehmenden aus der Wirt-schaft und verschiedenen anderen Interessengruppen vernetzt werden. Viele Anregungen wurden aufgenommen und neue gemeinsame Projekt-ideen geschmiedet. Jede einzelne Initiative, die vorgestellt wurde, hat andere und neue Aspekte aufgezeigt, die noch lange nicht im Mainstream der Forschung und Lehre angekommen sind. Aus diesem Grund bietet die-ser Band einen vertieften Einblick in einige dieser vorgestellten Initiativen und Sichtweisen, indem die Autor/innen selbst zu Wort kommen.

Für den Bereich Forschung und Innovation in der Energietechnik stellen sich auch weiterhin viele spannende Fragen. Geht es um Anwendungen von Energietechnik und die Einbindung von Nutzer/innen, ist eine Gender-relevanz schneller ersichtlich, als wenn es um die Entwicklung neuer Tech-nologien an sich geht. Eine Brennstoffzelle hat eher keine Genderrelevanz in ihrer chemischen Funktionsweise, aber möglicherweise im Hinblick auf Anwendung, Nutzbarmachung, Einsatzmöglichkeiten und Sicherheit. Hier ist weitere Forschung und mehr Erfahrung aus Projekten, in denen die Forschenden mit Genderexpert/innen zusammenarbeiten, erforderlich.

Im Bereich Forschung und Lehre hat sich gezeigt, dass der Themenkom-plex Energie viele der Motivationsfaktoren abdeckt, die junge Frauen an-sprechen, wie z. B. Nachhaltigkeit, Verbesserung von Lebensbedingungen und gesellschaftliche Auswirkungen. Bisher nutzen die Ausbildungs- und Studiengänge diese Motivationsfaktoren zu wenig in ihrer Darstellung. Dabei gibt es gerade in der Energiebranche gute Einstiegsmöglichkeiten für Frauen. Die Männerdominanz, die die Branche bisher auszeichnet, können Unternehmen durch gezielte Marketingkampagnen und die Zusammenarbeit mit Hochschulen aufbrechen.

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6 LITERATURVERZEICHNIS

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www.uni-stuttgart.de/soz/institut/Vollmer Consulting: www.vollmerconsulting.dewomen&energy: www.pwc.de/de/energiewirtschaft/women-and-energy-

foerdert-frauen-in-der-energiewirtschaft.htmlWomen Engage for a Common Future: www.wecf.euWomen4Energy: www.women4energy.eu

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88 | Foto- und Abbildungsverzeichnis | 89Foto- und Abbildungsverzeichnis

7 FOTO- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Seite 5 Foto 1: All4Foto, Sascha Baumann, StuttgartSeite 6/7 Foto 2: Fotolia, goodluzSeite 8 Foto 3: Fotolia, goodluzSeite 12 Abbildung 1: Anteil von weiblichen und männlichen Wissen- schaftlern und Ingenieuren im europäischen Vergleich, Eurostat – Human resources in science and technology and EU Labour Force Survey (online data codes: hrst_st_ncat and lfsa_agan)Seite 13 Abbildung 2: Mehr Frauen studieren MINT – Anteil aber weiterhin gering Frauenanteil an den Studierenden im 1. Fachsemester in ausgewählten Studienbereichen/-fächern 1993 bis 2014 (Wintersemester und folgendes Sommersemester), Bundes- agentur für Arbeit, Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung (März 2016): Der Arbeitsmarkt in Deutschland – MINT-Berufe, Nürnberg 2016, S. 22, https://statistik.arbeitsagentur.de/ Statischer-Content/Arbeitsmarktberichte/Branchen-Berufe/ generische-Publikationen/Broschuere-MINT-2016.pdf, abgerufen am: 16.02.2017.Seite 14 Foto 4: BMF - Burkhardt-Mayer-Fotografi e GbR, Armin Burkhardt, MagdeburgSeite 21 Abbildung 3: Das Technologieakzeptanzmodell; Davis, F., Bagozzi, P., Warshaw, P. (1989), User acceptance of computer technology - a comparison of two theoretical models, Management ScienceSeite 23 Foto 5: Fotolia, Gina SandersSeite 25 Abbildung 4: Vorgang einer Energieberatung nach Anleitung der EnBe2.0-Toolbox; www.b-nk.at/wp-content/uploads/2016/10/ Anleitung-zur-Toolbox-EnBe2.0_V5.0.pdf, abgerufen am 23.02.2017Seite 36 Foto 6: BMF - Burkhardt-Mayer-Fotografi e GbR, Armin Burkhardt, MagdeburgSeite 41 Piktogramme: Edeltraud Haselsteiner / hausmann productionsSeite 42 Foto 7: BMF - Burkhardt-Mayer-Fotografi e GbR, Armin Burkhardt, StuttgartSeite 46 Foto 8: BMF - Burkhardt-Mayer-Fotografi e GbR, Armin Burkhardt, DuisburgSeite 51 Foto 9: Fotolia, goodluz

Seite 52 Foto 10: BMF - Burkhardt-Mayer-Fotografi e GbR, Armin Burkhardt, MagdeburgSeite 54 Abbildung 5: Das Danfoss Link System (vor der Designstudie), design-peopleSeite 55 Abbildung 6: Weibliche Technologienutzerprofi le, design-people Abbildung 7: Der neue Klimasensor, design-peopleSeite 56 Abbildung 8: Die neue Tablet App, design-peopleSeite 60 Foto 11: BMF - Burkhardt-Mayer-Fotografi e GbR, Armin Burkhardt, DuisburgSeite 61 Abbildung 9: Serena Supergreen Serious Game, Wissenschaftsladen Bonn / Technische Universität Dresden, the Good Evil GmbHSeite 64 Abbildung 10: Serena Supergreen Serious Game, Wissenschaftsladen Bonn / Technische Universität Dresden, the Good Evil GmbHSeite 67 Foto 12: Fotolia, xixinxing Seite 68 Foto 13: Bernd SchullerSeite 71 Abbildung 11: Finanzierungsmodell WECF, WECFSeite 72 Abbildung 12: Projektdesign einer geschlechtergerechten Energiegenossenschaft (WECF), WECFSeite 73 Foto 14: Mitglieder der lokalen Energiegenossenschaften in Georgien mit WECF-Mitarbeiterinnen, WECFSeite 74 Foto 15: BMF - Burkhardt-Mayer-Fotografi e GbR, Armin Burkhardt, DuisburgSeite 80 Foto 16: BMF - Burkhardt-Mayer-Fotografi e GbR, Armin Burkhardt, StuttgartSeite 82 Foto 17: BMF - Burkhardt-Mayer-Fotografi e GbR, Armin Burkhardt, Stuttgart

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90 | Kapiteltext | 91Kapiteltext90 | Impressum

8 IMPRESSUM

HerausgeberSteinbeis-Europa-Zentrum der Steinbeis Innovation gGmbHHaus der WirtschaftWilli-Bleicher-Str. 19 | 70174 StuttgartTelefon +49 711 1 23-40 10Telefax +49 711 1 23-40 11E-Mail: [email protected]

RedaktionSteinbeis-Europa-Zentrum: Dr.-Ing. Petra Püchner, Saskia Heyde, Kathrin Eckerlin

GestaltungMarkus Wagner | ossenbrunner wagner gestaltung | 70188 Stuttgart

DruckOffi zin Scheufele | 70597 Stuttgart

StandMärz 2017

BestellungSteinbeis-Europa-ZentrumE-Mail: [email protected]

Projektinformation und Downloadwww.genergietechnik.euwww.steinbeis-europa.de/_hn/mediathek/publikationen.html

HaftungsausschlussAlle Angaben wurden sorgfältig zusammengestellt. Redaktion und Herausgeber/innen übernehmen keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben, zwischenzeitliche Änderungen sowie für die Beachtung privater Rechte Dritter.

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ISBN 978-3-00-056340-9

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