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Gase (GAS) Fakultät für Physik der Ludwig-Maximilians-Universität München – Grundpraktika (5. DEZEMBER 2018) MOTIVATION UND VERSUCHSZIELE Wie viel Sauerstoff befindet sich in unseren Lungenalveloen? Warum hat die Kelvin-Temperaturskala einen absoluten Nullpunkt, und wo liegt er auf der Celsius-Skala? Warum müssen Gasflaschen einem Prüfdruck standhalten, der den zulässigen Fülldruck deutlich übersteigt? Diese Fragen scheinen zunächst nicht viel miteinander zu tun zu haben. Jedoch werden sie alle (zumindest näherungsweise) beantwortet durch die Zustandsgleichung des idealen Gases, welche das Hauptthema dieses Versuchs ist. Sie werden dazu das Volumen einer Glashohlkugel bestimmen, die das zu untersuchende Gas, d.h. Luft, enthält und die vorliegende Apparatur auf Dichtigkeit prüfen. Dann beobachten Sie zwei verschiedene Zustandsänderungen: isotherm (Überprüfung des Boyle- Mariotte’schen Gesetzes) und isochor (Bestimmung des absoluten Temperaturnullpunktes). Nur der letzte Teilversuch beschäftgt sich mit einem anderen Thema, nämlich den Aggregatzustän- den und Phasenübergängen. Hier wird die Dampfdruckkurve von Wasser aufgenommen. Teilversuche 1. Ideales Gas. Ideales Gas: Modellvorstellung, Zustandsglei- chung, Kelvin-Skala, Boltzmann-Konstante, Avogadro-Konstante, allgemeine Gaskonstante. Messung des Volumens einer Hohlkugel. 2. Versuchsaufbau. Messung des Atmosphärendrucks mit dem Hg- Barometer. Umrechnung zwischen mmHg und bar. Flüssigkeitsmanometer: Aufbau, Schwer- kraft, Schweredruck, Zusammenhang zwischen Höhendifferenz und Druckunterschied. 3. Zustandsänderungen. Isotherme Zustandsänderung: Boyle-Mariotte- Gesetz, pV -Diagramm, p1/V -Diagramm. Iso- chore Zustandsänderung: Gesetz von Amontons, pT -Diagramm, experimentelle Bestimmung der Lage des absoluten Temperaturnullpunktes auf der Celsius-Skala. 4. Dampfdruckkurve. Temperaturverlauf eines Stoffes bei gleichmä- ßiger Energiezufuhr, Phasendiagramm, dynami- sches Gleichgewicht, Koexistenzkurven, Dampf- druck: Definition, -kurve, Tripelpunkt, kritischer Punkt. Versuchsaufbau zur Messung der Dampf- druckkurve. I. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN I.1. Ideale Gase Auf die Teilchen eines idealen Gases wirken keine An- ziehungskräfte. Sie bewegen sich ungehindert durch den Raum und tauschen ihre Bewegungsenergie über elas- tische Stöße aus. Es handelt sich um ein Modell, das Abbildung 1: Ungünstige (links) und günstige (rechts) Vor- aussetzungen für das Modell eines idealen Gases. umso besser erfüllt ist, je größer die kinetische Ener- gie der Gasteilchen gegenüber der potentiellen ist (klei- ner Durchmesser der Gasteilchen, große mittlere freie Weglänge). In der Praxis verhalten sich Gase bei hohen Temperaturen und niedrigen Drücken näherungsweise wie ideale Gase. Bei tiefen Temperaturen und hohen Drücken nimmt der mittlere Abstand der Gasteilchen ab und ihre mitt- lere Geschwindigkeit ist kleiner. Die Anziehungskräfte zwischen einigen Gasteilchen sind dann verhältnismä- ßig stark und die Gasteilchen gehen feste Bindungen miteinander ein. Mit abnehmender Temperatur und zu- nehmendem Druck werden die molekularen Verbände zunehmend größer. I.2. Zustandsgleichung des idealen Gases Der Zustand eines idealen Gases lässt sich durch die Va- riablen Druck p, Temperatur T in Kelvin, Volumen V und Teilchenanzahl N beschreiben. Die Zustandsvaria- blen hängen über die allgemeine Gasgleichung p · V = N · k B · T (1) miteinander zusammen, die dieBoltzmann-Konstante k B =1,38 · 10 23 J K

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Gase (GAS)

Fakultät für Physik der Ludwig-Maximilians-Universität München – Grundpraktika

(5. DEZEMBER 2018)

MOTIVATION UND VERSUCHSZIELE

Wie viel Sauerstoff befindet sich in unseren Lungenalveloen? Warum hat die Kelvin-Temperaturskalaeinen absoluten Nullpunkt, und wo liegt er auf der Celsius-Skala? Warum müssen Gasflaschen einemPrüfdruck standhalten, der den zulässigen Fülldruck deutlich übersteigt?Diese Fragen scheinen zunächst nicht viel miteinander zu tun zu haben. Jedoch werden sie alle(zumindest näherungsweise) beantwortet durch die Zustandsgleichung des idealen Gases, welche dasHauptthema dieses Versuchs ist. Sie werden dazu das Volumen einer Glashohlkugel bestimmen, diedas zu untersuchende Gas, d.h. Luft, enthält und die vorliegende Apparatur auf Dichtigkeit prüfen.Dann beobachten Sie zwei verschiedene Zustandsänderungen: isotherm (Überprüfung des Boyle-Mariotte’schen Gesetzes) und isochor (Bestimmung des absoluten Temperaturnullpunktes).Nur der letzte Teilversuch beschäftgt sich mit einem anderen Thema, nämlich den Aggregatzustän-den und Phasenübergängen. Hier wird die Dampfdruckkurve von Wasser aufgenommen.

Teilversuche

1. Ideales Gas.Ideales Gas: Modellvorstellung, Zustandsglei-chung, Kelvin-Skala, Boltzmann-Konstante,Avogadro-Konstante, allgemeine Gaskonstante.Messung des Volumens einer Hohlkugel.

2. Versuchsaufbau.Messung des Atmosphärendrucks mit dem Hg-Barometer. Umrechnung zwischen mmHg undbar. Flüssigkeitsmanometer: Aufbau, Schwer-kraft, Schweredruck, Zusammenhang zwischenHöhendifferenz und Druckunterschied.

3. Zustandsänderungen.Isotherme Zustandsänderung: Boyle-Mariotte-Gesetz, p–V -Diagramm, p–1/V -Diagramm. Iso-chore Zustandsänderung: Gesetz von Amontons,p–T -Diagramm, experimentelle Bestimmung derLage des absoluten Temperaturnullpunktes aufder Celsius-Skala.

4. Dampfdruckkurve.Temperaturverlauf eines Stoffes bei gleichmä-ßiger Energiezufuhr, Phasendiagramm, dynami-sches Gleichgewicht, Koexistenzkurven, Dampf-druck: Definition, -kurve, Tripelpunkt, kritischerPunkt. Versuchsaufbau zur Messung der Dampf-druckkurve.

I. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN

I.1. Ideale Gase

Auf die Teilchen eines idealen Gases wirken keine An-ziehungskräfte. Sie bewegen sich ungehindert durch denRaum und tauschen ihre Bewegungsenergie über elas-tische Stöße aus. Es handelt sich um ein Modell, das

Abbildung 1: Ungünstige (links) und günstige (rechts) Vor-aussetzungen für das Modell eines idealen Gases.

umso besser erfüllt ist, je größer die kinetische Ener-gie der Gasteilchen gegenüber der potentiellen ist (klei-ner Durchmesser der Gasteilchen, große mittlere freieWeglänge). In der Praxis verhalten sich Gase bei hohenTemperaturen und niedrigen Drücken näherungsweisewie ideale Gase.

Bei tiefen Temperaturen und hohen Drücken nimmtder mittlere Abstand der Gasteilchen ab und ihre mitt-lere Geschwindigkeit ist kleiner. Die Anziehungskräftezwischen einigen Gasteilchen sind dann verhältnismä-ßig stark und die Gasteilchen gehen feste Bindungenmiteinander ein. Mit abnehmender Temperatur und zu-nehmendem Druck werden die molekularen Verbändezunehmend größer.

I.2. Zustandsgleichung des idealen Gases

Der Zustand eines idealen Gases lässt sich durch die Va-riablen Druck p, Temperatur T in Kelvin, Volumen Vund Teilchenanzahl N beschreiben. Die Zustandsvaria-blen hängen über die allgemeine Gasgleichung

p · V = N · kB · T (1)

miteinander zusammen, die dieBoltzmann-Konstante

kB = 1,38 · 10−23 J

K

2

Abbildung 2: Isotherme Zustandsänderung dargestellt im p–V -Diagramm (links) und p–1/V -Diagramm (rechts).

enthält. Drückt man die Teilchenanzahl in der EinheitMol aus, so ist

N = n ·NA , (2)

mit der Stoffmenge n, d.h. der Anzahl der Mole, undder Avogadro-Konstanten NA = 6,022 · 1023 mol−1, dieangibt, wie viele Teilchen ein Mol enthält. Man definierteine neue Konstante, die allgemeine Gaskonstante

R = NA · kB = 8,31J

molK, (3)

so dass Einsetzen von Gln. (2) und (3) in Gl. (1)

pV = nNA · kBT = nRT (4)

ergibt. Gl. (4) gibt den gleichen Sachverhalt wieder wieGl. (1), bezieht sich aber auf die Stoffmenge.

Auf Meereshöhe beträgt der Luftdruck 101325 Pa ≈

1013 hPa. Die Luft besteht im Mittel aus 21% Sauerstoff(O2) und 78% Stickstoff (N2). Jedes Gas aus diesem Ge-misch trägt entsprechend seinem Anteil einen Partialdruckzum Gesamtdruck bei: 213 hPa (O2), 790 hPa (N2) und10 hPa (Restgase). Auf dem Weg durch unsere Bronchi-en wird beim Einatmen die Luft mit gasförmigem Wasser(H2O) gesättigt, so dass in den Bronchien die Partialdrücke200 hPa (O2), 741 hPa (N2), 63 hPa (H2O) und 9 hPa (Rest-gase) herrschen. Danach verändern sich in den Lungenalveo-len nochmals die Partialdrücke durch den Gasaustausch mitdem Blut. Die Alveolen fassen etwa 0,006m3 Atemgas miteinem O2-Partialdruck von 130 hPa. Bei einer Körpertem-peratur von 310 K enthalten sie also die O2-Stoffmenge

n =p · V

R · T=

130 · 102 Pa · 6 · 10−3 m3

8,31 J/(mol K) · 310K≈ 0, 03mol .

I.3. Zustandsänderungen idealer Gase

Betrachtet man eine gegebene Gasmenge – etwa die ineinem Fahrradreifen eingeschlossene – so ist die Teil-

chenzahl N konstant und es gilt nach Gl. (1) für belie-bige Wertetripel (p, V, T ):

p1V1

T1

=p2V2

T2

= · · · = const . (5)

Verändert man eine dieser drei Variablen, zum Beispieldie Temperatur, so wird sich der Druck oder das Volu-men ändern, so dass Gl. (5) weiterhin erfüllt ist. Manunterscheidet demnach drei Zustandsänderungen.

1. Isotherme Zustandsänderung:Unter der Bedingung, dass die Temperatur T kon-stant bleibt, schreiben wir

p · V = const|T=const , (6)

was auch Boyle-Mariotte’sches Gesetz genanntwird. Trägt man p gegen V graphisch auf, so er-hält man eine Hyperbel (Abb. 2, links). Zur Über-prüfung von Gl. (6) im Versuch trägt man p gegen1/V auf. Das Gesetz wird bestätigt, wenn sich ei-ne Gerade wie in Abb. 2 (rechts) ergibt.

Beim Einatmen kommt es zu einer Erweiterung desBrustkorbes und somit einer Vergrößerung des Lun-genvolumens VL. Gemäß Gl. (6) wird der Druck pL inder Lunge kleiner (als der äußere Luftdruck) und Luftströmt zum Ausgleich in die Lunge ein. Beim Ausat-men dagegen zieht sich die Lunge wieder zusammen.Also wird VL kleiner, und pL wird größer als der äu-ßere Luftdruck. Zum Druckausgleich strömt folglichAtemluft aus der Lunge heraus.

2. Isobare Zustandsänderung:Bei konstant gehaltenem Druck p ergibt sich

V

T= const|p=const . (7)

Das graphische Auftragen von V gegen T ergibteinen linearen Verlauf, also eine Nullpunktsgerade(vgl. Abb. 3). Da das Volumen nicht negativ wer-den kann, ergibt sich daraus, dass auch die Tem-peratur in Kelvin niemals negativ wird.

3

Abbildung 3: Isobare Zustandsänderung.

3. Isochore Zustandsänderung:Bleibt das Volumen unverändert, so folgt aus derZustandsgleichung des idealen Gases das Gesetzvon Amontons:

p

T= const|V=const . (8)

Graphisch ergibt sich durch Auftragen von p ge-gen T wieder ein linearer Verlauf (s. Abb. 4).

Eine O2-Gasflasche mit einem Fülldruck von 220 bar1

wird bei 20 ◦C angeliefert und versehentlich durch di-rekte Sonneneinstrahlung auf 60 ◦C erhitzt. Aus die-sem Grund erhöht sich in der Flasche der Druck auf

p2 = p1 ·T2

T1

= 220 bar ·333,15K293,15K

≈ 250 bar .

Schon deshalb muss eine Gasflasche eine ausreichendeSicherheitsreserve (300 bar Prüfdruck) aufweisen.

Abbildung 4: Isochore Zustandsänderung.

1 Es gilt: 1 bar = 1000 hPa. Hochvakuum (etwa auf dem Mond)bedeutet lediglich 1 bar Unterdruck. Eine der schnellstenDampflokomotiven – die 05002 von Borsig aus dem Jahre 1935– arbeitete mit einem Kesselüberdruck von 20 bar.

p/bar

-273

p0

θ/°C0

p

Abbildung 5: Graphische Bestimmung der Lage des absolu-ten Temperaturnullpunktes.

I.4. Gesetz von Amontons: Bestimmung der Lagedes absoluten Temperaturnullpunktes

In der Nähe des Koordinatenursprungs stellen die Ge-raden der isochoren und der isobaren Zustandsänderun-gen lediglich mathematische Extrapolationen ohne phy-sikalische Bedeutung dar, da hier die Voraussetzungenfür das Modell des idealen Gases nicht mehr erfüllt sind.

Es ist bemerkenswert, dass man trotzdem durch Extra-polation die Lage des absoluten Temperaturnullpunktskorrekt ermitteln kann. In Teilversuch 3 messen Sieden Druck p in Abhängigkeit von der Temperatur bei0 ◦C beginnend in einem abgeschlossenen Volumen. An-schließend werden die Messwerte graphisch in ◦C auf-getragen wie in Abb. 5. Das Symbol θ (griech. „Theta“)bezeichnet die Temperatur in der Einheit ◦C. Es ergibtsich eine Gerade

p(θ) = p0 + aθ

mit positiver Steigung a und dem Achsenabschnitt p0,der den Druck bei der Temperatur θ = 0 ◦C angibt2. DieTemperatur θ0, die dem Druck p = 0 und somit dem ab-soluten Nullpunkt entspricht, wird aus der Extrapola-tion der p(θ)-Geraden bestimmt. Ihr Schnittpunkt mitder Temperatur-Achse sollte dem theoretischen Wert

θ0 = −273,15 ◦C (9)

entsprechen. Dieser Wert soll im vorliegenden Versuchermittelt werden.

I.5. Aggregatzustände und Phasenübergänge

Nach dem Ordnungsgrad unterscheidet man drei Zu-standsformen der Materie: fest, flüssig, gasförmig. Man

2 Er entspricht allerdings nur am Meeresspiegel dem Normalwertpn = 101325Pa = 1013,25 hPa = 1013,25 mbar = 1,01325 bar.

4

Abbildung 6: Qualitativer Temperaturverlauf unter Atmo-sphärendruck bei gleichmäßiger Energiezufuhr.

spricht auch von Aggregatzuständen oder Phasen (ma-kroskopisch homogene Teilbereiche eines Systems).

In einem Gas bewegen sich die Teilchen nahezu freidurcheinander. Es gibt keine geordnete Struktur. In ei-ner Flüssigkeit sind einige Teilchen aneinander gebun-den. Eine lokale Ordnung ist vorhanden (Nahordnung),aber die Bausteine sind gegeneinander verschiebbar undbewegen sich unregelmäßig. Im Festkörper nehmen dieTeilchen feste Plätze ein. Die Bewegung der Teilchenbeschränkt sich auf kleine Auslenkungen um ihre Ru-helage. Ein Festkörper hat den größten Ordnungsgrad.

Der Aggregatzustand einer Substanz lässt sich durchVariation seiner Temperatur verändern. Führt man ei-nem Festkörper von außen gleichmäßige Energie zu undmisst gleichzeitig seine Temperatur, so erhält man etwaeinen Kurvenverlauf wie in Abb. 6 dargestellt.

Die Schwingungsamplituden der Teilchen um ihre Ru-helage nehmen zu, die Temperatur des Festkörperssteigt linear an (vgl. Versuch KAL). Bei weiterer Ener-giezufuhr wird die Bewegung der Teilchen so stark,dass sie sich aus dem Kristallgitter lösen, die Substanzbeginnt zu schmelzen (Schmelztemperatur TS). Wäh-rend dieser Phasenumwandlung von fest zu flüssig wirddie zugeführte Energie als Schmelzwärme aufgewendet.Erst nach dem Schmelzen steigt die Temperatur wei-ter an bis die Verdampfungstemperatur TV erreicht ist.Dort ist der Verlauf ähnlich. Die Temperatur bleibt zu-nächst konstant, bis die Substanz vollständig verdampftist. Die zugeführte Wärmeenergie wird als Verdamp-fungswärme für den Phasenübergang aufgewendet. Erstdann steigt die Temperatur des Gases weiter an. In Abb.6 ist zu erkennen, dass es Bereiche gibt, in denen zweiPhasen gleichzeitig existieren, sogenannte Koexistenz-bereiche.

Ein fester Körper kann auch sublimieren, d.h. direktin den gasförmigen Zustand übergehen. Schmelzwär-me, Verdampfungswärme und Sublimationswärme wer-den allein zur Phasenumwandlung aufgewendet. DemEnergieerhaltungssatz entsprechend werden diese Wär-memengen wieder frei, wenn die Phasenumwandlungen

Abbildung 7: Phasendiagramm von Wasser mit Tripelpunkt(TP) und kritischem Punkt (KP).

in entgegengesetzter Richtung ablaufen, wenn also z.B.eine Flüssigkeit gefriert oder Dampf kondensiert.

Verbrennungen mit 100 ◦C heißem Dampf verursachen stär-kere Schäden als Wasser gleicher Temperatur, weil im Dampfzusätzlich die Verdampfungswärme steckt (gleiche Mengenvon Dampf und Flüssigkeit vorausgesetzt).

I.6. Phasendiagramm von Wasser

Stellt man den Druck einer Substanz in Abhängigkeitvon der Temperatur graphisch dar, so erhält man einPhasendiagramm. Abb. 7 zeigt das Phasendiagramm fürWasser. Man erkennt ausgedehnte Gebiete, in denen nureine einzige Phase existiert (fest, flüssig oder gasförmig).An den Grenzen der Gebiete gibt es Kurven, auf denenjeweils zwei Phasen im dynamischen Gleichgewicht sind(Koexistenzkurven).

Zwei Phasen, z.B. Flüssigkeit und Gas, befinden sich imdynamischen Gleichgewicht, wenn von der Oberflächeder Flüssigkeit genau so viele Moleküle austreten wieumgekehrt wieder eintreten (vgl. Abb. 8). Der Druck,der sich dann bei einer bestimmten Temperatur ein-stellt, wird Dampfdruck genannt. Abb. 9 zeigt einenAusschnitt der Dampfdruckkurve von Wasser. Längsdieser Kurve befinden sich Flüssigkeit und Dampf imGleichgewicht, unterhalb ist nur Dampf, oberhalb nurFlüssigkeit beständig. Erhöht man die Temperatur voneinem Punkt auf der Dampfdruckkurve ausgehend, soverdampft soviel Flüssigkeit, bis sich beide Phasen wie-der im Gleichgewicht befinden, d.h. bis sich der zu derhöheren Temperatur gehörende Dampfdruck entspre-chend Abb. 7 eingestellt hat.

Mit zunehmender Temperatur steigt die Dichte desDampfes, und die der Flüssigkeit nimmt ab. Am so-genannten kritischen Punkt (Tc, pc) sind beide gleich –flüssige und gasförmige Phase lassen sich nicht mehrvoneinander unterscheiden. Der kritische Punkt ist für

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Abbildung 8: Flüssigkeit und Dampf im dynamischenGleichgewicht: Im Mittel treten genau so viele Teilchen inden Dampfraum ein wie aus. Der Dampfdruck ensteht durchdie thermische Bewegung der Teilchen im Dampf, die mitder Temperatur zunimmt. Da auch die Anzahl der Teilchenim Dampf mit der Temperatur zunimmt, steigt der Dampf-druck stärker als linear mit der Temperatur.

die betreffende Substanz spezifisch. Für Wasser liegt erbei 374 ◦C und 221 bar. Oberhalb der kritischen Tem-peratur Tc kann man ein Gas nicht mehr verflüssigen;es liegt eine einheitliche Phase vor. Zur Unterscheidungnennt man die Gasphase unterhalb von Tc meist Dampf,oberhalb von Tc Gas.

Kühlt man die Flüssigkeit ab, so wird etwas Dampf kon-densieren, der Dampfdruck wird also geringer, bis sicherneut ein Gleichgewicht eingestellt hat, d.h. der Zu-stand auf der Dampfdruckkurve von Abb. 7 liegt. Er-reicht die Flüssigkeit den Tripelpunkt (Tt, pt), beginntsie zu gefrieren. An diesem Punkt befinden sich alle dreiPhasen (fest, flüssig, gasförmig) miteinander im Gleich-gewicht. Auch der Tripelpunkt ist für die betreffende

Abbildung 9: Erhöhung der Temperatur von T1 auf T2 führtzunächst zur Störung des dynamischen Gleichgewichts. Esverdampfen zusätzliche Teilchen bis sich der Dampfdruck p2eingestellt hat und das System wieder im Gleichgewicht ist.

101

100

99

98

97

800780760740720700680

T/ C

p/mmHg

o

Abbildung 10: Siedetemperatur von Wasser in Abhängigkeitvom Atmosphärendruck: Eine Flüssigkeit siedet, wenn ihrDampfdruck gleich dem äußeren Druck ist, weil sich erstdann Blasen in der Flüssigkeit bilden können. Dem Nor-maldruck von 760 mmHg entspricht die Temperatur 100 ◦C.

Substanz spezifisch. Für Wasser liegt er bei 273,16 K= 0,01 ◦C und 6,105 mbar. Bei Drücken unterhalb desTripelpunkts existiert keine flüssige Phase. Schließt maneinen festen Körper in ein evakuiertes Gefäß ein, so sub-limiert so viel Gas, bis sich ein dynamisches Gleichge-wicht eingestellt hat. Auch hier hängt der Dampfdruckvon der Temperatur ab (Sublimationskurve).

Die Schmelzkurve in Abb. 7 gibt Gleichgewichtsbedin-gungen für die Phasen fest und füssig an. Die Schmelz-kurve von H2O unterscheidet sich wesentlich von de-nen anderer reiner Substanzen. Während die Phasen-grenzkurve fest-flüssig bei H2O eine negative Steigunghat (d.h. die Schmelztemperatur nimmt mit steigendemDruck ab), ist die Steigung dieser Geraden bei nahe-zu allen anderen Stoffen positiv. Man bezeichnet diesesPhänomen als Anomalie des Wassers. Sie ist verknüpftmit der Dichteanomalie des Wassers (vgl. V.2.)

Die Dampfdruck-, Sublimations- und Schmelzkurvengeben die Druckabhängigkeit des Siede-, Sublimations-und Schmelzpunktes wieder. Die Dampfdruckkurve be-sagt, dass bei niedrigerem Atmosphärendruck auch dieSiedetemperatur geringer ist. (Auf der Zugspitze kannman Eier schlechter kochen). Abb. 10 zeigt die Ab-hängigkeit der Siedetemperatur von Wasser vom äuße-ren Luftdruck, also einen Ausschnitt des Diagramms inAbb. 7 mit vertauschten p- und T -Achsen. Die Tem-peraturabhängigkeit des Dampfdrucks (oder die Druck-abhängigkeit von Siede- und Sublimationspunkt) lässtsich folgendermaßen verstehen: Bei niedriger Tempera-tur hat ein geringer Anteil der Moleküle in der flüssigen(oder der festen) Phase die nötige Energie, um die Flüs-sigkeit (bzw. den Festkörper) verlassen zu können. Mitsteigender Temperatur wächst der Anteil. Die Zahl derzurückkehrenden Moleküle andererseits steigt mit demDruck in der Dampfphase an (siehe Abb. 8).

6

h0

Hg

p0

Vakuum

Barometer

p

Hg

Δh

hl

hr

Manometer

p0

Druckskala

Abbildung 11: Hg-Manometer zur Messung von Druckdiffe-renzen zwischen Glaskugel und Außenraum und Barometerzur Messung des Atmosphärendrucks.

II. TECHNISCHE GRUNDLAGEN

II.1. Zubehör

Quecksilbermanometer, Glashohlkugel, Temperierbad,Metallpodest, Messbecher, Eis, Waage, Luftdruck-barometer, Thermometer; wassergefülltes Kupfer-Druckgefäß auf Stativ mit angeschlossenem Manometerzur Druckmessung und Temperaturfühler, Butangas-brenner und Anzünder.

II.2. Versuchsaufbau zur Gasmechanik

Hauptbestandteil der Apparatur ist ein mit Quecksil-ber gefülltes Manometer (Abb. 11, links). Seine bei-den Schenkel sind durch einen Schlauch miteinanderverbunden und können an einem Stativ auf- und ab-wärts verschoben werden. Auf diese Weise lassen sichdie Oberflächen der beiden Quecksilbersäulen in ver-schiedene Stellungen bringen. Der linke Schenkel kannüber ein Ventil belüftet und über einen Flansch an ei-ne Glashohlkugel angeschlossen werden (Abb. 12). Derrechte Schenkel wird über einen Bürettenhahn belüf-tet. An einer Skala zwischen den beiden Schenkeln kön-nen die Höhen der Menisken abgelesen werden. In ei-nem Temperierbad mit einem Eis-Wassergemisch bzw.erhitztem Wasser wird das Gas in der Kugel auf Tem-peraturen zwischen 0 ◦C und knapp 100 ◦C gebracht.

StativGlashohlkugel

Lüftungsventil

zum

Flansch

Manometer

Abbildung 12: Einbau der Glashohlkugel.

II.3. Druckmessung

Wenn eine Flüssigkeitssäule der Masse m und Höhe hauf eine Querschnittsfläche A der Säule mit der Ge-wichtskraft F = mg drückt, wird ein Schweredruck er-zeugt. Dieser Schweredruck (vgl. Versuch FLU) ist

p =F

A=

mg

A=

ρV g

A=

ρAhg

A= ρgh (10)

g = 9,81 m/s2 = Erdbeschleunigung, ρ = Dichte derFlüssigkeit (griech. „Rho“).

Analoges gilt für Gassäulen, die auf eine Fläche drücken.

Abb. 13 illustriert die Messung des Gasdruckes mit demManometer. Es besteht aus zwei miteinander verbunde-

p0

p0

p0p p p

p<p0

p=p0

p>p0

a b c

Δh<0Δh=0 Δh>0

Abbildung 13: Messung der Druckdifferenz zwischen Glas-hohlkugel und Außenraum mit dem Manometer:a) Atmosphärendruck: Gleichstand der Flüssigkeitssäulen,b) Überdruck: rechte Säule steht höher als linke Säule,c) Unterdruck: linke Säule steht höher als rechte Säule .

7

nen Flüssigkeitssäulen. Der linke Schenkel ist mit demGasbehälter verbunden, dessen Innendruck gemessenwird. Von dort drückt das Gas von oben auf den Flüs-sigkeitspegel des Manometers. Je stärker der Druck ist,desto größer ist die Verschiebung des Flüssigkeitspegels.Auf den rechten Schenkel wirkt der Atmosphärendruckp0 der Raumluft.

Die Flüssigkeitssäulen des Manometers zeigen nun dieDifferenz der Drücke links und rechts an. Im Druck-gleichgewicht gemäß Abb. 13 a) gilt:

(links) p = p0 (rechts) .

Der Gesamtdruck auf jeder Seite ergibt sich aus derSumme des Gasdrucks und des Schweredrucks der Flüs-sigkeitssäule. In Abb. 13 b) und c) gilt

p = p0 + ρg (hr − hl) = p0 + ρg∆h . (11)

Dabei ist ∆h > 0, wenn in der Kugel Überdruck ge-genüber dem Außendruck herrscht; bei Unterdruck ist∆h negativ. Die Höhendifferenz ∆h ist also ein Maß fürden Druckunterschied zum Atmosphärendruck p0, derfür die Bestimmung des absoluten Druckes in der Glas-kugel bekannt sein muss. Dieser lässt sich mit dem inAbb. 11 gezeigten Barometer messen. Über dem inne-ren Flüssigkeitspegel befindet sich ein Vakuum, d.h. dieHöhendifferenz entspricht dem Druck auf dem anderenFlüssigkeitspegel (vgl. Abb. 11, rechts):

p0 = ρgh0 . (12)

Am Hg-Barometer wird sofort klar, warum Drücke frü-her in mmHg = Torr gemessen wurden. Die Umrech-nung ist 1 mmHg = 133 Pa bzw. 750 mmHg = 1000 hPa.Allerdings ist auch heutzutage noch die Druckmessungmit einem Flüssigkeitsmanometer i.A. die präzisesteMessmethode zur Bestimmung von Gasdrücken.

Auch im Blutkreislauf werden Drücke in mmHg gemessen.Mit der Blutdruckangabe „120 zu 80“ ist folgendes gemeint:Der systolische Druck ist um 120 mmHg größer als der äu-ßere Luftdruck und der diastolische arterielle Druck ist um80 mmHg größer als der Luftdruck. Der venöse Druck liegtbei nur 0 bis 5 mmHg.

Bei der Messung des Zentralen Venendrucks oder zur Be-schreibung der Atmung in der Medizin werden die auftre-tenden Drücke oft in cmH2O angegeben: 1 cmH2O ≈ 98Pa.

II.4. Volumenänderung

Damit am Anschluss des linken Manometerschenkelskein Quecksilber austreten kann, befindet sich unterhalbdes Lüftungsventils eine Glasfritte. Diese Fritte ist po-rös und wirkt als Filter, der einerseits luftdurchlässig istund andererseits den Duchgang für Quecksilber sperrt.Das dahinter angeschlossene Gasvolumen V kann durchSenken der linken Quecksilbersäule vergrößert werden.Die linke Säule sinkt, wenn der rechte Schenkel des Ma-nometers abgesenkt wird. Dadurch wird das Kugelvolu-

���������� ��������

zum Schlauch

mm−Skala

zur Glashohlkugel

Fritte

zur Glashohlkugel

zum Schlauch

∆H ∆V

Abbildung 14: Volumenvergrößerung im linken Schenkeldurch Absenken des Quecksilberpegels. Links ist ein mög-lichst knapp unter der Fritte gewählter Startpegel gezeigt;rechts wurde im Vergleich dazu um 18mm abgesenkt.

men VKugel durch das Volumen ∆V im linken Schenkelergänzt, wobei die Volumenvergrößerung aus der Än-derung der Pegelhöhe ∆H berechnet wird (vgl. Abb.14). Der Innendurchmesser des Schenkels ist 12 mm,d.h. Senken des Quecksilberpegels um ∆H = 1 cm ent-spricht der Volumenvergrößerung ∆V = 1,13 cm3:

V = VKugel +∆V = VKugel +∆H · 1,13 cm2 . (13)

II.5. Temperieren und Temperaturbestimmung

Die Temperatur der Glaskugel kann mit Hilfe einesTemperierbades (Abb. 15) kontrolliert geändert und

Rührkern

Blechplatte

Magnet

Kontroll-

thermo-

meter

Heizung

Magnetrührer-

Motor

Abbildung 15: Temperierbad mit Magnetrührer.

8

Pt−Schicht Edelstahl−MantelKeramik−Plättchen

Abbildung 16: Messfühler des Platin-Widerstandsthermo-meters.

konstant gehalten werden. Im Temperierbad ergibt derinnige Kontakt des zu temperierenden Gegenstandesmit einer Flüssigkeit die beste Wärmeübertragung. Da-zu muss die Flüssigkeit so stark gerührt werden, dass dieStrömung turbulent wird und neben der Wärmeleitungauch Konvektion auftritt. Andernfalls erfolgt der Wär-metransport nur langsam. Außerdem wird die Flüssig-keit durch eine Regelautomatik auf konstanter Tempe-ratur gehalten. Die Heizung bleibt eingeschaltet, bis dieüber der Umgebungstemperatur liegende, gewünschteTemperatur (Sollwert, klein, rechts oben im Display)erreicht ist. Diese wird durch ein eingebautes Kontroll-thermometer mit der realen Temperatur (Istwert, groß,links im Display) verglichen. Sind beide gleich, schaltetdie Heizung ab. Sie schaltet sich wieder ein, wenn dieTemperatur merklich abgesunken ist usw.

Zur Kontrolle der Temperatur im Temperierbad wirdein Pt-Widerstandsthermometer benutzt. Abb. 16 zeigtden inneren Aufbau seines Messfühlers. Auf einemKeramik-Plättchen befinden sich mehrere aufgedampftePt-Schichten. Der elektrische Leiter ist in Magnesium-oxid gebettet, das ein elektrischer Isolator ist, aber einguter thermischer Leiter. Der elektrische Widerstandvon Platin ändert sich nahezu linear mit der Tempe-ratur. Mit dem Widerstandsthermometer können Tem-peraturen von 0 ◦C bis 250 ◦C genau und reproduzierbargemessen werden.

II.6. Versuchsaufbau zur Messung derDampfdruckkurve

Die Apparatur stellt eine geschlossene Einheit dar(Abb. 17). Der Kupferzylinder ist bis auf ein kleinesDampfvolumen vollständig mit Wasser gefüllt. Es wur-de darauf geachtet, dass der mit Wasserdampf gefüllteTeil des Kupfergefäßes keine Luft enthält. Das Zeiger-manometer zeigt den Überdruck in bar an, d.h. es zeigtnull an bei Atmosphärendruck. Das Erhitzen des Ge-fäßes erfolgt mit einem Butangasbrenner.

Die Temperatur der Flüssigkeit wird mit dem Platin-Widerstandsthermometer gemessen. Dazu wird derMessfühler seitlich in die vorgesehene Öffnung bis zurMitte des Kupferzylinders eingeschoben.

������

������

Manometer [bar]

Gasbrenner

Kupferzylinder(wassergefüllt)

Thermo−meter

o

C

Abbildung 17: Versuchsapparatur zur Messung der Dampf-druckkurve von Wasser.

III. VERSUCHSDURCHFÜHRUNG

III.1. Bestimmung des Glashohlkugelvolumens,Vorbereitung

Teilversuch

Bestimmen Sie das Volumen der Glaskugel und über-prüfen Sie die Dichtigkeit der Apparatur.

Messgrößen

• Wasservolumen im Messbecher vor und nach demEintauchen der Glaskugel

• Beobachtung: Niveauunterschied der Meniskennach Senken des rechten Manometerschenkels

Durchführung

Das Volumen der Glashohlkugel wird durch Eintauchenin das mit Wasser gefüllte, große Messglas bestimmt.Bei dieser Messung wird die Wanddicke der Glashohlku-gel vernachlässigt. Achten Sie darauf, dass kein Wasserin das Kugelgefäß gelangt. Der Unterschied des Wasser-stands, abgelesen in cm3 (= ml) ergibt das Volumen derKugel. Schätzen Sie die Genauigkeit der Messung ab.

- Trocknen Sie die Kugel vorsichtig und gründlichab, und schließen Sie sie über den Flansch an denlinken Schenkel an.

Der Bürettenhahn oben am rechten Manometerschenkelmuss bis zum Ende der Versuche offen bleiben. ÖffnenSie das Lüftungsventil am linken Schenkel.

- Schieben Sie den linken Schenkel nur so weit esgeht nach oben – gewaltsames Schieben „bis zumAnschlag“ zerstört den Verbindungsschlauch zur

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Glashohlkugel. Die Glaskugel müssen Sie dazuvorsichtig mitführen.

- Schieben Sie nun auch den rechten Manometer-schenkel ganz nach oben.

- Schrauben Sie das Lüftungsventil des linkenSchenkels zu.

- Schieben Sie nun den rechten Manometerschenkelso weit wie möglich nach unten.

Beobachten Sie den Niveauunterschied der Meniskeneine Minute lang. Falls er sich verändert, ist dieApparatur undicht, und Sie müssen Anschlüsse undDichtungen überprüfen.

III.2. Isotherme Zustandsänderung:Überprüfung des Boyle-Mariotte’schen Gesetzes

Teilversuch

Überprüfen Sie graphisch das Boyle-Mariotte’sche Ge-setz.

Messgrößen

• Messreihe: Höhe des linken Meniskus hl in Ab-hängigkeit von der Höhe des rechten hr

• Atmosphärendruck p0 mit Hilfe des Barometers

• Raumtemperatur θ mit Hilfe des Wandthermome-ters

Durchführung

Der linke Schenkel bleibt oben. Öffnen Sie das linkeLüftungsventil. Bringen Sie durch Verschieben des rech-ten Manometerschenkels den linken Meniskus möglichstknapp unter die Glasfritte, die durch ein Fensterchensichtbar ist, ohne von unten an die Fritte zu stoßen.Wenn beide Menisken auf gleicher Höhe stehen, schlie-ßen Sie das linke Lüftungsventil. Nun ist Ihr Startpegeleingestellt; in der Glaskugel herrscht Umgebungsdruck.

Nun benutzen Sie das Manomter als Saugpumpe:

- Durch sukzessives Absenken des rechten Mano-meterschenkels um einige cm wird das von derlinken Quecksilbersäule abgeschlossene Gasvolu-men in sieben Schritten um jeweils 2 bis 3 cm3

vergrößert. Messen Sie die sich jeweils einstellendeDruckänderung gegenüber dem äußeren Luftdruckdurch Ablesen der Höhendifferenzen beider Me-nisken (um Rechenfehler aufzudecken, in jedemFall beide Höhen notieren). Die Höhen der Menis-ken werden auf der mittleren Millimeterskala amGestell abgelesen und als Wertepaare tabelliert.

III.3. Isochore Zustandsänderung: Bestimmungder Lage des absoluten Temperaturnullpunktes

Teilversuch

Bestimmung die Lage des absoluten Nullpunktes auf derCelsius-Temperaturskala durch Messung des Drucks inAbhängigkeit von der Temperatur.

Messgrößen

• Höhe des linken Meniskus hl (Startpegel)

• Messreihe: Höhe des rechten Meniskus hr,i inAbhängigkeit von der Temperatur θi mit i =1, 2, . . . , 6

• Begründung für die Bedingung ∆V = 0

Durchführung

1. Abkühlung auf θ1 = 0 ◦C, Einstellen von ∆V = 0und p1 = p0 (Außendruck)

Füllen Sie das Temperierbad auf dem Podest mitviel Eis und etwas Wasser. Das im Labor vorhande-ne Eis befindet sich kurz vor dem Schmelzen, hat al-so eine Temperatur knapp unter 0 ◦C. Messen Sie dieTemperatur des Eis-Wasser-Gemisches mit dem Pt-Widerstandsthermometer.

- Schieben Sie den rechten Manometerschenkelmöglichst weit nach unten und belüften Sie denlinken Schenkel.

- Schieben Sie den linken Schenkel so weit nach un-ten, dass die Glaskugel vollständig in das Eiswas-ser eintaucht.

- Verschieben Sie den rechten Manometerschenkel,so dass der linke Quecksilbermeniskus knapp un-ter der Fritte gut erkennbar ist. Nun sind beideMenisken auf gleicher Höhe (Startpegel).

Nach etwa zwei Minuten können Sie davon ausgehen,dass das in der Kugel eingeschlossene Luftvolumen dieTemperatur θ1 = 0 ◦C angenommen hat. Schließen Siedann das Lüftungsventil. Damit sind die Startwerte fürdie Zustandsgrößen Temperatur, Volumen und Druckfür die weiteren Messungen definiert.

• Welche Einstellung des linken Quecksilbermenis-kus gewährleistet im weiteren Verlauf des Versu-ches ∆V = 0 (s. Abb. 14)? Warum ist das wichtig?

2. Schrittweise Erwärmung bis θ6 = θS, jeweils Ein-stellen von ∆V = 0

Entfernen Sie überschüssiges Eis aus dem Temperier-bad. Stellen Sie 20 ◦C Solltemperatur ein, und notierenSie die Isttemperatur, sobald diese konstant angezeigtwird. Wenn die Menisken einen stabilen Stand erreichthaben ist die Lufttemperatur in der Kugel θ2 = 20 ◦C.

- Dann wird der linke Meniskus durch Heben desrechten Schenkels wieder auf die Ausgangshöhegebracht (∆V = 0). Obwohl der linke Hg-Standwieder dem Startpegel entsprechen sollte, notie-ren Sie zur Kontrolle beide Pegel.

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Wiederholen Sie diese Prozedur nach Erreichen desjeweiligen Temperaturgleichgewichts bei 40 ◦C, 60 ◦C,80 ◦C und bei θs (tatsächliche Siedetemperatur des Was-sers). Letztere ermitteln Sie aus Abb. 10 möglichst ex-akt für den aktuell gemessenen Atmosphärendruck p0.

3. Beenden des Versuchs

Senken Sie den rechten Manometerschenkel so weit ab,bis der rechte Meniskus tiefer liegt als der linke. Öffnenund schließen Sie das Lüftungsventil kurz; schließen Sieden Bürettenhahn.

III.4. Dampfdruckkurve von Wasser

Teilversuch

Nehmen Sie einen Teil der Dampfdruckkurve von rei-nem Wasser auf.

Messgrößen

• Messreihe: mind. 25 p–T -Wertepaare zwischen0 bar und 50 bar (Manometeranzeige)

Durchführung

Sicherheitshinweis: Bei unsachgemäßer Hand-

habung der Flüssiggasbrenner können Stich-

flammen entstehen. Sie dürfen nicht gekippt

und nur stabil und aufrecht stehend betrieben

werden. Verwenden Sie niemals Gasfeuerzeuge

oder andere Brenner zum Anzünden.

- Öffnen Sie das Gasventil (eine Umdrehung) desBrenners und zünden Sie eine Flamme nur mitdem Anzünder. Erst danach darf der Flüssiggas-brenner auf höchster Stufe brennen.

Die Temperatur wird mit dem Platin-Widerstands-thermometer gemessen (vgl. Abb. 17). Beachten Sie,dass das Manometer den Überdruck im Vergleichzur Atmosphäre anzeigt, d.h. es zeigt null an beiAtmosphärendruck.Sicherheitshinweis: Beenden Sie die Messung

sofort, wenn 50 bar erreicht sind. Dazu

schieben Sie den Brenner zur Seite und

schließen das Ventil.

IV. AUSWERTUNG

IV.1. Bestimmung des Glashohlkugelvolumens,Vorbereitung

Berechnen Sie das Kugelvolumen VKugel mit Messun-sicherheit.

IV.2. Isotherme Zustandsänderung:Überprüfung des Boyle-Mariotte’schen Gesetzes

Da dieser Teilversuch nur qualitativen Charakter hat,müssen keine Messunsicherheiten angegeben werden.

Das Messergebnis besteht aus den verschiedenen Werte-paaren der Meniskushöhen links und rechts. BerechnenSie aus den Höhendifferenzen ∆H im linken Schenkel(s. Abb. 14) die Volumendifferenzen ∆V . Die zugehöri-gen Höhendifferenzen ∆h zwischen rechtem und linkemMeniskus (s. Abb. 11) entsprechen der Druckdifferenzgegenüber dem äußeren Luftdruck.

Berechnen Sie die Gasvolumina (in cm3) gemäß Gl.(13) und Drücke p = p0 − ∆p (in mmHg). Tragen Siep gegen 1/V auf. Stimmt der Graph mit dem Boyle-Mariotte’schen Gesetz überein?

Bei welcher Temperatur (in K) fand die Zustandsände-rung statt?

IV.3. Isochore Zustandsänderung: Bestimmungder Lage des absoluten Temperaturnullpunktes

Die Höhendifferenz der Menisken liefert die Druckände-rung ∆p gegenüber dem Außendruck. Fertigen Sie aufMillimeterpapier ein p-T -Diagramm mit Ordinate bei0 ◦C an. Die Abszisse muss so weit ins Negative rei-chen, dass der Punkt −273 ◦C noch gut auf dem Papierliegt. Tragen Sie die Wertepaare (p1; θ1), (p2; θ2), . . . ,(p6; θs) ein. Legen Sie eine Ausgleichsgerade durch dieMesspunkte und extrapolieren Sie nach links bis zumSchnittpunkt mit der Abszisse, der dem Wert für denabsoluten Nullpunkt entspricht.

Für die Unsicherheit des absoluten Nullpunktes zeich-nen Sie zwei Grenzgeraden ein. Falls es Ihnen nicht mög-lich ist, die übliche Konstruktion – wie in V.2.3. desVorversuchs AMW beschrieben – vorzunehmen, zeich-nen Sie nach Augenmaß zwei Grenzgeraden ein. DieseGeraden sollten jeweils mit vieren von Ihren sechs Mess-punkten verträglich sein und bis zum ihrem Schnitt mitder Abszisse extrapoliert werden.

Wo könnten bei der Versuchsdurchführung systemati-sche Fehler aufgetreten sein, die eine Abweichung vomLiteraturwert verursachen. Stimmt ggf. die Richtungder Abweichung?

IV.4. Dampfdruckkurve von Wasser

Sie müssen jeweils 1 bar zu den angezeigten Manometer-werten hinzuzählen, um die Absolutdrücke zu erhalten.

Zeichnen Sie die Dampfdruckkurve auf Millimeterpa-pier.

Erläutern Sie, warum sich hier im Gegensatz zu Teil-versuch 3 keine Gerade ergibt.

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0 50−50

100

50

Abbildung 18: Taupunktkurve.

V. ANHANG

V.1. Luftfeuchtigkeit und Taupunkt

Unser Wärmeempfinden hängt weniger als allgemein ange-nommen von der Temperatur der umgebenden Luft ab. Ent-scheidend ist vielmehr die Luftfeuchtigkeit. Welcher Gleich-gewichtszustand stellt sich bei konstanter Temperatur ein,wenn sich Wasser und Luft in einem abgeschlossenen Ge-fäß befinden? Aus der Dampfdruckkurve (Abb. 7) kann derDampfdruck des Wassers abgelesen werden. Er hängt nurvon der gegebenen Temperatur ab – die Anwesenheit derLuft verändert ihn nicht. Es verdunstet so lange Wasser bisder Partialdruck des gasförmigen Wassers dem Dampfdruckentspricht. Mehr kann nicht verdunsten, da sich sonst Ne-beltröpfchen bilden (Tau). Somit kann jeder Temperatur ei-ne maximale absolute Luftfeuchtigkeit fmax (gemessen ing H2O

m3 Luft) zugeordnet werden. Umgekehrt ist es möglich, die

absolute Luftfeuchtigkeit f durch diejenige Temperatur aus-zudrücken, bei der die Luft mit Wasser gesättigt wäre. Manbezeichnet sie als Taupunkt und die zugehörige Kurve alsTaupunktkurve (Abb. 18). Da Wasser nur sehr langsam ver-dunstet, ist unsere Umgebungsluft üblicherweise nicht gesät-tigt. Durch unsere Haut wird täglich knapp ein Liter Wasserabgegeben (auch wenn kein Schweißfilm sichtbar ist). Tro-ckene Luft wird daher als unangenehm kühl empfunden, dadas Wasser schnell verdunstet und dem Körper Wärme ent-zogen wird. Dagegen kann in sehr feuchter Luft kaum Wär-me durch Schwitzen abgegeben werden, weil die Luft nahe-zu mit Wasser gesättigt ist (Luftfächeln, um die Verduns-tung zu beschleunigen). Besonders wichtig ist der Taupunktim Zusammenhang mit der Atmung. Die Atemluft wird imNasen-/Rachenraum und vor allem in den Bronchien nichtnur erwärmt, sondern auch befeuchtet; sie muss mit Wassergesättigt sein, um die Lunge vor Infektionen zu schützen.

Aus der absoluten Luftfeuchtigkeit allein kann nicht abgele-sen werden, wieviel Wasser der Atemluft zugeführt werdenmuss. Relevant ist die relative Luftfeuchtigkeit (d.h. das Ver-hältnis des tatsächlichen Wassergehaltes zum Wassergehaltbei Sättigung) bei 37 ◦C, die physiologische Luftfeuchtig-keit fphys = f/fmax(37

◦C). Damit wird z.B. verständlich,warum man im Winter keinen Marathonlauf machen soll-te. An einem warmen Sommertag mit 25 ◦C Lufttemperaturund 15 ◦C Taupunkt muss jeder m3 Atemluft mit circa 32 gH2O angefeuchtet werden (für einen gesunden Sportler keinProblem). Jedoch bei einem Taupunkt von −10 ◦C sind esschon 43 g H2O (vgl. Abb. 18). Es besteht die Gefahr, dassdie Lunge austrocknet.

V.2. Dichteanomalie des Wassers

Beim Erwärmen eines Stoffes der Masse m erhöht sich imNormalfall sein Volumen V , d.h. seine Dichte ρ = m/V

wird kleiner. Beim Erwärmen von Wasser von 0 ◦C auf 4 ◦Cnimmt aber die Dichte zu. Diese besondere Erscheinungnennt man die Dichteanomalie des Wassers. Verursacht wirdsie durch die polare Struktur der Wassermoleküle, so dass inder Kristallstruktur des Eises viel Zwischenraum zwischenden einzelnen Molekülen bleibt. Beim Schmelzen geht diegegenseitige Orientierung der Moleküle verloren, die Was-sermoleküle dringen in die Zwischenräume der Eisstruktur.Dadurch nimmt die Dichte zu. Gleichzeitig steigt der Raum-bedarf der Wassermoleküle infolge der zunehmenden thermi-schen Bewegung. Bei 4 ◦C erreicht die Dichte ihren größtenWert, ihre Zunahme beträgt gut 0,1%�. Die Dichteanoma-lie erklärt, warum Eisberge im Wasser schwimmen, und istfür das Leben im Wasser von großer Bedeutung. Sie ist dieUrsache dafür, dass Seen selbst im tiefen Winter niemalsbis zum Grund durchfrieren. Kühlt nämlich die Oberflächedes Sees ab, so sinkt das kältere Wasser wegen seiner höhe-ren Dichte nach unten (Abb. 19). Bei Temperaturen unter4 ◦C kühlt das Wasser an der Oberfläche zwar weiter ab,sinkt aber nicht nach unten, weil dort bereits Wasser mitgrößerer Dichte lagert. Der See kühlt dann nur noch durchWärmeleitung ab, was aber so langsam vor sich geht, dassim allgemeinen der Frühling anbricht, bevor es für das Lebenim Wasser problematisch wird.

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Abbildung 19: Dichteanomalie des Wassers: Temperatur-schichtung in einem See bei 0 ◦C Lufttemperatur.