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Forschungsförderung in Deutschland Bericht der internationalen Kommission zur Systemevaluation der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Max-Planck-Gesellschaft

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Forschungsförderungin DeutschlandBericht der internationalen Kommission

zur Systemevaluation der

Deutschen Forschungsgemeinschaft und

der Max-Planck-Gesellschaft

Forschungsförderungin DeutschlandBericht der internationalen Kommission

zur Systemevaluation der

Deutschen Forschungsgemeinschaft und

der Max-Planck-Gesellschaft

Impressum

Hannover, Juni 1999

herausgegeben im Auftrag der internationalen Kommission zur Systemevaluationder Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Max-Planck-Gesellschaft

verantwortlich: Dr. Wilhelm Krull, Generalsekretär der Volkswagen-Stiftung,Kastanienallee 35, 30519 Hannover

Herstellung: Scherrer · Druck · Neue Medien, Striehlstraße 3, 30159 Hannover

Forschungsförderung in Deutschland

Bericht der internationalen Kommissionzur Systemevaluation der Deutschen Forschungsgemeinschaftund der Max-Planck-Gesellschaft

Inhalt Seite

Vorbemerkung 2

1. Allgemeine und übergreifende Aspekte 4

Empfehlungen 9

2. Universitäten 15

Empfehlungen 18

3. Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) 21

Empfehlungen 25

4. Max-Planck-Gesellschaft (MPG) 36

Empfehlungen 42

Schlußbemerkung 51

Anhang:

A) Synoptische Darstellung der Empfehlungen 55

B) Tabellen und Grafiken 67

C) Gesprächspartner der Kommission 73

D) Antworten der DFG 78und der MPG 95

auf die Fragen der Kommission

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Inhaltsübersicht

Die Regierungschefs von Bund und Ländernhaben im Dezember 1996 beschlossen, diegemeinsam geförderten Forschungseinrich-tungen zu evaluieren. Bereits im Vorfelddieses Beschlusses hatten die Deutsche For-schungsgemeinschaft (DFG) und die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) vorgeschlagen,diese beiden Einrichtungen einer gemeinsa-men Evaluation im Hinblick auf ihre Stellungim System der gemeinsamen Forschungsför-derung zu unterziehen.

Die Bund-Länder-Kommission für Bildungs-planung und Forschungsförderung (BLK) hatdaraufhin die Einsetzung einer Kommissioninternational ausgewiesener Experten be-schlossen, die klären sollte, „ob im interna-tionalen Vergleich

die MPG für ihre Institute über geeignetePrinzipien, Verfahren und Möglichkeitenfür Neugründungen, Umstrukturierun-gen und Schließungen sowie für die Qua-litätssicherung verfügt und sie erfolgreichanwendet,die DFG über geeignete Prinzipien, Ver-fahren und Instrumente verfügt, um dieihr vorgelegten Anträge angemessen zubewerten und die richtigen Förderent-scheidungen zu treffen,die Zusammenarbeit mit den anderenPartnern des Forschungssystems, vorallem den Hochschulen (insbesondereNachwuchsförderung und Strukturbil-dung) und dem Wirtschaftsbereich (ins-besondere Innovation) funktioniert.“

In Abstimmung mit DFG und MPG beriefendie beiden damaligen Vorsitzenden der BLKim Oktober 1997 folgende Persönlichkeitenals Mitglieder der Kommission:

Prof. Dr. Richard Brook,Chief Executive des EPSRC, GB (Vorsitz)

Prof. Dr. Jan Borgman,ehem. Vorsitzender der NWO undder ESTA, NL

Prof. Dr. Gerhard Casper,Präsident der Stanford University, USA

Prof. Dr.-Ing. Hubertus Christ,ZF Friedrichshafen/ Präsident des VDI, D

Prof. Dr. Dr. h. c. Reimut Jochimsen,Präsident der LZB NRW, D

Prof. Dr. Jean-Marie Pierre Lehn,Collège de France, F

Frau Prof. Dr. Helga Nowotny,Ph. D., ETH Zürich, CH/A

Prof. Dr. Israel Pecht,Weizmann Institute of Science,Rehovot, IL

Frau Prof. Dr. Eda Sagarra,Trinity College Dublin, IRL

Prof. Dr. Heinrich Ursprung,ehem. Staatssekretär, CH

Für die Kommission wurde bei der Volks-wagen-Stiftung unter der Leitung ihres Ge-neralsekretärs, Dr. Wilhelm Krull, ein Sekreta-riat eingerichtet, in dem Dr. Tilman Küchlerund Dr. Ulrich Schreiterer die Arbeit der Kom-mission unterstützend begleiteten.

Auf ihrer konstituierenden Sitzung im Februar1998 in Bonn verständigte sich die Kommis-sion über ihren Auftrag und über Leitfragenfür die Bestandsaufnahme und Bewertungder Strukturen, Grundausrichtung und Lei-stungsfähigkeit von DFG und MPG im Rah-men des deutschen Forschungssystems. Sieinterpretierte ihren Arbeitsauftrag dahinge-hend zu fragen, auf welche Weise MPG, DFGund Universitäten als öffentlich geförderte

Vorbemerkung

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Einrichtungen optimal dazu beitragen kön-nen, die Zukunft der deutschen Gesellschaftund Wirtschaft durch die Produktion undVermittlung wissenschaftlichen Wissens zusichern. Dabei schenkte die Kommission derGrundlagenforschung besondere Aufmerk-samkeit. Sie hielt es aber für notwendig, auchRahmenbedingungen und die vielfältigenInterdependenzen der einzelnen Bereiche desdeutschen Wissenschafts- und Forschungs-systems in den Blick zu nehmen, weil Auf-gaben und Leistungsfähigkeit von DFG undMPG davon in erheblichem Maße mitbe-stimmt werden.

Beiden Einrichtungen wurden jeweils Fragenzur schriftlichen Beantwortung vorgelegt.Diese richteten sich einerseits auf eine Bewer-tung von Stärken und Schwächen des deut-schen Forschungssystems und auf eine Ver-ortung der Aufgaben und Leistungen vonDFG und MPG innerhalb dieses Kontextes;andererseits galten sie der spezifischenArbeitsweise, der strategischen Handlungs-fähigkeit und den Verfahren zur Qualitäts-sicherung beider Wissenschaftseinrichtun-gen. Parallel dazu bat die Kommision umzusätzliche Informationen zur Entwicklungvon deren Aktivitäten im zeitlichen Längs-schnitt und zu den Perspektiven, die sich ausihrer jeweiligen Sicht daraus ergeben.

Auf der Grundlage dieser Materialienbesuchte die Kommission die DFG unddie MPG. Anfang Juli 1998 führte sie inBonn und München eingehende Gesprä-che mit Mitgliedern der Präsidien und wei-teren Vertretern von DFG und MPG, mitRepräsentanten anderer Wissenschaftsor-

ganisationen (Hochschulrektorenkonferenz,Wissenschaftsrat) und außeruniversitärerForschungseinrichtungen (Helmholtz-Ge-meinschaft deutscher Forschungszentren,Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wil-helm Leibniz)* sowie mit Vertretern for-schungsintensiver Industrieunternehmen. ImSeptember und Oktober 1998 besuchte siedie Universitäten und Max-Planck-Institute inDresden, Göttingen und Heidelberg, um „vorOrt“ genauere Eindrücke über das För-derhandeln der DFG und über die Arbeits-weise der MPG zu gewinnen. Eine Listeihrer Gesprächspartner findet sich im An-hang.

Die Kommission dankt für die vielfältigeUnterstützung, die sie bei ihrem Evaluations-auftrag erfahren hat. Ihr Dank gilt in beson-derem Maße allen Gesprächspartnern – vorallem den Führungsgremien sowie den Mit-arbeiterinnen und Mitarbeitern der besuch-ten Einrichtungen –, die bereitwillig undumfassend Auskunft gegeben und Materia-lien vorgelegt haben.

Zwischen Dezember 1998 und April 1999 hatsich die Kommission in drei internen Sitzun-gen auf die Grundlinien ihrer Empfehlungenverständigt und schließlich den vorliegendenBericht verabschiedet. Er wurde Ende Mai1999 den Vorsitzenden der BLK überreicht.

3

Vorbemerkung

* Für die Evaluation der Fraunhofer-Gesellschaft wurde entsprechend dem Beschluss der Regierungschefs vom Dezem-ber 1996 eine eigene Kommission eingerichtet, die ihren Bericht im November 1998 vorgelegt hat.

1. Allgemeine und übergreifende Aspekte

Wissenschaft und Forschung mit öffentlichen Mitteln zu fördernbegründet sich aus der zentralen Bedeutung, die der Produktionneuen Wissens und dessen Weitergabe an die Gesellschaft, vorallem an die künftige Generation, zukommt. Qualität und Beweg-lichkeit in der Wissensproduktion und Wissensvermittlung ent-scheiden heute mehr denn je über die Potentiale, die Fähigkeitenund die Bereitschaft einer Gesellschaft und ihrer Wirtschaft, die Her-ausforderungen einer sich rasch wandelnden Umwelt aufzugreifenund ihre Zukunft erfolgreich zu meistern. In der Wissensgesellschaftwerden sie zu einer immer wichtigeren Ressource für die Gestaltungund Bewältigung des Wandels. Dabei liegt es auf der Hand, daß dieerfolgreichste Form des Wissenstransfers die Ausbildung von her-vorragend qualifizierten Nachwuchskräften ist, die leitende Funk-tionen in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft übernehmenkönnen. Einen kontinuierlichen Zufluß hochqualifizierter Personenzu gewährleisten ist daher für den Transfer wissenschaftlicherErkenntnisse und technologischer Expertise aus Hochschulen undaußeruniversitären Forschungseinrichtungen in andere gesellschaft-liche Handlungskontexte besonders bedeutsam.

Das Wissenschafts- und Forschungssystem erfüllt in diesemSinne einen öffentlichen, dem Gemeinwohl dienenden Auftrag.Damit es diesen erfolgreich wahrnehmen kann, reicht es nicht aus,neues Wissen nur als Expertenwissen zu generieren. Vielmehr mußdas Wissenschafts- und Forschungssystem offen sein für einen kon-tinuierlichen intensiven Austausch mit seinem gesellschaftlichenUmfeld und den Nutzern wissenschaftlichen Wissens. Dafür muß eseinerseits eine bestmögliche Verbreitung des dort erzeugten Wis-sens ermöglichen, damit dieses ohne Reibungsverluste auch außer-halb der Forschungseinrichtungen in Gesellschaft und Wirtschaftrasch nutzbar gemacht werden kann. Andererseits müssen sowohlseine institutionellen Strukturen als auch das Aufgabenverständnisder Wissenschaftseinrichtungen wie der einzelnen Wissenschaftlerin der Lage sein, Anregungen und Impulse aus diesem Umfeld in derkonkreten Forschungs- und Qualifizierungsarbeit aufzunehmen,den Austausch zwischen verschiedenen Bereichen und Einrichtun-gen zu fördern und Organisationsformen, Inhalte und Arbeitswei-sen neuen Anforderungen entsprechend flexibel weiterzuent-wickeln. Weil die Produktion, Vermittlung und Nutzung neuenWissens aufs engste miteinander verbunden sind, müssen For-schung und Wissenschaft dabei stets als Einheit betrachtet werden:So ist ein leistungsfähiges Qualifizierungssystem eine unerläßliche

1. Allgemeine und übergreifende Aspekte

4

Bedeutung vonWissenschaft undForschung undihrer öffentlichenFörderung

Anforderungen andas Wissenschafts-und Forschungssystem

Voraussetzung sowohl für die Heranbildung künftiger Forscher alsauch für den über Personen laufenden Transfer wissenschaftlichenWissens und neuer Erkenntnisse in andere Bereiche der Gesell-schaft.

Die Leistungskraft eines öffentlich geförderten Wissenschafts- undForschungssystems bemißt sich letztlich daran, ob und inwiefern esgelingt, Aufgaben, Strukturen und Arbeitsformen seiner einzelnenTeile in einen solchen Austauschprozeß einzubinden und fortlau-fend neu zu gestalten. Die zentrale Bedeutung dieser Offenheit undBeweglichkeit erschließt sich insbesondere dann, wenn man die fol-genden fünf Herausforderungen für eine globalisierte Wissensge-sellschaft in den Blick nimmt:

Die weitere Beschleunigung der Wissensproduktion und wach-sende Dynamik in der Entwicklung neuer Wissensgebiete undTechnologienDie Zunahme der internationalen Zusammenarbeit wie auch derinternationalen Konkurrenz in der Forschung und in der Nach-wuchsqualifizierungDie wachsende Bedeutung interdisziplinärer und problemorien-tierter gegenüber fachgebundenen ForschungsaufgabenDie zunehmende Verschränkung von grundlagen- und anwen-dungsorientierter Forschung in zukunftsträchtigen Forschungs-feldernDie steigende Bedeutung außerwissenschaftlicher Verwen-dungszusammenhänge und sozioökonomischer Prioritäten inder öffentlichen Förderung der Forschung und in der Bearbei-tung strategisch wichtiger Forschungsfelder.

In allen nationalen Wissenschafts- und Forschungssystemen müssendaher besondere Anstrengungen unternommen werden, um diewissenschaftliche und technische Infrastruktur für erfolgreichesInnovationshandeln zu sichern.

Bei der Gestaltung und Bewältigung des Wandels zur Wissensge-sellschaft steht jedes öffentlich geförderte Wissenschafts- und For-schungssystem vor prinzipiell demselben schwierigen Problem:Während sich die Wissenserzeugung quer durch alle damit befaß-ten Institutionen und innerhalb dieser selbst ständig beschleunigt,können institutionelle Strukturen und Prozesse des Wissenschafts-und Forschungssystems, die sich in anderen Kontexten und unteranderen Anforderungen herausgebildet haben, damit oftmals nichtSchritt halten.

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1. Allgemeine und übergreifende Aspekte

Herausforderungender Wissensgesell-

schaft

UnterschiedlicheEntwicklungs-

geschwindigkeiten

Damit das Wissenschafts- und Forschungssystem seinen öffent-lichen Auftrag nachhaltig erfüllen kann, wird es deshalb künftigwichtiger denn je, sowohl das Bewußtsein für die Notwendigkeitkontinuierlichen Wandels zu fördern als auch optimale organisato-rische Voraussetzungen für dessen Gestaltung zu schaffen. In Ver-bindung mit entsprechenden materiellen Anreizstrukturen müssensie die Fähigkeit des Systems gewährleisten, in allen seinen Teilenund über diese hinweg

sich im ständigen Austausch mit der Umwelt gegenüber neuenAnforderungen zu öffnen und neue innovative Forschungsfel-der zu erschließen,Forschungsarbeiten und ihre öffentliche Förderung an zukunfts-trächtigen Wissensgebieten zu orientieren,starre Strukturen aufzubrechen und interdisziplinäre, aber vorallem auch einrichtungsübergreifende Formen der Wissens-erzeugung und -vermittlung zu entwickeln,gute Ausbildungsleistungen für den personenbezogenen Wis-senstransfer und in der Heranbildung des wissenschaftlichenNachwuchses zu erbringen sowieForschung und Wissensvermittlung international zu vernetzenund Spitzenleistungen hervorzubringen.

Betrachtet man das Wissenschafts- und Forschungssystem inDeutschland vor diesem Hintergrund, erweist es sich – auch iminternationalen Vergleich – als durchaus leistungsfähig. Dies äußertsich in erster Linie in der hohen Qualität der Forschungsleistungen,die in vielen Bereichen erreicht wird. Die institutionelle Vielfalt desSystems ermöglicht im Prinzip auch eine differenzierte Aufgaben-wahrnehmung und unterschiedliche Aufgabenprofile der einzelnenTrägereinrichtungen. In Verbindung mit dem Grundsatz einer Sub-sidiarität der öffentlich finanzierten außeruniversitären Forschunggegenüber der Forschung in Hochschulen erlaubt sie zudem eine inweiten Teilen anforderungsgerechte Arbeitsteilung. Gleichzeitigstellt diese Pluralität einen potentiellen Korrektur- und Optimie-rungsfaktor für die Arbeits- und Leistungsfähigkeit der verschiede-nen Forschungseinrichtungen dar. Dabei hat sich die aus der föde-ralen Struktur der Bundesrepublik erwachsende gemeinsameFinanzierung durch Bund und Länder als eine wichtige Grundlagegerade auch für die Autonomie der Forschungsförderung und derForschungseinrichtungen selbst bewährt.

Trotz seiner anerkannten Leistungsfähigkeit und seiner großen Stär-ken ist jedoch im deutschen Wissenschafts- und Forschungssystem

1. Allgemeine und übergreifende Aspekte

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Voraussetzungfür wissenschaftlicheInnovation

Charakteristika desdeutschen Systems

Restriktionen

auch eine Reihe von Problemfeldern erkennbar. Sie beeinträch-tigen vor allem seine Beweglichkeit und seine Fähigkeit, flexibel aufveränderte Anforderungen zu reagieren. Damit erweisen sie sich alsteilweise empfindliche Handicaps für eine optimale Weiterentwick-lung:

1. Die historisch angelegte Tendenz, eigens für die Wahr-nehmung unterschiedlicher Forschungsaufgaben außeruni-versitäre Institutionen zu schaffen, limitiert die Beweg-lichkeit des Systems und somit die Möglichkeiten für seineOptimierung. Vor dem Hintergrund starrer Strukturen in den Uni-versitäten schwächt diese Entwicklung, die sich auch aus den ver-fassungsrechtlichen Zuständigkeiten von Bund und Ländern be-gründet, die Fähigkeit des Systems, innovative Forschungsfelderrasch aufzugreifen und sie jenseits bestehender Einrichtungen inflexiblen, verbundförmigen und verschiedene Trägereinrichtungenumfassenden Strukturen zu bearbeiten.

2. Die herrschenden Rahmenbedingungen für die Finanzie-rung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen lassendas System insgesamt ebenso wie seine einzelnen Teilerelativ inflexibel werden. In erster Linie sind hier die jeweils ver-schiedenen Anteile für die gemeinsame Finanzierung der einzelnenTrägerorganisationen und außeruniversitären Forschungseinrich-tungen durch Bund und Länder zu nennen. Sie unterstützen dieTendenz zu einer Segmentierung des Systems, beeinträchtigen dieBereitschaft und die Möglichkeiten zur einrichtungsübergreifendenKooperation, schmälern die Nutzung möglicher Synergien undbegünstigen eine Dominanz institutioneller Eigeninteressen. Letz-tere findet unter anderem darin ihren Ausdruck, daß außeruni-versitäre Forschungsorganisationen danach streben, ihr Portfolioabzurunden und ein möglichst großes Spektrum von Forschungs-gebieten abzudecken, anstatt sich auf eine Kernaufgabe oder aufdie Bearbeitung ausgewählter, aktueller Forschungsfelder zu kon-zentrieren.

3. Die relative Schwäche der Universitäten gegenüber ande-ren öffentlich geförderten Forschungseinrichtungen be-einträchtigt die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems beider Produktion und Verbreitung von neuem Wissen. EineReihe wichtiger Rahmenbedingungen für die Aufgabenwahrneh-mung, traditionelle Leitungsstrukturen und Muster der Personal-rekrutierung sowie eine überwiegend disziplinäre Organisations-form stehen einer optimalen Entfaltung des dafür so wichtigen

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1. Allgemeine und übergreifende Aspekte

MangelndeBeweglichkeit

Finanzierungs-modalitäten fördern

Inflexibilität

Universitäten

Potentials der Universitäten entgegen. Zusammen genommen be-hindern sie eine anforderungsgerechte Weiterentwicklung der ein-zelnen Universitäten, die Spielräume für eine eigenverantwortlicheund flexible Ausgestaltung ihrer Arbeit voraussetzt. Inbesonderemachen es diese Faktoren schwer, neue Forschungsfelder in denUniversitäten aufzugreifen und angemessene Bedingungen fürderen effektive und effiziente Bearbeitung zu schaffen.

4. Im internationalen Vergleich werden die Qualifizierungs-wege und Karrierestrukturen für den wissenschaftlichenNachwuchs im deutschen Wissenschaftssystem durch langandauernde Phasen persönlicher und wissenschaftlicherAbhängigkeit bestimmt. Die spiegelbildliche Folge ist eine spätewissenschaftliche Selbständigkeit von Nachwuchswissenschaftlerin-nen und -wissenschaftlern, die sich auch in einem vergleichsweisehohen Altersdurchschnitt auf den einzelnen Stufen einer wissen-schaftlichen Ausbildung und Qualifizierung dokumentiert.

Darüber hinaus stellen diese Qualifizierungs- und Beschäftigungs-bedingungen ein Hindernis besonders auch für die angemesseneTeilhabe und Förderung von Frauen im Wissenschafts- und For-schungssystem dar.

5. Obwohl Aufgaben und Arbeitsweise des Forschungs-systems besondere Anforderungen an die Ausgestaltungseiner extern definierten Rahmenbedingungen stellen, set-zen starre Regelungen des öffentlichen Arbeits-, Tarif- undHaushaltsrechts sowie des Beamten- und Besoldungsrechtsder eigenverantwortlichen, wissenschaftsadäquaten Auf-gabenwahrnehmung von Hochschulen und Forschungs-einrichtungen deutliche Grenzen. Dadurch wird nicht nur dieLeistungsfähigkeit der einzelnen Einrichtungen, sondern auch diedes Systems insgesamt geschwächt.

6. Es mangelt bisher noch an einem kontinuierlichen Moni-toring des Systems, das Fehlentwicklungen aufzeigen und zurKoordination von Aufgaben und Organisationsformen seinereinzelnen Teile beitragen könnte, sowie an effektiven Ele-menten zur Stimulierung insbesondere des einrichtungs-übergreifenden Wettbewerbs. Bislang sind nur die Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) sowie die DFG und MPG einer Systemevaluationunterzogen worden, nicht aber die in der Hemholtz-GemeinschaftDeutscher Forschungszentren (HGF) zusammengefaßten Einrichtun-gen und die Institute der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried

1. Allgemeine und übergreifende Aspekte

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Nachwuchs- undFrauenförderung

Staatliche Rahmenregelungen

Systemevaluationund einrichtungs-übergreifender Wett-bewerb

Wilhelm Leibniz (WGL). Ausgeblendet blieb auch die politischgesteuerte Programmforschung. Auf diese drei Bereiche entfälltaber nicht nur ein Großteil der öffentlichen Mittel für die For-schungsförderung, sondern sie weisen auch jeweils problematischeStrukturen und Schwachstellen auf. Zur Förderung des projektbezo-genen Wettbewerbs sind zwar in den verschiedenen Bereichen deraußeruniversitären Forschung bereits unterschiedliche Modelle ent-wickelt worden (z.B. interner Strategiefonds der HGF und Abfüh-rung eines Kontingents aus den Grundmitteln für die WGL an dieDFG). Befriedigende Verfahren und Strukturen konnten dabei bisherallerdings weder für den bereichsinternen noch für den einrich-tungsübergreifenden Wettbewerb gefunden werden.

Für die Sicherung der künftigen Leistungsfähigkeit des deutschenWissenschafts- und Forschungssystems angesichts der skizziertenHerausforderungen in einer globalisierten Wissensgesellschaft gibtdie Kommission folgende

Empfehlungen:

1. Beweglichkeit des Systems

1.1. Das deutsche Wissenschafts- und Forschungssystemsollte flexibler werden. Wenn Ressourcen und Synergien effek-tiver als bisher genutzt werden sollen, ist es unerläßlich, die Durch-lässigkeit zwischen verschiedenen Stätten und Formen der For-schung zu verbessern. Vor allem sollte sichergestellt werden, daßneue problemorientierte Forschungsthemen und -richtungen jen-seits eingespielter und verfestigter institutioneller Strukturen raschaufgegriffen werden können. Die Bedingungen für die institu-tionenübergreifende Kooperation zwischen den einzelnenBereichen des Forschungssystems sind nachhaltig zu verbes-sern und Kooperationshemmnisse abzubauen. Die Kommis-sion erkennt eine wichtige forschungspolitische Aufgabe von Bundund Ländern darin, rasch die materiellen und verfahrensmäßigenVoraussetzungen dafür zu schaffen. Wünschenswert sind darüberhinaus auch Anreize zur Bildung von befristeten Schwerpunktenund von Kompetenzzentren zur Bearbeitung ausgewählter For-schungsaufgaben über verschiedene Institutionen hinweg.

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1. Allgemeine und übergreifende Aspekte

1.2. Von besonderer Bedeutung sind die enge Zusammenarbeitund der kontinuierliche Austausch zwischen außeruniversitärenForschungseinrichtungen und den Universitäten als dem Fun-dament des Forschungssystems. Über einzelne gemeinsame For-schungsvorhaben hinaus ist daher eine intensivere und stetige Mit-wirkung der in außeruniversitären Forschungseinrichtungen tätigenWissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an der Lehre und Gra-duiertenausbildung erforderlich.

1.3. Die Fähigkeit und Bereitschaft zur Kooperation von öffent-lich finanzierten Forschungseinrichtungen mit der Wirtschaftsind zu verbessern. Die Rahmenbedingungen für die Zusammenar-beit sind so zu gestalten, daß die Personalmobilität zwischen beidenBereichen erleichtert und der Übergang von Forschungsergebnissenin die gewerbliche Anwendung vereinfacht und beschleunigt wird.

2. Finanzierungsmodalitäten des Systems

Die jeweils unterschiedlichen Schlüssel für die gemeinsameFörderung der außeruniversitären Forschungseinrichtungendurch Bund und Länder sollten überprüft und in Richtungeiner möglichst einheitlichen Struktur weiterentwickelt wer-den. Dabei sollte es zuoberst darum gehen, den erkennbarenAbschottungstendenzen einzelner Bereiche entgegenzuwirken undjene wettbewerbsverzerrenden Wirkungen und Anreize zu beseiti-gen, die den Finanzierungsmodalitäten bislang eigen sind. Dieanstehende Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bundund Ländern sowie der Länder untereinander (Finanzausgleich) bie-tet eine günstige Gelegenheit, dem Ziel einer Entflechtung intrans-parenter, schwerfälliger Finanzstrukturen und einer Stabilisierungvon unterschiedlichen Aufgabenprofilen der außeruniversitären For-schungseinrichtungen näher zu kommen. Ganz unabhängig davonsollten die öffentlichen Zuwendungen sowohl für die Hochschulenals auch für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen imInteresse eines möglichst effektiven und anforderungsgerechtenMitteleinsatzes stets in Form eines Globalhaushaltes erfolgen.

3. Leistungskraft der Universitäten

Angesichts der zentralen Bedeutung und Funktion der Uni-versitäten für das Gesamtsystem hält es die Kommission fürunerläßlich, daß die Universitäten ihre Aufgaben und Arbei-

1. Allgemeine und übergreifende Aspekte

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ten in weit größerem Umfange selbstverantwortlich gestal-ten und angemessene Verfahren der Leistungsbewertungeinführen. Dazu hat sie in Kapitel 2 dieses Berichtes gesonderteEmpfehlungen formuliert. Hinsichtlich solcher, wissenschaftspoli-tisch notwendiger Aktivitäten, die sich auch auf eine Stärkung desForschungspotentials der Universitäten beziehen und strukturbil-dende Implikationen haben, hält die Kommission darüber hinauseine Koordination und intensivere Abstimmung zwischen DFG undMPG für unerläßlich.

4. Selbständigkeit für den wissenschaftlichen Nachwuchs

4.1. Die Qualifizierungsstrukturen im deutschen Wissen-schaftssystem sollten eine möglichst frühe wissenschaftlicheSelbständigkeit des Nachwuchses nicht nur erlauben, son-dern auch fördern und fordern. Dazu sind Beschäftigungsver-hältnisse notwendig, die flexibel, leistungsorientiert und wissen-schaftsadäquat gestaltbar sind. Jüngeren Wissenschaftlerinnen undWissenschaftlern sollten insbesondere auch längerfristige Berufs-perspektiven durch Assistenzprofessuren mit Karriereoptionen undder Möglichkeit einer unbefristeten Anstellung an einer Hochschule(„tenure track“) eröffnet werden.

4.2. In den meisten Fächern wird das Institut der Habilitation nochimmer als ein wichtiger Meilenstein in der Qualifizierung des wis-senschaftlichen Nachwuchses angesehen. Nach dem Eindruck derKommission hat sie sich indes auch als ein selbst auferlegtes Hin-dernis für die optimale Entfaltung der Leistungskraft des deutschenForschungssystems erwiesen. Zudem verlagert sie die definitive Ent-scheidung über eine akademische Karriere von Nachwuchskräftenin ein Lebensalter, in dem ein Übergang in andere Tätigkeitsberei-che nur noch schwer möglich ist. Auf die Habilitation als Regel-voraussetzung für eine Berufung auf eine Professur sollte daherkünftig verzichtet werden. An ihre Stelle sollten Universitäten undForschungseinrichtungen alternative Formen für die Validierung vonQualifizierungsleistungen im Rahmen allfälliger Berufungs-, Anstel-lungs- und Beförderungsverfahren praktizieren.

4.3. Flexible, auf die unterschiedlichen Anforderungen der einzel-nen Bereiche der Wissenschaft angepaßte Beschäftigungsstruktu-ren und Qualifizierungwege sollten auch dazu dienen, bestehendestrukturelle Hindernisse für die Rekrutierung von Frauen für lei-tende Positionen des Wissenschafts- und Forschungssystems abzu-

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1. Allgemeine und übergreifende Aspekte

bauen und bessere Bedingungen für deren Förderung zu schaffen.Assistenzprofessuren und „tenure-track“-Strukturen sind diesemZiel förderlich.

5. Rahmenbedingungen für die Arbeit von Hochschulenund Forschungseinrichtungen

5.1. Um den Einrichtungen des öffentlich geförderten Forschungs-bereichs eine anforderungsgerechte Qualifizierung und einen auf-gabenadäquaten Einsatz insbesondere ihres wissenschaftlichenPersonals zu ermöglichen, sind die Vergütungsregeln und Anstel-lungsmodalitäten, wie sie derzeit durch die Hochschulgesetze,den Bundesangestelltentarifvertrag (BAT), die Beamtengesetze unddas Besoldungsrecht definiert werden, zu überarbeiten. An ihreStelle sollten eine weitgehende Personalautonomie von Hochschu-len und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie ein wis-senschaftsadäquates Arbeitsrecht und aufgabenangemes-sene, marktgerechte Vergütungsregelungen treten.

5.2. Die auf die Belange des öffentlichen Dienstes zugeschnittenenRegelungen der Tarifverträge bieten wenig Spielräume für eineanforderungs- und leistungsgerechte Bezahlung. Das Besserstel-lungsverbot schwächt die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wis-senschaft auf dem internationalen Arbeitsmarkt für hochqualifizier-tes Personal. Vor allem bei der Gewinnung von Personen fürSpitzenfunktionen benötigen die einzelnen Forschungseinrichtun-gen insoweit im Rahmen ihrer Globalhaushalte weitaus größere,den Umständen des jeweiligen Falles entsprechende Gestaltungs-möglichkeiten.

5.3. Die effektive Bearbeitung von Forschungsaufgaben und opti-male Bedingungen für die Nachwuchsförderung erfordern flexibleBeschäftigungsverhältnisse. Sie sollten sich auch über eine Laufzeitvon mehr als fünf bis sieben Jahren erstrecken können. Derzeit gül-tige Befristungsregeln sollten daher mit Blick auf die speziellen Anfor-derungen von Wissenschaft und Forschung neu gestaltet werden.

6. Systemevaluation und einrichtungsübergreifenderWettbewerb

6.1. Vor dem Hintergrund der oben dargelegten Faktoren undStrukturen, die zu einer erkennbaren Unbeweglichkeit des deut-

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schen Wissenschafts- und Forschungssystems geführt haben unddessen flexible, anforderungsgerechte Weiterentwicklung in vielfäl-tiger Weise behindern, hält die Kommission ein kontinuierlichesMonitoring des Systems und eine turnusmäßige Systemeva-luation seiner einzelnen Teile für unabdingbar. Beide sollen dazubeitragen, strukturelle Schwachstellen zu identifizieren, eine bes-sere Verknüpfung und transparente Aufgabenabstimmung der ver-schiedenen Einrichtungen mit dem Ziel einer Straffung und Ent-flechtung von Profilen zu befördern und vor allem die Beweglichkeitdes Systems beim Aufgreifen neuer Herausforderungen zu erhöhen.

6.2. Während ihrer Arbeit hat die Kommission in vielen Gesprächenden Eindruck gewonnen, daß an einer Systemevaluation derHelmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF)und der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leib-niz (WGL) im Hinblick auf deren jeweilige Aufgaben, Strukturenund Entwicklungsoptionen ein besonderer Bedarf besteht. Sie emp-fiehlt Bund und Ländern, alsbald eine Systemevaluation dieser bei-den Segmente vorzunehmen. Dabei sollten insbesondere auch dieProjektträgerschaften als ein materiell sehr bedeutsamer, in denAbwicklungsformen und in der Interaktion mit anderen Teilen desSystems wenig transparenter Bereich der öffentlich finanzierten For-schungsförderung sowie die Aufgaben und die Architektur der ver-schiedenen Sonder- und Strategiefonds in den Blick genommenwerden.

6.3. Die Kommission hält es für geboten, im deutschen For-schungssystem den einrichtungsübergreifenden Wettbewerb zuintensivieren und neu zu gestalten. Vor allem in neu entstehenden,strategisch wichtigen Gebieten kann er Innovationen stimulieren,und er kann darüber hinaus als Korrektiv und Optimierungsfaktorfür Arbeitsformen und institutionelle Strukturen des Systems die-nen. Zwar gibt es bereits verschiedene Bemühungen, Wettbe-werbselemente in der öffentlichen Forschungsförderung zuverankern. Befriedigende Lösungen stehen allerdings noch immeraus. Mit Sorge betrachtet die Kommission die jüngsten Weichen-stellungen der Politik, der DFG einen bestimmten Prozentsatz derinstitutionellen Grundförderung der WGL-Institute zur Verfügungzu stellen, um den leistungsorientierten Wettbewerb in diesenForschungseinrichtungen anzuregen. Nach ihrer Ansicht wird dieDFG mit solchen Sonderregelungen tendenziell überfordert, zumalsie sich auf längere Sicht der Erwartung ausgesetzt sehen könnte,Förderentscheidungen den Einzahlungsbeträgen entsprechendzu quotieren. Als wichtigster Förderer der universitären Projekt-

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1. Allgemeine und übergreifende Aspekte

forschung kann die DFG die Aufgabe einer zentralen Wettbewerbs-agentur für das gesamte System jedenfalls nicht übernehmen, ohneihre Kernaufgabe zu gefährden.

Deshalb empfiehlt die Kommission Bund und Ländern, dieFrage einer Neuordnung wettbewerbsfördernder Strukturenim Rahmen der anstehenden Systemevaluation von HGF undWGL oder einer anderen Systembetrachtung ausdrücklich zubehandeln und nach geeigneten Lösungen zu suchen.

1. Allgemeine und übergreifende Aspekte

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2. Universitäten

Die Universitäten sind die Träger des größten und zugleich umfas-sendsten Potentials der öffentlich finanzierten Forschung inDeutschland. In der modernen Wissensgesellschaft kommt ihnen alsBasis und wichtigste Knotenpunkte des Forschungssystems einezentrale Rolle zu. Diese Stellung wird einerseits durch die thema-tische und methodische Breite der Hochschulforschung ermöglichtund andererseits durch das Graduierungsmonopol der Universitätenabgesichert. Dank dessen übernehmen sie eine wichtige Verant-wortung für die Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuch-ses für Tätigkeiten sowohl in der Forschung inner- und außerhalbder Hochschulen als auch in der Wirtschaft und in anderen gesell-schaftlichen Teilsystemen. In der institutionellen Verbindung vonForschung, forschungsorientierter Nachwuchsausbildung und Lehreliegt eine besondere Aufgabe und Stärke der Universitäten gegen-über anderen Einrichtungen des Forschungssystems.

Damit wird die Leistungsfähigkeit von Universitäten in der For-schung und in der forschungsbasierten Nachwuchsqualifizierung zueiner wichtigen Erfolgsdeterminante für das gesamte deutsche For-schungssystem. Denn auch scheinbar autarke außeruniversitäreForschungseinrichtungen sind in hohem Maße auf leistungsstarkeUniversitäten angewiesen – als Nährboden und Rekrutierungsfeldfür den Nachwuchs, als breite Plattform verschiedenster Disziplinenund Forschungsformen sowie als Kooperationspartner in ausge-wählten Forschungsgebieten.

Viele Universitäten und Fachbereiche erbringen qualitativ hochwer-tige, international anerkannte und wettbewerbsfähige Leistungenin der Forschung. Dies gilt auch für die akademische Ausbildung.Das deutsche Universitätsstudium zeichnet sich durch einen hohenGrad an Freiheit und durch eine in vielen Bereichen enge Verbin-dung von Lehre und Forschung aus. Trotz schwieriger Randbedin-gungen und unflexibler Organisationsstrukturen gelingt Instituten,Zentren und an einigen Universitäten auch Fachbereichen immerwieder die konzentrierte, intensive und erfolgreiche Bearbeitungvon Forschungsgebieten.

Allerdings weist das deutsche Hochschulsystem nach Ansicht derKommission folgenreiche strukturelle Probleme und Schwächenauf, die seine Leistungskraft und seine Fähigkeit zu einer anfor-derungsgerechten Weiterentwicklung deutlich begrenzen. DieAusdifferenzierung unterschiedlicher Leistungsprofile und damit

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2. Universitäten

Basis desForschungssystems

Schlüsselrollein der Nachwuchs-

qualifizierung

Stärken undCharakteristika

Effektivitäts-hemmende Rahmen-

bedingungen

zusammenhängend die gezielte Förderung forschungsorientierterUniversitäten war bislang noch kein erklärtes Ziel der staatlichenHochschulpolitik. Vielmehr werden Leistungsfähigkeit und Effekti-vität der deutschen Wissenschaft in der Produktion, Vermittlungund Zirkulation wissenschaftlichen Wissens und wissenschaftlicherProblemlösungskompetenzen durch Verfassung und Strukturen derUniversitäten erheblich eingeschränkt. Sie stellen zunehmend dereninternationale Konkurrenzfähigkeit in Frage und limitieren vor allemihre Möglichkeiten, ihre Aufgaben und Arbeitsabläufe eigenverant-wortlich zu gestalten und damit die erkennbaren Herausforderun-gen der Wissensgesellschaft an die Forschung angemessen aufzu-greifen.

Die fünf für die Forschung relevanten Probleme und Schwächendes deutschen Universitätssystems lassen sich knapp wie folgt cha-rakterisieren:

1. Strukturen und Dauer der Nachwuchsqualifizierung im deut-schen Universitätssystem sind international nicht kompatibel. Dieverschiedenen Qualifizierungsstufen werden erst in einem ver-gleichsweise hohen Alter absolviert, in dem es schwierig ist, alter-native Karrierewege außerhalb der Hochschulen zu beschreiten. DieHabilitation als Regelvoraussetzung für eine Berufung auf eine Pro-fessur und das Fehlen eines „tenure tracks“ für Nachwuchskräfteführen zu einer unvertretbar lang andauernden persönlichen undwissenschaftlichen Abhängigkeit. Zudem erweist sich die Habilita-tion vielfach als eine besondere Hürde für die Karriere von Frauen,weil sie die Verbindung von wissenschaftlicher Berufstätigkeit undKindererziehung in einer für die Familiengründung entscheidenenLebensphase erschwert.

2. Im Vergleich zu anderen Ländern ist das deutsche Hochschul-system in seinen Strukturen, Organisationsprinzipien und in derGestalt seiner Institutionen außerordentlich homogen. Zwar ist einallmählicher Übergang zu einer Deregulierung staatlicher Vorgabenund zu einer ergebnisorientierten Ressourcenausstattung der einzel-nen Hochschulen zu erkennen. Dennoch ist die Autonomie der Uni-versitäten, d.h. die Möglichkeit freier Selbstbestimmung im Rahmeneiner rechtlich vorgegebenen Ordnung, noch immer vergleichsweisegering. Tradierte Leitbilder der Universität als Gelehrtenrepublik füh-ren zu unscharfen Leitungs- und Führungsstrukturen in den Hoch-schulen sowie zu einer diffusen Verteilung von Verantwortlichkeiten.Schwerfällige korporatistische Entscheidungsverfahren und traditio-nelle interne Organisationsgrundsätze, die sich an Einzeldisziplinen

2. Universitäten

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Lange Abhängigkeitdes Nachwuchses

Geringe Autonomie

statt an Aufgaben und Funktionen orientieren, haben eine nurgeringe eigene Gestaltungskraft zur Folge.

3. Tätigkeit und Handlungsmöglichkeiten der staatlich finanziertenund organisierten Universitäten werden bislang durch verbindlicheexterne Vorgaben für die Organisations- und Leitungsstrukturen, fürinterne Entscheidungsverfahren, für den Hochschulzugang und dieStudienabschlüsse sowie für die Mittelbewirtschaftung bestimmt.Dies gilt ebenso wie für Normierungen der Kapazitätsverordnungund für allgemeine, auf die Bedürfnisse von Wissenschaft und For-schung nicht angepaßte Vorschriften des öffentlichen Tarif-,Arbeits- und Dienstrechts. Für einen leistungsbezogenen Wettbe-werb der Hochschulen in Lehre und Forschung, um Studierende,Personal und Mittel fehlen bislang wesentliche Voraussetzungen.Wettbewerbliche Mittelvergabe beschränkt sich im wesentlichennoch immer auf Drittmittel aus der Forschungsförderung.

4. Das Verständnis für Aufgaben eines kontinuierlichen Organisa-tions- und Qualitätsmanagements ist nur unzureichend entwickelt.Es gibt noch kein transparentes, institutionenübergreifendes Systemder Qualitätssicherung, und auch innerhalb der einzelnen Hoch-schulen mangelt es an wirksamen Qualitätskontrollen mit daraufabgestimmten Sanktionsmöglichkeiten.

5. Trotz vieler positiver Einzelbeispiele für eine Kooperation ist dieVerbindung zwischen Hochschulen und außeruniversitären For-schungseinrichtungen nur schwach entwickelt. Oftmals bleiben dieChancen ungenutzt, die sich aus einer vertieften und kontinuier-lichen Zusammenarbeit ergeben können.

Über Entwicklung, Probleme und notwendige Reformen des deut-schen Hochschulsystems wird bereits seit langem intensiv diskutiertund publiziert. An einer kritischen Standortbestimmung und an Vor-schlägen für seine umfassende Erneuerung mangelt es ebensowe-nig wie an verschiedensten Initiativen für konkrete Reformvorha-ben. Vor dem Hintergrund ihres Untersuchungsauftrages hat sichdie Kommission daher auf die Frage konzentriert, welche Stellungdie Universitäten im deutschen Forschungssystem einnehmen undwelchen Beitrag sie zur Verbesserung von dessen Leistungsfähigkeiterbringen können und sollen. Dabei waren für sie folgende fünfAspekte von besonderer Bedeutung:

Eine Praxis der Nachwuchsqualifizierung, die durch die Förde-rung früher wissenschaftlicher Selbständigkeit eine optimale

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2. Universitäten

FehlendeWettbewerbsfähigkeit

UnzureichendeQualitätssicherung

SchwacheKooperations-beziehungen

ForschungsrelevanteAspekte

Ausschöpfung des kreativen Potentials und der Motivation derNachwuchskräfte ermöglichtVoraussetzungen und Modalitäten einer effektiven, strukturbil-denden Forschungsförderung in den Universitäten und für dieHerausbildung forschungsstarker Universitäten mit differenzier-ten Kompetenz- und Leistungsprofilen,die sich auch in Lehran-geboten ausdrücken, die auf solche Forschungsschwerpunkteabgestimmt sindExterne Vorgaben für die Organisation, Finanzierung und Auf-gabenerfüllung der Hochschulen, die deren Handlungsfähigkeitdurch größere Spielräume für die eigenverantwortliche Gestal-tung ihrer Arbeit erhöhenEin wirksames System der Qualitätssicherung für die For-schungs- und Lehrtätigkeiten unter externer BeteiligungMöglichkeiten der Kooperation von Universitäten mit anderenForschungseinrichtungen des In- und Auslandes, um sie stärkernach außen und international zu öffnen und den Fluß des Wis-sens verbessern zu können.

Wenn die Effektivität und Leistungsfähigkeit des deutschen Wis-senschaftssystems durch forschungsstarke Universitäten nachhaltigverbessert werden sollen, erkennt die Kommission einen vordring-lichen Handlungsbedarf in Maßnahmen, die sich auf diese Aspektebeziehen. Dazu gibt sie folgende

Empfehlungen:

1. Die Perspektiven des Nachwuchses für Wissenschaft undForschung als Beruf müssen strukturell verbessert werden.Als dringend erforderlich erscheint der Kommission vor allemeine möglichst frühe wissenschaftliche Selbständigkeit derNachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler anden Hochschulen und der Verzicht auf die Habilitation. Anderen Stelle sind von den Hochschulen für eine Berufung andere,über eine hervorragende Promotion hinausgehende Nachweise derbesonderen wissenschaftlichen Befähigung zu fordern. Die Quali-tätssicherung für herausgehobene Positionen an Universitäten undForschungseinrichtungen sollte künftig nicht durch die Herkunfts-einrichtung, sondern – unter Beteiligung externer Sachverstän-diger – durch diejenige Institution erfolgen, die diese zu besetzenhat. Im Rahmen flexibel, leistungsorientiert und wissenschaftsge-

2. Universitäten

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recht gestaltbarer Beschäftigungsverhältnisse müssen Nachwuchs-kräfte sowohl möglichst früh einen Zugriff auf Ressourcen, die siefür ihre Forschungsarbeiten benötigen, als auch längerfristigeBerufsperspektiven durch Assistenzprofessuren mit der Option aufeinen „tenure-track“ erhalten.

2. Das Potential der deutschen Universitäten kann allerdings nurdann für Innovationen und ertragreiche Arbeiten in der internatio-nal wettbewerbsfähigen Forschung erschlossen werden, wenn siegleichzeitig auch ihre starke disziplinäre Orientierung lockern.Die Entscheidungsorgane der Hochschulen (Hochschulleitungenund Senate) sollten dafür Sorge tragen, an Stelle der noch immerdominanten Institutsgliederung, die beispielsweise die Chemie ent-gegen allen Entwicklungen in der Forschung oft noch in die tradi-tionellen Bereiche zersplittert, bewegliche und leistungsfähigeOrganisationsformen für die temporäre Zusammenarbeitverschiedener Disziplinen und Gruppen in problemorientier-ten Forschungsfeldern zu entwickeln. Für die dringend erforder-liche Schwerpunktbildung und Profilierung der einzelnen Univer-sitäten sind in ausgewählten Gebieten größere Einheiten im Sinnematrixförmig angelegter Forscherverbünde oder Zentren auf Zeitaufzubauen. Mit eigenen Ressourcen ausgestattet, sollten sie ver-schiedene Arbeitsgruppen, Institute und Personen in der gemeinsa-men Bearbeitung komplexer Forschungsfelder zusammenführen.

3. Die Universitäten müssen in die Lage versetzt werden, ihregenuinen Aufgaben eigenverantwortlich und mit wesentlichgrößeren Entscheidungsspielräumen als bisher zu gestalten.Dafür bedarf zunächst einmal das Verhältnis von Staat und Hoch-schulen einer Neubestimmung. Eine nachhaltige Stärkung derHochschulautonomie ist unverzichtbar, um das selbstverantwort-liche Handeln der Universitäten zu fördern und damit auch die Ent-wicklung unterschiedlicher Schwerpunkte und Profile der einzelnenHochschulen und den Wettbewerb zwischen ihnen zu ermöglichen.Wesentliche Elemente der Hochschulautonomie sind Freiräume füreigenverantwortliches Handeln bei der Mittelverwendung, beimPersonaleinsatz sowie bei der Auswahl und Zulassung von Studie-renden. Hierzu ist es u.a. erforderlich,

die Hochschulfinanzierung von der Inputorientierung in Rich-tung einer stärkeren Ergebnis- bzw. Wirkungsorientierungweiterzuentwickeln, zum Beispiel im Rahmen von Leistungs-aufträgen und -vereinbarungen zwischen Staat und Hoch-schulen;

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2. Universitäten

die Leitungsstrukturen an Hochschulen so zu gestalten, daßdie Verantwortungsverteilung der Führungsorgane klar erkenn-bar ist und die Kompetenzen der Hochschulleitung gestärktwerden;die institutionelle Gestaltungskraft von Hochschulen zu stär-ken, wobei auch auf externen Sachverstand – in Form von Hoch-schulräten, die Aufgaben in der strategischen Steuerung über-nehmen – zurückzugreifen ist;den Hochschulen ein umfassendes Auswahl- und Zulas-sungsrecht gegenüber Studienbewerbern einzuräumen.

4. Eine anforderungsgerechte Weiterentwicklung von Strukturenund Leistungen der Universitäten setzt allerdings auch voraus, daßdiese (gemeinsam) wirksame Verfahren für ein Qualitätsmoni-toring und zur Qualitätssicherung unter externer Beteiligungentwickeln. Diese sollen dazu dienen, Stärken und Schwächen,Potentiale und Fehlentwicklungen an den Hochschulen aufzu-decken, klare Verantwortlichkeiten zu identifizieren und positiveebenso wie negative Leistungen zu sanktionieren.

5. Gezielte Maßnahmen zur Erleichterung des Personaltransfers,Anreize für die Durchführung institutionenübergreifender For-schungsvorhaben im Rahmen der Projektförderung und neue, bis-her in Deutschland noch kaum praktizierte Organisationsformenwie zum Beispiel gemeinsam von Universitäten und Forschungsein-richtungen getragene Graduiertenkollegs, Forschergruppen sowiein Universitäten angesiedelte Forschungsstellen der MPG (oderanderer Forschungseinrichtungen) sollen dazu beitragen, dieZusammenarbeit von Hochschulen und außeruniversitärenEinrichtungen zu verbessern und die Herausbildung institutionen-übergreifender Forschungszentren zu ermöglichen. Vorschriften derKapazitätsverordnung, die verlangen, Lehrleistungen von Wissen-schaftlern aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen auf dieAufnahmekapazität der Universitäten anzurechnen, behindern diewünschenswerte Mitwirkung dieser Personengruppe an der for-schungsorientierten Hochschullehre. Sie sind daher ersatzlos zustreichen.

Darüber hinaus verdienen Maßnahmen besondere Beachtung, dieeine stärkere internationale Öffnung der Universitäten bewirkenund ihre Fähigkeiten zur internationalen Kooperation verbessernkönnen. Hierbei kann und sollte die DFG eine wichtige unterstüt-zende Rolle übernehmen.

2. Universitäten

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3. Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Im deutschen Wissenschaftssystem trägt das Förderhandeln derDFG entscheidend dazu bei, leistungsfähige Bereiche der universi-tären Forschung zu stärken. In einem schwierigen Umfeld bietet esvielfältige Anreize zur Herausbildung und zur gezielten Pflege for-schungsorientierter Strukturen in den Universitäten. Viele Aktivitä-ten der DFG gelten im internationalen Vergleich als vorbildlich. Fürdie Leistungsfähigkeit nicht nur der erkenntnisorientierten undanwendungsoffenen Grundlagenforschung, sondern sämtlicherFormen und Felder der Forschung in Deutschland haben sie dankderen Zuständigkeit für alle Fächer und Wissenschaftsgebiete eineherausragende Bedeutung. Dies gilt auch und gerade angesichtsdes Umstandes, daß die DFG keine zentrale Agentur für die Pro-jektförderung in allen Teilen des Forschungssystems ist und seinkann. Autonom in der Wahrnehmung ihrer Förderaufgaben ist sieauch keine Projektträgeragentur für die Abwicklung politischdefinierter Förderprogramme. Eigens für diese Zwecke sind inden Helmholtz-Zentren besondere Verwaltungseinheiten geschaf-fen worden.

Förderentscheidungen der DFG finden im deutschen Wissen-schaftssystem eine hohe Akzeptanz. Vor allem im Hochschulbereichsind sie zu einem nicht mehr wegzudenkenden Instrument für einenqualitätsorientierten, leistungsstimulierenden Wettbewerb umDrittmittel geworden. Denn für eine Förderung von Forschungsvor-haben ist einzig und allein maßgeblich, daß ihnen im Rahmen einesvon der DFG selbstverantwortlich gestalteten Begutachtungsver-fahrens zweifelsfreie wissenschaftliche Qualität attestiert wurde.Positive Förderentscheidungen der DFG gelten daher heute mehrdenn je als Qualitätssiegel, das ihnen ganz unabhängig von derHöhe der bewilligten Mittel eine wichtige Bedeutung verleiht.

Wie schon ihre Vorgängereinrichtung, die 1920 entstandene „Not-gemeinschaft der Deutschen Wissenschaft“ (seit 1929 „DeutscheForschungsgemeinschaft“), versteht sich die DFG seit ihrer Neu-gründung im Jahre 1951 als die zentrale Selbstverwaltungsorgani-sation der deutschen Wissenschaft. Als privatrechtlich konstituier-ter Verein mit derzeit 64 Hochschulen, 13 außeruniversitärenForschungseinrichtungen, 7 Akademien und 3 Wissenschaftsver-bänden als Mitgliedern setzt sie die Ziele ihres Förderhandelns selbstund verfolgt sie eigenständig. Auf der Grundlage von Anträgen för-dert sie Personen und Projekte mit definierter Zielsetzung undDauer. Dabei hat sich das Spektrum ihrer Programme und Aktivitä-

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3. Deutsche Forschungsgemeinschaft

Bedeutung der DFGim deutschen

Forschungssystem

Hohe Akzeptanz,Förderung

als Qualitätsausweis

Förderhandeln und-programme der DFG

ten über die Jahre hinweg mehr und mehr ausdifferenziert: ZuBeginn dominierte die „Allgemeine Forschungsförderung“ mit demNormalverfahren und – seit 1953 – mit Schwerpunktprogrammenihr Förderhandeln, in dessen Rahmen sie Sachbeihilfen, Stipendienund Reisebeihilfen finanzierte. Auch das erstmals 1962 eingesetzteFörderinstrument der „Forschergruppen“ wurde noch aus Mittelnder Allgemeinen Forschungsförderung finanziert, die der DFG zugleichen Teilen von Bund und Ländern zur Verfügung gestelltwerden und die von ihr wie ein Globalhaushalt behandelt werdenkönnen.

Mit dem Förderprogramm der Sonderforschungsbereiche (SFBs),1968 eingeführt, wurden die Weichen allerdings eindeutig in Rich-tung auf ein additives Programmwachstum gestellt. Mit neuen Pro-grammen nahm die DFG vielfach externe Anregungen und Anstößeauf. Folgerungen für ihre übrigen Förderaktivitäten wurden darausbislang kaum gezogen. Sonderforschungsbereiche, Graduierten-kollegs (seit 1990), Innovationskollegs für die neuen Länder (seit1994), Geisteswissenschaftliche Zentren (1991 vom Wissenschafts-rat empfohlen und zunächst von der MPG betreut, seit 1995 durchdie DFG) und Wissenschaftspreise (z.B. Gottfried-Wilhelm-LeibnizProgramm, seit 1986) ergänzen heute die Allgemeine Forschungs-förderung. Durch besondere Finanzierungsschlüssel und eigene Ver-gabeverfahren stehen sie jedoch gewissermaßen neben diesemKernbereich, und ein bedarfsorientierter Ausgleich zwischen denverschiedenen Programmbereichen durch die DFG selbst ist nurbegrenzt möglich. Abweichend von der ursprünglichen 50 :50Finanzierung der DFG-Aktivitäten durch Bund und Länder ergabensich während der letzten Jahre über alle Programme hinweg tat-sächliche Finanzierungsanteile von durchschnittlich 60 :40.

Im „Normalverfahren“, auf das im langjährigen Durchschnitt 40%der DFG-Fördermittel entfallen (vgl. Tabelle 1 im Anhang), kommenbeide Grundmerkmale der DFG – Nachfrageorientierung der För-derpraxis und wettbewerbliche Qualitätssicherung durch diszipli-nengeleitete Peer-Review von Forschungsanträgen – am deutlich-sten zum Tragen. Darin manifestieren sich jene Offenheit undUnabhängigkeit, die gerade im internationalen Vergleich als wich-tigstes Kapital der DFG gelten. Insoweit kann das Normalverfahrenin einem nicht nur historischen Sinne als die Kernaufgabe der DFGbezeichnet werden. Es entspricht ihrer Identität und ihrem Autono-mieverständnis als Forschergemeinschaft, deren Mitglieder übergewählte Vertrauenspersonen, die Fachgutachter, über die ihr vonWissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen vorgelegten Anträge

3. Deutsche Forschungsgemeinschaft

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Programm-entwicklung

Normalverfahren alsKernaufgabe

befinden, ohne jedoch selbst initiativ zu werden und inhaltlicheDesiderata oder forschungspolitische Prioritäten zu formulieren. DieForschungsgemeinschaft versteht sich in diesem Sinne als Summeihrer Teile. Weder ist sie eine Einrichtung, die selbst Forschungbetreibt, noch ergreift sie in hohem Maße eigene forschungspoliti-sche Initiativen. Und genau darauf beruhten bislang ihr Ansehenund die Akzeptanz ihrer Förderentscheidungen.

Auch die Förderinstrumente und -programme außerhalb des Nor-malverfahrens werden in ihrer tatsächlichen Handhabung durch dieresponsive Grundausrichtung des DFG-Förderhandelns geprägt,und zwar selbst dann, wenn sie explizit auf strukturbildendeWirkungen im Hochschulbereich abzielen. Die Kommission ist derAuffassung, daß dieses Grundmerkmal der DFG nicht nur eineStärke ihrer Förderaktivitäten ausmacht, sondern vielmehr auchProbleme mit sich bringt. Erstens vollzieht die Nachfrage nach Dritt-mitteln den Entwicklungsgang von Formen und Feldern der For-schung nur langsam nach, weil sie von der disziplinären Organi-sation der Hochschulen bestimmt wird, die sich zudem auch imderzeitigen Rekrutierungsmodus für die Fachgutachter und in derGliederung des Kernbereiches der Geschäftsstelle der DFG in Fach-referate widerspiegelt. Zweitens begibt sich die DFG damit der Mög-lichkeit, Defizite in ihrem Förderhandeln aufzuspüren und diese miteigenen Mitteln abzustellen. Und drittens impliziert der Verzicht aufeigene Prioritätensetzungen und auf selbst definierte Förderange-bote die Gefahr, daß die internationale Wettbewerbsfähigkeit derdeutschen Forschung in sich rasch verändernden neuen interdis-ziplinären Forschungsgebieten und Förderformen leidet, weil dieDisziplinenorientierung der Hochschulen und der DFG selbst dafürnur wenig Raum läßt.

Architektur und Selbstverständnis der DFG setzen ihrer Steuerungs-fähigkeit somit bislang enge Grenzen. Ihre Themen und Gestal-tungsspielräume werden auf der Ebene der Einzelanträge vorrangigvon den Interessen der Disziplinen, Einrichtungen und Personenbestimmt, die gleichzeitig ihre Klienten sind.

Im einzelnen zeigen sich aus Sicht der Kommission mit Blick auf diebisherige Entwicklung der DFG und auf heute bereits erkennbareAnforderungen an eine leistungsfähige Forschungsförderung fol-gende Problemfelder:

1. Das Förderhandeln der DFG wird durch eine primär res-ponsive Grundausrichtung charakterisiert. Ihrem Selbstver-

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3. Deutsche Forschungsgemeinschaft

ResponsiveGrundausrichtung

EingeschränkteSteuerungsfähigkeit

Grundausrichtungdes Förderhandelns

ständnis als Forschungsgemeinschaft entspricht, daß sie sich in allenFörderverfahren als Dienstleistungsagentur und Eigentum der For-scher definiert. Eigenverantwortlich bestimmte Förderprioritätenund wissenschaftsgesteuerte, strategisch orientierte Förderinitiati-ven wurden bislang für damit nicht kompatibel gehalten. Die grund-sätzlich positiv zu bewertende Offenheit der DFG für alle Arten undFormen der Forschung impliziert daher als eine Kehrseite der bishe-rigen Förderphilosophie, daß sie neue Entwicklungen zwar nach-vollzieht, aber in der Regel nicht selbst gestaltet.

2. Dieser tendenziell konservative Grundzug des Förderhan-delns wird durch das Gutachtersystem verstärkt. Denn weildort über die Förderwürdigkeit von Projekten entschieden wird, hates eine zentrale Bedeutung für die Ausrichtung des Förderhandelnsder DFG. Die Rekrutierung der Fachgutachter ist grundsätzlich dis-ziplinär orientiert und baut auf Vorschlägen der etablierten Fachge-sellschaften auf. Daraus resultieren ein relativ hohes Durchschnitts-alter der Fachgutachter, tendenziell geringe Toleranzen gegenüberInnovationen, insbesondere in kleineren Fächern, sowie Akzeptanz-probleme für inter- bzw transdisziplinäre Forschungsvorhaben.

3. Obwohl Aufgaben und Programmvielfalt der DFG in den beidenletzten Jahrzehnten ständig zugenommen haben, blieben Grund-prinzipien ihres Förderhandelns und Entscheidungsverfahren imwesentlichen unverändert. Der stark gestiegene Antragsdruck stra-paziert aber die gewachsenen Strukturen und Entscheidungspro-zesse der DFG in außerordentlich hohem Maße: Trotz gestiegenerFördermittel, Rationalisierungen in der Geschäftsabwicklungund einer ständig größer gewordenen Zahl von (Fach- undSonder-) Gutachtern sanken die durchschnittlichen Bewilli-gungsquoten, stiegen die durchschnittlichen Antragsbear-beitungszeiten, und auch die einzelnen Fachgutachter wur-den immer stärker belastet. Dank erheblicher Anstrengungen istes immerhin gelungen, die Bearbeitungszeit für Anträge im Nor-malverfahren zwischen 1997 und 1999 von 6,7 auf 5,9 Monate zuverkürzen. Obwohl die Bewilligungsquoten trotz des eindeutigrückläufigen Trends von 76,7% der beantragten Mittel (84,5% derAnträge) im Jahre 1974 auf 35,4% (bzw. 58,7%) im Jahre 1997 iminternationalen Vergleich der Forschungsfördereinrichtungen nochimmer relativ hoch ausfallen, signalisiert die gleichzeitig zu beob-achtende parallele Tendenz zu geringeren durchschnittlichen För-dervolumina ein strukturelles Problem: So hat die Intensität von Kür-zungen bis hin zur vollständigen Ablehnung bei Anträgen mitgroßem Volumen in den letzten Jahren besonders stark zugenom-

3. Deutsche Forschungsgemeinschaft

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Disziplinärorientiertes Gutachter-system

Wachsender Antrags-druck, sinkendeBewilligungsquoten

men. Die Differenz der Förderaussichten von Anträgen bis15.000 DM und solchen von über 250.000 DM ist zwischen 1987und 1997 von etwa sechs Prozentpunkten auf 19 Prozentpunkteangewachsen. Der Personalkostenanteil an den Bewilligungen imNormal- und Schwerpunktverfahren betrug 1977 71,6%, 198775,0% und 1997 80,3%.

4. Initiativen für wichtige neue Programmbereiche oder -elementeaußerhalb des Normalverfahrens sind aufgrund des Selbstverständ-nisses der DFG bislang kaum von dieser selbst entwickelt, sondernzumeist von außen an sie herangetragen worden (Sonderfor-schungsbereiche, Graduiertenkollegs). In der Regel war dies miteiner zweckgebundenen zusätzlichen Mittelzuweisung verknüpft.Das additive Programmwachstum hat zu einer differenzier-ten Programmpalette mit einer Tendenz zur Versäulung derverschiedenen Programmbereiche innerhalb der DFGgeführt. Die Fähigkeiten der DFG zur effektiven Gestaltung ihresFörderhandelns und zur flexiblen Abwicklung der einzelnen Pro-gramme werden zudem durch unterschiedliche Finanzierungsan-teile von Bund und Ländern für einzelne Programme stark limitiert.

5. Die DFG nutzt bislang kaum eigene Möglichkeiten, ihrProgramm-Portfolio zu überprüfen und ggf. neu zu ordnensowie eine kontinuierliche Programmpflege zu betreiben, die sichauch auf die Schließung erkennbarer Lücken in der deutschen For-schung beziehen könnte. In verschiedenen Gremien beschlosseneFördergrundsätze (z.B. zu Bewilligungszeiträumen im Normalver-fahren, zur nachzuweisenden Grundausstattung, zum Ortsprinzipbei SFBs, zur Mittelverwendung) schränken in einzelnen Bereichendie Handlungsfähigkeit der DFG und die Effektivität ihrer Förder-aktivitäten zusätzlich ein.

Empfehlungen:

Die Handlungs- und Leistungsfähigkeit der DFG wird auch inZukunft für das deutsche Forschungssystem von eminenterBedeutung sein. Sie angesichts der beschriebenen Problem-lagen und Herausforderungen mittel- und längerfristig zusichern, verlangt nach Überzeugung der Kommission einendeutlichen Wandel im Selbstverständnis und in der „Kultur“der DFG, in ihren Organisations- und Entscheidungsstruktu-ren und nicht zuletzt auch in ihren Haushaltsstrukturen. Dabei

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3. Deutsche Forschungsgemeinschaft

AdditivesProgrammwachstum

Programmpflege

muß es im wesentlichen darum gehen, die DFG in die Lage zu ver-setzen, erkennbare längerfristige Entwicklungstrends in der Wis-senschaft, aber auch veränderte externe Handlungsanforderungennicht nur zu beantworten, sondern außerhalb des Normalverfahrensaktiv zu gestalten.

Die DFG sollte neue Herausforderungen an die Wissenschaft undneue Entwicklungen in der Forschung möglichst rasch und flexibelaufgreifen können. Nach Ansicht der Kommission würde es nichtausreichen, Fördermittel und Förderaktivitäten der DFG lediglichauszuweiten. Dies würde für sich genommen die bereits jetzterkennbaren Tendenzen einer Überlastung der DFG nur weiter ver-stärken und die Grenzen ihrer Handlungsfähigkeit noch deutlichersichtbar machen. Für die nicht zum Normalverfahren gehörendenFörderbereiche ist vielmehr die Weiterentwicklung der DFG zueiner beweglicheren, strategisch handelnden Einrichtung derForschungsförderung notwendig.

Als eine solche Einrichtung muß die DFG aber auch künftig wis-senschaftlich autonom bleiben, d.h. frei von politischen Einfluß-nahmen auf ihr konkretes Förderhandeln. Für eine effektive Erfül-lung ihrer Aufgaben bedarf sie eines Globalbudgets, über dessenVerwendung für einzelne Programme und Forschungsfelder sieebenso frei entscheiden können muß wie über ihre Förderinstru-mente im einzelnen.

Die Zuständigkeit der DFG für alle „Zweige“ der Wissenschaft istohne jede Einschränkung positiv zu bewerten, denn sie ermöglichtein Höchstmaß an Offenheit und Flexibilität in den Förder-aktivitäten. Die Kommission neigt zwar zu der Auffassung, daßsich die DFG auf die Förderung der Forschung an Hochschulen kon-zentrieren sollte. Sie hält es jedoch für sinnvoll, daß sich die DFG imBereich der erkenntnisorientierten Grundlagenforschung stärker fürAnträge von Angehörigen außeruniversitärer Forschungseinrich-tungen öffnet. Ausschließungsmechanismen und Regelungen, diedem derzeit noch entgegenstehen, sind zu überprüfen. Dabei hältdie Kommission insbesondere eine institutionenbezogene Kontin-gentierung der DFG-Fördermittel, wie sie sich beispielsweise aus derstaatlich vorgegebenen Abführung eines bestimmten Prozentsatzesder Grundmittel für die Institute der WissenschaftsgemeinschaftGottfried Wilhelm Leibniz (WGL) an die DFG unter Aspekten einesangemessenen Rückflusses für dort durchzuführende Projekte ent-wickeln könnte, für falsch, weil dies zu bedenklichen Wettbe-werbsverzerrungen in der Projektförderung der DFG führen würde.

3. Deutsche Forschungsgemeinschaft

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Die Kommission ist sich dessen bewußt, daß sich die von ihr vorge-schlagenen Veränderungen nicht leicht werden umsetzen lassen.Gerade deshalb gibt sie dazu folgende Einzelhinweise, die die Her-ausforderungen des von ihr empfohlenen Wandlungsprozesses ver-deutlichen mögen:

1. Partiell neue Grundausrichtung des Förderhandelnsder DFG

Die Akzeptanz und Erfüllung einer stärker gestaltenden Rollein der Projektförderung erfordert zunächst die Fähigkeit zureigenverantwortlichen Bestimmung von thematischen For-schungs- und Förderprioritäten. Die DFG muß aber auch in derLage sein, eigenverantwortlich darauf ausgerichtete Pro-grammangebote zu entwickeln. Dies setzt eine Globalisie-rung der Fördermittel voraus. Darüber hinaus sind aber auchneue interne Entscheidungsstrukturen notwendig, um dasFörderhandeln der DFG mit Blick auf internationale Entwick-lungen in der Forschung sowie auf neue Anforderungen derWissenschaft und ihrer Umwelt über eine Fortschreibungbereits erprobter Förderformen hinaus zu gestalten.

1.1. Weil die von der Kommission empfohlene Neuausrichtung derDFG nicht auf eine radikale Alternative zu deren bisheriger Förder-praxis abzielt, die diese obsolet werden ließe, sondern vielmehr aufeine Ergänzung, sollte das Normalverfahren als Kernstück derDFG-Forschungsförderung (gemäß den Abgrenzungen vonTabelle 1 im Anhang) künftig gestärkt statt zurückgefahren werden.Die Kommission hält es für sinnvoll, dafür einen tendenziell größe-ren Anteil der DFG-Fördermittel zu reservieren. Daß die DFG im Nor-malverfahren sämtlichen Forschungsgebieten und Wissenschaftlernfreien und prinzipiell gleichberechtigten Zugang zu Projektmittelngarantiert, stellt ein hohes Gut und eine Stärke der bisherigen DFG-Förderung dar, die nicht aufs Spiel gesetzt werden sollten.

1.2. Ergänzend dazu sollte die DFG als ein neues, zusätzlichesFörderinstrument ein Angebot wissenschaftsgesteuerter, stra-tegisch orientierter Programme für eine befristete Förderungausgewählter Forschungsbereiche, Arbeitsformen und solcherQuerschnittsthemen auflegen, die entweder als besonders unter-stützungsbedürftig oder als besonders vielversprechend erscheinen.Die Förderung einzelner Projekte sollte auch hier im Rahmen eineswettbewerblich angelegten Verfahrens ausschließlich nach Kriterien

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3. Deutsche Forschungsgemeinschaft

der wissenschaftlichen Qualität erfolgen. Im Unterschied zum Nor-malverfahren müßte dieses allerdings durch die Definition des Fel-des oder Anliegens vorstrukturiert sein, um einen direkten Vergleichkonkurrierender Anträge zu ermöglichen.

1.3. Die DFG kann und muß mehr sein als eine Dienstleistungs-agentur für ihre Mitglieder. Dank ihrer unbestrittenen Stellung alsSelbstverwaltungseinrichtung der Wissenschaften trägt sie einebesondere Verantwortung für die Leistungsfähigkeit und Gestal-tung des gesamten deutschen Forschungssystems. Diese kommt vorallem in ihrem Verhältnis zu den Hochschulen zum Tragen, weil87% ihrer Fördermittel dorthin fließen und dort zu einem wichti-gen Stimulans für einen qualitätsorientierten Wettbewerb gewor-den sind. Die Kommission hält es für wünschenswert, daß die DFGihre strukturbildende und wettbewerbsfördernde Funktionim Hochschulbereich noch stärker als bisher annimmt und ausge-staltet. Dies kann etwa im Rahmen von anreizsetzenden Zielvorga-ben für einzelne Förderaktivitäten, durch die gezielte, nicht nur res-ponsiv angelegte Förderung von Schwerpunkten und durch dieAusschreibung von Exzellenzprogrammen geschehen.

1.4. Die DFG muß neue Mittel und Wege finden, um über Grund-züge und Instrumente einer aktiv gestaltenden Förderpolitik und ihrerProgrammentwicklung eigenverantwortlich entscheiden zu können.In der Herausbildung einer solchen aktiven Förderphilosophie und inder Programmpflege erkennt die Kommission eine wichtige Auf-gabe des Präsidiums. Für regelmäßige vergleichende Analysen vonStärken und Schwächen der Programme und Förderaktivitäten derDFG sollte dieses ad-hoc Komitees bilden, die auch internationaleEntwicklungen in einzelnen Forschungsfeldern, externe Handlungs-anforderungen und die Strukturen des deutschen Forschungssystemsin ihre Betrachtung einbeziehen sollten. Auch die Referenten sind ansolchen Prozessen der Programmentwicklung zu beteiligen. Soweitsie als eine Art Frühwarnsystem für die Entdeckung von Defiziten undLücken in ihrer Förderpraxis eingesetzt würden, ließen sich nachAnsicht der Kommission auch die DFG-Schwerpunktprogramme alsAusgangspunkt für eine erste Sichtung und Bewertung neuer For-schungsfelder nutzen. Anlage und Durchführung solcher strategi-scher Planungsprozesse und die Verfahren zur Programmgestaltungmüssen aber sicherstellen, daß damit keine externe wissenschafts-politische Indienstnahme der DFG einhergeht. Wissenschaftsnäheund Autonomie sind und bleiben unerläßliche Bedingungen für eineerfolgreiche Erfüllung ihrer Aufgaben und für die Bewältigung desWandels im Kontext der globalen Wissensgesellschaft.

3. Deutsche Forschungsgemeinschaft

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1.5. Die Kommission hält es für notwendig, zur Umsetzung ihrerEmpfehlungen für eine partiell neue, stärker eigenverantwortlichgestaltende Grundausrichtung der DFG die Entscheidungskom-petenzen des Präsidiums zu stärken und die nicht zweck- undprogrammgebundene zentrale Mittelreserve deutlich aufzu-stocken. Diese sollte künftig vor allem für die flexible Anschub-finanzierung neuer Fördermaßnahmen und damit auch als Instru-ment der Organisationsentwicklung genutzt werden.

2. Veränderungen im Gutachtersystem der DFG

Die hier vorgeschlagene Neuorientierung der DFG impliziertauch Veränderungen im Begutachtungssystem. Trotz allerunbestreitbarer Positiva weist die weisungsfreie, von großemehrenamtlichen Engagement geprägte und ausschließlich ander wissenschaftlichen Qualität orientierte Peer-Review wieüberall sonst in der Welt auch in Deutschland strukturelleSchwächen auf, die den mainstream der Wissenschaftenbegünstigen und bisweilen innovative Ansätze behindern:Das System der Fachausschüsse und Fachgutachter spiegelt die Ein-zeldisziplinen wider. Es ist zudem klar national und hierarchisch aus-gerichtet. Sein inhärent konservativer Grundtenor wird zwar durchdie fallweise Herbeiziehung von Sondergutachtern korrigiert, die imthematischen Umfeld der zu begutachtenden Anträge selbst for-schen. Die vielgelobte Qualität der Antragsbegutachtung wirddamit aber vielfach durch solche Gutachter erreicht, die gewisser-maßen am Rande des Systems der gewählten Fachgutachter tätigwerden.

2.1. Die Kommission begrüßt die Pläne der DFG, bei der nächstenWahl ihrer Fachgutachter deren Zahl um ein Viertel zu erhöhenund über Quoten eine stärkere Vertretung von Frauen und jünge-ren Wissenschaftlern zu erreichen. Sie sieht darin einen Schritt in dierichtige Richtung: Stärkere Spreizung des Altersspektrums der Gut-achter, stärkere Beteiligung von Frauen, größere Öffnung gegen-über internationalen Standards und für transdisziplinäre Projekte.

2.2. Für eine verbesserte Transparenz des Begutachtungs-systems erscheint die regelmäßige Veröffentlichung der Namen derum Sondergutachten gebetenen Wissenschaftlerinnen und Wis-senschaftler als sinnvoll. Darüber hinaus sollte die GeschäftsstelleAntragstellern die Gutachterkritik zu deren Anträgen zuleiten undihnen Gelegenheit zu einer Stellungnahme einräumen, bevor die

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3. Deutsche Forschungsgemeinschaft

Fachausschuß-Vorsitzenden ein abschließendes Votum dazu an denHauptausschuß abgeben. Damit soll gewährleistet werden, daßmögliche Einwände der Antragsteller gegen die Kritik in den erstenGutachten bei der fachlichen Prüfung im Sinne eines Letztenschei-des berücksichtigt und gegen die ersten Voten abgewogen werdenkönnen.

2.3. Um die enge Verbindung von Gutachtersystem und Fachdiszi-plinen zu lockern und neue Gebiete sowie Arbeitsformen besserberücksichtigen zu können, sollte die DFG für die vergleichendeBegutachtung in von ihr selbst gestalteten Programmen vermehrtGutachterkreise für die Antragsbewertung einrichten. Paralleldazu sollten auch Antragsteller die Möglichkeit erhalten, ihre Pro-jektanträge gleich bei deren Vorlage einem solchen Programm odereinem fachübergreifenden Forschungsfeld zuzuordnen.

2.4. In einer größeren internationalen Öffnung des Gutachter-systems erkennt die Kommission angesichts der zunehmendeninternationalen Verflechtungen in der Forschungspraxis und zurSicherung der internationalen Anschluß- sowie Wettbewerbsfähig-keit der Forschung in Deutschland ein dringendes Desiderat. Einedeutlich stärkere Heranziehung ausländischer, international aner-kannter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als Gutachter istum so wichtiger, je kleiner das Fach ist, weil innovative Projekteaußerhalb der in Deutschland etablierten und von den Fachgutach-tern repräsentierten Hauptforschungsrichtung häufig nur geringeDurchsetzungschancen haben.

3. Neuorganisation der DFG Geschäftsstelle

Die von der Kommission empfohlene Weiterentwicklung derDFG zu einer wissenschaftsgesteuerten, aktiv gestaltendenEinrichtung der Forschungsförderung verlangt nach einerNeuorganisation ihrer Geschäftsstelle. Dabei geht es um eineReduktion klassisch verwaltender Tätigkeiten zugunstengestaltender Aufgaben und um die Entwicklung einer flexi-blen, prozeß- und aufgabenorientierten Organisationskultur.

3.1. Die notwendige Organisationsentwicklung in der DFG-Geschäftsstelle sollte prozeßorientierte, möglichst schlankeStrukturen zum Ziel haben, die die bisherige starre Organisationnach – teilweise sogar noch unterschiedlich finanzierten – Pro-grammbereichen ablösen. Mit der Bearbeitung von Querschnitts-

3. Deutsche Forschungsgemeinschaft

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und Planungsaufgaben sollten jeweils Referententeams aus ver-schiedenen Bereichen und Fachgruppen betraut werden. ErsteAnsätze hierfür bieten die mittlerweile eingerichteten Programm-gruppen „Ernährungsforschung“ und „Vom Molekül zum Mate-rial“. Die partielle Neuausrichtung ihres Förderhandelns und die hierempfohlene größere Verantwortung der DFG für die Gestaltungund Weiterentwicklung ihrer Förderinstrumente verlangt darüberhinaus, das Programm- und Projektmanagement stärker als bisheran den Erfordernissen und Erkenntnissen eines modernen Manage-ments auszurichten. Der Aufbau und die Pflege entsprechenderKompetenzen in der Geschäftsstelle muß daher zu einem wichtigenZiel der Personalentwicklung werden.

3.2. Innerhalb der Geschäftsstelle sieht die Kommission unabhän-gig davon noch beträchtliche Möglichkeiten zur Beschleunigungvon Geschäftsabläufen durch die verbesserte Nutzung modernerIuK-Techniken und den raschen Aufbau eines leistungsfähigenIntranets.

3.3. Bei den anstehenden Veränderungen in der Geschäftststellesollte sich die DFG der Beratung durch externe Experten versi-chern, die über ausgewiesene Qualifikationen in der Organisations-entwicklung verfügen.

4. Globalbudget und Verwaltungskostenpauschalefür die DFG

Mittelfristige Planungssicherheit ist eine unverzichtbare Vor-aussetzung dafür, daß die DFG ihre Aufgaben erfolgreichwahrnehmen kann. Vor diesem Hintergrund spricht sich dieKommission dafür aus, die Mittel für die DFG auch in dennächsten Jahren um jeweils 5% zu erhöhen. Dies ist nachihrer Auffassung für die weitere Stärkung der Grundlagen-forschung in den Hochschulen unerläßlich und dürfte zudemauch die Umsetzung dieser Empfehlungen und insbesonderedie vorgeschlagene partielle Neuorientierung der DFG deut-lich erleichtern.

Im Interesse eines möglichst effektiven und effizienten För-derhandelns muß die DFG in die Lage versetzt werden, überArt, Umfang und materielle Ausgestaltung ihrer Förderin-strumente und der einzelnen Programme nach transparentenund nachvollziehbaren Gesichtspunkten ohne Auflagen der

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3. Deutsche Forschungsgemeinschaft

staatlichen Mittelgeber selbst zu entscheiden und ein in sichstimmiges Förderinstrumentarium zu entwickeln.

4.1. Die Kommission empfiehlt Bund und Ländern, die Handlungs-und Leistungsfähigkeit der DFG durch eine ihren Aufgaben undihrer Bedeutung für das deutsche Forschungssystem angemesseneMittelzuweisung zu gewährleisten, die mittel- bis längerfristigverläßlich kalkulierbar sein muß.

4.2. Die öffentlichen Mittel für die Förderaufgaben der DFG solltenihr künftig als einheitliche Zuwendung durch Bund und Länderzur Verfügung gestellt werden. Analog zu der im Bereich der „All-gemeinen Forschungsförderung“ bereits derzeit üblichen Praxismuß die DFG über alle ihre Fördermittel im Sinne eines Globalbud-gets frei verfügen können. Auf unterschiedliche Anteile von Bundund Ländern für die Finanzierung einzelner Programme ist zu ver-zichten, weil diese die Handlungsfähigkeit der DFG schwächen undstarre Grenzen zwischen einzelnen Förderbereichen ziehen, dieeinem flexiblen, anforderungsgerechten Mitteleinsatz im Wege ste-hen. Das Globalbudget sollte von Bund und Ländern im Verhältnisihrer jeweils bisher geleisteten Beiträge zu allen Förderprogrammender DFG aufgebracht werden (57,4 :42,6%). Dabei muß gewähr-leistet sein, daß deren eigenverantwortliche Programmpflege keineVerminderung der Zuwendungen nach sich zieht, falls sich einzelneFörderinstrumente und -verfahren als entbehrlich erweisen unddurch andere Förderformen ersetzt werden sollten.

4.3. Das System der Stipendien für Doktoranden und Postdokto-randen muß in sich konsistent und deren Dotierung prinzipiell wett-bewerbsfähig mit alternativen Förderformen wie z.B. entsprechen-den Beschäftigungsverhältnissen sein. Im Interesse einer besserenAbstimmung und zielführenden Optimierung der einzelnen För-derinstrumente sollte die DFG deshalb die Höhe der Stipendien-sätze selbst festlegen können, ohne an externe Auflagen derMittelgeber gebunden zu sein. Dies ist derzeit insbesondere mitBlick auf die Graduiertenkollegs ein dringliches Desiderat, weil dieHöhe dieser Doktorandenstipendien unattraktiv ist und daher dievon diesem Instrument erhoffte Wirkung einer nachhaltig besserenDoktorandenausbildung in Deutschland konterkariert.

4.4. Für die Arbeit der Geschäftsstelle und Gremien der DFG emp-fiehlt die Kommission ein Globalbudget mit einem deutlich größe-ren Anteilssatz an den gesamten Fördermitteln, dessen Höhe sichan internationalen Standards (z.B. entsprechender Einrichtungen in

3. Deutsche Forschungsgemeinschaft

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Großbritannien und in den USA) orientieren sollte. Mit derzeit etwa3% des gesamten Fördervolumens liegen die Verwaltungs- undGeschäftskosten der DFG im internationalen Vergleich außeror-dentlich niedrig. Zugleich behindern feste, von der Höhe der För-dermittel unabhängige Stellen- und Haushaltspläne einen flexiblenund bedarfsgerechten Ressourceneinsatz in der Geschäftsstelle. Diehier vorgeschlagene Aufstockung der Mittel gegenüber den derzeittatsächlich anfallenden Kosten soll auch dem Gedanken Rechnungtragen, daß sich Aufgaben und Arbeitsweise einer unterstützendenGeschäftsstelle im Kontext der partiellen Neuausrichtung der DFGin Richtung eines aktiv gestaltenden Programm- und Projektma-nagements verändern sollen.

5. Aktive Programmpflege, verbesserte Programm-abwicklung und Qualitätssicherung durch die DFG

Die Kommission empfiehlt der DFG, die historisch gewach-sene Programmvielfalt mit dem Ziel einer Reduktion der Ein-zelmaßnahmen zu überprüfen und ihr Förderhandeln ohnestarre Mittelkontingente für einzelne Programme oderFächergruppen aufgabenbezogen und anforderungsgerechtweiterzuentwickeln. Die Leitlinien ihrer Förderpolitik müssendabei ebenso wie die Prioritäten transparent gemacht undkontinuierlich überprüft werden. Darüber hinaus hält es dieKommission für geboten, ein System der fortlaufenden Qua-litätssicherung sowie der Erfolgs- und Wirkungskontrollenvon Förderprogrammen und Fördermaßnahmen durch dieDFG zu entwickeln.

5.1. Die DFG erkennt ihre Hauptaufgabe in der Förderung derForschung an den Hochschulen. Nach Aufassung der Kommis-sion ist damit eine wünschenswerte größtmögliche inhaltlich-methodische Breite und Offenheit ihres Förderhandelnsgewährleistet. Eine Trennung in verschiedene Förderbereiche einerstärker grundlagen- oder anwendungsorientierten Forschung hältsie nicht für sinnvoll. Dies gilt auch für Sonderprogramme zur För-derung des Technologie- und Wissenstransfers. Die DFG sollte aberverstärkt darauf achten, Aspekte anwendungsorientierter For-schung und des Wissenstransfers bei der Gestaltung ihrer Förder-instrumente und Programme von vornherein zu berücksichtigen.

5.2. Die hier empfohlene stärker gestaltende Grundausrichtung derDFG sollte insbesondere auch in ihrem Verhältnis zu den Hoch-

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3. Deutsche Forschungsgemeinschaft

schulen zum Tragen kommen. Durch die kontinuierliche Veröffent-lichung ihrer Förderdaten kann und soll die DFG den Wettbewerbder Universitäten in der Forschung noch stärker stimulieren.Darüber hinaus sollte sie Förderangebote mit strukturbildendenImplikationen (z.B. Zentren) auch und gerade für innovative For-schungsfelder ausschreiben.

5.3. Die Kommission begrüßt nachdrücklich die Pläne der DFG, dievielen verschiedenen Arten von Stipendien und Fördermaßnah-men für den Nachwuchs neu zu ordnen und zu straffen, dabei aufeine möglichst frühe wissenschaftliche Selbständigkeit hinzuwirkenund die Postdoktorandenförderung dafür zu nutzen. Die DFGsollte darüber hinaus Voraussetzungen dafür schaffen, daß auchsolche Nachwuchswissenschaftler, die nicht in einem Beschäfti-gungsverhältnis an einer Universität oder Forschungseinrichtungstehen, antragsberechtigt werden und über die Projektförderungeine Stelle für sich selbst einwerben können. Ferner empfiehlt dieKommission, bei Anträgen befristet beschäftigter wissenschaftlicherMitarbeiter oder Assistenten die Förderungsvoraussetzungen hin-sichtlich der Grundaustattung möglichst flexibel zu handhaben.

5.4. Für eine verbesserte Effektivität und Effizienz des Förder-handelns der DFG empfiehlt die Kommission ferner folgende ein-zelne Maßnahmen:

Flexibilisierung der Bewilligungszeiträume für Einzelpro-jekte: In gut begründeten Fällen sollten Bewilligungen von biszu fünf Jahren Laufzeit ausgesprochen werden.Insbesondere im Normalverfahren sollte die DFG die einzelnenFörderinstrumente mit Blick auf dieses Anliegen überprüfen undneu organisieren. Dabei sollte sie vor allem versuchen, ihre För-dermittel stärker zu bündeln.Sonderforschungsbereiche haben sich als ein sehr erfolgreichesInstrument der Strukturförderung in den Hochschulen erwiesen.Bei der Ersteinrichtung von SFBs sollte das Ortsprinzip jedochgelockert und unter Berücksichtigung der konkreten jeweiligenUmstände interpretiert werden. Die DFG hat dazu bereits ersteSchritte unternommen. Insbesondere sollte es künftig möglichsein, einzelne, hervorragend qualifizierte Forschergruppen ausweiter entfernten Hochschulen in SFBs einzubeziehen.

5.5. Eine aktive Programmpflege verlangt nach angemessenen Ver-fahren für ein kontinuierliches Monitoring der Programmentwick-lung sowie der Wirkungen des Förderhandelns. Ein solches durch

3. Deutsche Forschungsgemeinschaft

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die DFG selbst voranzutreibendes System der Qualitätssicherungbildet ein notwendiges Komplement für die von der Kommissionempfohlene Weiterentwicklung der DFG zu einer aktiven, strate-gisch handelnden Einrichtung der Forschungsförderung. Deshalbsollte sie ihre Programme im Hinblick auf die damit angestrebtenZiele und die tatsächlich eingetretenen Wirkungen unter Beteili-gung externer Sachverständiger regelmäßig evaluieren und dieBefunde dokumentieren.

5.6. Die Kommission erkennt die Bemühungen der DFG an, überihren engeren Wirkungskreis hinaus zur Qualitätssicherung im deut-schen Forschungssystem beizutragen. So bieten zum Beispiel ihre„Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ aus demJahr 1998 richtige und wichtige Antworten auf die jüngst entdeck-ten Fälschungen wissenschaftlicher Befunde. Mit diesen Vorschlä-gen hat sich die DFG als zentrale Selbstverwaltungseinrichtung derdeutschen Wissenschaft ihrer besonderen Verantwortung für dieEinhaltung wissenschaftlicher Normen und Grundsätze gestellt.

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3. Deutsche Forschungsgemeinschaft

4. Max-Planck-Gesellschaft (MPG)

Die herausragende Position der MPG im deutschen Forschungs-system beruht im wesentlichen auf zwei Faktoren: Erstens auf deninternational anerkannten Forschungsleistungen ihrer Wissen-schaftlichen Mitglieder, die den Ruf der MPG als auf von ihr ausge-wählten Gebieten sehr erfolgreiche Einrichtung der Spitzenfor-schung begründet haben. Daß diese Leistungen ihr einen festenPlatz unter den international führenden Forschungseinrichtungenverschafft haben, illustriert nicht zuletzt die große Zahl begehrterAnerkennungen für ihre Wissenschaftlichen Mitglieder, unter denen15 Nobelpreise seit 1954, davon 10 seit 1984, besonders hervorzu-heben sind. Diese Leistungen beruhen zweitens auf einer auflagen-freien institutionellen Grundfinanzierung der MPG, die zu gleichenTeilen durch Bund und Länder erfolgt. Sie hat es ermöglicht, daß dieMPG ihre Autonomie im Sinne einer weitgehenden Selbstgestal-tungsfähigkeit bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben stets zubewahren und eine schlüssige Verbindung zwischen institutionellerAufgabe, charakteristischen Arbeitsformen und Mitteleinsatz her-zustellen vermochte.

An die Tradition der „Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft“ (KWG, gegrün-det 1911) anknüpfend, ist es der MPG heute zugleich Anliegen undAufgabe, wissenschaftliche Spitzenleistungen in der erkenntnis-orientierten und anwendungsoffenen Grundlagenforschung zuermöglichen. Bei ihrer Gründung im Jahr 1948 war dieses Profilnoch keineswegs deutlich. Ihre Vorgängereinrichtung sollte undwollte Grundlagenforschung nämlich noch explizit mit wirtschaft-lich relevanten Anwendungsaspekten verknüpfen. Als erste undüber viele Jahre hinweg einzige außeruniversitäre Trägereinrichtungder Bundesrepublik Deutschland führte die MPG unter ihrenanfangs 19 Instituten und 4 Forschungsanstalten deshalb zunächstnoch eine ganze Reihe eindeutig anwendungs- und sogar bran-chenorientierter Einrichtungen weiter – z.B. für Eiweiß- und Leder-forschung, Landarbeit und Landtechnik. „Exzellenz in der Grund-lagenforschung“ als spezifischen Auftrag der MPG postulieren zukönnen war daher erst das Ergebnis einer historischen Entwicklung,wobei die MPG auch heute noch mit dem MPI für Eisenforschungein explizit anwendungsbezogenes und branchenorientiertes Insti-tut unterhält. Die allmähliche Ausdifferenzierung anderer, von Bundund Ländern gemeinsam finanzierter außeruniversitärer Einrich-tungen für die Programm- bzw. Vorsorgeforschung (Großfor-schungseinrichtungen der AGF /HGF ab 1955) und zur Stimulierunganwendungsbezogener Forschungsgebiete, vor allem von Schlüs-

4. Max-Planck-Gesellschaft (MPG)

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Position der MPGim deutschen Forschungssystem

Entwicklungvon Aufgaben undProfil der MPG

seltechnologien (Institute der FhG seit 1973) schuf die Vorausset-zungen für eine solche Fokussierung der MPG. Sie erst erlaubte es,daß die MPG ihre eindeutig anwendungs- oder branchenorientier-ten Institute spätestens in den 70er Jahren nahezu vollständigumgestalten, schließen oder ausgliedern konnte. Zugleich hat sichinfolge dieser Entwicklung eine immer größere Ähnlichkeit mit denForschungszielen der Universitäten ergeben.

Ihr so zugespitztes Leitbild unterscheidet die MPG zum einen klarvon den anderen außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Zumanderen unterstreicht es ihren Autonomieanspruch in der Wahr-nehmung dieses spezifischen Auftrages bis hin zu einem bemer-kenswerten Maß an Selbständigkeit und Unabhängigkeit der MPGgegenüber den übrigen Einrichtungen des deutschen Forschungs-systems. Die Leistungsfähigkeit der MPG und ihre wichtigeFunktion, international anerkannte Leistungen in der erkenntnis-orientierten Grundlagenforschung zu erbringen und diese mit inter-national führenden Einrichtungen und Gruppen zu verknüpfen, ver-danken sich somit wenigstens bis zu einem gewissen Grad einemparadoxen Umstand – nämlich ihrer Unabhängigkeit und sogar ten-denziellen Isolierung von anderen Teilen des deutschen For-schungssystems. Ihre Stärken beruhen in den meisten Fällen nichtauf einer engen Verknüpfung mit den Universitäten und anderenForschungseinrichtungen im jeweiligen Umfeld, sondern vielmehrdarauf, daß es ihr gelungen ist, eigene internationale Netzwerkeaufzubauen und diese zum Bezugspunkt für ihre Aktivitäten zuwählen. Gleichzeitig war und ist die MPG dadurch besser als andereöffentliche Forschungseinrichtungen und als die Universitäten in derLage, vielversprechende interdisziplinäre Forschungsfelder aufzu-greifen und erfolgreich zu bearbeiten.

Allerdings hat diese in sich stimmige Entwicklung der MPG nachAnsicht der Kommission auch Kosten. Sie betreffen sowohl diedauerhafte Leistungsfähigkeit der MPG selbst als auch die künftigeEntwicklung des deutschen Forschungssystems: Einerseits sind inder Forschung starke Universitäten und leistungsfähige Formen derforschungsorientierten Nachwuchsausbildung für eine erfolgreicheArbeit und auch für die Regenerierung der Mitarbeiterschaft derMPG unverzichtbar, denn sie bilden eine wichtige Basis für dieRekrutierung leistungsfähiger Wissenschaftler und Wissenschaftle-rinnen. Andererseits werden die Potentiale der MPG derzeit nurunzureichend genutzt, um die Leistungen der Universitäten zu ver-bessern und um durch eine Zusammenarbeit oder durch eine Öff-nung institutioneller Grenzen mögliche Synergien mit Universitäten

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4. Max-Planck-Gesellschaft (MPG)

Unabhängigkeitder MPG von

anderen Teilen desForschungssystems

Einbindung derMPG in das

Forschungs- undHochschulsystem

und anderen Forschungseinrichtungen in beiderseitigem Interesseauszuschöpfen. Damit stellt sich die Frage, ob diese aus der histori-schen Entwickung erwachsene Abkoppelung der MPG von derUmwelt anderer Forschungseinrichtungen in Deutschland weiterhintragfähig sein kann, um angesichts neuer Herausforderungen derWissensgesellschaft einerseits die Leistungsfähigkeit des deutschenForschungssystems insgesamt und andererseits auch die der MPGselbst auf längere Sicht optimal zu sichern.

Triebkraft für die Entwicklung der MPG und für die Bearbeitung vonForschungsfeldern sind die Institute. Im Institutsprinzip erblickt dieKommission einen zweiten für die Stellung, Leistungfähigkeit undweitere Entwicklung der MPG problematischen Aspekt: Es ist nichtnur die für sie typische Arbeits- und Organisationsform, sondernzugleich konstitutiv für ihr Aufgabenverständnis und für ihre Hand-lungsfähigkeit. Das „Harnack-Prinzip“ zielt zudem darauf ab, her-vorragend ausgewiesenen Forscherpersönlichkeiten auf der Basiseines hohen Vertrauensvorschusses bestmögliche Arbeitsbedingun-gen und größtmögliche Gestaltungsfreiheiten in der Bearbeitungvon solchen Forschungsfeldern zu ermöglichen, die als besonderszukunftsträchtig identifiziert worden sind.

Zwar bestimmt die MPG ihre Forschungsthemen in freier Wahl. DasInstitutsprinzip mit der damit verbundenen hohen Konzentration vonRessourcen impliziert aber mehr als nur eine forschungsstrategischsinnvolle Fokussierung auf ausgewählte Forschungsgebiete. Indemdie Auswahl, Bearbeitung und Dauer der Forschungsprogramme andie Amtszeit der Direktoren und an relativ fest gefügte Institutsfor-men geknüpft ist, wird zugleich auch die Flexibilität der MPG im Auf-greifen neuer Felder eingeschränkt. Der Umstand, daß die Instituteihre Zukunft weitgehend selbst definieren, kann darüber hinaus zukonservativen Neuberufungen führen. In Forschungsfeldern, für diekeine Institutszuständigkeit gegeben ist und kein neues Institutgegründet werden kann, ergeben sich zudem Lücken im Aktivitäts-spektrum der MPG als „Vereinigung freier Forschungsinstitute“.Zwar kann es schon wegen ihrer stets nur begrenzten Mittel nichtAufgabe der MPG sein, sämtliche Forschungsfelder vollständig abzu-decken. Gerade deshalb stellen sich aber um so größere Anforde-rungen an die richtige Auswahl und an die kontinuierliche Überprü-fung und Weiterentwicklung ihrer Aktivitätsfelder.

Obwohl in den 60er und frühen 70er Jahren eine große Zahl neuerInstitute gegründet und die Zahl der Direktorenstellen annäherndverdoppelt wurde, tangierte dies weder das Selbstverständnis und

4. Max-Planck-Gesellschaft (MPG)

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Institutsprinzip

Kontinuitätund Wandel

Entwicklungs-tendenzen

grundlegende Konzept der MPG noch deren Stellung innerhalb desdeutschen Forschungssystems. Allerdings hat sie es auch stets ver-mocht, durch die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeiten ebenso wiedurch die erfolgreichen Bemühungen um eine anforderungsge-rechte Weiterentwicklung ihrer Aktivitäten das Vertrauen deröffentlichen Mittelgeber in die Leistungsfähigkeit dieser spezifi-schen Form der institutionellen Forschungsförderung und wissen-schaftlicher Selbstverwaltung zu rechtfertigen.

Die neuerliche quantitative Expansion seit der deutschen Vereini-gung im Jahre 1990 hat ungeachtet ebenfalls steigender Mittelzusätzliche Herausforderungen und in dieser Form auch neuartigeBelastungen mit sich gebracht. Zugleich wurden dabei auch Gren-zen der Selbstgestaltungsfähigkeit der MPG deutlich, weil sie sichnun vor die politische Aufgabe gestellt sah, durch die zügige Grün-dung von Instituten in den neuen Ländern rasch zur Entwicklungeiner regional ausgewogenen Forschungslandschaft in Gesamt-deutschland beizutragen. An der konzeptionellen und personellenQualität als Zentren von Spitzenforschung sollten dabei keineAbstriche gemacht werden. Obwohl die infrage kommendenArbeitsfelder unter wissenschaftlichen Prioritäten ausgewählt wer-den konnten, traf dies für die jeweiligen Standortentscheidungennur bedingt zu, da sie nicht zuletzt auch regionalen Verteilungsge-sichtspunkten Rechnung zu tragen hatten.

Die Aufgabe eines zügigen Institutsaufbaus im Osten Deutschlandsund die gleichzeitige Auflage von Bund und Ländern, im Rahmendes Föderalen Konsolidierungsprogramms im Westen innerhalbweniger Jahre etwa 10 Prozent der Stellen einzusparen, konfron-tierten die MPG einerseits mit wissenschaftlichen Entwicklungs-chancen durch eine Vielzahl von Institutsneugründungen und ande-rerseits mit zuvor noch nicht gekannten Ressourcenengpässen.Darüber hinaus sieht sich auch die MPG einem wachsenden Druckausgesetzt, in Zeiten knapper Mittel über Art und Umfang ihrer Auf-gaben, über ihre Leistungen und über den Einsatz ihrer RessourcenRechenschaft abzulegen und sich dabei mit anderen Forschungs-einrichtungen des In- und Auslandes vergleichen zu lassen.

Ressourcendruck und Erneuerungsbedarf verlangen nach neuenWegen für die Erarbeitung und Durchsetzung strategisch wichtigerPrioritäten sowie eine Überprüfung ihrer grundlegenden Arbeits- undOrganisationsformen. Bereits in den 70er Jahren mußte die MPGangesichts stagnierender Haushalte neue Mittel und Wege finden, umInnovationen, Schwerpunktverlagerungen in ihren Aktivitäten und die

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4. Max-Planck-Gesellschaft (MPG)

Externe Herausforderungen

Perspektiven

Handlungsfähigkeit

Gründung weiterer Institute im wesentlichen aus dem eigenen Be-stand heraus zu ermöglichen, d.h. durch die Schließung ganzer Insti-tute oder Abteilungen und durch die Umwidmung von Stellen. Diesführte u.a. zur Einrichtung eines ständigen Senatsausschusses für For-schungspolitik und Forschungsplanung, während die extern besetz-ten Fachbeiräte der einzelnen MPI mit der Aufgabe einer regelmäßi-gen Begleitung und Bewertung der Institutsarbeit betraut wurden.

Die MPG ist dabei, durch ein ganzes Bündel verschiedener Maßnah-men die Herausforderungen aufzugreifen und ihre Fähigkeit zurErneuerung und internen Umstrukturierung zu stärken. Die starkeInstitutsbindung erweist sich als doppelte Hürde auf dem Weg zueiner strategischen Koordination der Forschungsaktivitäten und zurSteuerung von Forschungsfeldern durch die MPG. Denn einerseitsschränkt sie das Spektrum von Handlungsformen zur Bewältigungneuer Anforderungen und Aufgaben deutlich ein. Andererseits führtdie große Selbständigkeit der bestehenden Institute dazu, daß Inno-vationen den etablierten Arbeitsrichtungen der Institute folgen. Dar-aus ergibt sich ein strukturelles Spannungsverhältnis zwischendezentral organisierter Forschungsarbeit und institutsübergreifenderAbstimmung oder Planung. Zwischen 1988 und 1997 stieg die Zahlder Institute um 21 (von 52 auf 73), während die der Wissen-schaftlichen Mitglieder der MPG lediglich um 14 zunahm (von 201auf 215). Daß die durchschnittliche Zahl der Direktorenstellen proInstitut trotz einer insgesamt deutlich gewachsenen Zahl vonBeschäftigten in der MPG kleiner wurde, ist zwar primär ein Ergeb-nis des Föderalen Konsolidierungsprogramms (Abbau von ganzenAbteilungen), deutet jedoch auch eher auf eine Stärkung des Har-nack-Prinzips und der Stellung der Institutsdirektoren für die Arbeitder MPG hin als auf eine Flexibilisierung ihrer Arbeitsformen.

Zwar hat die MPG in den letzten Jahren deutliche Anstrengungenunternommen, die Besetzung von Direktorenstellen zu internatio-nalisieren und sich stärker für Frauen zu öffnen. Letztere nehmenbisher aber nur 3% der Führungspositionen ein. Vor dem Hinter-grund der erkennbaren Tendenz etablierter Institute, ihre diszipli-näre Ausrichtung und ihre Strukturen zu bewahren, stellen sich dasInstitutsprinzip und vor allem das Vorschlagsrecht der Institute beider Besetzung vakanter Direktorenstellen als problematische Hür-den für das Ziel dar, mehr Beweglichkeit und Offenheit in Arbeits-felder und Arbeitsformen zu bringen.

In diesem Zusammenhang stellt sich letztlich auch die Frage, ob dieMPG ihre institutsgebundenen Aktivitäten nicht konsolidieren und

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Institute alslimitierender Faktor

Beharrungsfaktoren

Konsolidierungder Aktivitäten

ihre Mittel auf ein kleineres Spektrum von Forschungsfeldern kon-zentrieren muß, wenn sie ihrem hohen Anspruch, international wett-bewerbsfähige Spitzenforschung durchzuführen, weiterhin gerechtwerden will. Dies betrifft zunächst den quantitativen Aspekt, welcheAnzahl von Instituten dafür sinnvoll wäre und welche Größe diesejeweils haben sollten. Darüber hinaus stehen aber auch deren Auf-gabenzuschnitt und tatsächliche Arbeitsweise auf dem Prüfstand.Ausschlaggebendes Kriterium sowohl für die Einrichtung neuer alsauch für die Arbeit bestehender Institute in der MPG muß deren Auf-gabe sein, innovative Forschung in wichtigen Feldern der erkennt-nisorientierten Grundlagenforschung durchzuführen, die entspre-chend dem Subsidiaritätsprinzip nicht in gleicher Intensität undQualität an den Universitäten geleistet werden könnte.

Zusammenfassend zeigen sich nach Aufassung der Kommission vordem Hintergrund dieser Entwicklungen und der Herausforderungenan ein zukunftfähiges Forschungssystem folgende Problemfelderfür die MPG:

1. Viele MPIs haben sich in ihrer Arbeit und in ihren Struktu-ren von anderen Teilen des deutschen Forschungssystemsund dabei insbesondere von den Universitäten weitgehendabgekoppelt und sich auf ihre eigene institutionelle Ent-wicklung konzentriert. Dies ist bisher geradezu eine Vorausset-zung für ihre erfolgreiche Arbeit und international anerkannteLeistungsfähigkeit gewesen. Dadurch bleiben jedoch viele Möglich-keiten zur Kooperation und zur Erzeugung von Synergieeffektenungenutzt. Darunter leidet längerfristig auch die Basis für eine per-sonelle und wissenschaftliche Regenerierung der MPG, aber auchdie Leistungsfähigkeit des gesamten deutschen Forschungssystems.Die Unabhängigkeit der MPG von den Universitäten und ihregeringe Teilhabe an deren Entwicklung ist um so problematischer,als sich die Aufgaben beider Einrichtungen heute systematischkaum voneinander abgrenzen lassen. Die schwache Verbindungzwischen Lehre und Forschung in der MPG beeinträchtigt zudem dieLeistungs- und Erneuerungsfähigkeit beider Bereiche.

2. Das Institutsprinzip als charakteristische Grundorganisa-tionsform der MPG mit einer weitgehenden Autonomie der Insti-tute und größtmöglicher Gestaltungsfreiheit ihrer wissenschaft-lichen Arbeit durch die Institutsdirektoren (Harnack-Prinzip) birgt insich die Gefahr eines strukturellen Konservatismus. Darunterleidet die Fähigkeit der MPG zur Erneuerung und Umgestaltung vonArbeitsfeldern, zum flexiblen Aufgreifen neuer Themen und zur

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4. Max-Planck-Gesellschaft (MPG)

Grenzen derUnabhängigkeit

Kosten desInstitutsprinzips

Umwidmung von Ressourcen. Die strategische Weiterentwicklungder MPG im Hinblick auf neue Anforderungen der Forschung sowiedas Aufgreifen neuer Arbeitsfelder und Arbeitsformen wird inhohem Maße von dezentralen Perspektiven und Interessen – insbe-sondere der Institute und Sektionen – geprägt. Soll die strategischeGestaltungsfähigkeit der MPG verbessert werden, bedarf es dahergrößerer Kompetenzen ihrer Leitung. Entsprechend ihrem Auf-gabenprofil muß sich die Strategieentwicklung der MPG daranausrichten, Innovationsfähigkeit in ausgewählten Feldern dererkenntnisorientierten Grundlagenforschung zu sichern und darininternational wettbewerbsfähige Spitzenforschung zu ermöglichen.

3. Ein zusätzliches Problem für die eigenverantwortliche Weiterent-wicklung der MPG, das auch alle anderen Einrichtungen des deut-schen Forschungssystems in gleicher Weise betrifft, sind restriktiveRandbedingungen für ihre Arbeit. Außerwissenschaftliche Ent-scheidungsvorgaben und organisatorische Reglements wie starreVorschriften des öffentlichen Vergütungs-, Arbeits- und Haushalts-rechts schränken ihre Autonomie und Handlungsfähigkeit ein. Diesbetrifft sowohl Beschlüsse über die Schließung oder Neugründungvon Instituten (Länderproporz, „Sitzlandprinzip“ der Finanzierungder Landesanteile am Haushalt) als auch die Ausgestaltung derArbeitsverhältnisse für ihre wissenschaftlichen Mitarbeiter und ins-besondere die Bezahlung neu zu berufender WissenschaftlicherMitglieder. Daß die MPG über die Obergrenze von Gehaltsoffertennicht frei entscheiden kann, schwächt ihre internationale Konkur-renzfähigkeit bei der Gewinnung von Spitzenkräften und damitletztlich auch ihre Möglichkeiten zur Pflege des angestrebten Profils.

Empfehlungen:

Um den skizzzierten Herausforderungen und Problemlagen ange-messen begegnen und um die Funktion und Leistungsfähigkeit derMPG im deutschen Forschungssystem optimieren zu können, hältdie Kommision folgende Veränderungen für notwendig:

1. Beiderseitige Öffnung von MPG und Universitäten

In der Forschung und in der Nachwuchsausbildung starke,leistungsfähige Universitäten sind für eine langfristig erfolg-reiche Arbeit der MPG unverzichtbar. Die Kommission hält esfür außerordentlich wichtig, MPG und Universitäten in deren

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RestriktiveRandbedingungen

beiderseitigem Interesse näher zusammenzuführen und für-einander zu öffnen.

Zur langfristigen Sicherung ihrer eigenen Leistungsfähigkeit sollte dieMPG im Rahmen ihres übergeordneten Forschungsauftrags gezielteAktivitäten für eine Verbesserung der strukturellen Bedingungen deruniversitären Forschung ergreifen und die Zusammenarbeit mit denUniversitäten sowohl in der Nachwuchsqualifizierung als auch in aus-gewählten Forschungsfeldern wesentlich verstärken. Dafür empfeh-len sich eine größere Zahl von Doppelberufungen und gemeinsamerForschungsvorhaben sowie eine stärkere Beteiligung an einrich-tungsübergreifenden Forschungsverbünden, gemeinsam von Uni-versitäten und Max-Planck-Instituten getragene „International Max-Planck Research Schools“ und schließlich eine intensivere Beteiligungvon Wissenschaftlern der MPG an der universitären Lehre. Neue Insti-tute der MPG sollten in räumlicher Nähe zu den Universitäten auf-gebaut werden, am besten direkt auf deren Gelände.

2. Weiterentwicklung der Organisationsformen der MPG

Das Institutsprinzip als Organisationsmerkmal der MPG sollteim Interesse einer größeren Beweglichkeit und Risikobereit-schaft bei der Bearbeitung neuer Forschungsgebiete ge-lockert und um flexible, zeitlich begrenzte Arbeitsformenund Förderinstrumente ergänzt werden.

2.1. Als einen Beitrag sowohl zur Stärkung der Forschung an denUniversitäten als auch zur Erschließung neuer Forschungsfelder undzur Erprobung neuer Arbeitsformen innerhalb der MPG empfiehlt dieKommission die Einrichtung möglichst transdisziplinär angelegterMPG-Forschungsstellen in Universitäten. Als Einrichtungen derMPG sollen sie nicht nur eine Brücke zwischen dieser und den Uni-versitäten schlagen. Vielmehr sollen sie als ein Katalysator für inno-vative Forschungsaktivitäten in von der MPG bestimmten Felderndienen, der zugleich auch Anreize zur forschungsorientierten Struk-turbildung in den Universitäten bieten kann. Damit erhalten die For-schungsstellen eine hervorgehobene Bedeutung für die strategischeNeuorientierung und die inhaltliche Erneuerung beider Institutionen.

Um dieses neue Instrument zu erproben, sollte die MPG aus den Mit-teln ihrer institutionellen Grundfinanzierung in einer ersten Phasefünf bis zehn jeweils auf sieben Jahre befristete Forschungsstellen inUniversitäten einrichten. Damit bietet sich die Chance für ein

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4. Max-Planck-Gesellschaft (MPG)

Wachstum der MPG in neuen Formen parallel und in Ergänzung zuihren Instituten. Die Forschungsstellen dürfen aber nicht zum Aus-gleich von Länderdisparitäten herangezogen werden. Vielmehr sol-len sie für zukunftsweisende und risikoreiche Arbeits- und For-schungsfelder ausgeschrieben werden, die die MPG zuvor definierthat. Voraussetzung für eine Förderung sind Strukturen und Poten-tiale der Universitäten, die eine erfolgreiche Arbeit der jeweiligenMPG-Forschungsstelle gewährleisten können. Dabei sollte auch eineBereitschaft zur fachlichen Neuorientierung in der universitären For-schung und Lehre erkennbar werden. Die Leitungsstellen sollten inAnlehnung an die bewährten Berufungsverfahren der MPG vondieser international ausgeschrieben und besetzt werden.

Nach Ablauf der siebenjährigen Förderung der Forschungsstellendurch die MPG wird diese zu entscheiden haben, inwieweit sie diejeweilige Forschungsstelle einstellen, fortführen oder gar zu einemMax-Planck-Institut ausbauen will.

Die hier empfohlene neue Arbeitsform „MPG Forschungsstellen inUniversitäten“ berührt allerdings nicht nur das Verhältnis zwischenMPG und Universitäten. Vielmehr steht damit auch das Verhältniszwischen MPG und DFG im Hinblick auf die strukturbildenden Ele-mente und Wirkungen der Aktivitäten beider Einrichtungen imHochschulbereich zur Debatte. Die Kommission erkennt daher auchan dieser Stelle einen längerfristig deutlich steigenden Abstim-mungs- und Koordinierungsbedarf.

2.2. Die Kommission empfiehlt der MPG darüber hinaus, verstärktvon der Möglichkeit Gebrauch zu machen, selbständige Nach-wuchsgruppen und zeitlich befristete, eigenverantwortlich agie-rende Arbeitsgruppen einzurichten. Sie sollten eine organisato-risch, zeitlich und personell flexible Plattform für die konzentrierteBearbeitung innovativer Forschungsfragen auch über Instituts- oderAbteilungsgrenzen hinweg bieten. Der Zeitrahmen für eine Förde-rung sollte dabei möglichst flexibel gestaltet werden, um im Einzel-fall auch Projekte und Beschäftigungsverhältnisse zu erlauben, dielänger als fünf Jahre laufen.*

4. Max-Planck-Gesellschaft (MPG)

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* Selbständige Nachwuchsgruppen gibt es in der MPG bereits seit 1969. Sie werden zen-tral finanziert und sollen ausgewählten, besonders leistungsfähigen Nachwuchskräf-ten die Möglichkeit geben, mit einer eigenen Gruppe von Mitarbeitern und mit eige-nen Mitteln über fünf bis sechs Jahre Forschungsprojekte eigenständig zu bearbeiten.1998 unterhielt die MPG 39 solcher Gruppen, zu denen weitere dezentral von denInstituten eingerichtete und finanzierte Nachwuchsgruppen hinzukamen. Arbeits-gruppen sollen für eine Zeit von etwa drei Jahren mit eigenem Budget vielverspre-chende neue Themengebiete bearbeiten, worüber sie jährlich zu berichten haben.

In der Förderung befristet angelegter Arbeits- und Nachwuchs-gruppen erkennt die Kommission eine wichtige Aufgabe auch fürdie einzelnen Institute. Sie verspricht sich davon eine sinnvolleErgänzung und Flexibilisierung des für die MPG konstitutiven Orga-nisationsprinzips. Daher sollten auch die Institute künftig aus ihreneigenen Mitteln verstärkt solche Gruppen einrichten, und zwar nichtnur innerhalb ihrer jeweiligen Hauptarbeitsrichtung. Leiterinnenund Leitern von Nachwuchsgruppen sollte dabei – analog denen derzentral eingerichteten selbständigen Nachwuchsgruppen – größt-mögliche Selbständigkeit in der Verfügung über Ressourcen gege-ben werden.

2.3. Die Erneuerungsfähigkeit der MPG kann nicht allein ausden Instituten und Sektionen heraus gesichert werden. Dazu bedarfes innerhalb der MPG vielmehr auch einer zentralen Koordinationsowie verbindlicher instituts- und sektionsübergreifender Entschei-dungen über die Mittelverteilung, die Arbeits- und Organisations-formen sowie insbesondere über Prioritäten und Posterioritäten inder Bearbeitung neuer Forschungsfelder. In jüngster Zeit hat dieMPG bereits bemerkenswerte Anstrengungen unternommen, ihrePlanungs- und Steuerungsaktivitäten zu verbessern und hat dafürauch neue Instrumente entwickelt (Perspektivenplanung „MPG2000 plus“, Neugestaltung des Senatsausschusses für Forschungs-politik und Forschungsplanung). Dennoch hält es die Kommissionfür notwendig, die strategische Planung der MPG unter der Ver-antwortung ihres Präsidenten /Präsidiums noch weiter zu intensi-vieren. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, Mittel undWege zu finden, die es erlauben, die künftige Arbeit und die inhalt-liche Erneuerung der MPG über eine Fortschreibung bereits be-stehender Arbeitsfelder hinaus zu gestalten. Für ein Monitoring derMPG in längerfristiger Perspektive und für deren strategische Orien-tierung nur auf interne Verfahren und Ressourcen zurückzugreifen,hält die Kommission nicht für ausreichend. Vielmehr empfiehlt sie,für die strategische Forschungsplanung ein mehrheitlich externbesetztes Beratungsgremium des Präsidenten einzusetzen. ImStab des Präsidenten muß es eine angemessene, für die Anliegender Wissenschaften offene administrative Unterstützung dieser stra-tegischen Planungsaufgaben geben.

Die Kommission hält es für sehr wichtig, den Willen zur kontinuier-lichen Erneuerung von Forschungsaufgaben und Arbeitsformen aufallen Ebenen der MPG zu verankern und zur Geltung kommen zulassen. Dasselbe gilt für die Fähigkeit, darin Lücken oder auch Defi-zite zu entdecken. Die zentrale Mittelreserve sollte primär dazu

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4. Max-Planck-Gesellschaft (MPG)

genutzt werden, Ressourcen für Innovationen bereitzustellen,neue Arbeitsformen zu erproben oder auch ganz neue Forschungs-felder zu erschließen.

Zur Wahrung und Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit muß nachAnsicht der Kommission aber auch sichergestellt sein, daß die MPGüber die Neugründung und Schließung von Instituten selbständigund ausschließlich nach wissenschaftlichen Kriterien entscheidenkann; dies schließt die Frage nach dem optimalen Standort von Insti-tuten ein. Darüber hinaus muß sie selbst unter Prioritäts- und Qua-litätsgesichtspunkten nicht nur über die Ressourcenausstattung,sondern auch über die Bezahlung neu zu berufender Direktorinnenund Direktoren entscheiden können, wenn sie international wett-bewerbsfähig bleiben soll.

2.4. Die Kommision hält es für notwendig, die Handlungs- undLeistungsfähigkeit der MPG auch künftig durch einen mittelfristiggesicherten Finanzierungsrahmen und verläßliche Mittelzu-weisungen zu gewährleisten. Mittelfristige Planungssicherheit isteine unverzichtbare Voraussetzung dafür, daß die MPG ihre Aufga-ben erfolgreich wahrnehmen, sich erneuern und in Richtung derhier gegebenen Empfehlungen weiterentwickeln kann. Vor diesemHintergrund spricht sich die Kommission dafür aus, die Mittelfür die institutionelle Grundförderung der MPG auch in dennächsten Jahren um jeweils 5% zu erhöhen. Damit verfügtdiese über eine gute Basis, um unabhängig von der Frage nach einerfür ihr Aufgabenprofil vernünftigen Zahl und Größe von Institutenbeweglich zu sein und neue Arbeitsformen wie die hier empfohle-nen Forschungsstellen an Universitäten zu erproben.

Außer diesen beiden zentralen Empfehlungen hält die Kommissionfünf zusätzliche Aspekte für eine erfolgreiche Weiterentwicklungder MPG für wesentlich:

3. Konsolidierung des Profils der MPG

Vor dem Hintergrund ihres spezifischen und gut begründeten Auf-gabenprofils sollte die MPG nicht nur bei Institutsneugründungendarauf achten, daß sowohl der Aspekt der Subsidiarität ihrerArbeitsfelder und -formen gegenüber den Universitäten als auchdas Anliegen, Spitzenforschung in vielversprechenden, be-sonders zukunftsfähigen Gebieten der erkenntnisorientier-ten Grundlagenforschung zu ermöglichen, angemessen zum

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Tragen kommen. Sie sollte vielmehr dafür Sorge tragen, daß auchdie Arbeit bereits bestehender Institute dem Subsidiaritätsprinzipgerecht wird. Alle Überlegungen zu einer quantitativen und inhalt-lichen Konsolidierung der MPG sollten sich daran orientieren, dieLeistungsfähigkeit der MPG in der erfolgreichen Erschließung inno-vativer Forschungsfelder zu gewährleisten und die bestehenden Ein-richtungen daraufhin zu befragen, ob und inwiefern sie dazu bei-tragen. Das bedeutet, ggf. solche Institute zu schließen oder aus derMPG auszugliedern, die entweder überwiegend Serviceaufgabenoder solche Forschungsaufgaben wahrnehmen, die in ähnlicherWeise auch in Universitäten bearbeitet werden oder dort bearbeitetwerden könnten.

4. Berufungsverfahren in der MPG

Angesichts der starken Stellung ihrer Wissenschaftlichen Mitgliederund Instituts-Direktoren ist eine Weiterentwicklung der Berufungs-verfahren ein wichtiger Schlüssel, um die Fähigkeit der MPG zur wis-senschaftlichen Erneuerung im Rahmen institutsübergreifenderstrategischer Prioritätensetzungen zu verbessern. Daher empfiehltdie Kommission, ein neues Berufungsprocedere ohne das bis-herige, explizite Vorschlagsrecht der Institute zu entwickelnund die Neubesetzung vakant gewordener Positionen stärker aninstituts- und sektionsübergreifenden Prioritäten und Anforderun-gen auszurichten, als es bisher üblich war.

Dafür sind neue Entscheidungsverfahren zu entwickeln, die bereitsim Vorfeld anstehender Berufungen im Zusammenwirken von Insti-tuten, Sektionen und Leitung der MPG eine Verständigung überwichtige Forschungsgebiete, erkennbare Lücken und Deside-rata für ihre künftige Weiterentwicklung erlauben. In ihrem Rah-men müssen auch die Befugnisse und die Handlungsfähigkeit desPräsidiums weiter gestärkt werden. Unabhängig davon sollte dieMPG bestrebt sein, Berufungsverfahren zu vereinfachen und durcheine bessere Abstimmung der einzelnen Entscheidungsschrittedeutlich zu beschleunigen.

Die maßgeblichen Suchkriterien der MPG für Berufungen begünsti-gen bereits gut etablierte, zum Forschungsprogramm des jeweiligenInstitutes passende und damit in der Regel auch ältere Kandidatengegenüber jüngeren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.Die Kommission empfiehlt daher, die Innovationsfähigkeit der MPGdadurch zu steigern, daß Direktoren-Stellen künftig parallel zu den

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4. Max-Planck-Gesellschaft (MPG)

eingespielten Findungsverfahren vermehrt ausgeschrieben undsomit Bewerbungen ermöglicht werden, um mehr jüngere Wissen-schaftler für die MPG gewinnen zu können und gleichzeitig demNachholbedarf in der Rekrutierung von Frauen in leitenden Positio-nen besser Rechnung zu tragen.

5. Qualitätssicherung in der MPG

Die Kommission begrüßt die Absicht der MPG, die Ressourcen-ausstattung der Direktoren /Abteilungsleiter künftig auf eineSockelzusage umzustellen, die unter Leistungsgesichtspunkten auf-gestockt werden kann.

Eine regelmäßige kritische Überprüfung von Aufgaben und Arbeits-ergebnissen der einzelnen Institute, Abteilungen oder Projektgrup-pen durch externe Gutachter hält die Kommission für unverzichtbar,um die wissenschaftliche Arbeit der MPG in deren eigener Verant-wortung optimal gestalten zu können. Dabei hält sie es für not-wendig, Zyklen der Institutsevaluation mit der periodischenErneuerung von Leitungsfunktionen in den MPI zu synchronisieren,um die persönliche Verantwortung der Direktoren für die Ausge-staltung der Institutsarbeit noch deutlicher als bisher sichtbar zumachen.

Die Kommission betrachtet die Pläne der MPG zur Weiterentwick-lung ihres Systems der Qualitätssicherung – zum Beispiel durch dieinstitutsübergreifende Evaluation ganzer Forschungsfelder – alsnotwendigen Beitrag für eine verbesserte strategische Handlungs-fähigkeit. Um Wirkungen und Effektivität der neuen Verfahren ein-schätzen zu können, empfiehlt sie, diese selbst nach einigen Jahrenim Licht der damit gewonnenen Erfahrungen kritisch zu überprüfenund ggf. neu zu gestalten. Sämtliche institutsübergreifenden Eva-luationsberichte sollten dem Senat oder zumindest dem Senats-ausschuß für Forschungsplanung der MPG vorgelegt werden.

Aus gegebenem Anlaß hat sich die MPG intensiv mit der Frage aus-einandergesetzt, wie mit dem Verdacht wissenschaftlichen Fehlver-haltens einzelner Mitglieder umzugehen ist. Ihr Senat hat dazu imNovember 1997 eine interne Verfahrensordnung verabschiedet, inder die Kommission einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherunginnerhalb der MPG erkennt.

4. Max-Planck-Gesellschaft (MPG)

48

6. Nachwuchsförderung durch die MPG

Als Einrichtung für die grundlagenorientierte Spitzenforschungbesitzt die MPG gerade auch dank ihrer starken internationalenOrientierung ein erhebliches Potential für eine vorbildliche Rollein der forschungsorientierten Ausbildung des wissenschaft-lichen Nachwuchses auf allen Qualifikationsstufen für Tätigkeitensowohl innerhalb der MPG als auch an anderen außeruniversitärenForschungseinrichtungen, an Universitäten und in der Wirtschaft.

Die bestmögliche Förderung der wissenschaftlichen Selbstän-digkeit ihrer Nachwuchskräfte muß zu einem Ziel der MPG insge-samt werden. Die Pläne der MPG zur Einrichtung weiterer Nach-wuchsgruppen mit eigenen Ressourcen – auch in Kooperation mitausländischen Forschungsorganisationen wie z.B. dem Weizmann-Institut – sowie zur Intensivierung des Doktorandentrainings, z.B.durch „International Max Planck Research Schools“, werden vonder Kommission ausdrücklich begrüßt. Die Nachwuchsausbildungsollte aber stets in möglichst enger Kooperation mit den Universitä-ten erfolgen. Dafür sollten Mitglieder der MPG u.a. verstärkt anGraduiertenkollegs der Universitäten mitarbeiten sowie Lehrtätig-keiten ihrer bereits promovierten Mitarbeiter fördern.

Der Kommission erscheint es als sinnvoll, das Anliegen der Nach-wuchsförderung mit dem einer Flexibilisierung der Arbeitsformenund einer stärkeren Öffnung der MPG gegenüber neuen, noch nichtetablierten Forschungsfeldern zu verknüpfen. Sie empfiehlt daher,Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlerndie Möglichkeit zu geben, im Rahmen wettbewerblich auszurich-tender Verfahren zur Bearbeitung innovativer, als noch sehr risiko-reich angesehener Forschungsfelder befristete Projektgruppen ein-zurichten, die aus der zentralen Mittelreserve finanziert werden.Solche Projektgruppen könnten gleichzeitig als Instrument derNachwuchsförderung und als Inkubator oder Testfeld für die mög-liche längerfristige Etablierung solcher Forschungsfelder in der MPGfungieren.

7. Neuer Aufgabenzuschnitt für die Generalverwaltung

Aufgaben, Organisation und Ressourcen der Generalverwaltungbedürfen nach Ansicht der Kommission einer weiteren, über diebereits mit Unterstützung der Boston Consulting vorgenommeneNeuorganisation hinausgehenden Überprüfung. Sie hält die Ent-

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4. Max-Planck-Gesellschaft (MPG)

wicklung eines neuen Aufgabenverständnisses für ebensonotwendig wie eine den veränderten Aufgaben entsprechendeorganisatorische Umstrukturierung.

Im Rahmen der neuen Budgetverantwortung der einzelnen Institutesind administrative Routineaufgaben und damit auch Stellen aus derGeneralverwaltung in die Institute zu verlagern. Parallel dazu sollteaber der Personaltransfer zwischen Instituten und Generalverwal-tung im Sinne einer stärkeren Job-Rotation intensiviert werden.

Den künftigen Tätigkeitsschwerpunkt der Generalverwaltungerkennt die Kommission in wissenschaftspolitischen Unterstüt-zungsleistungen für das Präsidium bei der strategischenSteuerung der MPG sowie in der Bearbeitung solcher Aufgaben,für die die einzelnen Institute nicht zuständig sein können (z.B. imArbeits- und Haushaltsrecht). Dafür sind eine viel aktivere Personal-entwicklung, eine deutliche Verschlankung der Entscheidungs-ebenen und die Bildung neuartiger, aufgabenbezogener Arbeits-einheiten über die bisherigen Abteilungsgrenzen hinwegnotwendig.

4. Max-Planck-Gesellschaft (MPG)

50

Es war das zentrale Anliegen der Kommission,durch ihre Empfehlungen dazu beizutragen,die Beweglichkeit und Offenheit des Wissen-schafts- und Forschungssystems im Aus-tausch mit seiner Umwelt und für die Bear-beitung erkennbarer Herausforderungen derglobalisierten Wissensgesellschaft zu fördern.Dies erschien ihr als eine unabdingbare Vor-aussetzung, um seine Leistungsfähigkeit unddie seiner einzelnen Teilbereiche auf längereSicht zu optimieren. Dabei hat sie zunächstversucht, solche Faktoren, Strukturen undProzesse zu identifizieren, die diesem Zielnoch im Wege stehen, die Entfaltung derPotentiale der verschiedenen Einrichtungenund mögliche Synergien zwischen ihnenbehindern und die daher im Interesse eineranforderungsgerechten Weiterentwicklungdes Gesamtsystems verändert werden sollten.

Unter dem Aspekt einer optimalen öffent-lichen Förderung der erkenntnisorientiertenGrundlagenforschung schien der Kommis-sion eine nachhaltige Stärkung der Univer-sitäten von größter Bedeutung zu sein. Die-ses Ziel sollte in erster Linie dadurch verfolgtwerden, daß ihnen der Staat deutlich größereSpielräume für die eigenverantwortliche Aus-gestaltung und Wahrnehmung ihrer Aufga-ben zugesteht. Allerdings müssen die Hoch-schulen die gewonnenen Freiheiten ihrerseitsfür die Entwicklung neuer, weniger starr unddisziplinenorientierter Strukturen und füreine deutliche Öffnung gegenüber derZusammenarbeit mit anderen Einrichtungendes Forschungssystems nutzen.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft ist derwichtigste Förderer der Projektforschung inder ganzen Breite von Forschungsfeldern und-formen, und sie ist Garant des qualitäts-

orientierten Wettbewerbs in der Forschungan den Hochschulen. Mit großem Erfolg undunter hoher Anerkennung ihres Förderhan-delns innerhalb der Wissenschaftler-Gemein-schaft nimmt sie damit eine sehr wichtigeRolle im deutschen Forschungssystem wahr.Allerdings wird auch ihre Handlungs- undLeistungsfähigkeit durch eine ganze Reiheteils ihr extern auferlegter, teils von ihr selbstzu verantwortender Rahmenbedingungenund Fördergrundsätze eingeschränkt. Überden Abbau externer Restriktionen hinauserachtet es die Kommission daher für not-wendig, daß sich die DFG künftig als eineaktiv gestaltende, nicht bloß responsiv agie-rende Fördereinrichtung versteht, die ohneexterne Auflagen im Rahmen globalisierterFördermittel aus eigener Kraft Prioritäten set-zen und ihre Programmangebote weiterent-wickeln kann.

Die Max-Planck-Gesellschaft kann auf inter-national anerkannte Forschungsleistungenund zugleich auch auf intensive Bemühun-gen verweisen, Forschungsgebiete undArbeitsformen unter teilweise schwierigenexternen Randbedingungen zu überdenkenund zu erneuern. Damit die MPG ihre wich-tigen Funktionen innerhalb des deutschenForschungssystems nachhaltig erfüllen kann,hält die Kommission eine größere beidersei-tige Öffnung zwischen MPG und Universitä-ten für erforderlich. Darüber hinaus solltendie strategische Gesamtausrichtung und diePlanungsprozesse der MPG verbessert wer-den. Neben einer flexiblen Öffnung ihrerAktivitäten und Arbeitsformen gegenüberneuen Herausforderungen ist dabei aucheine Konsolidierung ihrer Aufgabenwahr-nehmung mit Blick auf die Erschließungneuer Forschungsfelder erforderlich.

51

Schlußbemerkung

Im Interesse einer möglichst wirkungsvollenUmsetzung ihrer Vorschläge und Anregun-gen empfiehlt die Kommission, die Senatevon DFG und MPG mit der Aufgabe eineskontinuierlichen Monitorings der Implemen-tation der Empfehlungen zu beauftragenund der Bund-Länder-Kommission für Bil-dungsplanung und Forschungsförderung(BLK) darüber einmal jährlich zu berichten.Die BLK sollte auch für das Monitoring derUmsetzung der übergreifenden Empfehlun-gen – insbesondere zur Verbesserung derRahmenbedingungen – verantwortlich sein.Über eine geeignete Einbindung des Wissen-schaftsrates in das künftige Monitoring- und

Evaluationsverfahren sollten Bund und Län-der alsbald Gespräche aufnehmen.Nach fünf Jahren sollte erneut eine interna-tionale Systemevaluation von DFG und MPGstattfinden. Dabei wäre auch die Frage deskünftigen Verhältnisses zwischen diesen bei-den für das deutsche Forschungssystem sowichtigen Einrichtungen zu prüfen, denenkünftig eine größere Zahl gemeinsam ab-zustimmender Aktivitätsfelder zuwachsenwird.

Schlußbemerkung

52

Anhang

55

Anhang A

Anmerkung: Abweichungen der hier zusammengestellten Empfehlungen von ihrer Formu-lierung im Berichtstext sind redaktioneller Art. Im Zweifelsfall gilt immer der Wortlaut derEmpfehlungen im Text

Empfehlungen Adressaten Aufgaben

Empfehlungen zu allgemeinen und übergreifenden Aspekten

1. Beweglichkeit des Systems

2. Finanzierungmodalitäten des Systems

3. Leistungskraft der Universitäten

Zu einzelnen Schritten undMaßnahmen siehe nachstehende„Empfehlungen zu denUniversitäten“

Länder,Universitäten

Die Universitäten durch größereMöglichkeiten zur Selbstgestaltungihrer Aufgaben und Arbeit sowiedurch angemessene Verfahren derLeistungsüberprüfung stärken

Neuordnung der Finanzbeziehun-gen zwischen Bund und Ländernsowie der Länder untereinander fürdie Entflechtung von Finanzstruk-turen und die Stabilisierung unter-schiedlicher Aufgabenprofilenutzen

Bund,Länder

Die jeweiligen Finanzierungsschlüs-sel für die gemeinsame Förderungder außeruniversitären Forschungs-einrichtungen durch Bund undLänder überprüfen und zu einermöglichst einheitlichen Strukturweiterentwickeln

Rahmenbedingungen für die Per-sonalmobilität und den Übergangvon Forschungsergebnissen in dieindustrielle Anwendung verbessern

Bund,Länder

Kooperation von öffentlich finan-zierten Forschungseinrichtungenmit der Wirtschaft verbessern (1.3)

Gemeinsame Forschungvorhabendurchführen; Mitwirkung von Wis-senschaftler / innen außeruniversitä-rer Forschungseinrichtungen an deruniversitären Lehre verstärken

Universitäten,außeruniversitäreForschungs-einrichtungen

Zusammenarbeit und Austauschzwischen außeruniversitären For-schungseinrichtungen und Univer-sitäten verstärken (1.2)

Bedingungen für die institutionen-übergreifende Kooperation zwi-schen den einzelnen Bereichen desForschungssystems verbessern;Kooperationshemmnisse abbauen;Anreize zur Bildung befristeterSchwerpunkte und Kompetenz-zentren schaffen

Bund,Länder

Das Wissenschafts- und For-schungssystem flexibler unddurchlässiger gestalten (1.1)

Synoptische Darstellung der Empfehlungen

Anhang A

56

Empfehlungen Adressaten Aufgaben

4. Selbständigkeit für den wissenschaftlichen Nachwuchs

5. Rahmenbedingungen für die Arbeit von Hochschulen und Forschungs-einrichtungen

Besserstellungsverbot für Hoch-schulen und Forschungseinrichtun-gen aufheben; Globalhaushalteauch für Personalstellen gewähren

Bund, LänderDie Möglichkeiten zur anforde-rungs- und leistungsgerechtenBezahlung erweitern (5.2)

Vergütungsregeln und Anstellungs-modalitäten des Bundesangestell-tentarifvertrags (BAT) verändern;größere Spielräume im Beamten-und Besoldungsrecht schaffen

Bund,Länder,Tarifpartner

Personalautonomie von Hochschu-len und außeruniversitären For-schungseinrichtungen stärken unddurch ein wissenschaftsadäquatesArbeitsrecht und aufgabenange-messene Vergütungsregelungenergänzen (5.1)

Assistenzprofessuren und „tenure-track“-Strukturen schaffen

Bund,Länder,Universitäten

Strukturelle Qualifizierungs- undKarrierehindernisse für Frauenabbauen (4.3)

Habilitationserfordernis abschaffen;Personalstruktur an Universitätenverändern

Bund,Länder

Auf die Habilitation als Regelvor-aussetzung für eine Berufung ver-zichten und durch Validierung vonQualifizierungsleistungen im Rah-men von Berufungs-, Anstellungs-,und Beförderungsverfahren erset-zen (4.2)

Beschäftigungsverhältnisse flexibili-sieren und wissenschaftsadäquatausgestalten; Assistenzprofessurenmit Karriereoptionen und der Mög-lichkeit einer unbefristeten Anstel-lung („tenure track“) schaffen

Bund,Länder

Qualifizierungsstrukturen mit Blickauf eine möglichst frühe wissen-schaftliche Selbständigkeit desNachwuchses neu gestalten (4.1)

Zu einzelnen Schritten undMaßnahmen siehe die „Empfeh-lungen zur DFG“ sowie die„Empfehlungen zur MPG“

DFG,MPG

Koordination und Abstimmungzwischen DFG und MPG beiAktivitäten zur Stärkung des For-schungspotentials der Universitätenund mit strukturbildenden Implika-tionen intensivieren

Empfehlungen Adressaten Aufgaben

6. Systemevaluation und einrichtungsübergreifender Wettbewerb

Empfehlungen zu den Universitäten

Bewegliche Organisationsformenschaffen; temporäre transdiszipli-näre Kooperationsformen fördern;matrixförmige Forscherverbündeoder Zentren einrichten

UniversitätenDie starke disziplinäre Orientie-rung an Universitäten aufgeben(2.)

Die Habilitation abschaffen; flexi-ble, leistungsorientierte und wis-senschaftsgerecht gestaltbareBeschäftigungsverhältnisse schaf-fen; Assistenzprofessuren mit„tenure track“ einführen

Universitäten,Bund,Länder

Die Perspektiven des Nachwuch-ses strukturell verbessern und diefrühe wissenschaftliche Selbstän-digkeit von Nachwuchswissen-schaftler / innen fördern (1.)

Geeignete Verfahren und Instru-mente entwickeln; bestehendeMechanismen und eingeleiteteWeichenstellungen überprüfen undneu gestalten

Bund, Länder,Wissenschafts-organisationen,Hochschulen

Die Wettbewerbselemente in deröffentlichen Forschungsförderungstärken (6.3)

Im Rahmen der Systemevaluationberücksichtigen

Bund,Länder,HGF

Projektträgerschaften sowie dieAufgaben und Architektur der Son-derfonds zur einrichtungsinternenProjektförderung evaluieren (6.2)

Kommission beauftragenBund,Länder,HGF,WGL

Systemevaluation der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher For-schungszentren (HGF) und derWissenschaftsgemeinschaft Gott-fried Wilhelm Leibniz (WGL)durchführen (6.2)

Geeignete Verfahren und Verant-wortlichkeiten schaffen

Bund, Länder,Wissenschafts-organisationen

Ein kontinierliches Monitoring desSystems und eine regelmäßigeSystemevaluation seiner einzelnenTeile vornehmen (6.1)

Befristungsregeln mit Blick auf diespeziellen Anforderungen vonWissenschaft und Forschung neugestalten

Bund,Länder

Beschäftigungsverhältnisse undihre Laufzeit flexibilisieren

57

Anhang A

Empfehlungen Adressaten Aufgaben

Empfehlungen zur Deutschen Forschungsgemeinschaft

1. Partiell neue Grundausrichtung des Förderhandelns der DFG

Tendenziell größeren Anteil derFördermittel für das Normalverfah-ren reservieren

DFGNormalverfahren stärken (1.1)

Personaltransfer zwischen Univer-sitäten und außeruniversitären For-schungseinrichtungen erleichtern;Regelungen der Kapazitätsverord-nung modifizieren

Bund,Länder

Institutionenübergreifende For-schungsvorhaben durchführen;neue Organisationsformen(gemeinsame Graduiertenkollegs,Forschergruppen, MPG-For-schungsstellen an Universitäten)erproben; internationale Koopera-tion verbessern

Universitäten,außeruniversitäreForschungs-einrichtungen

Die Zusammenarbeit von Hoch-schulen und außeruniversitärenForschungseinrichtungen verbes-sern (5.)

Evaluationen durchführen; Verant-wortlichkeiten identifizieren;Anreizsysteme entwickeln

UniversitätenWirksame Verfahren der Qualitäts-sicherung entwickeln (4.)

Die Hochschulfinanzierung z.B. imRahmen von Leistungsvereinbarun-gen ergebnis- und wirkungsorien-tierter gestalten

Leitungsstrukturen mit Blick aufeine klare Verteilung der Verant-wortung und eine Stärkung derKompetenzen der Leitungsorganeneu ordnen

Die korporative Gestaltungskraftder Universitäten stärken undexternen Sachverstand nutzen

Den Universitäten ein Auswahl-und Zulassungsrecht gegenüberStudienbewerbern einräumen

Bund,Länder,Universitäten

Eigenverantwortlichkeit derUniversitäten in der Aufgaben-wahrnehmung stärken (3.)

Anhang A

58

Empfehlungen Adressaten Aufgaben

2. Veränderungen im Gutachtersystem der DFG

Vorschlags- und Wahlverfahrenmodifizieren

DFG,Fachgesell-schaften

Altersspektrums der Gutachtererweitern, Frauen und jüngereWissenschaftler stärker berück-sichtigen, Gutachtersystem gegen-über internationalen Standardsund für transdisziplinäre Projekteöffnen (2.1)

Mittelreserve aufstocken; Leitlinienfür die Mittelverwendung ent-wickeln

DFGZentrale Mittelreserve für die Ent-wicklung neuer Fördermaßnahmenheranziehen (1.5)

Satzung ändernDFGEntscheidungskompetenzen desPräsidiums stärken (1.5)

Bund,Länder

Wissenschaftsnähe und Autono-mie der DFG anerkennen (1.4)

Senat /Präsidium: ad-hoc-Komiteeseinrichten; Referenten an Analyse-prozessen und Programm-entwicklung beteiligen

DFGVergleichende Analysen von Stär-ken und Schwächen der einzelnenProgramme und Förderaktivitätendurchführen (1.4)

Präsidium: Entwicklung eineraktiven Förderhaltung der DFGvorantreiben; Programmpflegeintensivieren

DFGGrundzüge und Instrumente eineraktiv gestaltenden Förderpolitikentwickeln; eigenverantwortlichüber Programmentwicklung ent-scheiden (1.4)

Anreizsetzende Zielvorgaben füreinzelne Förderaktivitäten ent-wickeln; Schwerpunktbildung durchgestaltende Instrumente fördern;Exzellenzprogramme ausschreiben

DFGDie strukturbildende und wettbe-werbsfördernde Funktion der DFGim Hochschulbereich stärken (1.3)

Wissenschaftsgesteuerte, strate-gisch orientierte Programme füreine befristete Förderung ausge-wählter Forschungsbereiche,Arbeitsformen und Querschnitts-themen auflegen

DFGFähigkeit zur eigenverantwort-lichen Bestimmung von thema-tischen Forschungs- und Förder-prioritäten stärken (1.2)

59

Anhang A

Empfehlungen Adressaten Aufgaben

3. Neuorganisation der Geschäftsstelle

4. Globalbudget und Verwaltungskostenpauschale für die DFG

Auf externe Festsetzung vonStipendiensätzen verzichten

Bund,Länder

Konsistenz und Wettbewerbs-fähigkeit des Stipendiensystemsermöglichen (4.3)

Zu einer Pauschalfinanzierung desGlobalbudgets mit Bund-Länder-Anteilen von 60 :40 übergehen

Bund,Länder

Auf unterschiedliche Bund-Länder-Anteile für die Finanzierung einzel-ner Programme verzichten (4.2)

Globalbudget für die DFG einrich-ten

Bund,Länder

Öffentliche Mittel zu einer einheit-lichen Zuwendung an die DFGzusammenfassen (4.2)

Mittel auch in den nächsten Jahrenjeweils um 5 % erhöhen

Bund,Länder

Handlungs- und Leistungsfähigkeitder DFG durch angemesseneMittelzuweisungen sichern (4.1)

DFGExterne Beratung zur Neu-organisation der Geschäftsstelleheranziehen (3.3)

DFGNutzung moderner IuK-Techniken(3.2)

Generalsekretär:Personalentwicklung fördern

DFGKompetenzen im Programm- undProjektmanagement stärken (3.1)

Vorstand /Generalsekretär: Organi-sationsentwicklung vorantreiben

DFGProzeßorientierte und möglichstschlanke Strukturen schaffen (3.1)

Verstärkt internationale anerkannteGutachter aus dem Ausland heran-ziehen

DFGDas Gutachtersystem stärker inter-nationalisieren (2.4)

DFGGutachterkreise für die Antrags-bewertung in von der DFG selbstgestalteten Programmen einrich-ten (2.3)

Namen von Sondergutachternveröffentlichen; GutachterkritikAntragstellern zuleiten; Antrag-stellern die Möglichkeit zur Stel-lungnahme einräumen

DFGTransparenz des Begutachtungs-verfahrens erhöhen (2.2)

Anhang A

60

Empfehlungen Adressaten Aufgaben

5. Aktive Programmpflege, verbesserte Programmabwicklungund Qualitätssicherung durch die DFG

Ziele und Wirkung von Förder-instrumenten kritisch überprüfen;Programmspektrum konsolidieren(vgl. 1.4)

DFGFördermittel (inbes. im Normal-verfahren) stärker bündeln (5.4)

Förderrichtlinien modifizierenDFGBewilligungszeiträume für Einzel-projekte flexibilisieren (5.4)

Förderrichtlinien modifizierenDFGBei Anträgen befristet beschäftig-ter wissenschaftlicher Mitarbeiter /Assistenten die Förderungsvor-aussetzungen hinsichtlich derGrundaustattung flexibel hand-haben (5.3)

Förderrichtlinien modifizierenDFGEigene Antragsberechtigung fürNachwuchskräfte ohne Beschäfti-gungsverhältnis schaffen (5.3)

Förderdaten regelmäßig ver-öffentlichen; Förderangebote mitstrukturbildenden Implikationen(z.B. Zentren) entwickeln und fürinnovative Forschungsfelder aus-schreiben (vgl. 1.3)

DFGWettbewerb der Universitäten inder Forschung stimulieren (5.2)

Auf spezielle Programme zurFörderung anwendungsorientierterForschung bzw. des Transfersverzichten

DFGAspekte anwendungsorientierterForschung und des Wissenstrans-fers in der Gestaltung von Förder-instrumenten und Programmenberücksichtigen (5.1)

Auf feste Stellen- und Haushalts-pläne verzichten

Bund,Länder

Einen flexiblen und bedarfsgerech-ten Ressourceneinsatz in derGeschäftsstelle ermöglichen (4.4)

Verwaltungs- und Geschäfts-kostenpauschale an internatio-nalen Standards bemessen underhöhen

Bund,Länder

Für die Geschäftsstelle eine Ver-waltungspauschale (Globalbudget)mit einem deutlich höheren Anteil-satz an den Fördermitteln einrich-ten (4.4)

61

Anhang A

Empfehlungen Adressaten Aufgaben

Empfehlungen zur Max-Planck-Gesellschaft

1. Beiderseitige Öffnung zwischen MPG und Universitäten

MPGNeue Institute der MPG in räum-licher Nähe zu den Universitätengründen

Bereitschaft zur Kooperation in derLehre fördern; Bestimmungen derKapVO modifizieren

MPG,Universitäten,Länder

Beteiligung von Wissenschaftlernder MPG an der universitärenLehre intensivieren

Geeignete Strukturen und Koope-rationsformen entwickeln

MPG,Universitäten,DFG

Von Universitäten und MPGgemeinsam getragene „Internatio-nal Max-Planck Research Schools“einrichten

Voraussetzungen für ent-sprechende Kooperationenschaffen

MPG, Universi-täten, andereaußeruniversitäreForschungsein-richtungen, Wirt-schaft

Beteiligung an einrichtungsüber-greifenden Forschungsverbündenverstärken

Projektmittel bereitstellen, entspre-chende Arbeitsformen entwickeln

MPG,Universitäten

Forschungsvorhaben gemeinsammit Universitäten durchführen

Geeignete Verfahrensmodelle(weiter-) entwickeln

MPG, Universi-täten, Länder

Zahl der Doppelberufungenerhöhen

Geeignete Verfahren der Evalua-tion und Qualitätssicherung ent-wickeln

DFGFörderprogramme im Hinblick aufdie damit angestrebten Ziele unddie tatsächlich eingetretenen Wir-kungen unter Beteiligung externerSachverständiger regelmäßig eva-luieren und die Befunde dokumen-tieren (5.5)

Ortsprinzip lockernDFGSonderforschungsbereiche alsInstrument der Strukturförderungweiter stärken (5.4)

Anhang A

62

Empfehlungen Adressaten Aufgaben

2. Weiterentwicklung der Organisationsformen der MPG

Haushaltsmittel für die Mittel-reserve vorsehen; Leitlinien für dieMittelverwendung explizieren

MPGZentrale Mittelreserve zur Förde-rung von Innovationen, Erprobungneuer Arbeitsformen und Erschlie-ßung neuer Forschungsfeldernutzen (2.3)

Satzung ändern; Verfahren zurmittelfristigen, wissenschaftsgelei-teten Prospektion von Forschungs-feldern erproben

MPGMehrheitlich extern besetztesBeratungsgremium des Präsiden-ten einsetzen (2.3)

Geeignete Planungsverfahrenentwickeln; Leitungsstrukturen und-funktionen weiterentwickeln;Satzung ändern

MPGStrategische Planung der MPGunter der Verantwortung ihresPräsidenten /Präsidiums intensi-vieren (2.3)

Zentralmittel und Mittel aus denInstitutsbudgets bereitstellen; Zeit-rahmen für die Förderung (Pro-jekte, Beschäftigungsverhältnisse)flexibel handhaben

MPG,MPI

Zahl der selbständigen Nach-wuchsgruppen und (zeitlich be-fristet) eigenverantwortlichagierenden Arbeitsgruppenerhöhen (2.2)

Abstimmung und Koordinierungder Aktivitäten im Hochschul-bereich intensivieren

MPG,DFG

Mit der MPG kooperieren; Bereit-schaft zur fachlichen Neuorientie-rung von Forschung und Lehre inrelevanten Gebieten entwickeln

Universitäten

Fünf bis zehn Forschungsstellen fürsieben Jahre einrichten; Mittel ausder institutionellen Grundfinanzie-rung bereitstellen; besonderszukunftsweisende und risikoreicheArbeits- und Forschungsfelderidentifizieren und ausschreiben; am besten geeignete Standorteidentifizieren; Leitungspositioneninternational ausschreiben undbefristet besetzen

MPGMöglichst transdisziplinär ange-legte MPG-Forschungsstellen inUniversitäten einrichten (2.1)

63

Anhang A

Empfehlungen Adressaten Aufgaben

3. Konsolidierung des Profils der MPG

4. Berufungsverfahren in der MPG

Senat: Verfahrensordnung ändernMPGAbwicklung von Berufungenvereinfachen und deutlich be-schleunigen

Geeignete Verfahren zur strategi-schen Planung und Abstimmungdes Aktivitätsspektrums entwickeln

MPGNeubesetzung von Positionenstärker an instituts- und sektions-übergreifenden Prioritäten undAnforderungen ausrichten

Neue Entscheidungsverfahren ent-wickeln; Befugnisse und Hand-lungsfähigkeit des Präsidiums stär-ken

MPGNeues Berufungsverfahren ohneVorschlagsrecht der Institute ent-wickeln

Senat: Aufgaben und Ausrichtungder Institute überprüfen; ggf. Insti-tute schließen oder ausgliedern

MPGSubsidiarität der Arbeitsfelder und-formen gegenüber den Univer-sitäten sichern; Spitzenforschungin zukunftsgerichteten Feldern dererkenntnisoffenen Grundlagen-forschung fördern

Planungssicherheit zur Verbesse-rung der institutionellen Flexibilitätund zur Einrichtung von For-schungsstellen an Universitätennutzen

MPG

Erhöhung der institutionellenGrundförderung in den nächstenJahren um jeweils 5%

Bund, LänderMittelfristige Planungssicherheitdurch gesicherten Finanzierungs-rahmen und verläßliche Mittel-zuweisungen schaffen (2.4)

Vergütungsstrukturen flexibilisie-ren, Tarif- und dienstrechtlicheBestimmungen ändern; „Besser-stellungsverbot“ aufheben

Bund, LänderSelbständigkeit bei Entscheidungenüber die Ressourcenausstattungsowie über die Bezahlung neu zuberufender Direktoren stärken (2.3)

Primat wissenschaftlich begründe-ter Entscheidungen anerkennen

Bund, LänderSelbständige und eigenverant-wortliche Entscheidungen über dieNeugründung und Schließung vonInstituten ermöglichen (2.3)

Anhang A

64

Empfehlungen Adressaten Aufgaben

5. Qualitätssicherung in der MPG

6. Nachwuchsförderung durch die MPG

7. Neuer Aufgabenzuschnitt für die Generalverwaltung

Neues Selbstverständnis derGeneralverwaltung entwickeln;Aufgabenverteilung zwischenGeneralverwaltung und Institutenneu definieren

MPGAdministrative Routineaufgabenund Stellen aus der Generalverwal-tung in die Institute verlagern

Wettbewerbliche Förderverfahrenentwickeln

MPGProjektgruppen für Nachwuchs-wissenschaftler einrichten und ausMitteln des Präsidialfonds finan-zieren

Mitwirkung an Graduiertenkollegsder Universitäten verstärken;Lehrtätigkeit von promoviertenMPI-Mitarbeitern an Universitätenfördern

MPG,Universitäten,DFG

Kooperation mit den Universitätenin der Nachwuchsförderung inten-sivieren

Verfahren zur Meta-Evaluationentwickeln

MPGEvaluationsverfahren nach einigenJahren kritisch überprüfen

Verfahren anpassenMPGEvaluationsberichte dem Senatvorlegen

Senat: Fachbeiratswesen weiter-entwickeln

MPGDie Zyklen der Institutsevaluationmit der periodischen Erneuerungvon Leitungsfunktionen synchroni-sieren

Entsprechende MPG-interneReformbeschlüsse umsetzen

MPGRessourcenausstattung der Direk-toren /Abteilungsleiter durchgängigauf eine Sockelzusage umstellenund unter Leistungsgesichtspunk-ten aufstocken

Senat: Berufungsordnung ändernMPGDirektoren-Stellen künftig ver-mehrt ausschreiben und Bewer-bungen ermöglichen

65

Anhang A

Empfehlungen Adressaten Aufgaben

Ausblick

Auftrag formulieren; Kommissioneinsetzen

Bund, LänderNach fünf Jahren eine erneuteinternationale Systemevaluationvon DFG und MPG durchführen

Umsetzungsstand bei den über-greifenden Empfehlungen durchBLK beobachten

Umsetzung der Empfehlungendurch jeweiligen Senat beobachtenund der BLK darüber einmal jähr-lich berichten

DFG, MPGBLK

Die Umsetzung der Kommissions-empfehlungen verfolgen

Organistionsentwicklung weiter-führen

MPGEntscheidungsebenen verschlan-ken, aufgabenbezogene Arbeits-einheiten über die bisherigenAbteilungsgrenzen hinweg ein-richten

Personalentwicklung intensivierenMPGDen Personaltransfer zwischenInstituten und Generalverwaltungim Sinne einer stärkeren Job-Rotation intensivieren

Anhang A

66

Jahr derEinfüh-rung Programm 1970 1975 1980 1985 1990 1995 1998

Normalverfahren 36,6 31,6 43,5 43,9 42,9 40,6 40,1

1953 Schwerpunktverfahren 21,3 18,5 12,7 18,2 16,2 14,3 12,6

1957 Hilfseinrichtungen der Forschung 1,3 1,9 2,3 0,9 1,3 0,8 0,8

1962 Forschergruppen 0,6 1,7 2,6 1,4 1,9 3,5 3,9

1968 Sonderforschungsbereiche (SFB) 20,6 34,5 30,8 28,9 28,3 25,1 27,4

1971 Großgeräte /Rechenanlagen (HBGF) (14,5) (2,6) (1,3) (0,6) (1,3) (1,6) (1,5)

1978 Heisenberg-Programm – – 1,6 2,0 1,4 1,6 1,1

1986 Leibniz-Programm – – – – 2,3 1,4 1,1

1988 Gerhard-Hess-Programm – – – – 0,2 0,4 0,4

1990 Graduiertenkollegs – – – – 0,3 4,3 5,8

1996 Transferbereiche im SFB-Programm – – – – – – –

Quelle: Tätigkeits- / Jahresberichte der DFG; Angaben der DFG

67

Anhang B

Tabelle 1: Entwicklung wichtiger Förderprogramme der DFG1970–1998

JahrAnzahl Mio DM Anzahl Mio DM Anzahl Volumen

1974 4.413 249,8 3.730 191,5 84,5 76,7

1975 3.827 287,9 2.938 189,5 76,8 65,8

1980 6.227 615,8 5.099 381,1 81,9 61,9

1985 6.406 806,4 4.972 462,9 77,6 57,4

1989 6.541 1.019,6 4.594 498,4 70,2 48,9

1992 8.034 1.431,7 5.113 575,9 63,6 40,2

1995 8.751 1.759,5 6.026 808,8 68,9 46,0

1996 9.293 1.860,1 5.973 775,8 64,3 41,7

1997 10.218 2.202,1 5.996 779,9 58,7 35,4

1998 11.525 2.418,1 6.513 877,0 56,5 36,3

* Ohne Forschergruppen Quelle: Angaben der DFG

Tabelle 2: Anzahl der Anträge, Antragsvolumina, Bewilligungssummenund Bewilligungsquoten im Normalverfahren* der DFG1974 – 1998

Vor 1974 wurde von der DFG eine andereZählweise praktiziert, so daß die Daten ausfrüheren Jahren denen seit 1974 nicht ent-

sprechen. Daher beginnt die Zeitreihe erst mitdem Jahr 1974.

Anteil an den Bewilligungen in %

Bearbeitete Anträge Bewilligte Anträge Bewilligungsquoten %

Tabellen und Grafiken

Anhang B

68

Sektion

Institute sonstige Institute sonstige Institute sonstige Institute sonstigeJahr Einricht. Einricht. Einricht. Einricht.

1968 16 – 24 3 8 – 48 3

1972 15 – 24 4 9 – 48 4

1976 16 1 19 4 9 1 44 6

1979 16 1 19 4 9 1 44 6

1984 20 1 21 7 10 1 51 9

1988 20 1 21 8 11 1 52 10

1992 25 22 23 9 11 4 59 35

1996 302 21 262 8 142 43 70 33

1997 314 1 272 6 152 13 73 8

1998 295 – 295 6 162 1 74 7

Quelle: Angaben der MPG

Tabelle 3: Forschungseinrichtungen – Institute und sonstige Einrichtungen1 der MPGAnzahl nach Sektionen 1968–1998

Chemisch-Physi-kalisch-Technische

Biologisch-Medizinische

Geistes-wissenschaftliche

Insgesamt

Sektion Chemisch- Biologisch- Geistes- InsgesamtPhysikalisch- Medizinische wissenschaftliche

Jahr Technische

1968 65 86 20 171

1972 80 67 25 172

1976 97 73 26 196

1979 97 70 26 193

1984 100 75 23 198

1988 107 69 25 201

1992 111 72 27 210

1996 111 74 30 215

1997 108 78 29 215

1998 1065 945 33 233

Quelle: Angaben der MPG

Tabelle 4: Wissenschaftliche Mitglieder der MPGAnzahl nach Sektionen 1968 – 1998

1 Forschungsstellen, Laboratorien, Projekt- /Arbeitsgruppen, Klinische Forschergruppen; davon 1992 und 199627 Arbeitsgruppen an Universitäten der neuen Länder

2 davon eines in Gründung3 davon eine Projektgruppe in Gründung4 davon zwei in Gründung5 ab 1.1.1998 ist das MPI für biophysikalische Chemie (acht Wiss. Mitglieder) der BMS zugeordnet (bisher CPTS)

69

Anhang B

Sektion Chemisch- Biologisch- Geistes- InsgesamtPhysikalisch- Medizinische wissenschaftliche

Jahr Technische

1969 – 4 – 4

1972 – 10 – 10

1976 – 8 – 8

1980 – 15 – 15

1984 – 19 – 19

1988 – 27 – 27

1992 – 26 – 26

1996 4 23 – 27

1997 5 28 1 34

1998* 3 35 1 39

Quelle: Angaben der MPG

* 1998 wechselte die Zugehörigkeit des MPI für Biophysikalische Chemie (und damit auch die von zwei Nachwuchs-gruppen) aus der Chemisch-Physikalisch-Technischen Sektion in die Biologisch-Medizinische Sektion.

Tabelle 5: Nachwuchsgruppen der MPGAnzahl nach Sektionen 1969 – 1998

Art Anteils- Sonder- Projekt- InsgesamtFinanzierung Finanzierung förderung

Jahr

1968 245,9 – 17,9 263,8

1972 384,3 15,2 34,6 434,1

1976 520,6 27,8 26,6 575,0

1980 648,1 22,4 40,4 710,9

1984 779,0 11,3 67,6 857,9

1988 913,0 22,2 148,7 1.083,9

1992 1.127,9 18,5 186,6 1.333,0

1994 1.318,5 26,9 149,2 1.494,6

1996 1.571,5 30,2 164,0 1.765,7

1997 1.533,9 35,2 173,3 1.742,6

1 in Mio. DM, Haushalt A Quelle: Angaben der MPG

Tabelle 6: Ist-Ausgaben1 der MPG1968 – 1997

Neben den Zuschüssen von Bund und Ländern zur Grundfinanzierung (institutionelle Anteilsfinanzierung und Sonder-finanzierung) erhalten die MPG und ihre Institute Projektförderungsmittel von Bundes- und Landesministerien, sonstigeöffentliche Zuwendungen und Zuwendungen von privater Seite – insbesondere vom Stifterverband für die Deutsche Wis-senschaft und von der Volkswagen-Stiftung – sowie Mitgliedsbeiträge, Spenden und Entgelte für eigene Leistungen. Zuihrer Finanzierung tragen darüber hinaus auch Erträge des privaten Vermögens der MPG bei.

Anhang B

70

70

60

50

40

4000

3000

2000

1000

30

20

10

Grafik 2: Anteile der FuE-Budgets der überwiegend öffentlich finanziertenForschungseinrichtungen 1975 und 1995 (in %)

Grafik 1: Anteile der vier großen außeruniversitären Forschungseinrichtungen undder DFG an der gemeinsamen Forschungsfinanzierung durch Bund undLänder 1999 (Soll*)

Für Hochschulen gem. vereinbarten FuE-Koeffizienten aufgeschlüsselt, FuE-Anteile bei HGF, WGL, Bundesforschungsan-stalten und Sonstigen Forschungseinrichtungen. Bis 1990 früheres Bundesgebiet, ab 1991 Deutschland insgesamt.

FhG

WGLMPG

DFG

HGF

59,9

461

1.305

2.160

3.333

1.660

58,0

1975 1995

20,8

15,9

7,86,0

1,4

4,92,8

5,1 5,5 4,51,8

5,6

Hoch-schulen

AGF/HGF

MPG FhG WGL Bundes-for-

schungs-anstalten

SonstigeForschungs-

einrich-tungen

Quelle: Bundesbericht Forschung 1996,Tabellen VII/20 und VII/21a;

Wissenschaftsrat, Thesen zur Forschung in den Hochschulen.Köln 1996, S. 21

* in Mio. DM, ohne Zuwendungen aus dem Hochschulsonderprogramm III Quelle: BLK Jahresbericht 1998, S. 36

3000

2500

2000

1500

1000

500

71

Anhang B

Beantragte Mittel Bewilligte Mittel

70

60

50

40

30

20

10

Grafik 3: Entwicklung der Förderinstrumente der DFG außerhalb desNormalverfahrens 1970 – 1998 in % des Normalverfahrens*

Grafik 4: Beantragte Mittel, bewilligte Mittel und Bewilligungsquoten(in % der beantragten Mittel) im Normalverfahren der DFG1974 – 1998

* hier einschließlich der Mittel für die Pflege der Auslandsbeziehungen, Hilfseinrichtungen für die Forschung, Stipendienund Preise, ohne Mittel für das Wissenschaftliche Bibliothekswesen, Großgeräte und Rechenanlagen

51,5

49,8

25,1

36,733,2

26,0

6,6

12,1

8,2

10,0

2,85,2

76,7

Bewilligungsquoten in %65,861,9

57,4 48,9

90

80

70

60

50

40

30

20

10

40,2

46,0

36,3

1,4

61,1

Mio. DM %

58,3 57,0 56,5

Sonderforschungsbereiche

1970 1980 1985 1992 1998

1974 1975 1980 1985 1989 1992 1995 1998

GraduiertenkollegsForschergruppenSchwerpunktprogramme

700

900

800

600

500

400

300

200

100

Anhang B

72

Grafik 5: Entwicklung der Fördermittel real* 1970 – 1998 und der Bewilligungs-quoten (in % der beantragten Mittel) im Normalverfahren1974 – 1998

* i. S. von Bewilligungen, in Preisen von 1970, in Mio. DM

76,7

400,3

312,6

541,8

540,3

598,0

48,9

40,2

46,0

36,3

65,861,9

57,4

687,9

814,4 847,2

Bewilligungsquoten in %

Mio.DM 1970 1974 1975 1980 1985 1989 1992 1995 1998 %

Fördermittel real

90

80

70

60

50

40

30

20

10

Quelle: Angaben der DFG

Gesprächspartner der Kommission

A) Deutsche Forschungsgemeinschaft

1. Präsidium und Generalsekretär

Prof. Dr. Ernst-Ludwig Winnacker (Präsident)Prof. Dr. Wolfram Boeck (Vizepräsident)Prof. Dr. Gerhard Ertl (Vizepräsident)Dr. Reinhard Grunwald (Generalsekretär)Prof. Dr. Ursula Peters (Vizepräsidentin)

2. Bereichsleiter der Geschäftsstelle

Dr. Christoph SchneiderDr. Bruno ZimmermannDr. Axel Hubertus Zienicke

3. Fachreferenten/Fachreferentinnen und jüngere Referenten/Referentinnender Geschäftsstelle

Dr. Priya Bondre-Beil Cora LaforetDr. Ewald Brahms Dr. Manfred MahnigDr. Manfred Briegel Dr. Michael MeierDr. Werner Bröcker Dr. Manfred NießenDr. Jürgen Bunzel Dr. Wolfgang RoheChristiane Burgbacher Dr. Gudula Retz-SchmidtDr. Andreas Engelke Dr. Karlheinz SchmidtDr. Susanne Faulhaber Dr. Beate ScholzDr. Alexander Peter Hansen Barbara StarkDr. Petra Hintze Dr. Ariane StieglitzDr. Harald von Kalm Hans-Peter TuliskaDr. Roland Kischkel Dr. Heike VelkeDr. Walther Klofat Dr. Klaus WefelmeierDr. Beate Konze-Thomas Dr. Klaus WehrbergerDr. Walter Lachenmeier Dr. Thomas Wiemer

B) Max-Planck-Gesellschaft

1. Präsidium und Generalsekretärin

Prof. Dr. Hubert Markl (Präsident)Dr. Barbara Bludau (Generalsekretärin)Prof. Dr. Klaus Hahlbrock (Vizepräsident)Prof. Dr. Gerhard Wegner (Vizepräsident)Prof. Dr. Franz Emanuel Weinert (Vizepräsident)

73

Anhang C

2. Vorsitzende des Wissenschaftlichen Rates und der Sektionen

Prof. Dr. Konstantin-Alexander Hossmann (Biologisch-medizinische Sektion)

Prof. Dr. Wolfgang Prinz (Geisteswissenschaftliche Sektion)

Prof. Dr. Arndt Simon (Chemisch-Physikalisch-Technische Sektion)

Prof. Dr. Wolf Singer (Wissenschaftlicher Rat)

3. Abteilungsleiter in der Generalverwaltung

Dr. Braun Herr Gastl

Frau Fromm Herr Keinath

Dr. Ebersold Herr Truchseß

Dr. Gaßmann Herr Willems

4. Jüngere Rerefenten und Referentinnen in der Generalverwaltung

Herr Baßler Frau Lange-Gao

Frau Dr. Gieraths Herr Löw

Frau Dr. Hofmann-Münz Frau Rausch

Herr Letscher

C) Politik

Anke Bunn, Vorsitzende der BLK, Ministerin für Wissenschaft und Forschung

des Landes Nordrhein-Westfalen

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung und Forschung

Prof. Dr. Hans Joachim Meyer, Präsident der KMK, Sächsischer Staatsminister für

Wissenschaft und Kunst

Helmut Stahl, Staatssekretär im BMBF

Paul Hocks, Regierungsdirektor im BMBF

D) Andere Wissenschaftsorganisationen und Industrie

1. Hochschulrektorenkonferenz (HRK)

Prof. Dr. Klaus Landfried (Präsident)

Prof. Dr. Peter Frankenberg (Vizepräsident)

Dr. Josef Lange (Generalsekretär)

2. Wissenschaftschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz (WGL)

Prof. Dr. Ingolf Hertel (Präsident)

Prof. Dr. Henning Scheich (Vizepräsident)

Prof. Dr. Gerhard Stickel (Sprecher der Sektion Geisteswissenschaften)

Anhang C

74

3. Hermann von Hemholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF)

Prof. Dr. Detlev Ganten (Vorsitzender)Prof. Dr. Jürgen Blum (Mitglied des Direktoriums)Dr. Klaus Fleischmann (Geschäftsführer)

4. Wissenschaftsrat

Prof. Dr. Winfried Schulze (Vorsitzender)Prof. Dr. Karl Ulrich Mayer (Vorsitzender der Wissenschaftlichen Kommission)Dr. Michael Maurer (Stellvertretender Generalsekretär)

5. Industrie

Dr. Peter Bamelis (Vorstand der Bayer AG)Klaus-Dieter Vöhringer (Vorstand der Daimler Benz AG)Prof. Dr. Claus Weyrich (Vorstand der Siemens AG)Dr. Heinrich Höfer (BDI)

E) Ortsbesuche

1. Dresden

1.1. Geschäftsführende Direktoren der Max-Planck-Institute

Prof. Dr. Peter Fulde (MPI für Physik komplexer Systeme)Prof. Dr. Rüdiger Kniep (MPI für chemische Physik fester Stoffe)

1.2. Nachwuchswissenschaftler und Nachwuchswissenschaftlerinnenaus den Max-Planck-Instituten

Dr. Bär Dr. MehligDr. Bulla Frau Dr. OrGuilDr. Castella PD Dr. RichterDr. Hegger Frau Dr. SchlieckerPD Dr. Kantz

1.3. Hochschulleitung und von der DFG geförderte Professorenund Professorinnen der Technischen Universität

Prof. Dr. Achim Mehlhorn (Rektor)

Prof. Dr. Helmut Eschrig Prof. Dr. Gert MelvilleProf. Dr. Gerhard Fettweis Prof. Dr. Hans-Ulrich ReißigProf. Dr. Roger Grundmann Prof. Dr. Brigitte VoitProf. Dr. Winfried Hacker Prof. Dr. Hartmut WorchProf. Dr. Wolfgang Krause

75

Anhang C

1.4. Jüngere von der DFG geförderte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen

Dr. Frank Almei Dr. Ingrid MertigPD Dr. Michael Baumann Dr. Renate RauDr. Peter Brust Dr. André ThessDr. Renate Merker

2. Göttingen

2.1. Geschäftsführende Direktoren der Max-Planck-Institute

Prof. Dr. Theo Geisel (MPI für Strömungsforschung)Prof. Dr. Peter Gruss (MPI für biophysikalische Chemie)Prof. Dr. Erwin Neher (MPI für biophysikalische Chemie)Prof. Dr. Thomas A. Trautner (MPI für experimentelle Medizin)

2.2. Nachwuchswissenschaftler und Nachwuchswissenschaftlerinnenaus den Max-Planck-Instituten

Dr. Nils Brose Dr. Martin SchwarzPD Dr. Stefan Hell Dr. Martial StaubDr. Michael Hoch Dr. Anne-Charlott TreppDr. Bernhard Jussen Dr. Peter VöhringerDr. Paola Pedarzani

2.3. Hochschulleitung und von der DFG geförderte Professorenund Professorinnen der Universität

Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Ludwig Schreiber (Präsident)

Prof. Dr. Kurt von Figura Prof. Dr. Ilona OstnerProf. Dr. Klaus Grubmüller Prof. Dr. D. D. h. c. Rudolf SmendProf. Dr. Horst Kern Prof. Dr. Jürgen TroeProf. Dr. Ulrich Mölk Prof. Dr. Gerhard Wörner

2.4. Jüngere von der DFG geförderte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen

PD Dr. Martin Horst PD Dr. Gerhard ThielDr. Gertrud Lohaus Dr. Joachim WittbrodtPD Dr. Ulrich Parlitz

3. Heidelberg

3.1. Direktoren der Max-Planck-Institute

Prof. Dr. Immo Appenzeller (MPI für Kernphysik)Prof. Dr. Steven V. W. Beckwith (MPI für Astronomie)Prof. Dr. Jochen A. Frowein (MPI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht)

Anhang C

76

Prof. Dr. Kenneth C. Holmes (MPI für medizinische Forschung)Prof. Dr. Konrad Mauersberger (MPI für Kernphysik)Prof. Dr. Bert Sakmann (MPI für medizinische Forschung)

3.2. Nachwuchswissenschaftler und Nachwuchswissenschaftlerinnen aus denMax-Planck-Instituten

Dr. Burkert Dr. Dean MaddenDr. Herbst Dr. Tobias StollDr. Harald Hutter Dr. Matthias WeidenmüllerDr. Hendrik Krawczynski Dr. Andreas Zimmermann

3.3. Hochschulleitung und von der DFG geförderte Professoren der Universität

Prof. Dr. Hartmut R. Kirchheim (Prorektor)Prof. Dr. Heinz-Dietrich Löwe (Prorektor)Romana Gräfin vom Hagen (Kanzlerin)Dr. Ulrike Albrecht (Forschungsdezernentin)

Prof. Dr. Claus-Rainer Bartram Prof. Dr. Rolf RannacherProf. Dr. Bernhard Dobberstein Prof. Dr. Kai SimonsProf. Dr. Klaus Fiedler Prof. Dr. Wolfgang StremmelProf. Dr. Tonio Hölscher Prof. Dr. Felix T. WielandProf. Dr. Bernd Jähne

3.4. Jüngere von der DFG geförderte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen

Dr. Barbara Borg PD Dr. Reimer KühnDr. Dirk Görlich Dr. Thomas ReißPD Dr. Rudolf Grimm PD Dr. Michaela WänkePD Dr. Michael Hampe

77

Anhang C

Anhang D

78

Frage 1:Stärken und Schwächen des deutschenForschungssystemsWorin erkennen Sie – im internationa-len Vergleich – besondere Vor- undNachteile der öffentlich finanziertendeutschen Forschung?Wo sehen Sie Handlungsbedarf für eineOptimierung der institutionellen Struk-turen und der Förderaktivitäten?

Im internationalen Vergleich sind für dasdeutsche System der öffentlich finanziertenForschung vor allem zwei Merkmale charak-teristisch:

a) Das Prinzip der wissenschaftlichen Selbst-verwaltung als Korrelat der grundgesetz-lich garantierten Freiheit der Wissen-schaft

b) die Vielgliedrigkeit des Forschungs-systems als Folge der föderalen staat-lichen Struktur Deutschlands in ihrer ge-schichtlichen Entwicklung.

zu a)Vom Ausland aus gesehen erscheint dieöffentlich finanzierte Forschung in Deutsch-land zunächst in Gestalt der Hochschulen,der DFG und der Max-Planck-Gesellschaft alsselbstverwalteten Einrichtungen. In ihnenenthält sich der Staat weitestgehend perso-neller und inhaltlicher Einflußnahme auf dieForschung. Dieser Teil des deutschen For-schungssystems ist im internationalen Ver-gleich einzigartig. Die von gegenseitigemRespekt geprägte Kooperation zwischenWissenschaft und Staat bietet Vorteile fürbeide Seiten. Die Erfolge und die internatio-nale Anerkennung des Sytems belegen dies.

Die direkte staatliche Forschungsförderungdurch den Bundesforschungsminister, dieauch die Industrie einbezieht, ist innerhalbder politisch definierten Programme zueinem erheblichen Teil ebenfalls wissen-schaftsgeleitet. In der Förderung der Instituteder Hermann von Helmholtz-Gemeinschaftund der Institute der Wissenschaftsgemein-schaft Gottfried Wilhelm Leibniz zeigen sichallerdings Übergänge zu direkter staatlicherEinwirkung auf die Inhalte der Forschung.

Die Zurückhaltung des Staates gegenüberinhaltlicher Steuerung bei Hochschulen, DFGund MPG ist um so wichtiger, als die Hoch-schulen ebenso wie die Forschungsförderungin Deutschland zu einem weit höheren Anteilals in manchen vergleichbaren Ländern staat-lich finanziert sind. Deutsche Stiftungen sindin ihrem Einfluß nicht vergleichbar mit Zahlund Größe privater Stiftungen im VereinigtenKönigreich oder in den USA.

Neben diesen Vorteilen gibt es auch Ein-schränkungen: Als staatlich alimentierte Ein-richtungen unterliegen die Hochschulen unddie Institutionen der Forschungsförderungohne für die Wissenschaft spezifische Aus-nahmen den rechtlichen und tariflichenRegelungen des öffentlichen Sektors bis hinzum Arbeitszeitgesetz. Die hierarchiebezoge-nen Strukturen des öffentlichen Dienstrechtsstehen in Spannung zu leistungsorientiertenPrinzipien, wie sie international gerade imWissenschaftssystem üblich sind. Sie tragenauch zu dem Phänomen bei, daß der wissen-schaftliche Nachwuchs einen überdurch-schnittlich großen Teil seiner Karriere inAbhängigkeit zubringt.

Antworten der DFG auf die Fragen der Evaluationskommission

79

Anhang D

Eine systembestimmende Schwierigkeit istdie Erosion der staatlichen Mittel für die For-schung. Zwar ist der Förderungshaushalt derDFG in den letzten zehn Jahren nominal ver-doppelt worden; diesem Zuwachs stehtjedoch ein proportional größerer Rückgangder Grundfinanzierung der Hochschulen undaußeruniversitären Forschungsinstitute ge-genüber. Davon sind in besonderem MaßeBaumaßnahmen, aber auch die laufendenEtats betroffen. Anders als z.B. in Hollandist dies erst in jüngster Zeit und in An-sätzen Resultat bewußter, forschungspo-litisch gewollter Verschiebungen zwischender Grundfinanzierung und der an Projek-te gebundenen Ergänzungsausstattung. DerWettbewerb um Forschungsmittel wirddadurch immer schärfer.

zu b)Das föderale System der Bundesrepublik hateine vielgestaltige ‚Landschaft‘ von Hoch-schulen und außeruniversitären Forschungs-einrichtungen und von Förderungsmöglich-keiten entstehen lassen. Seine Vorteile liegenin den Chancen der Institutionen zur selbst-bestimmten Entfaltung im Wettbewerbuntereinander, wobei sie von den Landesver-waltungen zum Teil zielbewußt und sach-kundig unterstützt werden, aber auch zwi-schen den Ländern selbst. Die Nachteile sindspiegelbildlich dazu:

Es gibt eher zu viel institutionellen Ego-ismus und zu wenig Kooperation und Ver-netzung. Auf die in fast allen westlichenLändern vorherrschende Verringerung derRessourcen reagieren viele Institutionen(allerdings mit großen Unterschieden nachForschungsstandorten) mehr mit Domä-nenabgrenzung als mit Kooperation.

Internationalität wird nicht hinreichendbegünstigt, u.a. weil der Koordinations-

aufwand zwischen länderspezifischenRegelungen und der gesamtstaatlichenEbene, verkörpert z.B. in der Kultus-ministerkonferenz, sehr hoch ist.

Handlungsbedarf besteht vor allem in dreier-lei Hinsicht:

Deregulierung: Maßnahmen zur Flexibilisie-rung der Vorschriften des öffentlichenDienst- und Haushaltsrechts in ihrer Anwen-dung auf wissenschaftliche Einrichtungenstehen seit langem auf der Tagesordnung vonBund und Ländern. Für die Hochschulen undForschungsinstitute wären sie die Vor-aussetzung eines stärker leistungsorientier-ten Managements. Für die DFG böten siewichtige Erleichterungen sowohl für ihrFörderhandeln als auch für ihre eigeneVerwaltung.

Vernetzung: Hochschulen und außeruniver-sitäre Forschungseinrichtungen können nurdurch mehr Arbeitsteilung und Zusammen-arbeit, durch die Bildung von Schwerpunktenmit einer kritischen Masse an kooperations-fähigen Forschern ihre Leistungsfähigkeitund ihre internationale Wettbewerbsfähig-keit verbessern. Die DFG trägt mit ihrenInstrumenten dazu bei und kann Akzentesetzen helfen; notwendig wären aber weiter-gehende Anreize und Unterstützung von sei-ten des Staates.

Internationalisisierung: Hochschulen undForschungsinstitute müssen für ausländischeStudenten und Wissenschaftler attraktiverwerden. Es fehlen in Deutschland Elementeeiner ‚Postdoktorandenkultur‘, was auch mitmangelnder kritischer Masse in vielen wis-senschaftlichen Einrichtungen zu tun hat.Mehr Attraktivität für ausländische Studen-ten erfordert transparentere, internationalkompatible Ausbildungsgänge.

Anhang D

80

Frage 2 :Position und Strategie der DFGInwieweit läßt sich die DFG als eineautonome Organisation charakterisie-ren? Worin sehen Sie Möglichkeitenund Grenzen der DFG im Hinblick aufdie wettbewerblich organisierte Ver-gabe von Drittmitteln an die verschie-denen Forschungsträger?Wie groß sind Ihre Handlungsspiel-räume, vor allem mit Blick auf Verände-rungen in der Ressourcenallokationzwischen verschiedenen Förderinstru-menten (Normalverfahren, Schwer-punktprogramme, Sonderforschungs-bereiche etc.) und zwischen denFächergruppen (z.B. zwischen Geistes-und Naturwissenschaften)?

Die DFG ist in weiten Bereichen ihres Han-delns autonom und hat hierdurch eine ein-zigartige, privilegierte Stellung:

Als privatrechtlich konstituierter Vereinsetzt sie ihre Ziele selbst und verfolgt sieeigenständig.

Die Mitglieder ihrer satzungsgemäßenOrgane werden (soweit nicht vom Staatentsandt) frei gewählt. Soweit Wissen-schaftler und Vertreter des Staatesgemeinsam entscheiden, geben in derPraxis stets die Argumente der Wissen-schaft den Ausschlag.

Die staatlichen Geldgeber enthalten sichprogrammatischer Vorgaben für dieInhalte der Forschung. Auch in derGestaltung der Förderinstrumente hat dieDFG weitgehende Freiheit, wenn sie dieInitiative ergreift.

Die Mittelvergabe orientiert sich aus-schließlich an innerwissenschaftlichen

Kriterien der Qualität und Exzellenz, derKooperation und der institutionellenStrukturen.

Die DFG kann sich bei ihrer Hauptauf-gabe, der Projektförderung, darauf kon-zentrieren, aufgrund der Beurteilungdurch unabhängige, nach ihrer Qualifika-tion und Neutralität bestimmte Gutach-ter im freien Wettbewerb der Forscherund ihrer Institutionen die besten Pro-jekte auszuwählen. AußeruniversitäreForschungseinrichtungen nehmen amWettbewerb teil, soweit sie mit Univer-sitäten kooperieren, und für die Arbeiten,für die sie nicht schon selbst – wie dieDFG – staatlich finanziert sind.

Auch in ihren weiteren Aufgaben, derwissenschaftlichen Politikberatung undder Pflege der Beziehungen zur ausländi-schen Wissenschaft, ist die DFG nichtdurch staatliche Vorgaben eingeschränkt.

Die inhaltliche Verantwortung für diegeförderten Forschungsarbeiten liegtausschließlich bei den Forschern und For-schungsinstitutionen, deren Selbstver-waltungsorganisation die DFG ist.

Die Spielräume für Entscheidungen zurRessourcenallokation sind im Zu-sammenwirken zwischen Vorstand, Präsi-dium, den in finanziellen Dingen alleinentscheidungsbefugten Vereinsorganenund den öffentlichen Geldgebern nichtunbegrenzt, aber groß:

Sieht man von zeitlich befristeten Sonder-programmen ab, so können die ge-meinsamen Zuwendungen von Bund undLändern für die Allgemeine Forschungs-förderung wie ein Globalhaushalt behan-delt werden. Die Abwägung zwischen

81

Anhang D

den darin konkurrierenden Ansprüchender Einzelförderung („Normalverfahren“)und der Schwerpunktprogramme istgemeinsame Aufgabe von Präsidium,Senat und Hauptausschuß, die Jahr fürJahr einvernehmlich gelöst wird. 1997wurden in 113 Schwerpunktprogram-men rund 282 Millionen DM bewilligt;das sind rund 23% der Mittel der Allge-meinen Forschungsförderung, ein lang-jährig konstanter Anteil.

Richtschnur für die Verteilung der Mittel desNormalverfahrens auf die Disziplinen ist diesatzungsgemäße Pflicht der DFG, der Wis-senschaft „in allen ihren Zweigen“ zu die-nen; sie interpretiert diese traditionell als Ver-bot der Setzung von Prioritäten nach anderenGesichtspunkten als solchen der wissen-schaftlichen Qualität. Diese Mittel werdenseit mehr als 10 Jahren nach einer im wesent-lichen durch die Antrags- und Bewilligungs-volumina der Vorjahre bestimmten Berech-nungsformel jährlich auf die Fächer verteilt.Diese nach Diskussionen immer wiederbestätigte Praxis ist ein Kompromiß, der denDisziplinen (repräsentiert u.a. in den gewähl-ten Fachausschüssen und in den Entschei-dungsgremien) faire und gleichartige Aus-gangsbedingungen im Wettbewerb umknappe Mittel sichern und dabei die Dynamikder Entwicklung in den einzelen Disziplinenberücksichtigen soll.

Im Einvernehmen zwischen Präsidium undHauptausschuß können im Rahmen diesesallgemeinen Grundsatzes sowohl Härten aus-geglichen als auch Prioritäten zugunsten for-schungspolitisch wichtiger Initiativen gesetztwerden. Beispiele für solche Initiativen sindder Beitrag der DFG zum deutschen Human-genomprogramm, die Förderung trilateralerKooperationsvorhaben zwischen Forschernin Deutschland, Israel und Palästina oder

auch die Förderung der Geisteswissenschaft-lichen Zentren. Die hierfür jährlich neu gebil-dete Reserve liegt in der Größenordnung von5% der Mittel für das Normalverfahren.

Bei den Schwerpunktprogrammen, Son-derforschungsbereichen und Graduier-tenkollegs resultiert die Verteilung ausEinzelfallentscheidungen im – stetsschwierigen, aber möglichen und ständigpraktizierten – Vergleich von Initiativenaus unterschiedlichen Feldern. Die Tat-sache, daß z.B.die Geisteswissenschaftenbei den Graduiertenkollegs überpropor-tional, an den Sonderforschungsberei-chen dagegen weniger beteiligt sind unddie Ingenieurwissenschaften umgekehrt,beruht auf unterschiedlichen ‚Fächer-kulturen‘ und Bedürfnissen, nicht aufVorgaben der DFG.

Die DFG ist in einigen wichtigen Bereichenihres Handelns nicht autonom:

Die Verwendung der Mittel unterliegtdem staatlichen Haushaltsrecht mit allenDetailbestimmungen, die in der Praxis oftrestriktiver ausgelegt werden, als es derForschung dienlich ist.

Ein bedarfsorientierter Ausgleich zwi-schen den nach unterschiedlichen Schlüs-seln finanzierten Kapiteln des Haushaltsder DFG außerhalb der Allgemeinen For-schungsförderung ist nur begrenzt mög-lich.

Bei den Graduiertenkollegs wendenBund und Länder trotz vielfältiger Bemü-hungen der DFG die sonst üblichenRegeln der Gemeinschaftsfinanzierungnicht an: der Landesanteil jedes geförder-ten Graduiertenkollegs wird einzelnbereitgestellt.

Anhang D

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Die DFG kann die Höhe der von ihrgewährten Stipendien nur mit Zustim-mung der staatlichen Seite festlegen;daraus resultieren immer wieder teils vor-übergehende (z.B. beim Kaufkraftaus-gleich im Fall von Wechselkursverände-rungen), teils dauerhafte und die Ziele derFörderung gefährdende Schwierigkeiten(z.B. bei der unzureichenden Höhe derStipendien in Graduiertenkollegs).

Die DFG unterliegt allen Restriktionen deröffentlichen Hand im Hinblick auf dieAusstattung ihrer Geschäftsstelle. Sowird trotz weiterhin rasch wachsenderArbeitslast und trotz Vermehrung derAufgaben der Bestand an Personalstellenseit mehreren Jahren systematisch redu-ziert.

Frage 3:FörderinstrumenteWie beurteilen Sie die Ausdifferen-zierung der Förderinstrumente mit Blickauf die prioritären Ziele der DFG?Welche Möglichkeiten sehen Sie, umden Herausforderungen multidisziplinä-rer Forschung zu begegnen?Inwieweit halten Sie insbesondere dieVerfahren für die Auswahl, Begut-achtung und begleitende Bewertungvon Sonderforschungsbereichen fürgeeignet, um den multidisziplinärenErfordernissen zu genügen?

Die DFG fördert nur Projekte, die nachGegenstand und Dauer bestimmt sind. Mitden Mechanismen ihrer Auswahl organisiertdie DFG den Wettbewerb zwischen den Per-sonen und Institutionen, die die Forschungtragen. Gleichzeitig versucht sie, mit ihrenInstrumenten die Strukturen der Forschung inihren Institutionen zu optimieren. Wie die

Initiative für Projekte und die Verantwortungfür deren Inhalt bei den Forschern liegen, soliegt die Initiative für Strukturverbesserungenbei den Universitäten und Forschungsinstitu-ten. Die DFG gibt dazu Anreize und stelltInstrumente zur Verfügung.

Die Förderinstrumente sind prinzipiell (mitden zu Frage 2 genannten Einschränkungen)in ihrem heutigen, historisch gewachsenenDifferenzierungsgrad gut geeignet, um dieseAufgaben effektiv wahrzunehmen, und wer-den bedarfsgerecht weiterentwickelt:

Die Grundform der Projektförderung(„Sachbeihilfe“) gewährt in den Grenzendes öffentlichen Haushaltsrechts größt-mögliche Flexibilität. Sie kann den ge-samten Bedarf an direkten Kosten einesinhaltlich und zeitlich definierten Projektseinschließlich internationaler Koopera-tion, Investitionen etc. abdecken. Anträ-ge sind im Einzelverfahren zu jeder Zeitund zu jedem beliebigen Thema möglich.Die fiskalisch begründete Begrenzung derDauer von rechtswirksamen Zusagen hatden Vorteil des Zwangs zu regelmäßigerErgebniskontrolle; die Dauer der Förde-rung der Projekte folgt dem wissen-schaftlich begründeten Bedarf. Die 1995beschlossene Eröffnung der Möglichkeit,Anträge für drei Jahre zu stellen, bewährtsich.

Neben der Projektförderung verfügt dieDFG über Instrumente der Personenför-derung durch Stipendien für die verschie-denen Phasen der Forscherkarriere nachder Promotion; mehr als 3000 Stipendia-ten werden gleichzeitig gefördert. DieDFG ist derzeit bestrebt, die historischgewachsene Vielfalt der Stipendienartenzu ordnen und zur Unterstützung frühe-rer Selbständigkeit für die besten Nach-

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wuchswissenschaftler neue Instrumentezu entwickeln (s.u. zu Frage 8).

Forschergruppen bilden ein besondersflexibles, auf mittelfristige Sicht angeleg-tes Exzellenzprogramm für kooperativeForschung. Sie können wissenschaftsge-leitete Schwerpunktbildungen in denUniversitäten vorbereiten.

Graduiertenkollegs setzen seit 1990 Bei-spiele für – meist interdisziplinäre – Kolle-gialität in der Förderung von Doktoran-den, die überregional ausgewählt werden.Sie sollen künftig auch Wege zur euro-päischen Zusammenarbeit bei Promo-tionsstudien eröffnen. Sie sind in beson-derem Maße strukturbildend, weil sieerstmals die Ausbildung von Doktorandensystematisieren und Anreize für eineBeschleunigung der Promotion geben.

Sonderforschungsbereiche haben in30 Jahren die Universitäten darauf ver-pflichtet, ihre Ressourcen dort zu kon-zentrieren, wo ihre produktivsten For-scher arbeiten, und so „centres ofexcellence“ zu bilden. Sie eignen sichauch besonders für die Kooperation überfachliche Grenzen hinweg. So hat bei-spielsweise der Tübinger Sonderfor-schungsbereich „Tübinger Atlas des Vor-deren Orients“ in Kooperation zwischenTheologen, Orientalisten, Archäologen,Geographen, Sozialwissenschaftlern undHistorikern im Verlauf seiner Förderungein für die Region einzigartiges, interna-tional stark nachgefragtes Kartenwerk,begleitet von monographischen Darstel-lungen zu Einzelproblemen, erarbeitet.Im Heidelberger Sonderforschungsbe-reich „Reaktive Strömungen, Diffusionund Transport“ werden chemische Reak-tionsprozesse in Strömungsreaktoren

und bei der katalytischen Verbrennung,das Zusammenspiel von Materietrans-port, Energieabstrahlung und Staubbil-dung in der Sternentstehung und Pro-zesse der Ausbreitung von Schadstoffenin Gewässern und im Boden in Koopera-tion zwischen Mathematikern, Chemi-kern, Verfahrenstechnikern, Astrophysi-kern, Hydrologen und Informatikernuntersucht. Ohne den Anreiz des För-derinstruments „Sonderforschungsbe-reich“ wäre eine Kooperation auf so brei-ter Basis nicht zustandegekommen.Sonderforschungsbereiche sind auchbevorzugte Orte der Förderung des wis-senschaftlichen Nachwuchses im Rah-men von Projektforschung.

Schwerpunktprogramme ermöglichenüberregionale und auch internationaleKooperation, gestützt auf Kolloquien mitGästen aus dem Ausland und Workshopsfür den wissenschaftlichen Nachwuchs,fast immer im Verbund mehrerer Diszipli-nen.

Der Gottfried Wilhelm Leibniz-Förder-preis gewährt besonders produktivenForschern ein Höchstmaß an Freiheit zurVerwirklichung ihrer wissenschaftlichenZiele.

Wir halten diesen hohen Differenzierungs-grad der Instrumente für außerordentlichvorteilhaft, weil auf diese Weise (wie schonoben zu Frage 2 ausgeführt) auch unter-schiedlichen Fächerkulturen Rechnung getra-gen werden kann.

Multidisziplinäre Forschung erfordert regel-mäßig die Kooperation von Forschern mitunterschiedlichen Erfahrungen, oft auchinstitutionellen Bindungen. Die DFG hat inder Förderung von Schwerpunktprogram-

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men, Forschergruppen und Sonderfor-schungsbereichen zahlreiche Beispiele dafür,daß ihre Instrumente und ihr Auswahlverfah-ren für multidisziplinäre Forschung taugen.Auch in der Einzelförderung, für die die fach-liche Bindung der Regelfall ist, werden multi-disziplinäre Vorhaben beantragt, begutach-tet und gefördert. Die DFG versucht, hierbeientstehenden Schwierigkeiten durch Verbes-serung der Kommunikation innerhalb derGeschäftsstelle und zwischen ihr und denGutachtern abzuhelfen, so beispielsweisedurch die Begutachtung komplexer Einzel-und Paketanträge durch Prüfungsgruppen, indenen alle für ein Verbundvorhaben wesent-lichen Arbeitsrichtungen vertreten sind.

Frage 4:Bearbeitung und Begutachtungvon AnträgenDie DFG verfügt über anerkannte Ver-fahren der Antragsbearbeitung und-begutachtung. Wenn Sie die Prozesseund Ergebnisse dieser Verfahren be-trachten (u.a. mit Blick auf den relati-ven Erfolg neuer vs. erneuter Antrag-steller, die Altersstruktur der gewähltenGutachter, die Einbeziehung ausländi-scher Experten, die Bearbeitungsfristen,die wachsende Tendenz zur Nutzungbibliometrischer Daten), welche Verbes-serungen halten Sie für erforderlich?Welche Konsequenzen sollte die DFGnach Ihrer Auffassung aus den Ergeb-nissen der „Antragstellerbefragung“ziehen?

Die Kernaufgaben der DFG sind die Auswahlder besten Projekte im Wettbewerb undderen sachgerechte Unterstützung. Dabei istder Wettbewerb nicht Selbstzweck, sondernMittel zur Optimierung der Qualität der For-schung. Der Überblick, den die Organisation

des Wettbewerbs erfordert und vermittelt,ermöglicht es, fachliche und institutionelleEntwicklungsmöglichkeiten sowie Chancenfür Kooperation und Vernetzung zu erken-nen und zu fördern.

Kritisch für die Qualität einer Antragsbear-beitung, die diesen Zielen gerecht wird, sinddie Möglichkeiten der Geschäftsstelle, jedemeinzelnen Forscher, der sich an die DFG wen-det, in seinen wissenschaftlichen Anliegendurch persönliche Beratung, durch die Aus-wahl der kompetentesten Gutachter unddurch eine zügige Entscheidungsfindunggerecht zu werden. Gleiches gilt für die insti-tutionellen Anliegen der Institutionen, die dieForschung tragen (vor allem der Universitä-ten).

Diese Möglichkeiten sind durch die rapideZunahme der Anträge in allen Verfahren in denletzten Jahren immer stärker eingeschränktworden. Allein im Normal- und Schwerpunkt-verfahren wurden 1997 rund 12.800 Anträgebearbeitet, rund 50% mehr als zehn Jahrezuvor. Davon waren fast 5.000 erfolglos, rund235% mehr als vor zehn Jahren. An die Stelleder gewünschten (und vor allem für nochunerfahrene Antragsteller wichtigen) indivi-duellen Betreuung droht vielfach ein ‚Massen-geschäft‘ mit allen dabei üblichen Nachteilenzu treten; die Unzufriedenheit einer wachsen-den Minderheit von Antragstellern, dokumen-tiert in der Befragung, zeigt neben derEnttäuschung mit zurückgehenden Bewil-ligungsquoten auch dies.

Die DFG bemüht sich intensiv um die Be-wahrung der Qualität ihrer Arbeit durchinterne Rationalisierungsmaßnahmen: Ver-einfachung der Entscheidungsabläufe, Nut-zung der Datenverarbeitung, Verbesserungder Kommunikation usw. Bisher haben dieseMaßnahmen den steigenden Antragsdruck

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bestenfalls kompensieren, aber keine wirk-same Abhilfe schaffen können. Die von derWissenschaft mit Recht geforderte Bera-tungs- und Betreuungsqualität zurückzuge-winnen, erfordert über diese Maßnahmenhinaus Verbesserungen in der Ausstattungder Geschäftsstelle, vor allem mit wissen-schaftlich qualifiziertem Personal.

Diese Wiedergewinnung der früher selbst-verständlichen Qualität ihrer Arbeit ist aus derSicht der DFG Voraussetzung für alle not-wendigen Einzelmaßnahmen:

Viele Erstanträge an die DFG sind Anträgeauf Stipendien. Hier, aber auch bei Erstan-trägen zur Projektförderung, gibt sich dieGeschäftsstelle besondere Mühe und sinddie Gutachter eher als sonst zu einem Ver-trauensvorschuß bereit. Erstantragstellerbenötigen im nicht seltenen Fall des Schei-terns des ersten Antrags ausführlicherHinweise aus der Begutachtung, vor allemmit dem Ziel, die Erfolgschancen einesüberarbeiteten Antrags zu steigern. Dasgeschieht in breitem Umfang, bedürfteaber der Intensivierung.

Der aktuelle Mittelwert von 6,7 MonatenBearbeitungszeit für einen Projektantragist unvertretbar hoch. Der Hauptaus-schuß der DFG soll Mitte 1998 über Vor-schläge zur Vereinfachung des Ent-scheidungsverfahrens in klaren Fällenentscheiden. Die Geschäftsstelle arbeitetan Modellen für eine Reorganisation derAntragsbearbeitung mit dem Ziel, dieProzeßverantwortung klar zu lokalisierenund Möglichkeiten der Datenverarbei-tung entsprechend dem Stand der Tech-nik umfassend zu nutzen.

Das (nicht grenzenlose) Potential zurGewinnung ausländischer Gutachter –

sie zu konsultieren erfordert besondereSorgfalt, Erfahrung und Beratung und diedafür nötige Zeit – sollte noch besser aus-geschöpft werden. Derzeit werden aus-ländische Gutachter in allen Förderungs-verfahren einzelfallbezogen konsultiert.Einzelanträge können in englischer Spra-che vorgelegt werden. Die DFG verlangtdies in solchen Programmen, für derenBegutachtung sie absehbar Hilfe vonaußerhalb des deutschen Sprachraumsbenötigt.

Ein intensiverer Dialog mit den Gutach-tern wäre auch zur Sicherung vergleich-barer Bewertungsmaßstäbe, z.B. auchzur Vermeidung unkontrolliert naiver Ver-wendung bibliometrischer Indikatoren,wichtig. Die DFG fühlt sich durch dieBeratungsergebnisse einer internationalbesetzten Kommission (Anfang 1998 ver-öffentlicht als „Vorschläge zur Sicherungguter wissenschaftlicher Praxis“) in demGrundsatz bestärkt, daß Publikationengelesen und inhaltlich gewürdigt, nichtgezählt werden sollten.

Ein wichtiges Ergebnis der Antragsteller-befragung ist die Wertschätzung desSystems der Legitimation der Fachgut-achter der DFG durch allgemeine Wahlenalle vier Jahre: fast 60% der Befragtenhalten dies Prinzip für „sehr wichtig“.

Erfahrung in der Forschung und Anerken-nung im Fach sind wichtige Kriterien fürdie Wahl zum Fachgutachter der DFG. Daserklärt das im Vergleich zu den Antragstellern(die im Schnitt mit rund 48 Jahren etwa inder Mitte ihrer wissenschaftlichen Karrierestehen) zunächst hoch erscheinende Durch-schnittsalter der amtierenden gewähltenFachgutachter von rund 56 Jahren.

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Die Erfahrung der gewählten Gutachter undinsbesondere der Vorsitzenden der Fachaus-schüsse bewährt sich in der Schlußphase derEntscheidungsfindung gerade unter wach-sendem Selektionsdruck. In Kooperation mitihnen und mit den gewählten Mitgliedernder Organe der DFG wählen die Fachreferen-tinnen und Fachreferenten der Geschäfts-stelle für alle kooperativen Programme undfür viele Einzelanträge zusätzlich zu dengewählten Fachgutachtern spezifisch sach-kundige Gutachter aus dem In- und Ausland,bevorzugt auch jüngere, nach den überallüblichen Kriterien der Urteilsfähigkeit, Fach-kompetenz und Integrität frei aus. Nachaktuellen Erhebungen liegt der Anteil dieser‚Sondergutachter‘ an den insgesamt beteilig-ten Gutachtern in der Einzelförderung bei ca.50% (mit Unterschieden nach Fachgebie-ten), in den übrigen Verfahren zum Teil weitdarüber.

Für die nächsten Wahlen zu den Fachaus-schüssen der DFG ist eine Erhöhung der Zahlder Gutachter in allen geeigneten Fachaus-schüssen geplant. Die DFG wird auch denvorschlagsberechtigten wissenschaftlichenFachgesellschaften die Erwartung vermitteln,daß mehr jüngere Wissenschaftler nominiertwerden.

Die Auswahl der jeweils am besten geeig-neten Gutachter ist das für die Quali-tät der Arbeit der DFG bestimmendeSystemelement. Die Geschäftsstelle derDFG ist hier im internationalen Vergleichin einer schwierigen Situation; denninfolge der Antragsentwicklung des letz-ten Jahrzehnts hat ein Fachreferent derDFG inzwischen mehr als drei mal so vieleEinzelanträge zu bearbeiten wie z.B. einprogram officer in der National ScienceFoundation (Zahlen des US GeneralAccounting Office, s. a. Australian Re-

search Council: The Peer Review Process,Canberra 1997, S. 147f.); hinzu kommtdie fachliche Betreuung der Graduierten-kollegs, der Sonderforschungsbereicheund aller übrigen Verfahren. Die Zeit, dieKenntnis geeigneter Gutachter z.B.durch Teilnahme an wissenschaftlichenKongressen oder durch regelmäßigesVerfolgen der Publikationen aktuell zuhalten, ist dadurch extrem eingeschränkt.

Frage 5:Situation in den UniversitätenInwieweit sehen Sie in den institutio-nellen Strukturen und finanziellen Rah-menbedingungen der Universitäteneine Gefahr für die Leistungsfähigkeitder deutschen Grundlagenforschung?Welche Veränderungen halten Sie fürerforderlich?

Die Universitäten in Deutschland sind trotzverbreiteter und zum Teil auch berechtigterKritik an Mängeln ihrer Struktur und Organi-sation die Basis eines im ganzen funktionsfä-higen und international konkurrenzfähigenForschungssystems. Sie bilden den wissen-schaftlichen Nachwuchs für alle Bereiche aus,in denen Wissenschaft betrieben wird oderals Grundlage des Handelns dient.

Im Verhältnis zur Größe dieser Aufgabe wirddie Finanzierung der Universitäten demBedarf weder im investiven Bereich (wo es vorallem in den neuen Bundesländern noch sehrgroße Defizite gibt) noch bei den laufendenKosten gerecht. Sie orientiert sich außerdemmehr an schematischen Kriterien der Ausbil-dungskapazität als an den Bedürfnissen derLehre oder der Forschung.

Vergleicht man die Universitäten mit demDFG-System, so ist dort noch breiter Raum

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für Verfahren der leistungsorientiertenMittelvergabe, wie sie der Wissenschaftsratspätestens seit 1979 empfohlen hat. Gleichesgilt, von Ausnahmen abgesehen, für dieFinanzierung der Universitäten durch ihrestaatlichen Träger.

Eine Reihe von Universitäten hat lebendigeKooperationsbeziehungen zu Partnerinsti-tutionen im Ausland, auf deren GrundlageStudenten und junge Wissenschaftler aus-getauscht werden und gemeinsame For-schungsarbeiten gepflegt werden können.Solche aktiven Beziehungen verdienen überihre geläufige Unterstützung durch über-regionale Einrichtungen hinaus auch mehruniversitätsinterne Ressourcen. Universitätenund staatliche Instanzen könnten besserzusammenarbeiten, um die regulativenHemmnisse für die Aufnahme von Auslän-dern in Deutschland (nicht nur im akademi-schen Bereich) zu reduzieren.

Würden die erfolgreichen, aber noch zuwenig zahlreichen Beispiele einer Verteilungder Mittel für Lehre und Forschung nach Lei-stungsgesichtspunkten auf breiterer Basis indie Praxis umgesetzt, so wären die Univer-sitäten auch in größerem Umfang in derLage, in Arbeitsteilung mit anderen Univer-sitäten und in Kooperation mit benachbartenForschungsinstituten Prioritäten in ihremAngebot zu setzen und sich zu spezialisieren.Nur an den Grenzen hinreichend großer Ein-richtungen entstehen Freiräume für Grenz-überschreitungen. Die von der DFG 1997 ver-öffentlichte Statistik ihrer Bewilligungennach Hochschulen zeigt, daß Spezialisierungund leistungsorientierte Förderung der wis-senschaftlich stärksten Gruppen auch aushochschulinternen Mitteln sich für die Uni-versitäten lohnen.

Die Universitäten haben zu wenig Spielraum

für die Förderung des wissenschaftlichenNachwuchses und nutzen vorhandenenSpielraum zu selten. Frühe Selbständigkeitvon Nachwuchswissenschaftlerinnen und-wissenschaftlern wird zu wenig gefördert.

Da erprobte Mechanismen zur flexiblen Allo-kation knapper Mittel an die leistungsstärk-sten Gruppen noch nicht allgemein verbreitetsind, haben die Universitäten häufig Schwie-rigkeiten, die von der DFG vorausgesetzteGrundausstattung für die geförderten Pro-jekte zu garantieren. Das steht auch Partner-schaften untereinander und mit außeruniver-sitären Institutionen (einschließlich desprivaten Sektors) häufig noch im Weg.

Die DFG hat, wie u.a. zu den Fragen 3 und 7ausgeführt wird, ihre Förderinstrumente imLauf der Zeit immer stärker in die Richtungvon Anreizen zu Strukturverbesserungen inden Universitäten entwickelt. Universitäten,die konsequent an ihrem eigenen Profil arbei-ten, sind am besten in der Lage, hiervonGebrauch zu machen.

Frage 6:Wissenschaft und WirtschaftWelche Veränderungen beobachten Siean den Schnittstellen zwischen öffent-lich finanzierter und privatwirtschaft-lich betriebener Forschung?Was könnte die DFG tun, um die von ihrgeförderten Wissenschaftler darin zuunterstützen, das wirtschaftliche Inno-vationspotential ihrer Forschung zuerschließen?

Die wichtigste Aufgabe der Universitäten imVerhältnis zum privaten Sektor wird vonihnen selbst, aber auch von den Unterneh-men, darin gesehen, qualifizierten und moti-

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vierten Studierenden die Möglichkeit zugeben, ihre Talente optimal zu entfalten, also:die Personen auszubilden, durch die ein„Wissenstransfer über Köpfe“ erst möglichwird. Dementsprechend sieht die DFG ihreHauptaufgabe darin, die leistungsstärkstenGruppen in den Universitäten bei selbstge-wählten, innovativen Projekten zu unterstüt-zen, in denen wissenschaftlicher Nachwuchsdurch unmittelbare Beteiligung an der For-schung herangebildet wird.

Über die traditionell starken Wechselbezie-hungen z.B. in der Chemie und vor allem inden Ingenieurwissenschaften (wo mehrheit-lich Industrieerfahrung seit jeher ein Krite-rium für die Berufung auf einen Lehrstuhl ist)hinaus öffnen sich Universitäten und For-schungsinstitute in letzter Zeit in einem spür-bar breiteren Fächerspektrum als früher füreine Kooperation mit der Wirtschaft. Die Ein-sparungen in der unternehmensinternen For-schung haben viele Unternehmen motiviert,auch ihrerseits mehr Kontakte zu Universitä-ten zu suchen. Das Interesse von Nach-wuchswissenschaftlern an Unternehmens-gründungen wächst.

Forschung in Kooperation zwischen öffent-lich finanzierten Institutionen und Unterneh-men ist Ziel vieler Förderprogramme desBundesministeriums für Bildung, Wissen-schaft, Forschung und Technologie; sie istauch eine Hauptaufgabe der Fraunhofer-Gesellschaft und die Hauptaufgabe der Ar-beitsgemeinschaft industrieller Forschungs-vereinigungen. Auch die DFG begleitet undunterstützt diesen Prozeß:

Mit den Innovationskollegs, einem ausSondermitteln des Bundesforschungsmi-nisteriums finanzierten Programm zurstrukturellen Stärkung der Universitätenim neuen Bundesgebiet, unterstützt die

DFG dort Kooperationen zwischen Uni-versitäten und außeruniversitären Ein-richtungen einschließlich der Wirtschaft.

Als Pilotprogramm im Rahmen des Pro-gramms der Sonderforschungsbereichefördert die DFG seit 1996 Transferberei-che. Sie versteht darunter eine projekt-förmig konzipierte, sachlich und zeitlichdefinierte Kooperation zwischen For-schungsinstituten und Industrieunterneh-men oder anderen Anwendern. Transfer-bereichearbeiten im vorwettbewerblichenFeld; ihre Arbeit endet mit dem Erreichenprototypischer Ergebnisse. Sie stehenallen Wissenschaftsgebieten offen. DieInitiative für Transferbereiche liegt auf derwissenschaftlichen Seite. Forscher undAnwender begegnen sich als gleichbe-rechtigte Partner. Mittel der DFG fließennur in den Hochschulteil und ggf. denaußeruniversitären Institutsteil des Trans-ferbereichs. Die Anwender tragen die aufsie entfallenden Kosten selbst. Die Publi-kationsfreiheit, ein Eckpunkt bei allen För-dermaßnahmen der DFG, gilt auch hier.Verallgemeinerungsfähige Arbeitsergeb-nisse werden allen Interessenten in Wis-senschaft und Anwendung zugänglichgemacht. Im Jahr 1997 wurden fünfTransferbereiche mit zusammen 4,2 Mil-lionen DM (von insgesamt 554 MillionenDM Bewilligungen für Sonderforschungs-bereiche) gefördert.

Die DFG kann seit Anfang 1998 fürErgebnisse von Projekten, die sie geför-dert hat, die Anmeldung gewerblicherSchutzrechte aus ihren Mitteln mit bis zu90% der notwendigen Kosten unterstüt-zen. Wirtschaftliche Gewinne, die bislangbis zur Höhe der Förderung voll an dieDFG zurückzuzahlen waren, könnenkünftig im Rahmen der geltenden recht-

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lichen Regelungen zu zwei Dritteln in derInstitution verbleiben, wo die Gewinneerzielt worden sind.

Die DFG entwickelt derzeit weitere Maßnah-men, um insbesondere neue Produktideenund das Potential an Unternehmensgrün-dungen durch Nachwuchswissenschaftlergezielter und wirksamer zu erschließen undzu unterstützen.

Frage 7:Europäische ForschungsförderungWelche Strategie verfolgt die DFG mitBlick auf die künftige Rolle der Euro-pean Science Foundation, möglicheWechselwirkungen mit den Forschungs-programmen der Europäischen Unionund nicht zuletzt mit Blick auf eine Stei-gerung der Attraktivität deutscherHochschulen und Forschungseinrichtun-gen für ausländische Nachwuchswissen-schaftler (z.B. in den Mobilitätspro-grammen)?

Aus der Sicht der DFG wird eine in vernünfti-ges praktisches Förderhandeln umsetzbareDefinition von Zielen und Prioritäten der For-schungsförderung durch die EU unter den Prä-missen des Artikels 130f. des MaastrichterVertragswerks und der unterschiedlichen Inte-ressen von Industrie, akademischer Forschungund Mitgliedstaaten auch mit dem 5. Rah-menprogramm nur in unvollkommener Nähe-rung erreicht werden können. Schon das,mehr noch die Schaffung von Voraussetzun-gen für die Attraktivität als Partner in europä-ischen Programmen, verlangt eine weiterhinstarke, nach eigenen Prioritäten handelndeeinzelstaatliche Forschungsförderung.

Die DFG setzt sich als Mitglied der ESF dafürein, die europäische Zusammenarbeit unter

den Forschern und die Rolle der ESF in ihr zustärken.

Die DFG würde eine stärkere Rolle der ESF inden wissenschaftsgeleiteten Programmender EU begrüßen und hofft, gemeinsam mitihren Partnern bei den EUROHORCs und inder ESF eine Willensbildung – insbesondereauch in der EU – in diesem Sinne zu erreichen.

Durch die Etablierung und Förderung derHilfseinrichtung KoWi hat die DFG das Infor-mationsangebot für Wissenschaftler inDeutschland über die Programme der EU unddie europäische Vernetzung kontinuierlichverbessert. KoWi engagiert sich in Koopera-tion mit vergleichbaren Stellen anderer euro-päischer Länder zunehmend in der Ver-mittlung von Forschungspartnerschaften inEuropa und, seit Abschluß des Abkommenszwischen der EU und den USA, auch unterEinbeziehung amerikanischer Einrichtungen.

Die Attraktivität deutscher Universitäten fürausländische Studenten und Wissenschaftlerzu verbessern, ist ein wichtiges Ziel der ver-antwortlichen Regierungen von Bund undLändern, der hiermit speziell befaßten Mitt-lerorganisationen (der Alexander von Hum-boldt-Stiftung und des Deutschen Akademi-schen Austauschdienstes), und nicht zuletztder Universitäten selbst. Die DFG hat in ihrenFörderverfahren folgende Anreize dazu ent-wickelt:

Seit jeher können in Schwerpunktpro-grammen Arbeitsgruppen in Nachbarlän-dern auch aus Mittel der DFG gefördertwerden, wenn auf ihren Beitrag für dieZiele des Programms nicht verzichtet wer-den kann. Auch die Kooperation mit Part-nerorganisationen in Nachbarländern zurgemeinschaftlichen und arbeitsteiligenFörderung gemeinsam entwickelter Pro-

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gramme hat sich bewährt; die DFG würdedies Modell gern ausweiten.

Das Verfahren der Sonderforschungsbe-reiche soll, unter Wahrung des für dieSchwerpunktbildung in den Trägerhoch-schulen weiterhin wesentlichen Ortsprin-zips im Inland, grenzüberschreitende Ko-operationen künftig gezielt ermöglichen.

Europäische Graduiertenkollegs sollenFakultäten einer deutschen und mindes-tens einer ausländischen Universität ingemeinsamen Angeboten für die post-graduale Ausbildung zusammenführen.

Das Gastprofessurenprogramm der DFGist Anfang 1998 in seinen Förderungsbe-dingungen attraktiver gestaltet worden,um sowohl den Universitäten als auchausländischen Gastwissenschaftlern bes-sere Bedingungen zu eröffnen.

Frage 8:NachwuchsförderungWorin liegen aus Ihrer Sicht die beson-deren Leistungen der bisher praktizier-ten Nachwuchsförderung durch dieDFG? Erkennen Sie in der bisherigenPraxis Defizite oder Versäumnisse?Wie bewerten Sie die verschiedenenFörderinstrumente (z.B. die Habilitan-denförderung) mit Blick auf das zuneh-mend für wichtig gehaltene Ziel, jünge-ren Wissenschaftlern früher als bisherMöglichkeiten zu selbständiger For-schung zu eröffnen? Welche Modifika-tionen halten Sie für erforderlich?

Die DFG hat mit ihren Stipendienprogram-men (als größter Stipendiengeber in Deutsch-land für promovierte Nachwuchswissen-

schaftler) erheblich dazu beigetragen, daß esin hinreichendem Umfang internationalerfahrenen Nachwuchs für Hochschulen undForschungsinstitute gibt. Insgesamt werdenmehr als 3000 Stipendiaten pro Jahr gleich-zeitig gefördert. Von den jüngeren Stipen-diaten, denen Forschungs- und Postdoktor-andenstipendien gewährt werden, gehenfast 90% ins Ausland.

Besonders erfolgreich in der Qualifizierungdes Hochschullehrernachwuchses ist dasHeisenberg-Programm. Das wird u.a. darinsichtbar, daß über 70% Stipendiaten diesesProgramms ihr Stipendium vorzeitig zurück-geben, weil sie einen Ruf auf eine Professuroder eine vergleichbare Position angenom-men haben.

Die Habilitandenförderung nach den Hoch-schulsonderprogrammen des Bundes undder Länder hat zur Vorbereitung des gegen-wärtigen Generationswechsels an vielen Uni-versitäten nicht nur in den Geisteswissen-schaften wichtige Wirkungen gehabt undseit 1990 zu einem beachtlichen Anstieg derZahl der Habilitationen beigetragen.

Neben der direkten personenbezogenen För-derung trägt die DFG indirekt durch dieBewilligung von Mitteln zur Beschäftigungwissenschaftlicher Mitarbeiter in Projektenerheblich zur Förderung des wissenschaft-lichen Nachwuchses bei. In allen Förderver-fahren wurden so im Jahr 1997 rund 20.000Wissenschaftler, großenteils Doktorandenund jüngere promovierte Nachwuchskräfte,unterstützt.

Mit den Graduiertenkollegs, die besondersqualifizierten Gruppen von Hochschullehrerndie Möglichkeit eröffnen, ihre Doktorandenüberregional leistungsbezogen auszuwählenund im Rahmen eines Forschungsprogramms

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gezielt zu fördern, hat die DFG einen aner-kannten Beitrag zur Verbesserung der Nach-wuchsförderung in der Promotionsphasegeleistet.

Neben diesen Erfolgen sind auch Defiziteunverkennbar:

Die DFG kann ihre Stipendiatinnen und Sti-pendiaten individuell nicht so betreuen wiebeispielsweise die Alexander von Humboldt-Stiftung oder auch die Studienstiftung desDeutschen Volkes.

Zur Wiedereingliederung der Stipendia-ten in die deutschen Forschungsinstitu-tionen nach ihrer Rückkehr aus dem Aus-land trägt die DFG nur in geringem Maßebei; die Stipendiaten sind hier weitge-hend auf sich selbst angewiesen.

Der DFG fehlen die Ressourcen, konti-nuierlich belastbare Daten über Erfolge,Karrieren, über die Qualität der Gruppen,in denen Stipendiaten ihre Arbeit nachAbschluß des Stipendiums fortführen,etc. zu erheben und auszuwerten.

Nachwuchswissenschaftler können beider DFG grundsätzlich nicht ihre eigeneStelle beantragen. Diese Einschränkunghat forschungspolitische Gründe: dieDFG stellt nur eine die Grundausstattungergänzende Projektfinanzierung bereit;die Projektleiter sollten in ihrer Institutionfest verankert sein. Für Nachwuchswis-senschaftler kann dieses Prinzip jedocheinen Zwang zu Anpassungsleistungenzur Folge haben, die ihrer eigenständigenwissenschaftlichen Entwicklung nichtnotwendig förderlich sind.

Die Höhe der Stipendien ist dem Einflußder DFG weitgehend entzogen (siehe

auch zu Frage 2). Am gravierendstenwirkt sich dies in den Graduiertenkollegsaus: Nach ihrer Zielsetzung und nach derIntensität des Wettbewerbs um die För-derung sind sie ein Exzellenzprogramm;die Höhe der Stipendien ist jedoch mitden geläufigen Alternativen der Förde-rung von Doktoranden nicht konkurrenz-fähig: sie liegt derzeit um rund 400 DM/Monat unter der für Doktoranden in Pro-jekten typischen Vergütung nach BAT IIahalbtags.

Die DFG hat sich vor allem in der jüngstenVergangenheit intensiv um einen Ausgleichdieser Defizite bemüht:

Bei der Höhe der Stipendien in Graduier-tenkollegs setzt sie ihre Bemühungenfort, auch wenn Erfolge bislang ausge-blieben sind.

Im Programm der Sonderforschungsbe-reiche besteht seit langem die Möglich-keit der Förderung selbständiger Nach-wuchsgruppen einschließlich derFinanzierung der Stelle des Projektleiters.Die Sonderforschungsbereiche werdenseit 1997 ermutigt, hiervon vermehrtGebrauch zu machen.

Im Jahr 1997 ist ein Pilotprogramm„Nachwuchsgruppen in den Biowissen-schaften“ angelaufen, das innerhalb derRegeln der Allgemeinen Forschungsför-derung die Beantragung der Stelle desProjektleiters erlaubt. Es können pro Jahrdrei Gruppen in die Förderung aufge-nommen werden. Die DFG erwägt dieAusweitung dieses Programms auf alleDisziplinen und eine Erhöhung der Zahlder Bewilligungen.

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Dem Bundesforschungsminister liegt einVorschlag für ein gesondert zu finanzie-rendes „Emmy Noether-Programm zurFörderung des wissenschaftlichen Nach-wuchses“ vor. Es soll für bis zu 100 Nach-wuchswissenschaftler pro Jahr einenzweijährigen Auslandsaufenthalt und imAnschluß daran die dreijährige Förderungeiner kleinen Nachwuchsgruppe ein-schließlich der Projektleiterstelle ermög-lichen.

Frage 9:Qualitätssicherung und ErfolgskontrolleWelche Stärken und Schwächen weisennach Ihrer Auffassung die bisher prakti-zierten Verfahren der Ergebnisbewer-tung auf? Welche Leistungsindikatorenwerden genutzt? Welche Möglichkeitenzur Bewertung des Erfolgs sowohl ein-zelner Förderungsmaßnahmen als auchverschiedener Förderinstrumente sollenkünftig verstärkt genutzt werden?

Voraussetzung für jede Förderung durch dieDFG sind nachgewiesene Leistungen. Wich-tigstes Kriterium dafür sind bei neu einge-reichten Projekten veröffentlichte Vorarbei-ten, bei der Fortführung bereits geförderterProjekte der durch Publikationen ergänzteBericht über die bisherige Arbeit. Der DFG istbewußt, daß die Bewertung der Ergebnissevon Forschungsarbeiten in immer breiteremUmfang ein entscheidendes Kriterium für dieVergabe von Mitteln auch aus den Etats derUniversitäten und Forschungsinstitute wird.

Eine wichtige Randbedingung für die Erfolgs-kontrolle von Projekten ist die Motivation derGutachter. Gutachter konzentrieren ihre Auf-merksamkeit auf Projekte, deren weiterenVerlauf sie durch ihr Votum beeinflussen kön-

nen. Sie sind regelmäßig weniger motiviert,sich zu Sachverhalten zu äußern, die nichtmehr geändert werden können, mithin auchzu definitiv abgeschlossenen Projekten.

Der Anteil von Anträgen auf neue Projekte istin den einzelnen Förderungsverfahren unter-schiedlich. In der Einzelförderung liegt er –mit charakteristischen Abweichungen inmanchen Fächern – bei 60% und darüber. InSchwerpunktprogrammen sind definitions-gemäß zu Beginn alle Projekte neu; im Ver-lauf der sechsjährigen Förderung wächst derAnteil der Fortsetzungen stark an. Das ent-spricht dem Förderungsziel, mittelfristigangelegte Kooperationen zu unterstützen.Ähnlich hoch ist der Anteil längerfristig ange-legter Vorhaben in Sonderforschungsberei-chen.

Die zu beobachtenden Stärken und Schwä-chen der Ergebnisbewertung in der DFG ent-sprechen dieser Ausgangslage:

Projekte, deren Begutachtungsturnus kür-zer ist als die Projektlaufzeit, werden beijedem Fortsetzungsantrag (der prinzipiellmit den gleichzeitig vorgelegten neuenAnträgen konkurriert) auf der Grundlagedes Arbeitsberichts und der Publikationenvon Gutachtern bewertet. Kritik wird denProjektleitern mitgeteilt; sie kann zu Ein-schränkungen und auch zum Abbruch derFörderung führen. In diesem Bereich siehtdie DFG keine prinzipiellen Schwächen. Sosind z.B. Begutachtungen von Sonderfor-schungsbereichen – sofern es sich umFortsetzungsanträge handelt – immerzugleich ex post-Evaluationen erzielterErgebnisse und ex ante-Evaluationengeplanter Arbeiten. Als Leistungsindikatorwird neben den im Arbeits- und Ergebnis-bericht dargestellten Ergebnissen (Soll-Ist-Vergleich) vor allem auf deren Doku-

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mentation durch Veröffentlichungen zu-rückgegriffen. Hierbei gibt es fachspezi-fisch unterschiedliche Usancen und Maß-stäbe. Daneben spielen aus dem SFBhervorgegangene Berufungen, Habilita-tionen, Dissertationen und Diplomarbei-ten eine Rolle.

Bei stärker anwendungsorientierter Grund-lagenforschung treten weitere Kriterienhinzu, die ein höheres Gewicht erlangensollten, als dies derzeit der Fall ist. Darunterfallen z.B. angemeldete Patente oder Ge-brauchsmuster, auf SFB-Ergebnissen aufbau-ende Industriekooperationen oder Firmen-ausgründungen. Systematisch werden dieErgebnisse eines SFB anhand anwendungs-bezogener Leistungskriterien geprüft, wennein aus diesem SFB hervorgegangener Trans-ferbereich (TFB) begutachtet wird. Da dieFörderung von Transferprojekten an einepositive Evaluation der SFB-Arbeiten ge-knüpft ist, stellen TFB-Begutachtungen u.a.auch ein wirksames Instrument der Er-folgsbewertung bei Abschluß von anwen-dungsorientierten Sonderforschungsberei-chen oder Teilprojekten dar.

Berichte über abgeschlossene Einzelpro-jekte – die Verwendungsrichtlinien ent-halten dafür seit Anfang 1998 einenstrukturierten Leitfaden, der auch dieBereitstellung von Zusammenfassungender Berichte im Internet vorbereiten soll –werden ebenfalls Gutachtern vorgelegt.Ihre Stellungnahmen werden den Pro-jektleitern übermittelt und zu den Aktengenommen. Dieser Bereich der Ergebnis-bewertung hat systembedingte Schwä-chen: Die Aufmerksamkeit der Gutachterist begrenzt und nicht beliebig steige-rungsfähig. Die DFG ist im Begriff, ihreBearbeitungsregeln dergestalt zu ändern,daß die Bewertung der Berichte über

abgeschlossene Projekte den Gutachternspäterer, neuer Anträge derselbenGruppe obligatorisch mit zugänglichgemacht wird.

Die Bewertung abgeschlossener größe-rer, kooperativer Projekte wird hier amBeispiel der Sonderforschungsbereichedargestellt: SFB sind zur Vorlage vonAbschlußberichten oder -büchern ver-pflichtet. Diese werden Gutachtern vor-gelegt. Manche SFB veranstalten darüberhinaus Abschlußkolloquien. Für einestrenge Ergebnisbewertung als hinderlicherweist sich jedoch die Tatsache, daß dieBewertung nicht wie bei Fortsetzungenunmittelbar als Voraussetzung einerneuen Bewilligung wirkt. Wo Evaluationzum Selbstzweck wird oder höherenZwecken dient, die über den konkretenAnlaß hinausgehen, fehlt der notwen-dige Verpflichtungsdruck. Dies gilt inähnlicher Weise für andere DFG-Verfah-ren. Voraussetzung für eine strengereDurchführung von Abschlußbegutach-tungen wären deshalb eine systemati-schere Erfassung ihrer Ergebnisse sowiekonkrete Auswirkungen auf die Chanceneiner weiteren Förderung in anderen Pro-jekten oder Verfahren der DFG.

Ähnliche Feststellungen kann man über dieBewertung abgeschlossener Schwerpunkt-programme durch den Senat der DFG treffen.Die für SFB dargestellten Probleme sind hierdadurch verschärft, daß die Koordinatorender Schwerpunktprogramme rein altruistischtätig sind und für ihre Berichtstätigkeit in allerRegel bisher keine besondere Unterstützungerhalten.

Über größere Förderungsprogramme (Bei-spiele sind die Friedens- und Konfliktfor-schung, Klinische Forschergruppen, Gra-

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duiertenkollegs, Innovationskollegs, dieHabilitandenförderung, das Heisenberg-Pro-gramm, die Sonderforschungsbereiche) legtdie DFG selbst auf Anforderung der Geld-geber und anderer Instanzen, z.B. des Wis-senschaftsrates, Berichte vor. Alle dieseBerichte schließen Bewertungen ein, wobeidie Leistungsindikatoren sich jeweils an denProgrammzielen orientieren. z.B. ist ein Lei-stungsindikator für das Programm KlinischeForschergruppen, inwieweit die strukturver-bessernde Zielsetzung des Programms (dau-erhafte Etablierung von Forschungseinhei-ten, die in den Grundlagendisziplinen der

Medizin kompetent sind, in Hochschulklini-ken) verwirklicht werden konnte; ein Lei-stungsindikator der Graduiertenkollegs istdie erreichte Verkürzung der Promotions-dauer im Vergleich zum jeweiligen Umfeld.Die unabhängige Beurteilung einzelner För-derprogramme durch den Wissenschaftsrat(Graduiertenkollegs, Klinische Forschergrup-pen, Sonderforschungsbereiche) ist einbewährtes Systemelement nicht zuletzt des-halb, weil hierdurch die DFG aus ihrer ange-stammten Rolle des Evaluators in die Situa-tion gebracht wird, selbst Rechenschaft überihre Verfahren und Maßstäbe abzulegen.

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Frage 1:Stärken und Schwächen des deutschenForschungssystemsWorin erkennen Sie – im internatio-nalen Vergleich – besondere Vor- undNachteile der öffentlich finanziertendeutschen Forschung? Wo sehen SieHandlungsbedarf für eine Optimierungder institutionellen Strukturen und derFörderaktivitäten?

Das politisch und historisch bedingte, deut-sche Forschungssystem erlaubt insgesamteine positive Bilanz.

Die Stärken des Systems beruhen auf

der institutionellen Struktur, die dasföderal-dezentral organisierte politischeSystem der Bundesrepublik Deutschlandwiderspiegelt

der Unterscheidung zwischen (selbst-forschenden) Forschungsträgerorgani-sationen und (andere Forscher und Insti-tutionen fördernde) Forschungsförder-organisationen

der funktionalen Arbeitsteilung in derForschung (differenzierte Aufgabenstel-lung, mögliche Kooperationslinien, Wett-bewerbsbedingungen zwischen den Be-teiligten)

den Universitäten mit ihrem alle Diszi-plinen umfassenden Auftrag in For-schung und Lehre als Basis des For-schungssystems

der grundgesetzlich garantierten Frei-heit der Forschung und der daraufberuhenden wissenschaftlichen Selbst-organisation

der primär personenorientierten För-derung und

der internationalen Vernetzung.

(Detaillierte Ausführungen dazu vgl. S. 4–8der übersandten Informationsschrift „DieMPG und ihre Institute“.)

In bestimmten Bereichen besteht Notwen-digkeit, die vorhandenen Strukturen zu opti-mieren:

Eine optimale Kooperation zwischenden Institutionen und Organisationensetzt zunächst eine klare Aufgabenab-grenzung und eine optimale Aufgaben-erfüllung der einzelnen Teile voraus.Angesichts der besonderen Bedeutungder Universitäten in der deutschen For-schungslandschaft wäre grundsätzlicheine eigenverantwortliche Schwerpunkt-setzung im Fächerangebot sowie einedeutliche Verbesserung der Qualität derStudenten* wünschenswert. Die finan-zielle Grundausstattung der Universitätenerscheint unzureichend. Durch Profilbil-dung der Universitäten könnten Res-sourcen besser genutzt werden. Damitwäre die Grundlage gelegt für eine effek-tivere Aufgabenteilung zwischen Uni-versitäten und außeruniversitären For-schungseinrichtungen und eine damit

Antworten der MPG auf die Fragen der Evaluationskommission

* Alle in diesem Text verwendeten Funktionsbezeichnungen sind geschlechtsneutral aufzufassen.

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einhergehende Verbesserung der Ausbil-dungsstandards. Auch neue Formen derZusammenarbeit, etwa die Bildung regio-naler interinstitutioneller Exzellenzzen-tren, würden gefördert.

Soweit die Forschung stärker themen-als personenorientiert organisiert ist,sind Anpassungsprozesse in der Regeldeutlich schwieriger: Breite gesellschafts-politisch induzierte, übergeordneteThemen bedingen Inflexibilitäten, diebesonders deutlich werden, wenn solcheThemen sich als überholt erweisen. Diver-sifikationsstrategien als Lösungsansätzeführen letztlich zu einer Verwässerungder bestehenden Arbeitsteilung im For-schungssystem. Kleiner dimensionierteForschungsthemen und -einrichtungenund deren richtige Einpassung in denfunktional-arbeitsteiligen Zusammen-hang erzeugen tendenziell größere Flexi-bilitäten im Gesamtsystem.

Der vorherrschende Bottom-up-Prozeßgeneriert eine große, wünschenswerteVielfalt an Forschungsthemen beihohem Engagement und hoher Motiva-tion der Forschenden. Er benötigt aller-dings verhältnismäßig viel Zeit underschwert strukturell die rasche Anpas-sung an neue Herausforderungen. Ausdisziplinärem Besitzstandsdenken kommtes eher zu Fortentwicklungen aus beste-henden Forschungszusammenhängenheraus, mit einer Fülle „kleiner Innovatio-nen“. Übergreifende Konzepte mit „gro-ßem Innovationspotential“, insbesonderewenn sie andersartige institutionelle Kon-stellationen erfordern, sind selten. Darinoffenbart sich auch eine Schwäche in derForschungsplanung. Ihr gilt es durch eineOptimierung der Prospektion zu be-gegnen, die primär in der Eigenverant-

wortung der Einzelorganisationen liegenmuß. Eine zentrale Organisation, wieetwa der Wissenschaftsrat, könnte mitBlick auf die institutionell wünschens-werte Selbststeuerung der forschendenInstitutionen hier komplementär undbegleitend in begrenzter, koordinierenderVerantwortung Funktionen zentraler For-schungsprospektion erfüllen und aufdiese Weise auch der Stimme der Wissen-schaft stärkeres Gewicht verleihen.

Forschung und Lehre fallen gemäß Ver-fassung grundsätzlich in die Kulturho-heit der Länder. Daneben hat der Bundgeregelte, spezifische Kompetenzen imnationalen und internationalen Bereich.In den durch Gesetz und Verwaltungsab-kommen festgelegten Entscheidungs-prozessen zur Forschungsförderung vonBund und Ländern müssen sich die16 Fachminister der Länder mit den 16jeweiligen Finanzministern und den ent-sprechenden Akteuren auf Bundesseite ineinem oft schwierigen Abstimmungspro-zeß zu einem Konsens in Sach- undFinanzfragen zusammenfinden. Politi-sche (insbesondere regionalpolitische)Beharrungstendenzen wirken notwendi-gen Entscheidungen und Veränderungenin der Forschungslandschaft entgegen.Entscheidungen, die vom Standpunkt derWissenschaft aus getroffen werden soll-ten, werden durch politische Konsenser-wägungen mitunter negativ beeinflußt.Im Rahmen der Gemeinschaftsfinanzie-rung sollten deshalb politische Partikular-interessen soweit wie möglich hintergesamtstaatlichen Interessen an der För-derung der besten Forschung zurücktre-ten (vgl. dazu S. 9–10, a.a.O.).

Die kompetitive Ausrichtung im deut-schen Forschungssystem leidet auf vielen

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institutionellen Ebenen an der zu gerin-gen Korrelation zwischen Leistung auf dereinen und Ressourcenzuweisung aufder anderen Seite. Zusätzliche private oderöffentliche, auch internationale Dritt-mittelgeber könnten den Wettbewerbunter den Institutionen stärken. Insbeson-dere eine risikobereitere Finanzierung vonVorhaben und Personen außerhalb desgeförderten Hauptstroms könnte komple-mentär und innovativ wirken.

Weitere Optimierungsmöglichkeiten lie-gen darin, dem wissenschaftlichen Nach-wuchs schon zu einem frühen Zeitpunktgrößere Unabhängigkeit einzuräumenund mehr wissenschaftliche und organi-satorische Selbständigkeit abzufordern.

Die internationale Vernetzung ist imZuge der europäischen Einigung auf allenfachlichen Gebieten beschleunigt weiterzu fördern.

Frage 2:Position und Strategie der MPGInwieweit läßt sich die MPG als eineautonome Organisation charakterisie-ren? Worin liegen aus Ihrer SichtPerspektiven, Risiken und konkreteHandlungsmöglichkeiten der MPG imHinblick auf die Weiterentwicklung desdeutschen Forschungssystems?Wie groß sind Ihre Handlungsspiel-räume mit Blick auf Förderformen jen-seits der Institutsbildung, die fachlicheund regionale Verteilung der Einrich-tungen sowie die wünschenswerte Fle-xibilität in der Ressourcenallokation?

Die Autonomie der MPG findet ihren Aus-druck in der uneingeschränkten Verantwor-tung für die Auswahl der leitenden For-

scherpersönlichkeiten und der von ihnen ver-tretenen Forschungsgebiete. Die MPG kannihren Etat weitgehend ohne Einschränkungfür die von ihr gewählten Zwecke einsetzen.Die von den staatlichen Geldgebern einge-räumte Autonomie gründet auf dem Ver-trauen in die Leistungs- und Ertragsfähigkeiteigenverantwortlicher, dezentraler Organisa-tion. Hieraus leitet sich die besondere Ver-antwortung der MPG für die Sicherungund Entfaltung wissenschaftlicher Exzellenzab. Ihre Benchmarks werden von den auf denjeweiligen Gebieten besten Forschergruppenund Institutionen in der Welt gesetzt. DieMPG ist bestrebt, die ihr übertragenenGestaltungsfreiräume so weit wie möglichan ihre Institute weiterzugeben. Dieswiederum hat entsprechende Konsequenzenfür die innere Verfassung der Gesellschaftund ihrer Institute.

Die Grenzen der Handlungsspielräumeder MPG liegen u.a. in den rechtlichenRahmenbedingungen des Wissenschafts-standortes Deutschland. Tierschutz-, Daten-schutz-, Gentechnik-, Tarif-, Arbeitsrecht etc.und die entwickelte Rechtsprechung gebenden Rahmen vor, in dem die MPG bei derErfüllung ihrer Aufgaben agieren kann.Begründete Interessen der Wissenschaft ste-hen dabei häufig im Konflikt zu anderenInteressen und Rechtsgütern der Gesell-schaft. Bei rechtlichen Regelungen findet dasInteresse der Wissenschaft häufig zu wenigBeachtung. Auch mit Blick auf eine inter-nationale Wettbewerbsfähigkeit ist ei-ne bessere Wissenschaftsverträglichkeitdurch forschungsfreundlichere gesetzlicheRegelwerke dringend geboten.

An ihre Grenzen stößt die MPG ferner, wennsich die Wettbewerbsbedingungen fürBerufungen und Rufabwendungen im natio-nalen wie internationalen Kontext ungleich

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entwickeln. Solange auf dem freien Markt dieGehälter für Spitzenwissenschaftler zum Teilweit über denen liegen, die die MPG anbie-ten darf, ist dies für die Gesellschaft zuneh-mend ein Hindernis. Sinnvoll wäre es daher,die MPG instandzusetzen, wettbewerbsfähi-ge Gehälter zu zahlen.

Eine andere Begrenzung erfährt die MPG inder Standortwahl für ihre Institute: Wün-schenswert wäre eine strikt wissenschaftlichbegründete Standortentscheidung. Dazumüßte die Politik im Rahmen der Konsensfin-dung politische Partikularinteressen und Ten-denzen zu einer gleichmäßigen regionalenVerteilung von Max-Planck-Instituten auf alleBundesländer zurückstellen, um so im Sinnedes Gesamtinteresses den Aufbau von loka-len Synergiezentren in Wissenschaft undForschung zu befördern.

Die MPG hält an der Institutsbildung als kon-stitutiver Organisationsform ihrer langfristigangelegten Grundlagenforschung fest: Miteiner Perspektive von etwa 15–25 Jahrenbietet ein Institut bzw. eine Abteilung dieoptimalen Entwicklungszeiträume. Mittlereund größere Institute verfügen über einhohes Maß an Flexibilität. Sie können imForschungsprozeß flexibel auf Richtungs-änderungen reagieren und bieten Gestal-tungsmöglichkeiten, die kleiner dimensio-nierte oder mit geringerer Autonomieversehene Einheiten nicht leisten können. DieInstitute der MPG ermöglichen damit insbe-sondere die Bearbeitung gerade auch inter-disziplinärer Forschungsthemen.

Spielräume über die Institutsstruktur hinauswerden in Anknüpfung an einzelne Insti-tute (so etwa in der Nachwuchsförderung, inder Gestaltung internationaler Kontakte, inder Zusammenarbeit mit der Wirtschaft)bereits intensiv genutzt. Möglich wären dar-

über hinaus zum Beispiel MPI-Verbünde zurstärkeren Zusammenarbeit an einzelnen,gemeinsamen Themen. Wünschenswertwäre es, wenn die MPG befristete und finan-ziell begrenzte Forschungsaktivitäten, auchohne Anknüpfung an bestehende Insti-tute aufgreifen dürfte. Ein derart erweiterterSpielraum könnte die Bearbeitung neuerThemen erleichtern, die aufgrund der gegen-wärtig notwendigen Mittelbindung aus denInstituten heraus eher zögerlich zustandekommen. Das gleiche gilt für befristetegemeinsame Aktivitäten zwischen der MPGund den Universitäten.

Weitere Handlungsmöglichkeiten liegen inder Optimierung der Zusammenarbeitmit den Hochschulen. Im Rahmen der Globa-lisierung werden sich im weltweiten Wettbe-werb um Standorte für innovative Industrienjene Regionen durchsetzen, in denen inter-national sichtbare Exzellenzzentren derForschung und Kompetenzzentren derInnovation mit einer Vielzahl kooperieren-der Akteure und unterschiedlicher Finanzie-rungsquellen vorhanden sind oder sich zügigbilden können. Unter Beteiligung von Hoch-schulen, außeruniversitären Forschungsein-richtungen und Industriefirmen muß dieBildung solcher Zentren befördert und ihreFinanzierung sichergestellt werden. Diegeschilderten Konsenszwänge, die recht-lichen Rahmenbedingungen und die man-gelnde Profilbildung an den Universitätenstehen dem häufig entgegen.

Die von der MPG vorgeschlagene Gründungvon „International Graduate Schools“, indenen an ausgewählten Standorten Univer-sitäten und Max-Planck-Einrichtungen engerin der Doktorandenausbildung zusammen-arbeiten sollen, könnte das deutsche For-schungssystems bereichern.

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Die MPG begrüßt die bisher erreichten Ver-einbarungen für einen Globalhaushalt, dieihr eine flexible Ressourcenallokation erlau-ben. Die gewonnenen Flexibilitäten imMitteleinsatz müssen zur Optimierung derForschungsleistungen genutzt werden. Siedürfen nicht als Begründung für pauschaleEinschnitte in den Forschungshaushalt die-nen. Darüber hinaus wäre es wünschens-wert, die gewonnenen Spielräume durch ent-sprechende Flexibilisierungen im Arbeits- undTarifrecht zu ergänzen.

Ein erheblicher Teil der Ressourcenallokationliegt bereits gegenwärtig in den Händen derInstitute. Der Globalhaushalt wird ihre Ver-antwortung in der Mittelbewirtschaftungweiter steigern.

Frage 3:Prinzipien und OrganisationsformenInwieweit sollte nach Ihrer Auffassungdie MPG auch künftig am Harnack-Prin-zip bei der Berufung ihrer Wissenschaft-lichen Mitglieder und Direktoren, ander Institutsbildung als konstitutiverOrganisationsform, an der Innovations-fähigkeit bei der thematischen Aus-richtung ihrer Einrichtungen und amSubsidiaritätsprinzip als Abgrenzungs-kriterium ihrer Aktivitäten gegenüberder in den Hochschulen betriebenenForschung festhalten?

Im Harnack-Prinzip wird das grundsätzlicheSpannungsverhältnis zwischen einer perso-nen- und einer themenorientierten For-schungskonzeption in der Organisation vonForschung deutlich. Obwohl die Kaiser-Wil-helm-Gesellschaft in vielen Bereichen dieAnwendung und damit die Themenstel-lung der Forschung in den Vordergrund

rückte, hat sie in ihren öffentlichen Äußerun-gen mehr die Ausrichtung auf einzelne For-scherpersönlichkeiten und deren wissen-schaftlicher Exzellenz hervorgehoben. Auchdie MPG verfolgt die gezielte Mehrung vonWissen sowohl durch die Wahl der For-scherpersönlichkeiten, die sie beruft, als auchdurch die Wahl der Forschungsthemen,denen sie sich zuwendet. Das Postulat wis-senschaftlicher Exzellenz erfüllt sie, indem sienur solche Persönlichkeiten als Direktoren anihre Institute beruft, die im internationalenVergleich in ihrer jeweiligen Disziplin alsführend erkennbar sind. In der Konsequenzbedeutet das den Verzicht auf die Gründungoder Fortführung eines Institutes oder einerAbteilung, wenn eine entsprechende Persön-lichkeit für die MPG nicht gewonnen werdenkann (zur Interdependenz von Forschungs-konzeption, Forscherpersönlichkeit und For-schungsteam vgl. a.a.O., S. 12ff.).

Die Zunahme von Detailwissen und die Spe-zialisierung der Forschung haben in der Regelzu Instituten mit einem Direktorenkolle-gium statt zu Instituten mit einem einzelnenDirektor geführt. Das Zusammenspiel vonindividueller Exzellenz der Leitungspersön-lichkeiten und einem Team von Wissen-schaftlern und nicht-wissenschaftlichemPersonal ist wichtiger geworden. In die Ent-wicklungsplanung der MPG finden For-schungsthemen Eingang, die den KriterienQualität, Originalität und Komplementaritätgenügen müssen. Dazu beraten sich die Wis-senschaftler der MPG mit externen Fachleu-ten des In- und Auslandes (vgl. Punkt 2.1.2.2,Strategische Perspektivenplanung, S. 27ff.und Punkt 2.1.6, Auswahl und Aufnahmeneuer Forschungsfelder, S. 35ff., a.a.O.).

An der Institutsbildung als konstitutiverOrganisationsform hält die MPG grundsätz-lich fest. Grundlagenforschung muß Risiken

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über längere Zeiträume eingehen können.Dies ist bei einer mittelfristigen Perspektiveeiner Abteilung von 15–25 Jahren möglich.Wissenschaftliche Autonomie, Dezentralitätund Einheit von Leitungspersönlichkeitenund teamorientierter Forschungspraxis lassensich optimal in der Organisationsform einesInstitutes verwirklichen. Die kürzlich be-schlossene vergleichende Evaluation von For-schungsfeldern nach 6 Jahren trägt dennotwendigen Planungszeiträumen in derGrundlagenforschung Rechnung.

Wissenschaftliche Erneuerung bei der the-matischen Ausrichtung ist nicht nur durchSchließungen und Neugründungen von Insti-tuten möglich. Sie findet laufend in derAnpassung von Forschungszielen in der Ver-antwortung der Direktoren statt, bei der per-manenten Veränderung von Instituten anläß-lich von Neuberufungen sowie durch einestärkere Einbeziehung von Selbständi-gen Nachwuchsgruppen. Über die Insti-tutsbildung hinaus ist die MPG bemüht, For-schungsstellen und Projektgruppen alsergänzende explorative Instrumente zunutzen.

Die thematische Neuausrichtung vonAbteilungen und Instituten in der ganzenBreite der möglichen Forschungsausrichtun-gen könnte künftig durch die noch intensi-vere Nutzung von breit angelegten Sym-posien im Vorfeld einer Neuberufungunterstützt werden. Laufend aktualisiertePerspektivenkataloge aus den Sektionen derMPG, wie sie teilweise bereits erarbeitet sind,könnten – ergänzt um eine mittelfristigeProspektion der gesamten Forschung derMPG („MPG 2000 plus“) – die Erneuer-ungsfähigkeit der Gesellschaft weiter stär-ken. Eine solche Prospektion ist dabei nichtals Planungsinstrument im Sinne einer Fest-legung künftig zu realisierender Forschungs-

themen und -gebiete zu verstehen, sondernals Basis für jeweils aktuell zu überprüfendeRichtungsentscheidungen.

Unter Bezug auf die Forschung in den Hoch-schulen setzt die MPG auf eine komple-mentäre Auswahl ihrer Forschungs-themen, um eine optimal arbeitsteiligeFörderung der Wissenschaften in Deutsch-land zu verwirklichen. Sie greift innovative,an den Hochschulen noch nicht vertreteneForschungsthemen auf und sie gibt Arbeits-richtungen oder Institute auf, wenn sie sichausreichend stark in Universitäten etablierthaben. Die Komplementarität der For-schungsthemen der MPG zeigt sich in denvielfältigen Formen der Zusammenarbeit mitden Hochschulen und anderen Forschungs-organisationen. Künftig werden neben dererfolgreichen Zusammenarbeit in den Son-derforschungsbereichen regionale, interna-tional ausgerichtete Zentren der Exzellenzund Kompetenz, in denen eine Vielzahlkompetenter Akteure zusammenwirken,eine wichtige Rolle spielen.

Frage 4:Berufungs- und Entscheidungs-verfahrenDie MPG verfügt über anerkannte Ver-fahren der Vorbereitung von und derEntscheidung über Neuberufungen vonWissenschaftlichen Mitgliedern undDirektoren. Wenn Sie die Prozesse undErgebnisse dieser Verfahren betrachten(u.a. mit Blick auf die Altersstrukturender Neuberufenen, die Einbeziehungausländischer Experten, die wachsendeTendenz zur Nutzung bibliometrischerDaten), welche Veränderungen haltenSie für erforderlich?

Die MPG verfügt über ein qualitätssichern-des Verfahren zur Vorbereitung von und

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Entscheidung über Berufungen. Sie greiftbei der Suche nach geeigneten Kandidatenund thematischen Ausrichtungen in ersterLinie auf die Vorarbeit der Kollegien in denInstituten und die Arbeit von Kommissionender Sektionen zurück (vgl. S. 25–26, a.a.O.).Das Verfahren besitzt ein gewisses Trägheits-moment, u.a. wegen der Vielzahl vonAkteuren und dem Zeittakt der Gremien-sitzungen. Soweit im Rahmen größererInstitute Berufungen mit erheblichen Res-sourcenallokationen stattfinden sollen, istdas jetzige Berufungs- und Entscheidungs-verfahren in seiner Grundkonzeption zweck-mäßig. Es wird zu prüfen sein, wie diese Ver-fahren ohne Aufgabe der Qualitätsstandardsoptimiert werden können – so etwa auf derEbene der Berufungen von Leitern und Leite-rinnen von Forschungsgruppen und Nach-wuchsgruppen.

In den Berufungsverfahren der MPG fällt denInstituten und den Sektionen das Schwer-gewicht der Verantwortung zu. Die Einfluß-nahme des Präsidenten liegt dagegen in derwissenschaftspolitischen Schwerpunktset-zung für die Gesamtgesellschaft. Im Rahmenvon Berufungen sind lediglich politische Ziel-vorgaben wie etwa die Berufung jüngererKandidaten oder das stärkere Einbeziehenvon Kandidatinnen in die Überlegungen derInstitute und der Sektionen möglich. EinWeg, das mit der Berufung junger Kandida-ten verbundene Risiko zu mindern und damitderen Berufung zu fördern, könnte in abge-stuften Berufungszusagen liegen. Dabeiwäre neben einer Sockelzusage eine von derBewährung abhängige Aufstockung derBerufungszusage zu einem späteren Zeit-punkt denkbar. Mit Blick auf die Ausstat-tungshöhe einer Neuberufung und auf diein der Regel üblichen Lebenszeitverträgekönnte dies für die Berufung jüngerer For-scherpersönlichkeiten förderlich sein. Vor-

aussetzung ist, daß die MPG mit einemsolchen Angebot attraktiv für potentielleKandidaten bleibt.

Die Berufungspolitik der MPG hängt starkvon der Qualität des Peer-Review-Sy-stems ab, das international an seine Belas-tungsgrenzen zu stoßen scheint. Es gilt, die-jenigen zu befragen, die am kompetentestenim jeweiligen Bereich urteilen können. Einelängerfristig angelegte Berufungsplanungwird künftig an Bedeutung gewinnen. DieIdentifizierung und Einbindung einererweiterten Peer-Basis bereits im Vorfeldanstehender Berufungen wird dabei unver-zichtbar. So haben sich mitunter informelleschriftliche Nominierungsverfahren als Vor-stufe vor den eigentlichen Kommissionsbera-tungen ebenso hilfreich erwiesen wie Sym-posien zur Exploration innovativer, auchaußerhalb des Mainstream der Forschungliegender Themen und potentieller Kandida-ten. Eine solche vor der Arbeitsaufnahmeeiner Berufungskommission einsetzende Ex-ploration bietet den Vorteil, die schmalenExzellenzgruppen effektiv auszuleuchten.Damit steigen die Chancen für thematischeNeuansätze. Berufungskommissionen aufMPG-interner Basis werden weiterhin durchausländische Experten als externe Gutachtersinnvoll ergänzt. In wachsendem Umfangsollten auch Ausschreibungen dazu dienen,bisher noch nicht identifizierte Wissenschaft-ler und Wissenschaftlerinnen wahrzuneh-men.

Die Einbeziehung bibliometrischer Ver-fahren kann zusätzliche Informationen inden Such- und Bewertungsprozessen bieten.Ihr Nutzen in besonders innovativen, Neu-land betreffenden Gebieten der Grundlagen-forschung ist jedoch kritisch zu bewerten. DieMPG befaßt sich in großem Umfang mitGebieten außerhalb des Mainstream, die von

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bibliometrischen Verfahren oft noch nichtangemessen erfaßt werden können. Siebedürfen daher einer besonders sorgfältigenund abwägenden Handhabung. Insbeson-dere bei Personen, die noch am Anfang einerKarriere stehen, können sie mit Blick aufderen Eignung keine Hilfe bei der Beurteilungleisten. Die Aufgabe, sich auf komplemen-täre Forschungsfelder zu konzentrieren, kanndie MPG am besten über einen qualifiziertenPeer-Review zur Beurteilung potentieller Kan-didaten und Konzepte bewältigen.

Frage 5:Situation in den UniversitätenInwieweit sehen Sie in den institutionel-len Strukturen und finanziellen Rah-menbedingungen der Universitäteneine Gefahr für die Leistungsfähigkeitder deutschen Grundlagenforschung?Welche Veränderungen halten Sie fürerforderlich? Wo ergeben sich Spannun-gen in der Zusammenarbeit zwischenMax-Planck-Instituten und Univer-sitäten und was sollte geschehen, umdiese abzubauen?

Die Universitäten haben die Doppelauf-gabe, die Wissenschaft in ihrer ganzenfachlichen Breite in Forschung und Lehre zuvertreten. Als Basis des gesamten For-schungssystems ist ihre Entwicklung damitfür alle außeruniversitären Forschungsein-richtungen mittelbar und unmittelbar vongroßer Bedeutung. Die Universitäten tragenwesentlich zur Leistungsfähigkeit und Attrak-tivität der deutschen Forschung im inter-nationalen Kontext bei.

Für die MPG liegt die Bedeutung der Univer-sitäten vorrangig auf zwei Gebieten:

Wegen der Komplementärbeziehung in be-zug auf die Forschungsthemen liegen for-schungsstarke Universitäten mit deut-lichem Profil in ihren Fächerangeboten aufhohem wissenschaftlichen Niveau im Interesseder MPG. Eine international wettbewerbs-fähige Hochschulforschung ist der Hinter-grund für die Entscheidung der MPG für ihreForschungsthemen. Eine solide finanzielleBasis der Universitäten liegt daher im eigenenInteresse der MPG. Sie kann sich dann auf dieGebiete der Forschung konzentrieren, dieauch eine durch Profilbildung in Forschungund Lehre gekennzeichnete Universitätsland-schaft nicht abdeckt. Universitäten mit quali-tativ hochwertiger Forschung können besserePartner für eine intensive Zusammenarbeitsein. Diese erstreckt sich über gemeinsameForschungsprojekte, die gemeinsame Nut-zung von wissenschaftlichen Einrichtungenund Geräten, gemeinsame wissenschaftlicheVeranstaltungen und die Beteiligung vonWissenschaftlern der MPG an der Lehre.

In der Nachwuchsförderung ist die Qua-lität universitärer Ausbildung von Wis-senschaftlern maßgebend dafür, welchesPersonal mit welchem Qualifikationsniveaudie MPG auf der Ebene der Diplomanden,Doktoranden und Postdoktoranden für diewissenschaftliche Arbeit an ihren Institutengewinnen kann. Eine hohe Qualität in deruniversitären Forschung ist auch entschei-dend dafür, daß die Max-Planck-Gesellschaftweiterhin in der Professorenschaft der Uni-versitäten ein Rekrutierungspotential für ihreDirektorenpositionen findet. Aus den Reihender eigenen Nachwuchsförderung herauskönnen wiederum Wissenschaftler an dieUniversitäten berufen werden und dort einattraktives Betätigungsfeld finden.

Stärkere Beachtung verdient das Problem,ausländische und inländische Abschlüsse für

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das jeweilige andere System kompatibel zugestalten. Wünschenswert ist insbesonderedie volle Anschlußfähigkeit deutscher Univer-sitätsabschlüsse mit denen der besten aus-ländischen Hochschulen.

Spannungen zwischen MPI und Universitä-ten ergeben sich im Bereich der Ausstat-tung. Die Ausstattung der MPI wird häufig alsPrivilegierung der dortigen Wissenschaftlerverstanden. Eine solche Wertung verkenntden spezifischen Auftrag der MPG, interna-tionale Spitzenforschung in angemessen aus-gestatteten Instituten zu betreiben. Die MPGsoll auch und gerade in solchen Bereichen for-schen, in denen der nötige Ausstattungsauf-wand die Dimensionen der Ausstattung vonLehrstühlen an Universitäten sprengt. Kritik ander MPG in diesem Zusammenhang wärelediglich angezeigt, wenn die Ausstattungs-höhe nicht im angemessenen Verhältnis zuden erzielten Forschungsleistungen steht. Un-mut einzelner Universitätsprofessoren in Fra-gen der Mittelverteilung entsteht andererseitsaber sicherlich auch vor dem Hintergrund desan den Universitäten üblichen Verteilungsmo-dus für Forschungsmittel, der Leistungen vonWissenschaftlern in Forschung und Lehre oftnicht angemessen honoriert.

Ein weiteres Spannungsfeld ergibt sichgelegentlich an einigen Universitäten aus derKonkurrenz um gute Doktoranden undHabilitanden. In einigen Fächern sinkt dieAnzahl der Studenten ab, und mit ihnen dieAnzahl besonders qualifizierter Nachwuchs-wissenschaftler. Je intensiver sich jedoch dieZusammenarbeit mit dem jeweiligen Fachbe-reich gestaltet, desto eher gelingt es, im per-sönlichen Kontakt und im fachlichen Kon-sens diese Spannungen auszuräumen.

Positive Wechselwirkungen zwischenMax-Planck-Instituten und Hochschulen exis-

tieren überall dort, wo es gemeinsame Ein-richtungen in Form von Sonderforschungs-bereichen, Graduiertenkollegs und speziellenForschungseinrichtungen (z.B. Observato-rien, Speziallaboratorien) gibt. Einige Berei-che sind hier durchaus auf die Leistungen derMax-Planck-Institute angewiesen, so etwa inder Astronomie oder auch in Spezialgebietender Rechtswissenschaften. Auf dieser Ebenekönnten Kooperationen noch stärkergepflegt und gefördert werden, um die sys-tematischen Wechselwirkungen in ein ver-bessertes Klima umzusetzen. Die Bildung von„International Graduate Schools“ könnteauch hier das Zusammenspiel weiter beför-dern.

Frage 6:Wissenschaft und WirtschaftWelche Veränderungen beobachten Siean den Schnittstellen zwischen öffent-lich finanzierter und privatwirtschaft-lich betriebener Forschung?Was könnte die MPG tun, um ihre Wis-senschaftler noch besser als bisherdarin zu unterstützen, das wirtschaft-liche Innovationspotential ihrer For-schung zu erschließen?

Eine gesunde Wirtschaft bildet die Basis derLeistungsfähigkeit einer Gesellschaft. Das giltinsbesondere für die Forschung: nur einestarke, profitable Wirtschaft fördert direktoder indirekt öffentlich finanzierte Spitzen-forschung. Innovative Forschungsleistungenwiederum bilden Voraussetzungen fürmarktfähige Produkte. Die Beziehungen zwi-schen Wissenschaft und Wirtschaft wurdenin den vergangenen Jahrzehnten – auchin bezug auf die MPG – in vieler Hinsichtbeständig intensiviert. Deutliches Zeichendafür ist die Vielfalt der mit der Industrie

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abgeschlossenen Verträge, seien es Berater-verträge oder Verträge über konkrete wis-senschaftliche Zusammenarbeit. Die Zahl derUnternehmensausgründungen steigt (zurHilfestellung der MPG durch Inkubatorrege-lungen vgl. a.a.O., S. 68). Die Verwertungvon Patenten und Lizenzen nimmt zu (a.a.O.,S. 67). Auch über die Einbindung von Per-sönlichkeiten aus der Wirtschaft in den Senatund in den Verwaltungsrat der MPG sowie indie Kuratorien der Institute gibt es wirkungs-volle Foren der Begegnung und des Austau-sches (vgl. S. 65ff. a.a.O.).

Durch die Globalisierung der industriellenAktivitäten ist eine Verlagerung von Potenti-alen hin zu neuen Märkten und zu denjeweils attraktivsten Forschungsstandortenunausweichlich. Daraus haben sich qualita-tive Veränderungen an den Schnittstel-len zwischen Forschung und Wirtschaft inDeutschland ergeben. Die Auflösung undNeukonstruktion industrieller Konglomerate,Konzentrationsmaßnahmen und die Auf-gabe ganzer Wirtschaftszweige haben ingroßem Umfang industrielle Forschungska-pazitäten in Deutschland reduziert. Beträcht-liche Forschungskapazitäten wurden – so-wohl wegen der Nähe zu den dortigenMärkten als auch wegen der dort günstige-ren Forschungsbedingungen (Forschungs-genehmigungsverfahren, Umweltauflagen,Kosten des Forschungsapparates, etc.) – insAusland verlagert. Die globalen Aktivitätenselbst mittelständischer Unternehmen führendazu, daß zunehmend Wissen von denUnternehmen dort gesucht wird, wo sie tätigsind. Diese Entwicklung hat insgesamt zurVeränderung bis hin zur Auflösunggewachsener Kontakte und Beziehun-gen zwischen Wissenschaft und Wirt-schaft geführt. Insgesamt sind daherzukünftig größere Anstrengungen und neueFormen auch internationaler Verbundkoope-

rationen vonnöten, um die Kooperations-beziehungen mit der Industrie in einer mit derVergangenheit vergleichbaren Qualität undDichte beizubehalten.

Um im internationalen Wettbewerb zu beste-hen, kommt es darauf an, sich als attraktiverWissenschaftsstandort vor allem auf demGebiet der innovativen Technologien zu prä-sentieren. Nur so kann die Abwanderungeinzelner Bereiche durch die Zuwanderungneuer forschungsnaher Industrien nachDeutschland kompensiert werden. DieseAttraktivität muß sich nicht nur in der Qua-lität zeigen, sondern besonders auch in derFlexibilität der deutschen Forschung, neueThemen aufzugreifen und zu bearbeiten.Damit wächst die Bedeutung der Wissen-schaftsstrukturen in Deutschland für in-ternationale Investitionen. So gibt es z.B.erfreulicherweise im molekularbiologischenBereich zwischen Wissenschaft und Wirt-schaft gegenwärtig eine wachsende Annä-herung, die es weiter zu intensivieren gilt.

Die primäre Verantwortung für die Verwer-tung verfügbaren Wissens zur Entwicklungneuer marktfähiger Produkte liegt im Wirt-schaftssektor. Nachteilig wirkt sich der Abbauhiesiger Forschungskapazitäten bei den Un-ternehmen auch auf die beruflichen Möglich-keiten für den wissenschaftlichen Nachwuchsaus. Mit schlechteren Perspektiven auf einenArbeitsplatz nimmt die Anzahl derer, die sichzu einem einschlägigen Studium in den Inge-nieur- und Naturwissenschaften entschließen,bedrohlich ab. Dies macht sich in einigen MPIbereits an einem besorgniserregenden Man-gel an Doktoranden bemerkbar. Die Nach-wuchskette sowohl in der öffentlichen wiein der privaten Forschung ist gefährdet.

Die bessere Erschließung des wirtschaftlichenInnovationspotentials ist eine gemeinsame

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Aufgabe von Wirtschaft und Forschung. Auchder Grundlagenforschung fällt dabei einegewichtige Rolle im Technologietransfer zu.Für die MPG ist es dabei wünschenswert,unter Wahrung ihrer Interessen (freie The-menwahl, Recht auf Veröffentlichung der For-schungsergebnisse, keine unentgeltlichenausschließlichen Nutzungsrechte) die Koope-ration mit der Industrie so eng wie möglich zugestalten. Mit einem qualitativ hochwertigenForschungspotential ist es bereits in mehrerenFällen gelungen, den Standort Deutschlandweiterhin für die Industrie attraktiv zu ge-stalten.

Max-Planck-Institute begreifen sich vor die-sem Hintergrund zunehmend als Kompe-tenzzentren für Spitzenforschungsergeb-nisse ohne exklusive nationale Bindung.Sie dienen darüber hinaus als Quelle derGründung junger Unternehmen, die wis-senschaftliche Erkenntnisse und Methoden inwirtschaftlich verwertbare Produkte umset-zen und Ausgründungen fördern. Schließlichdienen sie als Zentren qualitativer Ausbil-dung.

Die MPG unterstützt ihre Wissenschaftler, in-dem sie die Verhandlungen zum Abschlußvon Beraterverträgen sowie von Verträgenzur Zusammenarbeit in der Forschung beglei-tet und auf die Einhaltung der Forschungs-interessen achtet. Über die zu 100% derMPG gehörenden Firma Garching Innova-tion (GI) werden die Institute in Fragen desGewerblichen Rechtsschutzes beraten undbei der Anmeldung nationaler und inter-nationaler Patente unterstützt. Weitere Auf-gabe ist die wirtschaftliche Verwertung vonErfindungen (vgl. Punkt 2.6.2.2, S. 67ff.,a.a.O.).

Frage 7:Europäische ForschungsförderungWelche Strategie verfolgt die MPG mitBlick auf die künftige Rolle der Euro-pean Science Foundation, möglicheWechselwirkungen mit den Forschungs-programmen der Europäischen Unionund nicht zuletzt mit Blick auf eineSteigerung der Attraktivität deutscherHochschulen und Forschungseinrichtun-gen für ausländische Nachwuchswissen-schaftler (z.B. in den Mobilitätspro-grammen)?

Die Max-Planck-Gesellschaft ist in das starkausdifferenzierte und arbeitsteilige deutscheForschungssystem eingebunden und wird zurErfüllung der ihr zugewiesenen Aufgabe,exzellente Forschung durch den Unterhaltvon Forschungsinstituten zu betreiben, vonBund und Ländern weitgehend institutionellgefördert. Neben dieser Einbindung in dennationalen Kontext sind die Max-Planck-Insti-tute im Rahmen ihrer Forschungsgebiete und-kontakte stark international vernetzt. DieMax-Planck-Gesellschaft besitzt für den aus-ländischen Nachwuchs eine große Attrak-tivität, da in ihren Instituten sehr gute For-schungsbedingungen angeboten werden(zur Zusammenarbeit mit dem Ausland vgl.S. 58ff., a.a.O.).

Die Position der MPG im Spannungsverhält-nis zwischen nationaler institutioneller Förde-rung und europäischer Projektförderungbesteht einerseits darin, ihrem Selbstver-ständnis gemäß prioritär exzellente For-schung auf den von ihr gewählten Gebietendurchzuführen. Ihre Wissenschaftler alsNutznießer der europäischen Forschungs-förderprogramme erkennen aber anderer-seits die grundlegenden Motive dieser Pro-gramme an, nämlich die Erzielung eineseuropäischen Mehrwerts, die Mehrung der

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europäischen Wettbewerbsfähigkeit sowiedie Kohäsionspolitik. Die Institute beteiligensich daher an den Forschungsprogrammender EU überall dort, wo sie zu den euro-päischen Zielen durch ihre eigenen For-schungsleistungen beitragen können, wo ihrspezifisches Wissen und ihre Fähigkeiten ein-gebracht werden können und wo sie selbstNutzen ziehen können. Zentrale Aspekte indieser Beteiligung liegen im internationalenWissenschaftleraustausch und insbesonderein der Förderung der Mobilität des wissen-schaftlichen Nachwuchses. Hierfür ist auchim 5. Rahmenprogramm der EuropäischenUnion das Querschnittsprogramm Improvingthe Human Research Potential (IHP) vorge-sehen. Neben der unmittelbaren Beteiligungan den Forschungsprogrammen der EU wirktdie MPG auf forschungspolitischer Ebeneüber europäische Beratungsgremien auf dieBerücksichtigung wissenschaftlicher Stan-dards bei der Auswahl von Forschungspro-grammen und Forschungsprojekten sowieauf geeignete Rahmenbedingungen für dieGrundlagenforschung hin.

Die MPG beteiligt sich zum gemeinsamenwissenschaftlichen Nutzen an den For-schungsprogrammen anderer europäischerund internationaler Wissenschaftsorganisa-tionen. Diese sind jeweils unterschiedlichenZielsetzungen verpflichtet und fördern oftüber die EU hinausgehende Aktivitäten. Hiersind einerseits europäische Forschungsein-richtungen und Großanlagen auf speziellenForschungsgebieten – wie EMBL oder CERN –und andererseits die Forschungsprogram-me der ESF zu nennen. Die MPG unterstütztdie Aktivitäten der ESF, da sie auf eine dyna-mische und wissenschaftsgerechte Weise Fra-gestellungen aufgreifen. Sie kann auch solcheProjekte initiieren, die unter Berücksichtigungwissenschaftlicher Qualitätsstandards gesell-schaftsorientierten Wissenschaftsfeldern

Rechnung tragen. Die ESF sollte weiterhinneue Forschungsfelder definieren und exzel-lente Wissenschaftler zu befristeten Koopera-tionen zusammenführen. Der ESF-Plan 1998–2001 sieht grundsätzlich solche Schwer-punkte und Zielsetzungen vor. Die ESF kannzudem über die EU hinaus eine internationaleVernetzung der Wissenschaftler unterstüt-zen. Sollte eine Dezentralisierung der Pro-grammanagement-Verfahren der EU weiter-hin in Erwägung gezogen werden, sollten nursupranationale Organisationen wie die ESFTeile der Programmdurchführung als agentsübernehmen. Die MPG wird die ESF darinunterstützen, die Planung der europäischenForschungsrahmenprogramme durch ge-meinsame Stellungnahmen und Empfehlun-gen mitzugestalten und im europäischenwissenschaftspolitischen Kontext ein klaresProfil zu entwickeln.

Frage 8:NachwuchsförderungWorin liegen aus Ihrer Sicht die beson-deren Leistungen der MPG in der vonihr praktizierten Nachwuchsförderung?Erkennen Sie in der bisherigen PraxisDefizite oder Versäumnisse?Welche Modifikation halten Sie fürerforderlich?

Die Nachwuchsförderung der MPG findetihren deutlichsten Ausdruck in der Betreuungvon Diplomanden, Doktoranden undPostdoktoranden und deren Mitwirkungan der Arbeit in den Instituten. Ein internesPreis- und Auszeichnungssystem schafftzusätzliche Anreize (vgl. a.a.O., S. 61f.). Inder MPG ausgebildete Wissenschaftler stel-len sowohl für die Universitäten als auch fürdie Wirtschaft ein großes Rekrutierungs-potential dar. Das Graduierungsrecht der

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Hochschulen bildet dabei zusammen mitdem System der Nachwuchsförderung in derMPG eine wichtige funktionale Klammerzwischen der universitären und der außer-universitären Forschung. Sie umfaßt auchden Rückfluß von Habilitanden aus den MPIan die Universitäten sowie die Berufung vonHochschulprofessoren an MPI.

Bei den Doktoranden zeigen sich die günsti-gen Förderbedingungen in überdurchschnitt-lich kurzen Promotionszeiten. Bei den Post-doktoranden fällt die Internationalität derNachwuchsförderung (etwa 2 /3 aller Post-doktoranden sind Ausländer) besonders insGewicht. Sie erklärt sich aus den intensivenAuslandsbeziehungen der meisten Max-Planck-Institute und der Durchlässigkeit desWissenschaftssystems für internationaleAbschlüsse ab dieser Ebene. Bei den Dokto-randen beschränkt sich der ausländischeAnteil auf 1 /6, was sich teilweise aus Inkom-patibilitäten mit im Ausland erworbenenAbschlüssen erklärt. Eine stärkere Internatio-nalisierung auch dieses Sektors im Nach-wuchsbereich ist Anliegen der MPG.

Die Selbständigen Nachwuchsgruppen(derzeit 34) stellen ein wichtiges Instrumentder Nachwuchsförderung in der MPG dar.Junge, in einem strengen internationalenAuswahlverfahren rekrutierte Nachwuchs-wissenschaftler können mit den ihnen zuge-wiesenen personellen und sachlichenRessourcen ihre Fähigkeiten über einen Zeit-raum von fünf Jahren unter Beweis stellen.Diese Nachwuchswissenschaftler treten nachAbschluß ihrer Tätigkeit an einem MPI zumüberwiegenden Teil hervorragende Positio-nen im In- und Ausland an. Über diese Grup-pen hinaus gibt es innerhalb der Institute einezunehmende Zahl von Arbeitsgruppen, die inAbsprache mit den Direktoren ebenfalls ineigener Verantwortlichkeit agieren. Empfeh-

lenswert ist es ferner, im Sinne eines rollie-renden Systems in den Instituten zusätzlichebefristete C3-Positionen für soeben Habili-tierte im Übergang zur nächsten Tätigkeitbereitzustellen.

Ein gewisses Spannungsfeld kann aus demPrinzip der MPG entstehen, den Leitern vonAbteilungen an Instituten auch durch die Per-sonalausstattung gute Arbeitsmöglichkei-ten – so auch eine gewisse Anzahl ihnenzugeordneter Nachwuchswissenschaftler –zur Verfügung zu stellen. Gerade die Nach-wuchswissenschaftler sollen jedoch Gelegen-heit haben, ihre wissenschaftliche Selbstän-digkeit möglichst frühzeitig zu erreichen.Soweit ein Direktor sich nicht ausreichend umfrühzeitige und umfangreiche Spielräume fürseine Nachwuchswissenschaftler einsetzt,könnte sich daraus eine strukturell bedingteEntwicklungsverzögerung ergeben.

In den Instituten der biologisch-medizini-schen Sektion haben sich die Nachwuchs-gruppen als ein erfolgreiches Modell erwie-sen. Erfolgreiche Ansätze dazu gibt es auchin den beiden anderen Sektionen. DieseAnsätze gilt es nachdrücklich weiterzuent-wickeln. In sonstigen Arbeitsbereichen in denInstituten könnte einzelnen Wissenschaftlerneine größere formale und auch im wissen-schaftlichen Umfeld sichtbare Unabhängig-keit verliehen werden, die sich z.B. in einerentsprechenden Statusbezeichnung, nichtnotwendigerweise in einer höheren Besol-dung niederschlägt.

Die MPG arbeitet daran, den Anteil vonNachwuchswissenschaftlerinnen in lei-tenden Positionen zu erhöhen. Sie hat diedazu relevanten C2- und C3-Stellen kürzlichdurch ein aus eigenen Mitteln finanziertesSonderprogramm aufgestockt (zur Frauen-förderung in der MPG vgl. S. 63f., a.a.O.).

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Möglichkeiten zur Verbesserung der Nach-wuchsförderung liegen in der Betreuungdes wissenschaftlichen Nachwuchses in denInstituten selbst. So könnten institutsinterneAusbildungsforen insbesondere die labor-orientierte Ausbildung ergänzen, um zufrühes Spezialistentum abzuwehren. Gradu-iertenprogramme könnten im Zusammen-wirken mit anderen Partnern – aus den Uni-versitäten und aus der Wirtschaft – konzipiertwerden. Daneben wird in der MPG erwogen,durch „International Graduate Schools“ –wie an anderer Stelle bereits erwähnt – dieBildung von Synergiezentren in Lehre undForschung zu stärken. Da künftig mehr Wis-senschaftler mit vertiefter Erfahrung im For-schungssystem anderer Länder benötigtwerden, beabsichtigt die MPG darüber hin-aus die wechselseitige Einrichtung vonNachwuchsgruppen in Kooperation mitausländischen Forschungsorganisatio-nen. Wissenschaftler ausländischer For-schungsinstitutionen sollen dabei Nach-wuchsgruppen an MPI bilden und dort nebenihren ausgewiesenen Forschungsleistungeninsbesondere auch die spezifischen Erfahrun-gen aus ihren Herkunftsorganisationen ein-bringen. Für Wissenschaftler aus MPI ist imGegenzug vorgesehen, Nachwuchsgruppenin ausländischen Forschungsorganisationenzu etablieren. Bilaterale Vereinbarungen die-ser Art sind mit Israel bereits realisiert; mitFrankreich und China befinden sie sich inPlanung.

Frage 9:Qualitätssicherung und ErfolgskontrolleWelche Stärken und Schwächen weisennach Ihrer Auffassung die bisher prak-tizierten Verfahren der Ergebnisbewer-tung auf? Welche Leistungsindikatorenwerden genutzt? Welche Möglichkeiten

einer Weiterentwicklung der begleiten-den Bewertung der Forschungsarbeit inden einzelnen Instituten durch Fachbei-räte sehen Sie im Rahmen der MPG?Welche Formen einer externen Ergeb-nisbewertung sollten künftig genutztwerden?

Die MPG verfügt über ein internes mehr-gliedriges System der Evaluation. Eserstreckt sich über die Ex-ante Evaluation imRahmen von Berufungen, die laufende Eva-luation der Arbeit in den Instituten im Zwei-jahresrhythmus, die prospektive Bewertungvon Forschungsgebieten anläßlich von Eme-ritierungen und eventueller Nachfolgeberu-fungen bis zu einer forschungsfeldübergrei-fenden vergleichenden Evaluation ihrerInstitute alle sechs Jahre.

Der Schwerpunkt der Verfahren zur Ergeb-nisbewertung in der MPG liegt im Fachbei-ratswesen. Die Fachbeiräte als externe Bera-terkreise erarbeiten die Stellungnahmen zuden einzelnen Instituten. Sie bilden einewichtige Grundlage für die Entscheidungender zuständigen Organe der Gesellschaftüber deren Entwicklung innerhalb der MPG.Die Fachbeiräte tragen damit zur Funktions-fähigkeit des Selbststeuerungssystems derGesellschaft sowie zur Rechenschaftslegunggegenüber der Öffentlichkeit bei. Die Fach-beiratsmitglieder werden in einem Verfahrenbenannt, das ihre Autorität in der MPGsicherstellt.

Die MPG hat sich zum Ziel gesetzt, bessereVoraussetzungen für eine komparativeBetrachtung der Institute innerhalb derMPG sowie in ihrem weiteren nationalen undinternationalen Umfeld und eine darananknüpfende erfolgsorientierte Ressourcen-steuerung zu schaffen. Dazu wurde im März1998 durch den Senat eine neue Regelung

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für das Fachbeiratswesen verabschiedet(als Anlage beigefügt). Die Berichte der Fach-beiräte nehmen eine das Institut insge-samt betreffende Bewertung vor. Sie befas-sen sich mit der Bedeutung des Institutes inseinem Fachgebiet, seiner wissenschaftlichenQualität und seinen Entwicklungsperspekti-ven. Sie enthalten eine Beurteilung der ein-zelnen Abteilungen und Arbeitsbereiche. DerFachbeirat befaßt sich bei seiner Beurteilungu.a. mit den geleisteten Arbeiten, den mittel-fristigen Programmen, dem Mitteleinsatz,mit der Zusammenarbeit mit anderen For-schungseinrichtungen und mit der Förde-rung des wissenschaftlichen Nachwuchses.Schließlich sind Veränderungs- und Umstruk-turierungsüberlegungen insbesondere beibevorstehenden Emeritierungen Teil desBerichtes.

In Ergänzung zu der bisherigen alle zweiJahre stattfindenden Fachbeiratssitzung wer-den die Fachbeiräte künftig zu jeder drittenturnusmäßigen Sitzung, also alle sechs Jahre,mit erweitertem Auftrag zusammenkom-men. Dabei wird der Fachbeirat eines Institu-tes um zwei externe Berichterstatter ergänzt,die an möglichst zeitnah miteinander ver-bundenen Begutachtungen aller in ei-nem Forschungsfeld zusammengefaßtenInstitute teilnehmen. Eine Forschungsfeld-kommission (Berichterstatter, Fachbeiratsvor-sitzende, Vizepräsident und Sektionsvorsit-zender) tritt daraufhin zusammen und gibteine Stellungnahme zu den Entwicklungsper-spektiven des Forschungsfeldes und seinerInstitute ab, die dann die Grundlage fürerforderliche Veränderungen in der Ausrich-tung und Struktur von Instituten sowie derRessourcenallokation bildet. Durch die Ein-führung flexibler Berufungszusagen werdeninfolge von deutlichen negativen Leistungs-bewertungen Kürzungen bis zu 25% derzugesagten Mittel eines Arbeitsbereiches

möglich, nach mehreren negativen Evalua-tionen bis zu maximal 50%.

Um die Arbeit der Fachbeiräte zu verbessern,wird künftig noch stärker darauf geachtet,daß jedes Institut bzw. jede Abteilung seinejeweiligen Forschungsperspektiven für dieBegutachtung darlegt, damit sie in die Beur-teilung durch die Fachbeiräte eingehen kön-nen. Damit könnte auch eine bessere Ver-gleichbarkeit der Arbeitsgebiete zwischenden Instituten hergestellt werden.

Außer diesen jüngsten, der Intensivierungder Qualitätssicherung und Erfolgskontrolledienenden Neuerungen könnte über einebessere Vermittlung der Forschungs-ergebnisse jenseits der eigentlichen Fach-literatur für eine breitere Öffentlichkeit nach-gedacht werden.

Neben der von ihr verantworteten Evaluationsieht die MPG in den vom Wissenschafts-rat durchgeführten Querschnittsevaluatio-nen (wie etwa im Bereich der Materialfor-schung oder der Umweltforschung bereitsvorliegend) eine wertvolle Ergänzung.