Fünfzylindermotor im Personenwagen - ein Kompromiß? · Bi I d 2. Schnittbild des...
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Dipl.-Ing. Kurt Obländer und Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Strauber, Stuttgart-Untertürkheim DK 621.436-124.1-112: 629.114.6
Fünfzylindermotor im Personenwagen - ein Kompromiß?
Daimler-Benz hot mit dem Fahrzeug 240 D 3,0 als erste Automobilfirmo der Welt einen Personenwogen mit FünfzylinderReihenmotor (Motortyp OM 617; Hubraum 3,0 I ; Leistung 59 kW [80 PS]; Vorkammer-Dieselmoto r) auf den Markt gebracht'). Fünfzylinder-Reihenmotoren wurden bisher nur für Lastkraftwogen und ols Stationär- bzw. Einbaumotoren verwendet (z. B. Mercedes-Benz do Brasil, MAN, KHD, Mitsubishi, Yanmar, Berliet, Unic u.a.). In onderer Zylinderanordnung - als Sternmotor -fanden Fünfzylindermotoren schon früh als Flugtriebwerke Verwendung. Im folgenden wird die Verwendung des FünfzylinderReihenmotors im Personenwagen hinsichtlich seines Schwingungsverhaltens beurteilt.
5 Cylinders for the Passenger Car - a Compromise? Abstract
The present report is on attempt to exploin the vibration problems of the 5 cylinder in-line engine compared to the 4 cylinder and 6 cylinder in on easi ly comprehensible and partially simplified manner.
After 0 brief introduction ond information on the manifold complex interactions of the vibration system engine/vehicle os weil os measures to improve this system, one of the most important sources of exc itation, that is the engine, is dealt with here.
After describing the forces of excitation (gas forces, inertio forces, charocteristics of gas and inertia forces, fig. 1, 2 and 3) which occur in each engine on each individuol cy linder, the effects produced on multi-cylinder eng ines by these forces are then considered.
By comparing the individual factors (torque, torsional vibrations, bending vibrat ions, inertia force effects) in 4, 5 and 6 cylinder in-line engines, the c1ossification of the vibration characteristics of the 5 cylinder engine in comparison to the known 4 and 6 cylinder eng ines is devised. A table compiles the essential aspects.
The authors come to the conclusion that the 5 cylinder engine is to be classified between the 4 and 6 cyli nder engines os far os its vibration characteristics are concerned. According to the opinion of the DB engineers, it is to be c1assified nearer to the 6 cylinder engine thon to the 4 cylinder engine.
1. Einleitung
Grundl egender Gedanke bei der Konzeption eines Fünfzylinder-Reihenmotors ist die Möglichkeit der "Baukastenbauweise" unter Verwendung gleicher Bautei le wie Kolben, Pleuel, Ventile usw. von Vier- oder Sechszyli ndermotoren sowie die Chance der Ausnutzung einer vorhandenen Fertigungseinrichtung; d. h. Einsparung von teuren Investitionen, die für einen Motor mit anderen Zylinderdurchmessern und -abständen notwendig wären. Daneben fallen - wenn mon von einem Vierzylindermotor aus·geht - die geringeren Fertigungskoste n sowie die kleinere Baulänge gegenüber einem Sechszylindermotor deutlich ins Gew icht.
Der Mercedes-Benz Fünfzylinder-Personenwagen-Dieselmotor OM 617 basiert auf den bewährten Vierzylinder-Dieselmotoren und wurde unter Beibehaltung aller wesentlichen Konstruktionsmerkmale aus dem 240-D-Motor entwickelt, B i I d 1. Damit sind viele vom 240 D vorhandenen Teile wie Kolben, Pleuel, Ventile, Kurbelwellenlager usw. gleich; die Fertigung kann auf den vorhandenen Transferstraßen erfolgen, B i I d 2.
Die von den Daimler-Benz- Ingenieuren bei der Entwicklung der Fünfzylindermotoren für Lastwagen, die heute von Mercedes-Benz do Brasil und im Rahmen des Kooperationsabkommens bei MAN serien mäßig gebaut werden, gesammelten Erfahrungen wurden für den Personenwagenmotor mit herangezogen.
Sucht man nach Gründen, weshalb bisher Fünfzylindermotoren in Personenwagen nicht verwendet wurden, dann wird
'I Vgl. ATZ 76 (1974) 8, S. 268-269
ATZ Automobiltechnische Zeitschrift 77 (1975) 3
im allgemeinen gefühlsmäßig dos "sch lechtere G eräusch und Schwingungsverha lten" genannt. Inwiefern diese Behauptung gerechtfertigt ist, soll im folgenden dargelegt werden.
Bekanntlich ist ein Vierzylindermotor "rouher" , d. h. unkomfortabler als ein Sechszy lindermotor - im wesentlichen ist dies eine Folge der freien Massenkräfte und Drehmomente 2. Ordnung, die beim Sechszylindermotor gleich Null bzw. kleiner sind. Freie Massenkräfte sind nicht immer mit einfachen, wirtschaft lichen Mitteln ausgleichbar und begrenzen deshalb Hubraum und Höchstdrehzahl von Vi erzylinder-Personenwagenmotoren; die Hubraumgrenze wird bei co. 2,51, die Drehzahlg renze bei etwa 6000 U/min zu suchen sein. Bei größeren Hubräumen wachsen beim Vierzylindermotor die auftretenden Geräusch- und Schwingungsprobleme derart an, daß ei ne Beherrschung zu aufwendig und wirtschaftlich nicht mehr tragbar wird.
2. Gas- und Massenkräfte beim Fünfzylindermotor
Schon 1930 schrieb Föppl in sei nem Buch "Gru ndzüge der technischen Schwingung slehre", daß die Fünfzyl indermaschi ne bezüglich Massenausgleich günstiger ist a ls der Vierzylindermotor. Worum dies der Fall ist, soll im folgenden in den Grundzügen dargelegt werden .
Fahrzeugschwingungen, die sich sowohl als Geräusche als auch als unangenehme Vib rationen in den verschiedensten Frequenzen äußern, werden sowohl vom Motor als auch von Fahrbahnunebenheiten angeregt. Besonders stark werden die Geräusche dann, wenn dos Fahrzeug, der Motor oder Teile derselben in Resonanz mit den Motor- oder Fahrbahnerregungen kommen, wei l dann sehr kleine Erregerkräfte genügen, um kräftige Schwingungen oder Geräusche zu erzeugen. Resonanz tritt immer dann auf, wenn ein schwing ungsfähiges Teil im Takt seiner Eigenfrequenz erregt wird.
Neben den für die Insassen lästigen und ermüdenden Geräuschen können Schwingungen wegen der zusätzlichen mechanischen Beanspruchung die Haltbarkeit einzelner Bauteile gefährden .
Bi I d 1. Mercedes-Benz-Fünfzyli nder-Diese lmotor OM 617 für den Typ 240 D 3,0; 59 kW (80 PS) bei 4000 U/min und 172 Nm (17,5 kpm) bei 2400 U/min ; max. mittlerer Druck 7,4 kp/cm2
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Bi I d 2. Schnittbild des Fünfzylinder-Reihenmotors, 6 Kurbelwellenlager, Zündfolge 1-2-4-5-3, Ausgleichsgewichte an der mittleren und an den äußeren Kurbelwellenkröpfungen, Drehschwingungsdämpfer am vorderen Kurbelwellenende
Es muß deshalb bei jeder Fahrzeugentwicklung versucht werden, durch entsprechende Maßnahmen die Schwingungen und Geräusche klein zu halten. Hierbei bestehen verschiedene Möglichkeiten :
1. Verringern der Erregerkräfte, d . h. der anregenden Kräfte, die von Motor und Fahrbahn ousgehen. 2. Isolieren des Erregers, alsoz. B. des Motors vom Fahrzeug . Diese Isolierung erfolgt durch die in großer Zahl am Fahrzeug vorhandenen Gummilagerungen für Motor, Getriebe, Radaufhängungen usw. 3. Verst immung des Systems Erreger - Schwinger, d. h. Änderung der Eigenfrequenz eines oder beider Teile, so daß keine Resonanz mehr auftritt . Dieses Prinzip wird recht häufig angewandt, insbesondere in der Weise, daß die kritische Drehzahl eines Schwingers durch Erhöhung der Eigenfrequenz über die maximale Betriebsdrehzahl gelegt wird . Genau genommen ist auch das unter 2. aufgeführte Isolieren eine System-Verst,immung, und zwar hauptsächlich angewandt als Verschiebung der Resonanz unter die niedrigste Betriebsdrehzahl, so daß im Betriebsdrehzahlbereich "überkritisch" gefahren wird, d . h. Erregung und Trägheit des Schwingers werden gegenläufig und tilgen sich zunehmend .
Auf die unter 1. genannten, vom Motor ausgehenden onregenden Kräfte, die jeder Konstrukteur so klein wie mögI,ich halten wird, wobei ihm physikalisch Grenzen gesetzt sind, wird im folgenden eingegangen.
Die im Motor auftretenden Gas- und Massenkräfte wirken sich in verschiedenster Art als onregende Kräfte aus, Bi I d 3.
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Bi I d 3. Prinzipdarstellung der im Motor auftretenden Gas- und Massenkräfte am einzelnen Kurbeltrieb
2.1 . Gas kr ä ft e
Gaskräfte Pz entstehen durch die Verbrennung des KraftstoffLuftgemisches im Zylinder sowie durch die Verdichtungsarbeit des angesaugten Gemisches . Sie bilden keine nach außen "freien" Kräfte, da sie sich stets am Zylind e rkopf als "Gegenkraft" obstützen. Die Obertragung der Gaskräfte auf das Kurbelgehäuse erfolgt durch die Zylinderkopfschrauben. Lediglich die von den Gaskräften gewollt erzeugte Drehkraft - dos Drehmoment des Motors - gelangt über die Kurbe,lwelle nach "außen" und muß über die Gummi-Motorlagerung abgestützt werden.
2.2. M ass e n k räf t e
Ähnlich wie bei den Gaskräften, die - mit Ausnahme des Drehmomentes - nur innerhalb des Motors wirksam werden, können sich Massenkräfte Posz und Prot, je nach Zylinderzahl, Anordnung der Kurbelwellenkröpfungen und Massenausgleich gegenseitig innerhalb des Motors aufheben, so daß nach oußen keine freien Massenkräfte resultieren ; solche Motoren sind ausgeglichen . Jedoch können aufgrund der konstruktiven Gegebenheiten Zylinderzahl und Kurbelwelle auch freie Massenwirkungen verbleiben, die in ihrer Zusommenfassung, über alle Zylinder gesehen, als "freie Massenkraft" oder als "freie Momente" bezeichnet werden . Diese freien Massenwirkungen erzeugen Schwingungsausschläge des gesamten Motorblocks in horizontoler und vertikaler Richtung sowie Momente in drei Freiheitsgraden, Bi I d 4:
1. Kräfte und Bewegungen in X-Richtung
2. Kräfte und Bewegungen in Y-Richtung
3. In Z-Richtung keine Kräfte und Bewegungen
4. Momente und Drehungen um X-Achse
5. Momente und Drehungen 5 um Y-Achse
6. Momente und Drehungen o um Z-Achse
5
o
Bi I d 4. Prinzipdarstellung der am Motor auftretenden freien Massenwirkungen, die zusammengefaßt als freie Massenkraft und freie Massenmomente bezeichnet werden
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Ausschieben I ~
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l ' Umdrehung I-- I ----11 Umdrehung.1,-- . I 1 Arbeitsspiel -----l ~ 1 Arbetfssplel----l
B i I d 5. Verlauf der Gasdrehkraft (links) und der Massenkraft (rechts) für einen Zylinder über jeweils 1 Arbeitsspiel beim Viertaktmatar Gas- und Massenkräfte höherer Ordnungen treten ebenfalls auf, wurden jedoch der Obersichtlichkeit wegen hier weggelassen, sie werden mit steigender Ordnungszahl der Größe (Amplitude) nach immer kleiner und wirken daher als erregende Kräfte weniger stark
Durch Obertragung dieser Kräfte auf Fahrgestell und Karosse_ rie können, wenn keine Gegenmaßnahmen getroffen wer
den, erhebliche Schwingungs- und Geräuschbelästigungen auftreten.
3. Verlauf der Gas- und Massenkräfte
Sowohl Gas- als auch Massenkräfte sind je nach Stellung der Kurbelwelle, über ein Arbeitsspiel des Motors gesehen, unterschiedlich groß, wie sich aus B i I d 5 ersehen läßt.
Der Verlauf der Gaskräfte als Drehkraft an der Kurbelwelle, verursacht durch die vier Takte Ansaugen, Verdichten, Verbrennen und Ausschieben, ist links dargestellt. Die durch die hin- und hergehende Bewegung des Kolbens und der Pleuel stange verursachten Massenkräfte wirken in Richtung der Zylinderachse; ihr Verlauf ist rechts wiedergegeben.
Schwingungsanregend sind jeweils reine Sinusfunktionen , d . h. Kräfte, die mit konstanter Größe und Geschwindigkeit umlaufen. Sowohl der Verlauf der Gas- als auch der Massenkraft läßt sich, wie oben gezeigt, durch Oberlagerung mehrerer Sinusfunktionen darstellen . Das heißt also, daß als schwingungsanregende Frequenzen nicht nur die mit Motordrehzahl umlaufenden Kräfte auftreten, sondern auch in Abhäng,igkeit von' Motorenkonstruktion, Zylinderzahl und Zündfolge Frequenzen, die einem Vielfachen der Kurbelwellendrehzahl entsprechen.
Da - wie schon zuvor erwähnt - Motor und Fahrzeug ein äußerst komplexes Schwingungsgebilde mit zahllosen Freiheitsgraden bilden, ist die Größe der freien Massenkräfte und -momente eine der bestimmendsten Ursachen für die Laufruhe eines Fahrzeugs.
4. Wirkungen der Gas- und Massenkräfte
4.1. F r eie s D reh m 0 m e n t
Die jeweils durch die Verbrennung am einzelnen Zylinder ausgelösten Drehkräfte haben zur Folge, daß die Kurbelwelle ein ungleichförmiges Drehmoment abgibt, welches am Kurbelgehäuse bzw. der Motorlagerung abgestützt werden muß. Durch ein g roßes Schwungrad als Energiespeicher kann die als Folge des ungleichförmigen Drehmomentes entstehende Ungleichförmigkeit der Drehgeschwindigkeit beeinflußtwerden, nicht aber der ungleichförmige Drehmomentverlauf. Dieser läßt sich nur durch Erhöhung der Zyl inderzahl verbessern, d . h. durch Verkleinerung des Zündabstandes.
Die Drehmomentschwankung ist beim Viertaktmotor mit glei chen Zündabständen von der Ordnung, die der halben Zylinderzahl entspricht, d . h. der Vierzylindermotor hat ein freies Drehmoment 2. Ordnung, der Fünfzylindermotor 2,5 . Ordnung und der Sechszylindermotor 3. Ordnung.
Der Fünfzylindermotor nimmt hier den Platz zwischen Vierund Sechszylindermotor e in.
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4.2. D reh s c h w i n gun gen
Da die Kurbelwelle mit Schwungrad, Pleueln und Kolben ein schwingungsfähiges Gebilde ist, wird sie durch die Gaskräfte zu Drehschwingungen angeregt, d . h. sie w ird in sich verdreht (tordiert). Liegt eine kritische Drehzahl der Kurbelwelle im Betriebsdrehzahlbereich, dann werden erhebliche Winkelausschläge erze'ugt, die zum Bruch der Kurbelwelle führen können, wenn sie nicht durch einen Drehschwingungsdämpfer oder -t ilger gemindert werden .
Seihst wenn keine kritischen Werkstoffbeanspruchungen auftreten, müssen Motoren des öfteren aus Geräuschgründen (die Ausschläge der Kurbelwelle übertragen sich auf Getriebe, Kardanwelle und Achse und können schwingungsanregend sein) Schwingungsdämpfer erhalten.
Vierzylinder-Personenwagen-Reihenmotoren sind im allgemei,nen nicht kritisch, da sie eine kurze "steife" Kurbelwelle haben, deren Eigenfrequenz so hoch liegt, daß im Betriebsdrehzahlbereich nur kritische Drehzahlen höherer Ordnung mit entsprechend kleinen Erregungen liegen . Beim Sechszylinder-Reihenmotor liegt die Eigenfrequenz aufgrund der längeren "weicheren" Welle tiefer, und es kommt zu Resonanzen mit niedrigeren Ordnungen und höheren Erregungen, so daß ein Sechszylindermotor im allgemeinen einen Schwin'gungsdämpfer benötigt. Der Fünfzylinder-Reihenmotor liegt hier wiederum in der Mitte zwischen Vier- und Sechszylindermotoren ; aus Geräuschgründen ist beim Personenwagen ein Schwingungsdämpfer notwendig.
4.3. B i e g e s c h w i n gun gen des M 0 tor -getriebeblocks
Bedingt durch die Ku rbelwellenkonstruktion verteilen sich die Gas- und Massenkräfte 1. oder höherer Ordnung der einzelnen Zylinder entlang der Kurbelwelle oft in einer Weise, daß die Welle eine ausgeprägte Biegeform erhält. Diese Biegeform wird durch das Lagerspiel begrenzt unter Erzeugung entsprechender Lagerreaktionen, die ihrerseits die Biegeform auf den Motorblock zu übertragen versuchen . Je nach Steifigkeit der Kurbelgehäusekonstruktion sowie der Verbindung zum Getriebe neigt der Motorgetriebeblock zu Biegeschwingungen, d ie sich über die Motorlagerungen auf Fahrgestell und Karosserie übertragen.
Die Eigenfrequenz des Motorgetriebeblocks ist abhängig von seiner Länge. Sie liegt beim Vierzylindermotor höher als beim Sechszylindermotor. Andererseits dominiert beim Sechszylindermotor die Erregung 1. O rdnung, beim Vierzylindermotor die 2. Ordnung. Der Fünfzylindermotor liegt in der Eigenfrequenz etwa dazwischen und wird aufgrund der auftretenden Massenmomente durch die 2. Ordnung erregt.
Der Fünfzylindermotor liegt aus diesem Grunde zunächst etwas ungünstiger als Vier- und Sechszylindermotor ; durch entsprechende konstruktive Versteifung des Motorgetriebeblocks kann dies jedoch kompensiert werden .
4.4. Wir k u n gen der M ass e n k räf t e
Massenkräfte treten durch die umlaufenden (rotierenden) sowie hin- und hergehenden (oszillierenden) Massen auf. Rotierende Massen sowie ein Te il der oszillierenden Massen können durch Gegengewichte an der Kurbelwelle im sogenannten Massenaus'gleich ausgeglichen werden. Dies betrifft jedoch nur Massenkräfte 1. Ordnung. Be,i Mehrzylindermaschin e n (z. B. Vier- und Sechszylinder~ Reihenmotoren) ist allein durch entsprechende Anordnung der Kurbelwellenkröpfungen innerhalb des Motors ein Ausgleich der Massenwirkungen 1. Ordnung möglich . Trotzdem werden auch hier noch Gegengewichte verwendet, weil sonst die Beanspruchung der Kurbelwelle in sich und die Lagerreaktionen in einer Größe auftreten, die untragbar sind (vergl. Abschnitt 4.3) .
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Motoren mit freien Massenwirkungen 1. Ordnung sollten jedoch einen möglichst aptimalen Massenausgleich haben, um die freien Massenwirkungen klein zu halten.
In jedem Fall werden die durch Fertigung und Montage der Motorenteile entstehenden Unwuchten an Kurbelwellen und Anbauteilen durch Auswuchten der Kurbelwelle oder besser des gesamten Motors ausgeglichen.
Im Gegensatz zu den Massenwirkungen 1. Ordnung können solche höherer Ordnung nicht ohne erheblichen Aufwand ausgeglichen werden; bei Mehrzylindermotoren heben sich jedoch, abhängig von der geeigneten Wahl der Kurbelfolge, diese Massenwirkungen ganz oder teilweise auf. So treten z. B. beim Sechszylinder-Reihenmotor üblicher Bauart weder Massenwirkungen 1. noch 2. Ordnung auf.
Die Größe der oszillierenden Massenkräfte ist abhängig von der Masse der hin- und hergehenden Teile (Kolben, oszillierender Anteil der Pleuelstange), dem Kurbelradius und dem Quadrat der Drehzahl.
Jeder Motorenhersteller versucht nun durch entsprechende Kurbelwellenanordnung, Massenausgleich und leichte Triebwerksgewichte die freien Massenwirkungen klein zu halten. Aus konstruktiven Gründen ist jedoch nicht immer zu vermeiden, daß freie Kräfte auftreten und entsprechende Wirkungen - nämlich Schwingungen des Motorblocks - zur Folge haben.
In der Ta fe I 1 seien deshalb Vier-, Fünf- und SechszylinderReihenmotoren verglichen. Unter der Voraussetzung gleicher Triebwerksteile (Pleuel, Kolben, gleicher Hub) sind in der Tafel die Massenwirkungen 1. und 2. Ordnung aufgeführt. Natürlich gibt es noch Massenwirkungen höherer Ordnungen, die jedoch der Obersichtlichkeit wegen hier weggelassen wurden, zumal sie dem Betrag nach mit höherer Ordnung immer kleiner werden, wie bereits eingangs erwähnt wurde.
Man erkennt, daß alle drei Motoren infolge ihrer Kröpfungsanordnung keine freien Massenkräfte 1. Ordnung aufweisen; der Vierzylindermotor hat jedoch freie Massenkräfte 2. Ordnung, die dem Betrag nach relativ groß sind. Ein Ausgleich der Kräfte 2. Ordnung mit einfachen Mitteln ist nicht möglich; sie werden daher bei allen bekannten Fahrzeugmotoren in Kauf genommen. Der Sechszylindermotor hat keine freien Massenwirkungen 1. und 2. Ordnung.
Die Kurbelkröpfungen der Vier- und Sechszylindermotoren sind, wenn man sie am mittleren Lager trennt, spiegelsymmetrisch. Dies ist naturgemäß bei der Fünfzylinderwelle nicht der Fall. Aus diesem Grund treten im Gegensatz zu Vierund Sechszylindermotoren beim Fünfzylindermotor freie Momente auf, die sich wie die freien Massenkräfte auf die Motorlagerung übertragen.
Die auf das Fahrzeug über die Motorlagerung wirkenden, schwingungsanregenden Kräfte 2. Ordnung betragen beim
"Tempo Control" Geschwindigkeitswarner
Dieses von der I T T Bau eie m e n t e, Nürnberg, angebotene elektronische Warngerät zeigt akustisch mit einem klaren, deut· lichen Piepston das überschreiten bestimmter Geschwindigkeiten an, B i I d 1. Es ist mit einem Lautsprecher mit Kompressions-
Bi I d 1. Tempo Contral Geschwindigkeitswarner mit drei beliebig programmierbaren Grenzwerten
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Ta f e I 1. Vergleich der freien Massenkräfte und Momente für Vier-, Fünf- und Sechszylinder·Reihenmotoren; Hub 92,4 mm, Bohrung 91 mm, Pleuelverhältnis ?c=0,31, Zylinderabstand a=102 mm; Hubraum : Vierzylindermotor Fü nfzyl indermotor Sechszyl indermotor
Zylinderzahl
Freie Kraft + Freies Moment ~ oszillierende Kräfte t l bzw. Momente r = halber Hub = Kurbelrac!ius w = Winkelgeschwindigkeit rn,,= Masse der hin - und
hergehenden Triebwerks· tei le = moszillierend
Zündabstand Zündfolge
Freie Kräfte l Ordnung
Freie Momente lOrdnung
Freie Kräfte 2.0rdnurg
Freie Momente 2.0rdnurg
2404 cm2
3005 cm2
3606 cm2
4
1 4
8 -~ 2 3
r 2 3
180 0
1- 3-4-2
0
0
(Motortyp OM 616 - 240 D) (Motortyp OM 617 - 240 D 3,0) (Rechenwert)
5 6
1 458
~ ~ 2 3 45 1
Ä 5*4 2 3 2 3
1440 1200
1-2-1,-5-3 1-5-3-6-2-1,
0 0
0,01,6 mH· r ·w' t 0
1,24 mH·r·w' l 0 0
0 0,157 mH ·r·w ' t 0
Vierzylindermotor, unter der Annahme gleichmäßiger Verteilung auf vordere und hintere Motorlagerung und ohne Berücksichtigung der Isolierung, etwa 0,6 ' mH' r· w2
; die beim Fünfzylindermotor auftretenden freien Massenmomente stützen sich ebenfalls auf die vorderen und hinteren Motorlagerungen ab. Da hier der Lagerabstand (in vorliegendem Fall ca. 770 mm) eingeht, betragen diese Kräfte nur
0,15710,77=0,2· mH' r · w 2;
d. h. nur ca. 1/3 derjenigen des Vierzylindermotors.
Die freien Momente 1. Ordnung beim Fünfzylindermotor sind noch wesentlich kleiner und haben daher keinen Einfluß auf das Geräuschverhalten .
Wie sich unschwer aus oben Gesagtem erkennen läßt, stellt der Fünfzylindermotor von der schwingungstechnischen Seite her also durchaus keinen Kompromiß dar, sondern eine gangbare, einwandfreie technische Lösung.
Die eingangs erwähnten Vorteile hinsichtlich der Fertigung werden durch ein gegenüber dem Vierzylindermotor deutlich verbessertes Schwingungsverhalten ergänzt: Nach Meinung der Daimler-Benz-Ingenieure liegt der Fünfzylindermotor schwingungsmäßig näher beim Sechszylinder- als beim Vierzylindermotor.
Schrifttum
[lJ Föppl, 0.: Grundzüge der technischen Schwingungslehre. Springer-Verlag, 1931
[2J Lang, 0.: Triebwerke schnellaufender Verbrennungsmotoren. Konstruktionsbuch 22, Springer-Verlag, 1966
kammer ausgerüstet, dessen Lautstärke regulierbar ist. Drei beliebige Geschwindigkeitsgrenzen, etwa 50 km/h im Stadtbereich, 100 km/h auf Landstraßen und die Richtgeschwindigkeit mit 130 km/h auf Autobahnen, lassen sich getrennt in das Gerät einprogrammieren. Ähnlich der Senderwahl beim Autoradio wird der entsprechende Geschwindigkeitsbereich über Drucktasten eingeschaltet. Der Sensor des Gerätes mißt das geschwindigkeitsabhängige Magnetfeld des Tachometers, in zwei integrierten Schaltkreisen mit 39 Transistoren und 10 Dioden wird die gefahrene Geschwindigkeit elektronisch mit der vorprogrammierten verglichen, und beim überschreiten wird schließlich der Warnton ausgelöst.
Die Montage ist unproblematisch und in jeden Wagentyp mit 12-V-Anlage möglich. Das Gerät selbst wird mit einem mitgelieferten Spezialklebeband an einer passenden Stelle des Armaturenbrettes befestigt. Der Sensor kann direkt auf das Glas des Tachometers oder - besser - an der Rückseite möglichst nahe der Tachowelle aufgeklebt werden . Die Stromversorgung erfolgt von der am leichtesten zugänglichen Stelle, der Verbrauch ist mit 0,2 W unerheblich. H,
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Zylinderzahl 4 5 6
Freie Kraft + Freies Moment t 1 4
8 ~ oszillierende Kräfte t t Arft 1 458 bzw Momente ~ r = halber Hub = Kurbelrac!ius 2 3 45
w = Winkelgeschwindigkeit r 1
Ä 0);= Masse der hin- und 5*4 2 3 hergehenden Triebwerks- 2 3 teile:: mosziltierend
2 3
Zündabstand 1800 144 0 1200
Zünd folge 1-3-4 -2 1- 2-4-5-3 1-5-3-6 -2-4
Freie Kräfte lOrdnung 0 0 0
Freie Momente lOrdnung 0 0,046 mH ,r ·w' ~ 0
Freie Kräfte 2.0rdnung 1,24 mH·r·w' ,
0 0
Freie Momente 2.0rdnung 0 0,157 mH·r ·w' t 0