Flexible Arbeitswelten - bertelsmann-stiftung.de · Die Expertenkommission Ausgelöst durch...
Transcript of Flexible Arbeitswelten - bertelsmann-stiftung.de · Die Expertenkommission Ausgelöst durch...
Flexible Arbeitswelten
Bericht an die Expertenkommission „Arbeits- und Lebensperspektiven in Deutschland“
Flexible Arbeitswelten
Bericht an die Expertenkommission „Arbeits- und Lebensperspektiven in Deutschland“
von Werner Eichhorst, Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) und Verena Tobsch, E·x·AKT Empirische und aktuelle Wirtschaftsforschung
Die Expertenkommission
Ausgelöst durch Technologiesprünge, neue Arbeits-, Produktions- und Kommunikationsprozesse und verstärkt durch die Finanzkrise verlieren viele Menschen die Orientierung und hinterfragen die bisherigen gesellschaftli-chen Werte. Die vor diesem Hintergrund geführten Diskussionen werfen Fragen nach dem Zusammenhalt der Gesellschaft sowie nach den gegenwärtigen Lebens- und Arbeitsperspektiven auf. Vor diesem Hintergrund hat die Bertelsmann Stiftung die Kommission „Arbeits- und Lebensperspektiven in Deutschland“ ins Leben gerufen. Sie greift folgende Fragen auf:
Was bedeuten die Veränderungen in Lebens- und Arbeitswelt der Menschen für den sozialen und kulturellen Zusammenhalt und die soziale Inklusion in der Gesellschaft? Wie müssen Arbeit und Arbeitsleben gestaltet werden, um individuellen Lebensentwürfen Rechnung zu tragen und gleichzeitig die Zukunftsfähigkeit von Un-ternehmen zu sichern? Wie kann gesellschaftliche Teilhabe im Beruf, in Gesundheit und Bildung, bei politischen Entscheidungsprozessen und sozialem Engagement durch neue Angebote gefördert werden? Wie lässt sich die Eigenverantwortung der Mitarbeiter für ihre Beschäftigungsfähigkeit stärken und wie können Menschen befähigt werden, persönliche Entwicklungschancen wahrzunehmen?
Im Leben des Menschen spielt Arbeit nach wie vor eine zentrale Rolle. Arbeit definiert die individuelle Teilhabe an der Gemeinschaft. Und sie ist nach wie vor ein entscheidender Faktor für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die wachsende Vielfalt von Lebens- und Arbeitsformen eröffnet neue Chancen: für Selbstverwirklichung bei den Individuen, für wirtschaftlichen Erfolg bei Unternehmen. Sie kann aber auch ins Negative umschlagen und zu einem Mangel an Teilhabe in der Gesellschaft sowie zu divergierenden Interessen und Ansprüchen in Unterneh-men führen. Antworten auf diese Fragen zu finden erfordert, die Anforderungen des Wandels in der Arbeitswelt und die Erwartungen an die persönliche Lebensweise wechselseitig zu betrachten.
Diesen Zusammenhang von Arbeit und Leben in der Zukunft zu beleuchten und Handlungsempfehlungen zu formulieren ist das Ziel der Expertenkommission „Arbeits- und Lebensperspektiven in Deutschland“. Zur Kommission gehören Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Eine Mitgliederliste der Expertenkommission befindet sich im Anhang.
5
Inhalt
Inhalt
1 Einleitung 6
2 Die vielen Gesichter der Flexibilität 7 2.1 ExterneFlexibilität:AuflösungstabilerErwerbstätigkeit? 7
MehrHeterogenitätbeidenArbeitsformenundgrößereLohnspreizung 9
FlexibleArbeitsformenunterscheidensichsehrstarknachBerufenund
Wirtschaftszweigen 10
WachsendeZergliederungderWertschöpfungsketten 11
2.2 InterneFlexibilität:Work-Life-Balanceund/oderArbeitsverdichtung? 13
3 Zwischen Stabilität und Flexibilität 16
4 Ein Blick in die Zukunft: „Subjektivierung“ der Arbeit? 17
5 Wirkungen und Problemlagen 18 5.1 AuswirkungenderFlexibilisierungaufdieArbeitszufriedenheit 18
5.2 AuswirkungenaufdieArbeitszufriedenheitimeuropäischenVergleich 21
6 Herausforderungen und Handlungsoptionen 26 6.1 PolitischeRahmensetzungen 26
6.2 DieVerantwortungderUnternehmen 27
6.3 DieGestaltungsmöglichkeitenderSozialpartner 29
6.4 AnforderungenandieIndividuen 30
7 Zusammenfassung 32
8 Literatur 34
Anhang 38
6
1 Einleitung
1 Einleitung
DerArbeitsmarktunddieArbeitswelt inDeutschlandbefindensich ineinemschonlängeran-
dauerndenVeränderungsprozess,derinderöffentlichenundfachlichenDiskussiongernmitdem
Begriffeinerzunehmenden„Flexibilisierung“oder„Entgrenzung“derArbeitbeschriebenwird.
MitdieserStudiewollenwirineinemerstenSchrittklären,inwieweitwirklichvoneinerEntgren-
zungderArbeitgesprochenwerdenkann,welcheFormenderEntgrenzungoderFlexibilisierung
vongroßeroderwachsenderBedeutungsindundwelcheweiterenVeränderungenwirfürdieZu-
kunftaufderGrundlagederderzeiterkennbarenEntwicklungenundEinschätzungenzuerwar-
tenhaben.ImnächstenSchrittversuchenwir,dieAuswirkungenderjüngerenVeränderungenin
derArbeitsweltaufdieUnternehmenunddieIndividuendarzustellen,bevorwirimdrittenund
letztenSchrittaufHerausforderungenundHandlungsoptionenfürPolitik,Unternehmen,Sozial-
partnerundIndividueneingehen.
7
2 Die vielen Gesichter der Flexibilität
2 Die vielen Gesichter der Flexibilität
Die„Entgrenzung“derArbeit lässtsichalseineAuflösung traditioneller räumlicher,zeitlicher
oder organisatorischer Grenzen von Arbeit verstehen, insbesondere als Aufweichung und Ver-
schiebung der Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben, sodass sich beide Bereiche stärker
durchdringen(Voß1998,GottschallundVoß2005).DieArbeitsmarktforschungumschreibtdies
auchmitdemBegriff„Flexibilisierung“.Flexibilitätkannsichsowohlauf innerbetrieblicheAb-
läufealsauchaufdieStrukturderUnternehmenundihrerBelegschaftenbeziehen–diesbedeu-
tetauchhiereineÖffnungtradierterGrenzziehungen.AntriebskräftefürdieseEntwicklungsind
dieGlobalisierung,technologischeInnovationen,dieFlexibilisierungderinstitutionellenRegeln
aufdenArbeitsmärktensowiederstrukturelleWandelhinzumDienstleistungssektor,aberauch
veränderteLebenslagenundPräferenzenderErwerbstätigen.DamitgehenneueFormenflexiblen
ArbeitensineineminsgesamtdynamischerenundverschärftenWettbewerbeinher.Esistdabei
sinnvoll,zwischeninnerbetrieblichenFormenderFlexibilisierungundEntgrenzungaufdereinen
SeiteundeinerNeudefinitionderGrenzenvonUnternehmenaufderanderenSeitedurchverän-
derteBeziehungenzwischendembetrieblichenKernundeinemflexiblerenRandbereichzuunter-
scheiden,wenngleichsichbeideEntwicklungenüberlagernundgegenseitigbeeinflussen.
2.1 Externe Flexibilität: Auflösung stabiler Erwerbstätigkeit?
Wasdie„externe“Flexibilitätbetrifft,soistzunächstfürDeutschland,aberauchfürvieleandere
europäischeStaatenfestzuhalten,dassindenletztenJahrenzahlreichezusätzlicheArbeitsplätze
außerhalbderunbefristetenVollzeitarbeit,alsojenseitsdersogenanntenNormalarbeitsverhält-
nisse,entstandensind.DiesgiltfürbefristeteArbeitsverträge,verschiedeneFormenderTeilzeit-
arbeit (sozialversicherteTeilzeit undgeringfügigeBeschäftigung, alsoMinijobs), aber auch für
ZeitarbeitundSelbstständigkeitmitabhängigBeschäftigtenundohneabhängigBeschäftigte.Die
GründedafürliegenimStrukturwandelhinzumofteherkleinbetrieblichorganisiertenprivaten
Dienstleistungssektor,derstärkeraufbestimmteexterneFlexibilitätsformenangewiesenist,und
inderVerstärkungdesWettbewerbsdrucksineinerzunehmendglobalisiertenVolkswirtschaft.
EinenwesentlichenBeitraghatjedochauchdiePolitikgeleistet,indemsiedieNutzungbestimm-
terFormenflexiblerBeschäftigungdurchdenAbbaurechtlicherSchrankenindenletztenJahren
deutlicherleichterthat,wasdenUnternehmendieMöglichkeiteröffnete,mehrArbeitsplätzein
Formflexibler,oftauchals„atypisch“bezeichneterArbeitsverhältnissezuorganisieren(Eichhorst
8
2 Die vielen Gesichter der Flexibilität
undMarx2011).SchließlichträgtauchdiezunehmendeErwerbstätigkeitderFrauenzueinerstär-
kerenNachfragenachTeilzeitjobsbei.
GleichwohlistinDeutschlandderBestandanNormalarbeitsverhältnissenüberdieletztenzehn
Jahrerechtstabilgeblieben,wieAbbildung1zeigt.DasunbefristeteVollzeitarbeitsverhältnis1stellt
inDeutschlandmitetwa40ProzentdererwerbsfähigenBevölkerungoder60ProzentallerEr-
werbstätigenimmernochdiebeiweitemvorherrschendeErwerbsformdar(EichhorstundTobsch
2013).Eswirdaberauchdeutlich,dassseitMitteder2000erJahreeinimmergrößererTeilderBe-
völkerungimerwerbsfähigenAltereineBeschäftigunggefundenhatunddieflexiblenBeschäfti-
gungsformeneinenwesentlichenBeitragdazugeleistethaben.Zugenommenhabeninsbesondere
diesozialversicherteTeilzeit2,diealsNormalarbeitsverhältnismitreduzierterStundenzahlzuver-
stehenist,dieMinijob-Beschäftigung(Eichhorstetal.2012)sowie–aufnachwievorrelativgerin-
gemNiveau–dieZeitarbeitunddieSelbstständigkeit.
1 UnbefristeteBeschäftigungmiteinertatsächlichenArbeitszeitvonmindestens35StundenproWoche.
2 DamitsindunbefristeteBeschäftigungenmiteinertatsächlichenwöchentlichenArbeitszeitvonunter35StundenproWochege-meint,dienichtderMinijobregelungunterliegen.
Quellen: SOEP 1992–2012, eigene Berechnungen
Abbildung 1: Erwerbsfähige Bevölkerung in Deutschland nach Erwerbsstatus, 1992–2012
0 %
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %
inaktiv
arbeitslos
arbeitslos und erwerbstätig
selbstständig
geringfügig beschäftigt
Zeitarbeit
befristet beschäftigt
Ausbildung
Teilzeit, unbefristet
Vollzeit, unbefristet
201220112010200920082007200620052004200320022001200019991998199719961995199419931992
inaktiv arbeitslos arbeitslos und erwerbstätig selbstständig geringfügig beschäftigt
Zeitarbeit befristet beschäftigt Ausbildung Teilzeit, unbefristet Vollzeit, unbefristet
26 25 26 26 26 27 27 26 26 25 25 232424 2022 21 2120 19 19
45 45 45 43 43 41 41 41 42 41 40 383839 4037 39 4041 40 41
6 6 7 7 7 8 7 6 5 6 7 887
68 7
67 7 6
6 6 6 6 6 6 67
7 7 6 676
6
77
76 7 7
5 44 5 4 5 4 5 5 4 4
4446
55
66 6 74 4 3 3 3 3 3 3 3 3 4 333
33
3 33 3 38 8 7 8 8
8 8 8 9 9 10101010 10
1011 1110 11 11
1 1 2 22 2 3
3 32 3 3 3 4 4
44 45 55
22222
222
221 1
9
2 Die vielen Gesichter der Flexibilität
Mehr Heterogenität bei den Arbeitsformen und größere Lohnspreizung
GleichzeitigwerdendiesogenanntenatypischenBeschäftigungsverhältnissegenerellgeringer
entlohntalsvergleichbareunbefristeteVollzeitarbeit(sieheTabelle1).Diesgiltinsbesonderefür
BerufeimprivatenDienstleistungssektormitmittlerenodergeringenQualifikationsanforderun-
gen,vorallem,wennessichhierbeiumeinenMinijobodereinBeschäftigungsverhältnisinder
Zeitarbeithandelt.DieskannzumTeilmiteinergeringerenBetriebszugehörigkeitbzw.Berufs-
erfahrung,aberauchmitunterschiedlichenTätigkeitsprofilenerklärtwerden.WachsendeUnter-
schiede lassensichauchbeiderLohnspreizungunterVollzeitbeschäftigtenbeobachten (OECD
2013).
DieseEntwicklungensindmitderteilweisenDeregulierungdesArbeitsmarktesbeiatypischen
Arbeitsformenerklärbar,ebensomitdemRückgangderTarifbindungundderVerschiebunghin
zumDienstleistungssektor,derstärkeratypischeBeschäftigungnutztundseltenervonTarifver-
trägenabgedecktwird(Dustmann,LudsteckundSchönberg2009).DurchdiestärkereVerbreitung
atypischer Beschäftigungsverhältnisse und von Niedriglohnjobs ist der deutsche Arbeitsmarkt
insgesamtflexiblerunddamitaufnahmefähigergeworden.
Tabelle 1: Atypische Beschäftigung, Qualifikation und Niedriglohnanteile
Anteil der Niedrigbezieher in % (über 50 % blau)
Gesamt Normalar-beitsverträge (VZ und TV > 20 h)
Atypische Erwerbsformen
Gesamt Teilzeit (< 20 h)
Befris-tung
Minijobs Zeit-arbeit
Gesamt 20,6 10,8 49,8 20,9 33,5 84,3 67,7
Frauen 26,5 15,1 47,6 19,2 35,5 84,8 72,9
Männer 15,8 8,1 53,7 34,3 31,6 83,4 65,4
Geringe Qualifikation 52,8 22,7 77,8 44,7 62,2 88,1 85,5
Mittlere Qualifikation 17,7 12,1 39,4 17,1 36,2 77,2 57,6
Hohe Qualifikation 1,7 0,5 8,3 2,7 5,7 61,4 20,7
Ausgewählte Berufsgruppen
Akademische Berufe 3,0 1,0 10,5 3,5 5,7 64,9 /
Techniker und gleichwertige Berufe 7,6 4,0 24,9 4,7 17,3 68,1 29,2
Büroangestellte 23,4 10,9 48,1 13,2 39,4 80,3 62,5
Verkaufs- und Dienstleistungspersonal 42,3 28,4 65,4 30,0 58,3 88,6 72,1
Handwerk 16,1 11,1 48,7 32,6 31,3 81,0 47,6
Maschinenbediener und Monteure 23,7 17,1 60,6 33,2 39,7 89,3 63,0
Hilfsarbeiter 61,5 39,7 79,2 56,3 70,7 90,3 89,2
Quelle: Destatis
10
2 Die vielen Gesichter der Flexibilität
Die Beschäftigungsdauer ist in den Betrieben jedoch nicht auf breiter Front zurückgegangen.
DatenderOECD(Tabelle2)zeigenseitdemJahr2000vielmehreineannäherndkonstanteVer-
teilung der Betriebszugehörigkeit mit etwa 60 Prozent an Arbeitnehmern, die über fünf Jahre
imUnternehmensind,undrund15ProzentmiteinerZugehörigkeitvonwenigeralseinemJahr.
GleichzeitignimmtdiedurchschnittlicheVerweildauerimBetriebsogarzu.Diesistdurchdielän-
gerenBeschäftigungsphasenältererArbeitskräftemitlängererBetriebszugehörigkeiterklärbar,
dienichtmehrwieinderVergangenheitinverschiedeneFormenderFrühverrentungwechseln.
Flexible Arbeitsformen unterscheiden sich sehr stark nach Berufen und Wirtschaftszweigen
Auffälligistschließlich,dassinmanchenSektorenundBerufsgruppendieflexiblenoderatypi-
schenArbeitsverträgestärkerangewachsensindalsinanderen.Abbildung2zeigtdieEntwick-
lungdesAnteilsatypischerJobsanallenArbeitsplätzen,differenziertnachBerufsgruppenaufder
einenSeite(y-Achse)unddieEntwicklungderBeschäftigungindiesenBerufenvon1995bis2012
aufderanderenSeite(x-Achse).BeieinigenhöherqualifiziertenBerufenisteszueinerExpansion
derBeschäftigtenzahlbeigleichzeitigkonstantemoderrückläufigemAnteilatypischer Jobsge-
kommen,währendbeivielenBerufendesprivatenDienstleistungssektorsdieEntstehungzusätz-
licherArbeitsplätzemiteinemwachsendenAnteilatypischerArbeitsplätzeeinherging.
Bei den schrumpfenden Berufsgruppen lassen sich Bereiche mit stabiler Struktur der Arbeits-
verträgevonsolchenmit stärkererVerlagerung inatypischeBeschäftigungunterscheiden.Die
ZunahmevonJobsaußerhalbdesNormalarbeitsverhältnissesgiltinsbesonderefürhochqualifi-
zierte,kreativeBereiche(SelbstständigkeitohneAngestellte),fürdasGesundheits-undSozialwe-
sensowiefürdenakademisch-wissenschaftlichenBereich(Teilzeit,Befristungen),füreinfachere
TätigkeitenimDienstleistungssektor(Minijobs)sowiefürdieverarbeitendeIndustrie(Zeitarbeit).
InvielenanderenBereichendesmittlerenundhöherenQualifikationssegmentsisteineaufDauer
angelegteBeschäftigunginVollzeitnachwievorsehrweitverbreitet.DieBedeutungatypischer
oderniedrigentlohnterErwerbsformenfolgtdabeiimGrundedemAngebotundderNachfrage
nachArbeitskräftenmitdenjeweiligenQualifikationen,wirdaberauchvonderRollesektoraler
TarifpartnerundgesetzlichenRegelungenbeeinflusst(Eichhorst,MarxundTobsch2013).
Tabelle 2: Betriebszugehörigkeit von Beschäftigten in Deutschland
Unter einem Monat
1 bis weniger als 6 Monate
6 bis weniger als 12 Monate
1 bis weniger als 3 Jahre
3 bis weniger als 5 Jahre
5 bis weniger als 10 Jahre
10 Jahre und mehr
2000 3,4 4,7 7,5 14,0 11,4 20,2 38,9
2005 2,7 4,4 6,7 12,2 13,1 19,8 41,2
2011 3,1 5,1 7,5 12,6 12,2 16,3 43,2
Quelle: OECD
11
2 Die vielen Gesichter der Flexibilität
Wachsende Zergliederung der Wertschöpfungsketten
DiewachsendeZergliederungderWertschöpfungskettenführtzueinerNeudefinitionderGrenzen
vonUnternehmen,dieinbestimmtenBereichenvermehrtaufexterneDienstleisterüberWerkver-
träge,SelbstständigeoderZeitarbeitzurückgreifen.ZeitarbeitspieltvorallemeineRollebeider
AuslagerungvongewerblichenTätigkeiteninderverarbeitendenIndustrie,dieunterhohemKos-
ten-undWettbewerbsdruckstehen.DanebengibtesdeutlicheHinweiseaufeinestärkereVerlage-
rungvonanspruchsvollerenundspezialisiertenTätigkeitenanexterneDienstleisterimZugevon
Werkverträgen,z.B.imBereichvonForschungundEntwicklung,IT,Beratungs-undFinanzdienst-
leistungenundanderenhochqualifiziertenTätigkeitsfeldern,aberauchinBereichenwieLogis-
tik,Facility-ManagementundTeilendergewerblichenProduktion(Klebe2013).Aberauchdort
entstehenNormalarbeitsverhältnissemitteilweisedurchausvergleichbargutenArbeitsbedingun-
gen,nurebennichtindirekterAnstellungbeimKunden.DanebengibtesjedochauchHinweise
aufeinestärkereVerlagerungeinfacherTätigkeitenimDienstleistungssektoraufWerkvertrags-
nehmer.FreiberuflicheTätigkeitendurchSelbstständigeohneAngestellte(Brenke2013)expan-
diereninbestimmtenhochqualifiziertenBereichenwieMedien,BeratungundIT.Dasbedeutet
aucheinsubstanziellesWachstumvonDienstleistungenfürUnternehmen,wieesinderStatistik
derWirtschaftszweigeerkennbarwird(Abbildung3).AuslagerungenausdemverarbeitendenGe-
Quelle: SOEP, nur abhängig Beschäftigte ohne Landwirtschaft und Bundeswehr, Berufsgruppen nach ISCO-88 (vgl. Tabelle A1 im Anhang), Code 11 (Angestellte gesetzgebender Körperschaften und leitende Verwaltungsbedienstete) – Fallzahl zu gering; eigene Berechnungen
Abbildung 2: Entwicklung von Berufsgruppen und atypischer Beschäftigung, 1995–2012
0 50 100 150 200 250 300
–10 %
0 %
10 %
20 %
30 %
[11]
12
13: Betriebsleiter
21 22: u. a. Mediziner
23 24
31
32
33: Vor- und Grundschullehrer
3441
42: Büroangestellte mit Kundenkontakt
51
52: u. a. Verkäufer
7172
73
total
93: Hilfsarbeiter
91
83
82: Maschinenbediener
81: Anlagenbediener
74: Handwerker
weniger Jobs + gleich oder weniger atypisch
weniger Jobs + zunehmend atypisch
mehr Jobs + zunehmend atypisch
mehr Jobs + gleich oder weniger atypisch
Ant
eil a
typi
sche
r Bes
chäf
tigun
g (1
995–
2012
)
Wachstum der Berufsgruppen (1995=100)
12
2 Die vielen Gesichter der Flexibilität
werbe(undausprivatenHaushalten)tragenmaßgeblichzumWachstumdesprivatenDienstleis-
tungssektorsbei.
Mankann indiesemZusammenhangvoneinemWachstumder „Projektwirtschaft“ (Hofmann,
RollwagenundSchneider2007;Rumpetal.2010)sprechen,beidermehrundmehrUnternehmen
TätigkeitenauslagernunddiesevonspezialisiertenZulieferbetriebenoderfreienMitarbeiterner-
stellenlassen(„buy“statt„make“),soferndienotwendigenHumanressourcenaufdemexternen
Marktgünstiger,flexiblereinsetzbaroderleichterverfügbarsindalsimeigenenUnternehmen.
SomitwachsendieAnteilein-undausländischerVorleistungenimZugederRestrukturierungvon
Wertschöpfung.UnternehmensindimInlandundimAuslandzunehmendmitkomplexerenWert-
schöpfungskettenund-netzwerkenverbunden(Riadetal.2011).FestabgegrenzteUnternehmen
lösensichalsowenigstensinbestimmtenBereichentendenziellaufundschaffengrößereNetz-
werkeinnerhalbundaußerhalbzumAustauschvonTeilerzeugnissenoderDienstleistungen.
Quelle: Sachverständigenrat für Wirtschaft
Abbildung 3: Erwerbstätige nach Wirtschaftszweigen in Deutschland, in 1.000, 1995–2011
0
5.000
10.000
15.000
20.000
25.000
30.000
35.000
40.000
45.000Land- und Forstwirtschaft; Fischerei; Bergbau
Verarbeitendes Gewerbe
Ver- und Entsorgung
Baugewerbe
Handel, Gastgewerbe und
Information und Kommunikation
Erbringung von Finanz- und Versicherungsleistungen
Grundstücks- und Wohnungswesen
Unternehmensdienstleister
Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit
Sonstige Dienstleister
20112010200920082007200620052004200320022001200019991998199719961995
Land- und Forstwirtschaft; Fischerei; Bergbau Verarbeitendes Gewerbe Ver- und Entsorgung
Baugewerbe
Grundstücks- und WohnungswesenFinanz- und Versicherungsleistungen
Handel, Gastgewerbe und Information und Kommunikation
Unternehmensdienstleister
Sonstige DienstleisterÖffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit
13
2 Die vielen Gesichter der Flexibilität
2.2 Interne Flexibilität: Work-Life-Balance und/oder Arbeitsverdichtung?
AberauchimBereichderNormalarbeitsverhältnissezeichnetsicheinezunehmendeFlexibilisie-
rungundEntgrenzungab.Bei formalstabiler,aufDauerangelegterBeschäftigungdominieren
–nebendenobendiskutiertensektoralenVerschiebungen–ElementederinternenFlexibilität,
diejedochauchbeiallenatypischenBeschäftigungsformenauftretenkönnen.DieseFlexibilität
lässtsichüberdiezunehmendeVerbreitungflexiblerArbeitszeitenundungewöhnlicherArbeits-
zeitmuster,durcheinestärkereDurchdringungvonArbeitszeitundFreizeitsowiedurchdiever-
stärktenMöglichkeitendesmobilenArbeitensabbilden.HierzugehörenaberauchflexiblePro-
jektstruktureninnerhalbderBetriebeundquasi-unternehmerischeEntgeltsystemefürabhängig
Beschäftigte. InnerbetrieblicheProjektwirtschaftselbst ist indenBereichen IT,Marketing,Ver-
triebsowieForschungundEntwicklungamstärkstenverbreitet(Rumpetal.2010).
ImEinzelnenlässtsichfeststellen,dassüberlangeArbeitszeitennichtunbedingtzunehmen.Le-
diglichetwaachtProzentderArbeitnehmerleistenÜberstunden,nuretwafünfProzentarbeiten
mehrals48Stunden inderWoche.DerÜberstundendurchschnitt lagdabei2011bei8,6Stun-
den.DieseÜberstundenwurden,anteiligberechnet,vorallemvonÄrzten,Apothekern, inden
BerufenderUnternehmensleitung,-beratungund-prüfungsowievonChemikern,Physikernund
Mathematikernerbracht,alsoinhöherqualifiziertenTätigkeitenmitflexiblenArbeitszeiten.Bei
ungewöhnlichliegendenArbeitszeitmusternwieNacht-undWochenendarbeitsowiebeiSchicht-
arbeitsmodellenistjedocheinAnstiegzuverzeichnen(Bundesregierung2013).
2011arbeitetejederVierteständigoderregelmäßiganeinemderbeidenWochenendtage.Gegen-
über2010istdaseinAnstiegumungefähr600.000Beschäftigte.Amstärkstendavonanteiligver-
tretensindBerufeinderSeelsorge,derBack-,Konditor-undSüßwarenherstellung,sowieBerufe
desWasser-undLuftverkehrs.AuchdieNachtarbeitistangestiegen:2011arbeiteten9,4Prozent
derBeschäftigtennachts(2001:7,8Prozent).HiersindebenfallsdieBerufeinderBack-,Konditor-
undSüßwarenherstellungamstärkstenanteiligbetroffen.InderSchichtarbeitkamesvon2001
bis2011zueinemZuwachsvon24Prozent.Für2011entsprichtdaseinemWertvon17,1Prozent.
DieskannmitdemWachstumvonArbeitsplätzen imprivatenDienstleistungsbereich (Verkehr
undLogistik,HandelundGastronomie), inderverarbeitendenIndustriesowieimGesundheits-
undSozialwesenerklärtwerden.
AuchdieErreichbarkeitaußerhalbderüblichenArbeitszeitenund fixerArbeitsortenimmtmit
denorganisatorischenVeränderungenund technologischen Innovationen inderArbeitswelt zu
(Baduraetal.2012).GeradeFührungskräftesindzunehmendauchabends,amWochenendeoder
imUrlauberreichbarundberichten,dassdiesvonihnenimpliziterwartetwird(DFK2013).Die-
senTrendsentsprechendberichteteineMehrheitvonBeschäftigtenlautDGB(2012)überwach-
sendenZeitdruckundErreichbarkeitaußerhalbderArbeitszeiten,vorallemVollzeitbeschäftigte,
14
2 Die vielen Gesichter der Flexibilität
FührungskräfteundBeschäftigeimDienstleistungsbereich.SofühltsichmehralsdieHälftealler
Arbeitnehmer(52Prozent)sehrhäufigoderoftunterZeitdruckgesetzt.DieDGB-Studievon2012
besagtebenfalls,dass53ProzentallerVollzeitbeschäftigtenund60ProzentderVorgesetztensich
sehrhäufigoderoftbeiderArbeitgehetztfühlen.VonderständigenErreichbarkeitbetroffensind
vorallemdieBranchenErziehungundUnterricht(43ProzentallerArbeitnehmer)sowiedasGast-
gewerbe(37Prozent).
Auchvon40ProzentderVorgesetztenwirdsehrhäufigoderofterwartet,auchaußerhalbdernor-
malenArbeitszeiterreichbarzubleiben.HierwerdendieunterschiedlichenAnsprücheinnerhalb
derBranchendeutlich.SoliegtdieserWertinderChemiebrancheundinderöffentlichenVerwal-
tungbeinur18Prozent.DieStudiedesDGBsagtebenfallsaus,dassvon38Prozentderjenigen,
diesehrhäufigunterZeitdruckstehen,auchsehrhäufigständigeErreichbarkeiterwartetwird.
DieseBefundewerdendurchdieErgebnissedesletztenStressreportsetwasrelativiert(Lohmann-
Haislah2012),derimVergleichzurSituationMitteder2000erJahrekeinedeutlicheVeränderung
feststellenkonnte.DiesgiltsowohlfürflexibleundatypischeArbeitszeitenalsauchfürdiealsbe-
lastendempfundenenPhänomenederArbeitswelt,wieMultitasking,häufigeUnterbrechungen
oderZeitdruck.DieArbeitsintensitätstabilisiertsichhiereheraufeinemhohenNiveau;sieistbei
VollzeitbeschäftigtenundFührungskräftentendenziellhöher.GleichzeitignehmenKlagenüber
Stresszu,wenngleichsichdieserTrendzuverlangsamenscheint.Überforderungistjedochkein
generelles Problem, wobei eher über quantitative als über qualitative Überforderung berichtet
wird.KörperlicheundpsychischeBeschwerdennehmenjedochzuundwerdenvermehrtderAr-
beitsweltalsVerursacherzugeschrieben.GleichzeitigbietenflexibleArbeitszeitenund-orteaber
auchverbesserteMöglichkeiten,ArbeitundPrivat-bzw.Familienlebenbesserzuvereinbaren.
EineStudiedesIWKöln(HammermannundStettes2013)unterstütztdieAusführungendesletz-
tenStressreports.SokonnteaufGrundlagedesEuropeanWorkingConditionSurvey2010(EWCS)
belegtwerden,dassdieFaktorenArbeitszeiten,ZeitdruckundStressinDeutschlandkeineSignifi-
kanzfürdieBewertungderQualitätderArbeitdurchBeschäftigtehaben.Vielmehrgeben85Pro-
zentderbefragtenBeschäftigten,diehäufiginhoherGeschwindigkeitarbeitenundStressamAr-
beitsplatzerleben,an,mitihrerArbeitzufriedenodersehrzufriedenzusein.
DieDatenlagebeidenbetriebsinternenVeränderungenistnichtganzeindeutig.Mankannjedoch
fürDeutschlandvoneinemsehrhohenMaßaninternerFlexibilität,insbesonderebeidenArbeits-
zeiten,undvoneinerzumindestinTeilenwachsendenArbeitsintensitätundDurchdringungvon
ArbeitszeitundFreizeitausgehen.GleichzeitiggibtesAnzeichen,dassdersubjektivwahrgenom-
meneStresszugenommenhatunddassdiesoftmalsehereinequantitativealsqualitativeÜber-
forderungbedeutet.WiebeiderexternenFlexibilitätgiltesauchbeiderinnerbetrieblichenFlexi-
bilität,UnterschiedenachWirtschaftszweigenundBerufsgruppenzubeachten.
15
2 Die vielen Gesichter der Flexibilität
Quelle: Stressreport 2012 (Lohmann-Haislah 2012)
Abbildung 4: Merkmale der Arbeitsorganisation
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 %
nicht Erlerntes/Beherrschtes wird verlangt
nicht alle notwendigen Informationen für die eigene Tätigkeit erhalten
nicht rechtzeitig über Entscheidungen,Veränderungen, Pläne für die Zukunft informiert
arbeiten an Grenze der Leistungsfähigkeit
kleine Fehler, große finanzielle Verluste
Arbeitsführung detailliert vorgeschrieben
Verfahren verbessern, Neues ausprobieren
Stückzahl, Leistung, Zeit vorgegeben
Konfrontation mit neuen Aufgaben
sehr schnell arbeiten müssen
bei der Arbeit gestört, unterbrochen
ständig wiederkehrende Arbeitsvorgänge
starker Termin- und Leistungsdruck
verschiedenartige Arbeiten gleichzeitig betreuen
2011/2012 2005/2006
58 %59 %
52 %54 %
50 %52 %
44 %47 %
39 %38 %
39 %45 %
30 %32 %
26 %27 %
17 %15 %
26 %24 %
16 %17 %
15 %14 %
9 %9 %
8 %9 %
Anteil abhängig Beschäftigter
Quelle: Stressreport 2012 (Lohmann-Haislah 2012)
Abbildung 5: Über- und Unterforderung am Arbeitsplatz
0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
fühle mich überfordertfühle mich den Anforderungen gewachsenfühle mich unterfordert
2011/2012
2005/2006
2011/2012
2005/2006
17 %76 %6 %
19 %76 %5 %
4 %83 %13 %
5 %81 %14 %
quan
titat
iv
men
genm
äßig
qual
itativ
fa
chlic
h
16
3 Zwischen Stabilität und Flexibilität
3 Zwischen Stabilität und Flexibilität
ZusammenfassendgibtesaufdereinenSeiteeinebemerkenswerteStabilitätimKernbereichdes
Arbeitsmarktes–beimNormalarbeitsverhältnis–,soweitberufs-undbetriebsspezifischeErfahrun-
genundKenntnissefürdieUnternehmenwichtigsindunddiesenichtoderkaumaufdemexter-
nenArbeitsmarktzubeschaffensind.JedochhabenauchaufDauerangelegteArbeitsverhältnisse
ihrenCharakterverändert–siesindbeiArbeitszeiten,ArbeitsorganisationundEntlohnungflexi-
blergeworden,dieArbeitsintensitätund„Entgrenztheit“nimmtauchinformalstabilenJobszu.
ZudenNormalarbeitsverhältnissensindjedochbeieineminsgesamtwachsendenVolumenanBe-
schäftigungvielfältigeFormenflexiblererArbeitsverträgehinzugetreten.DasWachstumderaty-
pischenBeschäftigunghatzumehrDiversitätaufdemArbeitsmarkthinsichtlichderEntlohnung,
derBestandsstabilitätundderdominantenArbeitszeitmodellebeigetragen.JenachBranche,Qua-
lifikationundBeruf lassensichunterschiedlicheBeschäftigungsstrukturenund -dynamikener-
kennen,alsoauchunterschiedlicheFormenundGradederEntgrenzung.
Gleichzeitig sind die produktiven, industriellen Kerne des deutschen Wirtschaftsmodells zwar
hochwettbewerbsfähig,innovativundinternflexibel,abertrotzstarkerVernetzungauchbemer-
kenswertstabilinihrenBeschäftigungsstrukturen.DieFähigkeitzurgraduellenVeränderungund
Innovation,dienotwendigist,umandenWeltmärktenzubestehen,basiertauchaufstabilenKern-
belegschaftenund einer starken regionalenEinbettung.Dies istwiederumein stabilisierender
FaktorfürdieberuflichenundregionalenArbeitsmärkte.
EsgibtinsgesamtklareAnzeichenfüreinestärkereunddauerhafteVerlagerungvonunternehme-
rischenRisikenaufdauerhaftBeschäftigte,flexibelBeschäftigteundZuliefererbzw.Dienstleister.
InnerhalbderUnternehmenfindenwirzunehmendprojektartigeOrganisationsformenundquasi-
unternehmerischeElemente(„Intrapreneurship“).Dienstleistungs-undProjektbeziehungenneh-
mensowohlinnerhalbalsauchzwischenUnternehmen(„Projektwirtschaft“)weiterzu.
DarüberhinausgibtesHinweisedarauf,dassdieFlexibilisierungsowohlinnerhalbderUnterneh-
menalsauchindenAußenbeziehungenmiteinerstärkerenArbeitsbelastungdurchArbeitsver-
dichtungeinhergeht.DietatsächlichenBelastungendurchdieEntgrenzungderArbeitsweltent-
sprechenabernichtvollständigderaktuellenProblemwahrnehmung.InjedemFallnimmtderzeit
dieSensibilitätfürdiepsychischenBelastungenamArbeitsplatzzu,undzwarinstärkeremMaße
alsdiegemessenenundberichtetenBelastungenselbst.FlexiblereArbeitsweltenfolgenallerdings
nichtnurbetrieblichenErfordernissen,sondernsindoftauchimInteressederErwerbstätigen,die
damitfamiliäreundprivateBedürfnissebesservereinbarenkönnen.
17
4 Ein Blick in die Zukunft: „Subjektivierung“ der Arbeit?
4 Ein Blick in die Zukunft: „Subjektivierung“ der Arbeit?
FürdieZukunftistvordiesemHintergrundzuerwarten,dasswirangesichtsleichtnutzbarerfle-
xiblerBeschäftigungsoptionen,weiterfortschreitenderGlobalisierung,technologischerInnovation
unddeswachsendenDienstleistungssektorsweiterhinmiteinerVerstärkungdesWettbewerbs-
druckszwischendenUnternehmen,aberauchzwischenverschiedenenGruppenvonErwerbs-
tätigenrechnenmüssen.Dasbedeutetaucheinestärkermarktorientierte,alsoanAngebotund
NachfrageausgerichteteGestaltungderBeziehungenimProduktionsprozess:zumBeispielpro-
jektbezogeneVerträgeundEntgeltsystemesowieeineweitereVerdichtung,VernetzungundBe-
schleunigungderbetrieblichenAbläufe.
IndemMaßewieökonomischeRisikenstärkeraufdieBeschäftigtenverlagertwerdenundder
Arbeitsmarktflexibel ist,werdensichauchdieMarktverhältnissestärkeraufdieArbeitsbedin-
gungen (vor allem auf Entlohnung und Beschäftigungsstabilität) der Einzelnen auswirken. In
demSinneistesdurchauszutreffend,voneinerLogikdes„Arbeitskraftunternehmers“(Voßund
Pongratz1998)zusprechen.WerdankAus-undWeiterbildungundBerufserfahrungüberstark
nachgefragteQualifikationenunddamitübereinestarkeMarktpositionverfügt,kannbessereAr-
beitsbedingungenerwarten.DamitgeheninvielenBereichen,vielleichtnichtallen,auchhöhere
AnforderungenandieEigenverantwortungderIndividueneinher,wasals„Subjektivierung“der
Arbeitverstandenwerdenkann(MoldaschlundVoß2002).
WirkönnenjedochnichtunbedingtvoneinemweiterenundunumkehrbarenWachstumderaty-
pischenBeschäftigunginKernbereichendesArbeitsmarktesausgehen,daangesichtsvonFach-
kräfteengpässenauchBestrebungenderArbeitgeberwichtigerwerden,gesuchteFachkräftelän-
gerfristiganUnternehmenzubindenundbetriebsspezifischesWissenaufzubauen–wobeidiese
fürdieUnternehmenzentralenKompetenzenauchintensivergenutztwerden.Fachkräfteerhalten
dabeijedocheinegrößereVerhandlungsmachtimHinblickaufdieDurchsetzungihrerPräferen-
zenbezüglichGehalt,ArbeitszeitenoderanderenArbeitsbedingungen.
Weiterhinkönnenwirdamitrechnen,dasses inbestimmtenTeilbereichendesArbeitsmarktes
auchzuSchrittendergesetzlichenodertarifvertraglichenRe-Regulierungkommenwird,wiewir
dasinderjüngerenVergangenheitbereitsimBereichderZeitarbeitundsektoralerMindestlöhne
beobachtenkonnten.DamitwerdenbestimmteFlexibilitätsformentendenziellbegrenzt,und in
derReaktiondaraufwerdenandereFormenanBedeutunggewinnen.
18
5 Wirkungen und Problemlagen
5 Wirkungen und Problemlagen
5.1 Auswirkungen der Flexibilisierung auf die Arbeitszufriedenheit
AusökonomischerSichthabensowohldieRestrukturierungderUnternehmendurchdieVerla-
gerungvonRisikenaufZulieferer,DienstleisterundatypischBeschäftigtealsauchdiegrößere
innerbetrieblicheFlexibilitätzuverbesserterWettbewerbsfähigkeit,ProduktivitätundRentabili-
tätgeführt.DazuträgtauchdasinternationaleOutsourcingbei,daszwartendenzielldieArbeits-
marktposition von Geringqualifizierten verschlechtert, jedoch andere Arbeitsplätze stabilisiert
(Aubuchonetal.2012,GeisheckerundGörg2008,BachmannundBraun2011).
TrotzdieserfundamentalenVeränderungenistdieArbeitszufriedenheitinDeutschlandüberdie
letzten zwei Jahrzehnte weitgehend konstant geblieben (Bohulskyy, Erlinghagen und Scheller
2011).LautIWKölnliegtderAnteilanBeschäftigen,diemitihrerArbeitzufriedensind,konstant
beirund90Prozent.DieserWertergibtsichausDatendesSozio-oekonomischenPanels(SOEP)
von2011,einerBiBB/BAuA-Befragungvon2012unddesEuropeanWorkingConditionsSurvey
(EWCS)von2010(HammermannundStettes2013).
Wir beobachten aber eine geringere Arbeitszufriedenheit bei manchen Formen atypischer Be-
schäftigung,wiebeiZeitarbeit(Abbildung6)oderbeiAngestelltenimNiedriglohnsektor(Nien-
hüserundMatiaske2003),wenngleichderen(Lebens)Zufriedenheitimmernochhöherliegtals
dievonErwerbslosen.Auchdie(wahrgenommene)ArbeitsplatzunsicherheitvermindertdieAr-
beitszufriedenheit,RationalisierungsmaßnahmenkönnensichauchingewissemAusmaßnegativ
aufdieverbleibendenBelegschaftenauswirken(HarderingundBergheim2011,WeissundUdris
2001,Geishecker2010).
FlexibilitätoderEntgrenzungsind jedochausSichtder Individuenkeinesfallsdurchwegnega-
tivzubewerten.FlexibleArbeitszeitenkönnendiebetrieblicheEffizienzebensoverbessernwie
die Work-Life-Balance (Wolf und Beblo 2004, Hunt 2012). Ähnliches gilt für mobiles Arbeiten.
DabeiwerdenmoderateArbeitszeiteninVollzeitoderlängereTeilzeitinvielenFällenalsdasge-
wünschteOptimumangesehen(Grözingeretal.2010).DieZufriedenheitvonErwerbstätigenin
Vollzeitnimmtzu,wennsiedieArbeitszeitselbstbestimmenkönnen.DiesreduziertnegativeEf-
fektewieAbsentismus(Hanglberger2010a,Hanglberger2010b,Golden2012).
19
SehrlangeundatypischgelagerteArbeitszeitenwerdenhingegenoftalsBelastungwahrgenom-
men(Wirtz2010,Lohmann-Haislah2012),unddieErreichbarkeitaußerhalbderArbeitszeitver-
stärktinvielenFällendensubjektivempfundenenStress(DFK2013,DGFP2012,Mercer2013).
ZeitdruckundStress,insbesonderedurchquantitativeÜberforderung,gehenmitvermehrtenkör-
perlichenundpsychischenBeschwerdeneinher(Lohmann-Haislah2012,Baduraetal.2012).Hier-
beiistjedochauchzubeachten,dasspsychischeDiagnosenindenletztenJahrenüberproportional
starkzugenommenhaben,wasauchmiteinerverändertenZuschreibungvonProblemlagenauf
(arbeitsbezogene)psychischeBelastungszuständeerklärtwerdenkann.Diagnosenwie„Burnout“
treffenSozialberufeundFrauenüberdurchschnittlichstark(Baduraetal.2012).
JedochkannmobilesundflexiblesArbeitenauchzueinerbesserenVereinbarkeitvonBeruf,Fa-
milieundLebenbeitragen.BeihöherQualifiziertenundbeieinergutenEntsprechungvonAus-
bildungundTätigkeitistdieArbeitszufriedenheittendenziellhöher(Lesch,SchäferundSchmidt
2011,Fahr2011,Bauer2004),insbesonderedann,wennkomplexeArbeitsinhaltemitgrößererAu-
5 Wirkungen und Problemlagen
19
Quelle: SOEP 1992–2012, eigene Berechnung
Abbildung 6: Arbeitszufriedenheit in Deutschland (Skala von 0 bis 10)
Durchschnitt
201220112010200920082007200620052004200320022001200019991998199719961995199419931992
selbstständig geringfügig beschäftigt Zeitarbeit
befristet beschäftigt Ausbildung Teilzeit, unbefristet Vollzeit, unbefristet
5,5
6,0
6,5
7,0
7,5
8,0
2012201120102009200820072006200520042003200220012000199919981997199619951994199319925,5
6,0
6,5
7,0
7,5
8,0selbstständig
geringfügig beschäftigt
Zeitarbeit
befristet beschäftigt
Ausbildung
Teilzeit, unbefristet
Vollzeit, unbefristet
20
5 Wirkungen und Problemlagen
tonomiebearbeitetwerdenkönnen.EinangemessenesVerhältnisvonAnforderungenundAner-
kennungsowieAutonomieerhöhendieZufriedenheit (Fietze2011),vorallemwenndiesdurch
entsprechendeAusbildungunterstütztwird,wenninnerbetrieblicheVertrauensbeziehungenbe-
stehenundaufzuengeKontrollenverzichtetwird(GrundundHarbring2009).
FirmeneigeneMitarbeiterbefragungenkamenzuähnlichenErgebnissen.Alsausschlaggebendfür
dieArbeitszufriedenheitnanntendieMitarbeiterAnerkennung,WertschätzungdurchmehrVer-
antwortung, eine größere Autonomie und einen erweiterten Entscheidungsspielraum. Eine ad-
äquateBezahlungspielthingegeneineehernachgeordneteRolle3.Sosinddiemeistenderbe-
fragtenBeschäftigtenmitihrerArbeitzufrieden,obwohlsiesicheinenhöherenLohnvorstellen
könnten(HammermannundStettes2013).
Auch eine Studie des Deutschen Führungskräfteverbandes kommt zu diesen Schlussfolgerun-
gen:DortwerdenArbeitsverdichtungundZeitdruckalsFaktorengenannt,dieeinepsychischeEr-
schöpfungbegünstigen.DieFach-undFührungskräftekritisierenindieserStudiebesondersdas
mangelnde Bewusstsein der Unternehmensleitung über die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Auch
QuantitätundQualität betrieblicherPräventionsangebotewerdenalskaumausreichendeinge-
schätzt(DeutscherFührungskräfteverband2012).DemwidersprechendstellteineStudiedesIW
Kölnheraus,dassvieleUnternehmendasGesundheitsmanagementalspersonalpolitischesHand-
lungsfeldentdeckthaben.Knapp66ProzentderUnternehmenhaben2012eineMaßnahmezur
Gesundheitsförderungumgesetzt.Darüberhinaussehennur19,1ProzentderBeschäftigtenihre
GesundheitdurchihreArbeitgefährdet(HammermannundStettes2013).DiekonkretenAuswir-
kungenflexiblerArbeitsorganisationaufeinzelneBeschäftigtehängensomitsehrstarkvonder
konkreten organisatorischen Ausgestaltung, den innerbetrieblichen Führungsbeziehungen und
individuellenMerkmalenab.Stress resultiertausdemMissverhältnisvonAnforderungenund
RessourcenderBewältigungundUnterstützung.EristdamitabhängigvonderArbeitsorganisa-
tionaufdereinenundvonindividuellenVoraussetzungenaufderanderenSeite.
InterviewsderAutorenmitverschiedenenUnternehmenhabenergeben,dassbesondersdasmitt-
lereManagementfürÜberlastungserscheinungenanfälligist.GrunddafürsindehrgeizigeZiele,
dienurmithäufigenbetrieblichenReisen,ständigerErreichbarkeitundFlexibilitätzuerreichen
sind.EineVereinbarkeitzwischenArbeitundFamiliegestaltetsichunterdiesenAnforderungen
schwierig,zumal inZeitenvonPersonalabbauzusätzlicherDruckauchaufdieseBeschäftigten
ausgeübtwird.DaheristesgeradefürdieseManagementebenewichtig,deneigenenErholungs-
bedarfzuerkennen,PrioritätenzusetzenundbewusstZeitfürsichselbsteinzuräumen.
DieArbeitswelt ist insgesamtvonmehrFlexibilität,aberauchvonHandlungsspielräumenund
Freiheitengeprägt.WirkönnennichtvoneinergenerellenVerschlechterungderArbeitsbedin-
gungendurcheinezunehmendeEntgrenzungderArbeitsweltausgehen.Esgibtzwardurchaus
3 Vgl.http://psyga.info/ihre-schritte/best-practice/
21
5 Wirkungen und Problemlagen
AnzeichenfürArbeitsverdichtungundeinestärkereDurchdringungvonArbeitszeitundFreizeit,
dieoftalsbelastendwahrgenommenwerden.GrößereFlexibilität,Autonomieundanspruchsvolle
TätigkeitenkönnenaberdurchausdieZufriedenheitbeiderArbeitverbessern–geeigneteFor-
menderArbeitsorganisation,FührungundAnerkennungsindvonzentralerBedeutung,wennes
darumgeht,SituationenderÜberlastungdurcheineinmanchenFällenzuweitgehendeEntgren-
zungoderVerfügbarkeitzuverhindern.
5.2 Auswirkungen auf die Arbeitszufriedenheit im europäischen Vergleich
DievorliegendenbeschreibendenDatenfürDeutschland,aberauchdieWirkungsanalysenüber
dieEffekteeinerflexiblerenArbeitsweltlassensichmitdemEuropeanWorkingConditionSur-
vey(EWCS)europaweitvergleichenunddurchweitereAnalysenvertiefen.ImeuropäischenVer-
gleichwirdzunächstanhandrepräsentativerBeschäftigtenbefragungenwiedemEWCSdeutlich,
dassdieArbeitsintensitätinDeutschland,wieauchinBelgien,Frankreich,Griechenland,Irland,
ItalienundLuxemburgimZeitraumvon1995bis2010zugenommenhat,währendsieinGroßbri-
tannien,indenNiederlanden,ÖsterreichundPortugalehergesunkenist.Gleichzeitighatinallen
EU-15-StaatendieArbeitszeitqualitätindersubjektivenWahrnehmungvonBeschäftigtenzuge-
nommen,wennauchinDeutschlandnurmarginal.
UnterQualitätderArbeitszeit isthierallgemeinzuverstehen, inwieweitdieeigeneArbeitszeit
denBedürfnissennacheinerWork-Life-Balanceentspricht.DazuzählennebendemUmfangder
regelmäßigenArbeitszeitdieAnzahlderÜberstunden,Wochenend-undNachtarbeit,Souveräni-
tätderBeschäftigtenhinsichtlichBeginnundLagederArbeitszeit,sowiedieFlexibilität,kurzfris-
tigzweiStundenfreizunehmen,umdringendefamiliäreDingezuerledigen(Eurofound2012a).
InsgesamtisthinsichtlichderQualitätderArbeitszeiteineKonvergenzinEuropazubeobachten
(Eurofound2012a).
InBezugaufvier IndikatorenzurArbeitsqualität insgesamtschneidetDeutschlandzwarüber-
durchschnittlichhinsichtlichBezahlungundArbeitsplatzsicherheitab,bleibtjedochbeiderAr-
beitszeitqualität unter demDurchschnitt undbei spezifischerArbeitsqualität (physischeBean-
spruchung,sozialeUnterstützungdurchVorgesetzteundKollegen,qualitativeAnforderungenund
Autonomie)sogarimunterenDrittelimeuropäischenVergleich.InDeutschlandfindensichdem-
zufolgevergleichsweisevieleJobs,dieeinegeringereQualitätinBezugaufdieArbeitszeitenauf-
weisen(37,1vs.28,9ProzentimeuropäischenDurchschnitt),nureinigeosteuropäischeStaaten
weisennochhöherAnteileauf.DennochliegtderAnteilderschlechtbezahltenJobsinDeutsch-
landdeutlichunterdemeuropäischenDurchschnittundderAnteilsehrgutbezahlterJobsleicht
überdemDurchschnitt(Eurofound2012a).
22
5 Wirkungen und Problemlagen
Abbildung7zeigtfürdasJahr2010diedurchschnittlichenWertederphysischenundpsycho-sozi-
alenArbeitsplatzanforderungenallerEU-15-LänderaufBasisdesEWCS.DerKoordinatenursprung
stelltdabeialsReferenzdenMittelwertallerbetrachtetenLänderdar.Deutschlandgehörtzuden
Ländernmithöherenpsycho-sozialenAnforderungen.DazuzählenJobs,dieeinhohesMaßan
Stressmitsichbringen,alsemotionalbelastendwahrgenommenwerdenoderauchJobs,indenen
dieBeschäftigteninKonfliktmitihrenpersönlichenWertengeratenundGefühleverbergenmüs-
sen.PhysischeBelastungen,wiedasHebenschwererLasten,schmerzendePositionen,langesSte-
henodersichwiederholendeArm-undHandbewegungensindinDeutschlandeherunterdurch-
schnittlichausgeprägt.
Bei der Betrachtung von Länderdurchschnittswerten ist jedoch die Ausrichtung der Volkswirt-
schaft,alsodieVerteilungderArbeitsplätzenachBranchen,nichtberücksichtigt.DaherstelltAb-
bildung8fürallebetrachtetenLänderdiedurchschnittlichenphysischenundpsycho-sozialenAr-
beitsanforderungennachIndustriesektorendar.DiesgiltsowohlfürdieEU-15-Staateninsgesamt
alsauchfürDeutschland.ImGastgewerbe,inderLand-undForstwirtschaft,inderFischerei,im
Baugewerbeund inprivatenHaushaltensinddiephysischenAnforderungenausSichtderBe-
schäftigtenamgrößten.Psycho-sozialeArbeitsanforderungenwerdenvorallemimBereichBil-
dungundErziehungsowieimGesundheits-undSozialwesenwahrgenommen.
Quelle: EWCS 2010, gewichtet für EU15 Länder, eigene Berechnung
Abbildung 7: Physische und psycho-soziale Arbeitsanforderungen in Europa (EU 15) nach Ländern (Mittelwerte)
–0,5 –0,4 –0,3 –0,2 –0,1 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5
–0,4
–0,3
–0,2
–0,1
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
Dänemark
Schweden
Deutschland Österreich Luxemburg
Spanien
Frankreich
Griechenland
BelgienItalien
Portugal
Großbritannien Irland
Niederlande Finnland
Psycho-soziale Arbeitsanforderungen
Physische Arbeitsanforderungen
23
5 Wirkungen und Problemlagen
FürdiewirtschaftlicheEntwicklunginsgesamt,aberauchfürdaseinzelneUnternehmenwirddie
FragederArbeitsqualitätinsbesonderedannrelevant,wenndieGesundheitderBeschäftigtenbe-
einträchtigt ist,krankheitsbedingteAusfällezuProduktivitätseinbußenodergeringeArbeitszu-
friedenheitzugeringererEffizienzundhöhererFluktuationführen.DasWohlbefindennachdem
WHO-5-IndexisthierbeiinDeutschland,wieauchinanderenmitteleuropäischenundnordischen
LändernEuropas,alsüberdurchschnittlicheinzuschätzen.AuchbeiderArbeitszufriedenheit,die
alseinIndikatorfürdasWohlbefindengilt,schneidetDeutschlandrechtgutabundrangiertim
oberenDrittelimVergleichderEU-27-Staaten.LängerekrankheitsbedingteFehlzeitenfindensich
eherindennordischenLändern–inDeutschlandsindesdurchschnittlichsechsTageimJahr,was
naheamEU-MittelwertvonfünfTagenimJahrliegt(Eurofound2012b).
InwieweitAnforderungenundRessourcenamArbeitsplatzaufwichtigeindividuelleIndikatoren,
wieGesundheit,Arbeitszufriedenheit,Work-Life-BalanceundAbsentismuswirken,istinTabelle
3dargestellt.ZugrundeliegenmultivariateAnalysenaufBasisdesEWCSausdemJahr2010für
alleEU-15-Länder,kontrolliertumweitereEinflussgrößen,insbesondereLand,Branche,Qualifika-
tion,Berufserfahrung,Geschlechtetc.(fürDetailinformationensieheTabelleA2imAnhang).Ins-
Quelle: EWCS 2010, gewichtet für EU15 Länder, eigene Berechnung
Abbildung 8: Physische und psycho-soziale Arbeitsanforderungen in Europa (EU 15) nach Branchen (Mittelwerte)
Finanz- und Versicherungsgewerbe
Öffentliche Verwaltung
Extraterritoriale Organisationen
Bildung und Erziehung
Gesundheits- und Sozialwesen
Verwaltung
GastgewerbeSonstige Dienstleistungen
Handel
Private Haushalte
Immobilien
Bergbau
IT und Kommunikation
Baugewerbe
–0,7 –0,6 –0,5 –0,4 –0,3 –0,2 –0,1 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7
–0,5
–0,4
–0,3
–0,2
–0,1
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
Wissenschaft und Technik Kunst, Unterhaltung
und Erholung
Energieversorgung Transport und Lagerung
Verarbeitende Industrie
Wasserversorgung und Müll
Land- und Forst-wirtschaft, Fischerei
Psycho-soziale Arbeitsanforderungen
Physische Arbeitsanforderungen
24
5 Wirkungen und Problemlagen
gesamtzeigtsicheineindeutigesBild:QuantitativeAnforderungen,vorallemArbeitsintensität
(Zeitdruck,Deadlines,Geschwindigkeit),physischeAnforderungensowiepsycho-sozialeAnforde-
rungenwirkensichnegativaufdiesubjektiveinschätzteGesundheitaus.
DieallgemeineArbeitszufriedenheit(Arbeitsbedingungen),dieZufriedenheitmitdemEinkommen
undKarrierechancen(extrinsischeMotivation),dieempfundeneSinnhaftigkeitundErfüllungimJob
(intrinsischeMotivation)sowiedieVereinbarkeitmitFamilieundBeruf(Work-Life-Balance)wirken
sichpositivaufdieVerminderungvonkrankheitsbedingtenFehltagen(Absentismus)aus.Höhere
kognitiveoderqualitativeAnforderungenwirkenhingegenleichtpositivaufdieGesundheitundZu-
friedenheitmitderArbeit,ebensowiedieSicherheitzuwissen,wasbeiderArbeitzutunist.
DieseAnalysenzeigenaberauch,dassqualitativeUnterforderungwiedasAusübenmonotonerTä-
tigkeitennegativeWirkungenhervorbringt.DieArbeitsplatzgestaltung–undzwarnichtnurtech-
nischerArt–bietetüberdieAnforderungenunddieArtderTätigkeithinausChancen,negative
Folgenbzw.derenUmgangdamitaufzufangen.AlssogenannteRessourcenwurdenhierdieAr-
beitsorganisation,sozialeBeziehungenundFührungsowiediewahrgenommeneArbeitsplatzsi-
cherheituntersucht.
DieErgebnisse belegen, dassBeschäftigte mitmehrHandlungs- undEntscheidungsspielraum,
gutemManagement,guterMitarbeiterführungundausgewogenemBetriebsklima–zwischenden
BeschäftigtenundimVerhältniszudenVorgesetzten–sowiehoherArbeitsplatzsicherheitdeut-
lichzufriedenermitihrerArbeitundihrerWork-Life-Balancesind.DiesozialenBeziehungenim
JobunddasFührungsverhaltenscheinenessenziellzusein,dennsiewirkensichsogaraufdieall-
gemeineGesundheitunddieAnzahlderFehltageaus.
25
5 Wirkungen und Problemlagen
Tabelle 3: Wirkungen von Anforderungen und Ressourcen am ArbeitsplatzGesund-heits-zustand
Arbeitszufriedenheit Work-Life-Balance
Absen-tismusArbeitsbe-
dingungen Extrinsische Motivation
Intrisische Motivation
ANFORDERUNGENquantitativ Zeitdruck, Geschwindigkeit, Deadlines --- --- -- --- --- + Arbeit in der Freizeit (Intensität) - --- --- --physisch Vibrationen, Lärm, Temperaturen --- --- --- - +++ schmerzende Körperhaltung, Heben schwerer
Lasten, langes Stehen, wiederholende Hand- und Armbewegungen
--- --- --- +++ --- +++
kognitiv (qualitativ) Computer- und Internetnutzung + +++ ++ +++ Präzision, Qualitätsorientierung, Problemlösung,
komplexe Aufgaben, neues Lernen + +++ +++
Monotone Tätigkeiten (-) --- - --- -psycho-sozial emotional eingebunden, Konflikte mit persön-
lichen Werten, Stress, Gefühle verbergen--- --- --- +++ --- +
Kundenkontakt, Umgang mit verärgerten Kunden --- + externe Konsequenzen eines Fehlers (physischer
Schaden an Anderen, finanzieller Verlust für die Organisation)
--- --- (+) ---
Sicherheit, was am Arbeitsplatz erwartet wird +++ +++ ++ +++ (+)RESSOURCENArbeitsorganisation Handlungsspielraum (Arbeitsabläufe, Methoden,
Geschwindigkeit, Pausen) +++ +++ +++ +++
Entscheidungsspielraum (Ziele, Arbeitsorganisation, Partner, Pausen, Einfluss auf Entscheidungen)
+++ (+) +++ +++ +++
Teamarbeit (Ref. nein) + (-) - Jobrotation (Ref. nein) - +++ Arbeitzeitregelung (Ref. Fix vom AG vorgegeben) Wahl zwischen vorgegebenen Arbeitszeitmustern (+) +++ Gleitzeit/Flexitime --- +++ Vertrauensarbeitszeit ++ +++ +++Soziale Beziehungen/ Führung guter Manager (respektiert Mitarbeiter, löst
Konflikte, kann gut planen und organisieren)+++ +++ +++ +++ +++ ---
gute Führung (gibt Feedback, ermuntert an wichtigen Entscheidungen teilzuhaben)
+++ +++ +++ +++ +++ ---
Unterstützung von Kollegen und Vorgesetzten + +++ +++ +++ + -Arbeitsplatzsicherheit +++ +++ +++ +++ +++ +++ (sehr hoch signifikant positiv) ++ (hoch signifikant positiv) + (signifikant positiv) (+) (schwach signifikant positiv)
--- (sehr hoch signifikant negativ) -- (hoch signifikant negativ) - (signifikant negativ) (-) (schwach signifikant negativ)
Quelle: EWCS 2010, EU15 Länder, abhängig Beschäftigte (eigene multivariate Analysen, unter Kontrolle von Geschlecht, Alter, Bildungsniveau, Berufser-fahrung, Vertragsart, individuelles Einkommen, Wohlfahrtsniveau des Haushaltes, Land, Branche, Betriebsgröße, Organisationsform, Diskriminierung und Mobbing am Arbeitsplatz)
26
6 Herausforderungen und Handlungsoptionen
6 Herausforderungen und Handlungsoptionen
6.1 Politische Rahmensetzungen
AuchineinerinsgesamtsehrstarkaufderUnternehmensebeneangesiedeltenGestaltungsdyna-
mikvonArbeithatdiePolitikeinewichtigeRolle.
EsstelltsichetwadieFrage,obessinnvollodernotwendigist,mitAugenmaßbestimmteSchritte
derRe-RegulierungamArbeitsmarktimBereichflexiblerErwerbsformenvorzunehmen,ohneFle-
xibilität, Mobilität am Arbeitsmarkt und Einstiegsmöglichkeiten (übermäßig) einzuschränken.
StrikteRegulierungenbeieinzelnenFormenflexiblerBeschäftigungkönnenzueinerVerlagerung
inwenigerregulierteundgeschützteErwerbsformenführen,z.B.vonZeitarbeitinWerkverträge
oder(Schein)Selbstständigkeit.
HierwirdesindennächstenJahrendaraufankommen,angemesseneundallgemeintragfähige
Regelungenzufinden,diegewisseStandardsundGrenzenvorgebenunddieseggf.anpassen(z.B.
Mindestlöhne,Zulässigkeit vonBefristungen,Zeitarbeit oderWerkverträgen), aber auchgenug
Handlungsmöglichkeiten, vor allem für unternehmerische Aktivitäten, zuzulassen. Insgesamt
wärenhiereinheitliche,aberflexibleRegulierungengegenüberstärkerfragmentiertenRegelnje
nachErwerbsformzubevorzugen,umÜbergängezuerleichternundeineZersplitterungdesAr-
beitsmarkteszuvermeiden.
Danebenistzudiskutieren,inwieferndiewachsendenpsychischenBelastungenderArbeitswelt
Gegenstandstaatlicher regulierenderEingriffeseinsollten,etwadurcheinebreitereDefinition
desArbeitsschutzesunddieUnterstützungentsprechender Initiativen inBranchenundBetrie-
ben.HierbeistelltsichdieFrage,inwieweitarbeitsorganisatorischeundpersonalwirtschaftliche
MaßnahmenderbetrieblichenEbeneTeildesgesetzlichenArbeitsschutzesseinkönnen.2013ver-
öffentlichtedasBundesministeriumfürArbeitundSozialesinKooperationmitderBundesverei-
nigungderDeutschenArbeitgeberverbändeunddemDeutschenGewerkschaftsbunddiesbezüg-
lichdieGemeinsameErklärung–PsychischeGesundheit inderArbeitswelt (BMAS,BDAund
DGB2013).
ZielderKooperationistes,mithilfedesgesetzlichenArbeitsschutzesundderfreiwilligenbetrieb-
lichenGesundheitsförderungarbeitsbedingtenpsychischenErkrankungenvorzubeugenunddie
WiedereingliederungpsychischerkrankterMitarbeiterzuvereinfachen.ZudenempfohlenenIns-
trumentenderbetrieblichenGesundheitsförderungzählenunteranderem:
27
– dieImplementierungderGefährdungsbeurteilunginFormeinesstrukturiertenProzesses,
– dieZuhilfenahmeexternerBeratung(etwainFormeinerengerenZusammenarbeitmitden
Unfallversicherungsträgern),
– dieErweiterungoderEinführungeinesausreichendbreitgefächertenAngebotesanFamilien-,
Schulden-undSozialberatungoderauch
– dieFortbildungderbetrieblichenFachkräftefürArbeitssicherheit,derBetriebsärzte,desFüh-
rungspersonalsundderPersonal-undBetriebsräte.
BeidergemeinsamenErklärungvonBMAS,BDAundDGBhandeltessichlediglichumVorschläge
inAnlehnungandieLeitliniendergemeinsamendeutschenArbeitsschutzstrategie.Wesentliche
SchrittebleibensomitderbetrieblichenEbenevorbehalten.
AuchistdieFragezuklären,obinnerhalbderSozialsystemestärkereAnreizefürUnternehmen
geschaffenwerdensollten,sichumeinenachhaltigerePersonalpolitikzubemühen,dieimHin-
blickaufeinlängeresundgesundesArbeitslebenwichtigist–damitlassensichunerwünschtene-
gativeexterneEffektezuLastenderSozialkassenvermindern.AuchwennesprimärimInteresse
derUnternehmenliegt,geringeAusfallzeitenzuhaben–undentsprechendeAnreizebeispiels-
weisedurchdieEntgeltfortzahlungbestehen–,könntenBonus-Malus-SystemebeidenArbeitge-
berbeiträgenzurRenten-undKrankenversicherungdazubeitragen,dassmehraufGesundheitder
BelegschaftengeachtetundwenigerpsychischeroderkörperlicherVerschleißinKaufgenommen
wird.DaskannauchdieUnterstützungvonPräventionsmaßnahmenumfassen,diez.B.miteiner
Beitragsermäßigungeinhergehenoderdirektgefördertwerdenkönnen.
WichtigistweiterhindieFrage,inwieweitimBildungswesendieVorbereitungaufdiemoderneAr-
beitsweltundihreAnforderungenstärkerzugewichtenist.
6.2 Die Verantwortung der Unternehmen
DieUnternehmensindzentraleAkteureinderGestaltungderArbeitsweltvonheuteundmorgen.
Siesindgefordert,ihreInnovationsfähigkeit,ProduktivitätundFlexibilitätineinemsichoftrapide
wandelndenMarktumfeldzuwahrenunddieFormenundGradederFlexibilitätbzw.Entgrenzung
zufinden,dieproduktivundsowohlbetriebswirtschaftlichalsauchindividuell(fürdieMitarbei-
terundandereMarktteilnehmer)tragfähigsind.DiesgiltsowohlfürdieBeziehungeninnerhalb
derUnternehmenalsauchfürKooperationenundProjektbeziehungenmitanderenUnternehmen,
etwaimZusammenhangmitregionalenFirmenclustern.
6 Herausforderungen und Handlungsoptionen
27
28
6 Herausforderungen und Handlungsoptionen
GleichzeitigerforderteinenachhaltigeFachkräftesicherungaucheinezukunftsorientiertePerso-
nalpolitik mitsamt den dafür jeweils am besten geeigneten Instrumenten. Diese kann je nach
Branche,TätigkeitoderAnforderungunterschiedlichsein.DieUnternehmenmüssenauchsicher-
stellen,dasseineflexibleundproduktiveArbeitsweltnichtzuvorzeitigemVerschleißvonPerso-
nalführt.NebenetabliertenbetrieblichenMaßnahmenzurVerbesserungderVereinbarkeitvon
FamilieundBerufsowieflexiblenundfamilienfreundlichenArbeitszeitenwerdendeshalb,wiebe-
reitsineinigenUnternehmensystematischbegonnen,ProgrammezurgesundheitlichenPräven-
tiongeradeimHinblickaufpsychischeBelastungenundWork-Life-BalanceanBedeutunggewin-
nen.DieshataufdereinenSeiteindividuelle,psychologischeAspekte,diemitderLebenslageder
MitarbeiterinnenundMitarbeiterzusammenhängen,aufderanderenSeitelassensichpsychische
BelastungeninderArbeitambestenvermeiden,wennArbeitsorganisationundFührungsstruktu-
renandieneuenProblemlagenangepasstwerden.
Innerhalb von Unternehmen und in den Außenbeziehungen mit Kunden oder Projektpartnern
wirdesinnähererZukunftdarumgehen,neueFormenderKooperation,KoordinationundFüh-
rung,aberauchderLeistungsbewertungzuentwickeln.DiesesolltenzumeinendieAutonomie-
bestrebungen der Individuen und deren Belastbarkeitsgrenzen anerkennen, um Überlastungs-
situationen zu vermeiden, und zum anderen gleichzeitig produktiv, innovationsfreundlich und
wettbewerbsfähigsein.Dasbedeutetauch,etabliertehierarchischeSteuerungsformenzuerset-
zen–etwadurcheinestärkereVerlagerungvonEntscheidungskompetenzenundAutonomiespiel-
räumenhinzudenMitarbeiternoderProjektpartnern.DabeikommtineinemsolchenModellden
Führungskräften–egalobsieaufDauerodertemporärindieserRollesind–einestärkereBedeu-
tungalsModeratorenundKoordinatorenvonProjektenzu.
Zentralistesdann,ambitionierteZielezuformulieren,gleichzeitigjedochdieProjektesozuorga-
nisieren,dassÜberlastungssituationenvermiedenwerden.Hiergiltes,faireFormeneinesGleich-
gewichts von Anforderungen, Ressourcen und Anerkennung zu finden. Mobiles und flexibles
Arbeitengelingtambesten,wennbestimmteRegelnundGrenzenaufbetrieblicherEbeneoder
zwischenProjektpartnernausgehandeltundbeachtetwerden.GeeigneteFormenflexiblenArbei-
tenskönneneineWin-win-SituationfürUnternehmenundBeschäftigtesein.Dieskannnurmit-
hilfevonVerhandlungenüberZieleundRessourcengelingen.
Eine Abstimmung der Flexibilitätsmaßnahmen mit den individuellen Bedürfnissen ist wichtig,
denn einige Arbeitszeitmodelle (beispielsweise Lebensarbeitszeit-Konten) können zu frühzeiti-
gemVerschleißderMitarbeiterführen.Generellisteswichtig,dassnichtnurdieMitarbeiterfle-
xibelaufdieBedürfnissederUnternehmenreagieren,sondernauchdieUnternehmenflexibelauf
dieBedürfnissederMitarbeiter.BesondersdieVertrauensarbeitszeitisthierbeirichtigerHandha-
bungeinvielversprechendesInstrument(BAuA2013).
29
6 Herausforderungen und Handlungsoptionen
AllgemeineLösungensindhierschwervorstellbar,dajenachbetrieblicherSituationoderProjekt-
zusammenhangandereRegelnsinnvollsind,jedochkönnenallgemeinePrinzipienformuliertwer-
den.PraktischeErfahrungenmitArbeitsorganisationundFührunginvernetztenProjektzusam-
menhängenlassensichaufbetrieblicherEbenefinden.Sieweisendaraufhin,dasseineandie
verändertenRahmenbedingungenangepassteFührungskulturessenziellist.Beispielsweisever-
langteinwechselhaftesMarktumfeldnacheinerflexiblenUnternehmenskulturmithohemInno-
vationspotenzial.GeradeeineflexibleUnternehmenskulturisteinwesentlicherErfolgsfaktorbeim
erfolgreichenUmgangmitHerausforderungen(Kienbaum2009).
Zukünftig wird auch ein Anstieg der Relevanz von Veränderungsbereitschaft und Zielorientie-
rungzuverzeichnensein,wasdaraufhinweist,dassmehrZielorientierungundFlexibilitätvon
Mitarbeiternverlangtwird.GleichzeitigwirdauchdieQualitätderFührungneuzubestimmen
sein(Kienbaum2009).DaherdurchlaufeninvielenUnternehmendieFührungskräftezahlreiche
WorkshopsundSeminare,umihreSozialkompetenzzusteigernundihreSensibilitätfürpsychi-
scheBelastungenzutrainieren.SiesollenalsAnsprechpartnerauchbeigesundheitlichenProble-
menfungierenundgleichzeitigbesondersinKrisenzeitenmotivierenkönnen.
UmdieWork-Life-BalanceihrerMitarbeiterzustärken,habenUnternehmenunterschiedlicheMaß-
nahmengetroffen:DazugehörenSeminareundBeratungsangebotezudenThemenGesundheit,
ErnährungundStressbewältigung,aberauchbetriebseigeneKinderbetreuungseinrichtungen,in-
terneFitness-undEntspannungskursesowieVermittlungsdienstebeipflegebedürftigenAngehö-
rigen.OftwerdenauchexterneBeratungsstelleneingeschaltet,umInteressenkonfliktezwischen
denArbeitgebernundMitarbeiternzuvermeiden.FlexiblereArbeitsmodellesollendieVereinbar-
keitvonBerufundFamilieermöglichen;daherwendenimmermehrUnternehmenArbeitsformen
wieTelearbeit,verschiedeneTeilzeitmodelle,ZeitkontenundVertrauensarbeitszeitenan.Hierwird
esdaraufankommen,fürBetriebeundMitarbeiterpassendeArrangementszuentwickeln.
6.3 Die Gestaltungsmöglichkeiten der Sozialpartner
DieRollederSozialpartneristvorallemdortvonBedeutung,woArbeitgeberundGewerkschaften
überTarifverträgeoderbetrieblicheVereinbarungenaufdieGestaltungderArbeitsbedingungen
Einflussnehmenkönnen.VereinbarungenzwischendenSozialpartnernhabenbereitsindenletz-
tenJahrengeholfen,dieproduktivenKernederIndustriezumodernisieren,zuflexibilisierenund
damitineinemhartenglobalenWettbewerbzustabilisieren.Wirkönnendavonausgehen,dass
dieGestaltungsfähigkeitderSozialpartnerhierauchinZukunftmitentscheidendseinwird.Dies
giltauchfürInitiativenzurFachkräftesicherungangesichtsdesdemographischenWandelsund
zurGesunderhaltungundWeiterqualifizierungalternderBelegschaften,wiediesseitMitteder
30
6 Herausforderungen und Handlungsoptionen
2000erJahreinTarifverträgen,beginnendinderStahl-undderChemieindustrie,vorangetrieben
wird.AuchderAusbauvonTarifverträgenüberlebensphasengerechteArbeitszeitgestaltungwird
besondersvordemHintergrunddesdemographischenWandelsvermehrtzudenAufgabenderSo-
zialpartnergehören(RumpundWalter2013).
DieStärkederSozialpartnerschaftinKernbereichenderWirtschaftgehtaberzumTeilauchmit
TendenzenzurAbwälzungvonRisikenaufflexibelBeschäftigteeinher.Weiterhinistesso,dassin
vielenBereichendesprivatenDienstleistungssektorsdieSozialpartnernichtannäherndsostark
undgestaltungsfähigsindwieinetabliertenKernbranchenderIndustrie,woGewerkschaftenund
BetriebsrätederzeitdenEinsatzflexiblerBeschäftigungsformenwieZeitarbeitoderWerkverträge
zunehmendstärkerbeeinflussenkönnen.HierkommtstaatlichenRahmensetzungeneinewich-
tigeRollezu.DieGewerkschaftenbefürchteneinezunehmendePrekarisierungimRahmender
arbeitsrechtlichenUmsetzungdervonArbeitgeberngewünschtenFlexibilisierung.Dahersollen
dieArbeitnehmerausGewerkschaftssichtvordenArbeitgeberinteressengeschütztwerden.Aber
aucheinSchutzvorSelbstausbeutungistnotwendig,dennArbeitnehmerinflexiblenBeschäfti-
gungensindfürArbeitsschutzmaßnahmenundMaßnahmenzurGesundheitsförderungkaumer-
reichbar.
Schließlichistzukonstatieren,dassauchinnerhalbderbestehendenTarifvertragslandschaftdie
SpielräumefürdiebetrieblicheAusgestaltungvonArbeitsorganisationundArbeitsbedingungen
zugenommenhaben–wasjaeinerderHauptgründefürdieStabilisierungderTarifpartnerschaft
inDeutschlandwar.VieleFragenderbetrieblichenEbeneundderFührungbzw.Arbeitsorgani-
sationindenUnternehmenlassensichohnehinnichtmitTarifverträgenregeln,wohlaberimZu-
sammenwirkenvonUnternehmensleitungundBetriebsräten.TrotzalledemsehensichauchGe-
werkschaften inderVerantwortung, vermehrt qualitativeTarifverträge abzuschließen.Darüber
hinauswerdenauchjetztschonvondenSozialpartnernInstrumentezurVermeidungpsychischer
Belastungen,wieAufklärung,BeratungundSensibilisierung,verwendet.HierkönneninderZu-
kunftweitergehendebranchenspezifischeVereinbarungengetroffenwerden.
6.4 Anforderungen an die Individuen
AufderEbenederIndividuenisteseinezentraleHerausforderung,dieindividuellenKenntnisse
undHandlungskompetenzenandiegegenwärtigenundkünftigenAnforderungenderArbeitswelt
anzupassen.DiesbedeutetnichtnurWeiterbildung,sondernvorallemdieStärkungderpsycho-
logischenDispositionen,ummitderArbeitswelt,wiesiesichderzeitentwickelt,klarkommenzu
können.Diese„Resilienz“umfasstauchdieFähigkeitzumUmgangmitstressbehafteten,belas-
tendenSituationen, zurEigenverantwortungundSelbstorganisationsowiezurKooperationmit
anderen.
31
6 Herausforderungen und Handlungsoptionen
EinezentraleKompetenzwirdauchdieFähigkeitzurAushandlungvonArbeitsinhaltenund-zie-
len mit anderen Projektpartnern, Vorgesetzten und Kollegen sein. Dabei wird es auch darum
gehen, angemessene Grenzen der eigenen Verfügbarkeit und Erreichbarkeit zu setzen und zu
kommunizieren,umSituationender (Selbst-)Überforderungzuvermeiden.Zwarbietetdiemo-
derneArbeitsweltsehrvieleMöglichkeitenfürEigeninitiativeundSelbstorganisation–jafordert
dieseauchein–gleichzeitigmüssendieIndividuenaberauchinderLagesein,diefürdenEin-
zelnenjeweilstragbarenGrenzenzuerkennenundzuartikulieren.BeiderEntwicklungsolcher
KompetenzensinddiebetrieblichenRahmenbedingungenunddieVerantwortlichkeitderUnter-
nehmenundihrerFührungskräftedenMitarbeiterngegenübernatürlichsehrwichtig.Schulun-
genundCoachingsinddafürhilfreich,könnenjedocheigenständigeBemühungenderIndividuen
umentsprechendeKompetenzennichtersetzen.
32
7 Zusammenfassung
InjüngsterVergangenheitwirdvermehrtübereineEntgrenzungderArbeitsweltundderenmögli-
chenegativeWirkungenaufdieErwerbstätigendiskutiert.DiesgiltfürdasWachstumsogenann-
teratypischerArbeitsverhältnisseaufdereinenSeiteundfürdiestärkereDurchdringungvonAr-
beitundFreizeitaufderanderen.WielässtsichdiesewachsendeFlexibilitätderArbeitempirisch
bewerten?
InDeutschlandhatdieLiberalisierungflexibleroderatypischerBeschäftigungsformenzueinem
ZuwachsanArbeitsplätzenbeigetragen.Zeitarbeit,Minijobs,aberauchbefristeteundselbststän-
digeTätigkeitensindinbestimmtenTeilbereichendesDienstleistungssektorsbesondersstarkver-
treten.Gleichzeitig isteineerstaunlicheStabilitätdersogenanntenNormalarbeitsverhältnisse,
alsounbefristeterVollzeitarbeit feststellbar–sowohl im industriellenSektoralsauch invielen
Dienstleistungsberufen.TeilweiseverbirgtsichdahintereineverstärkteArbeitsteilungzwischen
denUnternehmenüberZuliefernetzwerkeundWerkverträge.
Inden2000erJahrenfandimGroßenundGanzeneineErgänzungderstabilenBeschäftigungs-
verhältnissestatt,wenigereineVerdrängung.DanebenhatdieinnerbetrieblicheFlexibilitätzuge-
nommen,wovonauchdieErwerbstätigeninstabilenArbeitsverhältnissenberührtsind.Diesgilt
fürflexiblereFormenderEntlohnungebensowiefürflexiblere,teilweiseauchungewöhnlicheAr-
beitszeitenundflexiblereFormenderArbeitsorganisation.BegünstigtdurchtechnologischeEnt-
wicklungenhabenmobilesArbeitenunddieErreichbarkeitaußerhalbderüblichenArbeitszeiten
fürbestimmteBerufsgruppenundFührungskräftezugenommen.GleichzeitiggibtesAnzeichen
füreinezunehmendeArbeitsverdichtung.
FürdieZukunftkönnenwireineweitereFlexibilisierungderArbeitswelterwarten,vorangetrie-
beninsbesonderedurchsektoralenWandel,technologischeInnovationenundimmerglobaleren
WettbewerbinvielenBereichenderWirtschaft.Damitwerdenauchineinemflexibleninstituti-
onellenRahmendieArbeitsbedingungenundArbeitsverhältnisseAngebotundNachfragenach
bestimmtenQualifikationenstärkerwiderspiegeln.RisikenverlagernsichsostärkeraufdieIndi-
viduen.ImZugedesdemographischbedingtenFachkräftemangelswerdendieUnternehmenfür
begehrteFachkräftemehrAnstrengungenunternehmen,umattraktiveArbeitsbedingungenzu
bietenunddenPräferenzenderBeschäftigtenzuentsprechen.
EmpirischeDatenzeigen,dassdieArbeitszufriedenheitinDeutschlandinsgesamtnichtzurück-
gegangenist–trotzderUmwälzungenamArbeitsmarktundinderbetrieblichenArbeitswelt.Aus
derwachsendenVielfaltundFlexibilitätderArbeitergebensichneueMöglichkeitenderVerein-
7 Zusammenfassung
33
7 Zusammenfassung
barkeitvonFamilie,PrivatlebenundBeruf.JedocherfolgtgleichzeitigeinestärkereZuschreibung
psychischerBeschwerdenandieVeränderungen inderArbeitswelt.DieForschungzeigt, dass
selbstgestaltbareArbeitszeitenundArbeitsabläufe,alsoAutonomieundEigenverantwortung,in
VerbindungmitgutensozialenBeziehungenundklarenErwartungenamArbeitsplatzzuhöhe-
rerArbeitszufriedenheitbeitragen.DieskannjedochauchzuSituationenderÜberlastungführen.
DieweitereEntwicklungdesflexiblenArbeitenshängtdavonab,welchegestaltendenSchrittedie
verschiedenenAkteureergreifen.DabeisolltezwischenderPolitik,derbetrieblichenEbene,den
SozialpartnernunddenIndividuenunterschiedenwerden.DiePolitikstehtvorderHerausforde-
rung,dafürzusorgen,dassderArbeitsmarktflexibelbleibtundsichdynamischanverändertege-
sellschaftlicheundökonomischeBedingungenanpassenkann,paralleldazuaberdieRegelungen
fürverschiedeneErwerbsformennichtzusehrdivergieren.DassprichtfüreineÜberprüfungund
AnpassungderRegeln,dieamRanddesArbeitsmarktesgelten.DanebenstehtauchderArbeits-
undGesundheitsschutzvorderAufgabe,dengewandeltenAnforderungenderflexiblerenArbeits-
weltgerechtzuwerden.
ZentraleEntwicklungenderArbeitsweltwerdenaufderEbenederUnternehmengestaltet.DieUn-
ternehmenwerdeninZukunftbeiknapperwerdendenFachkräften,längerenErwerbsbiographien
undwachsendenAnforderungenanInnovationundWettbewerbsfähigkeitversuchenmüssen,at-
traktiveArbeitsbedingungenmitflexiblen,produktiven,aberauchaufDauertragfähigenOrgani-
sationsformenzuverbinden.DashatunmittelbareImplikationenfürdiePersonalpolitik,dieAr-
beitsorganisation,fürdieFührungundKooperationindenUnternehmen,aberauchimVerhältnis
zuexternenPartnern.ZentralsinddieVereinbarkeitvonindividuellenundbetrieblichenAnforde-
rungenunddieVermeidungvonÜberlastungssituationenundfrühzeitigemVerschleiß.
Weiterbildung und betriebliche Gesundheitspolitik werden an Bedeutung gewinnen. Hier kön-
nenauchdieBetriebsräteunddieSozialpartneraufEbenederBranchenoderRegioneneinewich-
tigereRolleübernehmen,etwanebendenVereinbarungenzudenArbeitsbedingungen,wiesie
traditionell indenKernbereichenderWirtschaft inTarifverträgenundBetriebsvereinbarungen
niedergelegtsind.SchließlichwachsenauchdieAnforderungenanjedenEinzelnen,sichinder
ArbeitsweltderZukunfterfolgreichzubehaupten.DiesgiltinsbesonderefürdieindividuelleFä-
higkeit,mitdenMöglichkeitenundZumutungeneineroffenenundflexiblerenArbeitsweltumzu-
gehen,Eigeninitiativezuentwickeln,aber(Selbst-)Überforderungzuvermeidenundindenneuen
StrukturendieeigenenGrenzenundPräferenzenzuartikulieren.
34
8 Literatur
8 Literatur
Aubuchon,C.,Bandyopadhyay,S.undBhaumik,S.(2012).TheExtentandImpactofOutsourcing:
EvidencefromGermany.FederalReserveBankofSt.LouisReview,94(4):287–304.
Bachmann,R.undBraun,S.(2011),TheImpactofInternationalOutsourcingonLabourMarket
DynamicsinGermany.ScottishJournalofPoliticalEconomy58(1):1–28.
Badura,B.,Ducki,A.,Schröder,H.,Klose,J.undMeyer,M.(2012).Fehlzeiten-Report2012:Ge-
sundheitinderflexiblenArbeitswelt:Chancennutzen–Risikenminimieren.Berlin,Heidel-
berg:Springer.
BundesanstaltfürArbeitsschutzundArbeitsmedizin(baua)(2013).ImTakt?Risiken,Chancen
undGestaltungvonflexiblenArbeitszeitmodellen.Dortmund-Dorstfeld.
Bauer,T.(2004).HighPerformanceWorkplacePracticesandJobSatisfaction:EvidencefromEu-
rope.Bonn:IZA.
BMAS,BDA,DGB(2013).GemeinsameErklärung–PsychischeGesundheitinderArbeitswelt.
Bohulskyy,Y.,Erlinghagen,M.undScheller,F.(2011).ArbeitszufriedenheitinDeutschlandsinkt
langfristig.IAQReport.
Brenke,K.(2013).AlleintätigeSelbständige:starkesBeschäftigungswachstum,oftnurgeringe
Einkommen.DIWWochenbericht,7:3–16.
Bundesregierung(2013).PsychischeBelastungenaufgrundflexiblerundatypischerArbeitszei-
ten.AntwortderBundesregierungaufeineKleineAnfrage.DeutscherBundestag.Drucksa-
che17/12273.
DeutscherFührungskräfteverband(2012):Management:Burnoutrisikowirdernstgenommen.
ManagerMonitor1/12.24.1.2012.
DFK(2013).DFK-Erreichbarkeitsstudie.www.barmer-gek.de/503929
DGB(2012).Arbeitshetze,Arbeitsintensivierung,Entgrenzung.ErgebnissederRepräsentativ-
umfrage2011.http://www.dgb-index-gute-arbeit.de/downloads/publikationen/data/
arbeitshetze_arbeitsintensivierung_entgrenzung_-_ergebnisse_der_repraesentativumfrage_
2011.pdf
35
8 Literatur
DGFP(2012).Kurzumfrage:MobileErreichbarkeitinderFreizeit.http://www.dgfp.de/presse/
dgfp-kurzumfrage-mobile-erreichbarkeit-in-der-freizeit-3680
Dustmann,C.,Ludsteck,J.undSchönberg,U.(2009).RevisitingtheGermanWageStructure.
QuarterlyJournalofEconomics124(2):843–888.
Eichhorst,W.etal.(2012).GeringfügigeBeschäftigung–SituationundGestaltungsoptionen.IZA
ResearchReport47.
Eichhorst,W.undMarx,P.(2011).ReformingGermanLabourMarketInstitutions.ADualPathto
Flexibility.JournalofEuropeanSocialPolicy21(1):73–87.
Eichhorst,W.undTobsch,V.(2013).HasatypicalworkbecometypicalinGermany?ILOEmploy-
mentWorkingPaper145.Genf.
Eichhorst,W.,Marx,P.undTobsch,V.(2013).Non-standardemploymentacrossoccupationsin
Germany:theroleofreplaceabilityandlabourmarketflexibility.
Eurofound(2012a).TrendsinJobQualityinEurope.AreportbasedonthefifthEuropean
WorkingConditionsSurvey.Luxembourg:PublicationsOfficeoftheEuropeanUnion.
Eurofound(2012b).HealthandWell-beingatWork.AreportbasedonthefifthEuropean
WorkingConditionsSurvey.Dublin.
Fahr,R.(2011).JobDesignandJobSatisfaction:EmpiricalEvidenceforGermany.Management
Revue,22(1):28–46.
Fietze,S.(2011).ArbeitszufriedenheitundPersönlichkeit:„Werschaffenwill,mussfröhlich
sein!“SOEPpapersonMultidisciplinaryPanelDataResearchNo.388.
Geishecker,I.undGörg,H.(2008).Winnersandlosers:amicro-levelanalysisofinternational
outsourcingandwages.CanadianJournalofEconomics/Revuecanadienned‘économique,
41(1):243–270.
Geishecker,I.(2010).PerceivedJobInsecurityandWell-BeingRevisited:TowardsConceptual
Clarity.Georg-August-UniversitätGöttingenundASB,UniversityofAarhus.
Golden,L.(2012).Theeffectsofworkingtimeonproductivityandfirmperformance:aresearch
synthesispaper.Geneva:InternationalLabourOffice.
36
8 Literatur
Gottschall,K.undVoß,G.G.(Hrsg.)(2005).EntgrenzungvonArbeitundLeben.ZumWandelder
BeziehungvonErwerbstätigkeitundPrivatsphäreimAlltag.2.Aufl.München,Mering:R.
HamppVerlag.
Grözinger,G.,Matiaske,W.undTobsch,V.(2010).Employee-friendlylabor-time:Akeyelementto
asustainablepatternofproductionandconsumption.InternationalJournalofPublicPolicy,5:
357–372.
Grund,C.undHarbring,C.(2009).TrustandControlattheWorkplace:Evidencefrom
RepresentativeSamplesofEmployeesinEurope.IZADiscussionPaper4297.
Hammermann,A.undStettes,O.(2013).QualitätderArbeit–zumEinflussderArbeitsplatz-
merkmaleaufdieArbeitszufriedenheitimeuropäischenVergleich.Köln:IWTrends2/2013.
Hanglberger,D.(2010a).ArbeitszufriedenheitiminternationalenVergleich.Lüneburg:
ForschungsinstitutFreieBerufe.
Hanglberger,D.(2010b).ArbeitszufriedenheitundflexibleArbeitszeiten-EmpirischeAnalyse
mitDatendesSozio-oekonomischenPanels.SOEPpapersonMultidisciplinaryPanelData
ResearchNo.304.
Hardering,F.undBergheim,S.(2011).Sicherheitmachtzufrieden–WieVerunsicherungdieZu-
friedenheitmitderArbeitbeeinträchtigt.FrankfurtamMain:Zentrumfürgesellschaftlichen
Fortschritt.
Hofmann,J.,Rollwagen,I.undSchneider,S.(2007):DeutschlandimJahr2020.DBResearch.
Hunt,J.(2012).FlexibleWorkTimeinGermany:DoWorkersLikeItandHowHaveEmployers
ExploitedItOvertheCycle?SOEPpapersonMultidisciplinaryPanelDataResearchNo.389.
Kienbaum(2009).Unternehmenskultur–IhreRolleundBedeutung.Studie2009/2010.Kien-
baumManagementConsultants.
Klebe,T.(2013).Werkverträge:Verbreitung,ErscheinungsformenundrechtspolitischerHand-
lungsbedarf.VortragbeimSymposiumWerkverträgeam11.3.2013inBerlin.
Lesch,H.,Schäfer,H.undSchmidt,J.(2011).ArbeitszufriedenheitinDeutschland–Messkon-
zepteundempirischeBefunde.Köln:InstitutderdeutschenWirtschaft.
37
8 Literatur
Lohmann-Haislah,A.(2012).StressreportDeutschland2012–PsychischeAnforderungen,Res-
sourcen.Dortmund,Berlin,Dresden:BundesanstaltfürArbeitsschutzundArbeitsmedizin.
Moldaschl,M.undVoß,G.(Hrsg.)(2002).SubjektivierungvonArbeit.Arbeit,Innovationund
Nachhaltigkeit.Bd.2.München,Mering:Hampp.
Nienhüser,W.undMatiaske,W.(2003).Leiharbeitistgleichgut?–Arbeitsbedingungen,Arbeits-
zufriedenheitundGleichbehandlungvonLeiharbeiterninEuropa.PersonalalsRessource.
München,Mering:Hampp:157–184.
Mercer(2013).StressfaktorSmartphone.ErgebnisberichteinerStudievonMercerundder
TUMünchen.
OECD(2013).OECDEmploymentOutlook.Paris.
Riad,N.etal.(2011).ChangingPatternsofGlobalTrade.IMFStrategy,Policy,andReview
Department.
Rump,J.etal.(2010).BetrieblicheProjektwirtschaft.EineVermessung.EineempirischeStudie
desInstitutsfürBeschäftigungundEmployabilityimAuftragvonHays.
Rump,J.undWalter,N.(2013)(Hrsg).Arbeitswelt2030.Trends,Prognosen,Gestaltungsmöglich-
keiten.Stuttgart:SchöfferPoeschel(sieheauch:DieZukunftderArbeitswelt.AufdemWeg
insJahr2030.BerichtderKommission‘ZukunftderArbeitswelt’derRobertBoschStiftung).
Voß,G.G.(1998).DieEntgrenzungvonArbeitundArbeitskraft.EinesubjektorientierteInterpre-
tationdesWandelsderArbeit.MitteilungenausderArbeitsmarkt-undBerufsforschung,31
(3):473–487.
Voß,G.G.undPongratz,H.J.(1998).DerArbeitskraftunternehmer.EineneueGrundformder
WareArbeitskraft?KZfSS,1:131–158.
Weiss,V.undUdris,I.(2001).DownsizingundSurvivors.StandderForschungzumLebenund
ÜberlegeninschlankenundfusioniertenOrganisationen.Arbeit10(2):103–121.
Wolf,E.undBeblo,M.(2004).DoesWorkTimeFlexibilityWork?AnEmpiricalAssessmentofthe
EfficiencyEffectsforGermanFirms.ZEWDiscussionPaperNo.04–47.
38
Anhang
Anhang
Mitgliederliste Expertenkommission Arbeits- und Lebensperspektiven in Deutschland
Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Bauer Stellvertretender Institutsleiter, Fraunhofer Institut Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, Stuttgart
Professorin Dr. Ulrike Detmers Mitglied der Geschäftsführung und Gesellschafterin, Mestemacher GmbH, Gütersloh Dr. Werner Eichhorst Direktor Arbeitsmarktpolitik Europa, Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA), BonnBirgit Gebhardt Beraterin, Trendforscherin, HamburgEdeltraud Glänzer Mitglied des Vorstands, Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, Hannover Matthias Hartmann Vorstandsvorsitzender, GfK SE, NürnbergMario Junglas Direktor, Deutscher Caritasverband e.V., Berlin Dr. Erika Mezger Deputy Director, European Foundation for the Improvement of Living & Working Conditions
(Eurofound), Dublin Liz Mohn Stellv. Vorstandsvorsitzende, Bertelsmann Stiftung, GüterslohFranz Müntefering Bundesminister a.D., Mitglied des Deutschen Bundestages, BerlinDr. Lore Maria Peschel-Gutzeit Senatorin a. D., Kärgel, de Maizére & Partner Rechtsanwälte-Steuerberater-Notar, Berlin Professor Dr. Ernst Pöppel Vorstand, Humanwissenschaftliches Zentrum der LMU , München Professor Dr. Thomas Rau-schenbach
Vorsitzender des Vorstandes und Direktor, Deutsches Jugendinstitut e. V., München
Birgit Riess Director Programm Unternehmen in der Gesellschaft, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh Professor Dr. Heiko Roehl Leiter Global Leadership Academy, Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenar-
beit, EschbornDr. rer. soc. Gerhard Rübling Geschäftsführer, TRUMPF GmbH + Co. KG, DitzingenMartin Spilker Persönlicher Referent Frau L. Mohn, Leiter Kompetenzzentrum Führung und Unternehmens-
kultur Bertelsmann Stiftung, GüterslohProfessorin Dr. Dr. h.c. mult. Rita Süssmuth
Präsidentin des Deutschen Bundestages a. D. Deutscher Bundestag, Berlin
Dr. Martin von Broock Mitglied des Stiftungsvorstands Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik, Lutherstadt Wittenberg
Professor Dr. Gert G. Wagner Vorstandsvorsitzender, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin, Berlin Stand Januar 2014
39
Anhang
Tabelle A1: Klassifikation der Berufsgruppen nach ISCO-88 COMCode Gruppenbezeichnung
11 Angehörige gesetzgebender Körperschaften und leitende Verwaltungsbedienstete12 Geschäftsleiter und Geschäftsbereichsleiter in großen Unternehmen13 Leiter kleiner Unternehmen21 Physiker, Mathematiker und Ingenieurwissenschaftler22 Biowissenschaftler und Mediziner23 Wissenschaftliche Lehrkräfte24 Sonstige Wissenschaftler und verwandte Berufe31 Technische Fachkräfte32 Biowissenschaftliche und Gesundheitsfachkräfte33 Nicht-wissenschaftliche Lehrkräfte34 Sonstige Fachkräfte (mittlere Qualifikationsebene)41 Büroangestellte ohne Kundenkontakt42 Büroangestellte mit Kundenkontakt51 Personenbezogene Dienstleistungsberufe und Sicherheitsbedienstete52 Modelle, Verkäufer und Vorführer71 Mineralgewinnungs- und Bauberufe72 Metallarbeiter, Mechaniker und verwandte Berufe73 Präzisionsarbeiter, Kunsthandwerker, Drucker und verwandte Berufe74 Sonstige Handwerks- und verwandte Berufe81 Bediener stationärer und verwandter Anlagen82 Maschinenbediener und Montierer83 Fahrzeugführer und Bediener mobiler Anlagen91 Verkaufs- und Dienstleistungshilfskräfte93 Hilfsarbeiter im Bergbau, Baugewerbe, verarbeitenden Gewerbe und Transportwesen
40
Anhang
Tabelle A2: Marginale Effekte von Anforderungen und Ressourcen am Arbeitsplatz auf individuelle Output-Indikatoren
Gesundheits-zustand
Arbeitszufriedenheit Work-Life-Balance
AbsentismusArbeits- bedingungen
Extrinsische Motivation
Intrisische Motivation
-ordererd logit-Odd Ratios
-ordererd logit-Odd Ratios
-OLS-Beta Coefficients
-OLS-Beta Coefficients
-OLS-Beta Coefficients
-tobit-Coefficients
ANFORDERUNGENquantitativ Zeitdruck, Geschwindigkeit, Deadlines 0,925*** 0,782*** –0,027** –0,103*** –0,095*** 1,095* Arbeit in der Freizeit (Intensität) 0,959* 0,917*** –0,009 –0,006 –0,333*** –1,068**physisch Vibrationen, Lärm, Temperaturen 0,892*** 0,881*** –0,033*** 0,009 –0,019* 2,848*** schmerzende Körperhaltung, Heben schwerer Lasten,
langes Stehen, wiederholende Hand- und Armbewe-gungen
0,793*** 0,859*** –0,051*** 0,036*** –0,030*** 3,134***
kognitiv (qualitativ) Computer- und Internetnutzung 1,059* 1,100*** 0,031** 0,014 0,055*** 0,030 Präzision, Qualitätsorientierung, Problemlösung, komple-
xe Aufgaben, Neues Lernen1,008 1,054* 0,015 0,103*** 0,031*** –0,266
Monotone Tätigkeiten 0,964. 0,878*** –0,018* –0,095*** –0,017* –0,019psycho-sozial emotional eingebunden, Konflikte mit persönlichen
Werten, Stress, Gefühle verbergen0,867*** 0,820*** –0,040*** 0,039*** –0,068*** 0,941*
Kundenkontakt, Umgang mit verärgerten Kunden 1,014 0,992 –0,009 0,002 –0,058*** 0,911* externe Konsequenzen eines Fehlers (physischer Schaden
an anderen, finanzieller Verlust für die Organisation)0,935** 0,921*** –0,011 0,016. –0,065*** –0,385
Sicherheit, was am Arbeitsplatz erwartet wird 1,096*** 1,222*** 0,021** 0,334*** 0,013. –0,052RESSOURCENArbeitsorganisation Handlungsspielraum (Arbeitsabläufe, Methoden, Ge-
schwindigkeit, Pausen)0,980 1,420*** 0,062*** 0,114*** 0,131*** 0,660
Entscheidungsspielraum (Ziele, Arbeitsorganisation, Partner, Pausen, Einfluss auf Entscheidungen)
0,981 1,169*** 0,016. 0,076*** 0,124*** 1,401***
Teamarbeit (Ref. nein) 1,057 1,045 0,021* –0,017. –0,018* –0,014 Jobrotation (Ref. nein) 0,980 0,928 0,002 –0,008 –0,021* 4,258*** Arbeitzeitregelung (Ref. Fix vom AG vorgegeben) Wahl zwischen vorgegebenen Arbeitszeitmustern 1,024 1,155. 0,010 –0,007 0,049*** –0,013 Gleitzeit/Flexitime 0,971 0,943 –0,013 –0,030*** 0,229*** –1,022 Vertrauensarbeitszeit 0,786** 1,324** 0,003 –0,006 0,186*** –2,326Soziale Beziehungen/ Führung guter Manager (respektiert Mitarbeiter, löst Konflikte,
kann gut planen und organisieren)1,191*** 1,551*** 0,171*** 0,108*** 0,053*** –2,242***
gute Führung (gibt Feedback, ermuntert an wichtigen Entscheidungen teilzuhaben)
1,125*** 1,354*** 0,133*** 0,112*** 0,051*** –1,633***
Unterstützung von Kollegen und Vorgesetzten 1,053* 1,196*** 0,092*** 0,044*** 0,020* –1,134*Arbeitsplatzsicherheit 1,151*** 1,312*** 0,086**** 0,039*** 0,046*** –0,160KONSTANTE Schwellenwert 1 –5,299 –3,462 –12,386. Schwellenwert 2 –2,820 –0,954 Schwellenwert 3 –0,138 2,924 Schwellenwert 4 2,584N 10.064 10.039 9.998 9.998 10.021 9.861log likelihood –9.908,57 –8.041,86 28.121,26Chi2 2.085,69*** 3.797,36*** 926,16***F-Statistik 67,92*** 60,02*** 84,75***adjustiertes R2/PseudoR2 0,095 0,191 0,401 0,371 0,455 0,0162Signifikanzniveau: <.001 (***) <.01 (**) <.05 (*) <0.1 (.)Quelle: EWCS 2010, EU15 Länder, abhängig Beschäftigte (eigene multivariate Analysen, unter Kontrolle von Geschlecht, Alter, Bildungsniveau, Berufserfahrung, Vertragsart, Individuelles Einkommen, Wohl-fahrtsniveau des Haushalts, Land, Branche, Betriebsgröße, Organisationsform, Diskriminierung und Mobbing am Arbeitsplatz)
42
Impressum
© 2014 Bertelsmann Stiftung
BertelsmannStiftung
Carl-Bertelsmann-Straße256
33311Gütersloh
www.bertelsmann-stiftung.de
Verantwortlich
DetlefHollmann
Autoren
Dr.WernerEichhorst,DirektorArbeitsmarktpolitikEuropa
ForschungsinstitutzurZukunftderArbeit(IZA)
Schaumburg-Lippe-Straße5–9
53113Bonn
www.iza.org
VerenaTobsch,freiberuflicheWirtschaftswissenschaftlerin
E·x·AKTEmpirischeundaktuelleWirtschaftsforschung
Hochstraße20
13357Berlin
www.e-x-akt.de
Lektorat
SibylleReiter
Gestaltung
NicoleMeyerholz,Bielefeld
Bildnachweis
©ThomasKunsch
Produktion
HansKockBuch-undOffsetdruck,Bielefeld
Impressum
www.bertelsmann-stiftung.de
Adresse | Kontakt
Bertelsmann Stiftung
Carl-Bertelsmann-Straße 256
33311 Gütersloh
Detlef Hollmann
Senior Project Manager
Programm Unternehmen in der Gesellschaft
Telefon +49 5241 81-81520