Finanzplatz Luxemburg

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Börsen-Zeitung, 22.9.2012 Nach zwei Jahren Verhandlungen und Vorbereitungsarbeit nahmen am 1. Januar 2011 die drei neuen eu- ropäischen Finanzaufsichtsbehör- den EBA (European Banking Autho- rity), EIOPA (European Insurance and Occupational Pensions Autho- rity) und ESMA (European Securi- ties and Markets Authority) ihre Ar- beit auf. Nur knapp 18 Monate spä- ter wurde dieses neue EU-Aufsichts- system durch Pläne für eine soge- nannte Bankenunion schon wieder teilweise in Frage gestellt. Die Vor- schläge zur Bankenunion sehen in der Tat nicht nur ein EU-Einlagensi- cherungssystem und einen EU-Ab- wicklungsfonds vor, sondern vor al- lem einen einheitlichen EU-Auf- sichtsmechanismus für Banken. Konkrete Vorschläge gemacht Während seiner Tagung am 29. Juni konnte sich der Europäi- sche Rat zwar nicht auf die einzel- nen Elemente einer Bankenunion verständigen, erzielte jedoch eine grundsätzliche politische Einigung zur Schaffung einer einzigen EU-Ban- kenaufsichtsbehörde. Am 12. September hat die Europäi- sche Kommission konkrete Vor- schläge zu einer gemeinsamen EU- Bankenaufsichtsbehörde vorgelegt, auf deren große Linien ich hier kurz eingehen werde. Luxemburg hat immer auf einheit- liche Wettbewerbsbedingungen auf EU-Ebene bestanden. Die hier ansäs- sigen Banken sind EU-weit tätig, und ein großer Teil des Erfolgs unse- res Finanzplatzes beruht auf den har- monisierten Regeln des EU-Binnen- marktes. Ein gutes Beispiel hierfür findet man im Investmentfondsbe- reich. Luxemburg hat im Jahr 1988 als erstes EU-Land die EU-Richtlinie betreffend die sogenannten Organis- men für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (kurz OGAW) in natio- nales Recht umgesetzt und sich so zum zweitgrößten Investmentfonds- zentrum der Welt entwickelt. Auch einem einheitlichen Auf- sichtsmechanismus steht Luxem- burg im Prinzip eher positiv gegen- über. Wie hierunter erläutert, wer- den verschiedene Kernpunkte je- doch am Ende ausschlaggebend für die Haltung des hiesigen Bankenplat- zes sein. Dass wir früher oder später eine Bankenunion in Europa haben werden, ist meines Erachtens unaus- weichlich. Die Finanzkrise und die Schuldenkrise haben bewiesen, dass rein nationalpolitisches Denken und Handeln in eine Sackgasse führen. Trotzdem kann und darf die Schaf- fung einer solchen Bankenunion nicht übers Knie gebrochen werden. Vom Prinzip her befürwortet der Luxemburger Finanzplatz mit über 140 internationalen Ban- ken, größtenteils euro- päischen Ursprungs, so- wohl eine EU-Einlagensi- cherung als auch einen gemeinsamen Abwick- lungsfonds. Allerdings scheinen die techni- schen und politischen Hürden im Augenblick so hoch zu sein, dass ein solcher Schritt eher mit- tel- oder langfristig zu erwarten ist. Die Idee einer EU-Aufsichtsbe- hörde oder zumindest einer verstärkten Kooperation zwi- schen den nationalen Behörden macht auch kurzfristig Sinn im Rah- men eines europäischen Bankensek- tors, der schon lange keine nationa- len Grenzen mehr kennt. Der Luxem- burger Bankenverband wird sich des- halb konstruktiv an den Diskussio- nen beteiligen. Keine endgültige Lösung Die Bankenunion, auch wenn sie morgen kommen würde, wäre keine endgültige Lösung der Euro-Krise, sie könnte aber entscheidend zur Sta- bilisierung des europäischen Finanz- systems und somit auch zur Rettung der Währungsunion beitragen. Vor allem die Zusammenlegung der Ein- lagensicherung sowie gemeinsame Kompetenzen zur Restrukturierung angeschlagener Banken würden ein hohes Maß an Solidarität zwischen den einzelnen Ländern und ihren Banken garantieren. Die Rettung grenzüberschreitend tätiger Kreditinstitute im Zuge der Lehman-Krise wäre wahrscheinlich deutlich günstiger ausgefallen, wenn sie im Rahmen einer europäi- schen Struktur hätte stattfinden kön- nen. Auch der durch einseitige natio- nale Rettungsaktionen herbeige- führte Rückzug der Finanzakteure auf die nationalen Märkte hätte so zum Teil verhindert werden können. Darüber hinaus würde ein gemeinsa- mes Einlagensicherungssystem die Wahrscheinlichkeit eines Bank Run in einem Krisenland deutlich verrin- gern und somit auch die Anste- ckungsgefahr des ganzen Systems. Verlust von Souveränität Man muss allerdings wissen, dass die Zentralisierung von Einlagensi- cherung, Abwicklungsfonds und Ban- kenaufsicht auf EU-Ebene einen Ver- lust von Souveränität bedeutet und gegebenenfalls zu sehr hohen Kos- ten führen kann. Manche europäi- schen Länder, auch Luxemburg, müssten demnach Wasser in ihren Wein gießen. Aus meiner Sicht ist dies jedoch weniger problematisch als die Alternative dazu, bestehend aus einer Aufsicht, die von den größ- ten EU-Ländern dominiert ist und mittelfristig die grenzüberschreiten- den Finanztransaktionen behindert. Sollte die Aufsichtszuständigkeit überwiegend dem Herkunftsland („home country“) von grenzüber- schreitend tätigen Banken zugewie- sen werden, würde es de facto zu ei- ner Aufsichtsoligarchie der fünf gro- ßen Länder in Europa kommen, da die meisten systemrelevanten Ban- ken Europas dort ihren Hauptsitz ha- ben. Als Aufnahmeland („host coun- try“) von Tochtergesellschaften gro- ßer Gruppen wäre Luxemburg beson- ders von dieser Situation betroffen. Dabei ist Luxemburg eines der größ- ten Finanzzentren Europas, und die Finanzaufsichtsbehörde des Landes ist der Größe und Komplexität unse- res Finanzplatzes durchaus gewach- sen. Zudem sollte man in den Bestre- bungen, die Bankenaufsicht auf EU- Ebene zu zentralisieren, den Aspekt, dass eine wirklich effiziente Aufsicht nur vor Ort stattfinden kann, nicht außer Acht lassen. Der Luxemburger Bankenverband plädiert für eine unabhängige Auf- sicht, die nicht unter politischer Ein- flussnahme der großen Länder steht. Nur so können Wettbewerbsverzer- rungen verhindert werden. In ande- ren Worten: eine gemeinsame Auf- sichtsstruktur ja, aber nur, wenn je- des Land eine Stimme hat und an ein rein europäisches Mandat in ei- ner unabhängigen Aufsichtsbehörde gebunden ist. Dies ist in Währungs- fragen bei der EZB augenblicklich der Fall. Von der Kommission wurde vorge- schlagen, dass ein noch zu gründen- der Supervisory Board in der Euro- päischen Zentralbank die Aufgabe der Bankenaufsicht übernehmen soll. Dieser Board soll weitreichende Aufsichtskompetenzen erhalten, von der Lizenz einer Bank über Stress- tests bis zum frühzeitigen Eingrei- fen, wenn eine Bank riskiert, den Ka- pital- oder Liquiditätsanforderungen nicht mehr zu entsprechen. Die Auf- gaben der bestehenden Europäi- schen Aufsichtsbehörde (EBA) wür- den sich hauptsächlich auf techni- sche Standardsetzung beschränken. Jeder Schritt in diese Richtung sollte sorgfältig durchdacht und auf keinen Fall überstürzt werden. Die Luxemburger Bankenvereinigung be- vorzugt eine solche Lösung, die die EZB auf wesentliche Weise einbin- det. Als EU-Institution ist die EZB weitgehend unabhängig von natio- nalpolitischen Überlegungen. Darü- ber hinaus dürfte der Entscheidungs- mechanismus der EZB den Her- kunftslandvorteil der großen Länder teilweise neutralisieren. Dies würde auch die Home-/Host-Problematik ein für alle Mal lösen, da die nationa- len Behörden der Richtungsweisung einer unabhängigen und neutralen EZB unterliegen. Aber auch bei die- ser Lösung bleibt ein großes Frage- zeichen: Wird sich diese Aufsicht in der Praxis auf die 17 Länder der Eu- rozone beschränken oder werden an- dere Mitgliedstaaten sich anschlie- ßen und wie soll das praktisch ge- hen? Um einheitliche Wettbewerbs- bedingungen zu bewahren, müssen alle EU-Länder den gleichen Auf- sichtsbedingungen unterliegen. Eine Bankenunion ohne das Vereinigte Königreich, den größten Finanzplatz Europas, könnte zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen führen. Fehlstart vermeiden Realistischerweise sollte diese neue Aufsicht erst dann ihre Tätig- keit aufnehmen, wenn sichergestellt ist, dass die Regeln klar sind und qualifiziertes Personal zur Verfü- gung steht. Einen Fehlstart können wir uns nicht leisten. Ich halte des- halb den anvisierten Zeitpunkt, im Jahr 2013, für verfrüht und würde den Zeitplan der Kommission um wenigstens ein halbes Jahr verlegen. „Um einheitliche Wettbewerbsbedin- gungen zu bewahren, müssen alle EU-Län- der den gleichen Aufsichtsbedingun- gen unterliegen.“ AUS DEM INHALT Schaffung einer Bankenunion nicht übers Knie brechen Von Ernst Wilhelm Contzen B1 Börse begegnet dem Wandel der Märkte mit Zuversicht Von Robert Scharfe B5 Vertrauen schaffen – vermögende Kunden gewinnen Von Falk Fischer B2 Die AIFMD – eine Chance für Luxemburg Von Jean-Paul Gennari B6 Aller guten Dinge sind drei Von Marc Saluzzi B2 Weit mehr als eine neue Marktnische Von Jean-Jacques Picard B6 Nachhaltigkeit ist weit mehr als ein Marketing-Slogan Von Luc Frieden B3 Private-Equity-Industrie baut auf Stabilität und Voraussicht Von Alain Kinsch, Katrin Lakebrink und Dr. Carmen von Nell-Breuning B7 Auf dem Weg zum europäischen Finanzplatz Von Dr. Lutz Raettig B4 Bloß keine Überraschungen! Von Vassilios Pappas B8 Finanzplatz Luxemburg Schaffung einer Bankenunion nicht übers Knie brechen Luxemburger Bankenverband bevorzugt eine Lösung, die die EZB wesentlich einbindet – Anvisierter Zeitpunkt im Jahr 2013 erscheint verfrüht Von Ernst Wilhelm Contzen Präsident der Luxemburger Banken- vereinigung (ABBL) „Dass wir früher oder später eine Bankenunion in Europa haben werden, ist meines Erachtens unaus- weichlich.“ Sonnabend, 22. September 2012 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 184 B1

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Page 1: Finanzplatz Luxemburg

Börsen-Zeitung, 22.9.2012Nach zwei Jahren Verhandlungenund Vorbereitungsarbeit nahmenam 1. Januar 2011 die drei neuen eu-ropäischen Finanzaufsichtsbehör-den EBA (European Banking Autho-rity), EIOPA (European Insuranceand Occupational Pensions Autho-rity) und ESMA (European Securi-ties and Markets Authority) ihre Ar-beit auf. Nur knapp 18 Monate spä-ter wurde dieses neue EU-Aufsichts-system durch Pläne für eine soge-nannte Bankenunion schon wiederteilweise in Frage gestellt. Die Vor-schläge zur Bankenunion sehen inder Tat nicht nur ein EU-Einlagensi-cherungssystem und einen EU-Ab-wicklungsfonds vor, sondern vor al-lem einen einheitlichen EU-Auf-sichtsmechanismus für Banken.

Konkrete Vorschläge gemacht

Während seiner Tagung am29. Juni konnte sich der Europäi-sche Rat zwar nicht auf die einzel-nen Elemente einer Bankenunionverständigen, erzielte jedoch einegrundsätzliche politische Einigungzur Schaffung einer einzigen EU-Ban-kenaufsichtsbehörde.

Am 12. September hat die Europäi-sche Kommission konkrete Vor-schläge zu einer gemeinsamen EU-Bankenaufsichtsbehörde vorgelegt,auf deren große Linien ich hier kurzeingehen werde.

Luxemburg hat immer auf einheit-liche Wettbewerbsbedingungen aufEU-Ebene bestanden. Die hier ansäs-sigen Banken sind EU-weit tätig,und ein großer Teil des Erfolgs unse-res Finanzplatzes beruht auf den har-monisierten Regeln des EU-Binnen-marktes. Ein gutes Beispiel hierfürfindet man im Investmentfondsbe-

reich. Luxemburg hat im Jahr 1988als erstes EU-Land die EU-Richtliniebetreffend die sogenannten Organis-men für gemeinsame Anlagen inWertpapieren (kurz OGAW) in natio-nales Recht umgesetzt und sich sozum zweitgrößten Investmentfonds-zentrum der Welt entwickelt.

Auch einem einheitlichen Auf-sichtsmechanismus steht Luxem-burg im Prinzip eher positiv gegen-über. Wie hierunter erläutert, wer-den verschiedene Kernpunkte je-doch am Ende ausschlaggebend fürdie Haltung des hiesigen Bankenplat-zes sein. Dass wir früher oder spätereine Bankenunion in Europa habenwerden, ist meines Erachtens unaus-weichlich. Die Finanzkrise und dieSchuldenkrise haben bewiesen, dassrein nationalpolitisches Denken und

Handeln in eine Sackgasse führen.Trotzdem kann und darf die Schaf-fung einer solchen Bankenunionnicht übers Knie gebrochen werden.

Vom Prinzip her befürwortet derLuxemburger Finanzplatz mit über140 internationalen Ban-ken, größtenteils euro-päischen Ursprungs, so-wohl eine EU-Einlagensi-cherung als auch einengemeinsamen Abwick-lungsfonds. Allerdingsscheinen die techni-schen und politischenHürden im Augenblickso hoch zu sein, dass einsolcher Schritt eher mit-tel- oder langfristig zuerwarten ist. Die Ideeeiner EU-Aufsichtsbe-hörde oder zumindesteiner verstärkten Kooperation zwi-schen den nationalen Behördenmacht auch kurzfristig Sinn im Rah-men eines europäischen Bankensek-tors, der schon lange keine nationa-len Grenzen mehr kennt. Der Luxem-burger Bankenverband wird sich des-halb konstruktiv an den Diskussio-nen beteiligen.

Keine endgültige Lösung

Die Bankenunion, auch wenn siemorgen kommen würde, wäre keineendgültige Lösung der Euro-Krise,sie könnte aber entscheidend zur Sta-bilisierung des europäischen Finanz-systems und somit auch zur Rettungder Währungsunion beitragen. Vorallem die Zusammenlegung der Ein-lagensicherung sowie gemeinsameKompetenzen zur Restrukturierungangeschlagener Banken würden einhohes Maß an Solidarität zwischenden einzelnen Ländern und ihrenBanken garantieren.

Die Rettung grenzüberschreitendtätiger Kreditinstitute im Zuge derLehman-Krise wäre wahrscheinlichdeutlich günstiger ausgefallen,wenn sie im Rahmen einer europäi-schen Struktur hätte stattfinden kön-nen. Auch der durch einseitige natio-nale Rettungsaktionen herbeige-führte Rückzug der Finanzakteureauf die nationalen Märkte hätte sozum Teil verhindert werden können.Darüber hinaus würde ein gemeinsa-mes Einlagensicherungssystem dieWahrscheinlichkeit eines Bank Runin einem Krisenland deutlich verrin-gern und somit auch die Anste-ckungsgefahr des ganzen Systems.

Verlust von Souveränität

Man muss allerdings wissen, dassdie Zentralisierung von Einlagensi-cherung, Abwicklungsfonds und Ban-kenaufsicht auf EU-Ebene einen Ver-lust von Souveränität bedeutet undgegebenenfalls zu sehr hohen Kos-ten führen kann. Manche europäi-schen Länder, auch Luxemburg,müssten demnach Wasser in ihrenWein gießen. Aus meiner Sicht istdies jedoch weniger problematischals die Alternative dazu, bestehendaus einer Aufsicht, die von den größ-ten EU-Ländern dominiert ist undmittelfristig die grenzüberschreiten-den Finanztransaktionen behindert.

Sollte die Aufsichtszuständigkeitüberwiegend dem Herkunftsland(„home country“) von grenzüber-schreitend tätigen Banken zugewie-sen werden, würde es de facto zu ei-ner Aufsichtsoligarchie der fünf gro-

ßen Länder in Europa kommen, dadie meisten systemrelevanten Ban-ken Europas dort ihren Hauptsitz ha-ben. Als Aufnahmeland („host coun-try“) von Tochtergesellschaften gro-ßer Gruppen wäre Luxemburg beson-ders von dieser Situation betroffen.Dabei ist Luxemburg eines der größ-ten Finanzzentren Europas, und dieFinanzaufsichtsbehörde des Landesist der Größe und Komplexität unse-

res Finanzplatzes durchaus gewach-sen. Zudem sollte man in den Bestre-bungen, die Bankenaufsicht auf EU-Ebene zu zentralisieren, den Aspekt,dass eine wirklich effiziente Aufsichtnur vor Ort stattfinden kann, nichtaußer Acht lassen.

Der Luxemburger Bankenverbandplädiert für eine unabhängige Auf-sicht, die nicht unter politischer Ein-flussnahme der großen Länder steht.Nur so können Wettbewerbsverzer-rungen verhindert werden. In ande-ren Worten: eine gemeinsame Auf-sichtsstruktur ja, aber nur, wenn je-des Land eine Stimme hat und anein rein europäisches Mandat in ei-ner unabhängigen Aufsichtsbehördegebunden ist. Dies ist in Währungs-fragen bei der EZB augenblicklichder Fall.

Von der Kommission wurde vorge-schlagen, dass ein noch zu gründen-der Supervisory Board in der Euro-päischen Zentralbank die Aufgabeder Bankenaufsicht übernehmensoll. Dieser Board soll weitreichendeAufsichtskompetenzen erhalten, vonder Lizenz einer Bank über Stress-tests bis zum frühzeitigen Eingrei-fen, wenn eine Bank riskiert, den Ka-pital- oder Liquiditätsanforderungennicht mehr zu entsprechen. Die Auf-

gaben der bestehenden Europäi-schen Aufsichtsbehörde (EBA) wür-den sich hauptsächlich auf techni-sche Standardsetzung beschränken.

Jeder Schritt in diese Richtungsollte sorgfältig durchdacht und aufkeinen Fall überstürzt werden. DieLuxemburger Bankenvereinigung be-vorzugt eine solche Lösung, die dieEZB auf wesentliche Weise einbin-det. Als EU-Institution ist die EZBweitgehend unabhängig von natio-

nalpolitischen Überlegungen. Darü-ber hinaus dürfte der Entscheidungs-mechanismus der EZB den Her-kunftslandvorteil der großen Länderteilweise neutralisieren. Dies würde

auch die Home-/Host-Problematikein für alle Mal lösen, da die nationa-len Behörden der Richtungsweisungeiner unabhängigen und neutralenEZB unterliegen. Aber auch bei die-ser Lösung bleibt ein großes Frage-zeichen: Wird sich diese Aufsicht inder Praxis auf die 17 Länder der Eu-rozone beschränken oder werden an-dere Mitgliedstaaten sich anschlie-ßen und wie soll das praktisch ge-hen? Um einheitliche Wettbewerbs-bedingungen zu bewahren, müssenalle EU-Länder den gleichen Auf-sichtsbedingungen unterliegen. EineBankenunion ohne das VereinigteKönigreich, den größten FinanzplatzEuropas, könnte zu erheblichenWettbewerbsverzerrungen führen.

Fehlstart vermeiden

Realistischerweise sollte dieseneue Aufsicht erst dann ihre Tätig-keit aufnehmen, wenn sichergestelltist, dass die Regeln klar sind undqualifiziertes Personal zur Verfü-gung steht. Einen Fehlstart könnenwir uns nicht leisten. Ich halte des-halb den anvisierten Zeitpunkt, imJahr 2013, für verfrüht und würdeden Zeitplan der Kommission umwenigstens ein halbes Jahr verlegen.

„Um einheitlicheWettbewerbsbedin-gungen zu bewahren,müssen alle EU-Län-der den gleichenAufsichtsbedingun-gen unterliegen.“

AUS DEM INHALTSchaffung einer Bankenunionnicht übers Knie brechenVon Ernst Wilhelm Contzen B 1

Börse begegnet dem Wandelder Märkte mit ZuversichtVon Robert Scharfe B 5

Vertrauen schaffen –vermögende Kunden gewinnenVon Falk Fischer B 2

Die AIFMD – eine Chancefür LuxemburgVon Jean-Paul Gennari B 6

Aller guten Dingesind dreiVon Marc Saluzzi B 2

Weit mehr als eine neueMarktnischeVon Jean-Jacques Picard B 6

Nachhaltigkeitist weit mehrals ein Marketing-SloganVon Luc Frieden B 3

Private-Equity-Industrie bautauf Stabilität und VoraussichtVon Alain Kinsch, Katrin Lakebrinkund Dr. Carmen von Nell-Breuning B 7

Auf dem Weg zumeuropäischen FinanzplatzVon Dr. Lutz Raettig B 4

Bloß keineÜberraschungen!Von Vassilios Pappas B 8

Finanzplatz LuxemburgSchaffung einer Bankenunion nicht übers Knie brechen

Luxemburger Bankenverband bevorzugt eine Lösung, die die EZB wesentlich einbindet – Anvisierter Zeitpunkt im Jahr 2013 erscheint verfrüht

VonErnst Wilhelm Contzen

Präsident derLuxemburger Banken-vereinigung (ABBL)

„Dass wir früheroder später eineBankenunionin Europa habenwerden, ist meinesErachtens unaus-weichlich.“

Sonnabend, 22. September 2012 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 184 B 1

Page 2: Finanzplatz Luxemburg

Börsen-Zeitung, 22.9.2012Die Bedürfnisse des modernenWealth-Management-Kunden sindso vielfältig und komplex wie nie.Die Vertrauenskrise ist immer nochspürbar: Kunden sind risikoaverser

geworden und informieren sich bes-ser. Gleichzeitig ist das Vermögenvieler Kunden stark diversifiziert,grenzübergreifend ausgerichtet undverlangt ein hohes fachliches Know-how.

Wichtiger denn je

Diese Kundenbedürfnisse treffenauf ein sich stetig wandelndes Markt-umfeld mit einem fast unüberschau-baren Informationsspektrum, perma-nent zunehmender Komplexität undSchnelligkeit bei Anlageentscheidun-gen und steigenden regulatorischenAnforderungen. Gerade im qualita-tiv besonders hochwertigen WealthManagement sind daher eine auf dieKundenbedürfnisse abgestimmteBeratung und eine gute Beziehung

zum persönlichen RelationshipManager wichtiger denn je.

Dabei geht der Trend weiterhinzum Vermögenserhalt und zur Mini-mierung von Risiken – wer heute an-legt, möchte kein Geld verlieren.Nicht kurzfristige Performance, son-dern die konservative Verwaltungund langfristige Absicherung derVermögenswerte sind heute gefragt.Vermögenserhalt geht vor Vermö-gensmehrung. Hierbei ist das profes-sionelle Risikomanagement von ent-scheidender Bedeutung. Der Schutzdes Kundenvermögens und die lang-fristige, oftmals generationenüber-greifende Sicherung des anvertrau-ten Kapitals sind somit stets dieoberste Handlungsmaxime.

Der Luxemburger Finanzsektor istder volkswirtschaftliche Schwer-

punkt im Großherzogtum und bietetmit seinem in der Eurozone führen-den Wealth Management vermö-genden, global agierenden Privat-kunden beste Voraussetzungen.

Der Bankenstandort bietet traditio-nell interessante Ange-bote speziell für dieseKlientel. Dabei ist die Zu-gehörigkeit zur EU einentscheidender Wettbe-werbsvorteil. Auch diehervorragenden Rah-menbedingungen wiepolitische Stabilität, Ver-lässlichkeit und ein en-ger Austausch zwischenFinanzwelt und Politikbieten ideale Bedingun-gen für das internatio-nale Wealth Manage-ment. Zukunftsfähige Fi-

nanzinstitute profitieren gerade imHinblick auf die stetig turbulentenMarktentwicklungen der jüngstenVergangenheit von der hohen auf-sichtsrechtlichen Geschwindigkeit,die die zeitnahe Anpassung und Im-plementierung des regulatorischenRegelwerks unterstützt. Dies fördertdie Entwicklung und Umsetzungneuer Geschäftsmodelle, um ein wett-bewerbsfähiges Produkt- und Dienst-leistungsangebot zu ermöglichen.

Die Commerzbank InternationalS.A. hat frühzeitig den erforderlichenStrategiewechsel erkannt und konse-quent mit der Umsetzung des neuenGeschäftsmodells begonnen. Seit ih-rer Gründung im Jahr 1969 kombi-niert sie die Erfahrung und Traditioneiner großen deutschen Bank unddie Vorteile des Standorts Luxem-burg und agiert als Kompetenzzen-trum für internationales WealthManagement innerhalb der Com-merzbank-Gruppe. Hiermit ist sie alskonzernweit einzige Einheit zustän-dig für das gesamte internationaleGeschäft mit vermögenden Privat-kunden.

Profil weiter geschärft

2012 wurde das Profil weiter ge-schärft. Die Bank positioniert sichausschließlich als konservativer Ver-mögensverwalter mit Spezialisie-rung auf die drei Kernkompetenzen„Vermögen in Verwaltungen“, „Ver-mögen in Strukturen“ und „Vermö-gen in Edelmetallen“. InternationaleKunden erhalten durch diese soge-nannten Value Propositions Zugangzu drei intelligenten, miteinanderkombinierbaren Wealth-Manage-ment-Lösungen mit dem Gütesiegel„made by a German bank“.

Die internationale Vermögensver-waltung ist dabei eine der wichtigs-ten Leistungen der Commerzbank In-ternational S.A. Diese orientiert sichan unserem Leitbild des konservati-ven Asset Manager, das dem Leis-tungsversprechen folgt: Langfristi-ger Werterhalt steht an erster Stelle.Hierbei messen wir dem ausgepräg-ten, aktiven Risikomanagementhöchste Priorität bei. Die Delegationder Einzelentscheidungen und das

international ausgerichtete professio-nelle Portfoliomanagement ermögli-chen es unseren Kunden, jederzeithandlungsfähig zu bleiben, und ma-chen die Vermögensverwaltung so-mit zum idealen Konzept in derzeitvolatilen Märkten.

Einzigartige Kernkompetenz

Der Kernbereich „Vermögen inStrukturen“ bietet unseren Kundendie Strukturierung von Vermögen inden gesetzlich verankerten Luxem-burger Strukturen SPF (Société deGestion de Patrimoine Familial), So-parfi (Société de Participations Fi-nancière) und FIS/SIF (Fonds d’In-vestissement Spécialisés). Diese Lö-sungen erlauben eine generationen-übergreifende Bündelung von Ver-mögenswerten sowie die nachhal-tige Strukturierung und Nachfolgere-gelung der familiären Einkommens-verhältnisse. Diese flexiblen und fis-kalpolitisch anerkannten Möglichkei-ten sind den zuvor beschriebenenvorteilhaften RahmenbedingungenLuxemburgs zu verdanken und eröff-nen somit hervorragende Bedingun-gen für Immobilien-, Wertpapierbe-sitzer und Unternehmer, die es zunutzen gilt.

Als dritten Baustein umfasst dasLeistungsportfolio der Commerz-bank in Luxemburg mit der ValueProposition „Vermögen in Edelmetal-len“ eine einzigartige Kernkompe-

tenz: Vielseitige und flexible Pro-duktlösungen rund um das Themaphysische Edelmetalle. Kunden ha-ben durch diese Value PropositionZugriff auf eines der weltweit führen-den Institute im Bereich Precious Me-tals, zu mehrfach ausgezeichnetemEdelmetallhandel und dem professio-nellen Management von Edelmetall-preisrisiken.

Mit der seit 1999 bestehenden Be-teiligung an der Argor-Heraeus S.A.,einer der weltweit führenden Edel-metallraffinerien, kann die Com-merzbank die gesamte Wertschöp-fungskette aus einem Guss darstel-len. Argor-Heraeus ist von der Lon-don Bouillon Market Associationund dem London Platinum & Palla-dium Market als Raffinerie von„Good Delivery“-Barren anerkannt.Das internationale Gütesiegel garan-tiert die aufgeprägten Merkmale wieFeinheit und Gewicht und wird welt-weit akzeptiert und gehandelt.

Seltene Alternative

Diese einmalige Sonderstellungim Bereich Edelmetalle ermöglichtes der Commerzbank in Luxemburgzum Beispiel, ihren Kunden physi-sche Edelmetalle wie Gold in Formvon „realen Werten“ als Goldbarrenzur Verfügung zu stellen. Auch dieLagerung und Verwaltung bis hinzur Auslieferung der Barren kanndie Commerzbank übernehmen. Die

Vorteile dieser Anlageform schätzenviele Kunden: Bisherige Wertschwan-kungen von Edelmetallen haben ge-zeigt, dass der gezielte Einsatz die-ser Lösungsalternative die Wertent-wicklung ihrer Vermögensgegen-stände positiv beeinflussen kannund darüber hinaus jederzeit greif-bar ist. Eine in dieser Form seltene

und schöne Alternative zu den gängi-geren Anlageformen.

Um den Wunsch der Kunden nachBeständigkeit und sicherem Werter-halt zu erfüllen, kombiniert die Com-merzbank in Luxemburg ihre Exper-

tise als konservativer Vermögensver-walter mit ihrem führenden Know-how rund um Edelmetalle in einereinzigartigen „Edelmetall-Vermö-gensverwaltung“. Neben den be-kannten Vorteilen der klassischenVermögensverwaltung bietet dieseVermögensanlage besondere Vor-züge für goldaffine Kunden. Sie ma-nagt aktiv mögliche Wertschwankun-gen und unterstützt so den langfristi-gen Vermögenserhalt. Dabei greiftdie Commerzbank in Luxemburg aufdas professionelle Rohstoff-Know-how des Commerzbank-Konzerns imBereich Edelmetalle zurück.

Der Einsatz kapitalmarktfähigerInstrumente ermöglicht dabei die ak-tive, flexible Steuerung des ange-strebten Goldanteils im Portfoliound eine Mehrrendite gegenüberder physischen Lagerung der Goldbe-stände im Tresor. Die zusätzlicheAttraktivität der Edelmetall-Vermö-gensverwaltung besteht in der antei-ligen Hinterlegung eines physischenGoldanteils von bis zu 25 % sowie ei-nem Anspruch auf physische Auslie-ferung. Somit können Kunden „ihr“Gold jederzeit anfassen und sogarmit nach Hause nehmen.

Dank dieser Lösung könnenKunden der Commerzbank Interna-tional S.A. ihre Werte nachhaltigschützen und wissen sie jederzeit insicheren Händen – ein wichtigerAspekt in unsicheren wirtschaft-lichen Zeiten.

Börsen-Zeitung, 22.9.2012Bisher konnte Luxemburg im Fonds-bereich vor allem mit einer Markeglänzen: den Ucits-Fonds, die ihrenNamen von der europäischen „Richt-linie zur Koordinierung der Rechts-und Verwaltungsvorschriften betref-fend bestimmte Organismen für ge-

meinsame Anlagen in Wertpapie-ren“ (OGAW) ableiten. Letztere hattebereits Ende der achtziger Jahre zumZiel, ein harmonisiertes Regelwerk fürInvestmentfonds bereitzustellen, dieeuropaweit ohne gesonderte Geneh-migung in den jeweiligen Mitglied-staaten insbesondere an Privatinves-

toren vertrieben werden können.Seitdem wurden die Bestimmungender Ucits-Richtlinie mehrmals über-arbeitet und an neue Gegebenheitenangepasst, aber die grundlegendenKennzeichen haben sich nicht geän-dert: Beim Publikum beschaffte Mit-tel werden unter Beachtung des

Grundsatzes der Risiko-streuung für gemein-same Rechnung in Wert-papiere oder andere li-quide Finanzwerte ange-legt, sodass es dem Inha-ber jederzeit möglichist, seine Anteile zulas-ten des Fondsvermö-gens zurückzugeben.

Seit Jahren belegenStatistiken den Erfolgdieses Fondsmodells:Im Juni 2012 verwalte-ten 1 841 luxemburgi-sche Ucits-Fonds insge-

samt ein Vermögen von 1 762,87Mrd. Euro. Damit repräsentiert Lu-xemburg etwa ein Drittel des euro-päischen Ucits-Fondsmarktes.

Und der grenzüberschreitendeVertrieb beschränkt sich nicht nurauf Europa: Viele Fondsverwalter le-gen luxemburgische Ucits-Fonds

auch zum Vertrieb in Asien, Latein-amerika oder dem Mittleren Ostenauf.

Trotz – oder gerade wegen – derderzeit schwierigen Situation an denFinanzmärkten sowie der Schulden-krise in Europa hat der Verwaltungs-rat des luxemburgischen Fondsver-bands im September 2011 einen aufvier Jahre angelegten Aktionsplanverabschiedet, der auf dem Ver-trauen in die Erfahrung des Fonds-platzes mit seinen hochwertigenDienstleistungen und der konstrukti-ven Zusammenarbeit mit nationalenEntscheidungsträgern basiert. Einesvon fünf Zielen ist es, die führendeRolle von Ucits-Fonds beim Anleger-schutz zu gewährleisten. Im Hin-blick auf anstehende gesetzliche Än-derungen gilt es vor allem, ein ange-messenes Maß an Regulierung zu fin-den, das einerseits dem Schutz derInvestoren hinreichend Rechnungträgt und andererseits die MarkeUcits nicht durch zu weitgehende Be-schränkungen beeinträchtigt.

Anlegerschulung essenziell

Neben der Weiterentwicklung derKontrollbefugnisse der nationalenAufsichtsbehörde CSSF sind auchder Dialog mit Anlegerschutzverbän-den sowie die Schulung der Anlegerselbst von Bedeutung, damit sie inder Lage sind, für sie angemesseneAnlageentscheidungen zu treffen.Alfi wird dazu beitragen, die Öffent-lichkeit über die dazu von der Fonds-industrie unternommenen Aktivi-täten aufzuklären. Um sicherzustel-len, dass Ucits im Anlegerschutzführend bleiben, sollen laut Aktions-plan bestehende Verhaltensnormenund Best-Practice-Richtlinien für dieIndustrie regelmäßig aktualisiertwerden.

Aufgrund der beschriebenen Ent-wicklung ist Luxemburg bestrebt, al-ternativen Investmentfonds (AIF)dieselben positiven Voraussetzun-gen zu bieten. Damit soll sich der Er-folg bei der Auflage und dem Ver-trieb dieser Fonds im besten Fallewiederholen. Entscheidend wird esinsofern auf die schnelle und prag-matische Umsetzung der von der EUim Juli 2011 veröffentlichten Richtli-nie über die Verwalter alternativerInvestmentfonds ankommen. Diesesogenannte AIFM-Richtlinie erfasstManager all jener Fonds, die nichtunter die Ucits-Richtlinie fallen, zumBeispiel Immobilienfonds, Hedge-fonds oder Risikokapitalfonds.

Risiko einschätzen können

Alternative Investmentstrategienwerden oftmals zur Absicherung vonRisiken etwa an Währungs- oderRohstoffmärkten verfolgt. In der Re-gel investieren in diese Fonds institu-tionelle oder andere sachkundige An-

leger, die das mit der Investition indiese spezifischen Bereiche verbun-dene Risiko richtig einschätzen kön-nen. Aber auch Privatkunden kön-nen ihr Geld teilweise in AIF anle-gen, um andere Schwerpunkte in ih-rem Portfolio zu setzen.

Dennoch hat die Finanzkrise ge-zeigt, dass der Bereich alternativerInvestments nicht einheitlich gere-gelt ist und daher europaweit harmo-nisiert werden sollte. Die neu verab-schiedeten Regeln haben wiederumEinfluss auf die bestehende Ucits-Ge-setzgebung, beispielsweise im Hin-blick auf die Regelungen zur Verwah-rung des Fondsvermögens durch De-potbanken.

Zusätzliche Spezialisten

Der Aktionsplan von Alfi siehtdaher als ein weiteres Ziel vor, dieEntwicklung von alternativen regu-lierten Investmentfonds mit Hilfeder AIFM-Richtlinie zu unterstützen.Um dies zu erreichen, muss Luxem-burg die AIFM-Richtlinie nicht nureffizient und wirtschaftsfreundlichumsetzen, sondern auch weiterhinzusätzliche Spezialisten anwerben,um die Kompetenz für AIF in derBranche zu vergrößern. Wichtig istzudem der Ausbau der Zusammen-arbeit mit internationalen Fachgre-mien, Bildungs- und Forschungsinsti-

tuten und akademischen Netzwer-ken. Letztlich sollen alle maßgeblichBeteiligten über die Wettbewerbsvor-teile im Bereich AIF und über dasBekenntnis zur Einhaltung interna-tionaler Regeln auf dem Laufendengehalten werden.

Neben Ucits und AIF gibt es einendritten Bereich, auf den sich die lu-xemburgische Fondsindustrie in Zu-kunft verstärkt konzentrieren möch-te: sozial verantwortliche Fonds.Das Interesse ist groß, wie sich aufder von Alfi im Mai 2012 organisier-ten „Responsible Investing“-Konfe-renz gezeigt hat, bei der auch dieluxemburgische Regierung sowiedie großherzogliche Familie durchihre Anwesenheit und Vorträge ihre

Fortsetzung Seite B 3

VonMarc Saluzzi

Präsident desVerwaltungsrats desluxemburgischenFondsverbands Alfi

„Alternative Invest-mentstrategienwerden oftmals zurAbsicherung vonRisiken etwa anWährungs- oderRohstoffmärktenverfolgt.“

„Dabei geht derTrend weiterhin zumVermögenserhaltund zur Minimierungvon Risiken – werheute anlegt, möchtekein Geld verlieren.“

Vertrauen schaffen – vermögende Kunden gewinnenLeistungsportfolio der Commerzbank International umfasst vielseitige und flexible Produktlösungen rund um das Thema physische Edelmetalle

VonFalk Fischer

Chief Executive Officerder CommerzbankInternational S.A.

Aller guten Dinge sind dreiNeben Ucits und AIF wird sich die Fondsindustrie verstärkt auf sozial verantwortliche Fonds konzentrieren

„Der LuxemburgerFinanzsektor ist dervolkswirtschaftlicheSchwerpunkt imGroßherzogtum undbietet mit seinem inder Eurozone führen-den Wealth Manage-ment vermögenden,global agierendenPrivatkunden besteVoraussetzungen.“

B 2 Börsen-Zeitung Nr. 184 Sonderbeilage Sonnabend, 22. September 2012

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Fortsetzung von Seite B 2

Unterstützung ausdrückten. Die Teil-nehmer der jährlich stattfindendenKonferenz konnten sowohl über denMikrofinanzbereich als auch über so-zial verantwortliche Investmentsmehr erfahren.

Während sich die Mikrofinanz alswichtiges Instrument der Entwick-lungshilfe der Vergabe von Krediten,Sparbüchern und Versicherungen anarme Bevölkerungsschichten ver-schrieben hat, setzen sozial verant-wortliche Investitionen ihrenSchwerpunkt auf nachhaltige, sozialbewusste, ökologische oder ethischeWerte. Fonds sind dafür ein idealesAnlageinstrument, da sie verschie-dene Anlagewerte kombinieren undfür die nötige Risikostreuung sor-gen. Die Herausforderung für Fonds-manager liegt darin, neben den imVordergrund stehenden sozialenAspekten für zufriedenstellende Ge-winne zu sorgen.

Dementsprechend sieht das dritteZiel des Alfi-Aktionsplans die Anre-gung von Innovationen in diesem Be-reich sowie in der Altersvorsorgevor. Neuerungen können zum Bei-spiel durch eine verstärkte Zusam-menarbeit mit Bildungs- und For-schungsinstituten wie der Universi-tät von Luxemburg oder internatio-nalen akademischen Netzwerken vo-rangetrieben werden. Dazu soll dieEU in ihren Bemühungen zum lang-fristigen Sparen und sozial verant-wortlichen Investieren unterstützt

werden. Hierzu zählt der derzeitdiskutierte Vorschlag einer neuenVerordnung über europäische Fondsfür soziales Unternehmertum. Fürdas Wachstum des Sektors der soge-nannten Sozialunternehmen zu sor-gen wäre somit ein wertvoller Bei-trag, die von der Union verfolgtenZiele der Strategie Europa 2020 zuerreichen.

Als Botschafter fungieren

Die drei Säulen Ucits, AIF und so-zial verantwortliche Fonds könnennur dann erfolgreich beibehaltenund gefördert werden, wenn zweiweitere Punkte beachtet werden, dieZiel 4 und 5 des Aktionsplans ausma-chen: Zum einen will die luxembur-gische Fondsindustrie den grenz-überschreitenden Fondsvertrieb un-terstützen, indem sie unter anderemauf den von Alfi organisierten Aus-landsmissionen weiterhin als Bot-schafter für europäische Fonds fun-giert und die Gelegenheit nutzt,nach den spezifischen Bedürfnissender Investoren in Drittländern zu fra-gen und diese gleichzeitig überNeuerungen zu informieren. Zum an-deren soll gewährleistet werden,dass die Vermögensverwaltungs-branche Luxemburg auch in Zukunftals bevorzugten Partner ansieht undnutzt. Ein attraktiver und nachhalti-ger Steuer- und Rechtsrahmen trägthierzu ebenso bei wie der weitereAusbau einer hochmodernen Markt-infrastruktur.

Börsen-Zeitung, 22.9.2012Sah es vor ein, zwei Jahren noch soaus, als könnte die Finanzkrise baldüberstanden sein, so belehren unsdie derzeitigen Entwicklungen anden Märkten und die anhaltende Un-

sicherheit betreffend des weiterenVerlaufs der europäischen Schulden-krise eines Besseren. Das anhaltendeMisstrauen von Investoren und dieschwierige weltwirtschaftliche Situa-tion erhöhen den Wettbewerb zwi-schen den Finanzzentren dieserWelt.

Eine Reihe von Initiativen

Es gilt also, das luxemburgischeGeschäftsmodell an die neuen wirt-schaftlichen Herausforderungen an-zupassen, um eine nachhaltige Basisfür einen erfolgreichen Finanzplatzzu schaffen. Um den Finanzplatz Lu-xemburg weiter zu festigen, hat dieRegierung eine Reihe von Initiativenergriffen. Es gilt, Wettbewerbsvor-sprünge zu schaffen und das Finanz-zentrum gezielt zu diversifizieren.Die Regierung setzt dabei auf diekontinuierliche Verbesserung der

Rahmenbedingungen für die Ent-wicklung und den internationalenVertrieb neuer Produkte und Dienst-leistungen sowie auf die Gewährleis-tung des Anlegerschutzes.

Der Finanzplatz Luxemburg sollauch in Zukunft ein in-ternational ausgerich-teter Wirtschaftssektorsein, der weiterhin aufden fünf Aktivitätspfei-lern beruht: Investment-fonds, Vermögensver-waltung, internationa-les Kreditgeschäft, Ver-sicherungsgeschäft undFinanzierungslösungenfür strategische Projekte(Structured Finance).

Als weltweit größterInvestmentfondsstand-ort außerhalb der USA

ist das Großherzogtum einer der füh-renden Akteure in der kollektivenVermögensanlage. Annähernd 80 %der von den Fonds luxemburgischenRechts verwalteten 2,2 Bill. EuroAnlagevermögen entfallen dabei aufdie seit den achtziger Jahren EU-weit regulierten Organismen fürgemeinsame Anlagen in Wertpa-piere (OGAW), also eher „klassi-sche“ Investmentfonds.

Rasches Reaktionsvermögen

Jetzt gilt es, auch die alternativeInvestmentfonds-Industrie weiter zufördern. Mit dem raschen Reaktions-vermögen der Regierung bei derUmsetzung der europäischen AIFM-Richtlinie haben wir erneut unsereFähigkeit unter Beweis gestellt, ziel-gerichtet auf Änderungen zu reagie-ren. Und somit ist Luxemburg einesder ersten Länder, die vom neu

eingeführten europäischen Pass füralternative Anlageprodukte profitie-ren können. Nun kommt es auf dieAkteure des Platzes an, ihre Dienst-leistungen an die sehr spezifischenBedürfnisse der Anbieter solcherFonds anzupassen.

Wachstumspotenzial hat der Fi-nanzplatz Luxemburg ebenfallsnoch als Standort für Wagniskapital-und Private-Equity-Firmen. Mit derInvestmentgesellschaft für Investitio-nen in Risikokapital (Sicar), demSpezialfonds oder der Finanzbeteili-gungsgesellschaft (Soparfi) stehenunterschiedliche Anlagevehikel be-reit, die sich für Investitionen injunge, noch nicht börsennotierteUnternehmen nutzen lassen. Um die-sen Geschäftsbereich weiterzuent-

wickeln, soll auch der steuerlicheRahmen für Private-Equity-Verwal-ter angepasst werden.

Damit die Vermögensverwaltungden wachsenden Ansprüchen ihrerinternationalen Kundschaft auch inZukunft gerecht werden kann, wol-len wir die Palette der Produkte undDienstleistungen in diesem Bereichweiter ausbauen. So soll noch vorJahresende eine Gesetzesvorlage ver-abschiedet werden, mit der derrelativ neue, aber vielversprechendeGeschäftsbereich Family Office klareRahmenbedingungen erhält. Diesstellt nicht nur für Luxemburg eineInnovation dar, sondern ist aucheuropaweit eine Premiere. Der Be-griff Family Office ist in der Tat der-zeit noch nicht geschützt, sodassjeder in diesem Geschäftsbereichaktiv werden kann. Diese Tätigkeitist in der Vermögensverwaltungnoch über der klassischen Anlagebe-ratung angesiedelt und umfasst dievollumfängliche Wahrnehmung derfinanziellen und rechtlichen Interes-sen vermögender Individuen oderFamilien.

Seriosität gewährleisten

Unser Gesetzesvorhaben legt un-ter anderem fest, wer unter welchenVoraussetzungen in bzw. von Luxem-burg aus Family-Office-Dienstleistun-gen anbieten darf und welchenPflichten der Anbieter unterliegt. An-bieter von Family-Office-Dienstleis-tungen bedürfen darüber hinauskünftig einer Zulassung durch dieAufsichtsbehörde des Finanzsektorsund werden von dieser beaufsich-tigt. Ziel dieser gesetzgeberischenInitiative ist es, die Seriosität derDienstleister und die Qualität der

angebotenen Dienstleistungen zugewährleisten und so das Vertrauens-verhältnis zwischen Family Officesund ihren Kunden zu stärken.

Vermögensstiftungen im Fokus

Ein weiterer Mosaikstein in derAngebotspalette des Private Bankingsoll in absehbarer Zukunft auch eingesetzlicher Rahmen für Vermögens-stiftungen (Fondations Patrimonia-les) sein. Solche Vermögensstiftun-gen werden bereits seit langem inanderen Ländern angeboten und sol-len zukünftig auch in Luxemburgermöglicht werden, um die Struk-turierung des Vermögens zu opti-mieren.

All diesen Initiativen gemein istdas Bestreben, eine nachhaltigereEntwicklung des luxemburgischenFinanzsektors zu gewährleisten.Nachhaltigkeit ist dabei für uns weitmehr als ein Modewort oder ein Mar-keting-Slogan. Das Streben nachNachhaltigkeit soll in Zukunft dieEntwicklung des Finanzplatzes Lu-xemburg prägen. Die nachhaltigeEntwicklung des Finanzplatzes Lu-xemburg ist jedoch nur möglich,wenn verlässliche Rahmenbedingun-gen geschaffen werden und Verwal-tungen und Akteure dieses Ziel stetsgemeinsam verfolgen.

Eine Arbeitsgruppe mit Vertreternaus Banken, Asset Management, Be-rufsverbänden und staatlichen Ver-waltungen prüft derzeit, wie derbreite Bereich der „Socially Respon-sible Investments“ (SRI) unterstütztwerden kann. Seit längerem bereitsfördert Luxemburg den Mikrofinanz-sektor und philanthropisches Enga-gement. SRI oder der Ausbau desMikrofinanzsektors sind einzelne,

aber wichtige Schritte hin zu einemnachhaltigen Finanzsystem.

Heute unentbehrlich

Nachhaltigkeit im Finanzsektor istaber weit mehr als die Konzentra-tion auf die Finanzierung umwelt-freundlicher und sozialer Projekteoder Technologien. Nachhaltigkeitim Finanzsektor soll Synonym fürVertrauenswürdigkeit und Verant-wortlichkeit sein, denn diese funda-mentalen Elemente sind unabding-lich für einen international ausge-richteten und hochentwickelten Fi-nanzplatz, der sich in einer globali-sierten und vernetzten Welt stetigverbessern möchte.

Aller guten Dinge sind drei

VonLuc Frieden

Finanzministerdes GroßherzogtumsLuxemburg

Impressum

Börsen-ZeitungSonderbeilage

Finanzplatz LuxemburgAm 22. September 2012

Redaktion: Claudia Weippert-StemmerAnzeigen: Dr. Jens Zinke (verantwortlich)

Technik: Tom MaierTypografische Umsetzung: Klaus Jung

Verlag der Börsen-Zeitung in der HerausgebergemeinschaftWERTPAPIER-MITTEILUNGEN Keppler, Lehmann GmbH & Co. KG,

Düsseldorfer Straße 16, 60329 Frankfurt am Main,Tel.: 069/2732-0, (Anzeigen) Tel.: 069/2732-115,

Fax: 069/233702, (Vertrieb) 069/234173.Geschäftsführer: Ernst Padberg

Druck: Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH;Kurhessenstraße 4–6, 64546 Mörfelden-Walldorf

Nachhaltigkeit ist weit mehr als ein Marketing-SloganSynonym für Vertrauenswürdigkeit und Verantwortlichkeit – Fundamentale, unabdingbare Elemente für ein international ausgerichtetes Finanzzentrum

Großherzoglicher Palast Foto: ONT

Blick auf die Altstadtvon Luxemburg Foto: ONT

Sonnabend, 22. September 2012 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 184 B 3

Page 4: Finanzplatz Luxemburg

Börsen-Zeitung, 22.9.2012Europa steht an der Schwelle zumehr Integration! Angestoßene Ini-tiativen wie die Bankenunion oderder Fiskalpakt sind die schon heutesichtbaren Zwischenstationen aufdem Weg zu einer Wirtschaftsunion,die mehr sein will als die Währungs-union.

Unabhängig davon, ob wir alle da-von überzeugt sind, dass dies derrichtige Weg ist, um die aktuelleStaatsschuldenkrise zu lösen, istdoch die dahinterliegende tiefere Lo-gik unbestreitbar: Die StaatenEuropas verlieren in Teilen des glo-balen Wettbewerbs der Volkswirt-schaften an Bedeutung und eine Ver-tiefung der Europäischen Unionkann eine Lösung sein, diesem Be-deutungsschwund zu begegnen.

Moderne Marktplätze

Dies ist der politische Hinter-grund, vor dem auch die Dienstleis-tungen und Aktivitäten eines Finanz-platzes zu bewerten sind. Dabeikommt es erst einmal auf die Abgren-zung dieses vielschichtigen Labelsan: Finanzplätze sind moderne Markt-plätze. Hier treffen sich die Akteure,die ganze Volkswirtschaften finanzie-ren und in Schwung halten: Banken,

Investoren, Anleihe- und Wertpapier-emittenten, Versicherer, Vermögens-verwalter und viele mehr. Finanz-plätze führen damit das Angebotund die Nachfrage für Kapital zusam-men und sorgen für eine effizienteOrganisation der Kapitalströme.

Aus der Verwebung der Akteureund ihrem Zusammenwirken ergibt

sich eine im Sinne derSystemtheorie „emer-gente Ordnung“, einGanzes, das wider-standsfähiger ist alsseine einzelnen Teile.Dies macht umso deutli-cher, dass ein Finanz-platz weit mehr ist alsein Bankenzentrum. Zuwichtig und einfluss-reich sind die anderenAkteure geworden, alsdass Banken eine Prädo-minanz beanspruchenkönnten oder wollten.

Und weil ein Finanzzentrum mehrist als ein Bankenzentrum, kann einFinanzplatz auch eine glaubhafteund wesentliche Rolle spielen, wennes um die gewissenhafte Neugestal-tung der künftigen Architektur desFinanzsystems geht.

Frankfurt Main Finance kann da-bei die Plattformen und die Netz-werke bereitstellen, die den Diskursüber die künftige Systemarchitekturkanalisieren und ordnen. Es geht da-bei nicht um die Vertretung partiku-larer Einzelpositionen, sondern umdie Organisation eines sachorientier-ten Austauschs.

Informeller Roundtable

Ein zentrales Element dieser Stra-tegie ist der stetige Austausch mit an-deren führenden FinanzplätzenEuropas. So ist Frankfurt Main Fi-nance Gründungsmitglied eines in-formellen, regelmäßig stattfinden-

den Roundtables der europäischenFinanzplätze Frankfurt, München,Edinburgh, London, Luxemburg, Ma-drid, Paris und Stockholm. Anspruchder Gespräche ist nicht allein derreine Gedanken- und Erfahrungsaus-tausch, sondern auch die Entwick-lung konkreter Anknüpfungspunktefür die Zusammenarbeit. So gibt esbeispielsweise Kooperationsansätzebei Forschungsvorhaben oder auchim Bereich der Kommunikation.

Erst vor wenigen Wochen hatdieser „European Financial CentresRoundtable“ eine Podiumsdiskus-sion in Brüssel veranstaltet, auf derEU-Kommissar Michel Barnier die Er-öffnungsrede hielt. Barnier begrüßtedas gemeinsame Vorgehen der euro-päischen Finanzplätze: „Europas Fi-nanzzentren spielen eine wichtigeRolle, wenn es darum geht, dieneuen wirtschaftlichen Herausforde-rungen zu meistern“, sagte er in sei-ner Eröffnungsrede. Ein gesunder Fi-nanzsektor sei unabdingbar für dieFinanzierung von Wachstum.

Entfremdung durch Unwissen

Gleichzeitig stellte er die Frage,wie wir sicherstellen können, dassEuropas Finanzplätze in der Lagesind, die Herausforderungen vonheute besser zu bewältigen; näm-lich: die Wiederherstellung des Ver-trauens in die Finanzmärkte durcheine bessere Interaktion aller Nutzervon Finanzplätzen – seien es Unter-nehmen, Aufsichtsbehörden, Inter-mediäre oder Dienstleister. Und dasZusammenführen von langfristigemKapitalbedarf mit langfristigem In-vestitionsbedarf zur Unterstützungvon Wachstum und Investition.

Beispielhaft für die Beziehungender anderen europäischen Finanz-zentren untereinander verbindetden Finanzplatz Luxemburg mitFrankfurt ein gemeinsames Verständ-nis darüber, bei welchen vertrauens-bildenden Maßnahmen Kooperationsinnvoller ist als Wettbewerb.

So haben beide Finanzplatzorgani-sationen festgestellt, dass Unwissen,entstanden durch die mangelndeAuseinandersetzung mit Finanzfra-gen, eine der wesentlichen Ursachenfür die Entfremdung zwischen Fi-nanzindustrie und Anlegern ist. Des-halb sprechen sich beide Organisatio-nen beim Thema „Financial Educa-tion“ dafür aus, bereits in den Schu-len die Grundlagen für eine fun-dierte Bildung in Finanzfragen zu le-gen. In diesem Bereich sind bereitsgemeinsame Aktivitäten in Planung.

Auch herrscht mittlerweile an bei-den Standorten eine große Überein-stimmung darüber, dass Finanz-plätze durch ein komplementäresLeistungsangebot von Widersachernzu Partnern werden können bzw.vielfach bereits geworden sind. Dieslässt sich etwa am Beispiel der Invest-mentfondsindustrie nachvollziehen.

Sachgerechte Gespräche

Aber auch bei Fragen der Regulie-rung wollen die Finanzplätze zusam-menarbeiten – ohne dass gleich dievollständige Übereinstimmung in in-haltlichen Positionen angestrebtwürde. Stattdessen machen sich

auch die europäischen Finanzplätzeuntereinander das Arbeitsprinzipvon Frankfurt Main Finance zu eigenund etablieren gemeinsame Plattfor-men für die Erarbeitung von Lösun-gen; anstatt jeder für sich mit demAnspruch einer universellen Pro-blemlösung in den Diskurs zu treten.Ein beispielhaftes Format dafür sindorganisierte Dialogveranstaltungenzwischen der Finanzindustrie, ihrenNutzern (sprich: der Realwirtschaft)und Aufsichts- bzw. Regulierungsbe-hörden. Auf diese Weise werden un-ideologische und sachgerechte Ge-spräche ermöglicht.

So weit zum Thema Vertrauen.Die zweite Aufgabe, die Barnier zu-letzt immer wieder für die Finanz-branche formuliert hatte, besteht inder Finanzierung von Wachstum. Indieser Aufgabenstellung spiegeltsich letztlich die klare Aufforderungan die Finanzwirtschaft wider, sichauf ihre ursprüngliche Kernfunktionzurückzubesinnen: der Realwirt-schaft dienen. Hier arbeiten die euro-päischen Finanzplätze ebenfalls da-ran, die Finanzwirtschaft und ihreNutzer wieder intensiver miteinan-der in Resonanz zu versetzen.

Die stärkere Fokussierung auf dieRealwirtschaft folgt aber nicht bloßdem erhobenen Zeigefinger von Ge-sellschaft und Regulierern – sie istzugleich essenzieller Teil einer chan-cenorientierten Sichtweise auf dieWeltwirtschaft. So bieten gerade dieVolkswirtschaften in den Emerging

Markets gigantische Geschäftspoten-ziale, bei deren Erschließung die Fi-nanzplätze die nötigen Dienstleistun-gen und Produkte zur Verfügung stel-len müssen.

Aber auch für die europäischen Fi-nanzplätze selbst sind es gerade dieFinanzplätze der aufstrebenden Na-tionen, die „Emerging Financial Cen-ters“, die im Sog der Dynamik ihrerVolkswirtschaften zu immer stärke-ren Wettbewerbern werden. Für unsEuropäer bedeutet das eine kom-plexe Herausforderung: Es geht näm-lich nicht ausschließlich darum, die

Geschäftschancen zu erschließenund die eigene Wettbewerbspositionzu festigen, sondern ebenso darum,die aufstrebenden Zentren als wert-volle Dialogpartner zu pflegen.Diese Aufgabe kann nur gelingenmithilfe eines, wo möglich, komple-mentären Leistungsangebots und ei-

ner Zusammenarbeit in übergeord-neten Arbeitsbereichen wie For-schung oder Kommunikation.

Sinnvolle Richtung vorgeben

Um kein Missverständnis aufkom-men zu lassen: Ein vollständig inte-grierter und einheitlicher Finanz-platz „Europa“ kann weder wirt-schaftlich effizient noch ordnungspo-litisch erstrebenswert sein, sondernlediglich die sinnvolle Richtung vor-geben. Auch weiterhin wird es für je-den einzelnen Finanzplatz darum ge-hen, seine eigenen Kernkompeten-zen optimal zu entwickeln. BeiFrankfurt ist es beispielsweise dieeinzigartige Expertise in den The-menfeldern Risikomanagement undRegulierung, wo sich die Mainmetro-pole als globales „Center of Excel-lence“ positioniert. Auch ist ein leb-hafter Wettbewerb unter den Finanz-plätzen weiterhin im ureigensten In-teresse von Politik und Realwirt-schaft, die nach innovativen, transpa-renten und fair gepreisten Produk-ten und Dienstleistungen verlangen.

So wie die Währungsunion sichauf einem Weg zu einer Wirtschafts-union befindet, tarieren die europäi-schen Finanzplätze das Verhältnisvon Wettbewerb zu Kooperation un-tereinander neu aus. Luxemburgund Frankfurt sehen sich dabei ausder Tradition ihrer langjährigen en-gen Verbindung heraus an derSpitze der Bewegung.

Festung „Dräi Eechelen“ und im Hintergrund das moderne, vom chinesischen Stararchitekten Ieoh Ming Peikonzipierte Museum „Musée d’Art Moderne – Mudam“ unweit des Europaviertels auf dem Kirchberg Foto: ONT

„Wir wollen bleiben, was wir sind“ – Luxemburg passt sich deshalbimmer schnell neuen Trends an Foto: ONT

VonLutz Raettig

Sprecherdes Präsidiums vonFrankfurt MainFinance e.V.

Auf dem Weg zum europäischen FinanzplatzLuxemburg und Frankfurt sind sich darüber einig, bei welchen vertrauensbildenden Maßnahmen Kooperation sinnvoller ist als Wettbewerb

„Auch weiterhinwird es für jedeneinzelnen Finanzplatzdarum gehen, seineeigenen Kernkompe-tenzen optimalzu entwickeln.“

B 4 Börsen-Zeitung Nr. 184 Sonderbeilage Sonnabend, 22. September 2012

Page 5: Finanzplatz Luxemburg

Börsen-Zeitung, 22.9.2012Die Finanzwelt durchquert weiter-hin turbulente Zeiten im Jahre 5nach der Lehman-Pleite. Es scheintfast, als hätte sich die Mehrzahl derAnleger den unsteten Marktverhält-nissen angepasst, derweil die schwie-rigen wirtschaftlichen Rahmenbedin-

gungen weiterhin für viel Unsicher-heit sorgen. Die Kommission in Brüs-sel wie auch die europäischen Markt-regulatoren üben sich in einer nichtenden wollenden Vielfalt von Rege-lungen und Richtlinien, die alle di-rekt oder indirekt Einfluss auf das Ka-pitalmarktgeschehen haben undmehr oder minder die zukünftige Or-ganisation der Märkte und die Ab-wicklung der Finanztransaktionenbeeinflussen werden.

Für einen internationalen Börsen-platz gilt es in dieser Phase, die Situa-tion richtig einzuschätzen, Signalefrüh zu erkennen und die daraus re-sultierenden Auswirkungen auf dieMärkte nach Möglichkeit vorwegzu-nehmen.

Internationale Notierungen

Seit fast 50 Jahren zählt die Notie-rung von internationalen Wertpapie-ren zum Kerngeschäft der Luxembur-ger Börse. Emittenten aus der gan-zen Welt richten sich an Luxemburg,um ihre Wertpapiere an der hiesigenBörse zum Handel zuzulassen, darun-ter auch ein Großteil der Dax-Kon-zerne sowie zahlreiche Emittentenaus dem deutschen Mittelsegment.

Mit derzeit fast 45 000 notiertenWertpapieren, davon 37 000 Anlei-hen aus über 100 Ländern, zeichnetsich gegenwärtig ein stabiles Bild,obwohl die Euro-Schuldenkrise dieAnleihetätigkeit an den internationa-len Kapitalmärkten stark beeinflussthat. Jahrzehntelanges Know-how,eine effiziente Abwicklung der ent-sprechenden Prüf- und Zulassungs-prozesse und eine hochmoderne IT-Infrastruktur gepaart mit einer ver-lässlichen Qualitätskontrolle der

Wertpapierinformationen machenLuxemburg weltweit zur Referenz-börse in diesem Geschäftsbereich.

Finesti seit 1995 aktiv

Seit ihrer Gründung im April 1995ist Finesti, eine börseneigene Filiale

der Luxemburger Fonds-industrie, auf die Zentra-lisierung, die Aufberei-tung und den Vertriebvon Fondsinformatio-nen spezialisiert. Dieseumfassen kursrelevanteund rechtlich vorge-schriebene Daten undDokumente wie Nettoin-ventarwerte, Ad-hoc-In-formationen, Verkaufs-prospekte, Jahres- undHalbjahresberichte so-wie seit 1. Juli 2012auch sogenannte KIIDs

(Key Investor Information Docu-ments).

Kapazitätsstarke Technologien ge-währen den permanenten Informati-onsfluss dieser Fondsdaten zwischenden verschiedensten Akteuren desFondsgeschäfts. Dazu gehören Fonds-initiatoren, Verwaltungszentralen,Vertriebsnetze, Aufsichtsbehörden,Medien und Anleger. Finesti bietethierzu eine kundenorientierte undweitläufige Produkt- und Servicepa-

lette an, die in Echtzeit jederzeitübers Internet zugänglich ist(www.finesti.com).

Zahlenmäßig dargestellt bedeutetdies, dass die Datenbank von FinestiEnde Juli 2012 über 50 000 Nettoin-ventarwerte der in Luxemburg regis-trierten Investmentfondsklassen undweit über 200 000 Fondsdokumentebearbeitet hat. Somit zählt Finesti zuden derzeit europaweit einzigar-tigen Informationsplattformen, dieeinen derartigen Service anbieten.

Über 150 000 KIIDs

Die KIID-Vorschrift stammt ausder Richtlinie für Organismen für ge-meinsame Anlagen in Wertpapieren(OGAW) der Europäischen Unionund trat in allen EU-Ländern zum1. Juli 2012 in Kraft. Der Emittentmuss für jede Fondseinheit ein KIIDerstellen, das wichtige Fondsanalyse-daten enthält und den Anleger überdie verschiedenen Schlüsselaspektedes Investmentfonds sowie dessenPerformance informieren. Lizenz-

inhaber für Anlageberatung undFondsvermittler müssen beim Ver-trieb von Fondsanteilen den vorge-schriebenen KIID-Standard einset-zen, um Informationen transparen-ter und vergleichbarer zu gestalten.Dies ersetzt den vereinfachten Ver-kaufsprospekt.

Seit Einführung dieser Vorschriftspeichert Finesti über 150 000 KIIDs,die an Aufsichtsbehörden in 30 euro-päischen Ländern und an viele an-dere Beteiligte des Fondsgeschäftsimmer aktuell übermittelt werden.Somit ist Finesti der größte Anbietersolcher Informationen und unter-nimmt zurzeit große Anstrengun-gen, um einen höchstmöglichen Qua-litätsstandard zu gewährleisten, der-weil der Umfang der abgedecktenFonds im Wochenrhythmus wächst.

Projekt FMI gestartet

Die Einführung der Ucits-IV-Richt-linie sowie die daraus erwachsenenErwartungen werden den grenzüber-schreitenden Fondsvertrieb verän-dern. Vor allem aber wirkt sich einefehlende Standardisierung im Be-reich der effizienten Durchführungvon Kauf- und Verkaufsorder und dendazugehörenden Meldepflichten ne-gativ auf die Kostenstruktur derBranche aus. Aufbauend auf diesenErkenntnissen hat die LuxemburgerBörse in Zusammenarbeit mit denHauptakteuren des Fondssektors inLuxemburg das Projekt „Fund Mar-ket Infrastructure“ (FMI) gestartet.

Es handelt sich hierbei um einezentrale Transaktionsplattform fürdie standardisierte Abwicklung derAusgabe und des Wiederverkaufsvon Investmentfonds. Bereits bes-tens positioniert in der Zentralisie-rung und Aufbereitung von Informa-tionen und finanziellen, rechtlichenund kommerziellen Fondsdatendurch ihre Filiale Finesti, wird dieBörse eine neue zentrale Ausfüh-rungsplattform erstellen, um dengrenzüberschreitenden Vertrieb vonInvestmentfonds zu vereinfachenund kostengünstiger zu gestalten.

Der Unterstützung gewiss

Die Umsetzung dieses Projekteswurde im Mai dieses Jahres vom Ver-waltungsrat der Luxemburger Börsegenehmigt. Hiermit hat die Börsedie Unterstützung ihrer Hauptaktio-näre und der wichtigsten Akteureder Luxemburger Fondsindustrie,um diese zukunftsweisende Infra-struktur zu entwickeln und im Laufedes nächsten Jahres an den Markt zubringen.

In einer ersten Phase konzentriertsich dieses Projekt auf alle in Luxem-burg registrierten Fonds, die bereitsintegral auf der Finesti-Plattformgespeichert werden. Eine interna-tionale Erweiterung der Fondsge-schäfte über die FMI-Plattform aufpotenzielle Märkte in Asien oder La-teinamerika ist für die zweite Phasedes Projekts vorgesehen. Entschei-dend für den Erfolg dieser Plattformist, die Unterstützung der lokalenFondsakteure zu haben, und sicher-zustellen, dass sie als effiziente Lö-sung vom Markt adoptiert wird,auch im Hinblick auf weiter wach-

sende Bedürfnisse bzw. Auflagen imBereich „Reporting“.

Die Transparenz-Richtlinie regeltdie umfassende, zutreffende undrechtzeitige Offenlegung von Infor-mationen über/durch Emittenten,deren Wertpapiere an einem geregel-ten Markt der Europäischen Unionnotiert sind. Wichtiges Ziel der Richt-linie ist es, durch die Offenlegungder geforderten Informationen einhohes Maß an Anlegerschutz zu ge-währleisten sowie für leistungsfä-higere Märkte und eine einheitliche

Anwendung der Vorschriften zusorgen.

Um den Transparenzvorschriftendieser europäischen Richtlinie zu

entsprechen, bietet die Luxembur-ger Börse den Emittenten einen offi-ziellen Speicher- und Veröffentli-chungsmechanismus für alle publika-tionspflichtigen Informationen vonbörsennotierten Wertpapieren an.Von der staatlichen Aufsichtsbe-hörde offiziell anerkannt, ist die Lu-xemburger Börse momentan nochimmer der einzige BörsenmarktEuropas, der über einen solchen Ser-vice verfügt.

Börsen werden neu entdeckt

Die Liberalisierung der Kapital-märkte seit Beginn der neunzigerJahre hat unweigerlich zu einerexplosionsartigen Entwicklung desGeschäfts geführt, begleitet von je-nen Ausuferungen, die mittlerweilezur Genüge bekannt sind. Die Be-kämpfung der Folgen der Finanz-krise und die daraus resultierendeWelle von Regulierungsinitiativenund neuen Richtlinien werden dasKapitalmarktgeschehen auf Dauergrundlegend verändern. Eine kon-trollierte Entwicklung der Ge-schäfte, welche transparent und zubestmöglichen Konditionen abge-wickelt und gleichzeitig vollständigerfasst werden, um eine effizienteKontrolle der Aufsichtsbehörden zu

ermöglichen, ist ein Szenario, aufdas wir hinsteuern.

In dem Zusammenhang wird mandie Börsen und ihre Fähigkeiten neuentdecken, besonders jene, die die-

sem geänderten Umfeld in der An-passung ihrer Dienstleistungen Rech-nung getragen haben oder werden.Die Luxemburger Börse sieht dieserEntwicklung mit Zuversicht entge-gen und wird sich weiterentwickelnim Bewusstsein der verändertenMarktstrukturen, besonders imBereich Finanz-Datamanagementsowie im fokussierten Transaktions-management.

„Die Bekämpfungder Folgen der Finanz-krise und die darausresultierende Wellevon Regulierungs-initiativen und neuenRichtlinien werdendas Kapitalmarktge-schehen auf Dauergrundlegend ver-ändern.“

„Seit fast 50 Jahrenzählt die Notierungvon internationalenWertpapierenzum Kerngeschäftder LuxemburgerBörse.“

VonRobert Scharfe

Chief Executive Officerder Luxemburger Börse

Börse begegnet dem Wandel der Märkte mit ZuversichtSituation in turbulenten Zeiten richtig einschätzen – Signale frühzeitig erkennen und Auswirkungen nach Möglichkeit vorwegnehmen

In der Finesti-Datenbankerfasste InformationenJuli 2012Daten und Dokumente AnzahlProspekte 20 093KIIDs 153 998Jahresberichte 22 245Halbjahresberichte 22 174Nettoinventarwerte 50 628Total 269 138 Börsen-Zeitung

Wir schaffen einezentrale Ausführungs-plattform, um dengrenzüberschreiten-den Vertrieb vonInvestmentfondskostengünstiger zugestalten.

Imposantes Eingangsportal der Luxemburger Börse Foto: Luxemburger Börse

Sonnabend, 22. September 2012 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 184 B 5

Page 6: Finanzplatz Luxemburg

Börsen-Zeitung, 22.9.2012Die Fondsindustrie hat sich in ihrenersten 20 Jahren ohne weitgehenderegulatorische Anpassungen stetigweiterentwickelt. Seit einigen Jah-ren aber unterliegt die Industrie ei-

ner ganzen Flut von regulatorischenAuflagen: Dazu zählen Regeln zuPRIPs (Packaged Retail InvestmentProducts) und Ucits IV, Mifid II, RDR(Retail Distribution Review), die Vol-cker Rule, Fatca und die Anpassungder EU-Savings-Directive.

Eine der wichtigsten Initiativender Fondsindustrie ist die Alterna-tive Investment Fund Managers Di-rective (AIFMD). Ihr Ziel ist es, denSektor der alternativen Fonds besserzu regulieren und hier ein Gegenge-wicht zu den Ucits-Strukturen zuschaffen. Im Gegensatz zu Ucits istdie AIFMD aber keine Produktericht-linie. Sie reguliert vielmehr das Port-foliomanagement und hat daher grö-ßere Auswirkungen auf die gesamteFondsindustrie.

Die AIFM-Direktive ist die Ant-wort der Aufsichtsbehörden auf Pro-bleme während der Finanzkrise imBereich alternative Fonds (zum Bei-

spiel der Lehman-Konkurs oder Ma-doff). Klare Regeln sollen für mehrTransparenz für die Investoren sor-gen – mit dem Ziel, im Laufe der Zeiteine „AIF“-Marke analog zur Ucits-Marke in der Fondsindustrie zu etab-

lieren und diese Fondsanalog zu den Ucits-Strukturen weltweit ver-treiben zu können.

Somit wird die AIFM-Direktive sicherlich ei-nen maßgeblichen struk-turellen Einfluss auf dieFondsindustrie haben,und dies nicht nur inEuropa, sondern welt-weit. Hier besteht ein er-heblicher Unterschiedzu Ucits. Da im Mittel-punkt der AIFMD derFondsmanager steht,wird diese Direktive

nicht nur in der EuropäischenUnion, sondern auch bei nichteuro-päischen AIFM und Alternative In-vestment Funds (AIF) Wirkung zei-gen. Die Direktive deckt alle alterna-tiven Fonds wie Hedge Funds, Fundsof Hedge Funds, Private Equity undReal-Estate-Strukturen ab sowie wei-tere Fonds, die nicht als Ucits ge-führt werden.

Wer ist ein AIFM?

Wer ist aber nun ein sogenannterAlternative Investment Fund Mana-ger? Dies kann jegliche juristischePerson sein, die einen oder mehrereAIFs verwaltet. Die Direktive enthältKriterien, die vom Manager erfülltwerden müssen, damit er als AIFMqualifiziert ist. Dazu zählen vor al-lem interne Anforderungen in Bezugauf Depotbankverantwortung, Kapi-

talanforderungen, Risikomanage-ment und einen allfälligen Interes-senkonflikt. Ebenfalls dazu zähleninterne Regeln in Bezug auf Delega-tion und Bewertungsagenten sowie„Leverage & Transparency“-Regeln.

Der größte Effekt wird bei denPortfoliomanagern zu spüren sein,aber auch bei Dienstleistern wird esinterne Auswirkungen geben. Hierhat Luxemburg die Möglichkeit,zusätzliche Marktvolumina zu ge-winnen. Denn durch die Erfolgs-geschichte mit Ucits konnte einErfahrungsschatz aufgebaut werden,der dem Land in Zukunft auch imAIF-Bereich von Nutzen sein wird.

Trends zuvorgekommenIn den letzten Jahren ist Luxem-

burg öfters einem Trend zuvorge-kommen und hat in vielen Bereichender Fondsindustrie eine Vorreiter-rolle gespielt. Dies ist ein entschei-dender Vorteil und erklärt auch den

aktuellen Erfolg im Ucits-Bereich. Sohat Luxemburg lange vor der AIFM-Direktive, nämlich bereits 2007, einGesetz verabschiedet, um die alter-nativen Fonds zu regulieren: dasGesetz über Specialised Investment

Funds (Sifs). Unter den Sifs findetman bereits heute die gleichen Struk-turen, die auch von der AIFMD abge-deckt werden, also Private Equity,Real Estate, Hedge Funds usw.

Mit diesem Sif-Gesetz hat dasGroßherzogtum seine Position imBereich der alternativen Fonds signi-fikant ausgebaut. Durch eine An-passung mit klaren Richtlinien in Be-zug auf Risikomanagement, Interes-senkonflikt und Überwachung der„Well Informed Investors“ wurdedas Gesetz im März 2012 noch ein-mal verstärkt. Per 31. Dezember2011 gab es in Luxemburg 1374 Sif-Strukturen mit einem Gesamtvolu-men von nahezu 240 Mrd. Euro.

Über die letzten Jahre hat sich derTrend verstärkt, Offshore-Struktu-ren in Luxemburger Strukturen zu in-tegrieren, da das Vertrauen in dieseStrukturen größer war. Parallel dazuhaben sich die Strukturen derManagement Company stark verbes-sert. Luxemburg bietet mit den Ma-nagementgesellschaften nach Chap-ter 15 bzw. Chapter 16 zwei Struktu-ren, die einen großen Teil der neuenAIFM-Direktive bereits abdeckenund so einen Vorsprung gegenüberanderen Ländern aufweisen.

Nicht auf Lorbeeren ausruhenMan kann heute getrost sagen,

dass die Sif-Gesetzgebung den über-wiegenden Teil der AIFMD-Anforde-rungen abdeckt, sodass das Groß-herzogtum sich jetzt auf die zusätz-lichen Anforderungen konzentrierenkann. So wird die AIFMD genutzt,um andere Bereiche im Alternative-Funds-Bereich wie zum Beispiel dieGeneral Partners zu regulieren. Dieszeigt, dass Luxemburg auch in die-sem Sektor einen Schritt voraus ist.

Das Land muss sich jedoch be-wusst sein, dass es sich nicht auf sei-nen Lorbeeren ausruhen kann.Schon bei Ucits IV und dem Manage-ment Company Passport wurdenBefürchtungen laut, dass Luxem-

burg an Bedeutung und Markt-anteile verlieren könnte. Bis anhinhaben sich diese Befürchtungenjedoch nicht konkretisiert. Mit derEinführung der AIFMD besteht dieseGefahr erneut.

Luxemburg sollte sich deshalbganz auf seine Stärken konzentrie-ren, die vor allem in den operativenTätigkeiten liegen. Hier gilt es, sichin erster Linie auf die hochwertigenAufgaben zu konzentrieren. Bei-spielsweise sind Compliance- undRisikomanagement-Tätigkeiten zubeachten. Gleichzeitig müssen wich-tige Funktionen wie das Portfolioma-nagement wieder vermehrt nachLuxemburg gebracht werden, dasonst im Laufe der Zeit die Gefahrbesteht, das ganze Geschäftsfeld zuverlieren. Aufgrund des hohen Kos-tendrucks bestünde dann das Risiko,dass einfache operative Aktivitätenin Billigländer verlagert würden.

Ein Problem, dem sich Luxemburgstellen muss, sind die limitiertenRessourcen am Arbeitsmarkt. Es istunbedingt erforderlich, ein Umfeldzu schaffen, das es für Spezialistenattraktiv macht, im Großherzogtumzu arbeiten. Auch die neue Univer-sität müsste sich den Bedürfnissender Fondsindustrie anpassen.

Viele Gründe sprechen dafür, dassLuxemburg auch weiterhin eine do-minante Rolle in der Fondsindustriespielen wird. Das Land hat weltweitdie größte Erfahrung in der Fonds-branche. Es verfügt technisch, opera-tiv und in puncto Gesetzgebungüber die bestmögliche Infrastruktur,um die künftigen Anforderungender AIFMD zu erfüllen. Zudem sindqualifizierte Mitarbeiter vorhanden,um all diese Auflagen im Interesseder Investoren umzusetzen.

Aufgrund der Größe des Landesbestehen enge Verbindungen zwi-schen allen Beteiligten. Dies erlaubtes, flexibel und schnell auf alleMarktveränderungen zu reagieren.Außerdem ist der Regierung be-wusst, dass die Fondsindustrie einewichtige Säule der LuxemburgerWirtschaft repräsentiert. Deshalb un-ternimmt sie alles, um den Marktteil-nehmern die richtige Infrastrukturfür den Ausbau ihrer Tätigkeiten zurVerfügung zu stellen.

Optimistisch gestimmtVor diesem Hintergrund bin ich

zuversichtlich, dass Luxemburg inZukunft eine führende Position imBereich AIF einnehmen und sich inEuropa als Kompetenzzentrum etab-lieren wird, ebenso wie im BereichUcits. In einigen Jahren wird danndie Marke AIF möglicherweise mitLuxemburg assoziiert.

Börsen-Zeitung, 22.9.2012Die Frage, wie ein nachhaltigesFinanzwesen aussehen soll, kommtimmer öfter auf. Im Gegensatz zurIndustrie wird die Finanzwirtschaftkaum mit ökologischen Themen wieUmweltverschmutzung oder derEmission von Treibhausgasen in Ver-

bindung gebracht, sie verbrauchtauch nur relativ wenig Energie undpraktisch keine natürlichen Ressour-cen, und Abfallberge produziert sieauch keine.

Mangels einer allgemein akzeptier-ten Definition eines nachhaltigenFinanzwesens konzentrierten sichdie bisher ergriffenen Maßnahmenzur Förderung einer nachhaltigerenFinanzwirtschaft daher überwie-gend auf die Kredit- und Finanzie-rungspolitik der Institute. So verab-schiedeten im Jahre 2003 mehr als100 internationale Nichtregierungs-organisationen und soziale Bewe-gungen die Deklaration von Bern, inder sie die Banken aufforderten, ihrEngagement zu einer nachhaltige-ren Entwicklung dadurch auszudrü-cken, dass sie die Respektierung öko-logischer Grenzen, den sozialen Aus-gleich und die Gerechtigkeit in derWirtschaft vollständig in ihre Fir-menstrategien einbauen und in allenKerngeschäftsbereichen (Kredit, In-vestition, Vermittlung und Beratungetc.) umsetzen.

Ansatz greift zu kurz

Die Berücksichtigung ökologi-scher und sozialer Aspekte durchden Finanzsektor ist zweifellos zu be-grüßen. Dieser Ansatz greift jedochzu kurz und vernachlässigt dieeigentliche Herausforderung, diesich dem Finanzsektor stellt.

Einem Unternehmen, das Regen-wälder abholzt, einen Kredit zu ver-weigern, macht den Finanzbereich

nicht nachhaltiger. Auch wird ernicht dadurch nachhaltiger, dass ersich auf die Finanzierung von Solar-stromanlagen konzentriert. Einewirklich nachhaltige Ausrichtungreicht über das reine Risikomanage-ment hinaus, das lediglich daraufausgerichtet ist, negative externe

Auswirkungen seiner Tä-tigkeit so weit wie mög-lich zu vermeiden.

Sie reicht auch überdie veraltete, aber immernoch sehr verbreitetephilanthropische Auffas-sung hinaus, ein Unter-nehmen müsse „der Ge-sellschaft etwas zurück-geben, in der es han-delt“. Ein nachhaltigesFinanzwesen ist auchweit mehr als eine neueMarktnische, in der sichmit „grünen“ Produkten

für Umweltschützer und Weltverbes-serer gutes Geld verdienen lässt.

Ein nachhaltiges Finanzwesenagiert nicht als barmherziger Spen-der, sondern als verantwortlicherWirtschaftsakteur. Ein nachhaltigesFinanzwesen ist ein stabiles Finanz-wesen. Denn nur ein solches kannVertrauen erzeugen – bei seinen Kun-den, bei seinen Mitarbeitern, bei denInvestoren, bei der Allgemeinheit.Und Vertrauen ist für den Finanz-sektor die „licence to operate“, dieLizenz zum Arbeiten.

Alle sind verantwortlich

Nun wäre es jedoch falsch zu glau-ben, ein nachhaltigeres Finanz-wesen zu schaffen liege in der alleini-gen Verantwortung der Banken undFinanzinstitute. Wenn wir unter ei-nem nachhaltigen Finanzsystem einstabiles Finanzsystem verstehen,stehen wir alle in der Verantwortung:� die Banker, natürlich, indem sie

ihre Geschäftspolitik stärker aufeine solide langfristige Entwick-lung als auf kurzfristige Gewinneausrichten;

� die Aktionäre der Finanzinstitute,indem sie auf Vergütungssyste-men bestehen, die deren Managerfür langfristiges Wachstum eherbelohnen als für kurzfristige Ge-winne;

� die Gesetzgeber, indem sie Rah-menbedingungen schaffen, diezwar geschäftsfördernd sind, abergleichzeitig die Möglichkeit bie-

Fortsetzung Seite B 8

„Aufgrund derGröße des Landesbestehen engeVerbindungenzwischen allenBeteiligten.“

VonJean-Jacques Picard

Head ofCommunicationbei Luxembourgfor Finance

Die AIFMD – eine Chance für LuxemburgIn einigen Jahren könnte die Marke AIF durchaus mit dem Großherzogtum assoziiert werden

VonJean-Paul Gennari

Chief Executive Officerder Credit Suisse FundServices (Luxembourg)S.A.

„Luxemburg solltesich deshalb ganz aufseine Stärken konzen-trieren, die vor allemin den operativenTätigkeiten liegen.“

Weit mehr alseine neue Marktnische

Nachhaltiges Agieren erfordert Mut und Überzeugung

B 6 Börsen-Zeitung Nr. 184 Sonderbeilage Sonnabend, 22. September 2012

Page 7: Finanzplatz Luxemburg

Börsen-Zeitung, 22.9.2012Wie jeder Wirtschaftszweig siehtsich die Private-Equity-Branche ein-gebunden zwischen verschiedenenStakeholdern und deren eigenen Zie-len: Private-Equity-Häuser verfolgen

eine operative Wertschöpfung undlangfristige Investorenbindung. Ziel-unternehmen suchen Kapital undManagement-Know-how. Investorenfragen nach Rendite und Transpa-renz. Die Finanzmarktaufsicht for-dert in Form von Regulierung Stabili-tät und Transparenz und zählt damiterst seit Kurzem zu den formalisier-ten Stakeholdern der Private-Equity-Branche. Regierungen erkennenangesichts dramatischer Staatsver-schuldung die volkswirtschaftlicheBedeutung von Private Equity undarbeiten zunehmend an einer För-derung der Branche als Katalysatorzur Kapitalbeschaffung für Unter-nehmen.

In Luxemburg spielt PrivateEquity seit mehr als 30 Jahren einewesentliche Rolle und wird seit je-her in einem Rahmen gefördert, derden Anforderungen aller Stakehol-der-Gruppen bestmöglich ent-spricht. Mehr als 30 000 Holdingge-sellschaften (Soparfi – Société deParticipations Financières) dienender effizienten Strukturierung inter-nationaler Transaktionen und wer-

den seit Jahrzehnten von Private-Equity-Häusern weltweit genutzt.

Als regulierte Anlagevehikel sindSicar (Investmentgesellschaft zurAnlage in Risikokapital) sowie SIF(spezialisierter Investmentfonds)

seit 2004 bzw. 2007 imeuropäischen und globa-len Umfeld etabliert undgeschätzt. Die wesentli-chen Vorteile von Sicarund SIF beruhen aufsteuerlicher Neutralität,der Möglichkeit einer fle-xiblen Strukturierung so-wie auf operationellerEffizienz beispielsweisedurch die gesetzlich ver-ankerte Befreiung vonKonsolidierung. BeideVehikel unterliegen derFinanzmarktaufsichtsbe-

hörde CSSF (Commission de Surveil-lance du Secteur Financier), die so-mit seit Jahren mit Private-Equity-Fonds, deren Anforderungen undSpezifika umzugehen weiß.

Wesentliche Erfolgsfaktoren

Die wesentlichen ErfolgsfaktorenLuxemburgs als Plattform für Pri-vate-Equity-Transaktionen und -In-vestitionen lassen sich auf folgendedrei Aspekte verdichten: erstenssteuerliche, politische und wirt-schaftliche Stabilität, die den Ak-teuren am Finanzplatz langfristigePlanbarkeit ermöglicht; zweitenseine langjährige Expertise im Um-gang mit Private Equity, die sich inzahlreichen spezialisierten Dienst-leistern, erfahrenem Personal undder lokalen Präsenz von Private-Equity-Häusern widerspiegelt, unddrittens der direkte Austausch vonRegierung, Behörden und Marktteil-nehmern, welcher zu Kundenorien-tierung, Flexibilität und kontinuier-licher Innovation führt. Um denFinanzplatz Luxemburg auch in

Zukunft international führend auf-zustellen, leisten Vereinigungen wiedie Luxembourg PrivateEquity & Venture Capital Association(LPEA) sowie die Vereinigung derLuxemburger Fondsindustrie (Alfi)einen wichtigen Beitrag und arbei-ten direkt mit Regierung und Finanz-marktaufsichtsbehörde zusammen.

Ganz vorn dabei

Am 24. August 2012 hat das lu-xemburgische Finanzministerium denEntwurf zur Umsetzung der AIFM-Richtlinie (Richtlinie zur Regulierungvon Managern alternativer Invest-mentfonds) dem luxemburgischenParlament vorgelegt. Mit einer aus-reichenden Anpassungsfrist wirdLuxemburg damit zu den ersten Län-dern in der EU gehören, welche dieAIFM-Richtlinie in nationales Rechtumsetzen. Neben den Anforderun-gen aus der AIFM-Richtlinie umfasstder Gesetzentwurf Änderungen zumSif- und Sicar-Gesetz sowie dieEinführung der neuen Limited Part-

nership Struktur. Als Vehikel ohneRechtspersönlichkeit basiert dieneue Luxemburger Limited Partner-ship auf dem angelsächsischenModell und ist ein wichtiger Meilen-stein für den weiteren Ausbau vonPrivate Equity in Luxemburg.

Im Kontext der AIFM-Richtliniegewinnt die Erfahrung des Großher-zogtums im Umgang mit OGAW-Fonds (Ucits-Fonds) erstmalig auchfür alternative Investitionen an Be-deutung: Luxemburg hat eine unan-gefochtene Expertise imländerübergreifendenVertrieb von OGAW-Fonds aufgebaut, dienun mit der Einführungeines EU-Passes fürManager alternativerInvestmentfonds auchfür das GeschäftsfeldPrivate Equity von Nut-zen sein wird.

Mit dem Ziel der För-derung von Investitio-nen in Risikokapital undsozialem Unternehmer-tum hat die EuropäischeKommission im Dezember 2011 Vor-schläge erarbeitet, nach denen Mana-ger von Venture-Capital-Fonds undsogenannten Europäischen Fondsfür soziales Unternehmertum (Euro-pean Social Entrepreneurship

Funds) einen EU-Pass er-halten können, auchwenn sie unter die inder AIFM-Richtlinie defi-nierte Mindestgrößevon 500 Mill. Eurofallen. Luxemburg be-grüßt die Initiativen derEuropäischen Kommis-sion ausdrücklich undwird die entsprechen-den Maßnahmen zeit-nah umsetzen.

Venture Capital ist inLuxemburg ein wichti-ger Bestandteil des Pri-

vate-Equity-Geschäfts. Von insge-samt über 270 Sicars investierenzahlreiche Sicars in junge Unterneh-men in der Aufbauphase. Im Bereichsozialer Investitionen ist Luxemburgweltweit führend für Mikrofinanz-fonds aufgestellt und sieht seit eini-

gen Jahren eine verstärkte Nach-frage nach sogenannten Impact In-vestments, die finanzielle mit mess-barer sozialer Rendite verbinden. Indiesem Kontext arbeitet Luxemburgaktuell an der Schaffung einer Im-

pact-Investing-Gesellschaft, die in ih-rer gesellschafts- und steuerrechtli-chen Struktur gezielt auf die Bedürf-nisse von Impact Investments zuge-schnitten ist.

Niedrige Umsatzsteuer

Die steuerlichen Rahmenbedin-gungen in Luxemburg werden seit je-her ihrer Effizienz und Stabilität we-gen geschätzt. Zu Zeiten von Wirt-schaftskrisen gewinnt dieser Aspektvermehrt an Bedeutung. Mit einemSatz von 15 % ist die UmsatzsteuerLuxemburgs seit Jahren unverändertund im europäischen Vergleich aufdem niedrigsten Stand. Dieser Um-stand verbunden mit der Tatsache,dass Dienstleistungen am Ort desEmpfängers zu besteuern sind(Richtlinie 2008/8/EG), führt dazu,dass sich Unternehmen verstärkt inLuxemburg registrieren lassen. Inder Bankenfinanzierung von Akquisi-tionsstrukturen rücken vor dem glei-chen Hintergrund Luxemburger Ge-sellschaften vermehrt in den Fokus.Ebenfalls positiv bewährt haben sich

die Luxemburger Verrechnungspreis-grundsätze, welche im Januar 2011im Einklang mit den OECD-Stan-dards erlassen wurden und vomMarkt sehr gut aufgenommen wor-den sind. 64 Doppelbesteuerungs-abkommen, von denen weitere 24in Verhandlung sind, stärken desWeiteren Luxemburgs Attraktivitätin der Strukturierung internatio-naler Private-Equity-Transaktionen.

Freihandelszone

Einhergehend mit einer verstärk-ten Nachfrage nach Anlagen in Edel-metalle, Schmuck, Wein und vorallem Kunst wird im GroßherzogtumLuxemburg Ende 2013 eine Freihan-delszone ihr operatives Geschäft auf-nehmen und eine gesicherte sowiesteuerfreie Zwischenlagerung der-artiger Luxusgüter ermöglichen.Fonds mit Investitionen in solcheAnlageklassen können zukünftigvon einer deutlich vereinfachtenAbwicklung und Zusammenarbeitmit der Luxemburger Depotbankprofitieren.

Luxemburg ist sich der Bedeutungvon Private Equity bewusst und moti-viert, der Branche mit all ihren Stake-holdern ein weiterhin attraktivesund erstklassiges Umfeld zu bieten.Im Sinne einer bestmöglichen Trans-parenz hat die Luxemburger Zentral-bank im Oktober 2011 neue Melde-pflichten erlassen, nach denen ausge-wählte Luxemburger Gesellschaftenseit dem 1. Januar 2012 grenzüber-schreitende Transaktionen, nach Artund Zielland klassifiziert, meldenmüssen.

Bis dato ist es dem Großherzog-tum immer gelungen, langjährigeExpertise mit Innovation und demBlick für die Zukunft zu verbinden.Stabilität und Voraussicht solltenallen Stakeholdern der Private-Equity-Branche zum langfristigenNutzen sein.

Private-Equity-Industrie baut auf Stabilität und VoraussichtUm ein weiterhin erstklassiges Umfeld für die Branche bemüht – Langjährige Expertise mit Innovation und dem Blick für die Zukunft verbinden

VonAlain Kinsch . . .

Country ManagingPartner Ernst & YoungLuxembourg, EMEIAPrivate Equity FundLeader

. . . undKatrin Lakebrink . . .

Partner, LeiterinTransaction Tax,Ernst & YoungLuxembourg

. . . undCarmenvon Nell-Breuning

Senior Manager,Private Equity BusinessDevelopment,Ernst & YoungLuxembourg

Sonnabend, 22. September 2012 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 184 B 7

Page 8: Finanzplatz Luxemburg

Börsen-Zeitung, 22.9.2012Gerne erinnere ich mich an die Zeitzurück, als ich das erste Mal Luxem-burg besuchte, um die Gründung ei-ner neuen Kapitalanlagegesellschaft

für meinen damaligen Arbeitgeber,die HypoVereinsbank in München, beider Luxemburger Aufsicht CSSF vor-zustellen. Als Derivate-Banker warenFonds für mich eine neue, fremdeWelt, sehr weit entfernt von der mirvertrauten Welt der Banken. Damalskonnte ich noch nicht ahnen, dass As-set Management eines Tages meineneue Heimat werden sollte.

Banken haben eine Bilanz, ebeneine einzige Bilanz, die sie bewirt-schaften. Kapitalanlagegesellschaf-ten hingegen bewirtschaften vieleverschiedene Bilanzen, die sie Fondsnennen. Das war für mich damals,durch meine Banker-Brille schau-end, der prinzipielle Unterschiedzwischen Banken und Asset Mana-gern. In gewisser Weise scheint dasAsset Management den Finanz-Wert-schöpfungsprozess modular zu ge-stalten und dabei einen sehr hohenSpezialisierungsgrad zu erreichen:Depotbanken verwahren die Vermö-

gensgegenstände, Administratorenbewerten sie, Kapitalanlagegesell-schaften treffen Investitionsentschei-dungen.

In der HypoVereinsbank hatte unsder Vorstand „Handels-bücher“ anvertraut, aufdenen wir handelten. Je-des Händlerteam hatsein Handelsbuch, ähn-lich wie jeder Portfolio-Manager seinen Fondshat. Jedoch sind alleHandelsbücher einerBank in die gleiche Bi-lanz eingewoben. Inves-toren erwerben Anlei-hen und Aktien derBank und halten indi-rekt damit ein großesPortfolio, nämlich die

Bankbilanz. Dagegen investierenFondsinvestoren mit ihren Fondsan-teilen in verschiedene kleine, spezia-lisierte Bilanzen.

Banks brachte es auf den Punkt

Die jüngste Finanzkrise hat eineFrage gestellt, die von der Finanz-industrie bisher noch nicht klar be-antwortet werden konnte: Wie kannsich unser Finanzsystem für die Zu-kunft stabil aufstellen? In einer inter-nen Veranstaltung der Unicreditbrachte der damalige Risiko-Manage-ment-Chef Erik Banks seine Aufgabeauf den Punkt: Bloß keine Überra-schungen! Ihm war wichtig, dass ein-gegangene Risiken gut verstandenund abgeschätzt werden. Die abso-lute Größenordnung eines Verlusteswar weniger ausschlaggebend, viel-mehr die Frage: War dieser Verlustbei Eintritt der gegebenen Umständeso abzusehen, oder wurden wir von

ihm überrascht? Letzteres galt fürihn – wie ich meine zu Recht – alsdie gefährlichere Diagnose.

Bloß keine Überraschungen! Die-ses Motto habe ich mir sehr zu Her-zen genommen, weil es die Quintes-senz guten Risikomanagements titu-liert. Ein Ucits-Fonds hat eine über-schaubare Größenordnung, es gibtdazu ein regelmäßiges Factsheet, ei-nen detaillierten Prospekt, ein kun-denfreundliches KIID-Papier. DerFonds wird täglich bewertet, mankann sich jederzeit von seinem In-vestment verabschieden oder aufsto-cken. Die Anleger wissen jederzeit,was sie zu erwarten haben und wel-che Risiken sie eingegangen sind.Ucits wird vor allem auch deswegenauf der ganzen Welt als Qualitäts-standard für Fonds geschätzt, weiles selbst in den widrigsten Marktpha-sen nur selten eine böse Überra-schung gab. Nicht ohne Grund orien-tiert sich auch die neue AIFMD-Richt-linie an Ucits. Der Finanzplatz Lu-xemburg, seine Akteure und seineAufsicht, die CSSF, haben sehr vielfür die Qualität des MarkennamensUcits und dessen internationale An-erkennung getan. Dank unseres Fir-mensitzes in Luxemburg können wirdiese Vorzüge immer wieder im tägli-chen Geschäft erleben und nachvoll-ziehen.

Man lernt voneinander

Das Unternehmen, für das ich ar-beite, beschäftigt eine für eine Kapi-talanlagegesellschaft doch rechthohe Anzahl an Ex-Bankern. Eskommt mir wie ein Schmelztiegelder beiden Kulturen Banking und As-set Management vor. Die beiden Wel-ten gehen ineinander über, man

lernt voneinander, man passt sichan. Auch überdenkt man die eigenenProzesse, versucht sie aus der Sichtdes anderen zu sehen. Und unserHaus ist sicherlich nicht die einzigeKapitalanlagegesellschaft, die durchdiesen Prozess geht.

Das führt dazu, dass Assets undHandelsstrategien, die früher einmallediglich auf Handelsbüchern vonBanken zu finden waren, heute inFonds umgesetzt werden. Ein Seg-ment, das von dem Trend, Risikenvon Bankbilanzen auf Sondervermö-

gen zu transferieren, profitiert, istdie Unternehmenskreditfinanzie-rung. Hintergrund dessen ist die der-zeitige Umgestaltung der Finanz-branche insgesamt. Hierbei stehendie Finanzintermediation und Diver-sifikation sowie auf der anderenSeite die Trennung von traditionel-lem Bankgeschäft und Handelsaktivi-täten im Vordergrund. Ursächlichfür die Rückbesinnung auf das klassi-sche Brot-und-Butter-Geschäft der

Banken, die Kreditvergabe, ist dieErkenntnis, dass die Verfügbarkeitvon ausreichendem und kostengüns-tigem Fremdkapital eine notwendi-ge Voraussetzung für ein reibungslo-ses Funktionieren der Wirtschaft ist.

Die in Folge der Finanzkrise 2009entstandene Kreditklemme, die ineuropäischen Peripherieländern nochbei Weitem nicht ausgestanden ist,gilt daher als Ursache sowohl vonsystemischen Unternehmensinsolven-zen als auch für einen Investitions-rückgang mit entsprechend negati-ven Rückkoppelungseffekten auf dasWirtschaftswachstum. Andererseitsführten die überdimensionierten Bi-lanzen der Banken, die vor allem seitBeginn des Jahrtausends massiv an-geschwollen sind, zu einer finanziel-len Gefährdung der Länder, in der inSchwierigkeiten geratene Banken be-heimatet sind. Mit einer Kombina-tion aus strengeren regulatorischenAnforderungen an Risikomanage-ment, Mindestkapitalausstattung undLiquidität der Finanzinstitute versu-chen die zuständigen Aufseher,Handlungsspielraum zurückzugewin-nen. Ziel ist unter anderem, proble-matische Banken gegebenenfalls ineine geordnete Insolvenz zu überfüh-ren und abzuwickeln, ohne dass dieFinanzmärkte in Aufruhr geraten.

Für Banken bedeutet die nun not-wendige fristgerechte Finanzierungvon Krediten zum einen, dass die inder Vergangenheit risiko-, aber auchertragreiche Fristentransformationnicht länger aufrechtzuerhalten ist.Langlaufende Kredite wie etwa Infra-struktur- und Projektfinanzierungensind daher kaum noch darstellbarund bleiben Anlegern vorbehalten,die über entsprechend langfristigeEinlagen oder Eigenmittel verfügen.Die deutlich angehobene Kapitalmin-destausstattung zwingt Banken,mehr Kernkapital vorzuhalten. Diesführt unvermeidbar zu einem weite-ren Rückgang der Kapitalverzinsungund, im Fall einer Kapitalerhöhung,zu einer Verwässerung der Altaktio-näre der Banken.

Neue Wege vorgezeichnet

Da die Weitergabe von kapitalin-tensiven Krediten an den Kapital-markt in Form von Verbriefungenkaum noch stattfindet und eine Wie-derbelebung dieses Marktsegmentesnicht zu erwarten steht, werden Ban-ken zukünftig neue Wege beschrei-ten müssen, um Finanzaktiva abzu-bauen, ihrer Rolle als Finanzinterme-diär gerecht zu werden und dabeinoch einen angemessenen Ertrag fürdie Aktionäre zu erwirtschaften. Daskann durch eine aktivere Rolle alsKernbank und Anbieter von Finanz-und Beratungslösungen, das soge-nannte Cross Selling, für den Kun-den geschehen. Zusätzlich verge-bene Kredite, die die Positionierungals Hausbank untermauern, könnendann zum Teil an spezialisierteFonds weitergereicht werden, ohnedass dabei die Wettbewerbssituationder Bank beeinträchtigt wird.

Die Bilanz der Bank lässt sich aufdiese Weise wiederholt für Kunden-geschäft nutzen. Anleger, die ihrer-seits in die zuvor von Banken ausge-reichten Kredite investieren, profitie-ren dabei von der Spezialisierungder Banken auf das Kreditgeschäftund der „Zertifizierung“ der Kredit-würdigkeit der Schuldner. Denn Ban-ken vergeben Kredite nach strengen,geprüften Verfahren und auf Basisvon aufsichtlich validierten Bonitäts-bewertungsmodellen. Dagegen gel-ten Direktinvestments in Anleihenkleiner und mittelständischer Unter-nehmen mit geringem Volumen auf-grund der oftmals mangelndenTransparenz der Schuldner als ver-gleichsweise riskant. Die Weitergabevon Krediten von Banken an profes-sionelle Investoren sorgt dabei auchfür eine geeignete Diversifikationauf Seiten der Kreditanbieter.

Teufelskreis durchbrechen

Dieses Grundprinzip eines jedenerfolgreichen Portfoliomanagementskann längerfristig auch dazu beitra-gen, den Teufelskreis von Staatsüber-schuldung und Bankenkrise zudurchbrechen. Aus der Sicht der An-leger stellen insbesondere Realwertewie Kredite eine attraktive Anlage-form in einer von Inflationssorgenbegleiteten Niedrigzinsphase dar.Dabei können unverbriefte Darlehendas Anlageuniversum von Unterneh-mensanleihen in sinnvoller Weiseergänzen.

Das Beispiel der Unternehmens-kredite zeigt: Banken und Asset Ma-

nager könnten künftig wesentlich en-ger zusammenarbeiten, um die indi-viduellen Stärken in die künftigeStruktur eines stabilen Finanzmark-tes einzubringen. Der FinanzplatzLuxemburg kann als bedeutender As-set-Management-Standort in Europabei dieser Umgestaltung des Finanz-systems eine entscheidende Rollespielen. Ich freue mich darauf, mitmeinen Kollegen an diesem Finanz-platz weiterhin die mahnendenWorte von Risikomanagern, Investo-ren und einer gesamten Industrieumzusetzen: Bloß keine Überra-schungen!

Fortsetzung von Seite B 6

ten, Missstände zu korrigierenund Missbrauch zu bestrafen;

� die Aufsichtsbehörden, indem sieneue Produkte und Praktiken ver-stärkt auf potenziell destabilisie-rende Eigenschaften abklopfen,ehe sie ihnen eine Zulassung er-teilen;

� die Zentralbanken, indem sie ihreZinspolitik so gestalten, dass sienicht der Entstehung spekulativerBlasen Vorschub leisten;

� die Regierungen, indem sie ihreStaatshaushalte nach dem Pru-dent-Man-Prinzip verwalten;

� die Ratingagenturen, indem siealles daransetzen, dass die Quali-tät ihrer Bewertung im richtigenVerhältnis zu deren potenziellenAuswirkungen auf die Finanz-märkte steht;

� die Analysten, indem sie Unter-nehmen und ihre Manager nichtmit häufig unrealistischen Wachs-tumszielen unter Druck setzen;

� private und institutionelle Investo-ren, indem sie nicht nur akzeptie-ren, sondern nachdrücklich for-dern, dass Profit nicht der einzigeGradmesser unternehmerischenErfolgs ist;

� die Anlageberater, indem sie alsehrliche Berater und nicht alsVerkäufer von Anlageprodukten

handeln;� die Medien, indem sie sachliche

Informationen über auflagenstei-gernde Schlagzeilen stellen,

� und schließlich die Kunden derFinanzinstitute, einschließlich derkleinen Sparer, indem sie ein-sehen, dass hemmungsloses Stre-ben nach immer höheren Rendi-ten eben kein verantwortungsvol-les Handeln darstellt.Nur wenn sich alle Akteure ihrer

Verantwortung stellen, können wirauf ein nachhaltigeres, weil stabile-res Finanzwesen hoffen. Viele Ent-scheidungen, die zur Schaffung vonmehr Nachhaltigkeit im Finanzwe-sen erforderlich sein werden, erfor-dern Mut und eine starke Überzeu-gung. Nachhaltigkeit im Finanzwe-sen zu realisieren heißt, auf diehöchstmögliche Rendite zu verzich-ten und bei guten Gelegenheitenauch mal Nein zu sagen. Nachhaltig-keit im Finanzwesen schaffen heißtauch, sein Innovationspotenzial vollauszuschöpfen. So werden neue Pro-dukte, neue Dienstleistungen, neueAbsatzmärkte entstehen.

Nachhaltigkeit ist kein Schlag-wort, mit dem sich das derzeit nega-tive Image der Finanzbranche in derÖffentlichkeit auf die Schnelle korri-gieren lässt. Nachhaltigkeit sollteheute integraler Bestandteil jedermodernen Unternehmenskultur sein.

Weit mehr als neue Marktnische

Bloß keine Überraschungen!In Luxemburg wurde viel für die Qualität des Markennamens Ucits und dessen internationale Anerkennung getan

„Das Beispiel derUnternehmenskreditezeigt: Banken undAsset Manager könn-ten künftig wesent-lich enger zusammen-arbeiten, um dieindividuellen Stärkenin die künftige Struk-tur eines stabilenFinanzmarktes einzu-bringen.“

VonVassilios Pappas

Gründungspartnervon Assénagon

„Ucits wird vor allemauch deswegen aufder ganzen Welt alsQualitätsstandardfür Fonds geschätzt,weil es selbst inden widrigsten Markt-phasen nur selteneine böse Über-raschung gab.“

B 8 Börsen-Zeitung Nr. 184 Sonderbeilage Sonnabend, 22. September 2012