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Ausgabe 1/2017 > Academy Awards > Berlinale > Wettbewerb, Special, Panorama > Forum, Generation, Perspektive > Drama Series Days > NRW Creators LAB > Das Jahr der Frauen > News, Events, Dreharbeiten, Kinostarts Film und Medien NRW

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Ausgabe 1/2017

> Academy Awards

> Berlinale

> Wettbewerb, Special, Panorama

> Forum, Generation, Perspektive

> Drama Series Days

> NRW Creators LAB

> Das Jahr der Frauen

> News, Events, Dreharbeiten, Kinostarts

Film undMedienNRW

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Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2016 > 3

Academy Awards4 Daumen drücken für den Oscar!

6 Hauschka

Berlinale 20178 Beuys

9 Ana, mon amour

10 Mr. Long

11 Louis Hofmann

12 Der junge Karl Marx

14 Acht Stunden sind kein Tag

16 Meine glückliche Familie

17 Denk ich an Deutschland in der Nacht

18 Offene Wunde Deutscher Film

19 Die Häschenschule – Jagd nach dem goldenen Ei

20 Eisenkopf

21 Zwischen den Jahren

22 Lola@Berlinale

23 Berlinale News

24 Drama Series Days

25 Interviews Petra Müller, Matthijs Wouter Knol, Michael Polle

Nachwuchs26 Serial Storytelling

27 Hochschul-News

28 NRW Creators LAB

29 Digitales NRW

Bilanz 201631 Ein »Ausnahmejahr«

32 Das Jahr der Frauen

34 Creative Europe MEDIA

35 Luxembourg@NRW

36 News

Dreharbeiten38 Was uns nicht umbringt

39 Hexe Lilli rettet Weihnachten

40 Styx

41 Dreh-News

42 Events

44 Kinostars

Liebe Leserinnen und Leser,

er trägt ein grässliches Gebiss, eine ebensolche Perücke, und doch ist er derLiebling von Kinogängern, Kritikern und Branche: „Toni Erdmann“überstrahlte das Filmjahr 2016 und wurde gerade auch für den Oscarnominiert. Wir freuen uns sehr, dass wir von Beginn als Hauptförderer dabeiwaren. Ohnehin steht die Komödie in besonderer Weise für ein erfolgreichesJubiläumsjahr, in dem die Filmstiftung - oder besser die von ihr gefördertenProduktionen - künstlerisch überzeugen konnten, in den deutschen Arthouse-Charts vorne standen und auch international erfolgreich waren. Allein „Toni Erdmann“ wurde bei 40 Festivals weltweit gezeigt, in 90 Länderverkauft und holte mehr als 20 Preise. Am 26. Februar könnte, wenn alles gut geht, die begehrteste Auszeichnung der Filmwelt dazu kommen.

Zuvor aber geht der Blick nach Berlin. NRW ist mit 28 Filmen bei derBerlinale vertreten, darunter drei Produktionen im Wettbewerb - „Ana, monamour“, eine Beziehungsgeschichte von Calin Peter Netzer, und derDokumentarfilm „Beuys“ von Andres Veiel, der das Leben eines derbedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts nachzeichnet und dabei auch von der alten Bundesrepublik erzählt. Dazu kommt der in derPostproduktion geförderte “Mr. Long” des Regisseurs Sabu und weiterePremieren und Screenings in allen wichtigen Festivalreihen. Glückwunsch analle Filmschaffenden!

Die Filmstiftung ist zudem wieder Hauptpartner der „Drama Series Days“,die sie gemeinsam mit dem European Film Market vor drei Jahren aus derTaufe gehoben hat. Hier kommen deutsche und internationaleSerienproduzenten und Rechtehändler zusammen, werden aktuelle Serien füralle Plattformen vorgestellt und europäische Fördermöglichkeiten präsentiert.Hier ist in kurzer Zeit ein „Marktplatz“ entstanden, der auch und gerade fürProduzenten und Senderverantwortliche aus NRW, dem führenden TV-Standort Deutschlands, wichtig ist.

Anfang dieses Jahres ist das Mediennetzwerk.NRW an den Start gegangen,das sich im Landesauftrag und mit einem jährlichen Budget von 1,4 Mio.Euro um die Vernetzung und Präsentation der digitalen Medienbranchenkümmern wird. Gute Nachrichten gab es auch im Bereich Online-Bewegtbild.Gemeinsam mit dem UFA LAB startete die Filmstiftung Ende 2016 das NRWCreators LAB, das erste Trainingscamp für junge Webvideomacher, derenbeste Projekte mit einem Stipendium ausgestattet wurden. Weitere CreatorsLABs werden folgen, ebenso wie eine Webvideo-Masterclass.

Längst überfällig und sehr erfolgreich war das erste KoproduktionstreffenLuxembourg@NRW in Köln. Das Nachbarland betreibt eine aktiveFilmförderung, und die mehr als 20 Produzenten aus NRW, die allein aufdeutscher Seite teilnahmen, haben dabei wertvolle Kontakte und teilweiseschon gemeinsame Projekte mitgenommen. Auch hierüber berichtet dasaktuelle Magazin. Drehberichte, die News aus Film und Medien und die Listeder Kinostarts runden das Heft wie üblich ab.

Allen Filmschaffenden wünschen wir ein erfolgreiches Festival mit vielenanregenden Begegnungen. Allen, die derweil in NRW die Stellung halten,wünschen wir ein erfolgreiches Durchstarten ins Film- und Medienjahr 2017!

Ihre

Petra Müller

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Inhalt

SwedenKARIN FRANZ KÖRLOF ©

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WWW. SHOOTING-STARS .EU

LatviaELĪNA VASKA

Shooting Stars are Europe’s best up-and-coming actors, selected annually by an international jury. Introduced at the Berlin International Film Festival — February 10 – 13.

PARTICIPATING EFP MEMBERS

Danish Film Institute, German Films, Istituto Luce Cinecittà (Italy), National Film Centre of Latvia, EYE International (The Netherlands), Polish Film Institute, Instituto do Cinema e do Audiovisual I.P./ICA (Portugal), Romanian Film Promotion, Slovenian Film Centre, Swedish Film Institute.

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ItalyALESSANDRO BORGHI ©

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PortugalVICTORIA GUERRA ©

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RomaniaTUDOR AARON ISTODOR ©

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GermanyLOUIS HOFMANN ©

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PolandZOFIA WICHŁACZ ©

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The NetherlandsHANNAH HOEKSTRA ©

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European Shooting Stars Main Partner Special ThanksWith the support of Automobile Partner Event Partners

medienboardBerlin-Brandenburg GmbH

EFP is supported by

SloveniaMARUŠA MAJER ©

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European Film [email protected]

MEET THE SHOOTING STARS AT THE NRW BERLINALE RECEPTION

Page 3: Film und Medien - filmstiftung. de€¦ · MEET THE SHOOTING STARS AT THE NRW BERLINALE RECEPTION. XXXXXX Jahr 2010. Es war einer dieser magischen Momente, die man in Cannes immer

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Jahr 2010. Es war einer dieser magischen Momente,die man in Cannes immer wieder erleben darf. Beidenen sich die Chemie im Raum zu verändernscheint. Bei denen die disparate Masse unterschied-lichster Kritiker, die selten einer Meinung sind (gutso), einen Film auf einmal gemeinsam mit einemAuge zu sehen scheint. Bei denen einen ein Filmtrifft und mitreißt und nicht mehr loslässt. Ein trans-formatives Erlebnis, wie es nur dem allerbesten Kinovorbehalten ist. »Pulp Fiction«. »Tiger & Dragon«.»In the Mood for Love«. »Blau ist eine warmeFarbe«. Diese Preisklasse.

Und jetzt eben auch »Toni Erdmann«. Der unver-gleichliche Sog, den der Film entwickelt, ist schon inder ersten Szene verankert. Wie Peter Simonischekden zunehmend nervöser werdenden Paketlieferan-ten mit seinem albernen Streich an der Nase herum-führt, stimmt den Zuschauer ein darauf, dass maneinen solchen Film noch nie gesehen hat. Dass ereinen mitnehmen wird auf eine Reise, derenAusgang nicht schon gleich am Anfang feststeht.Dass es Abzweigungen geben wird, Überraschungenund Unerwartetes. Es ist ein Blindflug mit auf demRücken gebundenen Händen. Denn an jeder Abzwei-gung, die »Toni Erdmann« nimmt, ist die Chancegrößer, dass es eine falsche sein wird.

Und doch kriegt der Film immer die Kurve. Er erzählt von einem Vater und einer Tochter, die sich nicht viel zu sagen haben und einander wieder kennenlernen müssen. Wie tausende andere Filme. Anders als tausende andere Filmeaber pfeift Maren Ade auf die erprobten Regeln der Filmdramaturgie. Sie vertraut den beidenFiguren, die sie erschaffen hat. Nur ihnen fühlt sie sich verpflichtet. Ihnen folgt sie durch einenHindernisparcours, der über Privates und Persönli-ches, über Leben und Glück ebenso viel erzählt wie über Politik und Gesellschaft, über Globalisierung und Gleichberechtigung,über Machtstrukturen.

Und doch ist es kein didaktischerFilm, sondern einfach eine Komödie,die sich ihren Figuren und ihrer Weltverpflichtet fühlt und nach zweiStunden auf drei meisterhafte,aufeinanderfolgende Szenenzusteuert. Jede einzelne vonihnen – der Besuch bei derrumänischen Familie, dieNacktparty, Vater undTochter im Park – wurde inCannes mit stürmischemSzenenapplaus bedacht. Siebesiegeln den Triumph von »ToniErdmann«, dem das gelingt, wasdem besten Kino gelingt: Mansieht sich selbst in den Figuren,ihren Fehlern und Macken undHoffnungen und Sehnsüchten.Und man fühlt sich lebendig.

Darauf kommt es an. Wir sindErdmann. Die Preise und Ehrungen,und es sind so viele mittlerweile,dass ihre Aufzählung den Rahmendes Artikels sprengen wurde, sindNebensache. Wie es sein soll.

Wenn am 26. Februar der Oscar für den Besten fremdsprachigenFilm verliehen wird, erreicht dieErfolgsgeschichte der filmstiftungs -geförderten Ausnahmeproduktion"Toni Erdmann" ihren Höhepunkt.Seinen ersten Festivalauftritt hatteMaren Ades Meisterwerk im Mai2016 im Wettbewerb desFilmfestivals in Cannes.

Von Thomas Schultze

Am 13. Mai 2016 begann sich vor dem Saal gegen18.30 Uhr die allabendliche Schlange von Filmjourna-listen zu bilden, um für die Abendvorstellung desWettbewerbs des Festival de Cannes anzustehen.»Toni Erdmann« stand auf dem Programm, die ersteVorführung von Maren Ades drittem Spielfilm, ihreerste Arbeit seit »Alle Anderen«, der ihr 2009 aufder Berlinale den Großen Preis der Jury sowie BirgitMinichmayr den Bären als beste Schauspielerinbeschert hatte. Zu diesem Zeitpunkt gab es eineetwas kryptisch erscheinende Inhaltsangabe und einpaar erste, ehrlich gesagt bizarr und ein wenig absto-ßende Szenenbilder mit Sandra Hüller und PeterSimonischek in einer ungeheuerlichen Perücke undmit einem noch ungeheuerlicheren Gebiss, dasaussah, als hätte er es Loriots legendärer Figur VicDorn geklaut. Und das sollte funktionieren?

Überhaupt: Das soll ein Film sein? Eine Komödienoch dazu, wie man hörte, die 162 Minuten lang ist?Auf der anderen Straßenseite prangte an einerHäuserwand das offizielle Poster des Films, daseinen auch nicht schlauer machte. Es zeigt eineblonde Frau, die sich offenkundig in einem Wust ausschwarzem Fell verliert. Was war das? Die gleicheFrage stellte mir beim Warten in der Schlange einamerikanischer Kollege, der ebenfalls ratlos war, wasuns da in wenigen Minuten erwarten würde (ermochte den Film dann auch nicht). Ich zuckte mitden Schultern. Man hatte gehört, FestivalchefThierry Frémaux sei ganz vernarrt in den Film – ange-sichts seiner nicht gerade großen Liebe für das deut-sche Kino der Gegenwart eine fast ungeheuerlicheVorstellung. Man hatte auch gehört, dass Kinobetrei-ber, die den Film in einer Geheimvorführung bereitszu sehen bekommen hatten, ziemlich angetanwaren. Aber man hatte auch gehört, dass der Verleihdie Länge des Films als problematisch empfand. Werhätte es ihm verdenken können? Zumindest indiesem Moment.

Drei Stunden später sah die Sache ganz anders aus,da war auf einmal alles ganz klar, ganz eindeutig.Was in diesen drei Stunden passiert war, erklärt imGrunde die ganze Woge der Begeisterung, derEuphorie, der Liebe für »Toni Erdmann«, die denFilm in den letzten acht Monaten von Erfolg zu Erfolggetragen hat, von Liebeserklärung zu Liebeserklä-rung, von Auszeichnung zu Auszeichnung, bis hin zurOscar-Nominierung als Bester fremdsprachiger Film,als erster deutscher Film seit »Das weiße Band« im

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Daumen drückenfür den Oscar!

Toni Erdmann

»Toni Erdmann«, Foto: NFP

Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 5

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Academy Awards

Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 7

Berlinale 2017

Wie kam es zur Zusammenarbeit für »Lion«?Ich bin mit meiner Musik viel auf Tour und spieleüber 100 Shows im Jahr auf der ganzen Welt. 2015war ich in den USA, in Japan und Australien unter-wegs, und Regisseur Garth Davis hat mich bei einemKonzert in Melbourne gesehen. Ich habe im Nachhi-nein erfahren, dass die Musik, die als Platzhalter für»Lion« eingesetzt war, schon viele Stücke von mirenthielt.

Was war das Besondere am Projekt »Lion«?Ursprünglich war geplant, dass ich den indischen Teilkomponiere und Dustin O‘Halloran, mit dem ich daszusammen mache, den anderen Teil übernimmt.Dustin und ich sind seit zehn Jahren Freunde. Daswusste Regisseur Garth Davis nicht – er hatte unsunabhängig voneinander ausgesucht. Wir haben denFilm gesehen, als er schon fertig war, und warentotal geflasht. Es war alles so gut inszeniert und sogut gespielt – wir haben da echt nach einem Ansatzgesucht. Sonst findet man bei Filmen häufig eineEcke, bei der man weiß: Hier kann ich den Film even-tuell supporten. Bei »Lion« dachten wir: Den könnteman eigentlich auch so lassen – ohne Musik, der isteinfach super!

Wie lief die praktische Arbeit ab?Dustin und ich sind sehr unvoreingenommen an dieSzenen herangegangen. Das war kein Wettkampfzwischen uns nach dem Motto, wer die besserenMusikstücke schreibt. Dadurch, dass Dustin damalsin Los Angeles war und ich in Düsseldorf, konntenwir außerdem fast rund um die Uhr arbeiten.

Wo liegen Ihre musikalischen Anfänge?Ich bin im Siegerland groß geworden, da ist nicht soviel los, und da muss man einfach in einer Bandspielen, um abends Spaß zu haben. Ich habe nieMusik studiert, stattdessen Medizin, habe aberimmer Musik gemacht. Während der Abiturzeitdurften wir dann die Musik für »Ein Fall für zwei«machen – nicht für den Score, sondern als Source,also als Einspielmusik. Das fand ich toll. Ich warimmer Pianist und fand die lyrische Seite des Klaviersinteressant. Aber dafür gab es beim Hip-Hop, denwir damals spielten, keinen Platz.

Wie sind Sie dann Filmmusiker geworden?Ich hatte mich um eine Band-Karriere gekümmertund wollte eine eigene Sprache finden. Ich wolltemit meiner Musik authentisch sein. Als wir dann mitden »Fantastischen Vier« auf Tour waren, hatte icheher das Gefühl, nur eine Rolle zu spielen. Ich habeanschließend eine Familie gegründet und mich ausdiesem Plattenzirkus verabschiedet. In Haan-Hoch-dahl habe ich dann jahrelang klassischen Musikun-terricht in Klavier gegeben. Das hat mir sehr gehol-fen, um wegzukommen von diesem ganzen Aufge-regtsein und diesem ganzen Durcheinander. Indieser Zeit fing ich mit elektronischer Musik an –damals völlig unpopulär. Dadurch, dass ich in Düssel-dorf lebte, hatte ich eine Anbindung an die elektroni-sche Musik. Bei zwei Filmen machte ich mit einemBandkollegen unter dem Titel »Tonträger« die Musik– das war der Einstieg.

wurden damals quasi gezwungen, jeweils ihre neues-ten Regiearbeiten anzuschauen. Da habe ich schoneinen sehr speziellen Blick auf Film bekommen. Ichmag sehr gerne Science-Fiction-Filme, aber ich binkein Freund von Comedy. »Toni Erdmann«, den ichnatürlich gesehen habe, fällt da raus – er bedienteine komödiantische Treffsicherheit, die phänome-nal ist.

Wie sehen Sie NRW als Filmland?In Düsseldorf habe ich das Gefühl, dass hier vielpassiert, und die Arbeit der Film- und Medienstif-tung wird auch im Ausland stark wahrgenommen.Für mich ist wichtig, dass es einen Nährboden gibt,um zu einer bestimmten Zeit Filme zu schaffen, dieganz besonders sind. Wir haben hier eine sehr guteInfrastruktur, etwa mit den Filmhochschule oder derFolkwangschule in Essen – NRW ist voller Talent!Sehr gut gefällt mir auch die Arbeit der WimWenders Stiftung. Es braucht eine Person, die Erfah-rung hat und über die Grenzen hinaus weiß, wieman so etwas angeht. So wie Tom Tykwer mit seinenafrikanischen Projekten. Manchmal wünsche ich mir,dass es mehr Support gäbe, dass man nicht wie aufeinem Eisberg landet, sondern dass Leute sagen:»Hey, mach‘ weiter, ich unterstütze dich.«

Was ändert sich für Sie durch die Nominierung füreinen Oscar?Was ich mit Blick auf den Oscar und ganz allgemeinfürs Leben wichtig finde: Man muss lernen, nicht zubewerten und diesen ganzen Buzz nicht zu hoch zuhängen. Es geht nicht darum, einen Oscar odereinen anderen wichtigen Preis zu holen. Ich möchtemir gar nicht die große Zahl von Filmen vorstellen,die tolle Filmmusiken haben und die niemals aufeiner Bühne wie dem Oscar präsentiert werden! Wolfram Lotze

Wie kommt jeweils der Kontakt mit denFilmemachern zustande?Ich hatte nie eine Freundschaft oder eine festeAnbindung an einen Filmregisseur. Die Kontakteergeben sich immer über die Musik. Es gibt beides:Regisseure sprechen mich an oder ich kontaktiereRegisseure. Die Mehrheit kommt auf mich zu. DorisDörrie, mit der ich für »Glück« zusammen gearbeitethabe, ist vorher mehrfach zu meinen Konzertengekommen. Vor kurzem habe ich für »Tausend Arten,den Regen zu beschreiben« die Musik komponiert –ein ganz, ganz toller Film. Ich habe das Drehbuchgelesen und fand es sehr gut. Es ist der erste Lang-film von Isabel Prahl, und der Kontakt kam überMelanie Andernach von Made in Germany. Mit ihrhatte ich »Schnee von gestern« gemacht. Auf diesenFilm bin ich besonders stolz, auch weil es die ersteZusammenarbeit mit einer israelischen Filmemache-rin war – es ist ein sehr hoffnungsvoller Film.

Welchen Bezug haben Sie zum Film, zum Kino?Ich war schon immer ein Kinogänger. Meine Groß-tante hat außerdem Super 8-Filme gedreht, und wir

Volker Bertelmann ist für einen Oscar nominiert

HauschkaDer Düsseldorfer Volker Bertelmann alias Hauschka ist für seine Filmmusikzu »Lion« von Garth Davis – deutscher Kinostart am 23. Februar –gemeinsam mit Dustin O’Halloran für die diesjährigen Oscars sowie für dieenglischen BAFTA-Awards nominiert.

Volker Bertelmann, Foto: Mareike Foecking

Vorhang auf: Das Filmland NRW präsentiert sich bei derBerlinale 2017 mit 28 Produktionen. Zwölf filmstiftungs-geförderte Filme laufen in allen wichtigen Filmreihen, allein drei davon im Wettbewerb. Lola@Berlinale präsentiert weitere 16 filmstiftungsgeförderte Filme, und die Film- und Medienstiftung NRW ist wieder Haupt-partner der EFM „Drama Series Days“. Dazu kommenglanzvolle Premieren, faszinierende Screenings und die vielen Branchen-Events rund um die Filme aus NRW.

»Beuys«, Fotos: zero one film

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Freiheit gelassen hat, sich selbst dazu zu verhalten.Ich fand die Offenheit des Angebots immer wiederbefreiend. Nicht zuletzt durch Beuys’ Humor.

Also glauben Sie, Sie hätten sich mit ihmverstanden?Das glaube ich sehr. Ich habe den Film ja in jederPhase x-fach gesehen, und ich hatte nie das Gefühldes Überdrusses. Das ist ein gutes Zeichen.

Wie war denn die Zusammenarbeit mit seinerFrau Eva Beuys?Anfangs holprig, weil sie skeptisch war. Aber aneinem bestimmten Punkt konnte ich sie überzeugen.Dann war es eine sehr gute Zusammenarbeit. Sie hat einen Vertrag unterschrieben, in dem sie mirVertrauen zugesprochen hat, indem sie zugestimmthat, dass sie sich in die künstlerischen Prozesse nicht einmischt, und mir andererseits die Werkeblanko zur Verfügung stellt. Dadurch war für michdie Sicherheit da, dass ich den Film machen kann,den ich machen will und muss, ohne dass es vonirgendjemandem Anweisungen gibt.

Was würden Sie erhoffen, was der Film auslöst?Ich habe durch die Auseinandersetzung mit Beuysnochmal neu nachgedacht über einen Geldbegriff.Beuys hat in den 80er Jahren formuliert, dass Geld kein Wirtschaftswert sei, was ja nichts anderesheißt, dass Geld nicht aus sich selbst als Spekulati-onsobjekt handelbar sein soll. Wenn Geld sich aussich selbst heraus vermehrt, kommt es früher oderspäter zu Blasen, die, wie wir 2008/2009 gesehenhaben, zu gigantischen Rezessionen führen können.Und auch jetzt sind wir wieder auf dem bestenWege dorthin. Zu sehen, dass ein Künstler, der kein studierter Ökonom war, das beiläufig formuliertund keiner ihn ernst genommen hat, das ist eineAufforderung, dass wir uns alle damit beschäftigenmüssen, sonst tun das andere für uns. Dabei geht es um einen Demokratiebegriff.

Inwiefern?Die Politik ist ja im Moment sehr stark davongeprägt, dass Menschen sich nach einer Vergangen-heit sehnen, die es so nie gegeben hat. Dass eineSehnsucht möglich ist, die nach vorne in die Zukunftgerichtet ist, ist eine spannende Botschaft, geradejetzt. Wenn das neben Beuys, neben den Fettklötzen,auch wahrgenommen wird, wäre das wünschens-wert. Die Fragen sind aktuell und bleiben es auch. Der Film macht das Angebot, politisch neu undanders zu denken und das als gemeinsame Arbeit zu betrachten. Marion Meyer

Wie und wo haben Sie noch recherchiert?Ich habe 60 Zeitzeugen aufgesucht, davon haben wir 25 gefilmt, aber es sind nur noch fünf im Film,weil wir uns entschieden haben, Beuys aus sichselbst heraus zu erzählen. Dafür brauchten wir nichtso viele Zeitzeugen.

In Beuys’ Leben spielen einige Legenden eineRolle, etwa der Absturz über der Krim im ZweitenWeltkrieg, als Tartaren ihn gesund gepflegthaben. Wie geht man damit um?Offen. Ich wollte nicht zum 27. Mal fragen, wasmacht er da? Ich finde, ein Künstler hat das Recht,aus seiner Biografie jedwedes Material zu machen.Andere müssen das dann beurteilen. Interessant ist doch die Frage, für was die Erzählung steht, für welche Art von Selbststilisierung? Es spielt keineRolle, ob sie erfunden ist oder nicht. Sie ist seineWahrheit, und die schlägt sich dann in Kunstwerkennieder. Ich beurteile nicht moralisch. Das interessiertmich nicht.

Beuys’ Werk ist sehr komplex, wie kann man demgerecht werden, auch weil sie selbst Künstler sind und Ihr eigenes Kunstwerk schaffen wollen.Wie schafft man diesen Spagat?Ich glaube, es gibt nur einen Weg, nämlich dass dieWerke frei stehen. Ich bin nicht der Didaktiker, derdem Zuschauer sagt, wie er die Werke zu deuten hat.Es gibt Hilfestellung durch Beuys selbst; man kannihn beobachten bei der Entstehung der Werke, sobekommt man den Kontext der Materialien mit. Miteinem Minimum an Erklärung können die Zuschauerein eigenes Verhältnis zu den Werken entwickeln.Das kann ja auch ablehnend sein.

Könnten Sie sich vorstellen, über einen lebendenKünstler einen Dokumentarfilm zu machen?Nein. Mit Beuys habe ich mein Kontingent an Künstlerbiografie erfüllt. Für ihn wollte ich dasmachen. Ich habe jetzt schon Angebote für andereKünstlerbiografien, aber ich lehne alle ab.

Sie haben mal gesagt, dass Beuys jemand ist, andem Sie sich abarbeiten können, der nicht zufassen ist. Haben Sie den Eindruck, dass Sie ihmnäher gekommen sind?Ja, wenn man das Material so oft betrachtet, siehtman auch ganz viel Augenzwinkern, von beidenSeiten. Ich glaube, dass wir uns gut kennengelernthaben, dass er in den entscheidenden Momentennie dogmatisch war, sondern wie ein Hase nochmalden Haken geschlagen hat, dass er, trotzdem er dieMenschen für sich gewinnen wollte, doch jedem die

Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 9

Doch Toma kommt mit der neuen Entwicklung nichtzurecht. Er spürt, wie Ana ihm entgleitet und brauchtplötzlich selbst Hilfe.

»Ana, mon amour” ist eine intensive, genau beobach-tete Studie einer Co-Abhängigkeit. Während Toma fürAna zunächst einziger Halt ist, verstärkt er ihre Hilflo-sigkeit, indem er verhindert, dass sie eigene Entschei-dungen trifft. Doch mit Anas zunehmender Genesungkehren sich die Machtverhältnisse innerhalb der Bezie-hung um. Filmemacher Calin Peter Netzer erzählt diekomplexe Geschichte aus Tomas Sicht, aber nicht chro-nologisch, sondern anhand von Erinnerungen undAssoziationen. Die Ereignisse springen in der Handlunghin und her in einer emotional schlüssigen Reihenfolge.Szenen aus verschiedenen Phasen der Beziehungwerden einander gegenübergestellt, was demZuschauer einen erhellenden Blick auf die Dynamik derEntwicklung erlaubt.

Die Geschichte basiert auf einem Buch von Cezar PaulBadescu, der es mit Calin Peter Netzer für die Lein-wand adaptiert hat.

»Ana, mon amour« ist eine Ko-Produktion der ParadaFilm mit der Kölner augenschein Filmproduktion undSophie Dulac Productions. Produzenten sind CalinPeter Netzer, Oana Kelemen, Jonas Katzenstein, Maxi-milian Leo und Michel Zana. Förderung kam von derFilm- und Medienstiftung NRW. Melanie Dorda

Sie lernen sich während des Literaturstudiums in Buka-rest kennen und bereits am ersten gemeinsamenAbend erleidet Ana in Tomas Wohnheimzimmer plötz-lich eine Panikattacke. Bei dem Versuch, sie zu beruhi-gen, kommt Toma ihr nicht nur körperlich näher, derVorfall verbindet sie auch emotional. Und als ihreEltern sich gegen die Verbindung stellen, schweißt siedas nur enger zusammen. Toma will für Ana da sein.Sie klammert sich an ihn und ihm gefällt es, gebrauchtzu werden und das Zepter zu übernehmen. Als Ana dieWohnung wegen ihrer Ängste kaum noch verlassenkann, bringt er sie zu einem Arzt und drängt sie dazu,dessen Anweisungen zu folgen und ihre alten Medika-mente gegen neue Präparate zu tauschen.

Doch seine Hilfsbereitschaft grenzt bald an Selbstauf-gabe. Nach einem Selbstmordversuch pflegt er Anaganz allein, bis es ihr wieder besser geht. Er zieht sichvon Freunden zurück, um nur noch für sie da zu sein.Und als sie sich nach der Geburt des gemeinsamenKindes von der Betreuung des Babys überfordert fühlt,gibt er sogar seinen Job auf, um ganz für die Familie zusorgen.

Schließlich sucht Ana eine Therapeutin auf und erlebterstmals, dass jemand auf sie und ihre Geschichtenäher eingeht. Im Verlauf der Therapie verliert sie ihreÄngste und gewinnt an Selbstbewusstsein. Sie suchtsich eine Arbeit und macht Karriere in einem Verlag.

»Ana, mon amour«, Foto: augenschein

»Beuys«, Foto: zero one film

Berlinale Wettbewerb

»Ana, mon amour«Welchen Einfluss hat eine psychische Erkrankung auf die Liebe? Wie schnellsie eine unmittelbare Verbindung herstellt, das Zusammenleben prägt,gegenseitige Abhängigkeiten schafft und die Beziehung am Ende von innenheraus zerstört, zeigt die Geschichte von Ana und Toma im neuen Film vonCalin Peter Netzer. Deutscher Partner der internationalen Koproduktion istdie Kölner augenschein.

Interview mit Calin Peter Netzer

Auf der Leinwanderschließt sich der Sinn Woher haben Sie die Idee zu dem Film»Ana, mon amour« genommen? Wiekam es zu der außergewöhnlichen,nicht-chronologischen Erzählweise?

Ich wollte schonlänger einenLiebesfilm überCo-Abhängigkeitin einer Beziehungdrehen. Als ichden Roman »Lumi-nita, mon amour«von Cezar PaulBadescu gelesenhabe, passte die

Geschichte genau und ich behielt sie imHinterkopf. Der Film basiert auf dieserfiktiven Autobiografie. Ich traf den AutorCezar Paul Badescu und wir schriebenzusammen das Drehbuch. Nicht chronol-gisch, sondern in der Abfolge seiner Erin-nerungen. So hatte das Schreiben desDrehbuchs am Ende für den Erzähler einetherapeutische Wirkung. Auf diese Arthat er die Beziehung für sich analysiertund verarbeitet. Also erzählten wir dieStory durch die Augen der männlichenHauptfigur Toma. Anhand seiner Erinne-rungen, wie er sie in einer Therapieerzählt, springen wir in der eigentlichenHandlung hin und her. Das Drehbuch warnicht einfach zu lesen, es war riskant, dieGeschichte nicht-linear zu erzählen. Aberauf der Leinwand erschließt sich der Sinn.

Was war die größte Herausforderungbei der Produktion des Films?Das Drehbuch war eine Herausforderung:Würden die Zuschauer diese psycholo-gisch basierte Geschichte mit ihren Zeit-sprünge verstehen und ihr folgen wollen?Eine andere Herausforderung bestanddarin, die Darsteller für die Hauptrollenzu finden. Wir haben an den Theater-und Filmschulen von Bukarest nachjungen Schauspielerinnen und Schauspie-lern gesucht. Das Casting hat fast ein Jahrgedauert. Danach haben wir noch einJahr für die Erarbeitung der Rollengebraucht.

Was bedeutet es für Sie, dass der Filmauf der Berlinale gezeigt wird?Nach dem großen Erfolg von »Child’sPose« (»Mutter & Sohn«) 2013* bin ichsehr froh, dass »Ana, mon amour« indiesem Jahr auf der Berlinale laufen wird.Es ist wichtig, im Wettbewerb vertretenzu sein. Die Berlinale ist eines der größtenFilmfestivals weltweit. Die erstenZuschauer, die den Film gesehen haben,mochten ihn, darum habe ich jetzt auchnicht mehr die Befürchtung, er könnteschwierig zu verstehen sein. »Ana, monamour« soll für sich stehen und sprechen.Ich hoffe, der Film gefällt dem Publikum.

*»Child’s Pose« wurde bei der Berlinale2013 als erster rumänischer Film mit demGoldenen Bären ausgezeichnet.

Calin Peter Netzer, Foto: augenschein

Berlinale

Berlinale Wettbewerb

»Beuys«In seinem neuen Dokumentarfilm»Beuys« nähert sich FilmemacherAndres Veiel (»Black Box BRD«)einem der wichtigsten Künstler des20. Jahrhunderts an: dem Mann mit dem Hut, dem Filz und derFettecke, einer Schlüssel figur derKulturrevolte der 60er Jahre, einempolitischen Vordenker, streitbarenProfessor der KunstakademieDüsseldorf und Aktionskünstler der60er und 70er Jahre.

Herausgekommen ist kein klassisches Porträt, sonderneine intime Betrachtung desMenschen, seiner Kunst undseiner wegweisenden Ideenhauptsächlich über bisherunerschlossenes Bild- undTonmaterial. Thomas Kufus hatden Film, der im Wettbewerbder Berlinale seine Urauffüh-rung hat, mit seiner zero one

film unter Senderbeteiligung SWR/Arte und WDRproduziert, Filmstiftung NRW und Medienboard Berlinhaben gefördert. Im Gespräch mit dem Magazinberichtet Andres Veiel über das Projekt.

Warum jetzt ein Dokumentarfilm über Beuys?Was hat Sie daran gereizt?Ich bin schon auf Beuys gestoßen, als ich in Stuttgartaufgewachsen bin. Der Geist von Beuys kam auchdort an. Er hat über die Veränderbarkeit von Gesell-schaft durch die Kunst gesprochen, das hat michfasziniert. 2009 habe ich dann eine Ausstellung überBeuys im Hamburger Bahnhof in Berlin gesehen,eine explizit politisch denkende Ausstellung.

Was fasziniert Sie speziell am politischen Beuys?Beuys hat über einen Geldbegriff nachgedacht, er hat formuliert, was bedingungsloses Grund -einkommen sein könnte und warum jeder Menschein Künstler ist. Er meint ja damit, dass jeder Menschprinzipiell über eine Fähigkeit zu Gestaltungskräftenverfügt. Er hat sich in den 70er Jahren politisch bei den Grünen eingesetzt und ist aufgelaufen – siehaben ihn als Bundestagsabgeordneten abgesägt. Er konnte mit seinen Inhalten nicht reüssieren, siearbeiten jedoch aus dem Werk heraus weiter. Mit dem Film kann man sie nicht abbilden, aberlebendig machen. Ich will zeigen, dass Beuys nochsehr gegenwärtig ist mit seinem Denken.

Wie ging es weiter nach dem Besuch derAusstellung in Berlin?Der Leiter der Ausstellung, Eugen Blume, hat mirsein Archiv über Beuys geöffnet mit 300 StundenVideo- und fast eben so viel Audiomaterial. Ich habedas gesamte Material dann inhaliert, damit ich einenÜberblick habe, und Konzepte geschrieben. Mit zwei Editoren ist dann in einem sehr langen Prozessdieser Film destilliert worden, der keine Biografie ist.Wir hatten schnell festgestellt, dass wir Beuys als gegenwärtig erlebbar machen wollten, undhaben ihn am Ende nicht sterben lassen. Im Gegenteil, wir verjüngen ihn am Ende und gehen mit der Chronologie sehr frei um.

Andres Veiel, Foto: zeroone film/Arno Declair

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Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 11

European Shooting Star 2017

LouisHofmannNur fünf Jahre sind vergangenzwischen den beiden Hauptrollen in»Tom Sawyer« (2011) und in »DieMitte der Welt« (2016), in demLouis Hofmann einen jungen Mannbei seinem Coming-Out spielt. Unddoch scheint es, als liegen Weltendazwischen. Nun wird der Kölner alseiner der europäischen »ShootingStars« geehrt und mit neun anderenDarstellern auf der Berlinale derinternationalen Filmszenevorgestellt. Sein neuer Film »Unterdem Sand” ist außerdem für einenOscar nominiert.

In »Tom Sawyer« begeisterte Hofmann, 1997 inMönchengladbach geboren und in Köln aufgewach-sen, als Kinderheld. In »Die Mitte der Welt« ist er einjunger Mann mit erwachsenen Problemen. Undauch das Leben von Hofmann hat sich sicherlich vonGrund auf verändert. Mittlerweile gehört er zu dengefragtesten und meist ausgezeichneten deutschenSchauspieltalenten.

Die fünfköpfige Jury der Shooting Stars sagt überden 19-Jährigen: »Er ist eines dieser Naturtalente,frisch, natürlich und scheinbar mühelos. Louisbewegt sich von Rolle zu Rolle mit einer eindrucks-vollen Unschuld, die über die Leinwand hinaus-reicht.« Zum 20. Mal benennt die »European FilmPromotion« 2017 die Shooting Stars bei der Berli-nale. Diese Auszeichnung junger Talente hat schonviele Stars hervorgebracht, etwa August Diehl,Daniel Brühl, Heike Makatsch, Johanna Wokalek undMoritz Bleibtreu. In den vergangenen Jahren durftensich Jannis Niewöhner (2015) und Jella Haase (2016)über den Nachwuchspreis freuen. Und darüber, mitinternationalen Castingdirektoren, Agenten, Regis-seuren und Produzenten bei der Berlinale zusam-menzukommen.

Erfahrungen mit internationalen Projekten und Festivals hat der diesjährige deutsche Shooting StarLouis Hofmann schon gesammelt. Nach »TomSawyer« und der Fortsetzung »Die Abenteuer des Huck Finn« (2012), beide in der Regie vonHermine Huntgeburth, spielte er in vielen Fernsehfilmen mit. 2015 folgte die dänisch-deutscheKoproduktion »Unter dem Sand«, der u.a. von derFFHSH gefördert wurde und für Dänemark im Oscar-Rennen steht, und das Drama »Freistatt«.

Für beide erhielt der heute gerade mal 19-Jährigezahlreiche Preise, unter anderem Darstellerpreiseauf den Filmfestivals in Tokio und Peking für »Unterdem Sand« und den Bayerischen Filmpreis als BesterNachwuchsschauspieler und den Deutschen Schau-spielerpreis in der Kategorie Nachwuchs für seineRolle in »Freistatt«, in dem er einen rebellischenMann verkörpert, der in ein Fürsorgeheim abgescho-ben werden soll. Gerade stand er vor der Kamera fürChristian Züberts Komödie »Lommbock« und für dieerste deutsche Netflix-Serie »Dark«. Marion Meyer

längeren Zeitraum immer wieder eine kleinereSachen für den WDR gemacht bei der »Servicezeit«-Familie. Da ging es zunächst nur darum, Freizeitange-bote auf Kinder- und Familientauglichkeit zu testen.Jedoch hatten wir da auch eine Schauspielerin dabei,die immer mal wieder von ihrer Arbeit erzählt hat.Das hat mich fasziniert. Irgendwann hab ich sie dannausgefragt, wie man das denn wird: Schauspieler.Und dann hab‘ ich es einfach versucht.

Hätten Sie sich auch einen anderen Berufvorstellen können? Gibt es einen Plan B?Ich hab mich während der Schulzeit sehr für Psycho-logie interessiert. Ob es mir nur darum ging, denMenschen zu analysieren, um ihn dann vielleicht zuverstehen – wie bei der Schauspielerei -, weiß ichnicht. Vielleicht wäre das ein möglicher Plan Bgewesen.

Trotz Ihres Erfolgs haben Sie noch Abi gemacht.Wie haben Sie das hinbekommen, Sie haben ja daschon viel gedreht...Durch sehr viel Unterstützung von allen möglichenSeiten. Angefangen bei meinen Eltern, meinemSchulleiter Herr Dr. Junge, meinen Freunden, dieimmer wieder Verständnis gezeigt haben, mit mirmitgefiebert, mir bei Schwierigkeiten geholfenhaben. Außerdem war mir immer klar, dass ich dieSchule gerne abschließen möchte.

Mit »Lommbock« haben Sie zum ersten Mal ineiner Komödie mitgespielt? War das schwieriger?Was sind die Herausforderungen?Timing. Und dazu hatte ich große Schwierigkeiten,nicht zu lachen, wenn Moritz Bleibtreu das dümmste»Kai-Gesicht« aufsetzt. Das Dreigespann Bleibtreu,Gregorowicz und Regisseur Christian Zübert hatmich aber gut aufgenommen und eingeführt. Zudemist die Set-Atmosphäre um einiges entspannter alsbei einem Drama. Marion Meyer

Herzlichen Glückwunsch zum Shooting Star 2017 –was erhoffen Sie sich von den Kontakten in Berlin?Schließlich treffen Sie wichtige Leute der Branche.Vielen Dank! Also, wenn ich mit der Hoffnung darein gehen würde, dass aus den Treffen direkt einkonkretes Projekt resultiert, würde ich mich nurunnötig unter Druck setzen. Deswegen erhoffe ichmir erstmal eine spannende, interessante und aufre-gende Zeit. Zudem kann ich da, glaube ich, auchnoch eine Menge über internationalen Film undKoproduktionen lernen. Vor allen Dingen aber wert-schätze ich die Aufmerksamkeit, die man dort mitden anderen Shooting Stars bekommt.

In der Jurybegründung heißt es, sie schaffen ihreRollen »scheinbar mühelos« – stimmt das? Nein, »mühelos« ist meistens hart erarbeitet.

Welche Ihrer Rollen würden Sie als die bisheranspruchvollste bezeichnen? Und warum?In jeder Rolle, die ich in den letzten Jahren gespielthabe, musste ich mich wandeln und mich selbstherausfordern. Bei »Freistatt« wurde mir das ersteMal Raum für tiefschürfende Emotionalität geschaf-fen, bei »Unter dem Sand« hat mich der Regisseurzu einem Punkt der Stärke und Wut gebracht, andem ich vorher noch nicht war, und bei »Die Mitteder Welt« habe ich eine ganz neue Körperlichkeit fürPhil entwickelt, das war sicher die größte Herausfor-derung. Einmal, weil die Rolle sich sehr von mirunterscheidet, jedoch auch, weil ich extrem großenRespekt davor hatte, wie sehr sich Phil öffnet undBlöße zeigt. Geistig, seelisch und körperlich. Eine sogroße Verletzlichkeit zehrt dann auch an mir.

Wann und wodurch wussten Sie, dass SieSchauspieler werden wollen? Gab es einenbestimmten Moment?Der Wunsch, Schauspieler zu werden, kam schonganz früh auf. Ich war neun und hatte über einen

Louis Hofmann, Foto: Alex Gonzales

»Mr. Long«, Foto: Rapid Eye Movies

Regisseur Sabu, der mit bürgerlichem NamenHiroyuki Tanaka heißt, unterschiedlicher Genres. Alsbetörend cooler Mr. Long ist der Schauspieler ChenChang zu sehen, der international vor allem durchdie Zusammenarbeit mit Wong Kar-wai (»2046«)und Ang Lee (»Tiger and Dragon«) bekannt wurde.

Regisseur Sabu ist ein gern gesehener Gast auf inter-nationalen Festivals. Seine Filme zeichnen sich durchgroße Sympathie für seine Protagonisten aus, denener gleichzeitig mit sozialer Experimentierfreudebegegnet. Oft sind es ganz einfache und normaleMenschen, die durch den Zufall geführt in persönli-che Extremsituationen geraten.

»Mr. Long« fügt sich harmonisch in das Werk Sabusein und dreht dabei zwei seiner Grundmotive um.Diesmal stellt sich die Normalität als erlebter Wahn-sinn dar, und anstatt in Bewegung zu bleiben, ist Mr.Long dazu verdammt, stillzustehen. Darin liegt seinepersönliche Extremerfahrung. »Mr. Long« ist bereitsder neunte Film von Sabu, der in das Programm derBerlinale aufgenommen wurde. Neben den KölnerRapid Eye Movies produzierten Live Max Film, LDHPictures, BLK2 Pictures und Kaohsiung Film Fund inKooperation mit The Post Republic.

Berlinale Wettbewerb

»Mr. Long«Ein taiwanesischer Auftragskiller (Chang Chen) stran-det in einer japanischen Vorstadt. Seine Mission istmissglückt und ihm bleiben fünf Tage, um Geld für diegeplante Rückreise aufzutreiben. Unvermittelt erhälter dabei Hilfe: Der kleine Jun (Junyin Bai) weicht nichtvon seiner Seite und ahnungslose Anwohner zeigensich von seinen Kochkünsten so begeistert, dass sieihm ein Standbein schaffen wollen. Eifrig organisierensie ihrem schweigsamen »Mr. Long«, wie sie den Killernennen, eine fahrbare Garküche, mit der er und Junseine chinesischen Spezialitäten unter die Leutebringen können. Unheil droht, als Juns Mutter (YitiYao) von ihrem ehemaligen Dealer aufgesucht wirdund dieser Mr. Longs Fährte aufnimmt. Aber auchwenn die Vergangenheit ihn einholt – es wird für Mr.Long nicht leicht zu gehen…

Für seinen zweiten Berlinale-Wettbewerbsbeitragnach »Chasuke’s Journey« im Jahr 2015 bedient sich

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NRW@Berlinale

WETTBEWERB

BeuysRegie: Andres VeielDi, 14.2., 19.00 Uhr, Berlinale-Palast

Ana, mon amourRegie: Calin Peter NetzerFr, 17.2., 19.00 Uhr, Berlinale-Palast

Mr. LongRegie: SabuMo, 13.2., Berlinale-Palast

PANORAMA

Denk ich an Deutschland in der NachtRegie: Romuald Karmakar So, 12.2., 17.00 Uhr, Kino International

FORUM

Meine glückliche FamilieRegie: Nana & SimonMo, 13.02., 20.15 Uhr, Cinestar 8

Offene Wunde Deutscher FilmRegie: Dominik Graf, Johannes F. Sievert Fr, 17.2., 19.00 Uhr, Delphi

GENERATION K+

Die Häschenschule – Jagd nach dem goldenen EiRegie: Ute von Münchow-PohlSa, 11.2., 10.00 Uhr, Haus der Kulturen der Welt

PERSPEKTIVE DEUTSCHES KINO

EisenkopfRegie: Tian DongMi, 15.2., 19.30 Uhr, CinemaxX 3

Zwischen den JahrenRegie: Lars HenningDi, 14.02., 19.30 Uhr, CinemaxX 3

BERLINALE SPECIAL

Der junge Karl MarxRegie: Raoul PeckSo, 12.2., 20.30 Uhr, Friedrichstadt Palast

Acht Stunden sind kein TagRegie: Rainer Werner FassbinderSa, 11.2, 21.00 Uhr, Folge 1 & 2 // So, 12.2., 9.00 Uhr, Folge 3, 4 & 5, Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz

SONDERVORFÜHRUNG

Werner Nekes –Das Leben zwischen den BildernRegie: Ulrike PfeifferDo, 16.2., 11 Uhr, Cinemax

Berlinale

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Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 13

Interview mit August Diehl

Die Faszination des PrivatenSie sind »Der junge Karl Marx« in Raoul Pecksgleichnamigem Film – wie hat es sich dennangefühlt, solch eine historische Überfigur zuspielen?Ich habe ja schon des Öfteren Menschen gespielt,die es wirklich gegeben hat. Aber wahrscheinlichnoch niemals so eine Ikone wie Karl Marx. Ich bin bei diesem Projekt schon lange dabei gewesen, es gab eine unglaublich lange Vorbereitungszeit vonmindestens vier Jahren …

… die Sie wie genutzt haben?Ich habe erst einmal die Werke gelesen – »DasKapital« habe ich zwar nicht zur Gänze gelesen, aber das »Kommunistische Manifest«, das ich sehrzugänglich finde. Wobei Marx wirklich kein Autor ist,der verführerisch schreibt.

Und immer die Kinder an den Füßen hatte, weil ernämlich auch ein toller Papa war. Wo ich spontanüber mein eigenes Leben nachdachte, weil ich alleinzum Textlernen meine Ruhe brauche.

Naja, und Ehemann war er auch.Er hatte eine wahnsinnig tolle Frau. Auch das hatmich erstaunt: Jenny Marx hätte ein völlig anderesLeben haben können. Sie stammte aus aristokrati-schem Hause, aber sie hat von Anfang an gemerkt,dass dieser Mann etwas hat, was niemand sonst hat:die Fähigkeit, die Welt zu verändern. Sie hat an ihngeglaubt. Das unterschätzt man so oft, die Frauen imHintergrund – aber Jenny hat Marx enorm geholfen.Ich glaube, dass es Marx gibt, wie es ihn gibt, hängtmit dieser Frau zusammen.

Zurück zum Film: Wie sind Sie überhaupt dazugestoßen?Raoul Peck hat mich sehr früh gefragt, ob ich Lusthätte, das zu spielen. Ich mochte von vornhereinauch das Drehbuch – eine Zusage zu einem Projektist bei mir ja nicht nur immer themenbedingt. Ichfand gut, den jungen Marx zu zeigen, also nur einenkurzen Abschnitt des Lebens zu nehmen. Und michhat vor allem fasziniert, dass es auch um das Privategehen soll – dass es also nicht um einen schultaugli-chen Unterrichtsfilm gehen sollte. Für mich ist derFilm auch ein Buddy Movie über Marx und Engels,eine Freundschaftsgeschichte.

Glauben Sie, dass diese Betonung dermenschlichen Seite Karl Marx‘ bei Manchen auchauf Befremden stoßen könnte?Ja, der Mann mit dem Bart! Das kann gut sein. Dasist fast ein Experiment, denn das ist der erste Filmüber Karl Marx. Es gibt noch eine Serie aus derdamaligen Sowjetunion, die allerdings total propa-gandistisch ist. Da geht es Marx prima, er ist stetsgut gekleidet – eine Ikone. Raoul Pecks Ziel war eshingegen, wirklich den Menschen zu zeigen, einMensch obendrein, der dem 18. Jahrhundert vielnäher ist als dem 20., der französischen Revolution,dem Code Napoléon. Und der dann den Beginn derIndustrialisierung miterlebt.

Sie haben andere reale Figuren gespielt wie denSchriftsteller Bernward Vesper in Andres Veiels»Wer, wenn nicht wir«. Was ist der Unterschiedzur Darstellung rein fiktiver Charaktere?Irgendwann wird auch ein realer Charakter fiktional,weil es schließlich um Film geht, um Spielfilm. Aberrein praktisch betrachtet hat man sofort einenZugriff, wie man sich vorbereiten kann: Es gibt Mate-rial, Briefe, Schriften, Zeugenberichte. Aber trotzdemgilt, dass ein Film umso besser wird, je mehr ichdann auch von mir selber dort einbringen kann.

Wie wirkt es sich auf Sie aus, in einen historischenStoff einzutauchen wie beim jungen Karl Marx?Das beflügelt die Fantasie. Wie haben in Liège,Brüssel, aber sehr viel auch in Görlitz gedreht, unddurch das Set, aber auch die Komparsen in histori-schen Kostümen wird man tatsächlich in eine andereZeit versetzt.

Wie haben Sie persönlich den Zusammenbruchdes Sozialismus und den Fall der Mauer erlebt?Da war ich noch sehr jung und ging in Bayern zurSchule, aber es war trotzdem für uns alle ein Riesen-ding. Manchmal bereue ich, dass ich da nicht inBerlin war. Auch an die 80-er Jahre, an den EisernenVorhang kann ich mich noch gut erinnern, wie sichdas anfühlte. Ich spüre das immer noch, diese Stim-mung.

Wann sind Sie nach Berlin gezogen?Nach der Schule. Da bin ich natürlich in der Stadtherumgelaufen, da war alles noch so dunkel – keineLampen, überall Parkplätze. Ich habe vor kurzemnoch ein Foto aus dieser Zeit von der Straße, in derich wohne, gesehen. Wahnsinn: ein Parkplatzpara-dies! Frank Olbert

Haben Sie noch Anderes als die philosophisch-ökonomischen Werkegelesen?Auf jeden Fall, denn diebringen auch nicht so viel,um einen Charakter kennen-zulernen. Was mir wahnsin-nig geholfen hat, waren dieBriefwechsel zwischen KarlMarx und Friedrich Engels –

da kommt ganz stark die Persönlichkeit rüber. SeinSpott, sein Gefühl für Ungerechtigkeit, seine Geld-probleme, aber auch sein Humor. Und dieser Kampf,mit Familie im Exil zu leben, mit den vielen Kindern,die im Laufe der Zeit immer mehr wurden.

Die private Seite zu zeigen, war Ihnen einenAnliegen – waren Sie erstaunt von dieser Seite?Man bekommt viel von dem mit, was Marx gesagthat, aber wenig davon, wie er gelebt hat. DasErstaunlichste für mich war zum Beispiel, dass erjemand war, der Tag und Nacht geschrieben hat.

special

Berlinale Special

»DerjungeKarl Marx«August Diehl spielt die Hauptrolle in dem Spielfilm »Der junge Karl Marx« von Raoul Peck. Diefilmstiftungsgeförderte Produktionist zugleich der erste Kinofilm überden Wirtschaftstheoretiker undläuft als Weltpremiere in der Reihe»Berlinale Special«.

»Das Kapital” gehört zu den bekanntesten Werkender Weltliteratur. Ein Buch, das jeder kennt, das aberanscheinend nur wenige gelesen haben. Sein AutorKarl Marx ist dafür um so berühmter. Über derhohen Stirn die graue Mähne entschlossen zurück -gestriegelt, das Gesicht umrahmt ein Rauschebart:So hat es Karl Marx sogar zum Popstar gebracht, alsVorlage für einen seriellen Druck von Andy Warhol.

Doch nicht dieser offizielle, der Marx der sozialisti-schen Parteitage und der von Warhol ironisiertenPropaganda ist es, für den sich Raoul Peck interes-siert. Was und wen der 1953 in Port-au-Prince geborene Regisseur von Filmen wie »Lumumba«und »New York ist nicht Haiti« zeigen, ja, mit wem er das Publikum regelrecht bekannt machen will, ist»Der junge Karl Marx«. So hat er seinen neuen Filmgenannt, der August Diehl in der Hauptrolle und an seiner Seite Stefan Konarske als Friedrich Engelsund Vicky Krieps als Jenny von Westphalen, die spätere Jenny Marx, zeigt.

Dreh in Bocholter Industriemuseum

Karl Marx ist erst 26 Jahre alt. Er versteht sich alsPhilosoph, Historiker, Ökonom, politischer Journalistund aufklärerischer Aktivist für die Sache der Arbei-ter – Überzeugungen, die ihn in Konflikt bringen mitden restaurativen Kräften in Deutschland und derZensur der Presse, in seiner Heimatstadt Trier undauch in Köln, wo er als Redakteur der »RheinischenZeitung« arbeitet. 1843 geht die Familie Marx ins Exil nach Paris. Hier lernt der Theoretiker der Welt -revolution kennen, was die spätere Hagiographiezumal osteuropäischer Prägung verschämt allzu gernunterschlägt: Zurückweisung, gar Ausweisung, undZwänge »kleinbürgerlicher«, weil dem Erhalt derjungen Familie dienender Natur, die Marx nicht nureinmal in die Rolle des Bittstellers zwingen.

Seinen Film hat Peck zum Teil an Originalschauplät-zen wie Brüssel gedreht, wohin die Familie 1845

Heute ist das Engelshaus, die Residenz der Groß -eltern Friedrichs, ein Museum. Nicht zuletzt ist PecksFilm aber ein Liebesfilm, eine Verbeugung vor Jennyvon Westphalen, die auf ein Leben in aristokrati-scher Sorglosigkeit verzichtete und sich auf die mehrals riskante Existenz an der Seite eines Umstürzlerseinließ. »Die Philosophen haben die Welt nurverschieden interpretiert«, heißt es in Marx’ Thesenzu Feuerbach, die im Film in einem Dialog aufgelöstwerden – »es kömmt darauf an, sie zu verändern.«Wer, wenn nicht Jenny Marx, hat am eigenen Leibgespürt, was ein solcher Satz für seinen Urheberbedeutete?

Was auch immer »Der junge Karl Marx« über denTitelhelden und über Friedrich Engels verrät – es ist auch ein Film über die meist übersehene, mitSchweigen und Ignoranz bedachte Frau an seinerSeite. Die Frau, die in den Geschichtsbüchern kaumauftaucht, ohne die Karl Marx jedoch vermutlich nieGeschichte hätte schreiben können. Frank Olbert

umsiedeln musste. Wichtige Szenen wurden darüberhinaus in NRW im LWL Industriemuseum Textil-Werk in Bocholt inszeniert. Auch Görlitz war Kulissefür »Der junge Karl Marx«, weil hier die historischeBausubstanz zu finden war, die zur Mitte des 19.Jahrhunderts passt. »Wir wollten so nah wie möglichan einer realen Geschichte lebendiger Figuren undim Zeitgeist ihrer Epoche bleiben«, kommentiertPeck seinen Film, »deshalb haben wir vor allem aufdirekte Quellen aus der Zeit, insbesondere auf dieBriefe Bezug genommen.« Diese Korrespondenzen –zwischen Marx und Engels, in hohem Maß aber auchdie zwischen den Eheleuten – haben auch auf denHauptdarsteller August Diehl starken Einfluss gehabt,was sich in seiner Interpretation der Figur natürlichniederschlägt: »Der junge Karl Marx«, das ist auchdie Geschichte der Freundschaft zwischen einemfundamental denkenden Gesellschaftskritiker undeinem Industriellenspross aus dem Bergischen Land,dessen Familie eine ganze Siedlung in Barmen –einem Stadtteil des heutigen Wuppertal – zumBetrieb ihrer Textilfabriken mit Filialen bis nachManchester gründete.

August Diehl, Foto: Kurt Krieger

»Der junge Karl Marx«, Foto: Neue Visionen

Berlinale

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14 < Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017

Berlinale Special

»AchtStundensind kein Tag«Mit der fünfteiligen TV-Serie »AchtStunden sind kein Tag« setzte sichRainer Werner Fassbinder mit demArbeitsleben der 70er Jahreauseinander. Wie viele Stundenbleiben nach einem achtstündigenArbeitstag, die nicht vonberuflichen, politischen undfamiliären Problemen bestimmtsind? Erstmals wurde eineFamilienserie im Arbeitermilieuangesiedelt, sozialpolitische undökonomische Aufklärung verbundenmit Alltagsgeschichten vollSpannung und Unterhaltungswert. Die Serie ist eines der frühenFernsehwerke von Rainer WernerFassbinder, das 1972 vom WDRproduziert und nun von der RainerWerner Fassbinder Foundationaufwendig restauriert wurde. Es isteines der letzten FernsehwerkeFassbinders, dessen Rechte für eineDVD, Kino- und Online-Auswertungbisher nicht zu Verfügung standen.Bei der Restaurierung wurde auf das 16-mm Original-Positivzurückgegriffen und auf aktuellemtechnischem Standard inursprünglicher Bild- und Tonqualitätwiederhergestellt. Die FilmstiftungNRW förderte die Restaurierung,weitere Förderer sind die FFA, R.W.F. Werkschau und der Verlagder Autoren. Auf der Berlinale wirddie aufwendige Restaurierunguraufgeführt, zeitgleich wird eineDVD bei Studiocanal erscheinen.Peter Kremski sprach mit Juliane Lorenz, Präsidentin undGeschäftsführerin der RainerWerner Fassbinder Foundation inBerlin, über die Restaurierung.

Referenz für die Restaurierung, auch was die Lichtbe-stimmung betraf. Und für den Ton hatten wir die Originalmischbänder zur Verfügung.

Wie wurde die Restaurierung dann umgesetzt?Heute ist die Technik natürlich eine andere. Die Übertragung eines analogen Materials in eine heutezeitgemäße digitale Materialgrundlage ist in der Tateine ganz besondere technische Herausforderung.Die Scanner, die ARRI erfunden hat, sind hochqualita-tiv und werden nicht umsonst weltweit geschätzt.Das ist das Besondere an der Kunst von ARRI, dasssie dort in Einzelbildschaltung das Bild genau erfassen. Und mit Traudl Nicholson gibt es dort einekongeniale Color Graderin. Eine Restaurierung istletztlich immer ein Rewriting.

Es geht natürlich auch um den Erhalt des Filmerbes.Wir haben digital im Format 2-K abgetastet. Auch für die DVD-Auswertung muss man entsprechendesMaterial liefern. Damit sind natürlich hohe Kostenverbunden. Am Ende lassen wir dann auch noch einneues Negativ auslasern von unserer Original-Restaurierung, weil ein Negativ länger die Zeit über-dauert. Die digitalen Datenbänke sind nicht zur Lang-zeitarchivierung geeignet, obwohl man sich dasgerne so vorstellt. Das ist meine Überzeugung, unddas zu vermitteln, sehe ich auch als meine Mission.Immer mehr wird dem auch gefolgt, auch wenn manüber die Kosten nicht glücklich ist. Das gehört aberzu meinem Grundverständnis, was den Erhalt desFilmerbes betrifft. Das MoMa New York etwa lässtalle zehn Jahre wieder analoge Dubnegative herstel-len. Auch Archive in Europa restaurieren dual, also

Interview mit Juliane Lorenz

Als würde man einenneuen Film drehen Die fünfteilige Serie »Acht Stunden sind kein Tag«, entstanden 1972, gehört noch zumFrühwerk Rainer Werner Fassbinders und wareine reine Fernsehproduktion, hergestellt vom WDR. Jetzt erlebt sie, sorgfältig restauriert,eine Kinoaufführung in einem Special derBerlinale. Wie ist die Restaurierung in diesem Fallvonstatten gegangen?

Als ich Anfang der 1990erJahre die Leitung der RainerWerner Fassbinder Founda-tion übernahm, habe ich mirvon Anfang an Vieles vorge-nommen. Auch deshalb, weil ich an seinem Werk sehrbeteiligt gewesen war – beivierzehn Filmen in den letztensiebeneinhalb Jahren. Es hatsich mir sehr schnell die Frage

gestellt, in welchem Zustand sich das Grundmaterialseiner Filme befindet. Diese Frage stellte sich mirauch bei den Fernseharbeiten, bei denen er nichtselbst Rechteinhaber war, weil er sie nicht selbstproduziert hat. Da ich immer einen guten Draht zum WDR gehabt habe, bin ich schon Mitte der 90er Jahre mit einem Kopierwerkmeister dorthingepilgert. Wir wollten sehen, in welchem Zustandsich »Acht Stunden sind kein Tag« befindet. Undschon damals habe ich mir vorgenommen: Das muss restauriert werden!

Ergaben sich dabei irgendwelche Schwierigkeiten?Der WDR hat sich dem gegenüber sehr offen gezeigtund mir gesagt: Dann nimm‘ das Werk, aber über-nimm‘ auch die Verantwortung. Wir haben einenVertrag miteinander gemacht, und ich habe einesehr lange Auswertungszeit bekommen. Der WDRhat damit die Rechte an der Ur-Produktion, und dieFoundation hat die Rechte an der restauriertenProduktion. Das ist dann gewissermaßen eine neueProduktion mit den Daten und Materialien eineralten Produktion. Ich habe einen ganzen Stab vonMitarbeitern. Das ist tatsächlich so, als würde icheinen neuen Film herstellen.

Gab es etwas, das bei der Restaurierungbesonders zu beachten war?Wenn ein Fernsehfilm außerhalb des Mediums Fernsehen ausgewertet wird, ist damit eine außer-fernsehmäßige Rechteklärung verbunden. Dasbetrifft die verwendeten Musiktitel, aber auch dieLeistungsschutzrechte der Schauspieler und dieUrheberrechte bei den künstlerischen Mitwirkungen.Das Drehbuch hat Rainer in diesem Fall ganz alleingeschrieben, so dass keine Stoffrechte zu klärenwaren wie bei »Welt am Draht«, wo es eine Roman-vorlage gab. Wenn es um Musikrechte geht, kann es schwieriger werden. Rainer hat auch viele amerikanische Musiktitel verwendet. Das ist eineMenge Recherche. Wir haben für die Rechteklärung alles zusammen zwei Jahre gebraucht.

Gab es besondere Herausforderungen intechnischer Hinsicht?In dem Sinne nicht, weil das 16mm-Originalpositivkaum angerührt worden ist und im WDR-Archiv gutkonserviert worden war. Ich habe ja schon damalsgleich nach der Materialsichtung beim WDR Mitte der90er Jahre von dem 16mm-Umkehr-Original zur Absicherung ein analoges 35mm-Dubnegativ herstel-len lassen zusammen mit einer Positivkopie. Das warzu einer Zeit, als das Material noch nicht so ausge-bleicht war und noch viele da waren, die an der Seriemitgearbeitet haben, und es zudem auch noch eingutes Kopierwerkswissen gab. Damit hatten wir eine

Juliane Lorenz, Foto: RWFF/ Elfi Mikesch

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„Sie können diese Rentner doch unmöglich in die Mission einbinden?!“

E i n F i l m v o n R O B E R T T H A L H E I M

A N Z E I G E

Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 15

Projekt der FFA gibt. Die Film- und MedienstiftungNRW, zu der es über viele Jahre eine besonders guteBeziehung gibt, hat uns aber schon 2013 eine Zusagegegeben. Um die fehlende Finanzierung zu schlie-ßen, mussten wir jedoch warten. Es ist aber immerdas MoMa dabei. Auch von dort habe ich schon2013 einen »letter of intent« bekommen. Dannhatten wir das Glück, dass die FFA in diesem Fallauch ein Fernsehwerk unterstützt und jede einzelneFolge der fünfteiligen Serie auch als einzelnen Filmgewertet hat. Die Folgen haben ja alle Spielfilmlängemit einer Dauer zwischen 88 und 111 Minuten. Dannhaben wir mit unserer Vertriebsfirma noch was dazugegeben. Und auch ARRI hat noch mitgeholfen.

Jetzt ist »Acht Stunden sind kein Tag« erst einmalin einem Berlinale Special zu sehen.Ich bin so traurig, dass Hauptdarsteller GottfriedJohn das nicht mehr miterlebt. Er war so glücklichdarüber. Jetzt ist er schon verstorben. Auch RudolfWaldemar Brem, der mitgespielt hat, ist im vorigenJahr verstorben. Aber wir hoffen, dass wir HannaSchygulla und Irm Hermann da haben werden undnoch einige andere, wie zum Beispiel Hans Hirsch-müller, Wolfgang Zerlett und Peter Gauhe. Ich hoffe,dass auch der dänische Musiker Jens Petersen dabeisein wird, der heute unter dem Namen Fuzzybekannt ist und damals unter dem mysteriösen Pseu-donym Jean Gepoint die Filmmusik komponiert hat.

digital mit Absicherung auf analogem Negativ. Auchwas man auf den digitalen Datenbänken hat, mussman alle fünf Jahre neu übertragen. Insgesamt sinddas immense Kosten.

Wie ist die Restaurierung finanziert?Hier geht es ja um rund acht Stunden Film. DieKosten dafür belaufen sich bisher auf 850.000 Euro,wobei das für das Negativ-Auslasern noch nichtreicht. Bei »Berlin Alexanderplatz« hatte ich dasGlück, die Restaurierung mit einer riesigen Unterstüt-zung der Bundeskulturstiftung machen zu können.Auch bei »Welt am Draht« gab es diese Unterstüt-zung. Diesmal leider nicht, mit der hauptsächlichenBegründung, dass es jetzt ja das Digital Content

»Acht Stunden sind kein Tag«, Foto: Rainer Werner Fassbinder Foundation

Berlinale

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Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 17

Panorama

»Denk ich anDeutschlandin der Nacht«Fünf DJs/Musiker bei der Arbeit im Studio, im Club,auf der Bühne. Außerdem: Persönliche Reflektio-nen über ihren Werdegang und die weite Welt derelektronischen Musik. Dazwischen: Bilder vonleeren Clubs im Tageslicht, von vollen Tanzflächenin der Nacht, von den Umgebungen der Studios, indenen die Musik entsteht, die die Nacht zum Tagmacht. Das sind die Elemente, aus denen »Denkich an Deutschland in der Nacht« besteht.

Doch Romuald Karmakars Dokumentarfilm ist weit mehr als ein Porträt der DJs, Musiker undTechno-Aktivisten Sonja Moonear, Ricardo Villalobos, Roman Flügel, Move D und Ata Macias, sondern ein Film, der sich sehr grund -sätzlich Musik im Allgemeinen und elektronischerMusik im Besonderen nähert.

Die Gedankenflüge der DJs heben dabei oft beiganz persönlichen Gedanken ab. Der HeidelbergerMove D etwa entwickelt aus der Kindheits -erinnerung an den Klang des Luftzugs unter der Türeloquent eine ganze Kosmologie der Musik. DieGenferin Sonja Moonear erklärt mit Hilfe ihrereigenen Erfahrungen als Clubgängerin die Länderund Generationen verbindende Kraft der elektroni-schen Tanzmusik – und wie der Calvinismus die musikalische Entwicklung in ihrer Heimat behindert hat. Der Frankfurter Ata Macias erinnertsich daran, wie ihn die Musik von »Kraftwerk« und die Platten eines schwarzen G.I.s aus der Nachbarschaft geprägt haben und wie sich ganzähnlich Deutschland und die USA gegenseitig inder Entwicklung der Clubmusik beeinflusst haben.Alle Protagonisten sind schon seit den neunzigerJahren im Geschäft, mit dementsprechend weitemHorizont können sie über sich, ihre Subkultur undderen Entwicklung sprechen.

Die soziologischen und philosophischen Höhen-flüge werden geerdet durch die konkrete Arbeit an den Beats, alleine im Studio, vor den Menschen-mengen auf der Tanzfläche und manchmal auchimprovisierend mit anderen Musikern auf derBühne. Regie und Schnitt lassen dabei Raum fürden Zuschauer, selber Querverbindungen zuziehen, weiterzudenken, mitzuphilosophieren.

»Denk ich an Deutschland in der Nacht« ist dervierte Dokumentarfilm von Romuald Karmarkarüber Techno und artverwandte Stile. »196bpm«(2002) und »Between the Devil and the Wide BlueSea« (2005) konzentrierten sich vor allem auf die performativen und körperlichen Aspekte von elektronischer Musik, »Villalobos« (2009) aufeinen Protagonisten der Szene. Mit »Denk ich anDeutschland in der Nacht« entwirft er das bisherumfassendste und tiefgründigste Bild einer Subkultur, die die letzten Jahrzehnte geprägt hat.

Der Satz »Denk ich an Deutschland in der Nacht«stammt aus Heinrich Heines Text »Nachtgedanken«von 1843. Der Film, bei dem Frank Griebe hinterder Kamera stand, wurde von den Kölner Rapid Eye Movies koproduziert, Produzent ist AndroSteinborn, Koproduzent Stephan Holl.

Interview mit Nana & Simon

Schöpfen aus der Kultur und derTradition Woher kommt die Idee zu »Meineglückliche Familie«?

Die Idee einessolchen Filmeskommt nicht aufeinmal, sondernbegleitet einen erstmal eine ganzeWeile. Vor allem dieCharaktere sind beiuns aus dem echtenLeben gegriffen undkommen häufig ausdem direkten

Umfeld. In diesem Fall waren das meineFamilie und die Frauen in meiner Familie.Es war ein gewisses Gefühl für eine Frauda, die über die Hälfte ihres Lebens gelebthat und zurückblickend feststellen muss,dass sie eigentlich immer nur für dieAnderen gelebt hat – als Tochter, alsMutter, als Ehefrau. Es gibt aber etwasUrsprüngliches, das in ihr noch lebendig ist.Um so einen Charakter dreht sich dieGeschichte von »Meine glückliche Familie«.

Welche Besonderheiten und Vorzügebietet das Filmland Georgien bei derRealisierung Ihrer Projekte?

Ohne Georgien istunser Film unvor-stellber: Der Filmspielt in der Haup-stadt Tbilisi, dieGeschichte ist georgisch, so wie die Schauspieler und die Sprache.

Wenn man einegeorgische

Geschichte erzählt, dann hat das Land hier natürlich eine Schlüsselfunktion. Wir schöpfen aus der Kultur und der Tradition des Landes und sind inspiriertvon den Menschen in Georgien.

Von der finanziellen Seite her ist die georgi-sche Filmförderung unerlässlich. Außer-dem gibt seit kurzem ein »Cash-Rebate-Programm«, mit dem das Drehen inGeorgien gefördert wird. Das Besondere istauch generell das filmfreudliche Umfeld,was Drehgenehmigungen und die Bereit-schaft und Offenheit der Bevölkerungbetrifft, Filmprojekte zu unterstützen.

Ihr Film »Die langen hellen Tage« warbereits ein Festivalrenner. Was bedeutetIhnen die Einladung zur Berlinale 2017?Die Berlinale ist für uns das Festival, wo wirunseren ersten gemeinsamen Film imForum gezeigt haben, und das wird immerder Ort der ersten, großen Erlebnisse bezüglich der Begegnung mit dem Publikumsein. Berlin ist auch unsere Heimatstadt(Simon ist in Berlin geboren, Nana hat inBerlin studiert und lebt seit mehrerenJahren in Berlin). Deswegen haben wir unssehr gefreut, auch mit unserem neuen Filmwieder im Forum der Berlinale zu laufen.Wir freuen uns auf das Wiedersehen mitdem wunderbaren Publikum.

Nana Ekvtimishvili, Foto: augenschein

Simon Gross, Foto: augenschein

Am Abend ihres 52. Geburtstags verkündet die Literatur-lehrerin Manana ihrer völlig überraschten Familie, dasssie Raum für sich benötigt und daher ausziehen wird –nachdem sie 30 Jahre lang mit ihrem Mann verheiratetist und zusammen mit diesem, ihren Eltern und ihrenzwei erwachsenen Kindern samt einem Schwiegersohn ineiner Drei-Zimmer-Wohnung in Tbilisi lebt.

Die Familienmitglieder aus drei Generationen sindäußerst unterschiedliche Charaktere: Es sind MananasEhemann Soso (55); ihre Tochter Nino (24), die verhei-ratet ist mit ihrem Mann Vakho (27); Mananas SohnLasha (20); sowie Mananas Mutter Lamara (72), dieStütze der Familie und schließlich noch Mananas VaterOtar (80), der nach einem langen und anstrengendenLeben sehnsüchtig vom Tod träumt, welcher jedoch aufsich warten lässt.

Zunächst nimmt die Familie Manana’s Entscheidungnicht ernst. Doch als diese tatsächlich ihren Koffer packtund geht, sind alle geschockt und fassungslos: Wohin willsie denn gehen? Wer hat sie dermaßen aufgeregt?

Manana ist doch bereits jenseits des »Scheidungsalters«und hat einen guten Ehemann, der weder trinkt, nochDrogen nimmt oder sie schlägt…

Nana & Simon führten bei »Meine glückliche Familie«Regie. Nana Ekvtimishvili, ursprünglich in Georgiengeboren, studierte Theater und Drehbuch an der HFFPotsdam-Babelsberg in Deutschland. Simon Grossmachte seinen Abschluss an der HFF München.Gemeinsam schrieben sie das Drehbuch zu SimonsDebütfilm »Fata Morgana«, der 2007 auf dem FilmfestMünchen seine Premiere feierte und den YoungCinema Award für die Beste Regie gewann.

Nana schrieb das Drehbuch für den nächsten Spielfilm»In Bloom«, bei dem sie zusammen Regie führten. »InBloom« wurde zu beinahe 100 Festivals weltweit eingela-den, gewann dabei über 30 Preise und war der georgi-sche Oscar-Beitrag für den Besten Fremdsprachigen Film2014. Neben seinem Part als einer der beiden Regisseureist Simon Gross auch der Produzent auf der georgischenSeite der Produktion.

»Meine glückliche Familie«, Foto: augenschein

Forum

»Meine glückliche Familie«

»Denk ich an Deutschland in der Nacht«, Foto: Arden Film

»Denk ich an Deutschland in der Nacht«, Foto: Romuald Karmakar/Pantera Film

Berlinale

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Forum

»Offene Wunde DeutscherFilm«Der deutsche Film ist viel zureichhaltig, um in einer einzigenDokumentation gewürdigt zuwerden. So war es fast nurfolgerichtig, dass Dominik Graf undJohannes Sievert nach »VerfluchteLiebe Deutscher Film« einenweiteren Dokumentarfilm überGenrekino in Deutschlandrealisierten.

»Offene Wunde Deutscher Film« macht da weiter,wo der erste Film aufhörte. Die Suche nach Heimatim Werk von Filmemachern aufzuspüren, die sichdas nicht explizit auf die Fahnen schreiben, sondernin der Abbildung von Wirklichkeit ahnen, spüren,sehen lassen. Die neue Reise zu den »Nachtschatten-gewächsen des deutschen Filmschaffens” spürteinmal mehr dem Gedanken des Filmemachers alsFilmautor nach, dessen Handschrift sich darinausdrückt, dass die Erzählweise seines Films ebennicht nur durch das Wort, sondern – mindestens –gleichwertig über das Bild Ausdruck findet.

Neuer Blick auf vergessene Wirklichkeit

Waren Roland Klick und Klaus Lemke wichtige Prota-gonisten des ersten Films, rücken diesmal WolfgangPetersen, Peter F. Bringmann und Wolfgang Büldt inden Brennpunkt der Betrachtung. Aber auch Außen-seiter wie Robert Sigl (»Laurin«), Eckhard Schmidt(»Der Fan«) Jürgen Goslar (»Der flüsternde Tod«)oder Roger Fritz (»Frankfurt ‚Kaiserstraße‘«) sowieprägende Musiker wie Eberhard Schoener, JürgenKnieper und Klaus Doldinger schärfen den neuenBlick auf vergangene, auch vergessene Aspekte vonWirklichkeit. Die Zusammenarbeit ist dabei sicherlichdadurch geprägt, dass zwei Filmemacher einensubstanziell gleichen Filmgeschmack teilen, aberimmer noch in der Lage sind, sich gegenseitig mitEntdeckungen und Sichtweisen zu überraschen.

Unschlüssig ist einmal mehr, ob es eine Kinoauswer-tung geben wird. »Verfluchte Liebe Deutscher Film«wurde nicht in den Kinos gespielt, eroberte sich aberauf seiner umfangreichen Festivaltour nach der Welt-premiere in der Berlinale-Sektion Forum des jungeninternationalen Films 2016 eine aufgeschlossene,diskussionsfreudige Fangemeinde.

Trotz der zwischenzeitlichen Ausstrahlung auf Artesieht Johannes Sievert noch Luft für weitere Auswer-tung: »Unsere Filme sind ja nicht auf tagesaktuellenSofortverzehr hin konzipiert. Denkbar scheint uns fürdie Zukunft eine Kinoauswertung für Liebhaber. Daswäre dann ein Paket mit unserem Film und einemoder zwei Titeln, an die wir erinnert haben.« DasKino als Gemeinschaftsort, um das Kino zu feiern.Uwe Mies

Sievert: Wir begeben uns aufeine weitere archäologischeReise in die Steinbrüche eineranderen deutschen Filmge-schichte. Ganz im Sinne vonThomas Elsaesser ist es jadenkbar, dass diese Nacht-schattengewächse unsereKultur vielleicht besser zumAusdruck bringen und sieverständlicher machen als esder Kanon der vorgeblich rich-tigen, guten und wichtigenFilme tut. Wenn die Wahrheites liebt, sich zu verbergen,warum dann nicht dort nachihr suchen, wo man sie amwenigstens vermutet: imAction- und Gangster-Film, imscheinbar Trivialen, in denGenres.

Wer ist die Zielgruppe?Graf: Ich habe immer nur eine Zielgruppe wenn icheinen Film mache: Alle.Sievert: Oder zumindest alle, die Spaß an Entdeckun-gen haben, die Vergnügen empfinden, Filme undZusammenhänge in einem anderen Licht zu sehen,die sich überraschen lassen wollen von dem, wasunsere Filmgeschichte auf Lager hat …

Welche Entdeckung war für Sie diesmalmaßgeblich?Graf: Alle Filme und Regisseure und Drehbuchauto-ren, die hier vorgestellt werden. Eine kleine Sonder-stellung haben vielleicht Jürgen Goslars zwei Afrika-Filme.Sievert: Da wir diesmal auch eine TV-Ecke eingebauthaben, kann ich nur sagen, dass die Fernseharbeitenvon Wolfgang Petersen auch bei einem Wiedersehenimmer noch sehr gut funktionieren. Ich sage nur mal»Smog« – nicht mehr ganz so zeitgemäß wie damals,aber an der Klasse und Intensität der Gestaltungändert das nichts. U.M.

Viel Verschüttetes

Interview mit Dominik Graf undJohannes SievertIst der deutsche Film noch der Entdeckung wert?Dominik Graf: Wenn man den Pfad des offiziellenFilmgeschichts-Kanons und von der Branche bejubel-ter Filme von Weltniveau verlässt – dann findet manviel Interessantes. Johannes Sievert: Es gibt einfach so viel Verschütte-tes, was unglaublich gut und spannend ist, dass esunbedingt wiederentdeckt werden muss. Bei mirwar das so, als ich letztes Jahr in Locarno auf derRetro »Geliebt und verdrängt: Das Kino der jungenBundesrepublik Deutschland von 1949 bis 1963«Harald Brauns »Der gläserne Turm« von 1957 sah.Was für eine Granate! Wahnsinn! Nach dem Kinobe-such war ich hin und weg von diesem Film!

Wie waren die Reaktionen bislang auf die»Verfluchte Liebe…«?Graf: Ich glaube, vor allem erstaunt. Und dann gibt‘s natürlich die ganzen Spezialisten, die in soeinem Fall immer sagen: »Den habt ihr vergessenund den und den…«Sievert: Dieser vom Budget her doch kleine Film hat eine sehr schöne Festival-Reise hinter sich vonder Premiere bei der Berlinale im letzten Jahr überLocarno nach Shanghai, mit Zwischenstopps u.a. beim Festivals des deutschen Film oder dem wunderbaren Besonders Wertlos Festival in Köln…

Was dürfen die Zuschauer vom zweiten Teilerwarten?Graf: Den Versuch, das Genre-Kino – vor allemwieder Action und Horror – von 1945 bis heute zupräsentieren. Die Unterdrückung des gewalttätige-ren Genre-Kinos heute kann man gleichsetzen miteiner (Selbst-)Zensur des deutschen Kinos. Das braveÜber-Ich regiert, und die dunkleren Freuden werdenausgemerzt. Wie bei Freuds »Unbehagen an derKultur«.

Dominik Graf, Foto: Susi Knoll

Johannes F. Sievert, Foto: Augustin Film

Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 19

Knapp 100 Jahre alt ist die Bilder -geschichte »Die Häschenschule«,die Albert Sixtus 1924 mitIllustrationen von Fritz Koch-Gothazu Papier brachte. Nun hat man sich bei Akkord-Film (»Der kleineRabe Socke«) der beliebtenOstergeschichte angenommen, die sich mehr als zweieinhalbMillionen Mal verkauft hat. Derzeitgemäß modernisierte Stoff wird als Animationsfilm in 3D-Optikseine Weltpremiere bei derBerlinale feiern.

»Die Häschenschule – Jagd nach dem goldenen Ei«setzt die Erfolgsgeschichte filmstiftungsgeförderterKinder- und Jugendfilme fort. Beim ehemaligenKinderfilmfest, das sich seit 2007 in die Wettbe-werbe »Generation Kplus« und »Generation 14plus«gliedert, waren im vergangenen Jahr die gefördertenFilme »Das Tagebuch der Anne Frank« und »MollyMonster – Der Kinofilm« zu sehen. Nun reiht sichmit »Die Häschenschule« eine Koproduktion vonAkkord Film mit Virgin Lands ein, die unter Senderbe-teiligung des NDR und des SWR entstand.

Die Idee für die längst überfällige filmische Adaptiondes deutschen Osterklassikers geht auf den Produzenten Dirk Beinhold zurück. Der Gründer und

Pohl im Gespräch mehrfachbetont. Die Animationsregielag in den Händen von PeterBohl (»Mullewapp – Eineschöne Schweinerei«), für dieSprachaufnahmen mit denSynchronsprechern zeichneteErik Stappenbeck (»Keinohr-hase« und »Zweiohrküken«)verantwortlich. Im Zusam-menspiel mit unterschiedli-

chen »Heads of Departments« und allen beteiligtenKreativen, in dem sich alle ständig gegenseitigergänzten, sei etwas entstanden, was viel mehr seials die Summe seiner Teile. Besonders eng war dabeifür die Regisseurin die Zusammenarbeit mit dem Art Director Heiko Hentschel (»Ooops – Die Arche istweg…«): »Mit Heiko habe ich von Anfang bis Endeam längsten und intensivsten zusammengearbeitet,mit ihm habe ich dem Film ein Gesicht gegeben undden Stil für die Welt des Films festgelegt.«

Animatorische Herausforderungen

Dabei bestanden die größten animatorischen Heraus-forderungen für von Münchow-Pohl darin, die Mimikder Figuren überzeugend zu bewerkstelligen, damitder Zuschauer »die Gedanken und die Gefühle derCharaktere abnehmen kann«, sowie die Bewegun-gen der Hasen und Füchse als Verbeugung vor denZeichnungen in der Buchvorlage anzulegen, in dersie statt auf den Ballen auf Zehenspitzen gehen.Prominente Unterstützung erfuhr das Projekt schließ-lich auch in der Besetzung der Synchronsprecher.Senta Berger (»Unter Verdacht«) und Friedrich vonThun (»Schwarzach«) leihen den Lehrern in der»Häschenschule« ihre Stimmen. Die 1941 in Wiengeborene Berger verbindet mit dem Buch ganzpersönliche Erinnerungen, weil sie es während desZweiten Weltkriegs als kleines Mädchen immer mitin den Luftschutzbunker nahm und als wichtigenTrostspender ansieht. Nach seiner Weltpremiere aufder Berlinale wird »Die Häschenschule – Jagd nachdem goldenen Ei« ab dem 16. März von UniversumFilm in den Kinos gestartet. Frank Brenner

Leiter der Akkord Film Produktion GmbH konnte dieRegisseurin Ute von Münchow-Pohl direkt mitseinem spannenden Konzept für den Film begeis-tern. »Ein moderner Stadthase wird hier in eine alte,eher angestaubte Welt geschickt. Das miteinanderzu verbinden und die Tatsache, dass der Zuschauermit dem Helden etwas eher Unbekanntes entdeckenkann, fand ich von Anfang an sehr reizvoll«, so dieRegisseurin, die bereits bei den »Kleine Rabe Socke«-Kinofilmen mit Beinhold zusammengearbeitet hatte.Die Vorlage kannte die Filmemacherin nicht aus ihrer eigenen Kindheit, aber war mit ihr in späterenJahren vertraut geworden. Die schönen, lebendigenIllustrationen hinterließen bei ihr einen bleibendenEindruck.

Prominente Synchronsprecher

Eine Geschichte für einen 80-minütigen Spielfilmkonnte Sixtus‘ Buch indes nicht liefern. Deswegenwar recht schnell klar, dass man einiges hinzudichtenund in diesem Zuge auch an unsere heutige Zeitanpassen musste. Die Erziehungswerte, die in der»Häschenschule« 1924 transportiert wurden, hätteman im Jahr 2017 ohnehin nicht mehr uneinge-schränkt übernehmen können. Auf dem Buchcoverselbst wurde deswegen schon vor einigen Jahren derRohrstock von Häschenlehrer Eitelfritz retuschiert,weil er als nicht mehr zeitgemäß eingestuft wurde.Für von Münchow-Pohl sind ohnehin das »heimeligeGefühl und das Sich-aufgehoben-fühlen« in derHäschenwelt die größten Stärken der Vorlage.

Ein Animationsfilm wie »Die Häschenschule – Jagdnach dem goldenen Ei« sei in erster Linie eineenorme Teamarbeit, wie Regisseurin von Münchow-

Ute von Münchow-Pohl, Foto: Universum

»Die Häschenschule - Jagd nach dem goldenen Ei«, Foto: Universum

Generation Kplus

»Die Häschenschule – Jagd nach dem goldenen Ei«

Berlinale

»Offene Wunde Deutscher Film«, Foto: Augustin Film

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Tag aufstehen und trainieren. Vor allem dem Torwartfällt das schwer. Er wünscht sich ein schweres Fieber,damit er in die Krankenstation kommt und sichausruhen kann. Er ist einer der jungen Protagonisten,denen sich Tian Dong vorsichtig nähert, immer mitRespekt. »Einen Schüler habe ich sogar ganz rausge-schnitten, weil er seine Geschichte doch nicht mehröffentlich erzählen wollte«, erzählt der Regisseur.

Mit seinen zwei deutschen Kameramännern Chris-tian Mario Löhr und Alexander Pauckner ist er schoneinige Zeit vor dem Dreh nach China geflogen, umdas Vertrauen zu den Schülern aufzubauen. »Diemussten sich erst an die blonden Haare der beidenDeutschen gewöhnen«, erzählt Tian Dong, der selbstseit 2007 in Deutschland lebt und von 2009 bis 2015an der KHM Regie und Kamera studiert hat. Siehaben zusammen Fußball gespielt, geredet, geges-sen. Manchmal lief die Kamera schon mit, damit dieJugendlichen die Scheu davor verlieren.

Dreharbeiten unter staatlicher Kontrolle

Der Dreh selbst dauerte 25 Tage, kurz für einenDokumentarfilm, findet Dong. Die Film- und Medien-stiftung hat die Entstehung des Diplomfilms mit19.000 Euro unterstützt. In der ersten Drehwochewar immer ein staatlicher Kontrolleur dabei, derauch mal Anweisung gegeben hat, man sollte erstputzen in der Schule, bevor gedreht wird. Er wollte,dass alles gut aussieht. Später wurde er entspannter,als er merkte, dass keine regimekritischen Inhalteentstehen.

Dong beobachtet seine Protagonisten beim Training,beim Waschen in den überfüllten Waschräumen, inihren schmalen Etagenbetten, die eng nebeneinan-der stehen. Die Sonne scheint fast nie, immer liegtdicker Smog über der Szenerie, wenn die Schüler aufdem gigantischen Hof in Reih und Glied trainieren.Abends treten sie gelegentlich in einer Kung-Fu-Show vor Touristen auf. »Wir sind aber keineMönche, wir spielen das nur vor«, sagt ein Schüler.Es ist ein schwerer Alltag, den die Schüler tapfermeistern. Eine Schülerin erzählt davon, dass siegeschlagen werde, weil sie im Training nicht gut war.Aber das steigere die Leistung und sei deshalb gut,befindet sie.

Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 21

Becker (Peter Kurth) zieht nachts als Wachmannseine Runden durch ein Lagerhaus. Am liebstenallein, begleitet von Wachhund Lemmy, den er auchmal nach der Arbeit heimlich mit nach Hause nimmt.Dem neuen Kollegen Barat (Leonardo Nigro) gehtder wortkarge Becker lieber aus dem Weg. Doch derredselige Ex-Polizist versucht immer wieder, zuBecker durchzudringen, obwohl er ihm an den Täto-wierungen ansieht, dass er Mitglied in einer Motor-radgang und im Knast gewesen ist.

Auch Putzfrau Rita (Catrin Striebeck) merkt dassofort, trotzdem beginnt sie eine Affäre mit Becker.Der tastet sich langsam ins Leben zurück: meidetAlkohol und die alten Gang-Kontakte, geht Prüge-leien aus dem Weg und sucht sein Heil im Gebet.Zögerlich lässt er sich auch auf Rita und ihren Sohnein. Doch eine nächtliche Begegnung an einer U-Bahn-Haltstelle wirft seine Versuche, einen Neuan-fang zu starten, über den Haufen. Die Vergangenheitholt ihn ein: Dahlmann (Karl Markovics), der Mannauf dem Bahnsteig gegenüber, hat seinetwegen Frauund Kind verloren. 18 Jahre hat Becker dafür imGefängnis gesessen.

Wenig später setzen bei Becker anonyme Anrufe ein,jemand verfolgt ihn, dringt in seine Wohnung einund hinterlässt ein Chaos – und das ist erst derAnfang. Becker ahnt, dass der Mann Rache will. Wiekann er die Menschen, die ihm nahestehen, beschüt-zen?

Aus der Sicht des Täters

Anders als in Rache-Thrillern üblich, wird bei»Zwischen den Jahren« nicht aus der Sicht desOpfers, sondern der des Täters erzählt. Er wird zu

Interview mit Michael Gebhart

Wie kam es zu derZusammenarbeit mit LarsHenning? Wir kannten Lars durchseinen Kurzfilm »Oshima«.Seine Idee, die Figur Beckerzu erzählen, hat mich sehrinteressiert. Es geht ja imweitesten Sinne um dasRocker-Milieu, eine spezielleGesellschaft mit besonderen

Regeln. Das fand ich spannend und da vor allemauch die Thematik: Was passiert mit einem, der ausdem Knast kommt wie Becker, der versucht, recht-schaffen zu werden, sich geduckt etwas Neues aufzu-bauen? Aber dann holt ihn die Vergangenheit ein.Dazu kommt Dahlmann, ein Opfer, das auch nach 18Jahren mit dem Leben nicht klarkommt. Opfer undTäter treffen aufeinander, ohne zu wissen, wie siemit der Situation umgehen sollen. Daraus entwickeltsich eine Situation zwischen den beiden, die ichbisher in ihrer Konsequenz so noch nicht gesehenhabe.

Gab es besondere Herausforderungen bei denDreharbeiten?Eine Herausforderung war das Budget. Das verlangtvon einem Team eine große Portion Kreativität undauch Flexibilität. Da braucht es an jeder Stelle guteIdeen. Ich war auch sehr froh, dass wir eine sehr krea-tive und engagierte Crew hatten. Ich finde, das siehtman »Zwischen den Jahren« auch an. Natürlich spieltdann auch die Zusammenarbeit von Produzent undRegisseur eine große Rolle. Die war zwischen Lars undmir immer offen und gut. Ich habe gerne mit ihm gear-beitet. Und da möchte ich die gute Zusammenarbeitmit Andrea Hanke (WDR) und Georg Steinert (ARTE)nicht unerwähnt lassen. Zusammen haben wir diebesonderen Herausforderungen gemeistert und einenwunderbaren Film gemacht.

Michael Gebhart ist Produzent bei der Kölner RadicalMovies Production.

einer ambivalenten Identifikationsfigur, denn seineTat wird in keiner Weise relativiert, zugleicherscheint er als ein Mensch, der unter dieser Schuldleidet, Gewalt vermeiden will und einen Ausgleichsucht. Doch seine sozial ungelenken Bemühungenbewirken das Gegenteil. Zu schwer wiegt der Verlustseines Gegenspielers Dahlmann, der sich in seineRachegefühle verrennt. Kurzschlussaktionen undfalsche Entscheidungen führen dazu, dass die Situa-tion eskaliert.

Milieugetreu und konsequent

Regisseur und Drehbuchautor Lars Henning hateinen guten Blick für Figuren, die am Rande derGesellschaft stehen. Ihre Geschichten setzt er inrealistisch-kühlen Bildern in Szene. Die Kamera vonCarol Burandt von Kameke folgt der Hauptfigurdurch Industrie- und Gewerbegebiete oder inanonyme Hochhaussiedlungen und unterstreichtdamit ihre Isolation und Randstellung. Die düsterenBilder und Kulissen geben eine Vorahnung auf denVerlauf der Geschichte. Getragen wird der Film vonder glaubwürdigen Verkörperung der HauptfigurBecker von Peter Kurth. Aber auch die anderenSchauspieler verleihen ihren Figuren eine Tiefe dieüber das gängige Thriller-Genre hinausweist. Inseiner Machart wirft das Drama auch Fragen nachden Möglichkeiten von Resozialisierung und gesell-schaftlicher Teilhabe auf.

»Zwischen den Jahren« wurde von Radical MoviesProduction aus Köln produziert und gefördert vonder Filmstiftung NRW und dem Deutschen Filmför-derfonds, mit Unterstützung des WDR und von Arte.Melanie Dorda

perspektive

Perspektive Deutsches Kino

»Eisenkopf«Im Dokumentarfilm »Eisenkopf«erählt KHM-Absolvent Tian Dongerzählt von einem chinesischenKung-Fu-Internat, in dem eine jungeMannschaft Fußball mit Elementenalter chinesischer Kampfkunstvermischt und dadurch zunehmendAufmerksamkeit gewinnt.

»Kung Fu beim Fußball einzusetzen, wem das wohleingefallen ist?«, fragt eine 17-jährige Chinesin. Sieist eine der Schülerinnen und Schüler, die genaudiese eigentümliche Mischung jeden Tag in einemspeziellen Kung-Fu-Internat in China lernen. DerKampfgeist soll durch Kung Fu gestärkt werden. Diementale Kraft zentriert sich auf die Mitte der Stirnund nennt sich »Eisenkopf«. In seinem gleichnamigenDokumentarfilm begleitet Tian Dong, Absolvent derKunsthochschule für Medien in Köln (KHM), eineGruppe chinesischer Schüler durch ihren nichtimmer ganz leichten Alltag dieser Kung-Fu-Schule,die sich mittlerweile auf Fußball spezialisiert hat. Der Film feiert in der Reihe »Perspektive DeutschesKino« der Berlinale seine Premiere.

Fußball wird immer beliebter in China, auch davonerzählt der Film. Da die Mischung mit Kung Fu einzigar-tig ist, entsteht dank Sponsorengelder ein noch größe-rer Komplex für 10.000 Schüler. Geschäftsführer ShiYanlu, ein Shaolin-Kung-Fu-Meister, regiert seineSchule mit eiserner Hand und vermarktet siegeschickt. Die Plattenbauten wirken eher trist, dieGitter vor den Fenstern erinnern an ein Gefängnis. Eshabe auch schon Selbstmorde gegeben, erzählt einSchüler, deshalb seien die Gitter vor den Fenstern.

Der Drill der Schüler ist hart, doch sie nehmen ihnscheinbar mit Humor. Um 5.30 Uhr müssen sie jeden

Perspektive Deutsches Kino

»Zwischen den Jahren«»Zwischen den Jahren« ist ein harter, kompromissloser Genrefilm über denvergeblichen Versuch, mit der Vergangenheit abzuschließen und ein neuesLeben zu beginnen.

Bilder wie im Spielfilm

Dong findet schöne Bilder, lässt seine Kamera überdie Weiten streifen, was fast schon an einen Spiel-film erinnert. »Spiel- und Dokumentarfilm sind fürmich nicht unbedingt getrennt«, sagt der 32-Jährige.Die Bilder und den Schnitt habe er eher wie füreinen Spielfilm gestaltet. Und auch umgedreht nutzter für seine Spielfilme dokumentarische Elemente.Seine Drehbücher schreibt er selbst. Seit seinemAbschluss an der KHM hat er für zwei Spielfilme und

eine Autowerbung in Chinaals Kameramann gearbeitet.

Die Botschaft seines Films»Eisenkopf«: »Kinder sindüberall gleich, trotz der Beein-flussung von Gesellschaft undstaatlicher Konrolle. Was zählt,ist die Menschlichkeit –jenseits aller Vorurteile undKlischees.« Das sei sein Haupt-thema, erzählt Dong. Er willMenschen zeigen, wie sie

sind, auch mit allen »dunklen Schatten im Herzen«,wie er es nennt.

Eigentlich kam er nach Deutschland, um seinenMaster in Klarinette zu machen, doch dann kam allesdurch Zufall ganz anders. Er bewarb sich dank desTipps von Nachbarn und einer geliehenen Kameramit Video- und Klangkunst bei der KHM, wurde ange-nommen und hat seine Klarinette mittlerweileverkauft. Bereut hat er es nicht.

Er freut sich auf die Premiere seines Films bei derBerlinale, auf die Chance, Leute kennenzulernen,aber er bleibt ganz entspannt. »Das bringt nur wasfür mich, wenn ich auch weitermache«, sagt er. Erdenke nicht ständig an die Zukunft und versuche, imHier und Jetzt zu leben. Pläne hat er trotzdem schon.Er bereitet einen Spiel- und einen Dokumentarfilmvor. Und vielleicht begleitet er die Schüler von derKung-Fu-Schule noch weiter. »Ihre Geschichte istnoch nicht zu Ende.« Marion Meyer

Tian Dong, Foto: KHM

Michael Gebhart, Foto: Radical Movies

»Eisenkopf«, Foto: KHM »Zwischen den Jahren«, Foto: Temperclay

Berlinale

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Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 23

Berlinale Special Ehrung

Werner Nekes - Das Leben zwischenden BildernAnlässlich des Todes von Werner Nekes zeigt dieBerlinale den soeben fertig gestellten Dokumentar-films von Ulrike Pfeiffer über Nekes, der als einer derbedeutendsten zeitgenössischen Experimentalfilme-macher gilt und Herr über die größte kinematogra-phische Sammlung der Welt war. Der Film setzt sichmit dem Werk des Filmemachers auseinander undentdeckt in einer ehemaligen Lederfabrik inMülheim a. d. Ruhr das Universum des Experimental-filmers. Alexander Kluge, Bazon Brock, Helge Schnei-der und exponierte Protagonisten des "anderenKinos" geben Werner Nekes ein würdiges Geleit.Produziert wurde der Film von der TAG/TRAUM Film-produktion in Koproduktion mit Kinescope Film. DieFilmstiftung NRW förderte, weitere Förderer sindBKM, nordmedia und FFHSH sowie die RudolfAugstein Stiftung. Die Veranstaltung gilt als Tributeto Werner Nekes, der am 22. Januar verstarb.

250 Kreative aus 71 Ländern

Berlinale TalentsUnter dem Motto »Courage: Against all Odds«begrüßt die 15. Ausgabe der Berlinale Talents 250herausragende Kreative der Filmbranche aus 71Ländern. Das Programm besteht aus rund 100, auchöffentlichen Veranstaltungen. Der Verhüllungskünst-ler Christo ist einer von rund 100 namhaften Exper-ten, die ihre Arbeit vorstellen und diskutieren. Die250 Talente wurden von einem international besetz-ten Komitee ausgewählt. Hauptkriterien warenneben ihren künstlerischen Leistungen die Wirkungund Bedeutung ihrer künstlerischen Arbeiten in denjeweiligen Herkunftsländern. Insgesamt hatten sich2.711 Kreative aus 127 Nationen beworben. DieTalente sind meist im fünften bis zehnten Jahr ihrerKarriere und verfügen bereits über eine umfassendeberufliche Expertise. Ihre Filme haben an Festivalsteilgenommen und zum Teil Preise erhalten. DasProgramm der Berlinale Talents läuft vom 11. bis 16.Februar im HAU Hebbel am Ufer.

> www.berlinale-talents.de

Filme und Debatten

Woche der KritikIm dritten Jahr ihres Bestehens beginnt das Filmpro-gramm der »Woche der Kritik« am Donnerstag, 9.Februar, mit dem Langfilmdebüt des argentinischenFilmemachers Eduardo Williams »The HumanSurge«. Mike Otts »California Dreams« feiert seineWeltpremiere im Film- und Debattenprogramm.Außerdem laufen Abba Makamas »Green WhiteGreen«, Bertrand Bonellos Kurzfilm »Sarah Winches-ter, opéra fantôme« und »I Am Not MadameBovary« von Feng Xiaogang. Weitere Filme sind»Lass den Sommer nie wieder kommen« von Alexan-dre Koberidze, »Aroused by Gymnopedies« von IsaoYukisada, »The Headless Appearance« der ungari-schen Experimentalfilmerin Bori Máté, »Planeta-rium« von Rebecca Zlotowski und Siegfried A.Fruhaufs »Fuddy Duddy«. Im Anschluss an jedeVorstellung gibt es eine Debatte über Fragen derFilmkultur, -politik und -ästhetik. Die »Woche derKritik« ist eine Veranstaltung des Verbands der deut-schen Filmkritik e.V., gefördert durch die Bundeszen-trale für politische Bildung.

> www.wochederkritik.de

Landesvertretung NRW

10. HochschulempfangStudierende von ifs und KHM präsentieren sich auch2017 auf dem Berlinale Empfang der DeutschenFilmhochschulen am 14. Februar in der Landesver-tretung NRW. Bereits zum zehnten Mal stellen sichhier die Filmstudenten der sieben großen deutschenFilmhochschulen mit aktuellen Projekten der Filmin-dustrie vor. In mehreren Blöcken werden Arbeitenaus den Bereichen Animation, Dokumentation, Spiel-film und Serie präsentiert und neue Projektideen inverschiedenen Entwicklungs-Stadien gepitcht. DieSchirmherrschaft hat in diesem Jahr Stefan Arndt(Geschäftsführer X Filme) übernommen.

> www.verbund-filmstudenten.de

Focus Germany@EFM

Filmland NRW bei derBerlinaleWährend der Berlinale informieren Mitarbeiter derFilmstiftung NRW auf dem European Film Market imGropius-Bau, Ground Floor, am Stand 17 von FocusGermany über den Filmstandort und Fördermöglich-keiten in NRW. Focus Germany ist die Dachorganisa-tion der acht größten deutschen Filmförderungenund unterstützt die deutsche Filmindustrie bei ihremAuftritt bei den großen Filmfestivals.

> www.filmstiftung.de/berlinale

Creative EuropeMEDIA @ BerlinaleMit einem starken Programm ist CreativeEurope MEDIA zu Gast auf der Berlinale. Unterdem Titel »Big Data, Bigger Audiences?! HowEuropean works can benefit from technology«findet am Montag, 13. Februar 2017, von 9:30bis 13:00 Uhr das European Film Forum derEuropäischen Kommission statt. Es geht umZuschauergewinnung, Online-Präsenz und dieSichtbarkeit europäischer Filme im Netz.Unter dem Motto «Spotlight on Uniting Film,Democracy and Technology« geht es um 14:30Uhr mit Show cases von MEDIA gefördertenProjekten weiter. Die Veranstaltungen findenim Ritz Carlton am Potsdamer Platz statt undschließen mit einem Networking Drink ab.Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Auf dem European Film Market (EFM) wirdder Creative Europe MEDIA Stand wieder zumTreffpunkt der audiovisuellen Branche. Dortstehen die deutschen Creative Europe Desksund Vertreter des Programms aus Brüssel fürFragen rund um Creative Europe MEDIA zurVerfügung. Auf Initiative der Desks nehmenzudem 20 Produktionsfirmen aus 13 Ländern am Koproduktionstreffen »Shareyour Slate« teil. Aus NRW sind TradewindPictures, Florianfilm und 2Pilots Filmproduction dabei.

Über 20 MEDIA geförderte Produktionenlaufen in verschiedenen Sektionen des Festi-vals, darunter drei Filme mit Beteiligung ausNRW: »Ana, mon amour« von Călin PeterNetzer, »Beuys« von Andres Veiel und »Pokot«von Agnieszka Holland.

Preis der deutschen Filmkritik 2016

15 Nominierungen für 7 NRW-geförderteProduktionenSieben filmstiftungsgeförderte Filme sind insgesamt15 Mal für den Preis der deutschen Filmkritik 2016nominiert, darunter die Ausnahmeproduktion »ToniErdmann« von Maren Ade, der mit sechs Nominie-rungen als Favorit auf die renommierte Auszeich-nung ins Rennen geht. »Vor der Morgenröte« vonMaria Schrader folgt ganz knapp dahinter mit fünfNominierungen. Außerdem darf sich NicoletteKrebitz mit »Wild« über vier Kritiker-Nominierungenfreuen. Damit stammen in diesem Jahr alle drei Favo-riten-Spielfilme von Regisseurinnen. Die insgesamt46 Nominierungen in zwölf Kategorien verteilen sichauf 27 Filme.

Den diesjährigen Ehrenpreis erhält die 1947 inZwickau geborene Autorin und Filmregisseurin HelkeMisselwitz. Damit wird nach Angaben des Verbandseine Künstlerin geehrt, die in ihrer knapp 40-jährigenSchaffenszeit in der ihr eigenen Verbindung ausPersönlichem und Politischem, Spiegelungen ost-aber auch westdeutscher Befindlichkeiten geschaf-fen hat. Wie keine andere biete sie mit ihrem oftdokumentarischen Werk einen wichtigen künstleri-schen und kritischen Blick auf Fragen von Identitätund Transnationalität.

Hier die Kategorien, in denen filmstiftungsgeförderteFilme nominiert sind:

Bester SpielfilmToni Erdmann (Maren Ade)Wild (Nicolette Krebitz)

Bestes SpielfilmdebütBabai (Visar Morina)Der Bunker (Nikias Chryssos)

Bester KinderfilmAuf Augenhöhe (Evi Goldbrunner, Joachim Dollhopf)Molly Monster – Der Kinofilm (Ted Sieger, MichaelEkblad, Matthias Bruhn)

Bester ExperimentalfilmHavarie (Philip Scheffner)

Beste DarstellerinSandra Hüller (Toni Erdmann)Lilith Stangenberg (Wild)

Bester DarstellerGeorg Friedrich (Wild)Peter Simonischek (Toni Erdmann)

Bestes DrehbuchMaren Ade (Toni Erdmann)

Beste KameraReinhold Vorschneider (Wild)

Beste MusikPatrick Veigel (Toni Erdmann )

Bester SchnittHeike Parplies (Toni Erdmann)

Der Verband der deutschen Filmkritik wird die Preiseim Rahmen der Berlinale am Montag, 13. Februar, inAnwesenheit der Nominierten verleihen. Der Preiswird in zwölf Kategorien an deutsche Filme verge-ben, die im vorhergehenden Kalenderjahr in denKinos zu sehen waren. Der Preis der deutschen Film-kritik wird seit mehr als 60 Jahren verliehen und istder einzige deutsche Filmpreis, der ausschließlichvon Kritikern vergeben wird. Er richtet sich wedernach wirtschaftlichen, regionalen noch politischenKriterien, sondern ausschließlich nach künstleri-schen Gesichtspunkten.

> www.vdfk.de

In der Reihe Lola@Berlinalepräsentieren die Filmfestspiele seit2011 Produktionen, die von denKommissionen der DeutschenFilmakademie für die Nominierungzum Deutschen Filmpreis voraus -gewählt wurden. 16 der insgesamt 40 Kinofilme in diesem Jahr sindfilmstiftungsförderte Projekte.

Dokumentarfilme»Cahier Africain« von Heidi Specognas»Wer ist Oda Jaune?« von Kamilla Pfeffer

Kinderfilme»Auf Augenhöhe« von Evi Goldbrunner»Mullewapp – Eine schöne Schweinerei« von Tony Loeser und Theresa Strozyk»Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt« von Wolfgang Groos

Die Reihe Lola@Berlinale bietet akkreditierten Fachbesuchern der Filmfestspiele die Möglichkeit,sich einen Überblick über den aktuellen Stand derdeutschen Filmproduktion zu verschaffen. Zudemgibt sie den Mitgliedern der Deutschen Filmakade-mie die Gelegenheit, die vorausgewählten Filmenoch einmal kompakt und auf großer Leinwand zu sehen. Die Reihe ist ein wichtiger Bestandteil desEuropean Film Market.

> www.deutsche-filmakademie.de

Spielfilme»Auf einmal« von Asli Özge »Das Kalte Herz« von Johannes Naber»Die Mitte der Welt« von Jakob M. Erwa »Gleissendes Glück« von Sven Taddicken»Happy Hour« von Franz Müller»Kundschafter des Friedens« von Robert Thalheim»Marija« von Michael Koch »Nebel im August« von Kai Wessel»Paula« von Christian Schwochow»Toni Erdmann« von Maren Ade»Wild« von Nicolette Krebitz

AB 9. MÄRZ IM KINO

A N Z E I G E

NRW mit 16 Filmen in der Vorauswahl

Lola@Berlinale

22 < Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017

Berlinale

»Toni Erdmann«, Foto: NFP »Paula«, Foto: Pandora»Wild«, Foto: NFP

»Cahier Africain«, Foto: Filmpunkt »Gleissendes Glück«, Foto: Wild Bunch »Nebel im August«, Foto: Studiocanal

»Mullewapp – Eine schöne Schweinerei«, Foto: Studiocanal »Die Mitte der Welt«, Foto: Universum »Das kalte Herz«, Foto: Weltkino

Page 13: Film und Medien - filmstiftung. de€¦ · MEET THE SHOOTING STARS AT THE NRW BERLINALE RECEPTION. XXXXXX Jahr 2010. Es war einer dieser magischen Momente, die man in Cannes immer

Die Bedeutung von Serien im internationalen Fiction-Markt ist im Zeitalter von Internet-Plattformen wieNetflix und Amazon erheblich gewachsen. Aber auchdie klassischen Fernsehsender setzen immer stärkerauf serielle Inhalte – oft mit großem Erfolg im In-und Ausland. Mit den »Drama Series Days« trägt derEuropean Film Market der Berlinale seit 2015diesem Trend Rechnung.

Eines der zentralen Elemente der »Drama SeriesDays«, einer gemeinsamen Initiative von EuropeanFilm Market, Berlinale Co-Production Market undBerlinale Talents, ist das Panel-Programm, das amMontag, 13. Februar, und Dienstag, 14. Februar, imZoo Palast über die Bühne geht. Die Eröffnungs-runde, die die Film- und Medienstiftung NRW mitThe Hollywood Reporter ausrichtet, steht dabeiunter dem Thema »How to Make Your Series GoGlobal« und beschäftigt sich mit den Perspektivender Produktion, Finanzierung und des Vertriebs vonSerien – »Binge-worthy TV«, das die Zuschauer mithorizontal erzählten Geschichten möglichst lange andie Programme binden soll.

Fördermodelle für Serien

Weitere Themen im Konferenzprogramm der»Drama Series Days« sind u. a. Fördermodelle fürSerien-Produktionen in Europa und das zuneh-mende Engagement von Pay-TV-Sendern in diesemSegment. Auch der Serien-Schauplatz Berlin stehteinmal mehr im Fokus. 2015 war Tom Tykwers»Babylon Berlin« im Rahmen von CoPro Series, demSerien-Pitching beim Berlinale Co-ProductionMarket, präsentiert worden. Im vergangenen Jahrgehörte der von UFA Fiction für das ZDF produzierteDreiteiler »Ku’damm 56« zu den offiziell für dieMarket Screenings beim EFM ausgewählten Serien.Nun wird am Dienstag, 14. Februar, unter dem Titel

Matthijs Wouter Knol, Direktor desEuropean Film Market

Geballtes Know-howWas ändert sich bei den»Drama Series Days« 2017im Vergleich zu denVorjahren?Die auffälligste Veränderungist zunächst einmal derUmzug der Veranstaltung inden Zoo Palast. Im dritten Jahrbekommen die »Drama SeriesDays« damit erstmals eineigenes Zuhause – noch dazu

ein sehr schönes und im Hinblick auf die Berlinalelegendäres Zuhause. Auch daran kann man ablesen,dass sich das Event mittlerweile gut etabliert hat. Inder neuen Location wird es für die Produzenten undFachbesucher viel einfacher, miteinander in Kontaktzu treten, weil Screening, Konferenz und Networkingan einem Ort stattfinden. Es gibt eine bessereVernetzung, die sich hoffentlich positiv auf diegesamte Atmosphäre und nicht zuletzt auch auf dieGeschäfte auswirken wird.

Die »Drama Series Days” werden von zwei auf drei Tage verlängert. Wirkt sich das auf dasProgramm aus?Wir haben uns bewusst dafür entschieden, dieAnzahl der ausgewählten Serien nicht zu erhöhen.Allerdings wird es mehr Wortveranstaltungen gebenals in den Vorjahren. Hier haben wir sechsProgrammpunkte, die wir an zwei Nachmittagenpräsentieren. Mittlerweile reisen viele Fachbesucheraus dem Bereich Serie nach Berlin. Es wäre eineverpasste Chance, dieses geballte Know-how nichtzu nutzen. Wir wollen den Teilnehmern der DramaSeries Days die Möglichkeit bieten, sich über neueTrends zu informieren und darüber zu sprechen.

Welche neuen inhaltlichen Trends sehen Sie?Es ist nicht so, dass jetzt völlig neue Genres entste-hen würden. Die stärksten Serien sind nach wie vorin erster Linie Crime-Serien. Es ist aber erkennbar,dass in vielen Fällen versucht wird, innerhalb diesesSegments unerwartete Erzählformen zu finden.Dafür gibt es interessante und hochwertige Beispieleunter anderem aus den USA, Kanada oder Frank-reich. Diese Produktionen greifen das bestehendeGenre auf, versehen es aber mit einem interessan-ten Twist. Jörg Laumann.

»Berlin on Screen: Zeitgeist in Serial Drama« disku-tiert. Einen Tag zuvor stellt Berlinale Talents imRahmen der Drama Series im Hebbel am Ufer die US-Serie »Berlin Station« vor, die komplett in der Haupt-stadt gedreht worden war.

Entwicklung lokaler Stoffe

Das offizielle »Country in Focus« des European FilmMarket, Mexiko, schlägt sich im Konferenzprogrammder DSD nieder. In Kooperation mit dem InstitutoMexicano de Cinematografía (IMCINE) wird amersten Tag das Panel »New Frontiers: Creating Origi-nal Content in Mexico and Latin America« ausgerich-tet. »Lateinamerika hat eine große Tradition imBereich der Telenovelas, mittlerweile entstehen dortaber neue, spannende Serien ganz anderer Art«,erklärt Matthijs Wouter Knol, der Direktor des EFM.Zwei Produktion aus Lateinamerika, »The WiseOnes« (Brasilien) und »Supermax« (Argentinien),sind auch unter den 20 Serien vertreten, die für dieMarktvorführungen im Zoo Palast ausgewähltworden sind. Deutsche Beiträge bei den Screeningssind die moderne bayerische Heimatserie »Willkom-men in Hindafing« (BR) und »4 Blocks«, die mittler-weile dritte Eigenproduktion des Pay-TV-SendersTNT Serie, der zuvor bereits mit »Add a Friend« und»Weinberg« Erfolge bei Zuschauern und Kritik feiernkonnten.

Die Wiedemann & Berg-Produktion »4 Blocks« umeinen arabischen Clan-Chef in Berlin-Neukölln wirdauch im Rahmen der Berlinale Special Series im Festi-valprogramm zu sehen sein, das im Haus der Berli-ner Festspiele gezeigt wird. Dort sind auch zweiweitere Produktionen mit deutscher Beteiligungvertreten: die dänisch-deutsche Koproduktion»Below The Surface« und die deutsch-tschechischeKoproduktion »Der gleiche Himmel«. Jörg Laumann

Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 25

Michael Polle, Produzent X Filme

Ort der BegegnungVor drei Jahren wurde beiden ersten »Drama SeriesDays« Ihre Serie »BabylonBerlin« vorgestellt. Wiebeurteilen Sie diesePlattform? Was bringt sie?Einen Ort der Begegnung wiedie »Drama Series Days«halte ich für sehr sinnvoll, daer in Zeiten der immer häufi-ger werdenden Koproduktio-

nen im TV-Bereich den Austausch unter Produzentenund Kreativen auf verschiedenen Ebenen fördert.Wichtig ist bei der Zusammenstellung solcherProjekte aus meiner Sicht, dass sie ihre ganz eigenekünstlerische Erzählweise haben und kein kleinster,gemeinsamer Nenner werden, und auch hierfür istein persönlicher Austausch sehr sinnvoll.

Wie haben sich Serien in den vergangenen dreiJahren entwickelt? Hat Deutschland aufgeholt?Ich finde diese Sichtweise des »Aufholens« immeretwas schwierig, da Deutschland in vielen Diszipli-nen der TV-Produktion wie beispielsweise dem TV-Movie immer wieder herausragende Projektehervorbringt. Sicher haben wir beim horizontalenErzählen innerhalb der sogenannten »High-Quality«-Serien bis vor ein paar Jahren einen gewissen Nach-holbedarf gehabt, aber viele der vergangenen oderauch derzeit in Produktion befindliche Projekte wie»Weissensee«, »Dark««, »Wanted« oder auch»Babylon Berlin« zeigen ja, dass einiges im deut-schen Markt passiert. Gleichzeitig darf man abernicht verkennen, dass der deutsche Fernsehmarktanders strukturiert ist als der in Ländern wie Däne-mark, Frankreich oder den USA, wo TV-Movies keineRolle mehr spielen. Und dies hat Auswirkungen aufdie Serienlandschaft, denn damit sind die finanziel-len Mittel der Sender immer noch anders gebunden.

Würden Sie künftige Projekte auch wieder bei den»DSD« vorstellen?Die »Drama Series Days« sind eine spannende Veran-staltung, die wichtige Frage ist, wie ein Projekt inhalt-lich und finanziell strukturiert wird. Wenn man eineKoproduktion vor allem über Sender und Produzen-ten aus anderen Ländern strukturieren möchte, istdiese sicher sehr sinnvoll. Marion Meyer

Petra Müller, Geschäftsführerin Film- und Medienstiftung NRW

Internationale RelevanzWelche Gründe gab es, dasProjekt »Drama SeriesDays« vor drei Jahrengemeinsam mit dem EFManzuschieben? Mit der zunehmenden Serien-begeisterung des Publikumsund der Verbreitung über Pay-TV-Sender wie HBO oder VOD-Plattformen wie Netflix wurdeklar, dass Serien zu den

prägenden Genres der zeitgenössischen audiovisuel-len Kultur gehören, die die lange gehütete Grenzezwischen Film und Fernsehen in Frage stellten. Alsführender TV-Standort hat NRW seit jeher eine großeExpertise für Qualitätsfernsehen, TV-Events, Mehrtei-ler und Serien. Entsprechend förderte die FilmstiftungNRW von Beginn an Miniserien und TV-Mehrteiler.Seit 2012 investiert sie zudem verstärkt in die Förde-rung horizontal erzählter Arthouse-Serien und platt-formunabhängiger serielle Formate. Auch als Serien-fans war es für uns es ein konsequenter Schritt, sichmit dem EFM zu verbinden und die »Drama SeriesDays« aus der Taufe zu heben.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung der »DramaSeries Days« seither? Es ist schön zu sehen, dass die DSD sich nach sokurzer Zeit etabliert haben und bereits ausgebautwerden müssen. Auch die zahlreichen Partner, diedazu gekommen sind, zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Hier entsteht ein Marktplatz, der bereits jetzt internationale Relevanz hat, aberauch und gerade für Produzenten und Senderverant-wortliche aus NRW wichtig ist.

Welche Impulse können die »Drama Series Days«für die internationale Serienproduktionen geben? Hochkarätige Serien sind teuer und zunehmend nurinternational zu finanzieren bzw. zu refinanzieren.Vor diesem Hintergrund werde diesmal nicht nuraktuelle Serien präsentiert, es werden auch europäi-sche Fördermöglichkeiten vorgestellt, und vor allemkommen deutsche und internationale Serienproduzen-ten, Rechtehändler, Sender und Plattformanbieterhier zusammen, um über Projekte zu sprechen. Dasheißt, neben der Begeisterung für neue Serien trittdas Geschäft in den Vordergrund. So soll es sein.

Hauptpartner Film- und Medienstiftung NRW

Drama Series DaysDie dritte Ausgabe der »Drama Series Days” wurde auf drei Tage erweitertund findet in diesem Jahr vom 13. bis 15. Februar statt. OffiziellerHauptpartner ist die Film- und Medienstiftung NRW. Erstmals ist dertraditionsreiche Zoo Palast Schauplatz des wichtigen Branchentreffs.

Matthijs Wouter Knol, Foto: EFM

Michael Polle, Foto: X Filme

Programmim Zoo Palast, Kino 4

Montag, 13. Februar

13.00-13.30 UhrOffizielle Eröffnung(Nur mit Einladung)

13.30-14.15 UhrHow to Make Your Series Go Global? Co-Production, Financing and Distribution Strategies for Binge-worthy TV

Veranstaltet von der Film- und MedienstiftungNRW und The Hollywood Reporter

Eleonora Andreatta (Rai Fiction)Rola Bauer (Tandem Communications)Jay Firestone (Prodigy Pictures)Christian Wikander (Pinewood Television) u.a.Moderation: Scott Roxborough

14.30-15.15 UhrNew Frontiers: Original Content from Latin AmericaVeranstaltet von IMCINE

15.30-16.15 UhrEuropean Series Funding At a GlanceVeranstaltet von SKW Schwarz RechtsanwältePräsentiert von Dr. Andreas Bareiss

Drama Series Days@Berlinale Talents14.30-17.00 UhrHAU Hebbel am Ufer 3

Dienstag, 14. Februar

13.00-13.45 Uhr: Berlin on Screen: Zeitgeist in Serial DramaVeranstaltet von Medienboard Berlin

14.00-14.45 Uhr: Spotlight UFA: High-End Drama for the International MarketVeranstaltet von UFA

15.00-15.45 Uhr: Pay TV Expanding: What to Expect?Veranstaltet von HBO EuropeModeriert von C21

Market Screenings, Kinos 2, 3, 4 und 5

4 Blocks (Deutschland)Below the Surface (Dänemark)Cold (USA)Dumb (Israel)Farang (Schweden)Mary Kills People (USA)Missing (Schweden)Prisoners (Island)Something’s Rockin (Dänemark)Strangers (USA)Supermax (Argentinien)The Halycon (GB/Can/USA)The Kennedys – After (USA/Can)The Legacy (Dänemark)The Wise Ones (Brasilien)Zone Blanche (Frankreich)u.a.

Mittwoch, 15. Februar

Kino 2: Official Selection for CoPro Series 2017

Freud (D), Cognition (GB/USA), Omerta (B)Metro (F), State of Happiness (N), Hausen (BG)

Berlinale

Petra Müller, Foto: Uwe Schaffmeister

»Der gleiche Himmel«, Foto: ZDF

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Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 27

KHMKongress »Erzählen in den Medien«

Der Kongress »Erzählen in den Medien« desDeutschlandfunks findet am 10. und 11.3. im Funk-haus Köln statt. Die Kunsthochschule für MedienKöln beteiligt sich als Kooperationspartner mitVorträgen und der Präsentation von künstlerischenArbeiten ihrer Studierenden. Auf dem internationalen Symposium gibt es 25 Vorträge,Gespräche und Präsentationen zu aktuellen undzukunftsweisenden Erzählformen in den Medien.Deutschlandfunk und KHM stellen fiktionale unddokumentarische Projekte vor, die Entwicklungenneuer Formen für Radio, Fernsehen, Film undOnline aufzeigen und sich in unterschiedlichstenKonvergenzen ausprobieren. Unter den zahlrei-chen Gästen sind u.a. die Autoren Georg Seeßlenund Kathrin Röggla sowie der Regisseur Ingo Haeb.

+ 25 KHM Studiogespräche

In der Reihe + 25 KHM Studiogespräche mitPersönlichkeiten der KHM steht nun auch dasGespräch mit Andreas Henrich, von 1997 bis 2015Professor für Gestaltung an der KHM, online.Damit ist die erste Staffel abgeschlossen. Anlässlichder 25-Jahr-Feier lädt die Kunsthochschule fürMedien Köln Menschen, die die Hochschule überviele Jahre hinweg aufgebaut und geprägt haben,zu einem ausführlichen Gespräch über ihre Arbeitein. Auf der Webseite findet man außerdem dieGespräche mit Prof. Dr. Siegfried Zielinski, Prof. Anna Anders, Prof. Dr. Alfred Biolek, Prof. Jürgen Klauke, Prof. Marcel Odenbach und Prof. Dr. Marie-Luise Angerer.

Förderpreis für Kunst und Kultur

Bereits im November fand die Verleihung derFörderpreise des Landes im LWL Museum fürKunst und Kultur in Münster statt. Der mit 7.500Euro dotierte Förderpreis ging in diesem Jahr anfünf KHM Absolventen: Hannah Dörr, LaurentiaGenske und Robin Humboldt wurden in der Sparte Film ausgezeichnet, Alexander Pascal Forréin der Sparte Medienkunst und Matthias Wollgastin der Sparte Malerei, Graphik, Bildhauerei. Der seit 2015 verliehene Nachwuchspreis für junge Talente ging u.a. an Adrian Witzel, der im 2.9.an der KHM Medienkunst studiert. Der Preis istmit 1000 Euro dotiert.

ifsifs auf der Berlinale

Der Animationsfilm »Richard the Stork« (R: T.Genkel, R.Memari), bei dem ifs-Absolvent Alexander Jarosch als Compositor tätig war, feiert in der Sektion Generation Kplus der Berlinaleseine Weltpremiere.

Bewerbung MA Serial Storytelling

Bis zum 28.2. kann man sich noch für den MASerial Storytelling bewerben. Drehbuchautoren,Produzenten, Regisseure und andere Medienschaf-fende können sich für den dritten Jahrgang desMasterstudiengangs »Serial Storytelling« bewerben. Das zweijährige internationaleProgramm ermöglicht jungen Kreativen eine inten-sive Auseinandersetzung mit der Theorie undPraxis des seriellen Erzählens für TV und digitalePlattformen und unterstützt die Studierenden beider Erforschung und Konzeption innovativer Erzäh-lungen, Formate und Vertriebswege. Am 21.2.können bei einem Facebook-Info-Event im offenenChat von 18 bis 19 Uhr Fragen zum MA Serial Storytelling und zur Bewerbung geklärt werdenhttps://www.facebook.com/filmschule.

Workshop für Schauspieler & Autoren mitAndreas Schmidt und Ronald Kruschak

Vom 6. bis 9.3. bietet die ifs unter dem Titel »PlayWrite« einen Workshop für Schauspieler und Autoren mit dem renommierten SchauspielerAndreas Schmidt (»Sommer vorm Balkon«,»Fleisch ist mein Gemüse«) und dem ProduzentenRonald Kruschak (»Die drei ???«, »Die rote Zora«)an. Die Idee: Schauspieler lernen von Autoren undumgekehrt. Bewerbungsschluss für den Workshopist der 15.2. Zum Abschluss findet am 9.3. eine »ifs-Begegnung«-Film mit Andreas Schmidt statt.Um 19 Uhr wird im Filmforum NRW der Spielfilm»Ein guter Sommer« von Edward Berger mitAndreas Schmidt in der Hauptrolle gezeigt. ImAnschluss an das Screening findet ein Gesprächmit dem Schauspieler statt.

Schauspiel-Workout mit Corinna Nilson

Für professionelle Schauspieler, die ihr Spiel vor der Kamera kontinuierlich trainieren oderprojektbegleitend verbessern wollen, findet vom1.3. bis 3.5. das wöchentliche Schauspiel-Workout»Spielen mit der Kamera« mit SchauspielerinCorinna Nilson statt. Im Fokus steht dabei u. a. dasschnelle Lernen von Texten z. B. bei kurzfristigenTextänderungen am Set. Die Casterin SabineSchwedhelm ist an einem der Abende als Gastdozentin dabei. Anmeldeschluss ist der 13.2.

Start des Studiengangs Film mit neuemStudienschwerpunkt

Am 13.3. beginnt das neue Semester an der ifs miteinem neuen Jahrgang des BachelorstudiengangsFilm. Neben den Erstsemestern in den Studien-schwerpunkten Drehbuch, Regie, Kreativ Produzie-ren, Kamera, Editing Bild & Ton und VFX & Anima-tion starten erstmals Studierende im neuen Studi-enschwerpunkt Szenenbild.

FH-DortmundCILECT-Anerkennung

Mit einstimmigem Votum als Ergebnis der Mitglie-derabstimmung überzeugte der konsekutive Studiengang »Film&Sound» der FH-Dortmund dieMitgliedervollversammlung von CILECT im November 2016 in Australien. Damit genießt dieFH-Dortmund nun auch den Status einer interna-tional anerkannten Filmhochschule. Auch wennder BA-Studiengang »Film&Sound« sowie diebeiden Masterstudiengänge MA Film und MASound zusammen aktuell erst rund 150 Studie-rende unterrichten, reiht sich Dortmund nun inDeutschland ein in die Liste von zehn anerkanntenFilmhochschulen und ist somit neben den KölnerFilmausbildungen an der KHM und in der ifs diedritte anerkannte Film-Hochschulausbildung inNRW. Im kommenden Sommersemester 2017 sindübrigens beide in 2012 gestarteten Studienverläufekonsekutiv in der vollen 10-Semestrigkeit mit allen fünf Jahrgängen aktiv. Das für die nächstenJahre angesetzte Ziel ist es in den fünf Jahrgängenbis zu 225 Studenten pro Semester Film undSounddesign studieren zu lassen.

Tonmeistertagung

Zum ersten Mal stellte sich der Studien -schwerpunkt Sounddesign im BA Programm»Film&Sound« und der Master Sound im Rahmendes »Education Forums« auf der TonmeistertagungEnde November auf dem Kölner Messegeländestattfand, vor. Der Gründer und Leiter des Studiengangs Prof. J.U.Lensing hielt im Rahmen der »Tonmeister-Academy« einen Vortrag zum Thema »Vokabular zu audio-visuellen Phäno-menen«. VOLT-FILM.de /VOLT.FILM

VOLTEin Film von Tarek Ehlail

AB 2. FEBRUAR IM KINO

BENNO FÜRMANNSASCHA ALEXANDER GERŠAK

AYO OGUNMAKIN

KIDA KHODR RAMADAN

DENIS MOSCHITTO

STIPE ERCEG

ANNA BEDERKE

ANDRÉ M. HENNICKE

34. Filmfest München2016

26. FilmFestival Cologne

2016

BiberacherFilmfestspiele

2016

Film FestivalMax Ophüls Preis

2017

AN

ZE

IGE

Ihre Mutter hat sie immer mehr in ihre Arbeit einbe-zogen, schließlich bekam sie auch Credits für dieDrehbuchmitarbeit. Drei bis vier Jahre ging das so,bis sie von dem Masterstudiengang Serial Storytel-ling an der ifs erfuhr. »Ich dachte sofort: Den Studi-engang haben die genau für mich entwickelt.«, erin-nert sich Lilly Bogenberger »Aber ich dachte nie,dass ich wirklich mal studiere, weil mir ja sämtlicheQualifikationen dafür fehlen.« Wegen ihrer außerge-wöhnlichen Bewerbung wurde sie dann abertatsächlich unter Sonderkonditionen zum Studiumzugelassen: Der Studiengang gilt für sie als Weiterbil-dung.

Eigene Storys einbringen

Mit dem Studiengang Serial Storytelling bietet die ifsseit Herbst 2013 einen internationalen Masterstu-diengang an, der jungen Kreativen eine intensiveAuseinandersetzung mit der Theorie und Praxis desseriellen Erzählens für TV und digitale Plattformenermöglicht. Im aktuellen Jahrgang schreiben fünf

Ihr Interesse am Film hat sich schon früh gezeigt.Nicht nur galt sie schon als 13-Jährige unter Freun-den als Expertin für Serien, sie hat auch schon alsTeenager Kurzfilme mit ihren zwei jüngerenGeschwistern gedreht. Die besetzte sie für alleerdenklichen Rollen.

In der 11. Klasse hat Lilly Bogenberger die Schule abge-brochen, ist vom Chiemsee nach München gezogenund hat dort Praktika in der Filmproduktion absolviert.Doch dann meldete sich wieder der Drang, eigeneGeschichten zu erzählen. »Mit 18 war ich wieder zuHause und habe meiner Mutter gegen Taschengeldbei Computerfragen geholfen. In unseren Kaffeepau-sen haben wir über ihre aktuellen Drehbuchstoffegesprochen. Da habe ich dann gemerkt, dass icheigentlich gar nichts anderes mehr machen will, alsmir Geschichten auszudenken. Weil mir das wirklichernst war, habe ich sie überredet, bei ihr in die Lehregehen zu dürfen. Ich bin also ganz klassisch in denFamilienbetrieb eingestiegen«, sagt Lilly Bogenberger.

ifs-Studiengang zur Theorie und Praxis des seriellen Schreibens

Serial Storytelling»Eigentlich wollte ich immer etwas Solides machen – Krankenschwesteroder so«, sagt Lilly Bogenberger. Jetzt studiert die Tochter derDrehbuchautorin Ariela Bogenberger und des Komponisten undKrimiautoren Thomas Bogenberger Serial Storytelling an der ifsinternationale filmschule köln.

Studierende für den deutschen Markt auf Deutsch,zehn Studierende schreiben für den internationalenMarkt. Im zweiten Semester sollten die Studieren-den eine Folge der preisgekrönten, in Köln-Worrin-gen gedrehten RTL Prime-Time Comedy-Serie »DerLehrer« verfassen. In der Branche ist das Verfasseneines sogenannten Spec Sripts für eine bereits beste-hende Serie eine übliche Form der Bewerbung. Sokann man zeigen, dass man sich an Form und Struk-tur einer Serie anpassen und zugleich eigeneGeschichten in die Serie einbringen kann. »Die»Lehrer«-Redakteurin Sylke Poensgen und der Head-Autor Yannick Posse haben sich kurz nach Sichtungder Ergebnisse bei Lilly Bogenberger gemeldet, weilsie gerne mit ihr arbeiten wollten. Inzwischen ist ihreim Studium entstandene Folge abgedreht und wirdbereits im März ausgestrahlt. Sie soll auch weiter fürdie Serie schreiben.

Schreiben für die Praxis

Auf die Spec Script-Übung folgte ein sechswöchigesWriters Room Seminar, das vom Autor MichaelGantenberg (»Morden im Norden«) und der Drama-turgin Katrin Merkel (»Bettys Diagnose«) betreutwurde. Dort entstand das Konzept für die Miniserie»Norderfall«, die von einem 20-jährigen Abitreffenmit fatalen Folgen erzählt. Der Writers Room, Basisdes Erfolgs vieler internationaler Serien, ist inDeutschland noch eine Seltenheit. »Mit anderenLeuten zu schreiben war mir nicht ganz neu, weil ichja bereits mit meiner Mutter zusammengearbeitethabe«, erinnert sich Lilly Bogenberger. »Ich wusstealso schon vorher, dass ich das total mag, weil mandie Dinge sehr gründlich durchsprechen kann. Zueinem gewissen Grad muss man für die eigenenguten Ideen kämpfen, ich hatte aber das Gefühl,dass sich bei uns schnell ganz organisch ein Konsensbildet.« Nach einem erfolgreichen Pitch hat UFAFiction die Studierenden für das Projekt unterVertrag genommen. Jeder der fünf Studierendenzeichnet für das Treatment einer Folge von »Norder-

fall« verantwortlich. »Ichfinde es total gut, dass dasStudium nicht nur in derTheorie bleibt«, freut sich LillyBogenberger.

Obwohl in Deutschland in derPraxis noch die Seltenheit,kommt man an der Idee desWriters Rooms inzwischenkaum noch vorbei. »Da gehtes nicht nur ums Addieren,

sondern ums Multiplizieren«, schwärmt Lilly Bogen-berger von ihren Erfahrungen mit dem WritersRoom. »Die vielen Köpfe können sehr unterschiedli-che Elemente in die Geschichten einbringen, weildahinter ebenso viele Biografien stehen – das poten-ziert sich. Da hat jeder seine Lieblingscharaktere und-handlungsstränge – und das ergänzt sich. Auchwenn das vielleicht etwas kitschig klingt: Das hatetwas Magisches.«

Arbeit am Abschlussprojekt

Zur Zukunft der deutschen Serienproduktion gibtsich die Studentin hoffnungsvoll. »Irgendjemandwird die erste große deutsche Serie machen, dieweltweit Erfolg hat. Es ist nur die Frage, wer trautsich am meisten, wer geht das größte Risiko ein? Dasist keine Frage des ob, sondern des wann und wer.«Bis zum Sommer arbeitet sie nun an ihremAbschlussprojekt, für das sie ein Konzept, die Serien-bibel mit Handlungsstrang sowie Überblick über dieeinzelnen Folgen und einen Piloten entwirft. Es istdie Geschichte einer jungen Rockband. Aber natür-lich hat Lilly Bogenberger auch schon die nächstenStoffe in der Schublade. Mit Krankenschwester hatdas alles nichts zu tun, es scheint für Lilly Bogenber-ger trotzdem auf eine solide Karriere hinauszulaufen.Christian Meyer-Pröpstl

Nachwuchs

Lilly Bogenberger, Foto: privat

»Serial Storytelling«, Foto: ifs

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Digitales NRW

31. März bis 2. April

Startup WeekendCologneVom 31. März bis 2. April werden beim StartupWeekend Cologne neue Geschäftsmodelle entwickelt. Die Veranstaltung reiht sich ein in dasweltweite Startup Weekend Netzwerk, das seit 2007mehrere Hundert Startups hervorgebracht hat. Eswerden über 100 Teilnehmer erwartet, die sich ausDesignern, IT-Entwicklern, Business-Experten undGründungsinteressierten zusammensetzen. Nacheiner Vorstellung der Geschäftsideen werden Teamsgebildet, die mit Unterstützung der Mentoren ausverschiedenen Branchen ihre Idee weiterentwickelnund einen Prototypen entwerfen. Die Ideen werdenbei der Abschlusspräsentation vorgestellt und diebesten Teams von einer Expertenjury gekürt.

> www.up.co/communities/germany/cologne

Filmforum Köln

Virtual Reality DayBeim Virtual Reality Day von Eyes & Ears of Europe,HMR International und der Stadt Köln präsentiertenam 26. Januar Experten ihre Projekte, Erfahrungenund Visionen. Im VR-LAB gab es zudem die Möglich-keit, Virtual Reality-Produktionen zu testen. Mitdabei waren u.a. Arte, SevenOne AdFactory, Red BullMedia House und UFA Fiction.

> www.hmr-international.de

A N Z E I G E

Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 29

Daedalic räumt ab

DeutscherEntwicklerpreisIm Dezember versammelte sich die Branche beimfilmstiftungsgeförderten Deutschen Entwicklerpreisim ausverkauften Kölner Palladium. Großer Gewin-ner des Abends war Publisher Daedalic Entertain-ment, die u.a. Düsseldorf ansässig sind, mit Siegen in acht Kategorien. Die »Beste PR-Einzelaktion« gingnach NRW an den Entwickler JCO (Köln) und an denPublisher Headup Games (Düren) für »Safety First! –personalisierte Spezialversionen«. Die ältesteAuszeichnung für Videospiele aus deutschsprachigenLändern wurde bereits zum 13. Mal verliehen.

> www.deutscherentwicklerpreis.de

NRW Forum

Neue DigitalwerkstattZusammen mit Informatikstudenten der UniversitätDüsseldorf hat das NRW Forum eine Initiativegegründet, die Kindern und Jugendlichen dieMöglichkeit bietet, sich mit einfachen Programmier-sprachen, Robotik und interaktiver Hardwarevertraut zu machen. Die Workshops sind unterteilt in zwei Altersklassen: Kinder von 6 bis 8 Jahre sinddonnerstags zum »Creative Coding I – mit MaKeyMa-Key« eingeladen. »Creative Coding II – Roboterbauen« richtet sich an 9- bis 14-Jährige, die mitt-wochs in digitale Techniken schnuppern wollen. Losgeht das Projekt am 8. Bzw. 9. Februar.

> www.nrw-forum.de

Das Creators LAB ist eine Art Inkubator, das den Teil-nehmerinnen und Teilnehmern alle Schritte zumAufbau einer erfolgreichen digitalen Marke vermit-telt. In den ersten zwei Tagen werden theoretischeGrundlagen in Storytelling, kreativer Strategie, demAufbau einer Produktionsstruktur sowie Einführun-gen in Kamera, Licht und Ton inklusive den wichtigs-ten Komponenten der Postproduktion mit und ohneGreenscreen gelegt.

Aber Erfolg im Netz ist, wie man weiß, nicht nureine Frage von Produktions-Know-how.Genau. Das LAB bietet darüber hinaus auch einenCrashkurs im digitalen Content Marketing undCommunity Management. Hierbei geht es vor allemum Mechanismen wie Auffindbarkeit und Teilbarkeitder Inhalte, die bei der Entwicklung genauso stark zubeachten sind, wie die Geschichte selbst. Von Tag 2an geht es in Teams von je vier bis fünf Personen andie praktische Umsetzung der Konzepte. Durchmehrere Zwischenpräsentation und Feedbackschlei-

digitales nrw

Was ist das NRW Creators Lab? Und wieunterscheidet es von anderen Initiativen undWorkshops für Webvideo-Macher?

Das NRW Creatures LAB isteine Kombination von Trai-nigscamp und Nachwuchsför-derung. Angesprochen sinddabei Webvideo-Kreateureund Filmemacher, die in NRWleben und arbeiten, mindes-tens 16 Jahre alt sind undeine Basis von 1.000 Abon-nenten oder Follower aufeiner Social Media Plattformmitbringen. Es ist uns wichtig,

dass potentielle Teilnehmer schon aktiv sind undeine gewisse Leidenschaft sowie Grundkompeten-zen für digitale Plattformen mitbringen.

Wie ist es aufgebaut und was genau wird hiervermittelt?

Webvideo Stipendium mit Trainingscamp

NRW Creators LABAnfang Dezember fand die erste Ausgabe des einwöchigenfilmstiftungsgeförderten NRW Creators LAB im Cologne Game Lab statt. 19talentierte Webvideo-Kreative nahmen in Köln am Intensivworkshop zurProfessionalisierung teil. Das NRW Creators LAB ist eine Initiative der Film-und Medienstiftung NRW und des UFA LAB, das ab diesem Jahr zweimaljährlich in Köln stattfinden soll. Die ifs und das Cologne Game Lab sindPartner des Projekts. Das Magazin fragte Projektleiter Daniel Brückner zuden Erfahrungen mit der ersten Ausgabe des Creators LAB.

fen können wir im frühen Entwicklungsstadiumgezielt beraten und alle Projekte schnell voranbrin-gen. Als Coaches stehen den Teilnehmenden dabeineben dem UFA LAB Team erfahrene YouTubersowie VFX Experten der UFA zur Seite.

Was ist das Ergebnis und wie geht das mit demStipendium?Zum Abschluss gib tes ein großes Event, bei dem dieTeilnehmer ihre ausgearbeiteten Projekte vor einererfahrenden Jury präsentieren müssen. Die bestenTeams erhalten dann ein Webvideo Stipendium derFilm- und Medienstiftung NRW im Wert von bis zu8.000 Euro zur Realisierung ihres Konzeptes.

Um das Stipendium und Training nachhaltig anzule-gen, erhalten die Gewinner in den darauffolgendenMonaten weiterhin einzelne, individuelle Coachingsum eine professionelle Umsetzung der Konzepte zugewährleisten.

Wo liegen die Schwerpunkte der kommendenAusgabe des NRW Creators LAB?Das NRW Creators LAB versteht sich immer alsSprungbrett für neue Ideen und daher orientierensich die Inhalte auch stark an den Teilnehmenden. Inden zukünftigen NRW Creators LABs kann es span-nend werden, wenn die Teilnehmenden auch Techni-ken, wie z.B. 360°-Video oder Plattformen wie Instag-ram oder Snapchat in ihre Konzepte integrieren. Wirsind uns mit der Filmstiftung NRW einig, dass wirkeine Grenzen setzen und versuchen wollen, denTeilnehmern den nötigen Freiraum für die Umset-zung ihrer Ideen zu schaffen.

> www.nrwcreatorslab.de

Die vier Webvideo Stipendien wurden vergeben an:Die Kampagne »Little Things« (8.000 Euro)Das Kanalkonzept »Arbeitstitel« (8.000 Euro)Die Mini-Webserie »Follow You« (6.000 Euro)Die Mini-Serie »Gravity« (2.000 Euro)

Daniel Brückner, Foto: UFA LAB

Abschlussfoto des ersten NRW Creators LAB, Foto: UFA

Chancen des digitalen Wandels nutzen

Mediennetzwerk.NRWgestartetMit Beginn des Jahres hat das neue Mediennetz-werk.NRW seine Arbeit aufgenommen. Mit erweiter-tem Auftrag und mehr Mitteln ausgestattet soll esdie Medienunternehmen in Nordrhein-Westfalendabei unterstützen, die Chancen des digitalenWandels zu nutzen und sich national und internatio-nal besser zu vernetzen. Finanziert wird es jeweilszur Hälfte durch das Land Nordrhein-Westfalen undaus Mitteln des Europäischen Fonds für regionaleEntwicklung (EFRE). Insgesamt stehen dem Mediennetzwerk.NRW in den kommenden dreiJahren 4,2 Millionen Euro zur Verfügung.

Das Mediencluster NRW, ein Tochterunternehmender Film- und Medienstiftung NRW, hatte sich aneinem europaweiten Ausschreibungsverfahren zumBetrieb des Netzwerks beworben und Ende 2016den Zuschlag für sein Angebot erhalten. Mit Unterstützung des Mediennetzwerk.NRW soll dieEntwicklung der digitalen Medienwirtschaft in Nordrhein-Westfalen weiter vorangetrieben werden.Es berät und unterstützt Gründer, Startups, junge Kreative und Medienunternehmen in Fragen derFörderung, Finanzierung und Standortsicherung. Zuden zentralen Aufgaben gehört die Vernetzung vonUnternehmen und Institutionen der digitalen Medien-branche. In der Startphase übernimmt Mediencluster-Geschäftsführer Jan Lingemann die Leitung.

> www.land.nrw> www.medien.nrw.de

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Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 31

CARLA

JURIALBRECHT ABRAHAM

SCHUCHROXANE

DURANJOEL

BASMANSTANLEY

WEBER

UNTER DER REGIE VON

CHRISTIAN SCHWOCHOWNACH EINEM DREHBUCH VON

STEFAN KOLDITZ UND STEPHAN SUSCHKE

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Mein Leben s� ein Fest sein

ARTW

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»Ein Ausnahmejahr«2016 startete mit »Wild« in Sundance und der Nominierung für denAuslandsoscar für »Mustang«. Es ging weiter mit »Toni Erdmann« inim Wettbewerb Cannes, sechs Deutschen Filmpreisen für »Der Staatgegen Fritz Bauer«, dem Studenten-Oscar für den geförderten KHM-Abschlussfilm »Ayny – My Second Eye«, im Dezember folgten sechsEuropäische Filmpreise für Maren Ades Erfolgskomödie. Cannes,Locarno, Venedig, Toronto, Busan - 164 NRW-geförderte Filmewurden auf 117 Festivals weltweit gezeigt und wurden mit 115Preisen ausgezeichnet.

An der Kinokasse reüssierte NRW mit vor allem mit Family Entertain-ment. Besucherstark waren »Hilfe, ich hab meine Lehreringeschrumpft« (1,1 Mio.), »Pettersson und Findus: Das schönsteWeihnachten überhaupt« und »Smaragdgrün«, »Toni Erdamnn«holte bis heute 830.000 Besuchern, »Der Staat gegen Fritz Bauer«mehr als 270.000 Besucher und wurde weltweit in 18 Länderngezeigt. Die Künstlerbiographie »Paula – Mein Leben soll ein Festsein« stieg im Dezember mit rund 220.000 Besuchern auf Platz 1 derArthouse-Charts ein. Im Fernsehen erzielten die NRW-gefördertenEvents und Mehrteiler »Winnetou« (RTL) und »Gotthard« (ZDF), derDominik Graf-Thriller »Zielfahnder«, der Adidas und Puma-Geschichte »Duell der Brüder« (RTL) jeweils rund 5 Mio. Zuschauer.Und nicht zuletzt gab das Jubiläumsjahr Anlass die beeindruckendeEntwicklung des Film- und Medienstandortes seit Anfang der 90erJahre Revue passieren zu lassen.

Mit rund 30 Mio. Euro Fördervolumen konnte die Filmstiftung ihrenPlatz als eine der führenden Länderförderungen behaupten undinsgesamt 400 Projekte unterstützen, darunter 66 Kinofilme, 9 TV-Projekte, 18 Serienentwicklungen, 21 Games- und Online-Projektewie auch 52 Festivals und Standortprojekte. Zählt man rund 14 Mio.Euro aus dem CreateMedia.NRW-Wettbewerb und 1,4 Mio. EuroFörderung des Creative Europe-Programms dazu, dann konnten Landund Filmstiftung 2016 gemeinsam rund 45 Mio. Euro für die Förde-rung der Film- und Medienbranchen bereitstellen. Mit umfassenderÖffentlichkeitsarbeit, Events und Konferenzen für die gesamteMedienbranche sowie Festival- und Messeauftritten präsentierte dieFilm- und Medienstiftung NRW im In- und Ausland, u.a auch bei derMIP, der Gamescom, der dmexco oder den International Emmys.

Auch am Film- und Medienstandort selbst hat sich Neues getan: Mitdem Filmpreis NRW und dem Film Festival Cologne gibt es jetzt einzentrales Filmfest in NRW‘s Medienhauptstadt Köln. Die innovativenFörderprogramme und Stipendien haben weiterhin die digitaleMedienszene gestärkt. 2016 beschlossen ist gerade das Mediennetz-werk.NRW an den Start gegangen, um sich im Auftrag des Landesund mit einem jährlichen Budget von 1,4 Mio. um die Vernetzungder digitalen Medienbranchen zu kümmern.

»Toni Erdmann« überstrahlte das Filmjahr 2016 in jeder Hinsicht. Erwar als erster deutscher Film seit acht Jahren im Wettbewerb inCannes. Er lief auf über 40 Festivals weltweit, wurde in über 90Länder verkauft, erhielt inzwischen über 20 Preise und eine Vielzahlvon Nominierungen, u.a. für die Golden Globes, die britischenBAFTA-Awards, den französischen César und natürlich für den Oscar.Nicht zuletzt gehört »Toni Erdmann« aber zu den seltenen Fällen, woein Autorenfilm, ein im besten Sinne eigensinniges »Meisterwerk«,auch kommerziell erfolgreich wird, weil es einen Nerv trifft und eineuniverselle Geschichte erzählt.

Man sagt so etwas nicht oft, aber die Film- und Medienstiftung NRWist stolz darauf, dass sie von Beginn an das Projekt und Produzentengeglaubt hat, als Hauptförderer eingestiegen ist und damit einenentscheidenden Impuls für die Realisierung des Films gegeben hat.Überhaupt ist erfreulich, dass 2016 zahlreiche der künstlerisch über-zeugenden und aufsehenerregenden Arthouse-Produktionen desJahres in NRW gefördert wurden und hier entstanden sind – und wieviele dieser Filme von Regisseurinnen kamen.

Das neue Jahr hat genauso rasant begonnen, wie das alte zu Endegegangen ist. Die Filmstiftung fährt mit den Drama Series Days und27 Filmen im Gepäck zur Berlinale. Ende Februar folgt die die Oscar-Verleihung. Bis dahin heißt es Daumen drücken!

Das Jahr 2016

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Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 33

Das Jahr 2016

Und weitere deutsche Regiefrauen legten vergan-genes Jahr viel beachtete Filme vor: Julia vonHeinz wanderte mit »Ich bin dann mal weg« aufHape Kerkelings Spuren, Doris Dörrie kehrte mit»Grüße aus Fukushima« nach Japan zurück, Karo-line Herfurth gab mit »SMS für Dich« ihr Regiede-büt, Isabel Stevers »Das Wetter in geschlossenenRäumen” zeigte eine Entwicklungshelferinzwischen Jetset und Flüchtlingsarmut, HeidiSpecogna präsentierte die dokumentarische Lang-zeitbeobachtung »Cahier Africain” und»24Wochen« von Anna Zohra Berrached nahm amWettbewerb der Berlinale teil und sorgte auch danach mit dem Thema Spätabtreibung für Diskussionen. Corinna Belz näherte sich außer-dem in ihrem Dokumentarfilm »Peter Handke –Bin im Wald. Kann sein dass ich mich verspäte...«dem medienscheuen Schriftsteller.

Frauen als Impulsgeber

Es gibt also viele Gründe, dieses Kinojahr als »Jahrder Frauen« zu titulieren. Das alles kann jedochnicht darüber hinwegtäuschen, dass »Regisseurin-nen im Kino weiter stark unterrepräsentiert« sind,wie Petra Müller, Geschäftsführerin der Film- undMedienstiftung, anlässlich des Film- und Kinokon-gresses im November in Köln, feststellte. Obwohl40 Prozent der Absolventinnen der Filmhoch-schule weiblich und mit ihren Abschlussfilmen aufvielen Festivals präsent sind, stammen nur 16Prozent aller Kinofilme von Filmemacherinnen(Jahr 2015). Eine Tatsache, die nicht nur die Initia-tive Pro Quote Regie bemängelt. Trotzdem sind esgerade die Filme von Frauen, die dem deutschenKino momentan seine Impulse geben und durchganz eigene Erzählarten das Publikum begeistern.

Maren Ade und Maria Schrader wurden beim Kinokongress 2016 mit dem renommiertenHerbert-Strate-Preis ausgezeichnet und berichte-ten in einem Werkstattgespräch über ihre Arbeitan ihren jüngsten Filmen. Die mit Preisen derzeitüberhäufte Regisseurin Maren Ade hat zunächstProduktion studiert und lässt sich gerne Zeit mitihren Projekten. In 13 Jahren hat sie drei Filmevorgelegt, das liegt aber auch daran, dass sie sehrpenibel daran arbeitet und ihre Bücher entwickelt.»Man bekommt ja nicht so oft die Chance«, sagtsie bescheiden. Beim Dreh ist sie ebenfalls sehrgenau, »40 bis 50 Takes sind keine Seltenheit«,gibt sie zu. »Ich bin oft unzufrieden und denke, esgeht auch besser.« Als Produzentin kann sieschließlich entscheiden, dass eine Szene nochmalneu gedreht wird, das genießt sie an der Doppel-rolle. Schade findet sie, dass nicht mehr FrauenRegie führen – »das ist so ein toller Beruf«, meintAde.

Auch das Jahr 2017 bringt vielversprechendeProjekte auf die Leinwand, etwa Dagmar SeumesPferdefilm »Wendy«, Isabel Prahls »TausendArten, den Regen zu beschreiben«, Sandra Nettel-becks »Was uns nicht umbringt« oder Lola Randls»Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt...« Margarethe von Trotta, die seit Jahren als Regis-seurin die deutsche Kinolandschaft prägt, erhält2017 den Helmut-Käutner-Preis und dreht ihrenneuen Film »The Odd Couple« in NRW. In einerder Hauptrollen, wie schon beim Erfolgsfilm»Hannah Arendt«, ist die Schauspielerin BarbaraSukowa zu sehen, die mit von Trotta seit Jahrenein starkes Frauengespann bildet.

Ob es wirklich weibliche Eigenschaften beimRegieführen gibt, ob Filme von Frauen anderssind, sie andere Stoffe wählen und diese einfühlsa-mer umsetzen – das wird immer wieder diskutiert.Fest steht, dass Regisseurinnen spannende,aufrührende und erfolgreiche Filme inszenierenstatt darüber zu sinnieren, ob sie am Set unterre-präsentiert sein könnten.

Das Jahr der Frauen

Nominierungen, Auszeichnungen,Besucherzahlen und Kino-Erfolge

Das Jahr der FrauenSelten waren so vieleRegisseurinnen so erfolgreich imdeutschen Film. Ist das nur Zufalloder erstes Anzeichen einergrundlegenden Trendwende?

Von Marion Meyer

Es gab kaum ein Jahr, in dem so viel über deut-sche Regisseurinnen und ihre Filme berichtetund diskutiert wurde wie 2016. Vor allem dreiNamen stehen dabei immer ganz oben auf derListe: Maren Ade, Maria Schrader und NicoletteKrebitz. Und die Nachrichten sind immer positiv:Es geht um Auszeichnungen oder Preis-Nominie-rungen, um Besucherzahlen oder begeisterteZuschauerreaktionen weltweit.

Die jüngste Meldung mit Strahlkraft ist die derOscar-Nominierungen für den Besten fremdspra-chigen Film für Maren Ades Ausnahmeproduk-tion »Toni Erdmann«. Nach dem ebenfalls film-stiftungsgeförderten Debüt »Mustang« vonDeniz Gamze Ergüven im Vorjahr geht damiterneut die Inszenierung einer Regisseurin insOscar-Rennen. Und nicht zu vergessen: MariaSchraders Drama »Vor der Morgenröte« standbis Anfang 2017 für Österreich auf der Oscar-Shortlist.

Nominierte Regisseurinnen

Auch die im Januar bekannt gegebenen Nominie-rungen für den Preis der deutschen Filmkritik2016 werden von den drei Regisseurinnen domi-niert: Sechs Nominierungen gehen an »ToniErdmann«, fünf Nominierungen an »Vor derMorgenröte« und vier Nominierungen an »Wild«von Nicolette Krebitz. Der Film »Wild«, produ-ziert von der Kölner Produzentin Bettina Brokem-per (Heimatfilm), startete das sich zum »Jahr derFrauen« entwickelnde Filmjahr 2016 mit seinerTeilnahme beim Sundance Film Festival. Krebitzerzählt darin die gleichermaßen faszinierendewie verstörende Liebesgeschichte zwischen einereinsamen Frau und einem Wolf.

»Vor der Morgenröte«, die zweite Regiearbeitder Schauspielerin Maria Schrader, handelt vonden letzten Monaten des Dichters Stefan Zweigim Exil in Südamerika und zeigt, wie er daranverzweifelt, dass seine Heimat der Barbarei derNazis zum Opfer fällt. Sie verzeichnet mit ihrembemerkenswerten historischen Film bereitsmehr als 220.000 Zuschauer. »Toni Erdmann«,der Liebling der Kritiker in Cannes über die erfri-schend ungewöhnliche und vielschichtige Annä-herung von Vater und Tochter, verzeichnetbereits weit über 800.000 Besucher. Zugleichführt er die Jahresbilanz der deutschen Arthouse-Charts 2016 als erfolgreichster Film an. Dagmar Seume mit dem Team von »Wendy«, Foto: Sony

Maren Ade mit dem Team von »Toni Erdmann«, Foto: Kurt Krieger

Deniz Gamze Ergüven mit den Darstellerinnen von »Mustang«, Foto: ©Villard/Niviere/Sipa

Asli Özsge mit dem Team von »Auf Einmal«, Foto: Filmstiftung

Sandra Nettelbeck mit dem Team von »Was uns nicht umbringt«, Foto: Martin Rottenkolber

Hermine Huntgeburth mit dem Team von »Aufbruch«, Foto: Filmstiftung

Lola Randl mit dem Team von »Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?«, Foto: Horst GaluschkaNicolette Krebitz mit dem Team von »Wild«, Foto: NFP

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European Film and VOD Initiative

MEDIA vernetztBranchen-Querdenker ECVI (European Film and VOD Initiative) – so lautetder Titel des neuen Konsortiums, das CreativeEurope MEDIA mit 470.000 Euro Online-DistributionFörderung unterstützt. Gefördert wird die Weiter -entwicklung von drei Kino-On-Demand Plattformenaus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden. Die Plattformen basieren alle auf der gleichenTechnik und ermöglichen ihren Kinobetreibern vorOrt, Filme auch online zu präsentieren.

ECVI wurde von der Kölner Rushlake Media insLeben gerufen. »Dank der MEDIA-Förderung könnenwir uns nun auch international mit anderen Bran-chen-Querdenkern vernetzen«, freut sich RushlakeMedia Geschäftsführer Philipp Hoffmann.

In Deutschland hat die Rushlake Media den filmstif-tungsgeförderten Film Online Service KINO ONDEMAND in Zusammenarbeit mit 14 Kinos bereitserfolgreich getestet: »Wir haben in den letzten zweiJahren die Technik hinter dem Projekt perfektioniert,konnten weit über 1000 Kunden gewinnen undarbeiten mit vielen Verleihern zusammen. DerService hilft Kinos, ihre Marke online zu stärken undihr Angebot sinnvoll zu erweitern«, betont Hoff-mann. »Wir sind uns sicher, dass sich KINO ONDEMAND als sinnvolles Geschäftsmodell für dieKinos etablieren wird.«

Gemeinsam mit seinen Partnern wird Hoffmann die ECVI-Initiative auf der Berlinale vorstellen. »Wirwollen zeigen, wie intuitiv KINO ON DEMAND funk-tioniert und wie viel Spaß es macht, mit dem Systemsein individuelles Online-Filmprogramm zusammen-zustellen.« Die Präsentation findet am Montag, 13.Februar, 17 Uhr im Gropius Park Pavillon am Martin-Gropius-Bau statt.

MFI Script 2 Film Workshops

Das Buch aus einer anderen WartebetrachtenZwei Intensivworkshops und zwei Online-Kurseinnerhalb von sechs Monaten (Juni-Dezember 2017)– mit diesem kompakten Angebot geht »MFI Script 2 Film Workshops«, das renommierte Stoffentwick-lungsprogramm des Mediterranean Film Instituts ineine neue Runde. Bis zum 6. März können sichTeams aus Autoren, Regisseuren und Produzentenmit einem Spielfilmprojekt (1. oder 2. Drehbuchfas-sung) bewerben. Im letzten Jahr nahm die Wupper-taler Drehbuchautorin Heike Fink gemeinsam mitRegisseurin Ruth Olshan und Produzentin SusanneMann (Zischlermann Filmproduktion) daran teil. ImFolgenden berichtet Fink über ihre Erfahrungen.

Wie lautet Ihr Fazit zu den MFI SCRIPT 2 FILMWORKSHOPS?Die Workshops waren sehr bereichernd, persönlichund beruflich. Die Tutoren und Teilnehmer habenuns sehr dabei unterstützt, unsere Idee und dasThema zu finden. Auch die gemeinsame Arbeit mitden Produzenten der Zischlermann Filmproduktionhat uns enger zusammenwachsen lassen. Es wareine Horizonterweiterung auf allen Ebenen.

Wie hat das Programm Ihr Projektvorangebracht?Unser Drehbuch »Himbeeren mit Senf« war schonrecht weit entwickelt. Was uns fehlte, war der letzteSchliff – so dachten wir. Rasch kamen wir zur Über-zeugung, dass wir in unserer Geschichte in die Tiefeder Figurenentwicklung, vor allem aber in unserereigene Intention blicken müssen, um die innereThematik herauszuarbeiten. Das war überaus lehr-reich. Auch in Bezug auf das Genre kamen wir ansUmdenken – so wurde aus einem reinen Kinderfilm-buch ein Buch für eine breitere Zielgruppe.

Wem würden Sie das Programm empfehlen?Jedem, der sein Buch einmal aus einer anderenWarte betrachten möchte, vor allem aber Autoren,die sich auf europäischer Bildfläche tummelnmöchten und den Austausch mit Indie-Kollegensuchen.

> Anmeldeschluss: 6. März 2017 (mit Projekt) und 20. April 2017 (ohne Projekt)

> Weitere Informationen: www.mfi.gr

Berlinale

Creative Europe zuGast in BerlinDie Berlinale steht vor der Tür und auch 2017 istCreative Europe MEDIA mit Filmen und Veranstaltun-gen präsent. Am 13. Februar 2017 findet von 9:30bis 13:00 Uhr das European Film Forum der Europäi-schen Kommission im Ritz Carlton statt. Es geht um»Big Data« u.a. aktuelle Themen, ab 14:30 Uhrstehen Showcases auf dem Programm. Über Förder-möglichkeiten informieren die deutschen CreativeEurope Desks und Vertreter aus Brüssel am MEDIAStand auf dem European Film Market (EFM).Weitere Informationen auf Seite 23 in diesem Heftund unter www.creative-europe-desk.de

Creative Europe Desk NRW

Inforunde fürProduzenten Am 16. März, um 11 Uhr lädt der Creative EuropeDesk Produzenten aus der Region zu einer Informationsrunde nach Düsseldorf ein. Anlass sind die Einreichtermine für die Förderungen Development (Einzelprojekte) am 20. April und TVProgramming am 30. Mai. Für die Entwicklung vonSpiel-, Animations- und kreativen Dokumentarfilmenkönnen Produktionsfirmen Zuschüsse zwischen25.000 und 60.000 Euro beantragen. Im Bereich TVProgramming betragen die Fördersummen maximal500.000 Euro für Spiel-und Animationsfilme und300.000 Euro für kreative Dokumentarfilme.

> Anmeldung bis 10. März 2017 unter [email protected]

Einreichtermine Creative Europe MEDIA

> Film Education: 2. März 2017

> Video Games: 2. März 2017

> Promotion of European Works Online: 6.April 2017

> Entwicklung Einzelprojekte: 20. April 2017

> Film Festivals: 27. April 2017

> Automatische Verleihförderung: 28. April2017

> TV Programming: 30. Mai 2017

> Selektive Verleihförderung: 14. Juni 2017

Weitere Informationen unter www.creative-europe-desk.de oder beim Creative EuropeDesk NRW unter [email protected]

Creative Europe

Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 35

Erstes Koproduktionstreffen

Luxembourg@NRWMehr als 20 Produzenten aus NRW und neun aus Luxembourginformierten sich Anfang Dezemberin Köln beim ersten Koproduktions -treffen Luxembourg@NRW. Dabeiging es um neue Projekte sowieFinanzierungs- und Kooperations -möglichkeiten. Die Veranstaltungwurde von der Filmstiftung NRWund dem Film Fund Luxembourg in Kooperation mit den CreativeEurope Desks NRW und Luxembourgorganisiert. Das Arbeitstreffen fand in der ifs internationalefilmschule köln statt.

Das Luxembourg@NRW-Treffen resultiert aus einerlängeren Geschichte der wechselseitigen Zusammen-arbeit. Seit 1993 fördert die Film- und Medienstif-tung NRW Filmprojekte, an denen LuxembourgerProduktionsfirmen beteiligt waren. Bereits 2006hatte Tradewind Pictures aus Köln unter anderemmit der Luxembourger Samsa Film die Komödie »Mr. Average« koproduziert. 2011 stellte die KölnerElsani Film gemeinsam mit der Paul Thiltges Distribution »Anduni - Fremde Heimat« her undPandora Film 2013 mit dem gleichen Partner AriFolmans »Der Kongress«.

Weitere Kooperationen waren »Hannah Arendt«(2012) von Margarethe von Trotta, bei der BettinaBrokempers Heimatfilm aus Köln unter anderem mit Bady Mincks Firma Amour Fou koproduzierte,und »Die Räuber« (2014) von Pol Cruchten. DessenFirma Red Lion koproduzierte den Film mit Coin Film aus Köln und Novak Production aus Brüssel. Diebeteiligten Produzenten erläuterten vor Ort dieEntstehung der beiden Filme in Form von Fallstudien.

Sehr persönlicher Rahmen

Für den Düsseldorfer Produzenten Markus Halber-schmidt hat sich die Teilnahme am Koproduktions-treffen auf jeden Fall gelohnt: »Es war eine sehr hilf-reiche Veranstaltung, weil man die Möglichkeit hatte,in einem sehr persönlichen Rahmen mit Kollegenzusammenzukommen und sich auszutauschen.«Konkret hat er bereits eine Interessentin für seinFilmprojekt »Hanna unter Strom« gefunden. »Wirentwickeln gerade diesen Kinderfilmstoff der AutorinCorinna C. Poetter. Es ist eine phantastische Zeitrei-sengeschichte über ein zwölfjähriges Mädchen, diein der Eifel angesiedelt ist. Insofern bietet sich derStoff schon allein geographisch für eine Kooperationmit Luxembourg an.«

Auch bei einem zweiten Vorhaben hat Halber-schmidt durch das Treffen Fortschritte gemacht. »EinKollege aus Mazedonien arbeitet an einem halbanimierten Film, der auf einem der bekanntestenKinderbücher des Balkans beruht. Er sucht jeman-den, der das Design der Hauptfigur entwerfen kann.Da konnte ich ihm im Anschluss durchgeben: ‘Ichglaube, in Luxembourg könntest Du den richtigenPartner finden.‘«

Die größte Koproduktionserfahrung mit NRW-Firmenkann die Produzentin Bady Minck vorweisen, derenFirma in Luxembourg und Wien Büros betreibt: Sie hat schon vier Filme mit NRW-Partnern realisiert.Dementsprechend brachte das Kölner Treffen für sie»neue Erkenntnisse und neue Kontakte«, es ermög-lichte aber auch, »alte Kontakte aufzufrischen«.

Neues Projekt auf dem Weg

Pol Cruchten wiederum nutzte die Gelegenheit, um mit dem langjährigen KooperationspartnerHerbert Schwering über neue Projekte zu sprechen.Die beiden haben schon vor Cruchtens »Räuber«Lola Randls Film »Die Erfindung der Liebe« (2013)koproduziert.

»Wir sind gerade dabei, ein neues Projekt auf denWeg zu bringen, das von der deutschen Seiteausgeht, die auch die stärkere ist.« Bei Luxem-bourg@NRW hat Cruchten aber auch einige andereProduzenten aus NRW kennengelernt, bei denen ersich eine Kooperation vorstellen kann.

Anfang des Jahres hat sich der 53-Jährige in eineinsames Refugium in Luxembourg zurückgezogen,um möglichst ungestört an einer Komödie mit demArbeitstitel »Der Aufstieg« zu arbeiten. »Da wir aufDeutsch schreiben, liegt es nahe, mit einem deut-schen Partner zusammenzuarbeiten.« Cruchtenerwägt daher, das Projekt auf dem angestrebtenFolgetreffen vorzustellen. »Ich werde auf jeden Falldabei sein, es ist immer gut, neue Kooperationspart-ner kennenzulernen«, sagt er. Reinhard Kleber

Der Düsseldorfer Produzent glaubt, dass durch neugeknüpfte Kontakte die Chancen gestiegen sind, inZukunft für eigene Projekte im Großherzogtum einenPartner zu finden. »Die Präsentation der Luxembour-ger Filmförderung hat vielen deutschen Teilnehmernanschaulich gemacht, dass sich dort in letzter Zeiteiniges geändert hat.« Luxembourg habe ein »sehr gutaufgestelltes Fördersystem« und etliche Produzenten,»die bei internationalen Koproduktionen viel Know-how und Erfahrung gesammelt haben«.

Viel Know-how und Erfahrung

Ein weiterer hilfreicher Aspekt sei, dass viele Luxem-bourger auch Deutsch sprechen. »Man muss alsoseine Projekte nicht erst übersetzen, sondern kanndie vorhandenen Unterlagen direkt vorzeigen.«Luxembourg sei »auf jeden Fall ein sehr interessan-ter potenzieller Partner für künftige Projekte.« Dasgelte auch für den Bereich Entwicklung.

Der Kölner Produzent Richard Lutterbeck knüpfte beidem Treffen vielversprechende Verbindungen. Erhatte sein Projekt »Fritzi – eine Wendewunderge-schichte« nach einem Buch von Anna Schott mitge-bracht. Für den Kinderanimationsfilm der RegisseureRalf Kukula und Matthias Bruhn, den die Film- undMedienstiftung NRW mit 510.000 Euro unterstützt,fand er einen potenziellen Partner aus Luxembourg.»Ich habe David Mouraire von Doghouse Film gleichin unser Kölner Studio eingeladen. Wir haben bereitseinen Gegenbesuch in Luxembourg vereinbart – mitdem Ziel einer Koproduktion. Wichtig ist für mich insolchen Fällen: Stimmt die Chemie? Da kann ichsagen: Es sieht gut aus!«Wenn alles klappen sollte,werde es die erste Zusam-menarbeit des TrickStudioLutterbeck mit einem Studioaus Luxembourg. »Es gabzwar vorher Kontakte zuStudios, aber bisher nochkeine konkrete Koproduk-tion. Das soll sich jetztändern.«

Bady Minck, Foto: Amor Fou

Richard Lutterbeck, Foto: TrickStudio Lutterbeck

Pol Cruchten, Foto: Red Lion Lux

»Die Räuber«, Foto: Farbfilm

Markus Halberschmidt, Foto: Busse & Halberschmidt

»Marija« – mit MEDIA Development gefördert und ab 9. März im Kino, Foto: KHM

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Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 37

news

Neues Buch erschienen

111 Drehorte in NRWFranka Potente, Jürgen Vogel, Daniel Brühl und TilSchweiger haben es genauso getan wie die Holly-woodgrößen Anthony Hopkins, Tilda Swinton oderKate Winslet: Sie alle standen in Nordrhein-Westfa-len vor der Kamera. In ihrem Buch »111 Drehorteberühmter Filme & Serien in Nordrhein-Westfalen«haben Christina Gruber und Gerhard Schmidt nundie vielen Schauplätze zusammengetragen, diebisher als Kulisse für nationale und internationaleProduktionen dienten. Das von der Film- undMedienstiftung NRW geförderte Projekt beleuchtetDrehorte von Bergisch-Gladbach über Köln bis nachBielefeld und zeigt damit die Vielseitigkeit der nord-rhein-westfälischen Landschaft. Nicht umsonst wird»nirgendwo in Deutschland mehr gedreht als inNordrhein-Westfalen«, wie im Vorwort zu lesen ist.

»111 Drehorte berühmter Filme & Serien in NRW«,Emons Verlag; ISBN 978-3-95451-928-6, 16,95€

Landesanstalt für Medien NRW

Tobias Schmid neuer DirektorDr. Tobias Schmid wurde Mitte Januar in sein neuesAmt als Direktor der Landesanstalt für Medien NRW(LfM) eingeführt. Bei einem Empfang sagte NRW-Medienminister Franz-Josef Lersch-Mense, dass mitDr. Schmid ein profilierter Medienjurist mit herausra-gender medienpolitischer Expertise und einemgroßen Erfahrungsschatz das Amt antrete. Geradeangesichts rasanter Veränderungen der Medienland-schaft sei es wichtig, dass die Politik eine starke undunabhängige Medienaufsicht an ihrer Seite habe.Prof. Werner Schwaderlapp, Vorsitzender der LfM-Medienkommission, betonte, dass die Einhaltungder Grundwerte wie Menschenwürde, Sicherung derMedien- und Meinungsvielfalt und Jugendschutzzentrale Aufgaben der LfM blieben. Es sei dahererfreulich, dass der Gesetzgeber das Aufgabenspek-trum erweitert habe. Schwaderlapp verwies darauf,dass sich die LfM künftig neben Fragen der Netzneu-tralität nun auch um virtuelle Plattformen und diesogenannten Informations-Intermediäre wie Face-book und Google kümmern soll.

> www.lfm-nrw.de

Neuer Teilnehmerrekord

SchulkinowochenMit mehr als 119.000 Anmeldungen verzeichnen dieSchulkinowochen NRW in diesem Jahr einen Teilneh-merrekord. Eröffnet wurde die zehnte Ausgabe dervon Vision Kino und Film + Schule NRW organisier-ten Veranstaltungsreihe in Düsseldorf mit NeeleLeana Vollmars »Rico, Oskar und der Diebstahlstein«.

Bis zum 8. Februar stehen in 114 Kinos in NRW 120Spiel-, Animations- und Dokumentarfilme auf demProgramm. An ausgewählte Vorstellungen schließensich 48 Filmgespräche an, bei denen Regisseure wieAdolf Winkelmann (»Junges Licht«) und Jakob M.Erwa (»Die Mitte der Welt«) sowie Schauspieler,Drehbuchautoren, Set Designer und Kostümbildne-rinnen mit den Schülerinnen und Schülern über ihreWerke diskutieren. Abgerundet werden die Schulki-nowochen NRW durch Kinoseminare, Expertenge-spräche, Workshops und Lehrerfortbildungen.

> www.schulkinowochen.nrw.de

fen. Ich komme ja selbst aus einem kleinen Unter-nehmen, Little Shark hatte nie mehr als sechs Mitar-beiter.

Will die Constantin durch ihre Arbeit in NRWbestimmte Schwerpunkte setzen?Ein Schwerpunkt ist der Kinofilm, für den wir dieProduktionsbasis stärken wollen. Daneben geht esauch um hochwertige Serien und TV-Formate, dasist nicht ausgeschlossen. Ein Schwerpunkt bestehtauch darin, dass wir das kreative Potenzial in NRWvermehrt an uns binden wollen, also Autoren,Regisseure und ganz Teams, die in der Regionwohnen. Da die Little Shark Entertainment ja in denvergangenen sechs Jahren bis Ende 2014 einen FirstLook Deal mit der Constantin Film hatte, kenne ichdie Strukturen und Entscheidungsträger inMünchen gut. Es ist also nicht ganz so neu, was aufmich zukommt.

Gibt es schon Filmprojekte, an denen Sie vonKöln aus für die Constantin arbeiten?Natürlich entwickelt die Constantin Film diverseProjekte im Kino- wie Serienbereich. Ich selbst habezwei Projekte, die im Moment mit NRW-Talent undProminenz angeschoben werden. Da ich aber erstseit Januar im Amt bin als Constantin Film NRW,kann ich dazu noch nicht viel sagen. Ich habe keineProjekte von der Little Shark mitgenommen, die jamit Meike Savarin weiterläuft. Bei der ConstantinFilm möchte ich neue Stoffe einbringen, aber mirauch in München die Vielzahl der Projekteanschauen, die dort in unterschiedlichen Entwick-lungsstadien sind.

Wird die Kölner Constantin eher auf Kinoprojektekonzentrieren oder dürfen es auch TV-Filme undSerien sein?Beides. Die Constantin Film hat immer mit großenTent Poles, also neben den erfolgreichen Komödien,historische Filme und Themen-Projekte ins deut-sche Kino gebracht. Zugleich ist der Vorstand undProduzent Oliver Berben stark im hochwertigenSerienbereich tätig. Ich kann mir auch vorstellen,hier in Köln spannende TV-Stoffe zu entwickeln undherzustellen. Wir haben ja mit der Little Shark auchschon Fernsehfilme für 20.15 Uhr gedreht. Insofernist mir das nicht fremd.

Will die Constantin Film NRW auch internationalaktiv werden? Können sie sich vorstellen,größere Projekte zu koproduzieren und nachNRW zu holen?Absolut. Natürlich hat NRW alle Optionen mit denStudios bei der MMC und mit anderen Studios, mitder Postproduktionsinfrastruktur. NRW könnte aberdeutlich mehr tun, um mehr internationaleProjekte ins Land zu holen. Dabei gilt es, die vorhan-denen Ressourcen einzubringen, wenn man denHut für internationale Projekte in den Ring wirft.

> www.constantin-film.de

Der neue Constantin Film-Produzent Tom Spieß im Gespräch

»Das kreativePotenzial an uns binden«

Zum 1. Januar ist Tom Spieß,der bisherige Geschäftsfüh-rer und Gesellschafter derKölner ProduktionsfirmenLittle Shark Entertainmentund Shark TV, zur ConstantinFilm gewechselt. Für dieConstantin Film wird er nunvon Köln aus in exklusiverProduzententätigkeit dieEntwicklung und Herstellungvon Filmen verantworten.

Doch wo geht die Reise hin für den größten deut-schen Independent-Player am Standort NRW? Rein-hard Kleber sprach darüber mit Tom Spieß.

Was erwarten Sie vom Filmjahr 2017 in NRW?Wie das Filmland NRW sich in den letzten 25Jahren aufgebaut hat, ist nach wie vor beeindru-ckend. Für 2017 wird es nach dem Inkrafttretendes neuen Filmförderungsgesetzes vor allemdarauf ankommen, wie es ausgestaltet wird. Es hatja auf alle anderen Film- und Fernsehschaffenden,auch in NRW, Auswirkungen, etwa wie die FFA ihreRichtlinien neu gestalten wird.

Wie wird sich die Constantin Film mit ihremKölner Arm in Zukunft positionieren?Die Constantin ist ja schon gut positioniert in NRW.Es gibt die Constantin Entertainment, die sitzt aufdem Gelände der MMC-Studios und stellt TV-Formate, Events und Shows her. Dann hat dieConstantin 2012 mit Peter Nadermann gemeinsamdie Nadcom gegründet, die im Belgischen Viertelsitzt und hochwertige Fernseh- und Filmformateentwickelt. Nadermann kommt ja ursprünglichvom ZDF und hat viele TV-Koproduktionen, Reihenund Serien gerade im skandinavischen Bereich aufdie Beine gestellt. Natürlich will die Constantinweiter verstärkt das Potenzial in NRW, also Krea-tive, Teams und Projekte, einbinden. Als Produzentvon Kinofilmen bringe ich meine Kontakte undErfahrungen ein.

Wie groß wird denn die Kölner Niederlassung bisEnde 2017 werden?Ich habe hier ein Büro mit einer Assistenz. Es gehtnicht darum, kostspielige, aber unnötige Struktu-ren aufzubauen. Im digitalen Zeitalter macht daswenig Sinn. Ich bin in NRW gut verdrahtet undkann jederzeit auf die Partner-Strukturen wie dieLegals und das Controlling in München zurückgrei-

Literaturfestival

17. lit.COLOGNEIm Rahmen der 17. lit.COLOGNE wird Köln ab dem 7.März für zwölf Tage zur Literaturhauptstadt. Bis zum18. März haben Literaturinteressierte die Chance,bei insgesamt 194 Veranstaltungen internationaleStar-Autoren zu treffen. Unter anderem werdenJonathan Safran Foer, Paul Auster, Charlotte Link undT.C. Boyle ihre neuesten Werke vorstellen. Die Film-und Medienstiftung NRW kooperiert dieses Jahrbereits zum siebten Mal mit der lit.COLOGNE, beider Begegnungen zwischen Autoren und Künstlernaus allen Bereichen geschaffen werden.

> www.lit-cologne.de

Cinedom Köln

Immobilienfonds istneuer GesellschafterDer Kölner Cinedom hat einen neuen Gesellschafter.Der Immobilienfonds PW Real Estate Fund III LP hatdie Mehrheit der Anteile am Cinedom übernommen.Die bisherigen Gesellschafter behalten eine Minder-heitsbeteiligung neben dem neuen Gesellschafter.Zusätzlich zum Cinedom-Geschäftsführer MartinEbert wurde Ralf Schilling neu in die Geschäftsfüh-rung des Multiplex-Kinos berufen. Schilling warzuletzt Geschäftsführer von UCI Kinowelt fürDeutschland und Österreich.

> www.cinedom.de

news

Preisgekrönte Produktionsfirma

Fünf JahrebildundtonfabrikDie Kölner Produktionsfirma bildundtonfabrik (btf)feierte Mitte Januar ihr fünfjähriges Bestehen. Diebtf wurde von den KHM-Studenten Philipp Käßboh-rer und Matthias Murmann gegründet und vor allemdurch die Produktion der ZDF-Sendungen Roche &Böhmermann und Neo Magazin Royale bekannt. Fürihre Leistungen als Produzenten von Roche &Böhmermann erhielten die beiden Gründer 2012den Förderpreis des Deutschen Fernsehpreises. Hierist die btf in diesem Jahr mit dem Neo MagazinRoyale in der Kategorie »Beste Unterhaltung LateNight« nominiert. 2014 wurden Käßbohrer undMurmann für die Produktion des Neo Magazin mitJan Böhmermann auf ZDF/neo mit einem Grimme-Preis in der Kategorie »Unterhaltung« ausgezeichnet.Weitere Grimme-Preise folgten 2015 (»Mr. Dicks«)und 2016 (Neo Magazin Royale, Beitrag #Varoufake).Aktuell produziert die btf u.a. die Sketch-Comedymit Maren Kroymann für die ARD sowie das Format»Gute Arbeit Originals« für funk.

Käßbohrer und Murmann (vormals Schulz) studier-ten von 2007 bis 2014 an der KHM in Köln. Als Absol-venten des Jahrgangs 2012 des Mediengründerzen-trums NRW gründeten sie die btf im Kölner StadtteilEhrenfeld.

> www.btf.de

Untersuchung derProgrammdiversität

»Geschichten undFilme kennen (keine) Grenzen«Unter dem Titel »Geschichten und Filme kennen(keine) Grenzen« haben die Medienwissenschaftle-rin Tanja C. Krainhöfer und ihre Kollegen Dr. ThomasWiedemann und Konrad Schreiber in Kooperationmit dem Lehrstuhl Medienwissenschaft HFFMünchen und dem Institut für Kommunikationswis-senschaft und Medienforschung der Ludwig-Maximi-lians-Universität München eine Studie zur Untersu-chung der Programmdiversität der InternationalenFilmfestspiele Berlin erarbeitet. Sie schließt damit andie 2016 erschienene Studie »Frauen zeigen ihrGesicht, Männer ihre Filme« an. Dabei geht es umdie Frage: Inwieweit findet sich im Programm derBerlinale von 1980 bis 2016 ein ausgewogenesVerhältnis der mittels der programmierten Festival-beiträge repräsentierten Filmemacher im Hinblickauf deren Geschlecht, deren Alter und derenHerkunft bzw. Sozialisation aus den neuen und denalten Bundesländern wider? Der Untersuchungszeit-raum der aktuellen Studie reicht von 1980 bis 2016und umfasst die Amtszeiten der beiden Festivaldirek-toren Moritz de Hadeln und Dieter Kosslick.

> Die gesamte Studie steht zum Download zurVerfügung unter www.filmfestival-studien.de

Wettbewerb läuft noch bis zum 17. Februar

27. DeutscherKamerapreisBis zum 17. Februar können Kameraleute, Editorin-nen und Editoren ihre Produktionen im Wettbewerbum den Deutschen Kamerapreis 2017 in den Katego-rien Kinospielfilm, Fernsehfilm, Kurzfilm, Journalisti-sche Kurzformate, Dokumentarfilm/Dokumentation,sowie in der Wechselkategorie Outdoor Film undNachwuchspreis einreichen. Die Preisträger werdenam 24. Juni im WDR in Köln ausgezeichnet.

Der Nachwuchspreis richtet sich speziell an jungeKreative aus den Bereichen Film, TV, Internet undMultimedia. Die beiden mit jeweils 5.000 Eurodotierten Preise werden von der Filmstiftung NRWund von Panasonic Marketing Europe gestiftet.

Teilnahmebedingungen und Anmeldeformulare sindauf der Website des Kamerapreises abrufbar.

> www.deutscher-kamerapreis.de.

Einreichfrist ist der 3. April

16. Gerd RugeStipendiumUnter der Schirmherrschaft des FernsehjournalistenGerd Ruge vergibt die Film- und MedienstiftungNRW in diesem Jahr zum 16. Mal das Gerd RugeStipendium. Das Stipendium ermöglicht jungenFilmemachern innerhalb von 18 Monaten dieEntwicklung und Vorbereitung eines Dokumentarfil-mes für das Kino. Das Stipendium wird mit einerGesamtsumme von bis zu 100.000 Euro ausgeschrie-ben – die höchste Summe, die in Deutschland für dieEntwicklung von Dokumentarfilmprojekten verge-ben wird.

Die Einreichfrist für das Gerd Ruge Stipendium istMontag, 3. April 2017. Bis dahin müssen spätestensdie vollständigen Antragsunterlagen, die u. a. einTreatment, eine Kalkulation, eine Vita sowie eineFilmographie des Antragsstellers enthalten, vorlie-gen. Alle Informationen und die Antragsunterlagen,die auch in digitaler Form übermittelt werdenmüssen, sowie das Merkblatt zur Antragstellung sindauf der Website der Filmstiftung abrufbar.

> www.filmstiftung.de

Vier geförderte Filme und Partner beim 34. CineMart

46. International FilmFestival RotterdamDas Filmland NRW ist beim 46. International FilmFestival Rotterdam (IFFR) mit vier filmstiftungsgeför-derten Produktionen vertreten. Zugleich ist die Film-stiftung NRW Partner des Rotterdam Lab und beimCineMart. In Rotterdam laufen »Rey« von NilesAttahlah (Weltpremiere), »Donkeyote« von ChicoPereira, »Als Paul über das Meer kam – Tagebucheiner Begegnung« von Jakob Preuss und AngelaSchanelecs »Der traumhafte Weg«. Zum 34. Malfindet der CineMart statt, eine Plattform für interna-tionale Koproduktionen, bei der die Gelegenheitgeboten wird, Projekte der internationalen Filmbran-che vorzustellen und Finanzierungspartner zu finden.Das größte Filmfestival der Niederlande findet vom25. Januar bis zum 5. Februar statt.

> www.iffr.com

Dachorganisation erweitert

Hessen Film neuesMitglied bei FocusGermanyDie in diesem Jahr gegründete Hessen Film undMedien GmbH ist neues Mitglied im Verbund derregionalen Filmförderungen Focus Germany. Dieshaben die Vertreter des FilmFernsehFonds Bayern,Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, Film-und Medienstiftung NRW, Medienboard Berlin-Bran-denburg, MFG Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg, Mitteldeutsche Medienförderung undnordmedia – Film- und Mediengesellschaft Nieder-sachsen/Bremen auf ihrer Sitzung im Spätherbst inWeimar beschlossen.

Focus Germany bietet Filmschaffenden im In- undAusland Informationen und professionelle Beratungzu den vielfältigen Förder- und Produktionsmöglich-keiten in Deutschland. Die Mitglieder stellen darüberhinaus Kontakte zur regionalen Branche und zuDienstleistern her. Mit einem Stand auf dem Euro-pean Film Market im Rahmen der Berlinale sowieauf dem Marché du Film in Cannes setzt sich FocusGermany gemeinsam mit German Films Service +Marketing zudem für die Interessen der deutschenFilmindustrie ein.

> www.focusgermany.de

Kultur- und Kreativwirtschaft wächst überdurchschnittlich

IHK Köln/NeueStandortanalyseDie Kultur- und Kreativwirtschaft ist seit Jahren einwichtiger Wirtschaftsfaktor im IHK-Bezirk Köln. Nacheiner neuen Studie des Wirtschaftsforschungsinsti-tuts Prognos AG für die IHK Köln wächst ihre Bedeu-tung weiter: Der Umsatz des Wirtschaftszweigs stiegzwischen den Jahren 2009 und 2014 von 8,3 auf 9,6Milliarden Euro. Die durchschnittliche jährlicheWachstumsrate lag mit 2,9 Prozent deutlich über dervon NRW (0,5 %) und Deutschland (1,8 %). NachAngaben der IHK bildet die Medienwirtschaft dasRückgrat der Kultur- und Kreativwirtschaft im IHK-Bezirk. Umsatztreiber seien vor vor allem die Teil-märkte Software/Games sowie Presse und Film.Auch die Bruttowertschöpfung sowie die Anzahl vonErwerbstätigen (plus 2,6 % bzw. rd. 6.000 Erwerbstä-tige) wuchs laut Studie stärker als im Landes- oderBundesvergleich. Beschäftigungsstärkste Teilmärktesind die Software-/Games-Industrie, die Filmwirt-schaft und der Werbemarkt.

Im Blick auf die Studienergebnisse sieht die IHK Kölndie Kultur- und Kreativbranche und hier besondersdie Medienwirtschaft als wichtigen Impulsgeber fürdie gesamte Region. Damit die Kultur- und Kreativ-wirtschaft sich weiterentwickeln kann, empfiehlt dieKammer, in den einzelnen Teilmärkten Stärken zuidentifizieren und Branchenprofile mit Blick auf inter-nationale Märkte herauszuarbeiten. Zudem müssenstrategische Partnerschaften ausgebaut sowie derinterne und externe Wissenstransfer gefördertwerden.

Dabei dürfen die regionalen Märkte nicht außer Achtgelassen werden. Um geänderten Bewerberanforde-rungen gerecht zu werden, ist es ferner notwendig,Kompetenzen für die Arbeitswelt 4.0 weiterzuentwi-ckeln. So bleibt der Standort auch zukünftig im Wett-bewerb um qualifizierte Arbeitskräfte attraktiv.

> www.ihk-koeln.de

NewsTom Spieß, Foto: Little SharkEntertainment

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Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 39

Wolfgang Groos inszenierte dendritten Teil des Kinderfilms

»Hexe LillirettetWeihnachten« Alle großen und kleinen Fans vonHexe Lilli dürfen sich freuen, wennsie sich auch noch ein klein wenig inGeduld üben müssen. Dieaufwendig inszenierte dritteEpisode über die Erlebnisse derforschen kleinen Hexe, ihre Familieund den sympathischenZauberdrachen Hector wurdegerade erst in Belgien, Österreich,Südtirol und in NRW gedreht.

Diesmal wurde mit einer neuen Darstellerin der Lilli,Hedda Erlebach, gearbeitet, denn seit den beidenersten Teilen sind immerhin fünf Jahre verstrichen.Aber auch mit bewährten Darstellern der beidenfrüheren Teile, so etwa Anja Kling, der Mutter vonLilli, und auch der brillanten Stimme von MichaelMittermeier, der damit dem Drachen Hector seinenganz speziellen, unverwechselbaren Charakterverleiht. Vor allem wartet der Film mit einer Reihevon mythischen, spannenden Figuren auf, denenman zum ersten Mal begegnen wird. So etwa einemgut aufgelegten Jürgen Vogel, der als finstererKnecht Ruprecht für allerlei Unruhe sorgt und imMittelpunkt der neuen Geschichte stehen wird.

Die Kleinen spielen die Hauptrollen

Basierend auf den beliebten Büchern von AutorKnister ist Lilli eine wohletablierte Marke, die dasGenre Kinderfilm mit dem angesagten visuellenErzählen moderner Computer-Effekte zauberhaftverbindet. Die Stimmung beim Dreh ist dementspre-chend gutgelaunt. »In diesen Kinderfilmen darf esimmer noch so sehr herrliche Helden geben. Und esdarf übertrieben werden, es darf nicht alles so ernstgenommen werden!«, schwärmt Anja Kling am Setin den Kölner MMC Studios. »Und das ist es, warumich so gerne mitmache. Man muss damit umgehenkönnen, dass man in der zweiten Reihe steht, denndie Hauptrollen in einem Kinderfilm sind die Kinder!Und das ist gut und richtig so. Bis auf Jürgen Vogelnatürlich, der hier eine Riesenrolle spielt.«

Und Maresa Hörbiger ergänzt: »Der Reiz bei einemKinderfilm mitwirken zu dürfen, ist groß. Erstens binich selbst Großmama und kann es aus dem wirkli-chen Leben nachfühlen, was Kinder gerne haben.

Dies dann im Film zu spielen, ist einfach eine Wonne.Hier bin ich ja so etwas wie die gute Fee und dasheißt: Ich versuche alles beim Spielen der Rolle, wasman an Zuwendung und Liebenswürdigkeit Kinderngegenüber hat, aus mir hervorzuholen.«

Kinderfilm mit Phantasie

Regisseur Wolfgang Groos ist ein bekennender Fandes Genres Kinderfilms: »Ich finde, dass in Deutsch-land dies das Genre ist, wo wir die phantasievollstenGeschichten erzählen können. Und wenn es dannkeine direkte Science Fiction ist, sondern die magi-sche Story ganz real in unserer Welt spielt – dasmacht mir unheimlich viel Spaß. Ich drehe ja eigent-lich eine ganz reale Geschichte hier. Nur eben miteinem phantastischen Element drin.« Das war in»Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt« so und sei natür-lich bei der »Hexe Lilli« ganz besonders der Fall, weilsie als Hexe eine gewisse Superpower habe. Groos:»Das zu kombinieren ist sensationell. Wir könnenuns die phantastischen Motive ausdenken. Das istfür mich auch der Grund, warum in Deutschland derKinderfilm bzw. das Family Entertainment eines dererfolgreichsten Genres ist, das wir haben.«

Natürlich ist das Aufnehmen eines solchen Fran-chises mit dem dritten Teil der Serie auch eineHerausforderung für den renommierten Regisseur.»Die Schwierigkeit bei Fortsetzungen liegt für michdarin, dass ich gerne meinen eigenen Stil einbringenmöchte, gleichzeitig aber eine tolle Marke habe –und ich will ja nicht, dass sich die Marke verändert.Die Herausforderung ist, da jetzt eine gute Balancehinzukriegen. Wir haben natürlich den Vorteil, dasswir bei diesem dritten Teil eine neue Lilli haben, dasist hier also schon sehr ,mein‘ Baby, weil es ,meine‘Lilli ist.«

Auch den Herausforderungen eines VFX-Drehs, beidenen eine komplette Hauptfigur nachträglich imComputer zum Leben erweckt werden wird, stehtder Regisseur gelassen gegenüber. »Ich glaube, ichbin langsam ein Spezialist für Visual-Effects-lastigeFilme geworden, es hat sich anscheinend herumge-sprochen, dass es bei mir ganz gut funktioniert. Es istnatürlich echt anstrengend. Dadurch wird dasDrehen eben extrem kleinteilig, weil man die Takesdann immer wieder absetzen muss. Eigentlich sinddie VFX ja dann am besten, wenn sie kein Menschmerkt.«

Die Film- und Medienstiftung NRW förderte die vonblue eyes Fiction unter Leitung von Corinna Mehnerund Trixter geführte Produktion, die die Hexe Lilli abdem 9. November auf die deutschen Leinwändezaubern wird. Als Koproduzenten sind Dor Film,Potemkino, Be-Films, Universum Film, der WDR unddie MMC Movies dabei. Zielgruppe sind alle Alters-stufen von 8 bis 80. Durch die Vielzahl von Angebo-ten auf dem Kinderfilm-Markt ist die Situation fürProduzenten nicht einfacher geworden, so CorinnaMehnert. »Wir waren gerade mit ,Hilfe ich habemeine Lehrerin geschrumpft‘ sehr, sehr erfolgreichim Kino, da wollen wir auch wieder hin mit einer sogroßen Produktion wie Hexe Lilli!«

Aktivitäten beim Kinderfilm

Christina Bentlage, Leitung Förderung bei der Film-stiftung NRW, unterstreicht das Bemühen, denKinderfilm im Land weiter zu stärken: »WolfgangGroos, der ja aus NRW stammt, ist einer der profilier-testen und erfolgreichsten deutschen Kinderfilmre-gisseure. Die Filmstiftung hat seit Gründung einbesonderes Augenmerk auf dem Kinderfilm. Sowohloriginäre Geschichten als auch Adaptionen fürkleine, mittlere und größere Kinder liegen uns amHerzen und wir fördern und unterstützen hier sehrgerne besondere Stoffe und Ideen. Hexe Lilli ist eineKo-Produktion mit dem WDR, was uns sehr freutund die verstärkten gemeinsamen Aktivitäten beimKinderfilm deutlich macht.« Karin Angele

REDA KATEBSOPHIE SEMINJENS HARZER und NICK CAVE

PAULO BRANCO, WIM WENDERS und GIAN-PIERO RINGEL präsentieren

Nach dem Stück von PETER HANDKE

SCHÖNENTAGEARANJUEZ

Die

von

Ein Film vonWIM WENDERS

JETZT IM KINO

„…wer sich auf das intellektuell- sinnliche Gedankenspiel von Wenders und Handke einlässt, wird reich belohnt.“ fi lmstarts.de

AN

ZE

IGE

»Hexe Willi rettet Weihnachten«, Foto: MMC

38 < Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017

setbericht

Sandra Nettelbecks neuer Film

»Was uns nicht umbringt«Nach »Mr. Morgans’s Last Love« aus dem Jahr 2013, der u. a. in Köln gedreht wurde, inszeniertedie Autorin und Regisseurin Sandra Nettelbeck wieder in NRW. In Köln und Wuppertal drehte sie für ihren neuen Film »Was uns nicht umbringt«.

Johanna ter Steege, Barbara Auer, August Zirner, PeterLohmeyer, Oliver Broumis, Richard Hope: Sie alle spiel-ten schon in der Familienkomödie »Sergeant Pepper«aus dem Jahr 2004 mit. Nun hat Sandra Nettelbeck siefür ihre neue Tragikomödie wieder vor die Kamerageholt. Allerdings bilden sie nur die Hälfte des umfang-reichen Ensembles, zu dem auch Christian Berkel,Deborah Kauffmann, Mark Waschke, Jenny Schily undLeonie Hämer gehören.

August Zirner spielt diesmal den gefragten Psycho-therapeuten Maximilian, der mit seinen jugendli-chen Töchtern, seiner stürmischen Ex-EhefrauLoretta und einem schwermütigen Hund schon vielum die Ohren hat. Dazu kommen etliche Patienten,denen er immer weniger zu helfen weiß und diedennoch hartnäckig erscheinen. Unter ihnen sindder frustrierte Bestattungsunternehmer Mark, seinehypochondrische Schwester, ein Pilot mit Höhen-angst und eine zwanghafte Zoowärterin.

Doch nun bringt auch noch die spielsüchtige Geräu-schemacherin Sophie, die stets zu spät zu ihremTermin kommt, seine vertraute Welt ins Wanken. Espassiert, was eigentlich nicht passieren darf: Ausge-rechnet an diese Patientin verliert er sein Herz. DerTherapeut ringt mit seiner professionellen Conte-nance. Wie soll er ihr helfen, ohne sich einzumi-schen? Und wie kann er ihr Herz gewinnen, ohne siefür immer zu verlieren?

Drehtage im Wuppertaler Zoo

Zwei Tage verbrachte das Team alleine im Zoo inWuppertal, der als einziger in Nordrhein-WestfalenKönigspinguine zeigt. »Das war eine einmalige Erfah-rung«, schwärmt Produzent Jochen Laube, »diePinguine waren zutraulich und guter Dinge. Manmerkt Tieren ja an, wie es ihnen geht.« Acht weitereDrehtage standen in Köln auf dem Programm, unteranderem Innenaufnahmen an Originalmotiven indiversen Wohnungen sowie in der Uniklinik.

Nettelbeck und die Film- und Medienstiftung NRWverbindet eine lange gemeinsame Geschichte. »Die

Neben so vielen prominenten Darstellern wirkt aucheine Newcomerin mit: Leonie Hämer. Das Talent ausPotsdam hat zwar im dortigen Hans Otto TheaterJugendtheater und an der Berliner SchaubühneWorkshops gemacht, doch vor einer Filmkamerasteht sie zum ersten Mal. Natürlich geben die Profisihr gerne Ratschläge. Großen Bedarf scheint sie abernicht zu haben, wenn man Nettelbeck folgt: »Ichmerke nichts davon, dass sie noch keinen Filmgedreht hat. Sie ist für uns ein Geschenk.«

Komödie und Liebesfilm

Doch auf welche Art von Film dürfen sich dieZuschauer denn nun einstellen? »Seit ich Filmemache, habe ich große Schwierigkeiten, mich auf einGenre festzulegen. In diesem Fall ist es wohl amehesten eine melancholische Komödie. Auf jedenFall ist es ein Liebesfilm.«

Auch Laube kann sich mit der Bezeichnung »melan-cholische Komödie« anfreunden. Ihn fasziniert vorallem, »dass die Figuren ein bisschen schräg sind,aber die Geschichten alle nachvollziehbar und ausdem Leben gegriffen sind.« Die Erzählungen kämen»subversiv und leise daher, aber es werden elemen-tare Themen von der Schwangerschaft bis zum Todbeleuchtet.« Es gehe, so Laube, um Fragen wie: Wiewar mein Leben bisher? Kann ich nochmal etwasNeues anfangen? Das wird auf wunderbare Weisemelancholisch und humorvoll und tragisch behan-delt. Es wäre das Schönste, wenn es uns gelingenwürde, dass die Zuschauer lachend und weinend imKino sitzen.«

Die Sommerhaus Filmproduktion mit Sitz in Ludwigs-burg und Berlin konnte als Koproduzenten Cine Plusund die Ruhrsoundstudios aus Dortmund gewinnen.Als Sender ist das ZDF an Bord. Förderungen steuernFFHSH, Film- und Medienstiftung NRW, MFG Baden-Württemberg und BKM bei. Die Bildpostproduktionwird in Berlin stattfinden, die Tonbearbeitung inNRW. Den Verleih des 3,6 Millionen Euro teurenFilms übernimmt die Alamode Filmdistribution. Reinhard Kleber

Stiftung hat ja viele ihrer Filme unterstützt. Umsoerfreulicher, dass sie sich auch diesmal wieder bereiterklärt hat, uns mit einer relevanten Summe zuunterstützen«, so Laube. »Ein Teil unseres Teamskommt aus NRW, und die Tonpostproduktion macheich wieder in den Ruhrsoundstudios, mit denen ichschon bei ‘Helen’ sehr gut zusammengearbeitethabe«, ergänzt Nettelbeck.

Wieder ein Ensemblefilm

Ihr neues Drehbuch ähnelt der dramaturgischenKonstellation ihres Langfilmdebüts »Unbeständigund kühl«, eines Ensemblefilms, der 1995 mit denAugen von 30-Jährigen auf das Leben blickte. »Gut20 Jahre danach ist es für mich ganz schön, wiedereinen Ensemblefilm zu machen, und eine ArtBestandsaufnahme dazu«, sagt die 50-Jährige.Außerdem löse sie damit ein altes Versprechen ein.»Ich habe August Zirner schon vor zehn Jahrenversprochen, eines Tages einen Film über den Thera-peuten zu schreiben. Und jetzt habe ich diesesVersprechen wahr gemacht, jetzt, beim dritten Mal,steht der Therapeut im Mittelpunkt der Geschichte.

Für Barbara Auer, die im Film als Loretta auftritt, istdas Besondere an »Was uns nicht umbringt«, dass erso viele Hauptfiguren hat. »Deren Wege kreuzen sichimmer wieder, es kommen aber auch Einzelschick-sale vor, ein bisschen wie in Robert Altmans ‘ShortCuts’.« Nettelbeck bestätigt diese Einschätzung:»Das war mein ursprünglicher Ansatz, eine Art ‘ShortCuts’ in Hamburg.«

Mit gewisser Leichtigkeit

Auer findet es auch schön, dass fast alle Figuren ineiner Lebenskrise steckten, die Regisseurin das abermit einer gewissen Leichtigkeit erzähle, »wobeileicht nicht oberflächlich heißt«. Mit einem Schmun-zeln stellt Auer fest: »Ich wollte ja immer so einenEnsemblefilm machen. Aber jetzt bin ich etwas frus-triert, dass ich nur sieben Drehtage habe und solange nicht vor die Kamera darf.«

Dreharbeiten»Was uns nicht umbringt«, Foto: Sommerhaus

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Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 41

Dreharbeiten

»The Odd Couple«Mitte Januar fiel die erste Klappe zum neuen Filmvon Margarethe von Trotta. »The Odd Couple« mitIngrid Bolsø Berdal und Katja Riemann in den Haupt-rollen erzählt die Geschichte von Jade und Maria,deren einzige Gemeinsamkeit der Ex-Mann ist. Siesind gezwungen, sich ein Loft in New York zu teilen.Gedreht wird an 27 von 32 Tagen im Studio Hürthsowie in Köln, Düsseldorf und Umgebung, bevor dasTeam für ein paar Tage nach New York zieht. Am 17. Februar soll der Dreh im Kasten sein. Das Buchschrieb Pam Katz. NFP marketing und distributionübernimmt den Kinoverleih.

> Heimatfilm, [email protected]

»Pettersson undFindus III – Finduszieht um«Auch für den dritten Teil der Verfilmung von SvenNordqvists Kindergeschichten um »Pettersson undFindus« dienen die MMC Studios vom 24. Januar biszum 20. Februar an 17 von 30 Drehtagen als Kulissefür aufwendige Real- und Trickaufnahmen. Danachwird der Dreh bis zum 8. März in Erfurt fortgesetzt.Der Kinospielfilm »Pettersson und Findus III – Finduszieht um« entsteht mit Stefan Kurt und MarianneSägebrecht in den Hauptrollen unter der Regie vonAli Samadi Ahadi nach einem Drehbuch von ThomasSpringer. Tradewind Pictures (Thomas Springer,Helmut Weber) produziert, den Verleih übernimmtWild Bunch Germany.

> Tradewind Pictures, [email protected]

»Benjamin Blümchen«Benjamin und Otto, die besten Freunde, freuen sichauf die gemeinsame Zeit im Neustädter Zoo. Als dieehrgeizige Zora Zack, die den Zoo modernisieren soll,einen ganz anderen Plan verfolgt, sind die beidensofort in einem großen Abenteuer. Der beliebteElefant Benjamin Blümchen kommt per VFX aus NRWdazu. Als Verbindung von Real- und Trickfilm landet soauch der Kinderbuch- und TV-Held »Benjamin Blüm-chen« im Kino. Olli Schulz, Dieter Hallervorden undFriedrich von Thun stehen für Regisseur Tim Trachteab Februar an 18 von 34 Drehtagen in NRW vor derKamera von Fabian Rösler. Das Drehbuch verfassteBettina Börgerding. Die Westside Filmproduktion reali-siert den Kinderfilm, Studiocanal besorgt den Verleih.

> Westside Filmproduktion, [email protected]

»Ein ziviler Dienst«Der 28-jährige Sven lebt seit mehreren Jahren ineinem Pflegestift. Er leidet unter Muskeldystrophieund weiß, dass er bald sterben wird. Da Svens Pflege-bedarf steigt, wird ihm ein persönlicher Zivildienst-leistender zugeteilt. Christoph sprüht vor Enthusias-mus und hegt den Wunsch, kranken Menschen zuhelfen. Mit der Zeit lässt er sich von Svens Charmemitreißen und eine echte Freundschaft entsteht.Eines Morgens wird Sven tot im Müllcontainer aufge-funden. Die Geschichte, die auf einer wahren Bege-benheit beruht und eine Zeitspanne von zweiWochen umfasst, thematisiert die Frage nach derGültigkeit von Richtig und Falsch vor dem Hinter-grund extremer Lebensumstände. Eibe MaleenKrebs inszeniert für Junafilm und ZDF – Das kleineFernsehspiel mit Samuel Koch, Sven Schelker undMarie Gruber vom 6. Februar bis zum 8. Märzkomplett in NRW.

> Junafilm, [email protected]

Abgedreht:

»In my room«Armin, 41, ist ein Freiberufler mit viel Zeit und wenigGeld. Er ist nicht glücklich mit diesem Leben, kannsich aber kein anderes vorstellen. Eines Morgens istes totenstill: Die Welt sieht aus wie immer, aber dieMenschheit ist verschwunden. Unter der Regie vonUlrich Köhler wurden Mitte September die Sommer-Dreharbeiten zu dem Kinofilm im Begatal (KreisLippe) und Vlotho in NRW beendet. Die Hauptrollenhaben Hans Löw und Elena Radonicich übernom-men. Für die Kamera verantwortlich zeichnet PatrickOrth. Produzenten sind Christoph Friedel undClaudia Steffen (Pandora Film) sowie Katrin Schlös-ser. Koproduzent in Italien ist Andreas Pichler vonEcho Film. Im Februar und März 2017 folgt derzweite Teil der Dreharbeiten in Vlotho, Berlin undSüdtirol. Der Kinostart ist für Mitte 2018 im PandoraFilm Verleih geplant.

> Pandora Film, [email protected]

»Brecht – EineVorstellung«Der Filmemacher Heinrich Breloer widmet sich nachNobelpreisträger Thomas Mann nun dem zweitenJahrhundert-Literaten: Leben und Werk des Dramati-kers Bertolt Brecht sind das Thema seines neuen film-stiftungsgeförderten Dokudramas. Der Drehstart fürdie ARD-Koproduktion ist für Mai 2017 geplant.Bereits seit fünf Jahren laufen die Recherchen für denneuen Zweiteiler, in deren Verlauf Breloer viele Zeit-zeugen Brechts traf. Über 40 Jahre wird das Leben desbis heute meistgespielten deutschen Dramatikers des20. Jahrhunderts erzählt. Die Hauptrollen spielen Burg-hart Klaußner und Adele Neuhauser. »Brecht« wirdunter der Federführung des WDR mit BR, SWR, NDRsowie Arte von der Bavaria Fernsehproduktion inKoproduktion mit der Bavaria Filmproduktion Köln,Satel Film und Mia Film produziert.

»Der Unschuldige«Ruth ist zerrissen zwischen dem Wunsch, ihr häusli-ches Leben aufrechtzuerhalten und der destruktivenAnziehung zu ihrem früheren Geliebten. Die Türe zumUntergrund hat sich geöffnet und Ruth beginnt nach-zuforschen. Seit dem 6. Januar inszeniert Simon Jaque-met nach eigenem Buch den Kinofilm für die augen-schein Filmproduktion und den Schweizer Koprodu-zenten 8horses. Als Sender sind ZDF – Das kleine Fern-sehspiel und Arte dabei. Die Dreharbeiten werden biszum 1. April in NRW und der Schweiz fortgesetzt.

> augenschein Filmproduktion, [email protected]

»So viel Zeit«Für Mitte Februar ist der Drehstart der Romanverfil-mung von Frank Goosens »So viel Zeit« geplant: Steu-eranwalt Rainer Grigoleit ist Ende 40 und mit der Diag-nose Hirntumor konfrontiert. Jetzt will er nach 30Jahren noch einmal seine alte Band zusammenbrin-gen. Philipp Kadelbach dreht in Köln, Bochum, Berlinfür Ufa Fiction und den Koproduzenten »Gesellschaftfür Feine Filme«. Als Sender ist Degeto Film beteiligt.Jan Josef Liefers, Til Schweiger und Justus von Dohná-nyi stehen bis voraussichtlich Ende März vor derKamera, das Drehbuch schrieb Stefan Kolditz.

> Ufa Fiction, [email protected]

»Blutsschwestern«Ab März will ifs-Absolvent und Grimme-PreisträgerFelix Hassenfratz das Drama »Blutsschwestern« nachseinem eigenen Drehbuch an zwei Tagen auch inNRW realisieren: Maria und Hannah leben nach demTod der Mutter alleine mit ihrem Vater. Als Valentin,ein Zimmermann auf der Walz, im Sägewerk derFamilie zu arbeiten beginnt, verliebt sich Maria inihn. Zugleich verbirgt sie vor der jüngeren SchwesterHannah ein düsteres Geheimnis. Es produziert dieRat Pack Filmproduktion zusammen mit Viafilm demSWR und dem WDR.

> Rat Pack, [email protected]

»Blood Red Sky«Im Mai sollen in den MMC Studios Köln die Dreharbei-ten zu Peter Thorwarths Genre-Mix »Blood Red Sky«beginnen: Ein Nachtflug von Düsseldorf nach NewYork wird entführt. Die Entführer wollen RichtungOsten. Doch damit hat Passagierin Nadja ein Problem,denn sie ist ein Vampir. Moritz Bleibtreu übernimmteine der Hauptrollen im Kinofilm, der Westside Film,der an 40 Drehtagen komplett in NRW gedreht wird.

> Westside Filmproduktion, [email protected]

»How to be Really Bad«Nach dem Buch von Bestsellerautorin HortenseUllrich dreht Marco Petry seinen neuen, vonTempest Film produzierten Kinofilm an 17 von 35Drehtagen in NRW: Der spießige Teufel nervt seine14-jährige Tochter Lilith so sehr, dass die beideneinen Pakt schließen: Lilith hat eine Woche auf derErde, um einen guten Menschen zum Bösen zubekehren. Moritz Bleibtreu, Alwara Höfels und FahriYardim begeben sich unter die Teufel und vor dieKamera. Das Drehbuch schrieb Regisseur MarcoPetry zusammen mit Rochus Hahn. Tempest Filmproduziert, Wild Bunch Germany übernimmt denVerleih.

> Tempest Film Produktion, [email protected]

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Flüchtlingsdrama

»Styx«Nach seinem gelobten Debüt »Wasdu nicht siehst« hat der KHM-Absolvent Wolfgang Fischer mit»Styx« seinen zweiten Langfilmabgedreht. Der überwiegende Teildes Flüchtlingsdramas wurde in undum Malta gedreht, dieabschließenden Drehtage fandenkurz vor Weihnachten 2016 inDüsseldorf und Köln statt.

Unter der Rheinkniebrücke in Düsseldorf unweit desJohannes-Rau-Platzes steht ein Rettungswagen desRoten Kreuzes, um den herum eifriges Treibenherrscht. Aber der Noteinsatz, der hier stattfindet,ist nur nachgestellt und wird in Wolfgang Fischersneuem Langfilm »Styx« als Eröffnungsszene dienen,bei der seine Protagonistin Rike, gespielt vonSusanne Wolff (»Das Fremde in mir«, »Rückkehrnach Montauk«) in ihrem Beruf als Rettungsärztineingeführt wird.

Fischer zeigt uns darin eine Frau, die ihren Knochen-job bis in die Details beherrscht. Bei ihr sitzt jederHandgriff, wenn es am Unfallort auf Sekundenankommt. Auf der Bahre im Rettungswagen liegt

Bereits vor fünf Jahren erkannte WDR-RedakteurinAndrea Hanke das Potenzial dieses Entwurfs undstieg als koproduzierende Fernsehanstalt mit ein. DieFilm- und Medienstiftung NRW konnte als nächstesüberzeugt werden und hat den mit einem Gesamt-budget von 2,6 Millionen Euro ausgestatteten Film»Styx« mit einer Fördersumme von 500.000 Eurounterstützt. Als dann auch eine Eurimages-Förde-rung akquiriert werden konnte und mit Arte einzweiter Fernsehsender mit an Bord war, stand derFinanzierung der deutsch-österreichischen Kopro-duktion von Schiwago Film und Amour Fou Viennanichts mehr im Wege. Gleichwohl bestand beimeigentlichen Dreh eine der größten Hürden in denzahlreichen Szenen auf dem Wasser, die schongroßen Hollywoodproduktionen zum Verhängnisgeworden waren.

Chronologischer Dreh

Wolfgang Fischer entschied sich dazu, tatsächlich aufdem Meer und nicht in einem für Meeresaufnah-men vorgesehenen Studiotank zu drehen, weil ernur so die Authentizität der Ereignisse gewährleistenkonnte. Marcos Kantis, Produzent von Schiwago Film,kommentiert: »Wir haben, auch aus Gründen derAuthentizität, fast komplett chronologisch gedreht,damit die Emotionen der Schauspieler sich glaubwür-dig entwickeln konnten und damit wir zum anderenauf die Wetterbedingungen eingehen konnten.«Lange Drehtage mit einer elfköpfigen Crew an Bordeines kleinen Segelbootes waren die Regel, weswe-gen schon hier der wichtigste Mann neben WolfgangFischer sein Chefkameramann Benedict Neuenfelswar, der maßgeblich an der Entwicklung des visuel-len Konzepts des Films beteiligt war.

Ein europaweites Casting

Ebenso essenziell war die Besetzung der ständigpräsenten Protagonistin Rike. Für diese wurde euro-paweit ein Casting durchgeführt, bis Fischer schließ-lich in Susanne Wolff seine Idealbesetzung fand: »Siewar selbst Seglerin und sehr wasseraffin. Sieschwimmt jeden Tag eine Stunde und beherrscht dasElement Wasser. Ohne diese Fähigkeiten wäre derFilm gar nicht machbar gewesen.« Auch SusanneWolff ist der Ansicht, dass es ein enormer Vorteil fürihre Rolle war, dass sie im Vorfeld selbst schon denSegelschein besaß: »Ohne diese Voraussetzungenwäre das Ganze unnötig stressig geworden. Alleindas Lernen der ganzen Begriffe hätte ansonsten eineviel größere Vorbereitungszeit benötigt. Hinzukommt die ganze Körperlichkeit, da Rike ja nicht nureine Hobbyseglerin ist, sondern ein echter Profi,genau wie in ihrem Beruf als Rettungsärztin.«

Da von Malta aus täglich Nichtregierungsorganisatio-nen starten, um Flüchtlingsschiffe aus dem Meer zuretten, war für das Filmteam die Migrationsproble-matik vor Ort präsenter denn je. Wolff bezeichnet esals »grauenhaftes Phänomen«, dass man über dasThema täglich durch die Medien informiert werdenkönne, sich aber trotzdem auch komplett davorverschließen könne. Wolfgang Fischers Film »Styx«dürfte es gelingen, sein Publikum emotional stärkerin die Thematik hineinzuziehen, wenn er in einigenMonaten von Zorro Film in die deutschen Kinosgebracht wird. Frank Brenner

Alexander Beyer (»Deutschland83«), der nach einemVerkehrsunfall in der Düsseldorfer Innenstadt vonRike versorgt wird. Die Kamera ist fest im Fahrerhausdes Rettungswagens installiert. Kameramann Bene-dict Neuenfels beobachtet gemeinsam mit RegisseurFischer die Szene über Monitor.

Beide achten darauf, dass die mehrere Minutendauernde Szene wie am Schnürchen verläuft, dassbei Susanne Wolff und ihren beiden Notfallsanitäte-rinnen jeder Handgriff sitzt - das Ganze soll denAlltag der Crew möglichst realistisch wiedergeben.

Sieben Jahre Vorbereitung

Nach dem Drehtag in Düsseldorf schlossen sich nochzwei weitere in Köln an, wo man gemeinsam mit derStuntfirma action concept den Autounfall drehte, derbei Alexander Beyer den Rettungseinsatz notwendigmacht. Danach war der Film, abgesehen von einigenSecond-Unit-Aufnahmen in Gibraltar, nach rund 40Drehtagen im Kasten. Der Großteil war bereits imNovember und Dezember 2016 auf dem Meer vorMalta gedreht worden, wo Rike mit einem Einhand-segler einen Trip nach Ascension Island unternehmen

möchte, dabei aber auf Schiffbrüchige eines Flücht-lingsbootes stößt und in ein moralisches Dilemmagerät, was sie mit ihrer Rettermentalität hinsichtlichihres kleinen Bootes tatsächlich leisten kann.

Die derzeit sehr aktuelle Thematik des Films »Styx«wurde von Regisseur und Co-Autor Fischer vonlanger Hand vorbereitet. Sieben Jahre war dasProjekt in der Entwicklung und musste einen lang-wierigen Prozess durchlaufen, bis die Finanzierungstand. »Es geht um das Thema Migration, das unsnoch Jahrzehnte beschäftigen wird. Dabei geht esnicht darum, irgendwelche Lösungsansätze aufzuzei-gen, sondern Fragen zu stellen, was passieren wird,wenn ich in eine solche Situation gerate«, erläutertWolfgang Fischer in einer Drehpause.

»Styx«, Foto: WDR

Herausgeberin:Tanja Güß

Chefredaktion: Wolfram Lotze

Chefin vom Dienst: Katharina Müller

Redaktion:Katharina Blum, Erna Kiefer, Marion Meyer, Lisa Buschmann

Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe: Karin Angele, Frank Brenner, Melanie Dorda, Günter Jekubzik, Reinhard Kleber, Peter Kremski, Jörg Laumann, Christian Meyer-Pröpstl, Heike Meyer-Döring, Katharina Schulte (Creative Europe MEDIA), Uwe Mies, Frank Olbert, Thomas Schultze

Redaktionsschluss:30. Januar 2017

Gestaltung/Layout:alfred friese + inrhein

Kontakt, Anzeigenbetreuung:Katharina MüllerTel. (0211) 930 50 39

Titel: »Beuys«,Foto: zero one film

Anzeigenschlussfür die nächste Ausgabe:12. Mai 2017

Die Berücksichtigung von Terminen richtet sich nach dem Erscheinen des Magazins im Internet.

Danke an alle Produzenten, Sender & Verleiher für ihre Unterstützung und die Bilder zu ihren Filmen.

Film- und Medienstiftung NRWGmbH; Kaistraße 14; 40221 Düsseldorf; Tel.: (0211) 930500; magazin@film stif tung.de

Impressum

»Brecht – Eine Vorstellung«, Foto: WDR/Spauke

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Eröffnungsgala beim Kinofest Lünen mit dem Team von »Fritz Lang», Foto: Kinofest Lünen

Premiere von »Peter Handke«im Kölner Filmforum, Foto: Piffl

»Als Paul übers Meer kam«, Foto: Sebastian Woithe

»Volt« im Düsseldorfer Metropol, Foto: Farbfilm

VR-Workshop im Rahmen der Documentary Campus Masterschool in Köln, Foto: Creative Europe MEDIA

»Die Körper der Astronauten« in Saarbrücken, Foto: Sebastian Woithe

Alle Preisträger und Paten beim Kinoprogrammpreis, Foto: Anna Kaduk, Film- und Medienstiftung NRW

Film- und Kinokongress NRW, Fotos: Anna Kaduk/Film- und Medienstiftung NRW

Verleihung Siegfried Kracauer Preis, Foto: Ralph Sondermann/Filmstiftung NRW

»Kundschafter des Friedens« in der Essener Lichtburg, Foto: Majestic

»Meine glückliche Familie« in Sundance, Foto: Augenschein

Sandra Borgmann und Ruby O. Fee mit Preisträgern Dirk Steinkühler und Joachim Kühn, Foto: Anna Kaduk/Film- und Medienstiftung NRW

Verleihung des Herbert Strate-Preis an Maren Ade und Maria Schrader, Foto: Ralph Sondermann, Film- und Medienstiftung NRW

Zehn Jahre Clash of Realities: Digital-Gipfel in Köln, Foto: Cologne Game Lab

Zweite Ausgabe des NRW.filmclub in Brüssel mit »Junges Licht», Foto: Tobias Lemme, Film- und Medienstiftung NRW

International Emmy für »Deutschland 83«, Foto: David LeFrancAnnette Frier, Marc Jan Eumann, Petra Müller, Foto: David LeFranc

International Emmy für Christiane Paul in »Unterm Radar«, Foto: David LeFranc

Die Preisträger 2016, Foto: Deutscher Entwicklerpreis

Premiere von »Paula« in der Essener Lichtburg, Foto: Pandora

Premiere von »Shot in the Dark« im Odeon Kino, Foto: déjà-vu film

Weltpremiere von »Winnetou« im Delphi, Foto: RTL

Premiere »Die Mitte der Welt« im Kölner Cinenova, Foto: Universum

Premiere von »Die Vampirschwestern 3« im Düsseldorfer UFA-Palast, Foto: Sony

Premiere von »Nicht ohne uns!« mit NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, Foto: farbfilm

Premiere von »Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt» im Kölner Cinedom, Foto: Studiocanal

»Ritter Rost 2 - Das Schrottkomplott» im Cinedom, Köln, Foto: Universum

KinderKinoFest Düsseldorf, Foto: Jan Hülsing

Premiere von »Pettersson & Findus: Das schönste Weihnachten überhaupt» in Köln, Foto: Senator

Premiere von »Beer Brothers» im Aachener Apollo, Foto: Happy Endings

EventsPremiere von »Wendy« im Kölner Cinedom, Foto: Sony

Premiere von »Die schönen Tage von Aranjuez« in Düsseldorf, Foto: Raphael Stötzel/NFP

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Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017 > 45

Kinostarts

»Der junge Karl Marx«, Foto: Neue Visionen »Original Copy«, Foto: W-Film

»Marija«Kinostart: 9.3.2017Verleih: RFF Real Fiction Filmverleih

Marija (Margarita Breitkreiz), eine junge Ukrainerin,verdient sich ihren Lebensunterhalt als Reinigungs-kraft in einem Hotel in Dortmund, träumt jedoch von einem eigenen Friseursalon. Monatlich legt sieetwas Geld beiseite. Eine fristlose Kündigung rücktihren Traum in weite Ferne. Ohne Arbeit und finan-ziell unter Druck sieht sie sich dazu gezwungen, nach anderen Möglichkeiten Ausschau zu halten.Dabei ist sie bereit, ihren Körper, ihre sozialen Beziehungen und zuletzt die eigenen Gefühle demerklärten Ziel unterzuordnen. Das Spielfilmdebütvon Michael Koch ist das Portrait einer jungen Frau,die am Rand unserer Produktions- und Konsum -gesellschaft lebt, sich jedoch nicht auf die ihr zuge-schriebene Opferrolle reduzieren lässt. Fordernd,entschlossen und kompromisslos kämpft sie für einfreieres, selbstbestimmtes Leben.

Deutschland / Schweiz 2016Regie: Michael Koch; Buch: Michael Koch und JulianeGrossheim; Pandora Film Produktion in Koproduktionmit Hugo Film, Little Shark Entertainment, WDR,ARTE, SRF; www.realfictionfilme.de

»Original Copy -Verrückt nach Kino«Kinostart: 9.3.2017Verleih: W-Film

Das Kino als Ort der Träume und Sehnsüchte – dahat jeder seine eigene Vorstellung. Florian Heinzen-Ziob und Georg Heinzen fanden ihre Idealvorstellungmitten in Bombay. Hier gibt es ein Kino, das AlfredTalkies heißt, von einer Frau betrieben wird und woes einen Maler gibt, der hinter dem Kinosaal einAtelier unterhält, indem er die Plakate für diedemnächst auf dem Programm stehenden Filmeerstellt. Im Alfred Talkies werden übrigens nur Filmeauf 35mm-Filmmaterial gezeigt. Ein äußerst sympa-thisches Stück Dokumentarfilm liefern die beidenFilmautoren aus Köln und Düsseldorf, die in gemein-samer Leidenschaft für Indien ihr erstes abendfüllen-des Filmprojekt realisierten. Nach der Weltpremierein Toronto bestritt der Film 2016 eine weltweiteFestivaltour und wurde auf dem Fantastic FestAustin, Texas, als bester Dokumentarfilm und für diebeste Dokumentarfilm-Regie ausgezeichnet.

Deutschland 2015Regie, Drehbuch: Florian Heinzen-Ziob, Georg HeinzenPolyphem Filmproduktion

»Happy«Kinostart: 16.3.2017Verleih: Zorro

Das ist doch jetzt wohl nur peinlich! Papa schreibt,dass er in Thailand die neue Frau fürs Leben gefunden hat, und zu Hause in der Eifel sitzt Töchterchen Carolin und versteht die Welt nichtmehr. Im Dorf erzählen sich die Leute schon Witze:Der Dieter ist ein Sextourist. Immerhin fährt derMann seit der Scheidung daheim jedes Jahr nachThailand und schreibt nun, dass er eine Frau liebt,die jünger ist als seine Tochter. Carolin Genreithmuss keine Themen suchen, sie findet sie in derFamilie. »Die mit dem Bauch tanzen« lautete ihrDebüt 2013 und es ging um ihre Mutter Biggi imkörperlichen, weltumarmenden Aufbruch. Nun alsoihr Vater Dieter, der sich in Fernost bereits so gutassimiliert hat, dass er sich mühelos in Thai unterhal-ten kann. Und als der Tochter der Glaube ans Glückfehlt, nimmt er sie mit nach Thailand. Die Kamerafährt mit. Die Zuschauer auf der Duisburger Film -woche waren im November 2016 begeistert undzeichneten den Film mit dem Publikumspreis aus.

Deutschland 2016Regie, Drehbuch: Carolin GenreithCorso Film in Koproduktion mit WDR

»Die Farbe derSehnsucht«Kinostart: 23.3.2017Kinoverleih: Piffl

Katar, Portugal, Mexiko, Japan und Deutschland –Regisseur und Kameramann Thomas Riedelsheimersucht dort »Die Farbe der Sehnsucht«. Mit achtGeschichten über Liebe, Heimat, Hoffnung, Naturund Freiheit erzählt er von der Tragik und derFreude, Mensch zu sein. Mit 40 Jahren will etwaLayla sich in Katar behaupten, als muslimische Frauin einer schillernden, surrealen Stadt zwischenWüste und Meer. Dona Mingas, 50, lebt in Kova daMoura, einem Einwandererviertel in Lissabon. Mit19 hat sie die Kapverden verlassen, zwei Töchterblieben zurück. Mingas ist zufrieden, aber insgeheimwill sie eines Tages zurück.

Anders Tazy, der junge Grafittisprayer ist in demViertel, das er liebevoll Ghetto nennt, geboren. Juliushingegen hat gerade Abitur in München gemacht. Erleidet an der Welt und will sie mit seiner Musikverbessern. Der pensionierte Polizist Shige-San willes nicht hinnehmen, dass die Gesellschaft die vielenSelbstmorde in Tojinbo in Japan einfach hinnimmt.

Deutschland 2016Regie / Kamera / Redaktion: Thomas RiedelsheimerFilmpunkt GmbH, WDRwww.filmpunkt.com

»Die Häschenschule -Jagd nach demgoldenen Ei«Kinostart: 16.3.2017Kinoverleih: Universum

Max (Stimme im Original: Noah Levi) ist ein kleinerHase aus der Großstadt, der sich nichts sehnlicherwünscht, als bei der knallharten Hasen-Gang, den»Wahnsinns-Hasen«, aufgenommen zu werden. Alser sich mal wieder beweisen will, kommt es jedochzu einem Zwischenfall, der ihn an die verborgeneOsterhasenschule auf dem Land verschlägt. Maxmöchte schnellstmöglich in seine gewohnte Umge-bung zurück, doch macht ihm eine finstere Fuchs-bande, die die Schule belagert, um an das sagenum-wobene Goldene Osterei zu kommen, einen Strichdurch die Rechnung. Je mehr Zeit Max allerdings an der Schule verbringt, desto mehr ist er von derAusbildung dort fasziniert. Bestärkt von dem Hasen-mädchen Emma, in das sich Max schnell verguckt,reift in ihm bald selbst der Wunsch heran, ein Osterhase zu werden und die Füchse zu überlisten.

Deutschland 2017Regie: Ute von Münchow-PohlDrehbuch: Katja Grübel, Dagmar RehbinderUniversum Film GmbHwww.universumfilm.de

»Happiness«Kinostart: 16.3.2017Verleih: Rapid Eye Movies

Seelentröster? Wunderheiler? Oder doch nur einScharlatan? Für den Bürgermeister der kleinen Stadtund immer mehr Bewohner steht es außer Frage,dass Herr Kanzaki ein echter Glücksfall ist. Denn derunscheinbare Herr hat einen Helm erfunden, undwenn man den aufsetzt, dann ist die Abfolge derEmotionen immer die gleiche – erst Unglaube, dannAufmerken und zuletzt die reine Freude. Es gibtwieder einiges zu bestaunen im neuen Film des Japaners Hiroyuki Tanaka, der unter dem Künstler -namen Sabu mit bislang 17 Filmen zum Synonymdes Indie-CyberPunk-Kinos wurde und bereits zahlreiche internationale Preise einstreichen konnte.In Koproduktion mit dem Kölner Produktionsstattund Verleih Rapid Eye Movies bleibt SABU seinemRuf als unberechenbarer Kultfilmer treu mit einemraffiniert gesponnenen Märchen, in dem nichts soentwaffnend bizarr ist wie ein Lächeln, geboren ausschierem Glücksgefühl.

JAP/D 2016Regie, Drehbuch: SABU; Darsteller: Masatoshi Nagase,Tetsuya Chiba_Erika Okuda, Hiroki SuzukiLive Max Film und Rapid Eye Movies

»Schatz, nimm du sie!«Kinostart: 16.2.2017Verleih: Wild Bunch

Es war mal die große Liebe zwischen Toni und Marc.Sie heiraten, haben Kinder und sie haben sich derartauseinander gelebt, dass sie nicht mal mehr streiten.Die Trennung wird perfekt arrangiert, aber als Marc mit seiner neuen Flamme nach Haiti abdüsenwill, erhält Toni das Jobangebot ihres Lebens. Plötzlich herrscht Krach, wer bleiben und damit dieKinder übernehmen muss. Also sollen die Kinderentscheiden, was Anlass zu übelsten Manipulationeneröffnet. Pussy-Terror war gestern, jetzt startetCarolin Kebekus auf der Leinwand durch und zeigtmit Temperament und Sexappeal, wer hier als Starfür die kommenden Jahre zu handeln ist. Das Vehikelum sie herum ist ein rheinisches Remake der französischen Komödie »Mama gegen Papa – Werhier verliert, gewinnt«, komplett in Köln gedreht und nicht nur deshalb die erste echte Rakete aufsZwerchfell im noch jungen Kinojahr.

Deutschland/Frankreich 2017Regie: Sven UnterwaldtDrehbuch: Jens-Frederik Otto, Claudius PlägingDarsteller: Carolin Kebekus, Maxim Mehmet, AxelStein, Jasmin Schwiers, Ludger PistorConradFilm, Bavaria Filmproduktion Köln inKoproduktion mit Chapter 2 und Telepool

»Der junge Karl Marx«Kinostart: 2.3.2017Verleih: Neue Visionen

Preußen 1844: Der junge Gesellschaftsdenker Karl Marx geht nach wiederholt streitbaren Schriftenund entsprechenden Ressentiments mit seiner FrauJenny ins Exil nach Paris. Hier trifft er auf FriedrichEngels, der sich als Dandy gibt und enge Verbindun-gen in hohe bürgerliche Kreise, aber auch bei derArbeiterschaft pflegt. Die beiden auf den ersten Blick so unterschiedlichen Männer werden besteFreunde und erarbeiten gemeinsam ein Denkmodell,das nicht weniger als eine Revolution entzünden soll. Mit seiner neuen regiearbeit entfaltet der aus Haiti stammende Filmautor Raoul Peck(»Lumumba«) ein auf gedanklichen Tiefgang bedachtes Kostümepos im realitätsbezogenen Stilvon Hugos »Die Elenden« und Zolas »Germinal«.Geschichtsunterricht zur Unterhaltung.

Deutschland/Frankreich/Belgien 2016Regie: Raoul Peck; Drehbuch: Pascal Bonitzer, Raoul Peck; Darsteller: August Diehl, Stefan Konarske,Vicky Krieps, Alexander Scheer, Olivier Gourmet,Hannah SteeleRohfilm GmbH, AGAT Films, Velvet Film und Artemisin Koproduktion SWR

buKinostarts

Schatz, nimm du sie!, Foto: Wild Bunch

»Happy Burnout«, Foto: NFP

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46 < Film und Medien NRW – Das Magazin | 1/2017

Kinostarts

»Lommbock«Kinostart: 23.3.2017Verleih: Wild Bunch

Stefan aus Würzburg hat Karriere als Anwalt in Dubaigemacht. Vor der Heirat mit der aufregenden,toughen Yasemin muss er für eine Formalität nocheinmal in die alte Heimat. Hier trifft er auf seineneinstmals besten Kumpel Kai, der nun Familie hatund einen Asia Lieferservice schmeißt. Man schwelgtin Erinnerungen, dreht eine Tüte und plötzlich istStefans Leben nicht mehr, wie es gestern noch war.Christian Zübert kehrt 15 Jahre nach seinem immenserfolgreichen Debüt »Lammbock« (Kult-Kennwort:Pizza Gourmet) zurück an alte Denk- und Wirkungs-stätte und liefert mit der Originalbesetzung eine Fortsetzung, die den lässigen Charme von damals mit neuen, frischen Ideen verschmilzt. Klasse Unterhaltung von einem unserer besten Filmemacher.

Deutschland 2017Regie, Drehbuch: Christian Zübert; Darsteller: LukasGregorowicz, Moritz Bleibtreu, Louis Hofmann, Mavie Hörbiger, Alexandra Neldel, Wotan WilkeMöhring, Antoine Monot, Jr., Melanie WinigerLittle Shark Entertainment, Senator Film Produktionund Zampano Film Produktion; In Koproduktion mit:SevenPictures Film und Schubert InternationalFilmproduktion

»Die Unsichtbaren - Wir wollen leben«Filmstart: 13.4.2017Kinoverleih: Tobis

Das Doku-Drama folgt vier jungen Berliner Juden bei dem Versuch, sich in der kriegszerrissenen Stadtder Deportation zu entziehen und in der Illegalität zu überleben. Von ihren Familien getrennt, treffensie täglich Entscheidungen, die sie das Leben kostenkönnen. Mit unbändigem Lebenswillen und oftleichtsinnigem Mut meistern sie den Alltag imAusnahmezustand. Hanni blondiert ihre Haare undwird buchstäblich unsichtbar. Eugen druckt Ketten-briefe gegen Hitler. Ruth kocht bei einem hohen Offizier. Cioma fälscht Pässe für sich und andereVerfolgte. Dabei sind die vier neben ihrem Einfalls-reichtum auf Hilfe von Menschen angewiesen, die nicht zusehen wollen, wenn ihre Nachbarnverschleppt und ermordet werden. Basierend aufZeitzeugen-Interviews verbindet das Drama vierunabhängige Schicksale zu einem eindringlichen,hochaktuellen Plädoyer für Zivilcourage undMitmenschlichkeit. Als Hauptdarsteller sind MaxMauff, Alice Dwyer, Ruby O. Fee und Aaron Altaraszu sehen.

Deutschland 2016/2017Regie: Claus Räfle; Drehbuch: Claus Räfle, AlejandraLópez; Look! Filmproduktion, Cine PlusFilmproduktion; www.lookfilm.de

»Happy Burnout«Kinostart: 27.4.2017Verleih: NFP

Nach »Das Leben ist nichts für Feiglinge« legenAndré Erkau (Regie), Gernot Gricksch (Drehbuch),Ngo The Chau (Kamera) und Hauptdarsteller WotanWilke Möring mit einer neuen tragikomischenCharakterstudie eines Mannes an der Schwelle zuneuen Lebensufern nach. Altpunker Fussel mussumdenken, als ihm weder sein Schlag bei denFrauen noch seine Überzeugungen aus der Patschehelfen können. Er muss Arbeit suchen. Es sei denn,er checkt in einer Klinik ein – als Burnout-Patient.Vor Ort zeigt sich schnell, dass der erste Scheinmassiv trügen kann, gerade auch beim Blick inseigene Spiegelbild. Es gibt Anklänge an »Einer flogüber das Kuckucksnest« und »Eierdiebe«, was nicht die schlechtesten Appetizer sind. Die superbe Besetzung ist sowieso einen Blick wert.

Deutschland 2017Regie: André Erkau; Drehbuch: Gernot Gricksch;Darsteller: Wotan Wilke Möhring, Anke Engelke,Michael Wittenborn, Kostja Ullmann, Julia Koschitz,Torben Liebrecht, Ulrike Krumbiegel, VictoriaTrauttmansdorff; Riva Film

Außerdem starten:

23.2.: »Offline – Das Leben ist kein Bonuslevel«16.3.: »Pawlenski – der Mensch und die Macht«30.3.: »Zazy« (siehe Magazin 4/2016)27.4.: »Maikäfer flieg«

»Rosemari«Kinostart: 13.4.2017Kinoverleih: farbfilm

Während Unn Toves Hochzeit bekommt eine Unbe-kannte auf der Toilette eines Restaurants ein Babyund verschwindet. Die Braut findet das Neugebo-rene und übergibt es den Behörden. 16 Jahre spätertreffen sich die beiden wieder: Rosemari, das Babyvon damals, ist auf der Suche nach ihrer leiblichenMutter und hofft, diese in Unn Tove zu finden. UnnTove ist mittlerweile geschieden und erfolgreicheJournalistin eines Lokalsenders. Sie wittert eine span-nende Story, aber vor allem Abwechslung in ihremeinsamen Leben, und beschließt Rosemari zu helfen.

Auf der Suche nach der Wahrheit begeben sich UnnTove und Rosemari auf eine emotionale Reise in dieVergangenheit, auf der nicht nur das Mädchen demGeheimnis ihrer leiblichen Mutter immer näherkommt, sondern auch Unn Tove ihre Lebensentschei-dungen in Frage stellt. Gemeinsam erfahren sie voneiner hemmungslosen und doch gescheiterten Liebeund stoßen auf Rosemaris Mutter, die eine erstaunli-che Wahrheit verbirgt.

Deutschland / Norwegen / Dänemark 2017Regie / Drehbuch: Sara JohnsenMatch Factory Productions, Nimbus Film Productionswww.farbfilm-verleih.de

»Die Schlösser ausSand«Kinostart: 27.4.2017Verleih: FilmKinoText

Éléonore, um die Dreißig, hat gerade ihren Vaterverloren. Er hat ihr sein Haus in der Bretagne hinter-lassen, im Côtes d’Armor. Sie ist Fotografin, hatteeinen gewissen Erfolg, aber die Geschäfte laufennicht mehr wie früher. Sie muss auf jeden Fall diesesHaus verkaufen. Sie fährt mit Samuel hin, ihrem Ex-Partner, von dem sie seit einiger Zeit getrennt lebt,weil sie nicht allein in das Haus mag, das sie seit demTod des Vaters nicht mehr betreten hat. Aber siespielt mit dem Feuer – denn sie weiß sehr wohl, dassihre Beziehung nicht wirklich abgekühlt ist, auchwenn sie inzwischen einige Abenteuer hatte, undSamuel nun mit Laure zusammenlebt.

Claire Andrieux, die Immobilienmaklerin, hatwährend der beiden Tage, an denen Éléonore undSamuel im Haus sind, Sichtungstermine organisiert.Es wird ein seltsames Wochenende, das die drei dortverbringen. Ein erstaunliches Wochenende, reich anÜberraschungen und Emotionen, mit melancholi-schen und absurden Momenten, aus dem Éléonoreund Samuel zwangsläufig verändert herauskommen.

Frankreich 2015Regie / Drehbuch: Olivier JahanNoodles Productions; www.filmkinotext.de

»Happiness«, Foto: REM »Lommbock«, Foto: Wild Bunch »Rosemari«, Foto: farbfilm

»Die Farbe der Sehnsucht«, Foto: Piffl