Evangeliums Posaune · 2018. 8. 21. · 4 evangeliums posaune | april 2016 K urz nach der Schlacht...

32
Evangeliums Posaune april 2016 trost

Transcript of Evangeliums Posaune · 2018. 8. 21. · 4 evangeliums posaune | april 2016 K urz nach der Schlacht...

  • EvangeliumsPosaune

    a p r i l 2 0 16

    trost

  • 2 e va n g e l i u m s p o s au n e | a p r i l 2 0 1 6

    Inhalt

    Impressum / Editorial

    Jugendseite

    Wie man Angst überwindetWeitreichende Fürsorge

    Kinderseite

    Als der Nebel einsetzte

    Familienseite

    Erziehung?

    So du Glauben würdest

    Mutti, wir wollen betenIch habe für dich gebetet

    Biografie

    Hudson Taylor (Teil 32)

    Zum Nachdenken

    Ob das wohl so gemeint ist?Meide törichte Streitfragen!

    Erzählung

    Böse Ladung an Bord

    NachrufeErlebnisse mit GottBekanntmachungen

    Er kann trösten (Gedicht)

    3

    16

    19

    20

    22

    24

    26

    18

    28

    32

    I M p r E S S u M

    T r O S T

    Väterlicher TrostNächstenliebe

    Sei getrost und unverzagt (Gedicht)

    Alle eure Sorge werfet auf ihn!Das ist eine Kunst, die gelernt sein will, - die Sorgen wirklich abzuwerfen und dem Herrn zu überlassen.

    SpäterSpäter wird es offenbar, was uns heut verborgen war.

    Gottes Treue - unser TrostDer Trost des Wortes Gottes

    Drei Arten des GlaubensWelche Qualität hat dein Glaube? Musst du dich anstrengen, um zu glauben oder macht dich der Glaube ruhig und getrost?

    Radiobotschaft

    In der Welt habt ihr Angst

    4

    5

    6

    8

    10

    12

    14

  • 3a p r i l 2 0 1 6 | e va n g e l i u m s p o s au n e

    Editorial

    Lieber Leser!

    Sicherlich bist du schon oft durch Not und Trübsal gegangen. Auf unserm Lebensweg geht es nicht immer auf Rosen. Nein, Schwie-rigkeiten kommen. Die Sonne verschwindet hinter den Wolken, und Sturm und Regen verdunkeln unsern Pfad. So hat auch einmal der König Hiskia bekannt: „Siehe, um Trost war mir sehr bange!“ (Jesaja 38,17). Schmerzen, Leiden, ja Todesangst hatten ihn überfallen. Aber er durfte beten und den allmächtigen Gott anrufen, und er bekam Trost vom Herrn. Da konnte er freudig bekennen: „Du aber hast dich meiner Seele herzlich angenom-men, dass sie nicht verdürbe.“

    Die Jünger durften mit dem Heiland wandeln. Sie erlebten Zei-chen und Wunder und seine tägliche Fürsorge und Hilfe. Doch dann sagte Jesus zu ihnen: „Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Ihr werdet weinen und heulen, aber die Welt wird sich freuen; ihr aber werdet traurig sein“ (Johannes 16,20).

    Ja, treue Kinder Gottes müssen auch ins Jammertal. Sie kommen in Stunden, wo sie nicht aus noch ein wissen. Es wird dunkel um sie her. Ihre Hoffnung scheint zu schwinden, kein Licht, kein Trost, keine Antwort auf ihre Fragen. Doch der Heiland versteht die Lage seiner Jünger. So sagt er uns allen: „Solches habe ich mit euch geredet, dass ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden“ (Johan-nes 16,33).

    Jesu Jünger konnten seine Gefangennahme, seine Verurteilung, sein Sterben auf Golgatha zuerst nicht fassen und verstehen. Doch nach seinem Sieg, nach Jesu Auferstehung wurde ihre Trau-rigkeit in Freude verwandelt. Jubelnd durften sie bekennen: „Je-sus lebt! Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg?“ Nach der Nacht und dem Dunkel brach ein herrlicher Morgen an. Freude und Gewissheit hatten die Not, die Zweifel vertrieben, die Tränen getrocknet. Der Herr Jesus war ihr Trost, ihre Hilfe, ihr Heil geworden.

    Ja, lieber Leser, dieser Heiland will in jeder Lage auch unser Trost und unsere Hilfe sein!

    H. D. Nimz

    I M p r E S S u M

    122. Jahrgang

    Die EVANGELIUMS POSAUNE ist eine christliche Schrift, die klar und entschieden für

    das volle Heil in Christus, die Einheit aller Kinder Gottes, sowie für sämtliche Wahrheiten

    der Heiligen Schrift eintritt. Sie wird herausgege-ben im Interesse der Gemeinde Gottes.

    Verantwortlicher Editor: Hans-Dietrich Nimz (CA)

    Mitarbeiterteam: Sieghard Schulz (CA), Ron Taron (CA),

    Hermann Vogt (DE)

    Die Redaktion behält sich vor, Einsendungen ohne Angabe von Gründen zu

    kürzen oder nicht zu veröffentlichen.Fragen und Anregungen

    können gesandt werden an: [email protected]

    A journal of vital Christianity, published in the interest of the German Church of God by:

    Christian Unity Press, 5195 Exchange Dr., Flint, MI 48507, USA.

    E-Mail: [email protected]

    www.evangeliumsposaune.org www.christianunitypress.com

    EVANGELIUMS POSAUNE is a trademark owned by Christian Unity Press in

    the United States and foreign countries.Printed in USA.

    EVANGELIUMS POSAUNE (USPS 180-440) is published monthly by Christian Unity Press,

    5195 Exchange Dr., Flint, MI 48507, USA. POSTMASTER:

    Send address changes to Christian Unity Press, 5195 Exchange Dr., Flint, MI 48507, USA

    Die Evangeliums Posaune wird kostenfrei abgegeben. Die Kosten werden durch freiwillige

    Spenden gedeckt.

    Kontaktadresse in Deutschland und Europa: Gemeinde Gottes Herford,

    32051 Herford, Zimmerstraße 3 Tel.: 05221 / 34 29 34

    E-Mail: [email protected]

    Kontoverbindung für die Evangeliums Posaune:Volksbank Bad Oeynhausen-Herford eG   

    BIC: GENODEM1HFVIBAN: DE54 4949 0070 0047 7634 02

  • 4 e va n g e l i u m s p o s au n e | a p r i l 2 0 1 6

    K urz nach der Schlacht bei Gravelotte wurde ein Vater an das Sterbebett seines Sohnes gerufen. Von den Ärzten war er aufgegeben und nun sollte der Vater es dem Sohn sagen. Dem jungen Mann war es sehr bange vor dem Gang aus diesem Leben und er bat: „Bereite mich vor auf den Tod. Ich weiß, dass du es kannst. Du hast schon vielen den Weg gezeigt. Aber mach es so deutlich, dass ich es fassen kann.“

    Der Vater erinnerte sich in diesem Moment an eine Begebenheit aus den Schuljahren des Sohnes und begann: „Erinnerst du dich noch, als du eines Tages aus der Schule heimkamst und ich einen Grund hatte, dich zu tadeln? Du wurdest sehr zornig und hast rohe und be-leidigende Worte gegen deinen Vater ausgestoßen.“ – „Ja, Vater, vor einigen Tagen ist mir die Geschichte wieder schwer aufs Herz gefallen. Darum hatte ich den Wunsch, dich noch einmal zu sehen, um noch einmal um Verge-bung zu bitten.“

    „Erinnerst du dich noch“, erwiderte der Vater, „als sich dein aufbrausendes Gemüt beruhigt hatte, kamst du zu mir herein, legtest deinen Arm um meinen Hals und sagtest: ‚Mein lieber Vater, es tut mir leid, dass ich dich so beleidigt habe. Es war nicht dein lieber Sohn, der das tat. Ich tat es aus Zorn. Kannst du mir vergeben?‘“ - „Ja, ich erinnere mich noch ganz genau.“

    „Erinnerst du dich an das, was ich dir sagte, als du an meinem Hals weintest?“ – „Du sagtest: ‚Ich vergebe dir von Herzen‘, und küsstest mich. Ich werde diese Worte nie vergessen.“ – „Hast du mir geglaubt?“ – „Gewiss, noch nie habe ich an deinen Worten gezweifelt.“ – „Warst du danach wieder glücklich?“ – „Gewiss, und seitdem liebte ich dich mehr als zuvor. Ich werde es nie vergessen, wie mein Herz leicht wurde, als du freundlich auf mich blicktest und sagtest: Ich vergebe dir von Herzen.“

    „Sieh, das ist der Weg, auf dem man zu Jesus kommt. Sage ihm: Es reut mich! – Gerade so, wie du es mir sagtest. Und schneller als eines Vaters Liebe dir vergab, wird er vergeben. Er sagt es zu in seinem Wort. Du musst seinem Wort vertrauen wie meinem.“ – „Lieber Vater, das kann ich fassen. Und wie freue ich mich, dass du gekommen bist, um mir das zu sagen.“

    Wider Erwarten wurde der junge Mann wieder ge-sund. Doch das in der Todesbangigkeit in ihn gelegte Samenkorn gedieh im Leben zur Reife und Frucht.

    Es ist wunderbar, dass eine solche Vaterliebe über dem Sünder steht und dass wir wissen dürfen, bei Gott ist Gnade und viel Vergebung. Das wollen wir aber nicht nur in den Nöten des Lebens fassen oder erst in der Todesstunde, das soll auch in gesunden und guten Tagen das Licht unserer Herzen und die Freude unse-res Lebens sein.

    „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch.“ (Matthäus 7,12)

    George Washington bekam eines Tages eine einma-lige Gelegenheit, eine Predigt über die Nächstenliebe zu halten. Er ritt mit einer Gruppe hochstehender Persön-lichkeiten über Land, als das letzte Pferd beim Über-springen eines lose aufgeschichteten Steinwalls einige Steine herunterriss und dadurch ein erhebliches Loch in der Mauer entstand. Washington schlug vor, man sollte Halt machen und den angerichteten Schaden auf der Stelle wieder in Ordnung bringen. Aber die anderen hat-ten nur ein gleichgültiges Achselzucken für diesen Vor-schlag. Washington sagte nichts mehr und ritt mit ihnen weiter. Als sich die Gesellschaft später auflöste und man

    wieder heimritt, fand einer der Männer Washington an der beschädigten Mauer des Bauern, wie er sorgfältig die Steine wieder in das entstandene Loch schichtete. „Nanu, Herr General“, äußerte er erstaunt, „Ihr Rang und Ihre Stellung verbieten Ihnen eine solche Arbeit.“ – „Nein“, entgegnete Washington, wobei er ernst sein vollbrachtes Werk musterte, „ich bin genau der richtige Mann dafür.“ Durch dieses Verhalten hielt Washington eine Predigt, die besser verstanden wurde als Worte. Bloße Worte hätten den Mann nur gelangweilt, aber jene Tat sprach für sich.

    Wenn du jemandem aus tiefstem Herzen deine Liebe bezeugen willst, sprich so wenig wie möglich darüber. Zeige sie ihm durch die Tat. EP

    Väterlicher Trost

    Nächstenliebe

    t r o s t

  • 5a p r i l 2 0 1 6 | e va n g e l i u m s p o s au n e

    Fasse Mut, o meine Seele,sei getrost und zage nicht;blick im Glauben auf zu Jesus!Er hält stets, was er verspricht.Fürchte nicht des Lebens Stürmenoch des Feuers heiße Glut,traue, glaube, wach und bete,hoff auf Gott, hab guten Mut!

    Stürme kommen, Stürme gehen,Wechsel stellen oft sich ein;aber du, bleib fest im Glauben,halte stand, und Sieg wird dein.Achte keines all der Dinge,was auch immer kommen mag.Nach dem Regen scheint die Sonne,auf die Nacht folgt bald der Tag.

    Niemals lässt dich Gott versuchenüber dein Vermögen hier.Und da du den Meister liebest,dient zum Besten alles dir.Die Versuchung wird zum Segen,fördert dich auf deiner Bahn; näher dich zu Jesus bringet,wenn du tapfer gehst voran.

    Hat dein Gott dich treu erfunden,und dein Glaube ist bewährt,führt er dich auf jene Höhen,wo du siehst, den du geehrt.Dort vergisst du bald dein Leiden,ew’ge Freude wird dein Lohn;Ehr‘ und Preis wird dir gegebenund des ew’gen Lebens Kron‘.

    Drum getrost und unverzaget,vorwärts eile himmelan!Kämpf den guten Kampf des Glaubens,wende allen Fleiß daran!Lebe in der Furcht des Höchsten,tue gern, was er dir sagt!Halt dich fest an seinem Worte,sei getrost und unverzagt!

    Nur ein kleines Weilchen harrenoch in deiner Hütte aus;dulde, leide noch ein wenig,bald geht es ins Vaterhaus,wo du kannst mit allen Heil’genschauen den, den du geliebt,wo dir Ruhe wird für immerund dein Glück bleibt ungetrübt.

    W. Ebel

    Sei getrost und unverzagt

  • 6 e va n g e l i u m s p o s au n e | a p r i l 2 0 1 6

    Alle eure Sorge werfet auf ihn!

    t r o s t

    Die Sorge, die du trägst, verzehrt deine Kräfte. Du sollst sie auf den Herrn werfen. Deine ängstliche Sorge und Gottes Sorge sind zwei ganz verschie-dene Dinge. Seine Sorge, obgleich liebend und allumfassend, veranlasst ihm keine Ban-gigkeit. Aber unsere Sorge belastet unser Gemüt durch ihre nagenden Qualen. Du sollst also deine törichte Sorge auf den Herrn werfen; denn seine Sorge ist weise.

    Es gibt freilich Sorgen, die wir nicht auf den Herrn werfen dürfen, weil sie unrecht sind. Die Sorge ums Reichwerden, um Ruhm vor Menschen und derglei-chen. Kann ich Gott bitten, eine solche Sorge für mich zu tragen? Wenn du von solchen Sorgen gequält bist, schleudere sie von dir, sonst brennen sie sich in deine Seele hinein. Darüber beten darfst du nur insofern, als dass du Gott bitten musst, dich von solchen Sorgen zu befreien. Sei bescheiden in deinen Wünschen, strecke dich nach der Decke, dann werden sich deine unnöti-gen Sorgen mit einem Male vermindern.

    „Werfet eure Sorge auf den Herrn“, sagt der Apo-stel. Er sagt nicht „leget“. Er gebraucht ein viel kräfti-geres, ausdrucksvolleres Wort. Die Tat verlangt eine Anstrengung. Es ist kein Kinderspiel, die Sorge auf den Herrn zu werfen, wenn der Hunger an die Tür klopft und den Kindern das Nötigste fehlt. Da musst du eine Glaubenstat tun. Du musst die ganze Kraft deiner Seele anstrengen, bis es dir gelingt, die Last zu heben und auf den Herrn zu werfen. Aber immerhin ist die Anstren-gung nicht so groß, als wenn du die Sorgenlast alleine tragen wolltest. Wie schwer ist dagegen die Last, wenn man auf menschliche Hilfe wartet, die nicht kommt!

    Darum wirf deine Sorgenlast auf ihn! Du kannst

    anderen deine Not klagen, um ihre Teilnahme zu ge-winnen, denn wir sollen einer des andern Last tragen. Du kannst auch Freunde um Hilfe bitten und dich so in der Demut üben. Aber das Bitten um Gottes Hilfe muss immer zuerst kommen. Es ist merkwürdig, wie denen, die sich ganz auf Gott verlassen, oft wunderbar geholfen wird. Es ist ja nicht unrecht, wenn wir uns an unsere Geschwister im Herrn um Hilfe wenden. Es sind so viele, die gern helfen wollen und doch wis-sen müssen, wo Hilfe nötig ist. Aber setze nie einen Menschen an die Stelle Gottes, der allein uns die Sorge abnehmen und die Last für uns tragen kann.

    Es gibt auch eine Art, sich die Sorge leicht zu machen, die gerade das Gegenteil von dem Werfen der Sorge auf den Herrn ist. Ich meine die Gleichgültigkeit. Es ziemt sich nicht für einen Christen, in Beziehung auf die Sorge zu sagen: „Es ist mir einerlei.“ Wer es damit so leicht nimmt, der nimmt’s wohl auch leicht, Schulden zu machen und Versprechungen nicht zu halten. Jeder muss für seinen Beruf und seine Familie sorgen. „Wer seine Hausgenossen nicht versorgt, ist är-ger als ein Heide“, sagt der Apostel. Die Sorge auf Gott werfen ist das Gegenteil von Leichtsinn und Übermut.

    Ebenso verkehrt ist es, zu versuchen, den Folgen eines Unrechts auszuweichen, indem man sie auf Gott werfen will. Wenn jemand vielleicht Schulden macht, obwohl er weiß, dass er sie nie zurückzahlen kann. Oder wenn ein anderer mit einer Unwahrheit einem Verlust entgehen will, oder ein anderer sich wegen schnellen Gewinns in gewagte Spekulationen einlässt. Eine Tat des Ungehorsams ist eine Zurückweisung von Gottes Hilfe, eine unerlaubte Selbsthilfe. Wer auf jede Gefahr hin das tut, was recht ist, der wirft seine Sorge

    „Alle eure Sorge werfet auf ihn; denn er sorgt für euch!“ (1. Petrus 5,7)

  • 7a p r i l 2 0 1 6 | e va n g e l i u m s p o s au n e

    auf Gott. Unsere Sorge muss sein, Gott zu gefallen. Alle anderen Sorgen können wir ruhig ihm überlassen.

    Aber wie greifen wir’s denn an, alle Sorgen auf Gott zu werfen? Um die schwere Last zu heben, brauchen wir die Hand des Gebets und die Hand des Glaubens. Im Gebet bringen wir Gott unsere Sorgen dar und bitten ihn um Hilfe. Durch den Glauben sind wir überzeugt, dass Gott helfen kann und helfen wird. Das Gebet ist unser Hilfegesuch an Gott, welches das Ver-zeichnis unserer Sorgen vor Gott ausbreitet. Und der Glaube spricht: Ich glaube, dass Gott für mich sorgt. Ich glaube, dass er mir aus meiner Not helfen und dass es zu seiner Ehre dienen wird.

    Wenn du nun so die Sorgen von deinen Schultern genommen und auf Gott geworfen hast, so hüte dich, dass du sie nicht wieder aufhebst. Wie oft habe ich mich durch gläubiges Gebet meiner Sorgen entledigt, aber ich muss beschämt gestehen, dass ich nach einiger Zeit wieder dieselbe Sorgenlast empfand, die ich glaubte abgeworfen zu haben. Ist es weise, die Füße wieder in die Fesseln zu stecken, die schon einmal abgenommen waren? Doch manches Mal, wenn ich mich mit einer Schwierigkeit vergeblich abgemüht habe, bin ich damit vor den Thron Gottes gegangen mit dem festen Ent-schluss, mich nicht mehr um die Sache zu quälen, son-dern alles ganz in Gottes Hand zu lassen. So habe ich manche Sorge nie wieder gesehen; sie ist zerschmolzen wie der Reif in der Morgensonne und hat einen Segen zurückgelassen. Andere Nöte sind zwar geblieben, aber die drücken mich nicht mehr, weil ich mich dem Joch unterworfen habe.

    Es ist ja der Herr, der uns gebietet, nicht zu sor-gen. Es ist sein Gebot, dass wir nicht sorgen sollen;

    es ist aber auch unser Glück, dass wir nicht zu sorgen brauchen. Außerdem müssen wir die irdischen Sorgen auf den Herrn werfen, damit wir Zeit und Kraft für wichtigere Sorgen haben. Wenn der Herr dein schweres Sorgenjoch zerbrochen hat, so musst du sein sanftes Joch auf dich nehmen. Du musst sorgen, ihn mehr zu lieben und ihm besser zu dienen, sein Wort besser zu verstehen, die Erfahrung seiner Gemeinschaft zu machen, so zu wandeln, dass du den Heiligen Geist nicht betrübst. Solche heilige Sorge wirst du immer haben, und sie wird zunehmen in dem Maß, wie du in der Gnade wächst. In einem gewissen Sinn dürfen wir ja auch diese Sorgen auf den Herrn werfen. Wir dürfen auf die Hilfe des Heiligen Geistes warten, der in uns beides, das Wollen und das Vollbringen, wirkt nach sei-nem Wohlgefallen. Aber er wirkt dies nur in uns, wenn wir Sorge und Eifer dafür zeigen, und deshalb dürfen nicht niedrige Pläne und Bestrebungen unser Inneres überwuchern.

    Es ist ja ein solch großes Glück, wenn wir die Sorge auf den Herrn werfen dürfen. Wenn ich einen Prozess hätte, und ein berühmter Rechtsanwalt käme und böte mir aus lauter Freundschaft an, ihn für mich zu führen – o wie froh wäre ich! Ich würde mir gar keine Sorgen mehr machen und zu allen, die in der Angelegenheit zu mir kämen, würde ich sagen: „Geht zu meinem An-walt, die Sache geht mich nichts an!“ So musst du’s mit deinem schlauen Feind, dem Teufel, machen, der sich immer freut, wenn du sorgenvoll und verstimmt bist. Sprich zu ihm: „Der Herr strafe dich, Satan!“Gewiss, der Herr sorgt für die Seinen.

    Charles Haddon Spurgeon

  • 8 e va n g e l i u m s p o s au n e | a p r i l 2 0 1 6

    Das Wort „später“ ist wunderbar geeig-net, anscheinende Widersprüche zu erklären. Morgen wird alles ein ganz anderes Gesicht haben als heute. Damit erschließt uns die Heilige Schrift das Verständnis für die Zeiten der Trübsal.

    „Alle Züchtigung, wenn sie da ist, dünkt uns nicht Freude, sondern Traurigkeit zu sein; aber danach wird sie geben eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit“ (Hebräer 12,11). Auf den Wegen, die Gott seine Kinder führt, ist oft manches eine Zeit lang dunkel und trübe. Doch die Zukunft macht alles klar und licht. Die düste-ren Wolken, die heute den Himmel bedecken, sind mor-gen verschwunden. Und wenn die Sonne heiter lacht, der Himmel in einem Blau erstrahlt, erscheinen die Blumen plötzlich noch einmal so lieblich, das Gras noch einmal so grün, das ganze Leben so viel, viel schöner. So werden Tränen, die du heute vergossen hast, morgen zu Linsen, durch die dein nun wieder helles Auge über diese Welt hinausschauen, ja Gottes Antlitz in seiner strahlenden Güte sehen darf.

    Dass uns jetzt manches im Leben dunkel erscheint, hat teilweise seinen Grund in unserer Unwissenheit und unserem mangelhaften Verständnis. Unser Wis-sen ist Stückwerk. Wir sehen jetzt nur undeutlich wie durch einen Spiegel. Wir haben uns nur die elemen-tarsten Kenntnisse angeeignet und sind für schwieri-ge, schwer verständliche oder abstrakte Dinge noch nicht reif.

    Ein neuer Schüler kommt auf die höhere Schu-le. Der Lehrer gibt ihm ein griechisches Buch in die Hand und fordert ihn auf, ein paar Sätze auf einer bestimmten Seite zu lesen. Der Schüler versteht kein Wort davon. Er kennt nicht einmal das Alphabet. Für ihn sind es nur Hieroglyphen oder eine rätselhafte Schrift. Die Jahre vergehen. Er verwendet viel Fleiß

    und Ausdauer auf die Erlernung der Sprache. Und allmählich bringt er es dahin, sie zu beherrschen.

    Der Tag der Prüfung kommt. Wieder lässt ihn der Lehrer auf jener Seite lesen, die ihn bei seinem Ein-tritt in so peinliche Verlegenheit gebracht hatte. Doch nun ist ihm alles leicht verständlich. Ohne irgendwel-che Schwierigkeiten liest und übersetzt er jedes Wort. In jeder Zeile erkennt er besondere Schönheiten. Jeder Satz enthält eine köstliche Wahrheit. Es ist ein Kapitel aus dem Johannesevangelium, Worte, die der Herr Jesus selbst gesprochen hat, so reich an Liebe, an Weisheit, an Ewigkeitslicht. Und während er liest, dringen sie ihm tief ins Herz und entzünden war-me Freude in seiner Seele. Jede Zeile glüht von dem verborgenen Feuer der göttlichen Liebe. Sein reiferes Verständnis hat ihn das Geheimnis verstehen lassen, hat ihm diese köstlichen Schätze erschlossen.

    Wir alle sind Schüler in Gottes Schule. Das Buch der Vorsehung ist in einer Sprache geschrieben, die wir noch nicht verste-hen. Doch mit den Jahren gehen wir durch mache Erfahrungen und gelangen zum reiferen Verständnis. Je länger wir lernen, desto mehr lichtet sich das uns früher so drückende Dunkel. Stehen wir schließlich am Ende unserer Schulzeit, so erscheinen die uns einst so verwirrenden Seiten ebenso klar und ein-leuchtend wie unsere ersten, kindlichen, damals recht schwierigen Leseübungen der gereifteren Weisheit des Erwachsenen. Dann werden wir erkennen, dass goldene Schätze der Weisheit in den früher so unver-ständlichen Zeilen lagen und das Buch der Vorsehung nichts anderes ist als ein Brief der göttlichen Liebe.

    Ein kleines Mädchen kommt zu ihrem Vater gelaufen. Er ist gerade von inneren Zweifeln zerris-sen, die das Kind aber nicht beachtet. Sie fragt ihn: „Vater, was sind Gedichte?“ – „Etwas sehr Schönes“,

    Spätert r o s t

    Ein Sprichwort sagt: Verstehen können wir das Leben nur rückwärts, leben aber müssen wir es vorwärts. Oft stehen wir vor einem „Warum?“. Wir können vieles nicht nachvollziehen. Doch spätestens in der Ewigkeit werden wir klar sehen, dass alles einen Sinn hatte.

  • 9a p r i l 2 0 1 6 | e va n g e l i u m s p o s au n e

    ist die Antwort. Er öffnet ein Buch und zeigt ihr ein Gedicht. Sie sieht neugierig hinein. Dann glei-tet ein Schatten über ihr kleines Gesicht: „Ich kann nichts Schönes daran finden!“ Nun liest der Vater ihr einige Verse vor. Das Vorlesen gefällt ihr, aber dass ein Gedicht schön sein soll, versteht sie immer noch nicht. Sie findet die Blumen, die Sterne und andere Dinge schön, aber Gedichte sind ganz anders. Der Vater sagt ihr, wenn sie erst größer sei, werde sie sicher Freude an schönen Gedichten haben. Aber mehr noch als das Kind hat der zweifelnde, bange Vater daraus gelernt. Er sieht ein, dass auch er warten muss, bis er reifer geworden ist, um die Weisheit der Wege Gottes, die ihn so befremden, als herrlich und vollkommen zu erkennen.

    Gleichen wir nicht alle kleinen Kindern? Got-tes Gedanken sind wie Dichtungen, deren erhabene Schönheit vor seinem Auge offen daliegen. Wir aber müssen noch viel lernen, bevor wir die herrlichen Wahrheiten und den Reichtum seiner Gedanken aus den Zeilen herauslesen können. Wohl werden wir hin und wieder daran erinnert, dass alles, was der Herr tut, wohlgetan ist; dass jeder Lei-denskelch uns zum Segen wird, dass Gottes Liebe auf unser Gebet immer das Allerbeste schickt, auch wenn wir es nicht gleich als solches erkennen. Auf einmal kommt uns das Wort des Herrn in den Sinn: „Was ich tue, das weißt du jetzt nicht; du wirst es aber hernach erfahren“ (Johannes 13,7). „Hernach“ – Später – das ist der Schlüssel. Vielleicht schon in diesem Leben, sicherlich aber in jenem großen „Später“ der Ewig-keit werden wir einsehen, dass jede Führung Gottes, auch die Führungen, die uns weh taten und die uns ganz verkehrt erschienen, zu unserm Heil und Besten dienten. In der Herrlichkeit, vor Jesu Thron werden wir sicherlich einmal erkennen, dass die köstlichsten

    Segnungen unseres Lebens uns aus den allerschmerz-lichsten und betrübendsten Erfahrungen zuflossen.

    Wenn wir einem Bildhauer zuschauen, wie er mit dem Hammer und der Meißel tätig ist, so sehen wir vorläufig nur einen rauen Marmorblock, keine Spur von einer schönen Form! Wie staunen wir aber, wenn wir das Werk nach seiner Enthüllung erblicken! Im unfertigen Zustand war die Bildsäule nicht schön. Ebenso ist auch das, was Gott aus uns machen will, noch im Werden.

    Im Berner Oberland in der Schweiz strömt ein Bach mit wildem Toben ins Tals, als wollte er Un-heil und Verderben über die friedlichen Dörfer im Tal bringen. Doch wo er an einer steilen Berg-wand wohl gegen dreihundert Meter senkrecht hinab in die Tiefe stürzt, fangen die Winde ihn auf und tragen ihn als milden, rieselnden Sprühregen ins Tal, wo der feine Wasserstaub die Wiesen das ganze Jahr hindurch frisch und grün erhält. So droht auch oft der Schmerz wie ein reißendes Gebirgswasser uns zu vernichten. Doch das Wehen des Geistes dämpft sein Toben, so dass er sich als ein sanfter, leiser Regen in unser Herz senkt, uns belebt und aufrichtet und allen Gebieten unseres Lebens neuen Segen spendet.

    Wollen wir nicht lernen, auch in den dunkelsten Stunden unseres Lebens unentwegt unserem Gott zu vertrauen? Bald wird der anbrechende Morgen all das, was uns im Grauen der Nacht erschrecken wollte, mit mildem Licht übergießen. Werden die Furchen auch tief in unseren Herzen gezogen, sie sind uns eine Zusicherung für zukünftige, reiche Frucht. Auch die dunklen, schweren Unheilwolken über unserem Haupt werden weiterziehen, wenn sie die Segenslast abgeregnet haben und damit Leben spenden und Einöden in erquickende Blumenland-schaften verwandeln. J. R. M.

    „Alle Züchtigung, wenn sie da ist, dünkt uns nicht Freude, sondern Traurigkeit zu sein; aber danach wird sie geben eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit“ (Hebräer 12,11)

  • 10 e va n g e l i u m s p o s au n e | a p r i l 2 0 1 6

    Der Lobpreis der Treue Gottes schallt wie ein gewaltiger Akkord durch den Himmel und durch den Weltraum der Erde. Laut und ergreifend ertönt dieser Lobgesang auch aus den Büchern unserer Bibel. Von den Büchern Mose bis hinein in das Buch der Offenbarung klingt der Ruhm der Treue Gottes unaufhörlich fort. Selbst in den äußersten Tiefen des Le-bens ist dieser Lobpreis nicht verstummt. Wie seltsam – wie erstaunlich! Loben auch wir noch die Treue Gottes? Denken wir an sie, und wissen wir welch ein Trost sie für uns ist?

    Paulus tröstet sich und seine Leser an der Treue Gottes! Im Hintergrund dieses Trostes liegt aller Kampf, alles Zittern und Bangen. Aus seinem kummererfüll-ten Herzen entringt sich zuerst der dringende Hilferuf: „Liebe Brüder, betet für uns!“ Dieser Ausspruch lässt gewöhnlich auf eine gewisse Notlage schließen, in der der betreffende Mensch steht. Paulus suchte auch Hilfe und Trost bei seinen Mitbrüdern.

    Er weiß, dass auch sie Hilfe und Trost brauchen, und diesen Trost kann Paulus ihnen nur geben, indem er sie auf die Treue Gottes hinweist! Es ist als wollte er sagen: „Liebe Brüder, wir stehen alle im Kampf und leiden Not im Rudern wider die schäumenden Wogen der Bos-heit, aber verzagt nicht, denn der Herr ist treu! – Uns droht allen manchmal die Hoffnung zu schwinden und der Mut zu sinken, und wir sehen unser Unvermögen hinsichtlich der Zeitzustände! Wir erleiden Trübsale und Enttäuschungen, aber liebe Brüder, der Herr ist treu, der wird euch stärken und bewahren vor dem Argen!“ So hatte es der Apostel erfahren und er hielt im Glau-ben daran fest. Seinem engsten Mitarbeiter Timotheus schrieb er von seinen Verfolgungen und Leiden zu Antiochien, zu Ikonien, zu Lystra, und bezeugt freimü-tig: „Aus allem hat mich der Herr erlöst!“ Und weiter schrieb er: „Bei meiner ersten Verantwortung stand mir niemand bei, sondern sie verließen mich alle. Der Herr aber stand mir bei und stärkte mich...!“

    O, ein treuer Gott! Die Treue Gottes wurde im Leben der Menschen immer wieder als ein besonderer Trost erfahren. Als die Gemeinde Israel in der Wüste von Gott abfällig wurde und sich einen Abgott machte, war der Herr aufs äußerste entrüstet. Er sprach zu Mose: „Geh, steig hinab; denn dein Volk hat’s verderbt. Und nun lass mich, dass mein Zorn sie vertilge“ (2. Mose 32). Der Bund war gebrochen, die Tafeln lagen zerschlagen auf der Erde, der Eifer Gottes war entbrannt, aber Mose flehte priesterlich um Gnade für das Volk. Dann lesen wir: „Du hast Gnade vor meinen Augen gefunden, und ich kenne dich mit Namen. Haue dir zwei steinerne Tafeln, wie die ersten waren […], welche du zerbrochen hast und sei bereit, dass du zu mir auf des Berges Spitze steigest.“ Und dort begegnete ihm der Herr in der Be-zeugung: „Herr, Herr, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue!“ Und es war in der Tat nur Gottes Gnade und Treue, in der er sich zu einem Bund bewegen ließ und dem Volk gestattete noch einmal neu zu beginnen.

    Im letzten Buch der Bibel finden wir die Kampfge-schichte des neutestamentlichen Volkes Gottes aufge-zeichnet. Johannes sah, wie die Gemeinde bis aufs Blut zu widerstehen hatte in den Kämpfen wider die Mächte der Finsternis. Aber diese bitteren Kämpfe und Trübsale führen zuletzt doch zu einem herrlichen Sieg. Stimmen, gleich einem gewaltigen Donner und Wasserrauschen haben diesen Sieg verkündigt (Lies Offenbarung 19). „Und ich sah den Himmel aufgetan“, sagte Johannes. „Und siehe, ein weißes Pferd. Und der darauf saß, der hieß Treu und Wahrhaftig, und er richtet und streitet mit Gerechtigkeit.“ – Ist das nicht ein großer Trost? Gottes Treue ist die Zufluchtsstätte der Seele. Hier findet auch deine und meine Seele ihren Trost. Welch eine Seligkeit, in allen Lagen und Verhältnissen des Lebens zu wissen, dass Gott treu ist! Jesus stellte sich der Gemeinde vor als der „treue und wahrhaftige Zeuge“, und das ist er heute. Er sagt: Fürchte dich nicht du kleine Herde, denn es ist eures Vaters Wohlgefallen euch das Reich zu geben“

    Gottes Treue – unser Trost

    t r o s t

  • 11a p r i l 2 0 1 6 | e va n g e l i u m s p o s au n e

    Der Apostel Paulus schreibt an die Römer: „Was aber zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, auf dass wir durch Geduld und Trost der Schrift Hoffnung haben“ (Römer 15,4).

    In dieser letzten Zeit, wo die Welt so voller Sünde und Unruhe ist und wo scheinbar Satan mit aller Gewalt versucht, die Sache Gottes auf Erden zu vernichten und den Kindern Gottes das Leben schwer zu machen, da brau-chen wir besonders viel Trost. Gott hat uns nicht ohne Trost gelassen. Er hat es so eingerichtet, dass wir durch den Heiligen Geist und durch sein Wort in allen Lagen getröstet werden. Wir finden deshalb überaus viele Trostesworte in der Heiligen Schrift. Gott will nicht, dass wir uns wegen unserer Schwierigkeiten der Traurig-keit hingeben, bis wir ganz entmutigt sind. Darum will er, dass wir aus dem reichen Trost in seinem Wort großen Nutzen ziehen.

    Brauchst du Trost, liebe Seele? Im Worte Gottes findest du viel Trost auch gerade für dich. Brauchst du Gottes Gnade? Kommt es dir vor, als ob du in den Stürmen des Lebens kei-nen sicheren Ort hättest? Empfindest du das Bedürfnis nach Stärkung und Erfrischung in dem Kampf, in dem du stehst? Dann höre, was der Prophet Jesaja sagt: „Denn du, Gott, bist der Geringen Stärke, der Armen Stärke in der Trübsal, eine Zuflucht vor dem Ungewitter, ein Schatten vor der Hitze, wenn die Tyrannen wüten wie ein

    Ungewitter wider eine Wand“ (Jesaja 25,4). Sage, wie der Prophet Jesaja es sagte: „Herr, du bist mein Gott! Dich preise ich“ (Jesaja 25,1). Dieser Gott kann machen, „dass allerlei Gnade un-ter euch reichlich sei, dass ihr in allen Dingen volle Genüge habt und reich seid zu allerlei guten Werken“ (2. Korinther 9,8).

    Hast du das Empfinden, dass sich niemand um dich kümmert und dass du unbeachtet und alleine bist? Dann höre, was der Apostel Petrus sagt: „Alle eure Sorge werfet auf ihn; denn er sorgt für euch“ (1. Petrus 5,7). Und der Herr sagt auch wiederum durch den Propheten Jesaja: „Siehe, in die Hände habe ich dich gezeichnet“ (Jesaja 49,16).

    Hast du vielleicht Verfolgungen zu erleiden, so dass dir Angst und Bange wird? Wenn das der Fall sein sollte, dann schaue von allem hinweg und blicke auf den Herrn. Er ist stärker als alle deine Feinde. Der Herr sagt durch seinen Propheten: „Ich bin euer Tröster. Wer bist du denn, dass du dich vor Menschen fürchtest, die doch sterben und vor Menschenkindern, die wie Gras vergehen, und vergissest des Herrn, der dich gemacht hat, der den Himmel ausbreitet und die Erde gründet?“ (Jesaja 51,12-13). Gott hat für uns weitere Trostesworte in seinem Wort: „Fürchte dich nicht, ich bin mit dir, weiche nicht, denn ich bin dein Gott; ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich erhalte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit“ (Jesaja

    41,10). – „Wenn sie gleich wider dich streiten, sollen sie dennoch nicht wi-der dich siegen; denn ich bin bei dir, spricht der Herr, dass ich dich errette“ (Jeremia 1,19). – „Aber der Herr, Herr hilft mir; darum werde ich nicht zu Schanden. Darum habe ich mein An-gesicht dargeboten wie einen Kiesel-stein; denn ich weiß, dass ich nicht zu Schanden werde“ (Jesaja 50,7).

    Du magst vielleicht durch viele verschiedenartige Prüfungen gehen. Sie mögen wie eine große Woge sein, so dass es aussieht, als ob sie dich überfluten will. Aber auch in sol-chen Stunden denke an das Wort des Herrn: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! Denn so du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht sollen ersäufen; und so du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, denn die Flamme soll dich nicht versengen“ (Jesaja 43,1-2). Gott sei Lob und Dank für diese herrlichen Verheißungen!

    Denke über diese Worte der Heili-gen Schrift nach und vertraue auf dei-nen Gott! Er ist stark und mächtig zu helfen, und er liebt dich. Die Bibel ist voll des Trostes für die Kinder Gottes. Anstatt dich abzuquälen mit Sorgen, nimm deine Bibel. Und der Geist, der aus ihr zu dir redet, wird alles ver-treiben, was dich betrübt und traurig macht, und dir süßen Trost schenken; einen Trost, wie ihn kein Mensch ge-ben kann. L. H.

    Der Trost des Wortes Gottes

    (Lukas 12, 3). Er steht auch treu zu seinem Wort, und er steht auch treu zu dir.

    Ist dein Herz belastet? Ist deine Seele unruhig und dein Geist geängstet? Ist dein Lebensweg schwer und dunkel? Sind deine Hoffnungen zerbrochen? Siehst du dich einsam und verlassen? Quälen dich die harten Ent-täuschungen und Zweifel? Drohst du zu versagen? Leidest

    du unter den unverständigen, argen Menschen und haben sich auch die Treusten von dir gewandt? – In allen diesen Verhältnissen darfst du eins wissen: Der Herr ist treu, und seine Treue ist unser Trost!

    – Halte an diesem Wort fest und es wird dich halten!

    Friedrich Krebs

  • 12 e va n g e l i u m s p o s au n e | a p r i l 2 0 1 6

    Drei Arten des Glaubens

    Wir lesen in Markus 4,35-40 folgende Begebenheit: „Und an demselben Tage des Abends sprach er zu ihnen: Lasst uns hinüberfahren. Und sie ließen das Volk gehen und nahmen ihn, wie er im Schiff war; und es waren mehr Schiffe bei ihm. Und es erhob sich ein großer Windwirbel und warf Wellen in das Schiff, also dass das Schiff voll ward. Und er war hinten auf dem Schiff und schlief auf einem Kissen. Und sie weckten ihn auf und sprachen zu ihm: Meister, fragst du nichts danach, dass wir verderben? Und er stand auf und bedrohte den Wind und sprach zu dem Meer: Schweig und verstumme! Und der Wind legte sich, und es ward eine große Stille. Und er sprach zu ihnen: Wie seid ihr so furchtsam? Wie, dass ihr keinen Glauben habt? Und sie fürchteten sich sehr und sprachen untereinander: Wer ist der? Denn Wind und Meer sind ihm gehorsam.“

    Christus fragt die Zwölf: „Habt ihr keinen Glauben?“ Wir wissen, sie glaubten an den Herrn. Die Grundla-ge war vorhanden. Aber bei diesem Sturm wankte der Glaube. In Hebräer lesen wir von den sichtbaren Bewei-sen des Glaubens, die der unsichtbare Gott bewirkte. Der Glaube ist nicht bei allen Nachfolgern des Herrn gleich groß. Und je nach unserer Lebenssituation mag der eine oder andere Glaube schwanken. Die Jünger sagten einmal: „ Herr, stärke uns den Glauben.“

    In Hebräer 11,1 wird der Glaube näher beschrieben: „Es ist aber der Glaube eine gewisse Zuversicht des, das man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, das man nicht sieht.“

    Der Glaube ist also ein Ruhen auf der Verlässlichkeit und Autorität unseres Gottes, ohne weitere Beweise zu haben. Wir Menschen wollen doch bald Beweise haben. Gerne möchten wir schon den Beginn einer Änderung sehen. Thomas glaubte nicht, dass der Herr auferstanden war und meinte: „Es sei denn, dass ich in seinen Händen sehe die Nägelmale und lege meinen Finger in die Nägel-male und lege meine Hand in seine Seite, will ich's nicht glauben.“ Der Glaube ist die feste und herzliche Über-

    zeugung in die Wahrheitstreue Gottes. Wir glauben den Aussagen der Mitmenschen im alltäglichen Leben – wie viel mehr sollten wir Gott glauben. Glaube ist das prakti-sche Vertrauen auf die Verheißungen Gottes. Glaube ist das vollständige Vertrauen auf Gottes Aussagen und die Lehre Christi. Wenn wir Gott glauben, dann müssen wir aber auch uneingeschränkt auf unseren eigenen Willen verzichten. Gott soll alles tun, wie er es tun möchte. Ein bekannter Prediger hat drei Arten des Glaubens in einem Bild dargestellt.

    Da ist zuerst der kämpfende und sich abmühende Glaube. Das ist so, als ob ein Mann im tiefen Wasser verzwei-felt schwimmt. Er hält sich über Wasser und geht nicht unter. Aber er kämpft sehr schwer, um über Wasser zu bleiben.

    Wir wissen, dass Petrus auf dem Wasser ging (Mat-thäus 14,28-30). Petrus trat aus dem Schiff und trat auf das Wasser. Wie mag sich das an seinen Fußsohlen an-gefühlt haben? Voller Vertrauen und ganz optimistisch stieg er aus dem Boot. Hättest du das auch getan? Aber dann sah er einen starken Wind kommen und damit wohl auch die Wellen. Anstatt seine Augen weiter auf den Herrn gerichtet zu halten, sieht er die Schwierigkeit, die auf ihn zukommt. Er fürchtet sich, er zweifelt, er sinkt, er schreit: „Herr, hilf mir!“ Er kämpft mit den Wel-len. Aber der Herr ist doch da. Er ergreift ihn mit starker Hand und spricht: „O du Kleingläubiger, warum zweifel-test du?“ Es war nicht die Gewalt des Windes, nicht das Wüten der Wellen, sondern der Kleinglaube des Petrus, der ihn zum Sinken brachte. Aber dennoch wollen wir von seinem Mut lernen und beachten, dass kein anderer Jünger aus dem Boot trat.

    Oft ist der Glaube nicht stark genug, um die Herr-lichkeit Gottes zu sehen. Maria glaubte an die Auferste-hung am Jüngsten Tage. Aber sie glaubte nicht an die To-tenauferstehung des Lazarus. Zu Martha sagte Christus dann: „Habe ich dir nicht gesagt, so du glauben würdest,

    t r o s t

    Der Glaube ist nicht jedermanns Ding, sagt Gottes Wort. Und nicht alle, die sagen, sie glauben Gott, haben denselben Glauben. Aber der Herr ist treu. Was wir brauchen, ist der Glaube, der an der Treue Gottes festhält und in ihm geborgen ist!

  • 13a p r i l 2 0 1 6 | e va n g e l i u m s p o s au n e

    du würdest die Herrlichkeit Gottes sehen?“ Oder wir denken an das verzweifelte Volk Israel vor dem Roten Meer. Vor ihnen das Meer und hinter ihnen die Feinde, und sie stecken in der Falle. Es scheint kein Entkommen zu sein. Israel wünschte, dass es in Ägypten geblieben wäre. Ja, der sich abmühende Glaube ist oft mit Furcht verbunden. Zu den in Seenot geratenen Jüngern sagte der Herr: „Wie seid ihr so furchtsam? Wie, dass ihr kei-nen Glauben habt?“

    Wandelst du in dem kämpfenden, sich abmühenden Glauben, dann bitte Gott, dass er deinen Glauben stärkt.

    Die zweite Art des Glaubens ist der sich festklammernde Glaube.Da siehst du einen Schwimmer, der am Bootsrand hängt. Ihm geht es besser als dem zuerst genannten, denn er hält sich fest und ruht sich vom Schwimmen aus. Hier kann er verschnaufen, Kräfte sammeln und gegebenen-falls einsteigen. Er klammert sich an die Verheißungen Gottes und lässt sie nicht los. Als Jakob mit dem Mann rang und dieser gehen wollte, sagte Jakob: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ So wollen wir uns an Gottes Wort klammern und nicht loslassen, bis Gott uns segnet. Ein anderes Bild sehen wir in der Sunamitin. Sie ließ nicht locker und wollte, dass der Prophet mitgehen sollte. Sie umfasste seine Füße und sagte: „So wahr der Herr lebt und deine Seele, ich lasse nicht von dir!“ Da machte er sich auf und ging ihr nach.

    Aber die dritte Art des Glaubens ist die beste. Das ist der ruhende Glaube. Dieser Glaube ist wie ein Mann, der sicher im Boot sitzt und seine Hand ausstreckt, um anderen ins Boot zu helfen.

    Ein solcher Mann war Mose. Er stand als ein Mann des Glaubens ganz fest, vermittelte Ruhe und Gelas-senheit. Er ermutigte das Volk mit den Worten: „Diese Ägypter, die ihr heute sehet, werdet ihr nimmermehr sehen ewiglich.“ Mose wollte dem ganzen Volk helfen, damit sie vermittels des Glaubens ruhig und still werden

    sollten. Ein weiterer Mann des Glaubens war Kaleb. Er glaubte fest, dass die Feinde besiegt werden können. Gerne hätte er die anderen Kundschafter mit ‚ins sichere Boot‘ genommen. Hier hätten alle im Glauben ruhen können. Aber sie wollten nicht und blieben beim Zwei-fel. Die zehn Kundschafter blieben bei ihrem Unglauben. Welche schrecklichen Auswirkungen hatte das auf die ganze Gemeinde! Darum lasst uns im Glauben ruhen wie Kaleb. Es sollte unser Bemühen sein, dass niemand durch unsere Zweifel Schaden erleidet.

    Im Neuen Testament sehen wir Paulus auf dem in Seenot geratenen Schiff. Auch er stand trotz der Gefahr unbeweglich im Glauben. Es war eben dieser ruhende Glaube, der sagen konnte: „Seid unverzagt!“ So konnte er 275 Menschen Mut zusprechen, weil er sich selbst des ruhenden Glaubens erfreute.

    Welchen Glauben besitzt du?Die meisten haben den sich abmühenden und festklam-mernden Glauben. Da ist manches Abmühen, da sind unnötige Kämpfe und Sorgen. Doch ist das alles vergeb-lich. Es muss doch so gehen, wie Gott es will. Gott will dir aber mehr Gnade schenken. Er will dir die Ruhe im Glauben schenken. Dann werden keine übereilten Worte gesprochen oder vorschnelle Entscheidungen getroffen. Dann fallen keine menschlichen Entschlüsse, die dem Willen Gottes zuwider sind. Greife Gott nicht in die Speichen.

    Der ruhende Glaube weiß sich sicher und geborgen. Er sieht die Wellen, hört den Sturm brausen – aber er weiß sich in Gott geborgen. Der ruhende Glaube streckt anderen die Hand entgegen. Er vermittelt den anderen große Glaubenszuversicht und eine gute Hoffnung.

    Paulus schreibt an Philemon (Vers 6): „[...] dass der Glaube, den wir miteinander haben, in dir kräftig werde durch Erkenntnis alles des Guten, das ihr habt in Christus Jesus.“ Diesen kräftigen und ruhenden Glauben wünsche ich jedem Leser.

    Herbert Kowalski, Hamm (DE)

  • 14 e va n g e l i u m s p o s au n e | a p r i l 2 0 1 6

    Angst kennt wahrscheinlich jeder Mensch. Früher oder später begegnen wir ihr – oder sie uns! Die Angst vor oder auch in der Dunkelheit kennen wir zum Beispiel schon von unserer Kindheit her. Äußere Veränderungen und Vorgänge beeinflussen einfach unser Leben. Bei vielen Menschen kommen Angstgefühle auf, wenn sie alleine sind. Andere hingegen ziehen sich gerne zurück, weil sie die Begegnung gewisser Menschen fürch-ten. Oft haben Menschen Angst und Sorge vor schlechten Zeiten, vor Verarmung und Hunger, vor Krankheit, vor dem Misslingen, vor dem Versagen, vor der Meinung und Verleumdung anderer Menschen und dergleichen. Hinzu kommen Ängste aus den üblen Vorgängen in unserer nächsten Umgebung oder Ängste, die auf die bedrohli-chen Entwicklungen in der ferneren Umwelt zurückfüh-ren. Und nicht zuletzt gibt es auch allgemein die Angst vor dem Tod! Hinter jeder Angst steht jedenfalls eine Ursache. Und so war es auch bei den Jüngern.

    Der Herr Jesus sah die Angst in ihnen, und sie ver-neinten es nicht. Sie spürten ein ernstes Geschehnis auf sich zukommen. „Der Hirte wird geschlagen werden, und die Schafe werden sich zerstreuen“, so hatte Jesus es ihnen vorausgesagt. Dieser Zeitpunkt war herangerückt, und dieses Bewusstsein brachte sie in Sorge und Angst. Jesus tadelte sie deswegen nicht. Ihr Verhalten befrem-dete ihn nicht. Er wusste um die Gründe ihrer Angst. Er hatte Mitleid und brachte volles Verständnis für sie auf.

    Sie waren nicht mehr von der Welt, aber sie waren in der Welt, und die Welt hasste sie. Als kleine Herde sollten sie nun hirtenlos bleiben und wie Schafe mitten unter den Wölfen gefährdet sein und leiden. Es sollte allenfalls sehr ernst um sie werden!

    Matthäus berichtet, dass Jesus schon vorher einmal wehmütig „auf das Volk blickte, und es jammerte ihn desselben; denn es war verschmachtet und zerstreut wie Schafe, die keinen Hirten haben“ (Matthäus 9,36). Schafe können in der Regel nicht ohne einen Hirten sein. Sie geraten in Unsicherheit und Angst. Sie verirren und verlaufen sich. Sie verlieren jede Orientierung und finden sehr bald keine Nahrung und kein Wasser mehr. Die aufkommende Unruhe treibt sie vielfach in die größ-ten Gefahren hinein, wo sie elendig umkommen, wenn ihnen niemand zur Hilfe kommt. Genau das konnte der Zustand der Jünger werden. Jesus war jedenfalls ernstlich besorgt um sie. Der Inhalt des hohepriesterlichen Gebets beweist uns das: „Heiliger Vater [...], ich bitte für die, die du mir gegeben hast, denn sie sind dein. Erhalte sie in deinem Namen [...]. Ich bitte nicht, dass du sie von der Welt nehmest, sondern dass du sie bewahrest vor dem Übel“ (siehe Johannes 17).

    Ja, so ist Jesus! Er hatte seine Jünger nicht vergessen. „Wie er die Seinen in der Welt von Anbeginn geliebt hatte, so liebte er sie bis ans Ende“, so lesen wir. Den Kreuzesweg musste er zwar alleine gehen. Aber nachdem er die Leiden und Bitterkeiten dieser Welt überwunden

    In der Welt habt ihr Angst

    Radiobotschaft

    Friedrich Krebs, Kitchener (CA)

    Botschaft des Heils

    In der Bibel lesen wir sehr häufig die Worte: „Fürchtet euch nicht“ – Grund dafür ist die Angst, die uns so oft befällt. Doch der Herr weiß immer wieder, die Seinen recht zu trösten und zu ermutigen.

  • 15a p r i l 2 0 1 6 | e va n g e l i u m s p o s au n e

    hatte, war er sofort wieder bei ihnen. Darum konnte er voller Mitleid und Verständnis sagen: „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden“ (Johannes 16,33). Und weil er überwunden hat, können wir durch seine Kraft und Hilfe auch überwinden. Haben wir nicht auch Angst in dieser Welt? Wer von uns könnte das absolut verneinen? Wäre das denn wirklich etwas Ungewöhnliches oder gar Befremdendes? Wir sind in der Welt – in derselben Welt, in der auch Jesus und seine Jünger einmal waren. Wir sind Menschen, wie auch sie es waren, Menschen mit allerlei Veranlagungen, Empfindungen und Gefühlen. Die Vorgänge in der Welt beeinflussen zum Teil auch das Leben der Kinder Gottes. Die bedrohlichen Entwicklungen in dieser Welt lassen uns nicht völlig unberührt.

    Viele von uns haben zumindestens ein Stück des letzten Welt-krieges durchlitten. Gab es da keine Sorgen und Ängste? Waren nicht andere oder auch wir selbst mitunter von einem solchen Bangen erfasst, dass wir am ganzen Leib zitterten? Wer in sicht-baren Todesgefahren steht, sollte der nicht Angst haben?

    Auch Jesus hatte das tiefe, innere Bangen in seinem Mensch-sein erfahren. Es geschah bei seinem schweren Gebetskampf in Gethsemane. Die Bibel sagt es wörtlich so: „Sie kamen zu einem Hofe mit Namen Gethsemane. Und er nahm Petrus, Jakobus und Johannes mit sich und fing an zu zittern und zu zagen und sprach: Meine Seele ist betrübt bis an den Tod!“ Er stand im Schatten des Todes und sollte jetzt der Macht der Finsternis aus-geliefert werden. Er musste die unbeschreibliche Bitterkeit seiner Todesqualen am Kreuz vorausgeahnt haben, und darum sein Zittern und Zagen. „Und worin er gelitten hat und versucht war, kann er helfen denen, die versucht werden“ (Hebräer 2,18).

    Das ist wahrlich ein großer Trost für uns alle, denn der Herr kennt das tiefe Bangen unserer Herzen. Durch eigene Kräfte und positives Denken lassen sich die Ängste in dieser Welt nicht im-mer bezwingen. Darum sagt ein Dichter so trefflich:

    Arme, sorgenschwere Seele, brauchst du einen Freund in Not?Jesus Christus dir erwähle!Er ist treu bis in den Tod.

    Es gibt einen, der uns versteht, und er spricht: „Seid getrost, ich habe die Welt überwunden!“ Und er, als der gute Hirte ruft dir zu: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es ist eures Vaters Wohlgefallen, euch das Reich zu geben“. Wir können also hindurchkommen und das höchste Ziel erreichen!

    Einige Männer stehen in einer kleinen Gruppe zusammen und sprechen von ihren Sorgen und Kämpfen. Einer, der auch viel zu tragen hatte, hatte einen wunderbaren Ausweg gefun-den. Er legte seine Hand auf einen seiner Freunde und sagte: „Georg, ich will dir keine Predigt halten, aber was mir gehol-fen hat, kann auch dir helfen: Versuche es, dein ganzes Ver-trauen auf die Macht des Allerhöchsten zu setzen!“ – Zögere nicht, liebe Seele, es auch so zu tun!

  • 16 e va n g e l i u m s p o s au n e | a p r i l 2 0 1 6

    Jugendse i t e

    A ngst gehört zu den grundlegenden mensch-lichen Emotionen. Sie ist für unser Überle-ben und Wohlbefinden unerlässlich. Angst regt uns an, uns selbst sowie unsere Gelieb-ten vor Gefahr zu beschützen. Angst verleiht uns einen gesunden Respekt gegenüber Gott und seiner Existenz. Gesunde Angst ist für uns förderlich.

    Angst zeigt uns ebenso, worin unser Vertrauen liegt. Wenn wir mit der Befürchtung leben, dass das Wirt-schafts- und Bankensystem zusammenbrechen würde, dann zeigt es, dass unser Vertrauen in das Geldsystem übermäßig groß ist.

    Angst kann bewirken, dass wir aufhören, nüchtern zu handeln; gelähmt sind, wenn wir für Gott oder unse-ren Nächsten etwas tun sollen. Sie lässt uns wie ein Reh erstarren, das im Scheinwerferlicht steht und Gefahr wittert. Sie kann ernsthaften Schaden in unserem geist-lichen Leben verursachen.

    Angst kann uns davor abhalten, anderen von Jesus zu erzählen. Wir fürchten die Kritik anderer, wie sie reagieren könnten und ob sie uns noch mögen werden. Wir fürchten uns vor dem Morgen, ziehen uns zurück und vertrauen nicht dem Herrn und seinem Plan. Wir fürchten uns, etwas Falsches zu tun und handeln deshalb erst gar nicht, obwohl der Geist Gottes es von uns verlangt. Christen haben mit all diesen Ängsten zu tun. Ängste, die uns davon abhalten, zu Gottes Ehre ein Zeugnis zu geben, und die unsere Freude im Leben negativ beeinflussen.

    Die Frage bleibt bestehen: Wie überwinden wir unsere Ängste?

    Angst macht sich in unserem Leben bemerkbar, wenn wir mit Sorgen behaftet sind, wenn wir das Ge-fühl haben, die Kontrolle über eine Situation oder über das Leben selbst zu verlieren. In genau diesen Situatio-nen sollten wir uns daran erinnern, dass Gott es ist, der die Kontrolle hat; unabhängig davon, wie unser Leben aussehen mag; unabhängig davon, wie die wirtschaftli-

    che oder religiöse Lage unseres Landes sein mag. Gott behält nach wie vor die Kontrolle über seine Welt und über unser Leben. Wenn wir mit Sicherheit sagen kön-nen, dass er unser Gott ist, wird dieses Wissen unsere tiefsten Ängste stillen.

    Wir sollten auch beachten, dass irrationale Ängste nicht von Gott kommen. In 2. Timotheus 1,7 schreibt Paulus: „Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Be-sonnenheit.“ Oftmals sind es die Angriffe Satans, die in uns Angst hervorrufen. Satans Wunsch ist es, unseren Dienst für Gott unwirksam zu machen. Wenn wir dem Heiligen Geist die Kontrolle über unser Leben überlas-sen, verlässt uns der Geist der Angst und wird durch Kraft, Liebe und Selbstbeherrschung ersetzt.

    Damit der Heilige Geist die Kontrolle gerade über unsere Ängste erhält, sollten wir sowohl die Angst als auch unsere Unfähigkeit, sie selbst zu überwinden, vor Gott bringen. Wir sollten unsere Ängste nicht verallge-meinern, sondern klar und direkt beim Namen nennen. Wenn wir Angst haben, Jesus vor anderen zu bekennen, dann sollten wir es unserem himmlischen Vater sagen. Wenn wir unsere Ängste artikulieren und sie zu den Füßen unseres Vaters legen, wird er ausreichend Gnade zum Überwinden geben.

    In Psalm 55 begegnet David Angst. Wir finden dort Worte wie Ängstlichkeit, Zittern und Schrecken. David sucht nach einem Ausweg und wendet sich Gott zu in dem Wissen, dass Gott ihn erretten wird. Und in Vers 23 ruft David allen zu, die sich in Angst befinden: „Wirf dein Anliegen auf den Herrn; der wird dich versorgen und wird den Gerechten in Ewigkeit nicht wanken lassen.“

    Wir können unsere Anliegen, unsere Ängste auf den Herrn werfen und uns darauf verlassen, dass seine Kraft unsere Ängste besiegt. Denn während wir schwach sind, sind wir tatsächlich stark. Wenn wir erkennen, dass wir es alleine nicht schaffen und unsere Abhän-

    Wie man Angst überwindet

  • 17a p r i l 2 0 1 6 | e va n g e l i u m s p o s au n e

    Weitreichende Fürsorge

    gigkeit von Gott sehen, dann wird Gottes Kraft in und durch uns wirksam.

    Unsere Ängste könnten auch durch ein Trauma in der Vergangenheit verursacht worden sein. Vielleicht hat irgendeine Art von Misshandlung in unserem Leben stattgefunden. Um diese Angst zu überwinden, mag ein Gespräch mit einem christlichen Ratgeber zusätzlich hilfreich sein. Wir können auch andere geistliche Ge-schwister um Unterstützung im Gebet bitten, damit sie das Anliegen mittragen helfen.

    Schließlich, lasst uns Sieg erwarten. Wir sollten niemals aufgeben, weil wir etwa denken, unser Fall sei hoffnungslos. Wir wollen uns in dunklen und angstvol-len Stunden unserem Gott zuwenden. Lasst uns ihm und seiner Güte vertrauen. Und lasst uns nicht vergessen, dass wir mehr als Sieger in Christus sind, der uns liebt und uns niemals verlassen oder im Stich lassen wird. Möge Gott uns Sieg über jede Angst geben, der wir im Leben begegnen. Ruben Reisdorf, Kelowna (CA)

    Z u den bekanntesten Vertretern der kana-dischen Tierwelt gehören die Grizzly- und Schwarzbären. Mit etwas Glück – vorausge-setzt man ist in sicherer Entfernung – kann man ihnen in ihrer natürlichen Umgebung begegnen. Kritisch wird es, wenn die Bärenmutter mit ihren Jungen unterwegs ist. In dieser Zeit nimmt sie jeden Eindringling in ihrer Umgebung als eine potentielle Bedrohung wahr und verteidigt ihren Nachwuchs äußerst aggressiv.

    Dieses Verhalten ist nicht zuletzt auf eine beson-ders weitreichende Fürsorge der Bärenmutter zu-rückzuführen, die mit der Geburt des Nachwuchses beginnt und so lange anhält, bis die Jungtiere in der Lage sind, sich selbst zu versorgen. Um die Aufzucht kümmert sich ausschließlich das Weibchen. Nach etwa vier Monaten verlassen die kleinen Bären das erste Mal ihre Höhle und lernen dann von ihrer Mutter alles, was sie für ihr Überleben in der Wildnis brauchen. Sie gehen zusammen auf Nahrungssu-che, erlernen das Jagen, das Erkennen von Gefahren und bekommen beigebracht, wie sie sich bei Gefahr selbst verteidigen können. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Fürsorge der Muttertiere so weit geht, dass sie attraktive Futtergebiete meiden und so ihren Nachwuchs vor den dort anzutreffen-den aggressiven Männchen schützen. Die kleinen Bären erleben eine größtenteils unbekümmerte und geschützte Kindheit, die nach etwa zwei Jahren ein jähes Ende findet. Dann nämlich vertreibt die Mutter ihre eigenen Jungen mit kräftigen Prankenhieben,

    Drohgebärden und einem aggressiven Verhalten. Das Interessante ist, dass auch dieses Verhalten dem Schutz der Jungtiere dient. Der Grund ist die erneute Paarungsbereitschaft der Bärin und das damit ver-bundene Risiko der Jungtiere, von den paarungswilli-gen Männchen getötet zu werden.

    Auch wenn dieses Beispiel der Natur bemerkens-wert ist, so wissen wir, dass Gottes Fürsorge für uns Menschen sehr viel weiter reicht. Gott ging dafür bis ans Äußerste. Damit wir von der Last unserer Sünde befreit werden können, sandte er Jesus auf die Erde und ließ ihn, den Geliebten, ans Kreuz nageln. Un-fassbar. Hierin gipfelt Gottes Fürsorge für uns. Aber sie geht weiter. Durch die Bibel, sein Wort, sorgt er dafür, dass wir in unserem Leben zurechtkommen. Er zeigt uns, wie wir ‚Nahrung finden‘ können, wie wir Gefahren erkennen können, wie wir die geistliche Waffenrüstung, von der Paulus in Epheser 6 spricht, anwenden können und vieles, vieles mehr... Und manchmal erleben wir es auch, dass Gott sich irgend-wie zurückzieht, Gebete nicht oder anders beantwor-tet werden, Lebensumstände uns an unsere Grenzen bringen und wir uns fragen: Was geht hier vor? Wa-rum ist Gott so fern? Es tut uns weh und wir fühlen uns verletzt. Kann es nicht sein, dass Gott uns gerade in dieser Zeit, gerade durch das, was wir erleben müs-sen, eine besondere Fürsorge zuteil werden lässt? Lies vor diesem Hintergrund einmal Römer 8,28-39 und sei gewiss, dass Gott für dich sorgt.

    Niko Ernst, Herford (DE)

  • 18 e va n g e l i u m s p o s au n e | a p r i l 2 0 1 6

    Auf einem großen Ozeandampfer lag einer der Maschinisten schwer erkrankt in seiner schmalen Koje. Sein Zustand verschlimmerte sich trotz aller ärztli-chen Bemühungen täglich. Und allem Anschein nach ging es mit dem Kranken bald zu Ende. Da besuchte ihn einer seiner Kameraden, mit dem er schon manche Fahrt gemeinsam gemacht hatte. Als die-ser das blasse Antlitz des Kranken sah, rief er erschro-cken: „Was ist mit dir, Richard? Du siehst ja aus wie eine Landratte, die Seewasser geschluckt hat!“

    „Ach, Fritz, wenn’s nur so wäre! Aber die Fahrt geht zu Ende! Ich fühle mich erbärmlich schlecht. Und das Schlimmste ist, ich habe böse Ladung an Bord!“ – „Böse Ladung an Bord? – Wie meinst du das?“ „Lauter Sünden, wohin ich blicke, Fritz! Und die führen zur Hölle. Das haben wir oft genug ge-hört.“ Dabei seufzte der Unglückliche tief auf. Nach einer Weile fuhr er fort: „Wir waren immer gute Kameraden, Fritz. Willst du nicht deinem sterbenden Kameraden den Gefallen tun und für ihn beten?“

    Fritz stand sprachlos da. Es war so, wie Richard sagte. Sie hatten immer gute Kameradschaft gehal-ten und oft einander aus der Klemme geholfen. Aber gebetet hatte Fritz noch nie und soviel er wusste, auch Richard nicht. Bisher hatte es sich meistens um einen Griff in den Geldbeutel gehandelt oder auch um ein festes Dreinschlagen mit den Fäusten. Aber beten? – Hilflos starrte Fritz auf seinen Freund.

    Doch dieser fuhr fort, ihn zu bitten. In seiner Sün-dennot flehte er seinen Freund an, niederzuknien und für ihn zu beten, damit er nicht ewig verloren gehe. Nach einer kurzen Pause sagte Fritz leise und trau-rig, denn die Not seines Freundes schnitt ihm durchs Herz: „Ich kann nicht beten, Richard. Ich habe es nie getan und weiß nicht, wie ich es machen soll.“

    Doch immer dringender bat der Sterbende, immer heißer flehte er. Da fiel Fritz plötzlich eine Schriftstelle ein, die er als Kind in der Sonntagschule gehört, aber seitdem völlig vergessen hatte. Sie laute-te: „Das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde“ (1. Johannes 1,7).

    Er empfand unwillkürlich: Das war etwas für Richard. Im nächsten Augenblick kniete er vor dem Bett des Kranken nieder, faltete die Hände und rief: „O Herr! Hier sind zwei große Sünder. Rette mei-nen Kameraden und mich! Dein Blut ist geflossen, und das ist genug für uns beide!“ Mehr konnte er nicht sagen. Sein Schluchzen erstickte seine Stim-me. Aber während die Tränen flossen, stiegen aus den Herzen beider Männer tiefe, ernste Seufzer zum Gnadenthron empor. Waren sie auch nicht in Worte gekleidet, so wurden sie doch von dem verstanden, der so gern auf das Flehen des bußfertigen Sünders hört und der nicht schöne und wohlgeordnete Worte braucht, sondern das Seufzen des Herzens versteht. Er erhörte auch das Rufen dieser beiden Männer, deren Herzen zu voll waren, um Worte für ihre Ge-fühle zu finden, und nahm ihre aufrichtige Buße in Gnaden an.

    Der Sterbende wurde allmählich ruhig, und als Fritz ihn fragte: „Nun Richard, wie steht’s? Fühlst du dich leichter?“, antwortete dieser freudig: „Ja, Fritz, ganz leicht! Es ist alles in Ordnung. Die ganze böse Ladung ist über Bord! Alle meine Sünden sind in dem Blut Jesu getilgt.“ Kurz darauf ging der Maschi-nist im Frieden heim. Er hatte die volle Gewissheit, dass das Blut des Sohnes Gottes ihn gereinigt und für die Gegenwart eines heiligen Gottes passend gemacht hatte. Auch Fritz hat die Gnade Gottes rühmen ge-lernt, die ihn, den blinden Sünder „wie einen Brand aus dem Feuer“ errettete.

    Böse Ladung an Bord

    e r z ä h l u n g

  • 19a p r i l 2 0 1 6 | e va n g e l i u m s p o s au n e

    K I N D E R S E I T E

    Als der Nebel einsetzte

    Der 10-jährige Karl lebte an der Küste des Atlantischen Ozeans. Sein Vater war Fischer und besaß mehrere größere Fischerboote. Einige Männer halfen ihm beim Fischen. Bei schö-nem Wetter ruderte Karl oft alleine in einem kleinen Boot hinaus aufs Wasser, um zu fischen. In manchen Zeiten des Jahres war es allerdings gefährlich, sich selbst in Begleitung von Erwachsenen aufs Meer hin-auszuwagen. Die Gefahr lag dann im Nebel. Aber an sonnigen Tagen war es gewöhnlich kein Problem.

    An einem sonnigen Morgen, als eins der größeren Boote für den Fischfang fertig gemacht wurde, nahm Karl einen kleinen Eimer mit Würmern, sprang in ein Boot und ruderte aufs klare Wasser hinaus. Es war sehr schön auf dem glänzenden Meer. Aber die Fische wollten heute nicht anbeißen. Doch sieh, da schwamm ein ganzer Fischschwarm direkt auf sein Boot zu. Leise warf Karl einige Angeln über den Bootsrand und befestigte sie an kleinen Ringen. Dann nahm er ein Netz in die Hand. Wenn diese kleinen Fische nahe genug herankamen, wollte er sie einfangen. Sie waren jetzt so dicht am Boot, dass er sie fast mit den bloßen Händen greifen konnte.

    P lötzlich brach eine graue Wolke über ihn he-rein. Die Luft wurde kühl. Das Meer sah wie ein dunkles Laken aus, und die Fische schim-merten nicht mehr.

    Hastig zog Karl die Angelruten ein und nahm die Ruder in die Hand. Aber in welcher Richtung lagen die Küste und die Werft, wo die Boote befestigt wur-den? Der Nebel hatte ihn nun völlig eingehüllt. Karl überlegte: Während des Fischens war sein Rücken der Küste zugewandt gewesen. Vorsichtig drehte er das Boot und ruderte gleichmäßig in die Richtung, wo er die Werft vermutete. Er konnte keine Bootslänge

    vor sich sehen, denn der Nebel war so dicht. Dann bemerkte er weiße Schaumkronen neben seinem Boot. Dieser Schaum bedeutete, dass das Wasser über den großen Felsen gespült wurde. Hier waren schon Boote zerschellt. Nun konnte er auch den Sog am Boot und an den Rudern verspüren.

    S o schnell wie möglich von hier weg! Als er aber vergeblich versuchte, sein Boot in eine andere Richtung zu lenken, wurde ein Ru-der aus seiner Hand gerissen und außer Reichweite geschwemmt. Als er das andere Ruder zum Steuern gebrauchen wollte, wurde es auch aus seiner Hand gerissen. Beinahe wäre Karl über Bord gefallen. Hilf-los auf die immer höher steigenden Wellen blickend, hielt er sich am Sitz in der Mitte des Bootes fest und weinte vor Angst. Er sah keinen Weg zur Rettung mehr!

    Plötzlich dachte er ans Gebet! Er brauchte wirk-lich Hilfe. Kein Mensch konnte ihn in diesem dich-ten Nebel finden, und keiner konnte ihn vor diesen Felsen retten. Zu sehr beschäftigt, sich selbst zu retten, hatte er gar nicht ans Beten gedacht. Aber nun schrie er ernstlich zu Gott um Errettung vom Tod auf diesen gefährlichen Felsen.

    Das Boot hob und senkte sich. Der Nebel war so dicht, dass er kaum den Bootsrand sehen konnte. Aber da empfand er einen Stoß vorwärts. Sein Boot wurde über die erste Felsenbank geschoben, und dann glitt es über eine Sandbank. Als es zum Stehen kam, sprang Karl heraus und kletterte schnell über die glatten Felsen in Sicherheit.

    Sein Gebet hatte Erhörung gefunden. Er war vor dem Tod auf den Felsen und dem Meer gerettet worden. Niemals hat Karl diese Gebetserhörung vergessen!

    aus: The Beautiful Way

  • 20 e va n g e l i u m s p o s au n e | a p r i l 2 0 1 6

    V iele Eltern haben eine große Sorge für ihre Kinder. Es ist das Ziel ihres Lebens, ihre Kinder glücklich zu machen. Sie sol-len es im Leben einmal besser haben, es soll möglichst keine Wolke ihren strahlenden Himmel verdunkeln. Deshalb bemühen sie sich, den Kindern schon von frühester Kindheit an möglichst jeden Wunsch zu erfüllen, auf jede ihrer kleinen Freuden einzugehen. Sie sollen möglichst alles haben, was das kleine Herz sich wünscht. Das Leben der Erwachsenen ist doch später schlimm genug.

    Aus diesem Grund lernen solche Kinder kaum das Wörtchen „Nein!“ kennen. Wenn doch einmal ein „Nein“ ausgesprochen wird, so sehen sie es als Einla-dung zu einem Wettstreit, wer den stärkeren Willen hat. Und in den meisten Fällen gewinnen sie diesen großen oder kleinen Kampf. Wird dann von Außen-stehenden ein unhöfliches oder ungezogenes Beneh-men getadelt, dann verstehen die Kinder gar nicht das Problem: „Ich mache doch gar nichts Schlimmes!“ Mir begegnete die Aufzeichnung einer mir unbekannten Autorin, die sehr anschaulich diese Not beschreibt. Ich las Folgendes:

    Vor Kurzem fragte ich ein kleines Mädchen: „Was sagt denn deine Mutter dazu, wenn du zu Hause die Türen so zuwirfst?“ Sie sah mich ganz treuherzig an und meinte: „Dazu sagt sie gar nichts. Das darf ich immer machen.“ Ich hatte bald Gelegenheit, mich zu überzeugen, dass Inge die Wahrheit sprach, ja, dass die Mutter noch weit Schlimmeres duldete als ein rück-sichtsloses und lautes Wesen.

    Eines Nachmittags, als ich im Schlossgarten auf einer Bank saß, wurde ich plötzlich lebhaft begrüßt.

    Inge hatte mich gesehen und ihre Mutter bestürmt, den freien Platz an meiner Seite einzunehmen. Sie selber legte schnell eine Handvoll abgerissener Blumen hin und eilte zum nahegelegenen Spielplatz, um eine Freundin zu suchen.

    Frau W. und ich kamen indessen ins Gespräch. Ich konnte mich nicht enthalten zu fragen, ob Inge die Blu-men hier im Park gepflückt habe. Die Mutter bejahte und fügte eifrig hinzu: „Ich weiß, dass das verboten ist. Aber Mausi wollte es doch so gern. Und ich kann ihr so schwer etwas abschlagen. Ich will aber gleich die Pflanzen in meine große Handtasche stecken, damit der Wächter sie nicht sieht.“ – „Aber Frau W.“, fragte ich ganz erschrocken, „was soll denn aus Inge werden, wenn Sie ihr alles erlauben, was ihr gerade in den Sinn kommt? Auch wenn es Unrecht ist? Wie soll sie dabei zwischen „mein“ und „dein“ unterscheiden lernen? Und wenn sie später einmal ein begangenes Unrecht zu vertuschen sucht, wird sie dann nicht jede Gewis-sensregung mit der Entschuldigung beschwichtigen: ‚Mutter hat’s ja auch so gemacht!‘? Das finde ich doch sehr gefährlich.“

    Aber da kam ich schön an. Die beleidigte Mutter erwiderte scharf: „Wie kann man solche Kleinigkeit so wichtig nehmen? Ich bin nicht so engherzig, dass ich meinem Kind jede harmlose Freude versage. Sie reden ja gerade wie meine Nachbarin, die sich auch immer aufregt, wenn Inge beim Spiel im Garten ein bisschen mogelt. Die andern sind auch keine Engel. Dafür sind sie eben noch Kinder und können trotzdem sehr gute Menschen werden, wenn sie groß sind.“

    „Leider kann ich diese Auffassung nicht teilen“, gestand ich ihr. „Ich fürchte, dass so bedenkliche Anla-

    Erziehung?F A M I L I E N S E I T E

  • 21a p r i l 2 0 1 6 | e va n g e l i u m s p o s au n e

    gen, wenn man sie nicht beim ersten Hervortreten mit der Wurzel ausrottet, bittere Früchte tragen werden.“

    In diesem Augenblick kam Inge missmutig vom Spielplatz zurück. Sie hatte ihre Spielkameradin nicht angetroffen und machte ihrem Ärger in wenig schönen Worten Luft. Aber der Mutter fiel es gar nicht ein, ihr diese zu verweisen. Sie bedauerte vielmehr ihr Töch-terchen und gab sich alle Mühe, es zu unterhalten. Viel Dank erntete sie dafür nicht. Doch plötzlich kam es der Kleinen in den Sinn, dass sie etwas essen wollte. Sofort packte Frau W. das mitgebrachte Abendbrot aus, obgleich es noch viel zu früh am Nachmittag war.

    „Was möchtest du gern haben, Mausi, ein Käse- oder Schinkenbrötchen?“, fragte sie freundlich. „Ich will Leberwurst“, begehrte Inge. „Die habe ich heute leider nicht“, bedauerte die Mutter. „Dann will ich gar nichts“, entschied das anspruchsvolle kleine Mädchen. Da mir diese Szene, bei der ich schweigen musste, um die Frau nicht in den Augen ihres Kindes herabzuset-zen, peinlich war, bemerkte ich nur: „Inge hat eben noch keinen Hunger“, grüßte und stand auf. - Dieses kurze Zusammentreffen hatte mir zur Genüge gesagt, wie sehr eine Mutter durch falsches Nachgeben ihr Kind in seinen Fehlern und Schwächen bestärken kann.

    Als ich den Park verlassen hatte, stieg ich in eine stark besetzte Straßenbahn. Ich musste im Gang stehen. Das störte mich nicht weiter, da ich mich ja vorher ausgeruht hatte. Als aber an der nächsten Haltestelle eine alte Frau mit einem schweren Paket einstieg und niemand aufstand, sagte ich freundlich zu einem in unserer Nähe sitzenden etwa 12-jährigen Mädchen, das eifrig in einem Buch las: „Möchtest du

    nicht der Dame deinen Platz anbieten?“ Sie wurde rot und wollte sich zögernd erheben, als die neben ihr sitzende Mutter sie am Arm festhielt und laut dagegen Einspruch erhob. „Du bleibst sitzen. Du hast einen Fahrschein für einen Erwachsenen und brauchst da-her nicht aufzustehen. Im übrigen geht das niemand etwas an.“

    Ich muss sagen, dass ich mich für die Mutter schämte. Wenn das Mädchen krank oder einen schlimmen Fuß gehabt hätte, dann wäre wohl eine höfliche Erklärung am Platz gewesen. So aber konnte man nur den Eindruck haben, dass das frische, kräfti-ge junge Ding nur keine Lust hatte, sich in seiner Lek-türe stören zu lassen. Die eigene Mutter aber bestärkte sie in ihrer Unhöflichkeit.

    Soweit die Schilderung und Wahrnehmung der Autorin. Können wir uns eine Inge im Alter von 14 Jahren vorstellen? Gewiss wird sie die Welt als un-freundlich und böse wahrnehmen, weil ihre Wünsche nicht erfüllt werden. Und wie geht es der Mutter von Inge, wenn sie ihr heranwachsendes Kind begleitet? Wie fühlt sie als Dienerin der Launen ihres Kindes? Erntet sie Dankbarkeit oder Anerkennung? Das Kind hat doch von den ersten Tagen an gelernt, dass sein persönliches Glück das Wichtigste ist, dass seine Lau-nen und Wünsche der Mutter ein Befehl sind.

    Es ist selbst in unserer modernen Zeit gut, die Kinder nach biblischen Maßstäben zu erziehen. Wie gesegnet die Kinder, die nach dem Wort leben: „Ihr Kinder, seid den Eltern in allen Dingen gehorsam; denn das ist dem Herrn wohlgefällig.“ (Kolosser 3,20) – schon bevor sie es überhaupt lesen können.

    Hermann Vogt

  • 22 e va n g e l i u m s p o s au n e | a p r i l 2 0 1 6

    „In allem lasset durch Gebet und Flehen mit Danksa-gung eure Anliegen vor Gott kundwerden“ (Philipper 4,6 Elbefelder Übersetzung.).

    „Wir kommen ohne Schlüssel nicht in die Wohnung! Siegbert, was machen wir bloß?“ Mutters Stimme verriet eine Panik, die ihrem kleinen Jungen nicht entging.

    Der Vater war in Polen sehr oft auf Reisen, um die ca. 50 000 deutschsprechenden Menschen mit dem Evangelium zu erreichen. Gemeinden entstanden und es mangelte an Predigern. Deshalb betreute Vater mehrere Gemeinden und war viel unterwegs. In seiner Abwesenheit vertrat Mutter ihn in der Ortsgemeinde.

    Mit ihrem ersten Kind an der Hand hatte sie einen langen Weg zurückgelegt, um eine Familie der Gemeinde zu besuchen. Nicht allein Kälte, sondern auch Dunkelheit überfielen sie auf dem langen Rück-weg. So stolperten die beiden in der Nacht zurück zu ihrem Heim. Als sie kalt und erschöpft an der Haustür ankamen, suchte Mutter vergeblich nach dem Haus-schlüssel in ihrer Handtasche. Was nun? Sie suchte noch einmal sorgfältig die Handtasche durch, aber ohne Erfolg. Auch beim dritten Mal blieb das Ergeb-nis unverändert.

    Sie wusste, dass sie den Schüssel in die Handta-sche gesteckt hatte, nachdem sie abgeschlossen hatte. Offenbar hatte sie ihn unterwegs verloren. „Siegbert, wir haben den Schlüssel verloren und ohne Schlüssel kommen wir nicht in die Wohnung. Als ich das Ta-schentuch herauszog, um dir die Nase zu putzen, wird

    der Schlüssel wahrscheinlich herausgefallen sein. Uns bleibt nichts anderes übrig, als an die Stelle zurückzu-gehen und den Schlüssel zu suchen.“

    Als ihr die Aussichtslosigkeit ihres Planes bewusst wurde, murmelte sie: „Aber wo genau mag das ge-wesen sein? Wie sollen wir in dieser Finsternis einen kleinen Schlüssel finden?“

    Als sie wieder an der Stelle waren, wo sie meinte, das Taschentuch aus ihrer Tasche gezogen zu haben, fingen beide an zu suchen. Mutter und Sohn tas-teten auf ihren Knien mit den Händen den ganzen Weg sorgfältig ab. Sie tasteten nach links, sie tasteten nach rechts; sie tasteten den Fußweg auf und ab. Mit erstarrten Händen suchten die beiden bis tief in die Nacht. Von der Sinnlosigkeit überwältigt rief Mutter verzweifelt: „Siegbert, was machen wir? Wir finden den Schlüssel nicht und ohne Schlüssel kommen wir nicht in die Wohnung.“ „Mama, wir wollen beten!“, antwortete der Kleine in kindlichem Vertrauen. – „Ja mein Junge, da hast du Recht! Bei Gott ist kein Ding unmöglich.“

    Auf dem Steg, noch immer auf den Knien, fleh-ten die beiden ernstlich zu Gott um Hilfe. Nach dem Gebet richtete sich die Mutter auf und stützte sich mit der Hand auf den Boden. Und genau dort, unter ihrer Hand fühlte sie den verlorengegangenen Schlüssel.

    „Er offenbart, was tief und verborgen ist; er weiß, was in der Finsternis liegt, denn bei ihm ist eitel Licht“ (Daniel 2,22).

    An unzähligen Stellen hätte dieser Schlüssel auf der finsteren Landstraße liegen können. Wie weit

    Mutti, wir wollen beten

    E R I N N E R U N G E N D E R FA M I L I E S O N N E N B E R G

    So du glauben würdestTeil 4

  • 23a p r i l 2 0 1 6 | e va n g e l i u m s p o s au n e

    „Herr, erbarme dich über meinen Sohn!“ (Matthäus 17,15)

    Es war eine lange Tagesreise bis zur Stadt gewesen, doch jetzt näherte sich der schwankende Pferdewagen mit Onkel Felix und Mutters Erstgeborenem wieder dem elterlichen Bauernhof. Das Gespann, Liese und Lotte, von der langen Reise ermüdet, zogen noch mit letzten Kräften den schwerbeladenen Wagen. Liese hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, Lotte die Hauptlast zu überlassen - bis ein kurzer Peitschenhieb sie von Neuem anspornte. Doch nicht lange, dann lockerten sich Lieses Riemen und großzügig überließ sie Lotte die Hauptlast. Liese hatte es gelernt mitzulaufen, ohne die Schultern so richtig unter die Last zu stellen.

    Noch bevor die Sonne am Horizont versank, kam das Ziel in Sicht. Die Pferde hatten es auch bemerkt. Sie wieherten und beschleunigten ihre Schritte. Kurz vor der Einfahrt bat der Kleine: „Onkel Felix, würdest du mich bitte absetzen? Ich möchte den Rest des Weges neben dem Wagen laufen.“ Mit den ausgefahrenen tiefen Rillen im Weg hatte der Sechsjährige allerdings nicht gerechnet. Es fiel ihm schwer, Schritt zu halten. Er lief an die Seite des hin und her wankenden Wagens. Mit einer Hand wollte er nach dem Seitenbrett am Wagen greifen, doch er fasste daneben und fiel zu Boden. Das Hinterrad des schwerbeladenen Wagens rollte zwischen Ellenbogen und Schulter über seinen rechten Arm.

    Die Mutter stürmte aus dem Haus, als der Wagen mit dem schmerzvollen Geschrei auf den Hof rollte. Behutsam legte Onkel Felix den Jungen mit zerquetsch-tem Arm in Mutters Arme. „Mutti, rühr mich nicht an,“ bat der Kleine. Sanft legte sie das schwerverletzte Kind, das sich nicht beruhigen ließ, auf ’s Bett. Sie verließ leise das Zimmer und eilte an ihr Gebetsplätzchen unter den Lebensbäumen im Garten, wo sie auf ihre Knie fiel und für ihren Sohn zu Gott flehte.

    „Vater im Himmel,“ betete sie, „es ist Nacht. Die Pfer-de sind erschöpft von der langen, schweren Reise. Und

    wenn ihnen die Reise zurück in die Stadt auch möglich wäre, das sind doch Stunden auf holprigem Weg, bis wir ärztliche Hilfe bekommen. Gott, du allein bist unsere Zuflucht. Vor Jahren habe ich an dieser Stelle gekniet, als ich mit einem Fuß im Grab war. Du hast mich plötzlich von Tuberkulose geheilt. Und nun flehe ich für meinen Sohn. Erbarme dich über mein Kind. Um deines gelieb-ten Sohnes Jesu Christi willen, der unsere Schmerzen auf sich nahm, bitte ich dich, erbarme dich jetzt über meinen Sohn.“

    Mit dem Geschrei des Kindes in den Ohren, eilte Mutter zurück ins Zimmer. „Siegbert“, rief sie, „ich habe für dich gebetet, und der liebe Heiland hat dich gesund gemacht.“ Der Junge wurde ruhig. „Mutti, schau“, strahl-te er, indem er seinen verletzten Arm einige Male in der Luft bewegte. „Mutti, jetzt steh ich auf!“

    „Es ist schon spät“, beruhigte sie ihn. „Ich ziehe dir jetzt deinen Schlafanzug an und morgen stehst du dann auf.“ Der Kleine zuckte zusammen, als Mutter aus Verse-hen seine Wunde anstieß, doch dann schlief er die ganze Nacht ruhig durch.

    Am nächsten Morgen lief er nach dem Frühstück mit allen Kräften hinter seinem Spielzeugreifen her. Mit dem Stock in der rechten Hand trieb er den Reifen an und raste hinterher. Opa stand in der Tür und traute seinen Augen nicht. Tränen strömten ihm in den Bart. „So et-was haben meine Augen noch nicht gesehen“, schluchzte er. Wie groß ist Gott!

    Jesus spricht: „Habe ich dir nicht gesagt, so du glau-ben würdest, du würdest die Herrlichkeit Gottes sehen?“ (Johannes 11,40).

    „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit“ (Hebräer 13,8).

    Als wir jetzt diese Erinnerungen aufzeichneten, sprach ich mit meinem Bruder. Er schob den Ärmel hoch und zeigte auf die Narbe, die nach mehr als 79 Jahren noch immer erkennbar ist. Sogar der Nagelein-druck von einem der Nägel, die das Eisenband am Rad befestigten, ist zu sehen.

    Ich habe für dich gebetet

    rechts oder links von dem Fußweg hätte er fallen kön-nen? Und ebenso unsicher waren sie über den Ort, an dem Mutter das Taschentuch herausnahm. Doch genau dort, wo der Schlüssel verborgen lag, veranlasste Gott sie zum Gebet – und drückte Mutter den Schlüssel in die Hand. Nur wenige Zentimeter zu weit links oder zu

    weit rechts, etwas vor oder zurück – niemals wäre der Schlüssel gefunden worden. Welch ein Gott!

    „Wo zwei unter euch eins werden auf Erden, warum es ist, dass sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel“ (Matthäus 18,19).

  • 24 e va n g e l i u m s p o s au n e | a p r i l 2 0 1 6

    Hudson TaylorTeil 32

    D E R C H I N A M I S S I O N A R

    Herr Nying, ein führender Konfuzianer, stolz auf seine Bildung und Stellung, war weit davon entfernt, sich um den Ausländer zu kümmern, der von Zeit zu Zeit in seine Stadt kam und wun-derliche Lehren verkündete. Doch er interessierte sich für abendländische Wissenschaft. Zufällig besaß er ein Werk darüber, das er jedoch nicht verstand. Daher be-nutzte er die Gelegenheit, als Stevenson die Stadt wieder einmal besuchte, um sich mit ihm zu unterhalten. Der Missionar erklärte ihm alles, was er gern wissen wollte. Dann aber griff Stevenson nach einem Neuen Testament und fragte harmlos: „Besitzen Sie auch die Bücher der christlichen Religion?“ „Ja“, antwortete der Gelehrte, „aber, ehrlich gestanden, finde ich sie nicht so interes-sant wie Ihre Bücher über Wissenschaft.“ Bei dem an-schließenden Gespräch stellte sich heraus, dass Nying in Bezug auf die Existenz Gottes sowie der Seele Skeptiker war. Das Gebet erachtete er als vollkommen unsinnig.

    „Wenn ein höchstes Wesen existierte“, behauptete er, „würde es viel zu groß und fern sein, um sich um unsere winzigen Angelegenheiten zu kümmern.“ Geduldig versuchte der Missionar, ihn von seiner Meinung abzu-bringen, aber vergebens. Als alle Beweise nichts halfen, nahm er ein einfaches Gleichnis zu Hilfe. „Wir sagen, dass Wasser und Feuer Gegensätze sind und sich nie verbinden können. Das Wasser löscht das Feuer, und das Feuer lässt das Wasser verdunsten. Das ist unwider-legbar. Aber während wir zusammen reden, hat mein Diener den Kessel mit Wasser auf das Feuer gesetzt, und nun kocht es, damit ich Ihnen eine Tasse Tee bereiten kann. Sie sagen, es gibt keinen Gott, und wenn es einen gäbe, würde er sich nie herablassen, unsere Gebete zu

    erhören. Aber glauben Sie mir, wenn Sie heute Abend heimkehren, das Neue Testament nehmen und den Gott des Himmels demütig und ernstlich bitten, Ihnen Seinen Geist zum richtigen Verständnis zu senden, dann wird das Buch ein neues Buch für Sie werden und Ihnen bald wichtiger sein als irgendein Buch auf der Welt. Versu-chen Sie es doch einmal. Und ob Sie nun für sich selbst beten oder nicht - ich werde für Sie beten, ganz gleich, ob Sie es selbst tun oder nicht.“

    Tiefer bewegt, als er es zeigen wollte, ging der Ge-lehrte heim. Seltsam, dachte er, so sinnlos die Sache zu sein scheint, dem Fremden war sie ernst. Dass er sich so viel aus einem Menschen macht, den er bis heute noch nie gesehen hat, dass er für mich beten will, wo ich selbst noch nicht einmal für mich bete! Als Nying an diesem Abend allein war, nahm er das Neue Testament beinahe belustigt in die Hand. Wie konnte ein gebildeter Mensch denken, dass einige an ein unbekanntes Wesen gerich-tete Worte das Buch interessant machen, ja, seine ganze Weltanschauung verwandeln könnten! Obgleich er nicht glauben konnte, wollte er doch die Probe machen. Plötzlich sagte er: „O Gott, wenn es dich gibt, dann rette meine Seele, wenn ich überhaupt eine habe! Gib mir deinen Geist und hilf mir, dieses Buch zu verstehen!“

    Frau Nying schaute im Laufe dieses Abends mehr-mals in das Zimmer. Jedes Mal fand sie ihren Mann in sein Studium vertieft. Endlich wagte sie, ihn auf die vorgerückte Stunde aufmerksam zu machen. „Warte nicht auf mich“, antwortete er, „ich habe noch Wichtiges zu tun“, und studierte weiter. Das Buch war für ihn ein neues Buch geworden. Als er Stunde für Stunde weiter-las, nahm ein neuer Geist von ihm Besitz. Mehrere Tage wagte er nicht, seinen Angehörigen die Veränderung

    Nach Jahren besuchte Hudson Taylor erneut die große Stadt Shaohing. Inzwischen hatte Gott begonnen, die vielen Gebete seiner Knechte zu erhören und das Licht des Evangeliums scheinen lassen. Besonders durch die Bekehrung eines sehr angesehenen Mannes war in Chenghsien eine neue Epoche angebrochen.

  • 25a p r i l 2 0 1 6 | e va n g e l i u m s p o s au n e

    mitzuteilen. Seine Frau stammte aus einer adligen Fami-lie, und er liebte sie und ihre Kinder sehr. Ihm war klar, dass die Verwandten ihn als Christen ausstoßen würden. Wahrscheinlich würde seine Familie ihn eher verlas-sen als solche Demütigung zu ertragen. Aber sein Herz brannte in ihm, denn der wunderbare Erlöser, von dem er gelesen hatte, war für ihn so wirklich, wie er es nie für möglich gehalten hätte. Die Worte, die er vor so langer Zeit sprach, waren noch voll Leben und Kraft. Nying fühlte, dass sie ihn durchdrangen und nicht nur ein neues Schuldbewusstsein, sondern auch Frieden und Heilung brachten. Diese Freude in ihm war übermächtig.

    Eines Tages sagte er endlich zu seiner Frau: „Sobald die Kinder schlafen, möchte ich dir etwas mitteilen.“ Es war ein verzweifelter Schritt. Er wusste nicht, wie er beginnen und was er sagen sollte. Aber er wollte irgend-wie seinen Glauben an Christus bekennen, obgleich er bei dem Gedanken zitterte, wie sie es aufnehmen wür-de. Schweigend saßen sie sich am Abend gegenüber. Er konnte sich nicht entschließen anzufangen. „Wolltest du mir nicht etwas sagen?“, fragte sie. Da endlich sagte er ihr alles - und mit wachsendem Staunen lauschte sie. Ein wahrer, lebendiger Gott - nicht eins der Götzenbilder im Tempel! Ein Weg, auf dem die Sünden vergeben würden! Ein Erlöser, der das Herz mit Freude und Frieden erfül-len konnte! Zu Nyings Verwunderung schien seine Frau ihm eifrig zu folgen. „Hast du ihn wirklich gefunden?“, unterbrach sie ihn plötzlich. „O, ich habe mich schon so danach gesehnt, von ihm zu hören! Denn es muss doch einen lebendigen Gott geben; wer sonst hätte damals meinen Schrei um Hilfe gehört?“

    Als die Taipingrebellen in die Stadt eingedrungen waren, in der ihre Eltern lebten, und alles verbrannt und geplündert hatten, da hatten sie auch ihr Heim zerstört. Viele Menschen wurden damals getötet, viele begingen Selbstmord. Sie selbst hatte sich hilflos und von Entsetzen gepackt in einem Schrank verkrochen und gehört, wie die Soldaten das Haus durchsuchten und immer näher kamen. „O Großvater des Himmels“, hatte sie in ihrem Herzen geschrieen, „rette mich!“ Niemand anders als der wahre, lebendige Gott konnte dieses Gebet erhört haben. Die Götzenbilder im Tempel hatten ja nicht einmal sich selbst vor den schrecklichen Plünderern retten können. Aber obgleich die Rebellen auch ihren Raum durch-suchten, waren sie an ihrem Versteck vorübergegangen. Seitdem sehnte sie sich danach, von dem wunderbaren Gott zu hören, der sie gerettet hatte.

    Nun versicherte ihr Mann voll Dankbarkeit und Freu-de, dass wirklich solch ein unendlich großes und gutes Wesen existiere und dass er sogar geredet und sich den Menschen offenbart hätte. Selten wurde der Bericht von der Erlöserliebe freudiger erzählt und gehört als dort, wo

    der stolze Konfuzianer zuerst in seinem Heim und dann in der Stadt Christus zu predigen begann. So überwälti-gend war seine Freudigkeit, dass sogar die in Verwirrung gerieten, die anfangs über seine fremdartigen Ideen gespottet hatten.

    „Ihr müsst euren Schüler zur Vernunft bringen“, sagte der Mandarin des Ortes zum Kanzler der Universität. „Er ist eine Schande für uns, predigt er doch die fremde Lehre öffentlich auf den Straßen. Als ich ihm Vorwürfe machte, predigte er mich sogar an und sagte, er sei so erfüllt von der ‚frohen Botschaft‘, dass er sie nicht für sich behalten könne.“ „Ich werde ihn schon zurechtbiegen“, lautete die zuversichtliche Antwort, „überlasst ihn ruhig mir!“ Aber dem Kanzler ging es nicht besser als dem Mandarin. Auch er musste kapitulieren. Gestärkt durch das Wort Gottes und durch Besuche in Shaohing, wurde Nying bald ein vollmächtiger Prediger. Unter den ersten, die er gewinnen durfte, war ein Mann, der bis dahin der Schrecken seiner Nachbarn gewesen war. Nichts war zu schlecht oder zu herzlos für Lao Kuen gewesen. Die Dorfbewohner fassten es nicht, durch welche Macht dieser Löwe in ein Lamm verwandelt worden war. Doch sein alter Vater, den er früher durch Grausamkeit und Vernachlässigung gequält hatte, erfuhr die Echtheit der Verwandlung und wurde bald ein Christ wie sein Sohn.

    In immer weiteren Kreisen breitete sich der Segen aus, bis er den Besitzer einer Spielhölle und eines übelberüch-tigten Hauses in einer Nachbarstadt erreichte. Seine Be-kehrung fiel noch mehr auf als die der Übrigen, denn die Spieltische verschwanden, das Haus wurde von den unsau-beren Elementen gereinigt und das beste und geräumigste Zimmer als Kapelle eingerichtet. Er ließ es selbst reinigen und frisch tünchen, ehe er es zum Gottesdienst anbot.

    Aus solchen und anderen Menschen bestand die Gruppe von Bekehrten, über der