Eurokrise fsg komprimiert okt 2012

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Wege aus der Krise: Raus aus der neoliberalen Sackgasse Wachstum statt Sparen Wolfgang Greif Leiter der Abt. Europa, Konzerne, Internationale Beziehungen Mitglied im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) [email protected] 1

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Wege aus der Krise: Raus aus der neoliberalen Sackgasse

Wachstum statt Sparen

Wolfgang Greif

Leiter der Abt. Europa,

Konzerne, Internationale

Beziehungen

Mitglied im Europäischen

Wirtschafts- und

Sozialausschuss (EWSA)

[email protected]

1

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Europa steckt in der schwersten

Krise seit 80 Jahren

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80 %

85 %

90 %

95 %

100 %

105 %

2008 2009 2010 2011 2012

Schrumpfende VolkswirtschaftenBruttoinlandsprodukt, 2008 = 100 Prozent

Griechenland

Irland

Portugal

Eurozone

Deutschland

Spanien

ver.di BundesvorstandBereich Wirtschaftspolitik

Quelle: Europäische Kommission

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8,2 % 8,5 %

22,2 %

29,2 %

24,2 %

27,2 %

30,4 % 31,3 % 30,2 %

45,1 %

48,9 %

4,8 % 5,5 %7,5 % 8,5 %

10,% 9,9 %

12,9 % 13,6 % 14,3 %

18,3 %

22,8 %

Niederlande Deutschland Schweden Italien Frankreich Polen Portugal Slowakei Irland Griechenland Spanien

Europa ohne ArbeitArbeitslosenquoten in Prozent im Herbst/Winter 2011

Jugendliche unter 25 Jahren

Arbeitslosenquote insgesamt

Quelle: Eurostat

ver.di BundesvorstandBereich Wirtschaftspolitik

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5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

50%

2006 2007 2008 2009 2010 2011

Soziale Katastrophe in SüdeuropaQuoten der Arbeitslosigkeit und Jugendarbeitslosigkeit

Spanien Jugend

Griechenland Jugend

Portugal Jugend

Spanien

Griechenland

Portugal

ver.di BundesvorstandBereich Wirtschaftspolitik

Quelle: Eurostat, Zahlen für Griechenland 2011: November

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Ideologie und Wirklichkeit

Von der Finanzmarktkrise zur

Schuldenkrise

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Neoliberale Lesart der Krise

• Schuldenkrise als Ergebnis laxer Haushaltspolitik und

zu hoher Ausgaben

• Wir haben alle über unsere Verhältnisse gelebt, der

überbordende Sozialstaat verlangt seinen Tribut

• Leistungsbilanzen sind Leistungszeugnisse:

nur die „schlechten Schüler“ müssen sich ändern

– Wettbewerbsfähig werden nach „Deutschem Vorbild“

• Kapitalmärkte sind geeigneter Schiedsrichter

für solide Haushaltsführung.

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20 %

40 %

60 %

80 %

100 %

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180 %

200 %

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

Laxe Haushaltspolitik ist NICHT die UrsacheÖffentlich Verschuldung in Prozent des Bruttoinlandsprodukts

Irland

Portugal

Frankreich

Spanien

Deutschland

Griechenland

Italien

Euro-Länder

Quelle: EU Kommission2012/13: Prognose

ver.di BundesvorstandBereich Wirtschaftspolitik

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Schulden hochgetrieben

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Staatsverschuldung vor/in der Krise jeweils relativ zur Wirtschaftsleistung

Quelle: EU-Kommission (Nov. 2011)

-50,0

-30,0

-10,0

10,0

30,0

50,0

70,0

90,0

1996-20072007-2011

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Europa in der Wachstums- und

Schuldenfalle

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Halb Europa in der Wachstums- und Schulden-falle: Zinsanstieg setzt Staaten unter Druck (Renditen zehnjähriger Staatsanleihen)

BIP real (2007-2012)

- Griechenland -20% - Irland - 9%

- Estland - 7% - Portugal - 7%

- Italien - 6% - Spanien - 4%

- Deutschland + 4% - Österreich + 4%

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Wo kommen die Schulden her?

• Die aktuell hohen Staatsschulden sind kein Ergebnis - eines plötzlich unfinanzierbaren Sozialstaates

- der Maßlosigkeit „der kleinen Leute“

• Verschuldung gibt es nicht,

– weil „wir“ in Österreich, in Deutschland, in Griechenland etc. über

unsere Verhältnisse gelebt hätten

• Bis zum Ausbruch der Finanzkrise

– wurde die öffentliche Verschuldung in Relation zum BIP in nahezu

allen EU-Ländern gesenkt

• Die öffentlichen Schuldenberge sind

– die direkte Folge der von Banken und Finanzmärkten ausgelösten

Finanz- und Wirtschaftskrise

• Die Banken- und Finanzkrise wurde zur

Staatsschuldenkrise umgedeutet

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Die tatsächliche Ursachen der

gegenwärtigen Krise

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Was ist schuld an der Krise

• Deregulierung – Narrenfreiheit für‘s Kapital

• Shareholder Value – Aufblähung der

Finanzmärkte

• Zunehmende Ungleichheiten – bei

Einkommen und Vermögen

• Ungleichgewichte zwischen den

Volkswirtschaften in der EU/Euro-Zone

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Realwirtschaftliche Krisenursachen

• Die Ursachen der Finanzkrise kann man nicht nur in den Finanzmärkten suchen

• Die Neoliberale Politik führte zu Umverteilung von unten nach oben =>

– Beschränkung der Massenkaufkraft beschränkt rentable Realinvestitionen

– Unternehmen setzen vermehrt auf Übernahmen als auf organisches Wachstum

– Unternehmen „investieren“ auch auf Finanzmärkten – große Rolle der Finanzergebnisse

– Vermögende legen ihren Reichtum vermehrt an den Finanzmärkten an

• Schieflage der Verteilung führte zur Umlenkung des Gewinnstrebens auf die Finanzmärkte

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Steigerung makroökonomischer Ungleichgewichte

• Seit Einführung des EURO nahmen auch die Ungleichgewichte in der Währungsunion zu.

• Deutschland hatte das geringste Wachstum der Lohnstückkosten und enorme Leistungsbilanzüberschüsse (Exporte > Importe)

• Dem stehen Leistungsbilanzdefizite in Süd- und Osteuropa gegenüber.

• Ein Abbau der Ungleichgewichte kann nur gelingen, wenn sich allem an den Anpassungskosten beteiligen.

• Dh es reicht nicht wenn die Defizitländer ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern.

• Es müssen auch die Überschussländer ihre Binnennachfrage und die Löhne deutlich erhöhen.

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-2,7%

6,1% 6,2% 6,5%7,6%

8,6% 8,8%9,6% 10,2%

13,5% 13,8%15,0%

16,4%17,9%

19,4%

22,6%

29,0%

Deutschland ganz untenSteigerung der Reallöhne pro Kopf 2000 gegenüber 2010

Quelle: Europäische Kommission: Ameco-Datenbank (Deflator: privater Konsum), Stand: März 2011

ver.di BundesvorstandBereich Wirtschaftspolitik

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Vorherrschendes politisches Dogma:

aus der Krise heraus sparen

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Verfehlte Reaktion der europäischen Politik

Bislang setzten die Staaten der EU auf 2

Auswege aus der Krise:

1. Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit

2. Budgetdisziplin und Abbau der

öffentlichen Verschuldung

Das verkennt die Ursachen der Krise und

bietet keinen Ausweg !

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Steuerdumping ist teuer

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Sparen ist der falsche Weg aus der Krise

• Bisherige Antworten zur Krisenlösung sind ungenügend und

kontraproduktiv: falsche Analysen falsche Antworten

• Die bislang geschnürten Pakete zur Rettung der Euro-Zone sind

einseitig auf Festschreibung einer Sparunion ausgerichtet.

• In vielen Ländern werden die Kosten via rigoroser Sparpakete,

Lohnkürzungen und ausbleibenden Investitionen v.a. jenen

aufgebürdet, die die Krise nicht verursacht haben

• Einleitung zeitgleicher Sparprogramme beschleunigt wirtschaftl.

Abwärtsbewegung und trübt Wachstumsaussichten weiter ein

• Auf der Strecke bleibt die Binnennachfrage als Konjunkturstütze

• Das ist definitiv der falsche Weg, um Wachstumsschwächen

in weiten Teilen der EU zu korrigieren und Europa insgesamt

wieder auf Wachstumskurs zu bringen.

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Neues Brüsseler Regelwerk zur

wirtschaftlichen Steuerung in der EU

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Kürzungspolitik treibt Europa tiefer in die Krise

Euro Plus Pakt: Druck auf Löhne durch “Dezentralisierung” der Lohnfindung, Lohnentwicklung im öffentlichen Sektor soll “Wettbewerbsfähigkeit” absichern, Durchleuchtung der Renten- u. Gesundheitssysteme usw.

„Six Pack“ zur Economic Governance:

Neuer Mechanismus gegen “makroökonomische Ungleichgewichte” – der aber asymmetrisch ist: nur Länder mit Außenhandelsdefiziten müssen sich “anpassen”, d.h. Lohnkosten senken, Arbeitsmärkte flexibilisieren

Fiskalpakt: Schuldenbremsen für alle Euro-Länder, mehr Einfluss der EU-Kommission auf nationale Haushalte

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Wege aus der Krise:

Kurswechsel

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Raus aus der neoliberalen Sackgasse

• Neoliberale Politik zerstört vor unseren Augen die

Gesellschaft

– Rückkehr von Massenelend in Teilen Europas

• Gewerkschaften müssen für ein anderes Europa kämpfen

• Rabiate Sparpolitik und Schuldenabbau

– ohne Finanztransaktionssteuer,

– ohne Mindestkörperschaftssteuern,

– ohne Entmachtung der Finanzmärkte bei der Staatenfinanzierung

• kann nicht funktionieren.

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Was ist zu tun? Europäische Solidarität verlangt Koordinierung und

eine Politik, die Wachstum ermöglicht – Zeit kaufen durch höhere Rettungsschirme

– Konsolidierung durch Stärkung der Steuerbasis in den EU-Staaten

• u.a. über Finanztransaktionssteuer, Steueroasen trockenlegen, Erhöhung von Steuern: Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer, Spitzensatz Est etc.

– Konsolidierung der Haushalte verlangt ein Ende von Steuerdumping und Steuerwettbewerb (u.a. bei Unternehmenssteuern)

– Eurobonds würden Attacken der Finanzmärkte auf einzelne Staaten unmöglich machen

– Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit (u.a über unausgeschöpfte Mittel aus den EU-Fonds)

– Öffentliche Investitionen

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Kurswechsel: Wege aus der Eurokrise

Kurzfristige Maßnahmen

• Schluss mit der Kürzungspolitik

• Staatsfinanzen von den Kapitalmärkten entkoppeln (geeignet z.B. Eurobonds,

Schuldentilgungsfond , direkte bzw. indirekte Finanzierung durch die EZB)

• Wachstumsimpulse setzen durch Zukunftsinvestitionen

• Stimulierung der Binnennachfrage in den Überschussländern (Lohnzuwächse,

Investitionen in soziale Infrastruktur)

Umverteilung als Voraussetzung für Überwindung der Finanzkrise

Besteuerung von Vermögensbeständen und Erbschaften

Ausbau des Sozialstaates

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Wege aus der Eurokrise Mittel- und langfristige Maßnahmen

Banken und Finanzmärkte regulieren und verkleinern

Besteuerung von Finanztransaktionen, Finanz-TÜF, Trennbankensystem

• New Deal für Europa - mindestens verteilungsneutrale Lohnzuwächse, Tarifautonomie sichern konjunktur- und verteilungsgerechte Konsolidierung - Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (Anpassungsdruck auch bei Überschussländern

• Mehr Europa aber ein soziales Europa - Koordinierung der Lohn- und Finanzpolitik

- Demokratisierung der EU-Institutionen

• Konstruktionsfehler der Währungsunion beseitigen

- Fehlende europäische Finanzpolitik (u.a. Finanzausgleich zwischen Regionen)

- reine Preisstabilitätsorientierung in der Geldpolitik

- unregulierte Finanzmärkte

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