Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

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Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und Autofokusoptiken für endoskopische Systeme von Diplom-Ingenieur Stephan Schrader aus Dresden der Fakultät V – Verkehrs- und Maschinensysteme der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Ingenieurwissenschaften – Dr.-Ing. – genehmigte Dissertation Berlin 2005 D 83

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Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und Autofokusoptiken

für endoskopische Systeme

von Diplom-Ingenieur Stephan Schrader aus Dresden

der Fakultät V – Verkehrs- und Maschinensysteme der Technischen Universität Berlin

zur Erlangung des akademischen Grades

Doktor der Ingenieurwissenschaften – Dr.-Ing. –

genehmigte Dissertation

Berlin 2005

D 83

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Promotionsausschuss:

Vorsitzender: Prof. Dr. rer. nat. Martin Schmidt (TU Berlin)

1. Gutachter: Prof. Dr. rer. nat. Heinz Lehr (TU Berlin)

2. Gutachter: Dr.-Ing. Johannes Tschepe (MGB Berlin)

Tag der Eröffnung des Promotionsverfahrens: 12.09.2005

Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 14.10.2005

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für Farmor

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Vorwort

Die vorliegende Dissertation entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Mikrotechnik des Instituts für Konstruktion, Mikro- und Medi-zintechnik der Technischen Universität Berlin. Die Arbeit fand in Zusammenarbeit mit den Firmen MGB Endoskopische Geräte GmbH Berlin und BOS Berlin-Oberspree Sonderma-schinenbau GmbH statt und wurde durch das Innovationsförderprogramm des Landes Ber-lin unterstützt.

Herrn Prof. Dr. rer. nat. Heinz Lehr und Herrn Dr.-Ing. Johannes Tschepe gilt mein beson-derer Dank, ohne deren Engagement und Unterstützung dieses Forschungsprojekt nicht hätte realisiert werden können. Meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. rer. nat. Heinz Lehr, möchte ich darüber hinaus sehr herzlich für die spannende und lehrreiche Zeit am Institut, die Betreuung der Arbeit, den engen fachlichen und persönlichen Austausch sowie die sportliche Herausforderung auf dem Tennisplatz danken. Herrn Dr.-Ing. Johannes Tschepe danke ich außerdem für die gute, über die Projektlaufzeit hinaus reichende Zusammenar-beit und die Bereitschaft zur Übernahme des Koreferats.

Herrn Prof. Dr. rer. nat. Martin Schmidt danke ich für wertvolle Anregungen sowie für die Übernahme des Vorsitzes im Prüfungsausschuss.

Mein Dank geht an alle Mitarbeiter der Fachgebiete Mikrotechnik sowie Mikro- und Fein-geräte. Insbesondere möchte ich Herrn Dr.-Ing. Steffen Walter für seine zahlreichen Ideen und Ratschläge, Herrn Dr.-Ing. Arwed Kilian für die enge Zusammenarbeit im Projekt so-wie Herrn Dr.-Ing. Ralf Ledworuski für die Unterstützung im Bereich der Elektrotechnik danken. Wertvolle Beiträge zu dieser Arbeit verdanke ich den Diplom- und Projektarbeiten von Herrn Dipl.-Ing. Malte Hinrichs und Herrn cand.-ing. Carl Thiede. Für die präzise An-fertigung von Prototypbauteilen sowie die Unterstützung bei Fragen der Fertigungstechnik danke ich Meister Detlef Schnee und Herrn Achim Schneider von der feinmechanischen Werkstatt unseres Fachgebiets.

Frau Dr. Helena Lehr danke ich für die sorgfältige Durchsicht des Manuskripts und ihrer unermüdlichen Unterstützung in allen Bereichen des Institutalltags.

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ......................................................................................................... 3

1.1 Aktueller Stand in der Laparoskopie ............................................................................5 1.2 Beschreibung des neuen Video-Laparoskops ...............................................................7

2 Optisches System ........................................................................................... 12

2.1 Auslegung der optischen Systeme ..............................................................................12 2.1.1 Anforderungen ................................................................................................13 2.1.2 Auswahl des Bildaufnehmers .........................................................................14 2.1.3 Festlegung der Brennweite .............................................................................15 2.1.4 Bestimmung der Blendenzahl k und der Eintrittspupille dEP..........................16

2.2 Aufbau der optischen Systeme ...................................................................................24 2.2.1 Werkstoffe.......................................................................................................24 2.2.2 Anordnung der optischen Komponenten ........................................................25

2.3 Abbildungseigenschaften der optischen Systeme.......................................................26 2.3.1 Messung der Modulationsübertragungsfunktionen.........................................27 2.3.2 Alias-Effekte ...................................................................................................32 2.3.3 Zusammenfassende Beurteilung der Abbildungsqualität ...............................33

2.4 Linsenposition und Lagetoleranz der fokussierbaren Optik.......................................34 2.5 Miniaturisierung der Optik .........................................................................................40 2.6 Entwurf eines Zoomobjektivs.....................................................................................43

3 Linearer elektromagnetischer Direktantrieb.............................................. 46

3.1 Aktueller Stand ...........................................................................................................46 3.2 Anforderungen ............................................................................................................50 3.3 Werkstoffe ..................................................................................................................53 3.4 Aufbau des Linearantriebs ..........................................................................................58 3.5 Funktionsprinzip .........................................................................................................59

3.5.1 Berechnung des Magnetkreises.......................................................................65 3.5.2 Berechnung der Durchflutung.........................................................................69

3.6 Kraft-Weg-Charakteristik ...........................................................................................71 3.7 Ausführungsvarianten.................................................................................................74 3.8 Radialkräfte.................................................................................................................77 3.9 Positioniergenauigkeit ................................................................................................79 3.10 Dynamisches Verhalten ..............................................................................................81

3.10.1 Reibung...........................................................................................................82 3.10.2 Strömungswiderstand......................................................................................83 3.10.3 Charakterisierung des dynamischen Verhaltens .............................................88

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3.11 Temperatur und zulässige elektrische Leistung..........................................................92 3.12 Optimierungsparameter ..............................................................................................94

3.12.1 Verhältnis von radialer Magnetdicke zu Spulendicke ....................................94 3.12.2 Polabstand .......................................................................................................96 3.12.3 Polschuhbreite.................................................................................................97 3.12.4 Rückschlussdicke............................................................................................97 3.12.5 Spulenparameter .............................................................................................97 3.12.6 Weicheisenringe im Stator............................................................................100 3.12.7 Optimierung der Werkstoffe .........................................................................102

3.13 Antrieb mit mehreren Läufern ..................................................................................102 3.14 Kennwerte der entwickelten Antriebe ......................................................................104

Linearantrieb M-V70 ................................................................................................105 Linearantrieb M-S70.................................................................................................107

3.15 Miniaturisierung .......................................................................................................107

4 Elektronik zur Motoransteuerung............................................................. 109

5 System zur Autofokussierung..................................................................... 110

5.1 Indirekter Autofokus.................................................................................................110 5.2 Komponenten des Autofokussystems.......................................................................111 5.3 Algorithmus für den Autofokus................................................................................112

5.3.1 Fokus-Messfunktion (FMF) zur Kontrastbestimmung .................................113 5.3.2 Gradientenalgorithmus zur Positionierung des Motors ................................115

6 Zusammenfassung und Ausblick ............................................................... 117

7 Symbole und Abkürzungen ........................................................................ 120

8 Literaturverzeichnis .................................................................................... 123

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1 Einleitung

Weltweit wird die Optik als eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts angese-hen. Sie greift in fast alle Bereiche unseres Lebens, vom CD-Spieler und dem Mobiltelefon bis hin zur Biophotonik. Optische Technologien bilden die Triebfeder für Innovationen in der Datenübertragung und –speicherung, in der Automobiltechnik und vor allem auch in den Life-Sciences.

Dabei entstehen die Innovationsschübe in der Forschung und bei der Kreation neuer Pro-dukte nicht allein durch die Optik. Tatsächlich ist es die Kombination von verschiedenen Technologien, die zu dieser, bis vor wenigen Jahren nicht für möglich gehaltenen, rasanten Entwicklung führte. Hier sind in erster Linie Mikrosystemtechnik und Mikroelektronik zu nennen, die durch Miniaturisierung aller Bauteile und im Zusammenspiel mit mikroopti-schen Komponenten völlig neue Lösungswege für technische Probleme eröffnen.

Der evolutionäre Weg von makroskopischen zu mikrooptischen Systemen wurde sowohl durch die Verkleinerung der Bauteile als auch den Einsatz funktionsoptimierter Werkstoffe möglich, wobei die Aufbauprinzipien und Fertigungsverfahren der Mikrotechnik entschei-dend dazu beitragen, den zunehmenden Bedarf an kompakten und qualitativ hochwertigen optischen Systemen Rechnung zu tragen. In besonderem Maße profitiert die Medizintech-nik von den neuen Entwicklungen. Minimal invasive Eingriffe verdrängen in den letzten Jahren große offene Operationen. Kleine Schnitte oder natürliche Körperöffnungen werden genutzt, um optische und chirurgische Instrumente in den menschlichen Körper einzufüh-ren. Dabei ermöglichen hochauflösende Videobilder aus dem Körperinnern die visuelle Diagnose suspekter Areale sowie die Kontrolle und Überwachung der chirurgischen Ein-griffe.

Viele der in diesem Bereich bislang eingesetzten Miniaturobjektive verfügen zwar über hochwertige Bildaufnehmer und Linsensysteme, jedoch sind die Linsen meist starr fixiert, so dass eine Fokussierung auf variierende Objektabstände oder eine Brennweitenänderung nicht möglich ist. Damit sind die Flexibilität und die Beobachtungsmöglichkeiten be-schränkt und können den stets steigenden Ansprüchen an die Leistungsfähigkeit der Opti-ken nicht gerecht werden.

Ausgangspunkt dieser Arbeit war die Forderung nach einer motorisch angetriebenen Ver-schiebung von Linsen oder anderen optischen Komponenten eines optischen Systems, wel-ches als sogenannter Videokopf die Spitze eines Endoskops bildet (siehe Abbildung 1-1). Hierzu wurde ein neuer elektromagnetischer Mikroantrieb entwickelt, der eine schnelle und präzise Positionierung sowie eine beliebig lange Verfahrstrecke der Linsen erlaubt.

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Abb. 1-1

Linearmotor, inte-griert in einem mi-niaturisierten opti-schen Videokopf, bestehend aus Win-kelprisma, transla-torisch bewegtem Linsensystemen und CCD-Chip.

Typische Aufgaben des linearen Direktantriebs sind das Vergrößern oder Verkleinern eines Bilds in der Bildebene durch Bewegen von optischen Komponenten eines Zoomobjektivs, Bewegen eines Bildaufnehmers oder das Einstellen der Bildschärfe durch Verschieben ei-ner Fokussierlinse. Derartige Funktionen bieten sowohl in der medizinischen als auch in der technischen Endoskopie flexiblere und genauere Beobachtungsmöglichkeiten, die ent-scheidende Verbesserungen der Diagnose ermöglichen. Der vorgestellte Linearmotor ge-stattet durch seinen einfachen Aufbau, den unmittelbaren Antrieb der optischen Kompo-nenten ohne zwischengeschaltete Getriebe und seine hohe optomechanische Integrations-dichte eine Miniaturisierung des gesamten optischen Moduls und bewahrt aufgrund seiner konstruktiven Variationsmöglichkeit eine große Flexibilität bei der Auslegung der Optik.

Der direkt wirkende elektromagnetische Linearantrieb kann als dreiphasiger Synchronmo-tor mit Statorspulen und einem permanentmagnetischem Läufer aufgefasst werden. Der Läufer dient zur Fassung und Positionierung der optischen Komponente und verfügt über einen freien Mitteldurchgang, durch den der optische Strahlengang hindurchtritt. Je nach optischem System und gewünschter Anwendung lassen sich neben Linsen und Linsen-gruppen auch Spiegel, Prismen, Bildaufnehmer oder beliebige andere optische Komponen-ten linear verschieben.

Patentrecherchen haben gezeigt, dass der elektromagnetische Aktor im Vergleich zu ande-ren Antriebstechniken viele Vorteile aufweist. Er verfügt über eine hohe Positioniergenau-igkeit, eine hohe Dynamik sowie Selbsthaltkräfte, die für eine sichere Läuferposition sor-gen. Sein einfacher und kostengünstigen Aufbau gestattet die Miniaturisierung bis auf Durchmesser von wenigen Millimetern. Nachfragen aus verschiedenen Bereichen der In-dustrie haben gezeigt, dass der Antrieb nicht nur im Bereich der Medizintechnik ideale Voraussetzungen bietet, sondern auch in der technischen Endoskopie, der Sicherheitstech-nik sowie der Montagetechnik von hohem Interesse ist. Im März 2003 wurde der Linear-

Linsenpositionierung mittels Mikromotor

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motor zum Patent angemeldet („Wanderfeld-Linearmotor“ DE 103 23 629 A1 sowie „Gli-ding Field Linear Motor“ WO 2004/086595 A1).

Die Zusammenarbeit mit der Firma MGB Berlin GmbH führte speziell zu der Entwicklung eines autofokussierbaren Videokopfes für ein Laparoskop, welches zur Visualisierung der Bauchhöhlen-Region eingesetzt wird. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Arbeit beinhaltet daher neben der Entwicklung und Optimierung des Linearmotors sowie der Ausarbeitung verschiedener Ausführungsvarianten auch die auf den Antrieb angepasste Auslegung des optischen Linsensystems, um eine harmonische Integration von Optik und Mechanik zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang werden grundlegende Größen des optischen Sy-stems, die das Zusammenspiel mit dem Antrieb entscheidend beeinflussen, diskutiert. Dar-über hinaus werden die Leistungselektronik des Motors sowie Software-Lösungen zur Re-gelung des indirekten Autofokus vorgestellt.

Der für die Laparoskopie entwickelte Videokopf stellt eine Entwicklung dar, die beispiel-haft demonstriert, welche Lösungsvarianten bei der weiteren Miniaturisierung von Objek-tiven mit Mikroantrieb existieren. Zugleich wird aber auch deutlich, dass aufgrund von Apertureinschränkungen nicht mehr alle Objektivoptionen verfügbar sind.

Das hier vorgestellte mikrooptische System zeigt erstmals einen technisch gangbaren Weg zur weiteren Miniaturisierung aktiver optischer Systeme auf. Die Grenzen der Miniaturi-sierung sind bisher durch die Abmessung der Bildaufnahmechips gegeben. Aufgrund des einfachen Aufbaus des Antriebs ist daher zu erwarten, dass mit den demnächst am Markt erscheinenden 1/10“-Chips eine weitere Reduzierung des Objektivs von bisher 6,2 mm auf unter 5 mm erfolgen wird.

1.1 Aktueller Stand in der Laparoskopie

Die medizinische Endoskopie stellt eine Schlüsseltechnologie innerhalb der minimal-invasiven Diagnostik und Therapie dar. Mit Hilfe des Endoskops lässt sich eine minimal traumatisierende Einsichtnahme von Körperhöhlen und Hohlorganen des menschlichen Körpers durchführen, die in schwer zugänglichen Regionen liegen. In der Regel wird das Bild über ein starres oder flexibles Rohr aus dem Körper heraustransportiert und dort ent-weder direkt durch ein Okular betrachtet oder von einer Videokamera aufgenommen und auf einem Monitor abgebildet. Für den Bildtransport durch den Endoskopschaft dienen entweder Glasfaserbündel, die eine Flexibilität des Endoskops ermöglichen, oder Stablin-sensysteme, die in einem starren Rohr fixiert sind und eine Kette von Zwischenbildern in-nerhalb des Schaftes bis hin zum proximalen Endoskopende erzeugen. Bei Glasfaserendo-skopen überträgt jede einzelne Faser eines geordneten Faserbündels die Information eines Bildpunktes. Der Glasfaserdurchmesser der flexiblen Endoskope bestimmt aufgrund des begrenzten Bündeldurchmessers die maximale Anzahl der Bildpunkte. Dabei ist die An-zahl der übertragenen Bildpunkte, entsprechend der Anzahl der Glasfasern im allgemeinen

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erheblich geringer als die Anzahl der Pixel von elektronischen Bildaufnehmern, so dass das Auflösungsvermögen moderner CCD- oder CMOS-Sensoren nicht erreicht wird. Die Abbildungsqualität wird zusätzlich durch die Querschnittsanteile, die nicht zur Bildüber-tragung beitragen – den Mantelflächen der Fasern sowie den Faserzwischenräumen – be-einträchtigt. Eine deutlich höhere Auflösung und bessere Bildqualität liefern Endoskope, die ausschließlich mit optischen Linsen arbeiten, sich bisher jedoch aufgrund des starren Schafts nicht in allen Körperregionen anwenden lassen. Die Bildqualität wird insbesondere von der Güte der Stablinsen und der angeschlossenen Videokamera bestimmt.

Laparoskope dienen zur Visualisierung der Bauchhöhlen-Becken-Region und werden auf-grund der besseren Bildqualität als starre Stablinsensysteme ausgeführt. Der starre Schaft hat in der Regel einen Durchmesser von 10 mm und eine Länge von 300 mm. Nachteilig wirken sich bei diesen Systemen die hohen Fertigungs- und Montagekosten der Stablinsen aus, die zusätzliche optische Fehler verursachen können und mechanisch äußerst empfind-lich sind. Fällt das Endoskop zu Boden, so kommt es häufig zu Beschädigungen der Stab-linsen. Bedingt durch die teilweise dünnwandigen Endoskoprohre treten nutzungsbedingte Knick- und Biegeschäden am Schaft auf, die zu einer Fehlausrichtung der Stablinsen füh-ren und mit einem Verlust der Abbildungsqualität oder dem kompletten Ausfall der Bild-übertragung verbunden sind.

Herkömmliche Laparoskope verfügen meist über einen modularen Aufbau, der sich aus dem Endoskopschaft mit Stablinsensystem, externer Fokus- und Zoomoptik sowie einer Kamera zusammensetzt (siehe Abbildung 1-2). Bei den fokussierbaren Zoomoptiken han-delt es sich um einen aus mehreren Linsen aufgebauten optischen Adapter, der außerhalb des Körpers zwischen dem Endoskopschaft und der externen Kamera montiert und manu-ell betätigt werden muss. Diese Systeme verfügen meist über zwei bewegliche Linsen-gruppen, die auf festgelegten Steuerkurven axial verschoben werden. In der Regel erfolgt die Verschiebung über eine Drei-Punkt-Führung der Linsen in einer Buchse mit spiralför-migen Nuten, den sogenannten Schneckengängen [Gold30, Lemk92]. Die Nuten sind ent-sprechend der Linsensteuerkurven so geformt, dass eine manuelle oder aktorisch angetrie-bene Rotation der Buchse zur gewünschten relativen Axialverschiebung der Linsen führt [Koba98, Wint03, Howe00]. Derartige Systeme werden von vielen Endoskopherstellern angeboten und unterscheiden sich zum Teil erheblich in ihrer Baulänge und ihrem Durch-messer.

Aufgrund des modularen Aufbaus sind die herkömmlichen Systeme nicht komplett au-toklavierbar. Zur Sterilisation werden die verschiedenen Komponenten getrennt aufberei-tet. Während der Endoskopschaft autoklavierbar ist, werden die Kamera und das Objektiv meist in wässrigen, stark oxidierenden Lösungen eingelegt. Da dieses Verfahren nicht re-

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Abb. 1-2 Herkömmliches Laparoskop. a: Endoskopschaft mit Stablinsen, b: Fokus- und Zoom-einheit, c: Kamera, d: Kamerakabel, e: Lichtleitkabel, f: Kunststoffüberzug

produzierbar ist, werden die Kamera und das Objektiv für den klinischen Einsatz zusätz-lich mit einem Kunststoffüberzug versehen (siehe Abbildung 1-2), wodurch die manuelle Verstellung der Optik erschwert wird.

Als wesentliche Nachteile des modularen Aufbaus sind neben der manuellen Betätigung der Fokus- und Zoomeinheit die zusätzliche Endoskoplänge und –masse anzusehen. Die Anordnung der einzelnen Komponenten führt zu einer erschwerten Handhabung der Lapa-roskope. In der Regel dienen die Kamera sowie die Fokus- bzw. Zoom-Einheit als Hand-griff, weshalb eine ergonomisch günstige Gestaltung schwierig ist. Bei den meisten Lapa-roskopen verlassen das Kamera- und das Lichtleitkabel das Endoskop an unterschiedlichen Stellen in radialer Richtung (siehe Abbildung 1-2), wodurch es beim Einsatz am Patienten zu Einschränkungen der Laparoskopbewegung kommen kann.

1.2 Beschreibung des neuen Video-Laparoskops

In jüngster Zeit zeichnet sich der Trend ab, Endoskope zu entwickeln, deren gesamtes opti-sches System inklusive dem elektronischen Bildsensor (CCD- oder CMOS-Chip) in einem sogenannten Videokopf in der distalen Spitze des Endoskopschafts integriert wird. Da-durch lässt sich das Bild unmittelbar an der Endoskopspitze aufnehmen, wodurch die Stab-linsensysteme wegfallen. Das Bild wird vom Chip in elektronische Bilddaten umgewandelt und über ein Kabel durch das Endoskop nach außen geführt, so dass sich der Endoskop-

b c a

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schaft – mit Ausnahme des Videokopfs – flexibel ausführen lässt. Neben einer erhöhten Beweglichkeit des Endoskopschafts und einer Qualitätsverbesserung der Bildinformation wird diese Entwicklung in naher Zukunft durch den Wegfall der Stablinsensysteme zur Kostensenkung beitragen.

Abb. 1-3 Neuartiges Video-Laparoskop

Durch die Verlagerung des gesamten optischen Moduls in die Endoskopspitze lässt sich ein deutlich kompakterer und ergonomischer Aufbau realisieren. Abbildung 1-3 zeigt ein derartiges Endoskop, welches im Rahmen der Zusammenarbeit mit der MGB GmbH ent-wickelt wurde [Kili05]. Das Kamera- und das Lichtleitkabel verlassen den leichten, ergo-nomisch gestalteten Handgriff in koaxialer Richtung. Durch die dampfdichte Kabeldurch-führung lässt sich das gesamte Endoskop autoklavieren, so dass auf die Kunststoffumman-telung verzichtet werden kann.

Endoskope mit einem in der Schaftspitze platzierten Videokopf werden bereits von einigen führenden Endoskopherstellern auf dem Markt angeboten. Ihnen allen ist jedoch eine Optik mit fixierten Linsen gemeinsam, die auf einen festgelegten Objektabstand fokussiert ist und die optische Schärfentiefe nutzt, um einen begrenzten Objektbereich, in der Regel zwi-schen 20 bis 200 mm, mehr oder weniger scharf abzubilden. Durch eine motorisch ange-triebene Fokussierung lässt sich der abzubildende Objektbereich deutlich vergrößern, wo-bei eine gleichbleibend hohe Abbildungsqualität, die nahezu unabhängig von der Objekt-entfernung ist, erzielt werden kann. Dadurch ist dem Arzt eine weitere Annäherung an das Objekt möglich, die eine entsprechende Vergrößerung und damit eine detaillierte Untersu-chung des suspekten Gewebeareals gestattet. Zur Scharfeinstellung des Bilds ist die Posi-tionierung einer optischen Komponente – entweder des optoelektronischen Bildaufnehmers oder einer Linse bzw. Linsengruppe – erforderlich. Durch die unabhängige Verschiebung von zwei optischen Komponenten lässt sich darüber hinaus eine Zoomfunktion realisieren.

Eine Nachfrage bei Ärzten ergab, dass eine automatische Fokussierung mit Hilfe eines Li-nearantriebs und der damit verbundenen Steigerung der Beobachtungsqualität als wichtige Zusatzfunktion angesehen wird. Die Vergrößerung oder Verkleinerung des Bildausschnitts wird in der klinischen Praxis, trotz vorhandener Zoom-Module nur selten wahrgenommen. In der Regel wird die Größe des betrachteten Objektausschnitts durch eine Veränderung der Objektentfernung eingestellt. Im Vergleich zur manuellen Betätigung der Zoom-

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Module der herkömmlichen Endoskope ermöglicht dieses Vorgehen eine schnellere und kontrolliertere Visualisierung des gewünschten Areals. Ein motorisch angetriebenes opti-sches Zoom, welches sich beispielsweise über Knöpfe am Handgriff oder einen Fußschal-ter betätigen lässt, kann zukünftig jedoch interessant werden, um z.B. suspekte Areale noch genauer zu untersuchen. Dies gilt insbesondere für roboterunterstützte operative Eingriffe, bei denen das Endoskop fest gelagert ist.

Die Realisierung einer solchen motorisch angetriebenen Zoom-Optik ist im Vergleich zu einer reinen Autofokus-Optik aufwendiger – nicht nur in der Auslegung und Fertigung der optischen und mechanischen Komponenten, sondern auch in der elektronischen Ansteue-rung der zwei getrennt voneinander zu positionierenden optischen Komponenten. Auf-grund des zu Projektbeginn geringen Erfahrungsstands über das Zusammenspiel zwischen Antrieb und Optik sowie der Forderung nach einer raschen Produktreife wurde von den be-teiligten Projektpartnern gemeinschaftlich entschieden, die Entwicklung ausschließlich auf Videoköpfe mit Autofokus zu konzentrieren.

Die geometrischen Randbedingungen für das optische Modul sind durch den Durchmesser des Laparoskopschafts vorgegeben. Typischerweise beträgt der Außendurchmesser des Schafts 10 mm. Dieser besteht aus einem polierten Stahlrohr, in dem Lichtleitfasern mit einem Bündeldurchmesser von etwa 4 mm2 zur Hohlraumbeleuchtung ringförmig unterge-bracht sind. Ein weiteres Stahlrohr, welches diese Fasern von innen abstützt, hat einen frei-en Bohrungsdurchmesser von 8,0 mm.

Häufig verfügen starre Endoskope zur besseren Visualisierung von schwer zugänglichen Körperregionen über Seitenblickoptiken, bei denen die Blickrichtung von der Achse des Endoskopschafts abweicht. Die zur Änderung der Blickrichtung erforderliche Drehbewe-gung des Endoskops führt zu einer Verdrehung des Bildhorizonts, die bei vielen Anwen-dern Orientierungsschwierigkeiten mit sich bringt. Eine besondere Zusatzfunktion in spe-ziellen Endoskopserien der Firma MGB Berlin sieht daher die relative Rotation zwischen Winkelprisma und Bildaufnehmer vor. Bei Seitenblickoptiken lässt sich auf diese Weise die Blickrichtung durch die Rotation des Prismas ändern, während der Bildaufnehmer orts-fest bleibt und somit für eine gleichbleibende Bildorientierung sorgt. Diese Zusatzfunktion erfordert die Unterbringung eines rotierbaren Rohrs im Endoskopschaft, wodurch der ma-ximale Durchmesser des optischen Moduls von 8,0 mm auf 6,6 mm reduziert wird [Kili05].

Je nach Ausführung des in Abbildung 1-3 dargestellten Endoskops, d.h. mit oder ohne ro-tierbaren Horizont, ist ein in sich abgeschlossenes, fokussierbares optisches Modul inklusi-ve Linsen, CCD-Chip und Linearmotor mit einen maximalen Außendurchmesser von 6,6 mm bzw. 8,0 mm erforderlich. Die wesentliche Entwicklungsleistung der vorliegenden Arbeit besteht in der Konzeption, optimierenden Auslegung und Untersuchung des neuar-tigen Linearantriebs sowie der Anpassung der Optik auf das Antriebssystem unter Berück-

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sichtigung der gegebenen geometrischen Randbedingungen. In den nachfolgenden Kapi-teln werden die hierfür entwickelten Linsenoptiken und Linearantriebe vorgestellt. Abbil-dung 1-4 zeigt das fokussierbare optische Modul mit einem Außendurchmesser von 8,0 mm.

Abb. 1-4 Autofokussierbares optisches Modul mit integriertem Linearantrieb

Zur Entwicklungstätigkeit dieser Arbeit gehören neben der Auslegung der Optik, des Mo-tors und der Leistungselektronik auch die Hardware und Software zur Regelung des Auto-fokusbetriebs. Grundsätzlich lassen sich zwei verschiedene Autofokustypen unterscheiden: der direkte (aktive) und der indirekte (passive) Autofokus. Beim direkten Autofokus sendet die Kamera Ultraschall- oder Infrarotsignale aus und misst die reflektierte Strahlung. Die Entfernung des Motivs kann anhand des bekannten Abstands von Sender und Empfänger auf der Kamera anhand des reflektierten Signals durch eine Dreiecksgleichung berechnet werden (trigonometrische Entfernungsmessung). Die hierzu erforderliche Platzierung eines Sensors in der Endoskopspitze ist aufgrund des begrenzten Bauraums jedoch nicht mög-lich.

Der indirekte (passive) Autofokus kommt hingegen ohne zusätzliche Bauelemente aus, da zur Fokusbestimmung eine Auswertung des Bildkontrasts erfolgt. Zur Bildauswertung ste-hen verschiedene Algorithmen zur Verfügung, die einen Ausgabewert liefern, der als Maß des Bildkontrasts dient (siehe Kapitel 5.3). Das optische Modul befindet sich dabei in ei-nem Regelkreis, in dem die Position der Fokuslinse verändert wird, bis sich ein Maximum des Bildkontrasts ergibt [Thie04].

Das entwickelte Video-Laparoskop zeichnet sich nicht nur durch die antriebstechnische Innovation des autofokussierbaren Videokopfs aus, sondern auch durch verschiedene As-

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pekte der Gesamtauslegung und mechanischen Zusatzfunktionen, die eine Verbesserung der allgemeinen Handhabung mit sich führen. Neben den erwähnten Verbesserungen der Ergonomie durch einen kompakten und leichten Aufbau, muss auch die zur Sterilisierung erforderliche Dampfdichtigkeit gewährleistet werden. Im Gegensatz zu den herkömmli-chen Endoskopen, die zur Sterilisierung demontiert werden, wird das neuartige Endoskop als Ganzes in den Autoklaven gelegt. Damit entfällt die Aufteilung in Einzelteile und der Einsatz der Kunststoffüberzüge.

Während sich die vorliegende Arbeit ausschließlich mit dem Videokopf sowie der Hard-ware und Software zur Regelung des Autofokus beschäftigt, wurden sämtliche Entwick-lungen, die das Äußere des Endoskops und das Interface zum Anwender betreffen, von ei-nem wissenschaftlichen Mitarbeiter am Fachgebiet Mikrotechnik der TU Berlin durchge-führt [Kili05]. Eine fortwährende Abstimmung beider Arbeiten war nötig, um die Integra-tion des Videokopfs zu gewährleisten.

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2 Optisches System

Im Rahmen dieser Arbeit wurden drei Linsensysteme für einen Viertel-Zoll-Chip entwor-fen. Zwei dieser Systeme sind fokussierbar mit einer axial beweglichen Linsengruppe und unterscheiden sich in ihrer Brennweite und dem daraus resultierenden Feldwinkel (2w = 50° bzw. 70°). Diese Systeme werden im folgenden mit V50 und V70 bezeichnet, wobei „V“ für Viertel-Zoll steht und das verwendete Chip-Format beschreibt. Beide fokussierba-ren Viertel-Zoll-Systeme wurden gefertigt und auf ihre Abbildungsqualitäten hin unter-sucht (siehe Kapitel 2.3.1). Das dritte System stellt ein Zoomobjektiv dar (im folgenden mit V24-76 bezeichnet), das über zwei bewegliche Linsengruppen verfügt, um sowohl eine Fokussierung als auch eine Brennweitenänderung mit einem variablen Gesamtblickfeld von 24° bis 76° zu ermöglichen. Zur Durchmesserreduktion des optischen Moduls wurde darüber hinaus ein optisches System für einen Sechstel-Zoll-Chip mit 2w = 70° entwickelt (S70). Durch den gewonnenen radialen Bauraum lassen sich zusätzliche Röhrchen zur Ro-tation des Chips unterbringen. Bei Endoskopen mit Seitenblick kann auf diese Weise die Orientierung des Bilds während der Drehung des Endoskops aufrecht gehalten werden. Aufgrund der zur Zeit noch hohen Kosten der 1/6“-Chips wurde auf Wunsch des Indu-striepartners die technische Realisierung zurückgestellt.

Das Zoomobjektiv und die Sechstel-Zoll-Optik konnten während der Projektlaufzeit nicht mehr gefertigt werden, sind aber dokumentiert, um deren Miniaturisierbarkeit und Reali-sierbarkeit zu demonstrieren.

2.1 Auslegung der optischen Systeme

Die Auslegung der optischen Systeme fand als iterativer Prozess statt, bei dem nicht nur die optischen Parameter, wie Abbildungsfehler, Auflösungsvermögen oder Schärfentiefe, sondern auch mechanische Parameter, wie der maximale Linsendurchmesser oder die Ver-fahrstrecke der Fokuslinse, berücksichtigt werden mussten. Zu Beginn des Projekts waren Vorhersagen zur maximalen Verfahrstrecke, zur Positioniergenauigkeit des entwickelten Linearantriebs und zu den Anforderungen der Objektivoptiken nicht möglich. Die Ent-wicklung von Optik und Mechanik musste daher parallel vorangetrieben und mit wachsen-dem Wissensstand zunehmend aufeinander abgestimmt werden. In diesem Kapitel werden die Auslegungskriterien und die Eigenschaften der Objektive erörtert.

Die Optimierung der Linsensysteme erfolgte anhand der in den folgenden Abschnitten dis-kutierten Kriterien und wurde mit Hilfe von ZEMAX®, Version 10.0 (Focus Software Inc., Tucson, USA) durchgeführt. Die verwendeten Glassorten wurden aus Standardkata-logen von Schott und Ohara entnommen und die Linsenradien an die Werkzeuge des Pro-jektpartners MGB GmbH, der für die Linsenfertigung zuständig war, angepasst.

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2.1.1 Anforderungen

Für laparoskopische Anwendungen sind die derzeitigen Fixfokus-Optiken typischerweise auf Objektabstände von 25 mm bis 150 mm eingestellt. Eines der wesentlichen Ziele dieser Arbeit besteht darin, eine fokussierbare Optik mit Hilfe einer motorischen Axialverschie-bung der Fokuslinse zu realisieren, um so den Schärfentiefebereich – insbesondere im Nahbereich – zu vergrößern. Der angestrebte Schärfebereich beträgt 10 bis 200 mm.

Da die Laparoskopschäfte nicht flexibel sind, wird zur besseren Einsichtnahme mit Seiten-blickoptiken gearbeitet. Durch eine einfache Rotation des Schaftes kann die Blickrichtung verändert werden, so dass im Vergleich zu einer Null-Grad-Optik die Visualisierung eines größeren Gesamtfeldes möglich ist. Verbreitet ist insbesondere eine Blickrichtung von 30°, die auch hier vorgesehen ist. Der Blickwinkel beträgt in der Laparoskopie in der Regel 2w = 50° bis 110°. In dieser Arbeit wurden Optiken mit 50° und 70° entwickelt (siehe Ab-bildung 2-1).

2w = 50° bzw. 70° 30°

10 mm bis 200 mm

Abb. 2-1 Blickrichtung und Bildfeldwinkel w an der Endoskopspitze

Für das optische Modul mit rotierbarem Horizont steht ein Durchmesser von 6,6 mm zur Verfügung, bzw. 8,0 mm für das Laparoskop mit starrem Horizont. Insbesondere die Ge-häuseabmaße des CCD-Chips und der Außendurchmesser des Motors müssen bei der Aus-legung der Optik und Mechanik berücksichtigt werden. Für eine 6,6 mm Bohrung ist die Verwendung eines Sechstel-Zoll-Chips erforderlich. Wird auf den rotierbaren Horizont verzichtet, so lässt sich ein Viertel-Zoll-Chip verwenden, dessen Marktpreis zur Zeit deut-lich unter dem des Sechstel-Zoll-Chips liegt.

Für die Größe des Motors ist der Durchmesser der Fokuslinse ausschlaggebend. Je kleiner der Durchmesser der Fokuslinse ist, desto besser lässt sich der Motordurchmesser reduzie-ren. Für die Viertel-Zoll-Optik wurde ein maximaler Fokuslinsendurchmesser von 3,9 mm gefunden, bzw. 2,9 mm für die Sechstel-Zoll-Optik. Wichtig ist dabei, dass die Apertur-begrenzung des Strahlenbündels bei keiner Stellung des Läufers durch den Linsendurch-messer bestimmt wird.

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2.1.2 Auswahl des Bildaufnehmers

Die engen geometrischen Randbedingungen zur Integration des Videokopfes in der dista-len Endoskopspitze erfordern eine kleine Einbaugröße des Bildsensors. Die derzeit kleins-ten kommerziell erhältlichen CCD-Chips liegen im Bereich von 1/4“ bis minimal 1/10“-Format. Da das Format des Chips direkten Einfluss auf die erforderliche Brennweite f’ der Optik hat, sind in Tabelle 2-1 die Bildflächenmaße einiger Chip-Formate zusammenge-fasst. 1/4"-Chips sind bereits klein genug, um sich in Standardlaparoskopen mit einem Schaftdurchmesser von 10 mm unterbringen zu lassen und stellen ein Bild in VGA-Auflösung wahlweise als analoges PAL- oder NTSC-Signal zur Verfügung. Damit ist der Anschluss an die im klinischen Umfeld verbreiteten Monitore problemlos möglich.

Die gehausten Chips mit allen elektronischen Zusatzkomponenten sowie dem zur Bildaus-gabe nötigen Kontroller sind von verschiedenen Herstellern erhältlich, wobei die eigentli-che CCD-Sensorfläche in der Regel von Sony bezogen wird. Im Rahmen des Projekts wur-de der Viertel-Zoll-Chip GP-KS462 von Panasonic (Matsushita Electric Industrial Co., Ltd, Osaka, Japan) verwendet (siehe Abbildung 2-2). Dieser enthält den CCD-Sensor ICX209AK von Sony und hat einen Gehäusedurchmesser von 6,7 mm. Mit einer Baulänge von 39 mm ist dieses Model vergleichsweise lang. Weiterhin wurde der 1/4"- Chip CSH-1,4"-V4-END-R1 der Firma NET GmbH (Finning, Deutschland) verwendet, in dem die aktuellste 1/4"- CCD-Generation von Sony untergebracht ist. Der ICX229AK 1/4"- Sensor verfügt über eine um 3 dB größere Sensitivität als der ICX209AK. Der Gehäusedurchmes-ser des NET-Chips beträgt 6,5 mm. Aufgrund der deutlich geringeren Baulänge (5,8 mm) lassen sich im Vergleich zum Panasonic Chip kürzere optische Module aufbauen. Für die 1/6“- Objektive wurde der Chip CSH-1,6"- R2 von der Firma NET mit einem Gehäuse-durchmesser von 4,9 mm vorgesehen (siehe Abbildung 2-3).

Abb. 2-2 1/4" CCD-Chip GP-KS462 von Panasonic

Abb. 2-3 1/6" CCD-Chip CSH-1,4-V4-END-R1 von NET

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Chipformat Bilddiagonale [mm]

Typische Pixelzahlen Typisches Pixelraster [µm]

2/3“ 11,0 2580 x 1944

1360 x 1024

752 x 582

5,01 M

1,40 M

440 k

3,40 x 3,40

6,45 x 6,45

11,6 x 11,2

1/2“ 8,0 1620 x 1220

1360 x 1024

752 x 582

1,98 M

1,39 M

440 k

3,90 x 3,90

4,65 x 4,65

8,60 x 8,30

1/3“ 6,0 1024 x 768

752 x 582

780 k

440 k

4,65 x 4,65

6,50 x 6,25

1/4“ 4,2 752 x 582 440 k 4,85 x 4,65

1/6“ 3,0 752 x 582 440 k 3,28 x 3,15

1/9“ 2,0 368 x 296 109 k 4,50 x 4,50

1/10“ 1,8 500 x 582 290 k 2,90 x 2,25

Tab. 2-1 Technische Daten verschiedener Chipformate

2.1.3 Festlegung der Brennweite

Die Brennweite f’ eines Objektivs wird gemäß Gleichung (2-1) [Schr98], die für große Ob-jektabstände gilt, über die halbe Bilddiagonale y’ sowie den gewünschten Bildfeldwinkel w der Kamera festgelegt.

)tan(

''w

yf = (2-1)

Abbildung 2-4 stellt die Abhängigkeit der Brennweite von dem gewünschten Bildfeldwin-kel w für verschiedene Bildformate y’ graphisch dar. An dieser Stelle wird eine wichtige Abhängigkeit von den stets kleiner werdenden CCD- bzw. CMOS-Chips deutlich: um den gleichen Bildfeldwinkel w wie bei einer Kleinbildkamera (Bildgröße = 24 mm x 36 mm, halbe Bilddiagonale y’ = 21,6 mm) zu erhalten, müssen die Brennweiten der Objektive mit kleinen Chips sehr kurz sein. Für einen 1/4“-Chip beträgt die Brennweite aufgrund der kleinen Sensorflächen bereits weniger als 10 % im Vergleich zu der einer Kleinbildkamera. Mit abnehmender Brennweite lässt sich auch das optische System immer weiter miniaturi-sieren. Dies ist mitunter ein Grund für die gegenüber den Kleinbildkameras sehr viel klei-neren und leichteren Objektive vieler Digitalkameras.

Für die 1/4"- Optik mit einem Feldwinkel von 25° bzw. 30° beträgt die erforderliche Brennweite f’ = 4,4 mm bzw. 3,2 mm.

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0

20

40

60

80

100

0 10 20 30 40 50Feldwinkel w [Grad]

Bren

nwei

te f

' [m

m]

halbe Bilddiagonale y' 21,6mm (Kleinbild) 2,1mm (1/4" Chip)

Abb. 2-4 Zusammenhang zwischen Brennweite und Bildfeldwinkel für zwei verschiedene Bildformate

2.1.4 Bestimmung der Blendenzahl k und der Eintrittspupille dEP

Die Blendenzahl k gehört zu den wichtigsten charakteristischen Kenngrößen eines opti-schen Systems. Sie hat einen wesentlichen Einfluss auf die Lichtstärke sowie die optische Leistungsfähigkeit des Objektivs und kann aus dem Quotienten von Brennweite f’ und Durchmesser der Eintrittspupille dEP bestimmt werden [Schr98, Hech05].

EPdfk '= (2-2)

Bei einem gewünschten Bildfeldwinkel w und einem durch den Bildaufnehmer vorgegebe-nem Bildformat y’ des Bildaufnehmers ist die Brennweite f’ einer Optik über die Glei-chung (2-1) bereits festgelegt, so dass die Blendenzahl nur durch den Durchmesser dEP der Eintrittspupille verändert werden kann. Die Eintrittspupille ist die objektseitige Abbildung der Aperturblende, die den Öffnungswinkel des Strahlenganges bestimmt. Damit wirkt sie auf verschiedene Weise auf das optische System ein und spielt für die Auslegung des ge-samten Systems eine herausragende Rolle.

Während ein zunehmender Eintrittspupillendurchmesser die Beugung reduziert und die Lichtstärke des Objektivs vergrößert, steigen die Aberrationsfehler. Gleichzeitig nehmen die Schärfentiefe und die Lichtstärke ab, so dass ein Kompromiss gefunden werden muss, der alle Parameter in einen befriedigenden Einklang bringt. Die verschiedenen Abhängig-keiten werden in den folgenden Abschnitten näher diskutiert.

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Beugung

Jedes optische System mit endlich großer Aperturblende führt zu Beugungserscheinungen. Wird ein idealer Punkt über das optische System abgebildet, so entsteht bildseitig ein Beu-gungsmuster, das sogenannte Airy-Scheibchen. Der Durchmesser dAiry des Scheibchens ist gemäß Gleichung (2-3) umgekehrt proportional zur Eintrittspupille dEP [Schr98, Hech05].

λ⋅⋅=EP

Airy dfd '44,2 (2-3)

Hierin ist λ die Wellenlänge des Lichts, f’ die Brennweite. Der Airy-Durchmesser sollte als Orientierungswert angesehen werden, der insbesondere im Vergleich zur Pixeldiagonale eine Abschätzung des möglichen Pupillendurchmessers bei gegebener Brennweite ermög-licht. Eine Aussage über das beugungsbegrenzte Auflösungsvermögens lässt sich entspre-chend des von Lord Rayleigh definierten Kriteriums treffen. Demnach können zwei abge-bildete Punkte von einem optischen System gerade noch aufgelöst werden, wenn das Zen-trum des Airy-Scheibchens der einen Punktquelle in das erste Intensitätsminimum des zweiten Airy-Scheibchens fällt. Die maximal auflösbare bildseitige Ortsfrequenz ν, als Anzahl der nebeneinander abgebildeten Punkte bzw. Linienpaaren pro Längeneinheit, meist angegeben in Lp / mm, beträgt:

Airy

max,2

dRg =ν . (2-4)

Die Auflösungsgrenze gemäß des Rayleigh-Kriteriums beschreibt jedoch nur zum Teil die Abbildungsqualität eines optischen Systems. Deutlich aussagekräftiger ist die Modulati-onstransferfunktion (MTF). Sie gibt das Verhältnis von Bildmodulation MB zu Objektmo-dulation MO in Abhängigkeit der Ortsfrequenz ν an

)()()(

ννν

O

B

MMMTF = , (2-5)

wobei die Modulation M als Maß für den Kontrast dient und definiert ist als

minmax

minmax

IIIIM

+−= . (2-6)

Hierin ist I die Intensität. Eine Modulation von M = 1 bedeutet maximalen Kontrast, M = 0 bedeutet keinen Kontrast. Optische Systeme verhalten sich im Ortsfrequenzbereich wie Tiefpassfilter, d.h. der Kontrast der abgebildeten Strukturen nimmt mit zunehmender Strukturfeinheit ν ab. Die maximale beugungsbegrenzte Ortsfrequenz νmax, die ein Objek-tiv mit kreisförmiger Apertur auflösen kann [Smit98], ergibt sich aus

'max f

d EP

⋅=

λν . (2-7)

Page 22: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

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Bei dieser Frequenz ist die MTF auf Null abgefallen. Der MTF-Verlauf als Funktion der Ortsfrequenz lässt sich analytisch gemäß Gleichung 2-8 berechnen [Gask78, Shan97]. Die-se Gleichung beschreibt das optische Verhalten von aberrationsfreien, beugungsbegrenzten Linsen(-systemen).

−−

⋅=

2

maxmaxmaxLinsen 1arccos2)(MTF

νν

νν

νν

πν (2-8)

Mit dieser Gleichung ist das Übertragungsverhalten nur einer Komponente des gesamten abbildenden Systems beschrieben. Die Modulationstransferfunktion einer Kamera setzt sich jedoch aus dem Produkt der Modulationstransferfunktionen aller im System enthalte-nen Komponenten, wie dem Linsensystem, dem Bildaufnehmer sowie der Hardware und Software zur Bildaufbereitung (beispielsweise optische Tiefpassfilter oder andere Bildver-arbeitungsalgorithmen) zusammen.

BVChipLinsenges MTFMTFMTFMTF ⋅⋅= (2-9)

Hierin ist BV die Bildverarbeitung. Die MTF eines rasterartig aufgebauten Bildaufnehmers verhält sich nach einer Sinc-Funktion, die sich aus der Fouriertransformation einer Kasten-funktion ergibt, und berechnet sich entsprechend folgender Gleichung [Jane01, Smit03]:

( )νπ

νπν⋅⋅⋅

⋅⋅⋅=a2

a2sin)(MTFChip . (2-10)

Hierin ist a die Pixeldiagonale. Die maximale Auflösungsgrenze eines gerasterten Bildauf-nehmers beträgt im Idealfall eine Linie pro Pixelbreite, d.h. 0,5 Lp / Pixel. Bei dieser Ortsfrequenz, auch als Nyquist-Frequenz bezeichnet, beträgt die MTF = 0.

Während die MTF des Chips unabhängig von dEP ist, lässt sich die MTF des Objektivs unmittelbar durch die Größe der Eintrittspupille beeinflussen. Zwar erlaubt die stets ver-besserte Lichtempfindlichkeit der CMOS- und CCD-Chips eine zunehmende Reduktion der Eintrittspupille, die eine Verringerung der Aberrationsfehler und eine Erhöhung der Schärfentiefe zur Folge hat. Jedoch kann aufgrund der daraus verursachten Zunahme der beugungsbedingten Unschärfe die Eintrittspupille nicht beliebig verringert werden.

Die anhand von Gleichungen 2-8 bis 2-10 ermittelten MTF-Verläufe einer aberrationsfrei-en Optik mit einer Brennweite von f’ = 4,4 mm, eines CCD-Chips mit einer Pixeldiagonale von 6,7 µm und einem aus Objektiv und Chip zusammengesetzten Gesamtsystems ist in Abbildung 2-5 für eine Wellenlänge von 550 nm und verschiedene Eintrittspupillen darge-stellt. Ein Vergleich zwischen den Übertragungsfunktionen einer Linsenoptik mit den Ein-trittspupillen 0,17 mm 0,25 mm und 0,50 mm verdeutlicht, dass sich die Ortsfrequenz ν bei gegebenem MTF-Wert mit sehr guter Näherung proportional zu der Eintrittspupille dEP

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0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6Ortsfrequenz [LP / Pixel]

MTF

dEP = 0,50 mm

Linsenoptik CCD-Chip Gesamt

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6Ortsfrequenz [LP / Pixel]

MTF

dEP = 0,25 mm

Linsenoptik CCD-Chip Gesamt

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6Ortsfrequenz [LP / Pixel]

MTF

dEP = 0,17 mm

Linsenoptik CCD-Chip Gesamt

Abb. 2-5 Modulationstransferfunktionen der beugungsbegrenzten Linsenoptik, des CCD-Chips mit einer Pixeldiagonale von 6,7 µm und des resultierenden Gesamtsystems als Funk-tion der Ortsfrequenz für verschiedene Eintrittspupillen (f’ = 4,4 mm, λ = 550 nm)

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verhält. So führt beispielsweise eine Halbierung der Eintrittspupille einer beugungsbe-grenzten Linsenoptik zu einer Halbierung der Ortsfrequenz bei gleicher Modulation. Aus der Abbildung geht hervor, dass die MTF der Linsenoptik mit einer Eintrittspupille von dEP = 0,50 mm deutlich über der MTF des Chips liegt, so dass die MTF des Gesamtsy-stems im wesentlichen durch die MTF den Chips begrenzt ist. Während eine Eintrittspupil-le von 0,25 mm die Abbildungsqualität des Gesamtsystems verringert, fällt bei einem Pu-pillendurchmesser von 0,17 mm die MTF des Linsensystems bereits unterhalb der des Chips ab. Erst ab einem Pupillendurchmesser von mehr als 0,25 mm wird die maximale Auflösung des beugungsbegrenzten optischen Systems besser als die des Chips. Im Sinne einer maximalen Auflösung sollten daher geringere Pupillendurchmesser vermieden wer-den.

Aberration

Die Eintrittspupille hat gemäß Tabelle 2-2 Einfluss auf einen Großteil der verschiedenen Arten der Abbildungsfehler. So nimmt beispielsweise die sphärische Aberration mit der dritten Potenz des Eintrittspupillendurchmessers zu, während der Astigmatismus eine line-are Abhängigkeit besitzt und quadratisch vom Feldwinkel abhängt.

Aberration Apertur Feldwinkel

Sphärische Aberration dEP3 - - -

Koma dEP 2 w

Bildfeldwölbung dEP w2

Astigmatismus dEP w2

Verzeichnung - - - w3

chromatische Längsaberration - - - - - -

chromatische Queraberration - - - w

Tab. 2-2 Abhängigkeiten der Abbildungsfehler von Apertur und Feldwinkel [Litf97]

Im Idealfall ist das Linsensystem so weit korrigiert, dass die Aberrationsfehler einer Punkt-zu-Punkt-Abbildung einen Unschärfefleck verursachen, dessen Durchmesser der Größe des beugungsbedingten Airy-Scheibchens entspricht. Die MTF(ν)-Kurve der aberrations-behafteten Optik unterscheidet sich dann nicht signifikant von der Kurve eines rein beu-gungsgegrenzten Objektivs. In diesem Fall kann die Optik als beugungsbegrenzt bezeich-net werden.

Berechnungen mit ZEMAX® haben gezeigt, dass die Aberrationsfehler mit der in den ent-wickelten Optiken verwendeten Linsenanzahl (ein Achromat sowie drei bis vier Linsen)

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für eine Eintrittspupille von 0,50 mm ausreichend korrigiert werden können, um die Optik als beugungsbegrenzt zu bezeichnen. Erhöht man den Pupillendurchmesser auf beispiels-weise 0,70 mm, so verringert sich der beugungsbedingte Airy-Durchmesser auf etwas we-niger als 10 µm, während die Abbildungsfehler deutlich zunehmen, so dass eine beugungs-begrenzte Optik ohne eine gute Korrektur der Aberrationen nicht realisierbar ist.

Objektseitige Schärfentiefe

Die objektseitige Schärfentiefe gibt bei ortsfesten Linsen den Bereich des Objektabstands an, in dem das Bild als „scharf“ gilt. Wird ein maximal zulässiger bildseitiger Unschärfe-durchmesser ξ’ definiert (siehe Abbildung 2-6), so lässt sich der maximale Objektabstand ah und der minimale Objektabstand av und daraus die Gesamtschärfentiefe ∆ ages nach den Gleichungen (2-11) bis (2-13) berechnen [Schr98].

)'(''

'2

2

fakffaav +⋅⋅−

⋅=ξ

(2-11)

)'(''

'2

2

fakffaah +⋅⋅+

⋅=ξ

(2-12)

hvges aaa −=∆ (2-13)

Hierin sind f’ die Brennweite, k die Blendenzahl (gemäß Gleichung 2-2) und a die Objekt-entfernung, die für Objekte, die von der Linse aus betrachtet entgegen der Ausbreitungs-richtung des Lichts gelegen sind, definitionsgemäß negativ angegeben werden.

Abbildung 2-7 zeigt den Schärfebereich in Abhängigkeit des nominellen Objektabstandes für verschiedene Eintrittspupillen dEP bei einer Brennweite von f’ = 4,4 mm (Optik mit

Bildebene Objektebene

a a’.

ah

av .

.

ξ

ξ

ξ’

ξ’

Schärfebereich

Abb. 2-6 Geometrische Darstellung des Schärfentiefebereichs [Schr98]

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1/4“-Chip und einem Feldwinkel w = 25°). Der zulässige Unschärfedurchmesser ξ’ wurde, ungeachtet der Pixelgröße, mit dem Airy-Durchmesser dAiry, der gemäß Gleichung (2-3) umgekehrt proportional mit dEP zusammenhängt, gleichgesetzt. Als nomineller Objektab-stand sei der Objektabstand im Fokus bezeichnet – der Objektabstand also, auf den die Op-tik ausgelegt ist. Für jede Eintrittspupille sind zwei Linien eingezeichnet. Die untere Linie stellt den minimalen Objektabstand av, die obere den maximalen Objektabstand ah dar. Der vertikale Abstand zwischen den beiden Linien bildet somit die Schärfentiefe ∆ ages. So liegt beispielsweise der Schärfebereich eines Objektivs mit f’ = 4,4 mm, dEP = 0,50 mm und einem zulässigen Unschärfedurchmesser von ξ’ = dAiry = 13 µm bei einem fokussierten Objektabstand von 40 mm im Bereich zwischen 32 mm und 49 mm.

Die Abbildung verdeutlicht zum einen, wie die Schärfentiefe mit abnehmender Eintrittspu-pille zunimmt und zum anderen, wie stark sich der Schärfebereich ∆ ages für abnehmende nominelle Objektabstände verkürzt. Damit wird insbesondere die Problematik einer schar-fen Abbildung bei geringen Objektabständen deutlich. Da die unteren Nahfeldlinien sehr flach im Vergleich zu den oberen Fernfeldlinien verlaufen, ist mit einer nur geringen Ver-kürzung des Nahfeldes bereits eine starke Verkürzung des Fernfeldes verbunden. Für ein optisches System mit Fixfokus, dessen Anforderung es sei, einen minimalen Objektabstand von beispielsweise 10 mm abzubilden, ergibt sich somit bei einer sehr kleinen Eintrittspu-pille von 0,17 mm und einem nominellen Objektabstand von 16 mm ein sehr geringer Schärfebereich von lediglich 10 bis 39 mm. Damit wird die Notwendigkeit einer Linsen-verschiebung deutlich, wenn neben großen Objektabständen insbesondere auch Untersu-chungen in sehr geringer Objektentfernung erforderlich sind.

0 10 20 30 40 50 60 70 800

20

40

60

80

100

120

140

160

180

200

dEP= 0,17 mm, dAiry= 35,4 µm

dEP= 0,25 mm, dAiry= 24,0 µm

dEP= 0,35 mm, dAiry= 17,2 µm

dEP= 0,50 mm, dAiry= 12,0 µm

Obj

ekta

bsta

nd [

mm

]

nomineller Objektabstand [mm]

Abb. 2-7 Minimaler (untere Linien) und maximaler Objektabstand (obere Linien) als Funktion des Objektabstandes für verschiedene Eintrittspupillen (f’ = 4,4 mm)

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Lichtstärke des Objektivs

Die Beleuchtungsstärke ECCD, die auf den CCD-Chip fällt, wird im wesentlichen von der Fläche der Eintrittspupille, d.h. quadratisch von dEP, von der Brennweite f’ sowie von der Leuchtdichte L des Objektes bestimmt. Die Leuchtdichte des Objekts ergibt sich aus der Beleuchtungsstärke am Objekt und dessen Reflektionsgrad τ. Als Orientierungswert des Reflexionsgrades im sichtbaren Wellenlängenbereich, auch Albedo genannt, kann ein Wert von etwa 0,5 für helle Haut und 0,2 für dunkle Haut herangezogen werden [Warn91]. De-taillierte Messergebnisse sind in [Ange01] veröffentlicht. Die Albedo-Werte der inneren Organe liegen ebenfalls in diesem Bereich. Folgende Gleichung zur Berechnung der Be-leuchtungsstärke [Damj00] gilt für Objektabstände, die deutlich größer als die Brennweite sind:

2

'4

⋅⋅⋅=f

dLE EPCCD

πτ . (2-14)

Als Lichtquelle im klinischen Einsatzgebiet der Laparoskopie dienen in der Regel 180 Watt Xenon-Lampen. Die Beleuchtungsstärke am Objekt hängt neben der verwende-ten Lichtquelle auch von der Beschaffenheit des Lichtleitfaserbündels im Endoskop und den Kopplungsstelle zwischen Lichtquelle und Endoskop ab. In dem entwickelten Lapa-roskop mit einer Null-Grad-Blickrichtung wurde ein Glasfaserbündel aus 30 µm-Fasern mit einem Bündeldurchmesser von 4 mm zur Beleuchtung untergebracht, welches in einem Abstand von 120 mm eine Leuchtstärke von etwa 5000 lx erzeugt. Bei einer geringen Re-flektivität des betrachteten Objektes von beispielsweise 20 % beträgt die Lichtstärke in der Bildebene eines optischen Systems mit einer Brennweite von 4,4 mm und einem Pupillen-durchmesser von 0,50 mm ECCD = 10,1 lx. Aufgrund der quadratischen Abhängigkeit von der Eintrittspupille fällt bei einer Reduktion der Eintrittspupille auf 0,25 mm unter gleichen Randbedingungen die Lichtstärke auf 2,5 lx ab.

Gemäß Herstellerangaben [Pana] beträgt die minimale Beleuchtungsstärke des 1/4"-CCD-Chips GP-KS462 der Firma Panasonic 6 lx. Auch die Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Lichtstärke bei Verwendung des Panasonic-Chips für ein klares und helles Bild nicht ausreicht und ein Pupillendurchmesser von mindestens 0,50 mm erforderlich ist. Zum Viertel-Zoll-Chip neuerer Bauart von der Firma NET GmbH (Modell CSH-1,4-V4-END-R1) gibt es keine Angaben zur minimalen Beleuchtung des Chips. Probebilder haben je-doch gezeigt, dass die Empfindlichkeit deutlich größer als die des Panasonic-Chips ist, so dass sich die Eintrittspupille bei einer Brennweite von 4,4 mm auf einen Durchmesser von 0,25 mm reduzieren lässt.

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2.2 Aufbau der optischen Systeme

2.2.1 Werkstoffe

Da in der medizinisch-endoskopischen Bildgebung hohe Ansprüche an die Bildqualität ge-stellt werden, können keine Kunststofflinsen eingesetzt werden. Kunststofflinsen bieten zwar bei großen Stückzahlen einen Preisvorteil und können mit mechanischen Halterungen versehen gespritzt werden, um die Montage zu erleichtern und die Anzahl der mechani-schen Bauteile zu reduzieren. Ein weiterer Vorteil von Kunststofflinsen besteht in der ein-fachen Herstellung von asphärischen Linsenoberflächen, mit denen zusätzliche Freiheits-grade zur Korrektur von Abbildungsfehlern genutzt werden können.

Für optische Anwendungen stehen jedoch nur wenige verschiedene Kunststoffsorten zur Verfügung, die sich in ihrem Brechungsindex, der im Bereich zwischen 1,49 (Methyl Me-thacrylate, MMA) und 1,59 (Polystyren, PS) liegt, nicht so deutlich unterscheiden, wie die Glasmaterialien. Daher lassen sich insbesondere chromatische Fehler nur schlecht korrigie-ren [Bete95]. Darüber hinaus unterliegen Kunststofflinsen in ihrer optischen Qualität den Glaslinsen. So ist beispielsweise die Lichtstreuung größer und die Homogenität des Bre-chungsindex geringer als bei Glaslinsen. Zudem ist der Brechungsindex stark von der Feuchtigkeit der Umgebung und der Temperatur abhängig [Shan97]. Die Abhängigkeit des Brechungsindex von der Temperatur ist 120-mal größer als bei Glas und die thermische Dehnung ist achtmal größer. Für die zum Autoklavieren notwendigen Temperaturen von über 135°C lassen sich nur wenige optische Kunststoffe finden, so dass eine Sterilisierung des Endoskops zumindest problematisch erscheint.

Die beiden Firmen Koninklijke Philips Electronics (Eindhoven, Niederlande) und Variop-tic (Lyon, Frankreich) entwickeln derzeit sogenannte Flüssiglinsen [Berg02, Bokk04, Phil04]. Diese bestehen aus einem kleinen konischen Gehäuse mit einem Wasser- und ei-nem Öltropfen. Wird Spannung angelegt, verformt sich der Wassertropfen und verdrängt das Öl teilweise, so dass es zu einer Änderung der Brennweite kommt. Da die Siedetempe-ratur der Linse bei 130 bis 140°C liegt, ist eine Sterilisierung im Rahmen medizinischer Anwendungen nicht möglich. Auch für andere Anwendungen kann die geringe thermische Beständigkeit problematisch werden. Über die optischen Eigenschaften liegen bisher keine Daten vor. Für hochwertige optische Systeme liegt die Toleranz der Linsenradien im Mi-krometerbereich. Ob diese Genauigkeiten und die Formstabilität des Linsenradius stets ein-gehalten werden können, bleibt fraglich.

CCD-Chips übertreffen als elektronische Bildaufnehmer zum jetzigen Zeitpunkt, insbe-sondere bei der notwendigen Pixelgröße von weniger als 5 µm, die optische Qualität von CMOS-Chips. Die hohen und stetig steigenden klinischen Ansprüche in der Laparoskopie erlauben daher nur eine Kombination von Glaslinsen mit CCD-Chips. Lediglich für ein Einweg-Massenprodukt, das geringeren optischen Anforderungen genügt, ist eine Kombi-

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nation von Kunststofflinsen mit einem kostengünstigen CMOS-Chip denkbar. Eines der wenigen Beispiele hierzu stellen die Kapselendoskope für die Spiegelung des Dünndarms dar.

2.2.2 Anordnung der optischen Komponenten

Die fokussierbaren Optiken V50 und S70 bestehen aus Glaslinsen, die das Bild auf einen CCD-Chip abbilden. Sie unterscheiden sich zwar in den geometrischen Daten der Linsen und in den verwendeten Glassorten, der grundsätzliche Aufbau der Linsen bleibt jedoch gleich. In Abbildung 2-8 ist der schematische Aufbau des Videokopfes mit den Strahlen-gängen von drei verschiedenen Feldwinkeln dargestellt. Hierbei handelt es sich um Fokus-systeme mit fixierter Bildebene und einer beweglichen Linse. Die optischen Grundlagen dieser Anordnung sind in Abschnitt 2.4 beschrieben. Eine Fokussierung durch Verschie-bung des Bildaufnehmers wurde nicht in Erwägung gezogen, da die Steifigkeit des Kame-rakabels eine erhöhte Antriebskraft erfordert. Darüber hinaus müssten die elektrischen Lei-tungen und deren Kontaktierungen auf die auftretenden Wechselbelastungen untersucht werden. Die Frontscheibe (1) dichtet zusammen mit den umgebenden mechanischen Bauelementen das optische System ab. Sie steht als einzige optische Komponente in Kontakt mit der Aus-senwelt und muss daher gute mechanische und chemische Eigenschaften aufweisen. Stan-dardmäßig wird hierzu kratzfester Saphir verwendet. Anschließend folgen, je nach Größe

Abb. 2-8 Aufbau einer fokussierbaren 30°-Seitenblick-Optik

1 2 3 5 74 6

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26

des Feldwinkels, eine oder zwei Meniskuslinsen (2), die insbesondere zur Konvergierung der nicht-axialen Strahlen mit der optischen Achse dienen. Für die Optiken mit einem ma-ximalen Feldwinkel von w = 25° ist bereits eine Meniskuslinse ausreichend. Für w = 35° werden zwei Meniskuslinsen eingesetzt, um eine ausreichende Korrektur der Aberrations-fehler zu erzielen. Aus Kostengründen sind diese identisch ausgeführt. Das nachfolgende Prisma (3) dient bei einer Seitenblickoptik, hier mit einer 30°-Blickrichtung, zur Umlen-kung der optischen Achse in die Richtung der Endoskopachse.

Die ersten Prototypen wurden im Sinne einer einfacheren und schnelleren Fertigung als Null-Grad-Optiken hergestellt. Zu diesem Zweck wurde das Prisma durch eine einfache Stablinse aus dem gleichen Glas mit derselben optischen Länge ersetzt. Mit der Aper-turblende (4), die in Form eines lasergeschnittenen und geschwärzten Messingrings zwi-schen Prisma und Plankonvexlinse eingeklebt ist, wird die Eintrittspupille und der Öff-nungswinkel des einfallenden Lichtbündels festgelegt. Bildseitig zur Aperturblende befin-den sich zwei weitere Linsen (5) die zusammen mit dem Achromaten (6) zur Abbildung auf den CCD-Chip (7) beitragen. Die verwendeten 1/4"-Chips sind in Abschnitt 2.1.2 be-schrieben. Der Achromat ist axial beweglich und fungiert als Fokuslinse zur Anpassung des optischen Systems an die gewünschte Objektentfernung. Die Verfahrstrecke und die erforderliche Positioniergenauigkeit der fokussierenden Linse kann durch deren Brechkraft beeinflusst werden (siehe Kapitel 2.4). Der Bereich zwischen den beiden fixierten Linsen (5) und dem CCD-Chip (7) wird als Bauraum für den linearen Direktantrieb zur Positionie-rung der Fokuslinse genutzt.

2.3 Abbildungseigenschaften der optischen Systeme

Von der Viertel-Zoll-Optik V50 mit dem Gesamtbildfeldwinkel 2 w = 50° und der Brenn-weite f’ = 4,4 mm wurden drei verschiedene Varianten aufgebaut. Während die Linsenda-ten der drei Systeme identisch sind, unterscheiden sie sich durch die in Tabelle 2-3 ange-gebenen Merkmale. In diesem Kapitel werden die Abbildungseigenschaften dieser Syste-me anhand von experimentellen Messungen quantifiziert und bewertet. Das Ziel dieser Un-tersuchung besteht darin, den Einfluss des Eintrittspupillendurchmessers auf die Abbil-dungsqualität für verschiedene Objektabstände und die Schärfentiefe von Objektivoptiken mit festem Fokus (System A und B) und variablem Fokus (System C) zu ermitteln.

Fokus Durchmesser der Eintrittspupille [mm]

1/4"-CCD-Chip

System A festgelegt 0,50 mm GP-KS-462

System B festgelegt 0,25 mm GP-KS-462

System C fokussierbar 0,50 mm CSH-1,4-V4-END-R1

Tab. 2-3 Verschiedene Ausführungsvarianten der V50-Optik

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2.3.1 Messung der Modulationsübertragungsfunktionen

Zur Beurteilung des Auflösungsvermögens einer Optik stehen verschiedene Kriterien und Methoden zur Verfügung. Die Modulationstransferfunktion MTF, auch Kontrastübertra-gungsfunktion genannt, gibt den Quotienten von Bild- und Objektkontrast in Abhängigkeit der Ortsfrequenz bei der Abbildung eines Liniengitters an. Sie stellt ein verbreitetes und aussagekräftiges Maß zur Quantifizierung der Abbildungsqualitäten einer Optik dar, da In-formationen über Kontrast und Auflösung in einem Diagramm zusammenfassend darge-stellt werden.

Während mittels der MTF Charakteristika für Linsensystem, Bildsensor sowie der Soft-ware zur Bildaufbereitung getrennt angegeben werden können, ergibt sich die MTF des ge-samten optischen Moduls aus dem Produkt der einzelnen MTF-Verläufe (siehe Gleichung 2-9). Da für den Anwender nur die Bildqualität am Systemausgang relevant ist und deren Bestimmung ohne aufwendige Messeinrichtungen möglich ist, wurden zur objektiven Quantifizierung der Abbildungseigenschaften die System-Modulationsübertragungsfunk-tionen der verschiedenen optischen Module für verschiedene Objektabstände aufgenom-men.

Die experimentelle Bestimmung der MTF kann auf verschiedenen Wegen erfolgen. Die einfachste Vorgehensweise besteht darin, Streifenmuster aus abwechselnd schwarzen und weißen Linien abzubilden und den Kontrast (Modulation) in Abhängigkeit der Streifen-breite auszumessen. Der Helligkeitsverlauf der Teststreifen muss streng genommen einen sinusförmigen Verlauf haben. Derartige Muster sind jedoch schwer herzustellen, so dass in vielen Fällen Balken mit rechteckigen Intensitätsverläufen verwendet werden. Dies hat

FT

Ort

Intensität

Ort Ortsfrequenz

MTF

Kantenfunktion Linienverwaschungs- Funktion (LSF)

Modulations-transferfunktion

(MTF)

Intensität

Abbildung des Testbilds

Testbild

optisches System

Ableitung

Abb. 2-9 Bestimmung der Modulationstransferfunktion aus einem Testbild mit Schwarz-Weiß-Kante

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28

eine leichte Überschätzung des Auflösungsvermögens zur Folge, da sich ein Rechteck-signal entsprechend der Fourier-Analyse aus vielen höheren Harmonischen zusammen-setzt. Aber auch Streifenmuster mit rechteckigem Helligkeitsverlauf sind mit den notwen-digen Ortsfrequenzen schwer erhältlich, insbesondere mit der zur Vermessung der Lapa-roskopoptiken notwendigen Streifenbreiten von weniger als 25 µm.

Aus diesem Grund wurde ein Messverfahren angewendet, bei dem ein Testbild mit einer einzigen Schwarz-Weiß-Kante abgebildet wird (siehe Abbildung 2-9). Als Objekt diente das ISO 12233 Testbild. Mit der Messung des Intensitätsabfalls an der Kante des aufge-nommenen Bilds (Kantenfunktion) kann durch mathematische Ableitung die Linienverwa-schungsfunktion (line spread function, LSF) berechnet werden. Die MTF berechnet sich anschließend aus der eindimensionalen Fourier-Transformation der Linienverwaschungs-

0

0,2

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0,6

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1

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6

Ortsfrequenz [Lp / Pixel]

MTF

Objektabstand 40 mm 30 mm 25 mm 20 mm 15 mm 10 mm

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6Ortsfrequenz [Lp / Pixel]

MTF

Objektabstand 40 mm 50 mm 60 mm 75 mm 100 mm 125 mm 150 mm

Abb. 2-10 Horizontale MTF für das Objektiv V50 mit dEP = 0,50 mm und einem nominellem Objektabstand von 40 mm, oben: Nahbereich, unten: Fernbereich

Page 33: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

29

funktion LSF [Smit97]. Die Aufnahme der Kantenfunktion und die Berechnung der MTF wurde in Matlab® (The MathWorks, Inc., MA, USA) realisiert, da Matlab in der Bildver-arbeitung sehr verbreitet ist und über sämtliche zur MTF-Berechnung und Bildverarbeitung notwendigen Werkzeuge verfügt.

In Abbildung 2-10 sind die experimentell ermittelten MTF-Kennlinien des optischen Mo-duls mit starrem Fokus und einer Eintrittspupille von 0,50 mm für verschiedene Objektab-stände dargestellt. Das Objektiv ist auf einen nominellen Objektabstand von 40 mm fest fokussiert. Eine Abweichung vom fokussierten Objektabstand führt aufgrund der geringen Schärfentiefe des optischen Systems zu einem raschen Abfall der MTF-Werte. Standardi-sierte Vorschriften zur Bestimmung des Schärfentiefebereichs anhand der MTF-Kennlinien existieren nicht. In der Praxis besitzt jede Firma ihre eigenen Kriterien zur Beurteilung, ob ein Bild scharf ist oder nicht. Nach subjektivem Eindruck ist bereits eine deutliche Reduk-tion der Bildschärfe bei einer Objektentfernung von etwa 20 mm im Nahbereich und 60 mm im Fernbereich zu bemerken (siehe Abbildung 2-11).

Abb. 2-11 Viertel-Zoll-Optik V50 mit dEP = 0,50 mm bei 20 mm Objektabstand. Links fokussiert, rechts mit festem Fokus und einem nominellen Objektabstand von 40 mm.

Eine deutlich größere Schärfentiefe kann durch eine Reduktion der Eintrittspupille auf 0,25 mm erzielt werden (siehe Abbildung 2-12). Ist die Optik auf einen Objektabstand von 50 mm fokussiert, so verändert sich die MTF-Charakteristik bei Objektabständen bis zu 150 mm nicht wesentlich. Im Nahbereich ist dagegen ein rascher Abfall der Schärfe zu er-kennen. Bereits unterhalb von 25 mm Objektentfernung setzt ein Abfall des Kontrasts und der Auflösung ein, so dass der Eindruck eines zunehmend unscharfen Bilds entsteht. Bei einem Objektabstand von 20 mm ist das Bild nach subjektivem Ermessen bereits merklich unscharf. Damit stehen die experimentellen Ergebnisse beider Fixfokussysteme in einem guten Einklang mit den analytisch berechneten Schärfentiefen (siehe Abbildung 2-7).

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30

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6Ortsfrequenz [Lp / Pixel]

MTF

50 mm 40 mm 30 mm 25 mm 20 mm 15 mm 10 mm

Objektabstand

0

0,2

0,4

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0,8

1

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6Ortsfrequenz [Lp / Pixel]

MTF

50 mm 60 mm 75 mm 100 mm 125 mm 150 mm

Objektabstand

Abb. 2-12 Horizontale Modulationstransferfunktion für das Fixfokus-Objektiv V50 mit dEP = 0,25 mm und einem nominellen Objektabstand von 50 mm, oben: Nahbereich, unten: Fernbereich

Für eine ausgewogenere und auf den laparoskopischen Einsatz abgestimmte Lage der Schärfentiefe kann der nominelle Objektabstand der Fixfokusoptik reduziert werden, um den minimalen Objektabstand zu verringern und im Nahbereich etwas bessere Abbildungs-eigenschaften zu erzielen. Ein Schärfentiefebereich von 20 bis 150 mm erscheint nach dem erreichten Erkenntnisstand bei einer Brennweite von 4,4 mm und einer Eintrittspupille von 0,25 mm realisierbar.

Darüber hinaus belegen die Messungen einen weiteren Unterschied zwischen den beiden optischen Systemen. Aufgrund der größeren Beugung fallen die maximalen MTF-Werte bei optimaler Objektentfernung im Vergleich zum optischen System mit einer Eintrittspu-pille von 0,50 mm niedriger aus. Mit einer Eintrittspupille von 0,25 mm kann zwar eine

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31

Fixfokus-Optik mit einer für den laparoskopischen Einsatz ausreichenden Schärfentiefe er-reicht werden. Jedoch ist dabei ein geringer Verlust an optischer Auflösung in Kauf zu nehmen.

Die Messergebnisse in Abbildung 2-13 zeigen, dass die Abbildungsqualität des Objektivs mit einer Brennweite von 4,4 mm und einer Eintrittspupille von 0,50 mm durch eine Fo-kussierung mit Hilfe des entwickelten Linearantriebs für Objektabstände von 8 mm bis 150 mm nahezu konstant gehalten werden kann. Während in den Fixfokus-Systemen der NET-Chip zur Bildaufnahme dient, befindet sich in dem fokussierbaren System der Pana-sonic-Chip. Obwohl die MTF-Eigenschaften der verwendeten Chips nicht öffentlich do-kumentiert sind, ist anzunehmen, dass die verwendeten CCD-Chips und deren Bildinter-

0

0,2

0,4

0,6

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1

1,2

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6

Ortsfrequenz [Lp / Pixel]

MTF

Objektabstand

40 mm 35 mm 30 mm 25 mm 20 mm 15 mm 8 mm

0

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0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6

Ortsfrequenz [Lp / Pixel]

MTF

Objektabstand 40 mm 50 mm 60 mm 75 mm 100 mm 125 mm 150 mm

Abb. 2-13 Horizontale MTF für das Objektiv V50 mit dEP = 0,50 mm und

Autofokusfunktion. oben: Nahbereich, unten: Fernbereich

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32

polation und –verarbeitung (Videoverstärker, Rauschunterdrückung, etc.) unterschiedliche MTF-Charakteristika aufweisen. Die MTF-Kennlinien der fokussierbaren Optik erreichen daher trotz gleichem Linsensystem und Pupillendurchmesser nicht die Werte der Fixfokus-Optik (System A, siehe Tabelle 2-3) bei optimaler Objektentfernung (siehe Abbildung 2-10, oben). Es wird folglich angenommen, dass die MTF-Kennlinien der fokussierbaren Optik durch den Einbau des NET-Chips verbessert werden können.

In der Regel wird die Auflösungsgrenze eines optischen Systems mit der Ortsfrequenz an-gegeben, bei der die MTF auf 10 % abgefallen ist. Für die fokussierbare Optik beträgt diese bei Objektweiten von 8 mm bis 150 mm etwa 0,4 Linienpaare pro Pixel. Bei einer Pixel-breite von 4,8 µm entspricht das einer bildseitigen Auflösung von 82,5 Lp / mm. Zur Be-stimmung der objektseitigen Auflösung, muss die bildseitige Auflösung mit dem Abbil-dungsmaßstab β = y’ / y multipliziert werden. Für einen Objektabstand von 8 mm (β = 0,37) ergibt sich eine objektseitige horizontale, beziehungsweise vertikale, Auflösungs-grenze von 30,9 Lp / mm. Die feinste darstellbare Strukturgröße beträgt für diesen Objekt-abstand somit 16 µm. Bei einem mittleren Arbeitsabstand von 50 mm bzw. 100 mm be-trägt die objektseitige Auflösungsgrenze 6,5 Lp / mm bzw. 3,5 Lp / mm, so dass sich Struk-turen mit einer Größe von 77 µm bzw. 145 µm darstellen lassen. Da das diagonale Pixel-raster um den Faktor 2 größer als in der Horizontalen oder Vertikalen ist, wird die dia-gonale Auflösungsgrenze um den Faktor 2/1 reduziert.

2.3.2 Alias-Effekte

Eine Linsenoptik, die Ortsfrequenzen oberhalb der halben Abtastfrequenz (Nyquist-Fre-quenz = 0,5 Lp / Pixel) auflöst, kann zur Ausbildung von Bildartefakten wie beispielsweise Moiré-Mustern oder Farbsäumen führen, die insbesondere bei gitterartigen Strukturen mit scharfen Kanten und hohem Kontrast auftreten. Aufgrund der Rasterung der Chips treten diese Effekte stärker in Erscheinung als in der nicht-digitalen Fotografie. Abbildung 2-14 zeigt derartige Artefakte des Objektivs V50, System A.

Abb. 2-14 Moiré-Muster in einem Ausschnitt eines Testbilds

Damit das Ursprungssignal korrekt wieder hergestellt werden kann, dürfen im abgetasteten Signal gemäß dem Nyquist-Abstasttheorem [Jane01] nur Frequenzanteile vorkommen, die weniger als halb so groß sind wie die Abtastfrequenz. Wird dieses Abtasttheorem verletzt,

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33

werden Frequenzanteile, die größer sind als die halbe Abtastfrequenz als niedrigere Fre-quenzen interpretiert. Die hohen Frequenzen geben sich sozusagen als etwas anderes aus, so dass diese Beobachtungen auch als Alias-Effekt bezeichnet werden.

Zur Vermeidung derartiger Effekte lässt sich entweder die Auflösung durch Vergrößerung der Aberrations- oder Beugungsfehler der Linsenoptik auf die Nyquist-Frequenz begren-zen, oder es kann ein optischer Tiefpassfilter (optical low-pass filter, OLPF) aus doppel-brechenden Materialien vor dem Chip platziert werden.

Optische Tiefpassfilter bestehen meist aus mehreren Schichten doppelbrechender Materia-lien, wie beispielsweise Lithium-Niobat. Die optischen Strahlen werden in den ordentli-chen und außerordentlichen Anteil aufgeteilt und gegeneinander versetzt. Ein idealer Filter schneidet sämtliche Frequenzen oberhalb der Nyquist-Frequenz ab, ohne dabei die niedri-geren Frequenzen zu beeinflussen. In der Praxis besitzen derartige Filter jedoch eine be-grenzt steile Filtercharakteristik, so dass auch niedrigere Frequenzen teilweise gefiltert werden und zu einem merklichen Auflösungsverlust führen können. Bei der Filterausle-gung muss daher je nach Anwendung eine Balance zwischen Unterdrückung der Artefakte und der Auflösung gefunden werden.

Durch die Filterung lässt sich zwar die Ausprägung von Artefakten reduzieren, jedoch muss mit einem Verlust der allgemeinen Abbildungsqualität gerechnet werden. Die in der Laparoskopie abgebildeten Organe weisen in der Regel wenige kontrastreiche, periodisch angeordnete Kanten auf, die zu störenden Alias-Effekten führen könnten. Die zur Vermei-dung von Artefakten hervorgerufene Reduktion an optischer Leistung würde sich daher in diesem Anwendungsfall nicht lohnen.

2.3.3 Zusammenfassende Beurteilung der Abbildungsqualität

Das V50 System A mit Fixfokus und einem Eintrittspupillendurchmesser von 0,50 mm weist zwar eine etwas bessere Abbildungsqualität im fokussierten Objektabstand auf als das System B mit einer Eintrittspupille von 0,25 mm, kann aber aufgrund des geringen Schärfentiefebereichs für den laparoskopischen Einsatz nicht verwendet werden. Mit ei-nem Eintrittspupillendurchmesser von 0,25 mm lässt sich die Schärfentiefe auf etwa 20 bis 150 mm einstellen, womit der gewöhnliche Arbeitsbereich in der Laparoskopie vollständig abgedeckt werden kann.

Mit Hilfe eines motorisch fokussierbaren optischen Moduls (System C) und einem Pupil-lendurchmesser von 0,50 mm kann im Bereich von 8 mm bis unendlich eine gleichblei-bend hohe Abbildungsqualität erzielt werden. Insbesondere im Nahbereich verschafft die Fokussierung deutliche Vorteile. Durch die hohe Bildqualität und den geringen minimalen Objektabstand steht dem Anwender eine große optische Vergrößerung zur detaillierten Un-tersuchung der zu untersuchenden Körperareale zur Verfügung. Bei einem Objektabstand

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34

von 8 mm lassen sich mit dem fokussierbaren System noch Strukturbreiten von 17 µm auflösen.

2.4 Linsenposition und Lagetoleranz der fokussierbaren Optik

Die Verschiebung der Fokuslinse und die dadurch erforderliche Verfahrstrecke des Motors wird vom Linsensystem bestimmt und muss in gegenseitiger Abstimmung zwischen Optik und Mechanik festgelegt werden. Der Hub des Läufers sollte nicht zu groß sein, da die Po-sitioniergeschwindigkeit und die elektrische Leistung mit der Motorlänge wachsen. Ein kurzer Hub erfordert dagegen eine hohe Positionsgenauigkeit. Bei der Auslegung der fo-kussierbaren Optiken wurden daher Verfahrstrecken im Bereich von etwa 2 mm bis 5 mm angestrebt.

Zum Verständnis der Funktionsweise der optischen Fokussierung kann man sich das opti-sche System in zwei Linsengruppen aufgeteilt vorstellen (siehe Abbildung 2-15). Die erste Linsengruppe stellt den vorderen starren Teil des Linsensystems mit der Brennweite f’fix und den Hauptebenen Hfix und H’fix dar, während die zweite durch die bewegliche Linse mit der Brennweite f’fokus und den Hauptebenen sowie H’fokus gekennzeichnet ist. Durch die Verschiebung der Fokuslinse ändert sich der Hauptpunktabstand fokusfix HHe '= der bei-den Linsenguppen und führt entsprechend der Gleichung

eff

ffef

fokusfix

fokusfixges −+

⋅=

''''

)(' (2-15)

zu einer Änderung der Brennweite des Gesamtsystems f’. Befindet sich Hfokus links von H’fix, so nimmt e negative Werte an. Zusätzlich führt die Verschiebung der Fokuslinse zu einer Verlagerung der Gesamthauptebenen Hges und H’ges.

fokus

gesgesfix f

efeeHH

')('

)( ⋅= und fix

gesgesfokus f

efeeHH

')('

)('' ⋅−= (2-16)

Abb. 2-15 Lage der Hauptebenen der fixierten vorderen Linsengruppe (Hfix und H’fix), der Fokuslinse (Hfokus und H’fokus) und des Gesamtsystems (Hges und H’ges) der V50-Optik

Page 39: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

35

Mit Hilfe der hauptpunktbezogenen Abbildungsgleichung

aaf ges

1'

1'1 −= , (2-17)

in der sich alle Größen auf die Lage der Hauptebenen beziehen, lässt sich bei gegebener Brennweite f’ und Objektweite a die erforderliche Bildweite a’ bestimmen. Während sich die stets negative Objektweite a auf die Hauptebene Hges bezieht und einen wichtigen Re-chenwert darstellt, wird die materielle Entfernung zwischen Objekt und der vordersten op-tischen Fläche des Objektivs in diesem Dokument als Objektentfernung mit stets positivem Wert bezeichnet. An dieser Stelle sei angemerkt, dass die angeführten Gleichungen auf der Optik des Paraxialgebiets (Gauß’sche Optik) beruhen. Sie dienen der allgemeinen Funkti-onsbeschreibung und sind nützlich zur konzeptionellen Auslegung des optischen Systems. Ihre Ergebnisse führen zu ausreichend guten Näherungslösungen, die zur Festlegung des endgültigen Systems mit Hilfe von Rechenprogrammen (z.B. Zemax®) optimiert werden müssen.

Das Ziel der fokussierbaren Optik besteht darin, die Lage der Bildebene bei veränderli-chem Objektabstand konstant zu halten. Wird der Betrag der Objektweite a vergrößert, so nimmt bei konstanter Brennweite die Bildweite a’ entsprechend der Abbildungsgleichung ab, so dass eine Verlagerung der Bildebene in Objektrichtung erfolgt. Wird aber der Hauptpunktabstand e infolge einer Linsenverschiebung vergrößert, so ändern sich die Ge-samtbrennweite und die Lagen der Gesamthauptebenen. In ihrer Zusammenwirkung kom-pensieren diese beiden Effekte die auftretende Verlagerung der Bildebene bei veränderter Objektweite und sorgen für eine konstante Lage der Bildebene.

Bei der Viertel-Zoll-Optik V50 sind beispielsweise f’fix = 25 mm und f’fokus = 5,56 mm. Zur Einstellung des gewünschten Bildfeldwinkels von 50° ist bei einem Objektabstand von 10 mm eine Brennweite von 4,11 mm erforderlich, die sich durch einen Hauptpunktab-stand von e = -3,35 mm einstellen lässt (siehe Abbildung 2-16, oben). Die bildseitige Hauptebene H’ges befindet sich bei der vorgegebenen Länge der beiden Linsengruppen in einem Abstand von 18,4 mm, gemessen von der vorderen Fläche der Frontscheibe, so dass das Bild bei 23,8 mm fokussiert wird. Vergrößert man nun den Objektabstand auf 200 mm, so kommt das Bild bei unveränderter Systemeinstellung bei 20,6 mm zum Fokus. Eine Veränderung des Hauptpunktabstands auf e = -0,54 mm führt zu einer Verlagerung von H’ges auf 19,1 mm, während sich gleichzeitig die objektseitige Hauptebene Hges in Objekt-richtung verschiebt. Auf diese Weise wird bei wachsendem Objektabstand sowohl die ef-fektive Zunahme der Objektweite a als auch die Zunahme der erforderlichen Bildweite a’ reduziert. Die gleichzeitig eintretende Vergrößerung der Brennweite auf 4,48 mm führt letztendlich zu einer Fokussierung des Bilds auf gewünschte 23,8 mm.

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0

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60

-10 -5 0 5 10 15 20 25Hauptpunktabstand e [mm]

Bren

nwei

te f

' [m

m]

Lage

der

Ebe

ne [

mm

]

∆∆∆∆e

f ' = 4,11 mm

a '

0

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20

30

40

50

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-10 -5 0 5 10 15 20 25Hauptpunktabstand e [mm]

Bren

nwei

te f

' [m

m]

Lage

der

Ebe

ne [

mm

]

f ' = 4,11 mm

∆∆∆∆e

Abb. 2-16 Brennweite f’, Lage der Hauptebene H’ges und der Bildebene bei verschiede-nen Objektabständen und Hauptpunktabständen e

oben: V50-Optik mit f’fix = 25 mm und f’fokus = 5,56 mm

unten: Verkürzung der Verfahr-strecke durch Reduktion der Brennweite f’fokus auf 2,5 mm

Die erforderliche Verfahrstrecke der Fokuslinse lässt sich wesentlich durch die Brennwei-tenkombination der beiden Linsengruppen einstellen. Eine Reduktion von ∆e kann durch eine kurze Brennweite f’fokus der Fokuslinse erzielt werden und umgekehrt (siehe Abbil-dung 2-16, unten). Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass kurze Brennweiten eine hohe Positioniergenauigkeit erfordern. Die Brennweite der Fokuslinse beeinflusst darüber hinaus auch die Verfahrrichtung. Bei positiver Brennweite wird die Linse zur Fokussierung aus dem Nah- in den Fernbereich in Richtung der Bildebene verfahren. Bei negativer Brennweite in entgegengesetzter Richtung (wie beispielsweise bei den optischen Systemen V70 und S70). Der Abstand e der Hauptebenen muss dabei derart eingestellt werden, dass sich die gewünschte Gesamtbrennweite ergibt.

Die Fokusposition der beweglichen Linse ändert sich nicht linear mit dem Objektabstand. Abbildung 2-17 zeigt die Verfahrstrecke der Fokuslinse für das V50 Objektiv. Änderungen

Bildlage bei Objektabstand

10 mm 50 mm 200 mm f' ges Lage von H' ges

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37

des Objektabstands im Nahbereich erfordern deutlich größere Linsenverschiebungen als im Fernbereich. Die Gesamtverfahrstrecke der fokussierbaren Endoskopoptik beträgt 2,81 mm für Objektabstände zwischen 9 mm und 200 mm.

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

0 100 200 300 400 500

Objektabstand [mm]

Posi

tion

der F

okus

linse

[m

m]

Abb. 2-17 Verfahrstrecke der Fokuslinse in Abhängigkeit des Objektab-stands (Viertel-Zoll-Optik V50)

Die großen Verfahrstrecken bei kleinen Änderungen des Objektabstands im Nahbereich unterstreichen die Notwendigkeit des Linsenantriebes zur scharfen Abbildung bei geringen Objektentfernungen von weniger als 50 mm. Bei großen Objektentfernungen muss die Fo-kuslinse dagegen nur wenig verfahren werden. Zwischen 75 mm und 200 mm ist eine Lin-senverschiebung von lediglich 0,5 mm notwendig.

Während eine analytische Berechnung der bildseitigen Schärfentiefe, das heißt die Positi-onsgenauigkeit der Bildebene – äquivalent zu der Berechnung der objektseitigen Schärfen-tiefe (siehe Abbildung 2-6) – anhand von vereinfachenden analytischen Berechnungen durchgeführt werden kann, so ist die Bestimmung der Positionstoleranz der Fokuslinse auf analytischer Ebene sehr umfangreich. Im allgemeinen gilt, dass Linsen mit großer Brech-kraft eine wesentlich engere Lagetoleranz haben als solche mit geringer Brechkraft. Die notwendige Positionsgenauigkeit kann somit – ebenso wie die Verfahrstrecke – je nach Ausführungsform der Fokuslinse und des Gesamtsystems variieren.

Zur Abschätzungen der Positionstoleranz der Fokuslinse wurden Berechnungen mit Hilfe von ZEMAX durchgeführt. Hierzu wurden die Aberrationsfehler des 0°-Feldwinkels und des maximalen Feldwinkels von 25° betrachtet. Abbildung 2-18 zeigt die Abhängigkeit des effektiven RMS (root mean square)-Fleckdurchmessers dRMS für einen Objektabstand von 50 mm von der Fokuslinsenposition.

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38

0

5

10

15

20

25

30

35

1,6 1,8 2 2,2

Linsenp

RMS-

Spot

durc

hmes

ser

[µm

]

Abb. 2-18 RMS-Fleckdurchmesser des 0°- und linsenposition bei einem Objektabstan

Betrachtet man zunächst nur den 0°-Feldwinvon 2,6 mm einen minimalen aberrationsbedinbeugungsbedingte Airy-Durchmesser nahezu13 µm beträgt, kann die Linse um ± 0,4 mm vlität zu beeinträchtigen. Aufgrund der Petzvalposition des 25°-Feldwinkels bei 2,15 mm. AFeldwinkel zu und führen zu einem minimalekann deshalb nur um etwa ± 0,15 mm um ihrohne dass die Aberrationsfehler die Beugungsf

Bei einer Auswertung des Gesamtbildes ist eiLinsenlage nötig. Werden beide Feldwinkel goptimale Linsenposition von 2,25 mm. WFeldwinkels sich in diesem Bereich nur gerindie Kennlinie des 0°-Feldwinkels beidseitig deeiner Steigung von ± 35,6 µm / mm. Die theoBerücksichtigung des gesamten Bilds somit etminimalen Positioniergenauigkeit des Motors (

Im Nah- und Fernbereich zeigen die Kennlinvon der Linsenposition einen zu Abbildung 2-derer Steigung im linearen Bereich. Für einen des 0°-Feldwinkels eine Steigung von ± 41,1von 200 mm auf ± 33,0 µm/mm ab. Gleicher

d

optimale Position für Gesamtfel

2,4 2,6 2,8 3 3,2

osition [mm]

0° Feldwinkel

25° Feldwinkel

des 25°-Feldwinkels in Abhängigkeit der Fokus-d von 50 mm (Viertel-Zoll-Optik, f’ = 4,4 mm)

kel, so erhält man bei einer Linsenposition gten Fleckdurchmesser von 3,3 µm. Da der

unabhängig von der Linsenposition etwa erschoben werden, ohne die Abbildungsqua--Krümmung liegt die optimale Fokuslinsen-stigmatismus und Koma nehmen mit dem

n Spotdurchmesser von 11,8 µm. Die Linse e optimale Lage herum verschoben werden, ehler übersteigen.

n Kompromiss zur Festlegung der optimalen leich gewichtet, so berechnet ZEMAX eine ährend der Fleckdurchmesser des 25°-

g mit der Linsenposition ändert, verhält sich s Durchmesser-Minimums nahezu linear mit retische Lagetoleranz der Linse beträgt bei wa 0,05 mm und liegt damit im Bereich der siehe Kapitel 3.9).

ien des Fleckdurchmessers in Abhängigkeit 18 vergleichbaren Verlauf, lediglich mit an-Objektabstand von 10 mm hat die Kennlinie µm/mm und fällt bei einem Objektabstand maßen verringert sich die Steigung bei dem

Airy- Durchmesser

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39

25°-Feldwinkel von ± 43,4 µm/mm auf ± 22,2 µm/mm. Die abnehmenden Kennlinienstei-gungen im Fernbereich führen zu einer Zunahme der zulässigen Lagetoleranz der Fokus-linse für einen beliebigen Feldwinkel. Allerdings vergrößert sich mit zunehmendem Ob-jektabstand auch der Abstand zwischen der optimalen Linsenpositionen für den 0°- und den 25°-Feldwinkel. In der zwischen diesen beiden Optima liegenden Linsenposition, für die das gesamte Bild am gleichmäßigsten korrigiert wird, ist daher der über das Gesamtfeld gemittelte Spotdurchmesser größer als im Nahbereich. Trotz der größeren Lagetoleranz ei-nes einzelnen Feldwinkels nimmt daher die Toleranz unter Berücksichtigung des Gesamt-bilds im Fernbereich nicht wesentlich zu. Nach subjektiver Einschätzung anhand von auf-genommenen Bildern im gesamten Objektabstandsbereich kann die Linse etwa ± 0,05 mm um ihre ideale axiale Lage herum verschoben werden, ohne eine erkennbare Änderung der Abbildungsschärfe zu verursachen. Die Positionstoleranz lässt sich durch eine Verringe-rung der Eintrittspupille und der dadurch verursachten Reduktion der Aberrationsfehler vergrößern.

Weiterhin stellt sich für mögliche Autofokus-Algorithmen die Frage nach der Anzahl von diskreten Linsenpositionen, die erforderlich sind, um Objekte in einem Bereich von 10 mm bis 200 mm scharf abzubilden. In jeder Linsenposition ist die Optik auf einen Objektab-stand fokussiert und führt in den Objektbereichen, die innerhalb der Schärfentiefe liegen, zu scharfen Abbildungen. Unter Ausnutzung dieser Schärfentiefe lässt sich die gesamte Linsenverfahrstrecke von 2,81 mm in mehrere Einzelpositionen aufteilen, so dass jeder be-liebige Objektabstand durch eine dieser Positionen zu einer scharfen Abbildung führt.

In theoretischen Betrachtungen mit Hilfe von ZEMAX wurde hierzu die Linse zunächst auf einen Objektabstand von 10 mm eingestellt. Bei einem zulässigen Unschärfedurchmes-ser von ξ’ = 13 µm – mit einer Eintrittspupille von 0,50 mm entspricht dies dem Airy-Durchmesser – reicht der Schärfebereich bis 10,32 mm. Wird die darauffolgende Linsen-position auf einen Objektabstand von 10,70 mm eingestellt, so reicht deren Schärfe im Nahbereich bis 10,32 mm und schließt somit ohne Verluste der Abbildungsqualität an die vorangegangene Position an. Mit zunehmendem Objektabstand wächst die Schärfentiefe, so dass die Intervalle der nominellen Objektabstände größer werden. Hierbei sind für eine gleiche Änderung des Objektabstands jedoch geringere Linsenbewegungen nötig als im Nahbereich (siehe Abbildung 2-17), so dass die Schrittweite pro Position im gesamten Ob-jektbereich relativ konstant ist. Zur Abdeckung des gesamten Objektbereichs sind theore-tisch 13 Positionen nötig, deren Verlauf in Abbildung 2-19 dargestellt sind.

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40

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14Positionsschritt

Posi

tion

[m

m]

Abb. 2-19 Aufteilung der Verfahrstrecke der Fokuslinse der V50-Optik mit dEP = 0,5 mm in 13 Einzelpositionen

2.5 Miniaturisierung der Optik

Die vorgestellten optischen Systeme sind für Viertel- und Sechstel-Zoll-Chips mit 440.000 Pixel ausgelegt. Durch die Weiterentwicklung der Chiptechnologien werden diese Chips in Zukunft über eine noch größere Auflösung verfügen und kleinere Chip-Formate, wie bei-spielsweise die Zehntel-Zoll-Chips an Bedeutung gewinnen. Mit beiden Entwicklungsten-denzen ist eine Reduktion der Pixeldiagonale verbunden, die bei der Festlegung der cha-rakteristischen optischen Größen einen entscheidenden Einfluss besitzt. In diesem Kapitel wird der Frage nachgegangen, wie sich die optischen Größen, ausgehend von den Daten der entwickelten Systeme, bei einer Miniaturisierung bzw. Reduktion der Pixelgröße ver-halten.

Bei konstantem Bildfeldwinkel w ist die Brennweite f’ proportional zur halben Bilddiago-nale y’ (Gleichung 2-1). Eine Halbierung der Chip-Diagonale führt daher zu einer Halbie-rung der Brennweite, weshalb mit kleineren Chips grundsätzlich kürzere, kleinere und leichtere Objektive gebaut werden können. Führt man den Skalierungsfaktor s ein, der zur Miniaturisierung zwischen 0 und 1 liegt, so verhält sich die Brennweite der skalierten Op-tik f’S zu der Brennweite f’ der gegebenen Optiken wie

'' fsf S ⋅= . (2-18)

Die Brennweite einer bestehenden Optik kann auf einfache Weise skaliert werden, indem alle geometrischen Dimensionen des Linsensystems mit dem Skalierungsfaktor s multipli-ziert werden. Sämtliche linearen Aberrationsfehler verhalten sich bei skalierter Eintrittspu-pille dann proportional zum Skalierungsfaktor. Während die Objekt- und Bildentfernungen

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ebenfalls proportional skaliert werden, bleiben die Verzeichnung, die Feldwinkel und die Aberrationsanteile, die von dem Feldwinkel abhängen (siehe Tabelle 2-2) dagegen kon-stant.

Die Eintrittspupille dEP und damit die Aperturblende können aufgrund der Leuchtdichte in der Bildebene und der Beugungsfehler jedoch nicht mit s skaliert werden. Die Beleuch-tungsstärke ECCD der Chipfläche ist proportional zu k -2 = (dEP / f’)2 (siehe Gleichung 2-14). Wird der Durchmesser der Eintrittspupille dEP proportional mit f’ reduziert, so bleiben die Blendenzahl k und mit ihr sowohl die Beleuchtungsstärke als auch der Airy-Durchmesser unverändert. Die Pixelsensitivität eines Chips, deren Einheit V / (lx·s) beträgt, ist proportio-nal zu der aktiven Fläche des Pixels. Demnach steigt – die gleiche Chip-Technologie mit gleichem Füllfaktor und gleicher Quanteneffizienz vorausgesetzt - die minimal erforderli-che Beleuchtungsstärke eines Chips bei gleichbleibender Pixelzahl quadratisch mit dem Chipdurchmesser. Es gilt dann

CCDSCCD Es

E ⋅= 2,1 . (2-19)

In Bezug auf die minimale Beleuchtung des Chips bedeutet dies, dass die Eintrittspupille dEP nicht in gleichem Maße wie f’ reduziert werden kann und statt dessen kleinere Blen-denzahlen k erforderlich sind.

ks

kS ⋅= 1 (2-20)

Es ist anzunehmen, dass der Füllfaktor bei einer Miniaturisierung der Chips nicht konstant bleibt, sondern abnehmen und eine reduzierte Sensitivität des Chips zur Folge haben wird. In diesem Fall müsste die Blendenzahl für eine ausreichende Beleuchtungsstärke stärker abnehmen als mit s-1.

Eine Abnahme der Blendenzahl gemäß Gleichung 2-20 ist darüber hinaus auch zur Reduk-tion der Beugung erforderlich, um den Airy-Durchmesser (dAiry ~ k) bei einer Miniaturisie-rung der Optik auf eine abnehmende Pixelgröße abzustimmen. Der Beugungsdurchmesser der Viertel-Zoll-Optiken liegt bei einem Eintrittspupillendurchmesser von 0,5 mm im Be-reich von 10 µm und ist damit bereits etwas größer als die Pixeldiagonale von 6,7 µm. Größere Beugungsfehler führen daher bereits zu einem Verlust der Abbildungsqualität. Um das Durchmesserverhältnis von Airy-Scheibchen und Pixeldiagonale beizubehalten, muss bei einer Skalierung dieser Objektive der Airy-Durchmesser dAiry proportional mit dem Skalierungsgrad reduziert werden.

AirySAiry dsd ⋅=, (2-21)

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Da der Airy-Durchmesser dAiry proportional zur Blendenzahl k ist, folgt hieraus wiederum Gleichung (2-20). Unter Berücksichtigung der Gleichung (2-18) lässt sich die Forderung nach einem gleichbleibenden Durchmesser der skalierten Eintrittspupille dEP,S fordern

EPSEP dd =, . (2-22)

Diese Forderung führt zur Vergrößerung sämtlicher Aberrationsfehler, so dass eine einfa-che Skalierung der geometrischen Daten der existierenden Systeme nicht empfehlenswert erscheint.

Anhand der geforderten Skalierungsvorschriften soll weiterhin der Einfluss einer Miniatu-risierung auf die Schärfentiefe untersucht werden. Der für die Berechnung der Schärfentie-fe zulässige bildseitige Unschärfedurchmesser ξ’ (siehe Kapitel 2.1.4) verhält sich propor-tional zur Pixelgröße und wird daher proportional zu s skaliert. Werden die Daten der Vier-tel-Zoll-Optik mit den Bedingungen (2-18) und (2-20) skaliert, so ergeben sich in Glei-chungen 2-11 und 2-12 eingesetzt die skalierten minimalen und maximalen Objektabstände av,S und ah,S.

( )( ) ( ) ( ) ( ) ( ))'(''

')'(''

'2

2

2

2

, sfakffa

sfaskssfsfaa Sv ⋅+⋅⋅−

⋅=⋅+⋅⋅⋅⋅−⋅

⋅⋅=ξξ

(2-23)

( ))'('''

2

2

, sfakffaa Sh ⋅+⋅⋅+

⋅=ξ

(2-24)

Unter den genannten Annahmen beeinflusst die Skalierung s die Schärfentiefe nicht nen-nenswert. Hieraus kann geschlossen werden, dass der Einsatz von Antrieben in fokussier-baren optischen Systemen mit variablem Objektabstand, um insbesondere eine Verkürzung des Nahbereichs zur Beobachtung von Strukturdetails zu ermöglichen, daher für miniaturi-sierte Systeme gleichermaßen interessant ist, wie für die untersuchten optischen Systeme im Viertel-Zoll-Format.

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2.6 Entwurf eines Zoomobjektivs

Der lineare Direktantrieb ermöglicht die axiale Aneinanderreihung beliebig vieler An-triebssysteme mit einer unabhängigen Verschiebung der einzelnen Läufer. Diese Eigen-schaft kann genutzt werden, um miniaturisierte optische Systeme mit optischem Zoom und Autofokus aufzubauen. Grundsätzlich kann zwischen Zoomobjektiven mit optischem und mechanischem Ausgleich unterschieden werden [Schr81, CoxA97, Shan97].

Zoomobjektiv mit optischem Ausgleich

Bei einer Dreilinsen-Zoomoptik mit sogenanntem optischen Ausgleich [Cuvi51, Berg62, Jami70] werden die beiden äußeren Linsen (-gruppen) gleichförmig um eine feststehende mittlere Linse verschoben, wobei der Abstand der beiden beweglichen Linsen konstant bleibt. Durch die Verschiebung der Linsen lässt sich die Brennweite des Systems kontinu-ierlich verändern. Hierbei existieren allerdings nur drei Linsenstellungen, bei der die Bild-ebene fokussiert ist. In allen anderen Linsenpositionen wird das Bild vor oder hinter der

Abb. 2-20 Schematische Darstellung eines optisch kompensierten Zoomobjektivs

Bildebene fokussiert. Durch eine zusätzliche feste Linse (siehe Abbildung 2-20) lässt sich die Anzahl der kompensierten Punkte auf vier erhöhen und die maximale Fokusabwei-chung deutlich reduzieren. Ein Varioobjektiv mit optischem Ausgleich muss zwangsläufig auf einen festen Objektabstand ausgelegt werden. Eine Fokussierung insbesondere auf kleine Objektabstände ist nur durch die sekundäre Bewegung einer weiteren Linse oder Linsengruppe möglich.

Weitwinkelobjektiv

Teleobjektiv

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Zoomobjektiv mit mechanischem Ausgleich

Bei Zoomobjektiven mit mechanischem Ausgleich werden zwei Linsen- oder Linsengrup-pen entlang zweier voneinander unabhängiger Steuerkurven verschoben (siehe Abb. 2-21). Während eine der beiden beweglichen Gruppen im wesentlichen zur Veränderung der Brennweite dient, wird mit der zweiten Komponente die Fokussierung auf eine feste Bild-ebene erreicht. Brennweitenänderungen mit einem Faktor 3 lassen sich auf diese Weise mit optisch guter Abbildungsqualität realisieren. Größere Zoomfaktoren erfordern dagegen in der Regel mehr als zwei bewegliche Komponenten.

Varioobjektive mit optischem Ausgleich bieten den Vorteil, dass lediglich eine Linse ver-schoben werden muss. Dagegen ist die optische Leistungsfähigkeit der Objektive mit me-chanischem Ausgleich deutlich größer, da das Bild nicht nur im gesamten Brennweitenbe-reich sondern auch für veränderliche Objektabstände stets scharf auf eine feststehende Bildebene abgebildet werden kann.

In dieser Arbeit wurde aufgrund der besseren optischen Qualität und der Fokussierbarkeit auf verschiedene Objektabstände ein Varioobjektiv mit mechanischem Ausgleich für einen Viertel-Zoll-Chip entwickelt. Das System ließ sich während der Projektlaufzeit nicht mehr realisieren, soll aber dennoch in seinen wichtigsten Zügen beschrieben werden, um die Anpassungsfähigkeit zwischen einem solchen miniaturisierten Zoom und dem entwickel-ten Linearantrieb zu demonstrieren.

Bei der Auslegung des optischen Systems wurde neben den geometrischen Randbedingun-gen, die durch die Einbaumaße des optischen Moduls vorgegeben sind und den maximalen Durchmesser der beweglichen Linsengruppen auf etwa 4 mm beschränken, besonders Rücksicht auf den minimalen Läuferabstand genommen. Aufgrund der gegenseitigen An-ziehung bzw. Abstoßung zwischen zwei Läufern muss für alle im erforderlichen Brennwei-ten- und Objektabstandsbereich möglichen Linsenpositionen ein Mindestabstand gewahrt werden, der von der Größe des Motors abhängig ist. Für Antriebe, die mit einem Außen-durchmesser von 7,6 mm für Viertel-Zoll-Optiken geeignet sind, beträgt dieser Mindestab-stand etwa 5 mm (siehe Kapitel 3.13). Zur Reduktion der Antriebsleistung sollte die Ver-fahrstrecke beider Linsen weniger als 15 mm betragen.

Abbildung 2-21 zeigt den Aufbau der entwickelten Zoom-Optik und die Linsenstellungen für verschiedene Brennweiten. Der Brennweitenbereich wird im wesentlichen durch die vordere bewegliche Linsengruppe mit einer Verfahrstrecke von 7,27 mm realisiert, er ist stufenlos im Bereich von 3,0 bis 9,2 mm veränderbar und ermöglicht einen Gesamtfeld-winkel von 2w = 24° bis 76°. Die Fokussierung erfolgt mit Hilfe der zweiten beweglichen Linsengruppe, die eine Verfahrstrecke von 3,66 mm aufweist und erlaubt Objektabstände zwischen 50 mm und Unendlich. Problematisch ist die Platzierung der Aperturblende, die im einfachsten Fall unabhängig von den beweglichen Linsengruppen positionierbar ist, um bei veränderter Brennweite für eine konstante Blendenzahl zu sorgen. Da dies einen dritten

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Antrieb erfordert, wurde die Aperturblende stattdessen mit der Zoom-Linsengruppe ver-bunden, wodurch eine Änderung des Eintrittspupillendurchmessers von 0,31 mm bis 0,58 mm in Kauf genommen werden muss. Dadurch stellen sich unterschiedliche Blenden-zahlen zwischen 9,5 (f’ = 3 mm) und 16,5 (f’ = 9 mm) ein, die für unterschiedliche Be-leuchtungsstärken der Bildebene sorgen. Die Abbildungsfehler konnten in allen Einstel-lungen des Systems im Bereich der Beugungsgrenze gehalten werden. Zur Reduktion der chromatischen Fehler in allen optischen Einstellungen wurden beide zu positionierende Linsengruppen getrennt voneinander achromatisiert.

2w = 22° f’ = 9,2 mm

2w = 50° f’ = 5,1 mm

2w = 76° f’ = 3,0 mm

Abb. 2-21 Dreifaches

t

Zoom-Achromat Fokus-Achroma

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Zoomobjektiv mit mechanischem Ausgleich

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3 Linearer elektromagnetischer Direktantrieb

In den folgenden Abschnitten werden der Aufbau, die Funktionsweise und die Eigenschaf-ten des neuartigen Linearantriebs erläutert. Verschiedene Ausführungsvarianten sorgen für ein großes Maß an gestalterischer Freiheit und Anpassungsfähigkeit.

Für die fokussierbaren optischen Module mit Viertel-Zoll-Chip (V50) und Sechstel-Zoll-Chip (S70) wurden zwei verschiedene Motoren entwickelt (M-V50 und M-S70). Die cha-rakterisierenden Eigenschaften der Antriebe, wie beispielsweise die Positioniergenauigkeit und die Antriebskräfte wurden experimentell ermittelt und zur Validierung mit den ver-wendeten analytischen und numerischen Rechenmodellen verglichen.

Für die Anwendung mehrerer Antriebe in einem einzigen optischen Modul, wie es bei-spielsweise für Zoom-Systeme erforderlich ist, sind einige Aspekte zu berücksichtigen, die nachfolgend erörtert werden. Darüber hinaus werden die Möglichkeiten einer weiterfüh-renden Miniaturisierung anhand von Skalierungsgesetzen diskutiert.

3.1 Aktueller Stand

Eine Vielzahl von optischen Systemen verfügt heutzutage über Antriebe zur Verstellung von optischen Komponenten. Beispielsweise werden in Fotokameras bevorzugt rotierende Motoren eingebaut, deren Drehbewegung über ein Getriebe in eine Linearbewegung um-gewandelt wird. Häufig erfolgt die Umwandlung von Rotation in Translation über eine 3-Punkt-Führung der Linsen in einer manuell oder von einem rotierenden Motor angetriebe-nen genuteten Buchse [Gold30, Lemk92]. Diese Antriebssysteme beanspruchen bei eng begrenzten geometrischen Randbedingungen einen zu großen Bauraum, so dass die Ver-wendung von Linearantrieben erforderlich ist, mit denen durch den Verzicht auf die Ge-triebestufen eine bessere Integration erreicht wird.

Rotatorische Antriebstechniken

Als Antriebe von rotatorisch angetriebenen Verstelleinrichtungen kommen beispielsweise Ultraschall-Piezomotoren zum Einsatz. Bei dem Wanderwellenmotor, einer besonderen Ausführungsform der Ultraschallantriebe, befinden sich im Stator ringförmig angeordnete Piezoelemente, die zu einer umlaufenden Resonanzschwingung bei einer Frequenz zwi-schen 20 und 100 kHz angeregt werden [Frös92]. Die auf dem Piezoring umlaufende Bie-gewelle wird über Reibung auf den Rotor übertragen.

Wesentlich verbreiteter als die Ultraschall-Piezomotoren sind herkömmliche elektrodyna-mische Rotationsmotoren. Für viele Anwendungen steht genügend Bauraum zur Verfü-gung, um Motor und Getriebe unterzubringen (siehe Abbildung 3-1). Bei der Vielfalt an

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Abb. 3-1 Zoom-Objektiv einer Olympus „Superzoom 120“ mit Rota-tionsmotor und mehrstufigem Planetengetriebe

kommerziell erhältlichen rotierenden Elektromotoren lässt sich mit einer solchen Anord-nung meist eine einfache und kostengünstige Antriebslösung finden. In einem Endoskop steht der notwendige Bauraum für Motor und Getriebe jedoch nicht zur Verfügung. Die Linsen müssen in diesem Anwendungsgebiet direkt und in einem Linearmotor integriert angetrieben werden.

Lineare Direktantriebe

Auch bei den Linearmotoren sind Piezoelemente zur Linsenverstellung einsetzbar. Im all-gemeinen sind Piezoantriebe für die Linsenpositionierung in medizinischen Geräten jedoch wenig geeignet, da sie aufgrund ihrer geringen maximalen Dehnung keinen direkten An-trieb erlauben. Daher ist entweder ein Getriebe oder eine Reibpaarung mit variablem, orts-abhängigem Reibkoeffizienten notwendig. Doch auch die Verwendung von Hebelsystemen liefert nur eine begrenzte Wegverstärkung und ist nur schwer in einem Endoskop unterzu-bringen. Darüber hinaus sind deutlich höhere Spannungen als für elektromagnetische An-triebe erforderlich, die einen hohen elektronischen Aufwand und eine erschwerte medizini-sche Zulassung zur Folge haben.

Zur Realisierung von längeren Verfahrstrecken mit Piezokeramiken werden häufig Träg-heitsantriebe eingesetzt. Aus einer amerikanischen Patentschrift der Firma Minolta [Kuwa01] ist ein linearer Piezoantrieb zur Verstellung von Linsen bekannt, bei dem die Linsenfassung (81) beweglich an einem Stab (72) geführt wird, der an einem Piezoelement (71) angebracht ist (siehe Abbildung 3-2). Wird die Spannung an dem Piezoelement lang-sam erhöht, so wird der Stab axial verschoben und die Linsenfassung, die reibend mit dem Stab verbunden ist, folgt der Bewegung. Durch abruptes Umschalten der Spannung am Piezoelement wird der Stab ruckartig zurückgezogen. Aufgrund der Trägheit folgt die Lin-senfassung dieser Bewegung nicht. Eine ständige Wiederholung dieses Vorgangs führt zur kontinuierlichen Verschiebung der Linse in einer Richtung. Eine Umkehr des zeitlichen Spannungsverlaufs am Piezoelement ruft eine entgegengesetzte Verschiebung hervor. Der Vorschub der Linse ist vom lokalen Reibungszustand abhängig, so dass eine sensorische

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Positionsbestimmung der Linse nötig ist. Darüber hinaus lässt sich die Position nicht si-chern. Die maximale Haltekraft wird allein durch die Reibung bestimmt.

Abb. 3-2 Trägheitsantrieb mit piezokeramischem Aktor

Die elektrodynamischen Linearantriebe können nach der Art ihrer Krafterzeugung in Lo-rentz-Kraft-basierte und Reluktanzkraft-basierte Antriebe unterteilt werden.

Lineare Reluktanzantriebe arbeiten in der Regel nach dem Kompensationsprinzip. Dabei werden zwei Permanentmagnetkreise mit gleichem magnetischem Fluss aufgebaut. Die Reluktanzkräfte, die in den Arbeitsluftspalten durch die beiden Kreise erzeugt werden, sind im Ruhezustand gleich groß und bringen den Läufer in eine Gleichgewichtsposition. Durch die Bestromung einer oder mehrerer Spulen lässt sich einer der beiden Kreise stärken, wäh-rend der andere geschwächt wird. Dadurch entsteht ein Ungleichgewicht der Reluk-tanzkräfte in den Arbeitsluftspalten, das zu einer Verschiebung des Läufers führt. Die fol-genden Ausführungsbeispiele sollen die typische Funktionsweise stellvertretend veran-schaulichen.

Abb. 3-3 Halbschnitt eines linearen Reluktanzmotors

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Aus der amerikanischen Patentschrift der Firma Sony [Maru97] ist ein Linearmotor auf Basis des Reluktanzprinzips bekannt (siehe Abbildung 3-3). Der Antrieb verfügt über ei-nen Stator mit Weicheisentopf (16, 17), in dem zwei in Reihe geschaltete Spulen (14, 15) fixiert sind. Zwischen den Spulen befindet sich ein radial magnetisierter Permanentmagnet. Im Läufer dienen zwei, durch einen Spalt G getrennte ferromagnetische dünnwandige Roh-re, für den Schluss des magnetischen Kreises. Der Permanentmagnet erzeugt dabei einen magnetischen Kreis, der über den Weicheisentopf und das bewegliche linke Joch um die linke Spule herum geführt wird. Befindet sich der Spalt G mittig im Stator, so bildet sich ein gleichgroßer magnetischer Kreis mit entgegengesetzter Richtung um die rechte Spule aus. Durch die beiden permanentmagnetischen Kreise geraten die beiden Läuferringe in den Bereich der magnetischen Sättigung. Wird der Läufer nach rechts aus der Mittelpositi-on des unbestromten Läufers herausgedrängt, so verteilt sich der magnetische Fluss nicht mehr symmetrisch auf beide Eisenringe, sondern wird verstärkt durch den linken Ring ge-führt, der dadurch in den übersättigten Zustand gelangt. Der magnetische Fluss ist daher bestrebt, wieder stärker durch den ungesättigten rechten Ring mit größerer Permeabilität zu fließen, so dass eine rücktreibende Kraft wirkt, die den Läufer in die mittlere Stellung drängt. Wird die Spule bestromt, so überlagert sich den beiden Permanentmagnetkreisen ein elektrisch induzierter Magnetkreis, der je nach Stromrichtung den linken oder rechten Permanentmagnetkreis schwächt, während der andere verstärkt wird. Dadurch wird die stabile Läuferposition mit steigender Stromstärke zunehmend aus der symmetrischen Mit-telposition heraus verlagert.

Weitere Reluktanzantriebe mit rotationssymmetrischem Aufbau, die für eine Linsenver-schiebung einsetzbar sind, können in den Patentschriften [Best51, Pett64, Cumm85, Stud86, Auer96 und Sant03] eingesehen werden. Alle Reluktanzantriebe weisen jedoch wesentliche Nachteile auf. Zum einen ändert sich die Antriebskraft meist sehr stark in Ab-hängigkeit der Läuferposition, wodurch eine präzise Positionierung erschwert wird. Zum anderen ist die Verfahrstrecke meist sehr begrenzt. Damit sind starke Einschränkungen bei der Auslegung des optischen Systems vorgegeben, die eine sehr genaue Abstimmung zwi-schen Optik und Mechanik erfordern.

Das Funktionsprinzip eines typischen Lorentz-Kraft-basierten Antriebs, der zur Linsenpo-sitionierung eingesetzt wird, ist in mehreren Patentschriften dokumentiert [Laka39, Engd69, Name93 und Schi03]. Der Stator dieses Motors besteht aus zwei entgegengesetzt bestromten Spulen, die in einem weichmagnetischen Rohr eingebettet sind (siehe Abbil-dung 3-4a). Der Läufer besteht aus einem axial magnetisierten Permanentmagnet, an des-sen Stirnseiten jeweils ein weichmagnetischer Polschuh angebracht ist. Umgekehrt können die Spulen auch auf dem Läufer und zwei ringförmige Magnete im Stator untergebracht werden (siehe Abbildung 3-4b). In beiden Ausführungsformen werden die Spulen radial von dem Permanentmagnetfeld durchdrungen. Eine Spulenbestromung verursacht axiale Lorentz-Kräfte, die proportional zum angelegten Strom sind.

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(a) (b)

Abb. 3-4 Elektromagnetischer Linearantrieb nach dem Tauchspulenprinzip

Einen Vorteil des Systems stellt der einfache Aufbau dar. Dieser ermöglicht die Realisie-rung eines kostengünstigen Antriebs, der bei Änderungen der Anforderungen einfach an-gepasst werden kann. Jedoch verfügt der Antrieb über keine feste Zuordnung zwischen Bestromungszustand und Läuferposition, so dass für Positionierzwecke eine sensorische Wegmessung erforderlich ist, die in eine entsprechende Regelschleife eingebunden werden muss. Die maximale Verfahrstrecke ist beschränkt und wird durch die Breite der Spule vorgegeben. Weiterhin ist die Läuferposition nur durch Reibungskräfte oder einen sehr aufwendigen Servoantrieb fixierbar.

3.2 Anforderungen

Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines elektromagnetischen linearen Direktantriebs, der die Nachteile der genannten Antriebskonzepte überwindet. Durch eine beliebig lange Verfahrstrecke mit einer weitgehend konstanten Antriebskraft soll eine möglichst große Freiheit bei der Auslegung des optischen Systems möglich sein. Dabei soll ein möglichst einfacher Aufbau zu einer kostengünstigen und kompakten Integration von Optik und Me-chanik führen. Eine definierte Zuordnung von Bestromung und Position, sowie zusätzliche Selbsthaltekräfte sollen darüber hinaus für eine präzise Positionierung im gesteuerten Be-trieb sorgen.

Zu den speziellen Anforderungen, die sich aus der Abstimmung mit dem optischen System sowie der Anwendung in einem medizinischen Endoskop ergeben, gehören folgende Punk-te:

Geometrische Randbedingungen

Der Durchmesser des optischen Moduls (siehe Abbildung 3-5) wird durch den freien Boh-rungsdurchmesser des Laparoskopschafts bestimmt. Bei einem Lichtfaserring mit einem Bündeldurchmesser von 4,0 mm beträgt dieser 8,0 mm. Wird für das Optikrohr, welches das gesamte optische Modul umgibt, eine Wandstärke von 0,2 mm gewählt, so ergibt sich

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für den Antrieb ein Außendurchmesser von 7,6 mm. Diese Baugröße gestattet die Realisie-rung eines optischen Moduls mit motorisch angetriebenen Linsen und einem Viertel-Zoll-Chip. Die Fokuslinse, die in den Antrieb integriert werden muss, hat einen Durchmesser von 3,9 mm.

Für die Endoskopserien, die eine relative Rotation zwischen Winkelprisma und Bildauf-nehmer zur Drehung des Bildhorizonts erlauben, ist der maximale Durchmesser des opti-schen Moduls auf 6,6 mm begrenzt. In diesem Fall ist die Verwendung einer Optik mit Sechstel-Zoll-Chip und einem Fokuslinsendurchmesser von 2,9 mm sowie einem entspre-chend angepassten Motor erforderlich.

Der innerhalb des Moduls axial zur Verfügung stehende Bauraum lässt sich wesentlich durch die Auslegung des Linsensystems beeinflussen. Die Begrenzung ist distal durch das starre Linsensystem bzw. deren Fassungen, sowie proximal durch den CCD-Chip gegeben. Bei der Auslegung der Optik muss darauf geachtet werden, dass der axiale Bauraum größer ist als die Summe aus Läuferlänge und Verfahrstrecke.

Abb. 3-5 Bauraum für den Antrieb innerhalb

Positioniergenauigkeit und Hublänge

Gefordert ist eine hohe Positioniergenauigkeit, die in AbGesamtverfahrstrecke der Fokuslinse variieren kann. Theperimentelle Untersuchungen an den optischen Systemen strecken von etwa 3 mm eine Positioniergenauigkeit von(siehe Kapitel 2.4). Die Positionierung des Antriebs sollteDa der Bauraum zur Unterbringung eines zusätzlichen Senicht zur Verfügung steht, erfolgt die Rücklese des Istwert

r

r

Fokuslinse Bauraum für den Antrieb Optikroh

des optischen Mo

stimmung mit doretische Betrahaben gezeigt, etwa ± 0,05 m im geregeltennsors zur Posi

s über die Bildi

Bildaufnehme

duls

er erforderlichen chtungen und ex-dass bei Verfahr-m erforderlich ist Betrieb erfolgen. tionsrückmeldung nformation.

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Antriebskraft und Haltekraft

Die Einstellung der Linsenposition sollte so rasch wie möglich erfolgen, um die Arbeit des Arztes zeitlich nicht zu beeinträchtigen. Daher wird eine hohe Dynamik des Läufers gefor-dert, die eine möglichst hohe Stellkraft bei einer geringen Masse des Läufers und des be-wegten optischen Elements voraussetzt.

Während der Handhabung des optischen Instruments können Beschleunigungskräfte wir-ken. Durch eine Änderung der Orientierung des Antriebs im Raum wirkt die Gravitations-beschleunigung g in veränderlicher Richtung auf den Läufer. Darüber hinaus können wei-tere Beschleunigungskräfte, beispielsweise durch das Abschütteln von Flüssigkeit am En-doskop, durch den Anwender hervorgerufen werden. Abschätzungen [Kili05] zufolge, nach denen eine Drehbewegung des Handgelenks mit einem Drehwinkel von 45° und einer zeitlich kosinusförmigen Winkelfunktion mit einer Frequenz von f = 2,5 Hz angenommen wird, ergibt sich eine maximale Winkelgeschwindigkeit von ϕ& = 12,3 rad / s. Wird die En-doskopachse während der Drehung stets in radialer Richtung geführt, so tritt die Zentrifu-galbeschleunigung aZ auf

raZ ⋅= 2ϕ& ,

die axiale Kräfte auf den Läufer verursacht. Bei einer Endoskoplänge, bzw. einem Drehra-dius von 400 mm, wirkt an der Endoskopspitze eine Beschleunigung von 60,9 m / s2 = 6,2 g. Um eine konstante Einstellung des optischen Systems, unabhängig von der Orientie-rung im Raum zu gewährleisten und eine Schädigung des optischen Moduls durch be-schleunigte optische Bauteile auszuschließen, muss die Haltekraft des Läufers daher größer als die genannten Beschleunigungskräfte sein.

Elektrische Leistung

Die maximal zulässige elektrisch aufgenommene Leistung des Linearantriebs im endosko-pischen Einsatz wird nicht durch die Temperaturfestigkeit der Materialien, sondern durch die für den Patienten zulässige Temperatur des Endoskopschafts begrenzt. Eine Eiweißde-naturierung und Auflösung der Zellwandlipiddoppelmembran ist beim Erhitzen ab 42 °C langsam, aber stetig zunehmend zu beobachten. Gelöste Proteine denaturieren zwischen 42–70 °C, gefolgt von fibrillären Eiweißen bei 50–70 °C [Honi03]. Entsprechend beträgt die maximal zulässige Erwärmung des Lichtaustrittsteils eines Endoskops 50°C. Dieser Wert gilt nur für den Einführungsteil. Nach DIN EN 60601-2-18 müssen in diesem Fall geeignete Warnungen und Hinweise, zur Vermeidung von Risiken für Patient und Anwen-der, in der Gebrauchsanweisung vermerkt sein. Die Temperatur aller anderen Oberflächen, die in Kontakt mit dem Patienten oder dem Anwender kommen können, darf 41° C nicht überschreiten.

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Thermische Beständigkeit

Zur Sterilisierung müssen medizinische Instrumente autoklavierbar sein. Ein Zyklus im Autoklaven besteht aus wechselndem Unterdruck von wenigen Millibar bis 2,0 bar Über-druck bei 134°C in reinem Wasserdampf. Die Abdichtung gegen den dabei herrschenden Umgebungsdruck übernimmt in erster Linie der dampfdichte Endoskopschaft. Die kon-struktiven Maßnahmen zur Abdichtung des Endoskops sind in [Kili05] beschrieben. Als zusätzliche Sicherheit ist das optische Modul inklusive dem Antrieb abgedichtet. Bei der Auslegung des Motors und seiner Werkstoffe ist daher insbesondere eine thermische Be-ständigkeit von mindestens 134°C sicher zu stellen.

3.3 Werkstoffe

In elektromagnetischen Antrieben kommen verschiedene funktionale Werkstoffgruppen zum Einsatz. Zur Flusserzeugung werden in der Regel hartmagnetische Werkstoffe in Kombination mit stromdurchflossenen Spulen verwendet. Weichmagnetische Werkstoffe dienen zur Konzentration und Führung des magnetischen Flusses. In den nachfolgenden Kapiteln werden verschiedene Werkstoffe dieser Werkstoffgruppen vorgestellt und ihre Eigenschaften unter Berücksichtigung der oben angeführten Anforderungen an den Motor diskutiert.

Hartmagnetische Werkstoffe

In miniaturisierten elektromagnetischen Systemen werden vorzugsweise permanentmagne-tische Materialien mit höchsten Energiedichten, wie beispielsweise den Seltenerdenmagne-ten Neodym-Eisen-Bor (NdFeB) oder Samarium-Kobalt (SmCo), verwendet.

Die maximal zulässigen Dauertemperaturen von Samarium-Kobalt liegen bei 250 bis 350°C und übertreffen damit Neodym-Eisen-Bor, dessen typischen Werte zwischen 50 bis 230°C liegen. Die Temperaturbeständigkeit ist jedoch nicht allein eine materialcharakteris-tische Größe, sondern hängt zusätzlich vom Aufbau des Magnetkreises und dem daraus re-sultierenden Scherungszustand des Magneten ab. Mit steigendem Verhältnis der Luftspalt-länge zur Magnetlänge in einem Magnetkreis nimmt die Entmagnetisierung zu und desto empfindlicher wird der Magnet gegenüber irreversiblen thermischen Verlusten. Für den medizinischen Einsatz dampfsterilisierbarer Instrumente sind Temperaturen von maximal 134°C erforderlich, so dass sich neben SmCo bei geeigneter Auslegung des magnetischen Kreises auch höherwertige NdFeB-Legierungen verwenden lassen (siehe Tabelle 3-1).

SmCo ist zwar resistenter gegenüber Korrosion und benötigt im Gegensatz zu NdFeB auch in feuchter Luftumgebung keine Schutzschichten. Da das optische Modul, in dem sich der Antrieb befindet, evakuiert und mit Argon aufgefüllt wird, ist für den vorgesehenen An-wendungsfall jedoch auch bei NdFeB keine Korrosion zu erwarten. Aufgrund der im Ver-gleich zu SmCo etwas höheren (BH)max–Werte von NdFeB lässt sich die Energiedichte des

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Motors steigern. Ein Nachteil von SmCo ist die deutlich größere Sprödigkeit, die eine Be-arbeitung von dünnwandigen, filigranen Bauteilen erschwert.

Seltenerdenmagnete sind Sinterwerkstoffe, die durch Pressen in ihre Form gebracht wer-den. Die Maßtoleranzen der Polflächen betragen ohne Nachbearbeitung üblicherweise ± 0,2 mm. In der Regel ist eine Nachbearbeitung durch Schleifen nötig, womit Toleranzen von ± 0,02 mm möglich sind. Die Seitenflächen sind vom Presswerkzeug weitgehend vor-gegeben und haben bei Nennmaßen von wenigen Millimetern eine Toleranz von üblicher-weise ± 0,05 bis 0,15 mm. Auch hier kann durch eine Schleifbearbeitung die Toleranz ver-bessert werden.

Alternativ dazu lässt sich der Magnet im unmagnetisierten Zustand funkenerosiv bearbei-ten. Durch diesen Fertigungsprozess lassen sich sehr enge Toleranzen, die im Bereich we-niger Mikrometer liegen, erzielen. Trotz der hohen Oberflächengüten, die durch die Fun-kenerosion erreicht werden können, sollte das magnetische Material nicht ohne eine Nach-bearbeitung zur Verbesserung der Oberflächenqualität und Beschichtung als direkter Reib-partner verwendet werden.

Kunststoffgebundene Magnetwerkstoffe aus NdFeB oder SmCo lassen sich durch Spritz-guss in die gewünschte Form bringen und können spanabhebend bearbeitet werden. Die Remanenz liegt jedoch etwa bei der Hälfte derer der Sintermagnete.

Werkstoff Remanenz Koerzitiv-feldstärke

Energiedichte maximale Dauer-

temperatur

Magneti-sierungs-feldstärke

BR [T] HcB [kA / m] (BH)max [kJ / m3] Tmax [°C] Hmag [kA / m]

NdFeB

Vacodym 344 HR 1,35 1020 360 100 2500

Vacodym 400 HR 1,16 880 255 180 2500

Vacodym 400 AP 1,10 840 230 180 2500

Sm2Co17

Vacomax 225 HR 1,10 820 225 350 3650

SmCo5

Vacomax 200 1,01 755 200 250 3650

AlNiCo

AlNiCo 600 1) 1,25 51 44 540 -

1) aus [Magn02]

Tab. 3-1 Typische Kennwerte permanentmagnetischer Werkstoffe [Vacu00]

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Der Einsatz von permanentmagnetischen Materialien wie Hartferriten und Aluminium-Nickel-Kobalt (AlNiCo) ist ebenfalls möglich. AlNiCo verfügt über eine hohe Remanenz BR und eine sehr gute Wärmebeständigkeit von bis zu 550°C. Aufgrund der niedrigen Koerzitivfeldstärken lassen sich jedoch nur geringe maximale Energiedichten (BH)max [Magn02] erzielen. Bei der geometrischen Auslegung des Antriebs muss insbesondere für AlNiCo die leichte Entmagnetisierung bei der Auslegung des magnetischen Kreises be-rücksichtigt werden. Hieraus ergeben sich konstruktive Einschränkungen, die sich nicht immer einhalten lassen.

Weichmagnetische Werkstoffe

Die weichmagnetischen Werkstoffe dienen der Konzentration und Führung des magneti-schen Flusses. Zwei Größen spielen hierfür eine wichtige Rolle: zum einen die relative magnetische Permeabilität µr, zum anderen die Sättigungsinduktion Bsat. Mit steigender re-lativer Permeabilität nimmt der magnetische Widerstand des Bauteils ab. Da der magneti-sche Fluss bevorzugt durch Werkstoffe mit geringem magnetischem Widerstand verläuft, lässt sich der Flussverlauf mit Hilfe der Permeabilität entscheidend verändern. Die Sätti-gungsinduktion spielt insbesondere bei der Auslegung der Materialstärke eine entscheiden-de Rolle. Je größer die Sättigungsinduktion ist, desto kleiner kann bei gegebenem magneti-schen Fluss die Querschnittsfläche des flussführenden Bauteils sein, ohne dass das Material dabei in die magnetische Sättigung gelangt. Einen Überblick über verschiedene weichmag-netische Werkstoffe gibt Tabelle 3-2.

Bei den weichmagnetischen Materialien ist darauf zu achten, dass die magnetischen Kenn-werte von verschiedenen Einflussgrößen, wie beispielsweise dem Bearbeitungszustand, der Orientierung des Magnetfelds und der Materialdicke, abhängig sind. Zur Gewährleistung der optimalen magnetischen Eigenschaften von hochwertigen Materialien ist nach der me-chanischen Bearbeitung eine Schlussglühung erforderlich.

Zur kostengünstigen Herstellung kann allgemeiner Baustahl, beispielsweise St37, verwen-det werden. Dieser verfügt mit einer Remanenzinduktion von BR = 1,6 T und einer maxi-malen Permeabilität von etwa 3000 [Bozo51] über hinreichend gute magnetische Eigen-schaften und lässt sich mit Hilfe von verschiedenen Bearbeitungstechniken gut bearbeiten. Aus diesem Grund wurde für die Fertigung der Prototypen ausschließlich dieser Werkstoff verwendet. Sämtliche in dieser Arbeit angeführten analytischen und numerischen Rech-nungen wurden anhand der statischen, nichtlinearen BH-Kurve von Kohlenstoffstahl mit 0,2 % Kohlenstoff [Bozo51] durchgeführt.

Zur Realisierung sehr kleiner Motorabmessungen sind möglichst große Energiedichten er-forderlich, die eine Verwendung hochwertiger weichmagnetischer Werkstoffe mit größt-möglichen Sättigungsinduktionen, wie beispielsweise Kobalt-Eisen-Legierungen, erfor-dern. Bei einem gegebenen magnetischen Fluss lassen sich aufgrund ihrer hohen Sätti-

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gungspolarisation geringere Wandstärken realisieren, so dass das Bauvolumen reduziert werden kann.

Für zeitlich veränderliche Magnetfelder sind Ummagnetisierungsverluste zu berücksichti-gen. Die Frequenzen, mit der der neuartige Antrieb betrieben wird, liegen typischerweise unterhalb von 50 Hz, so dass nur mit geringen Verlusten zu rechnen ist.

Werkstoff Anfangs-permeabilität

Maximal-permeabilität

Koerzitiv-feldstärke

Sättigungs-polarisation

µ4*) µmax [A / cm] [T]

CoFe mit 17-50 % Co

Vacoflux 50 600 4.000 1,5 2,35

NiFe mit 72-83 % Ni

Mumetall 60.000 250.000 0,015 0,80

Vacoperm 100 200.000 350.000 0,01 0,74

NiFe mit 45-50 % Ni

Permenorm 5000 S4 15.000 150.000 0,025 1,60

SiFe mit 3 % Si

Trafoperm N3 1.000 30.000 0,2 2,03

Magnet-Reineisen

Vacofer S1 2.000 40.000 0,06 2,15

amorphe Legierungen

Vitrovac 6025 100.000 3·10-5 0,40

Vitroperm 800 70.000 0,02 1,20

*) µ4 ist die Anfangspermeabilität bei 4 mA / cm

Tab. 3-2 Statische Kennwerte einiger weichmagnetischer Werkstoffe [Vacu98]

Nicht-ferromagnetische Materialien

Alle Bauteile, die nicht zur magnetischen Flusserzeugung oder –führung dienen, müssen aus nicht-ferromagnetischen Werkstoffen gefertigt werden. Vielfältig verfügbare Werk-stoffe sind beispielsweise Messing oder V2A-Stahl. Zur kostengünstigen Fertigung können die rohrförmigen, dünnwandigen Bauteile aus kommerziell erhältlichen Teleskoprohren produziert werden. Hierbei handelt es sich um gezogene Rohre mit Wandstärken von > 0,10 mm. Ihre Toleranzen betragen in der Regel 0 / + 0,03 mm für die Innendurchmesser sowie 0 / – 0,03 mm für die Außendurchmesser, so dass aneinander angrenzende Rohr-durchmesser gleitend ineinander geführt werden. Die Oberflächenqualität der gezogenen

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Rohre ist bereits hoch, sollte für Reibpaarungen jedoch durch mechanische oder elektro-chemische Polierprozesse verbessert werden.

Spulendrähte

Selbsttragende Spulen bestehen aus Backlackdraht und bieten den Vorteil, dass sie keinen Wickelkern benötigen und mehr Bauvolumen für den eigentlichen Spulenkörper zur Ver-fügung steht. Der Aufbau der Backlackdrähte besteht aus einem stromführenden Kupfer-kern, der zweifach beschichtet ist. Die beiden thermoplastischen Isolationsschichten unter-scheiden sich im wesentlichen durch ihre Erweichungstemperatur, die für die äußere Schicht deutlich niedriger ist, als für die innere. Wird eine gewickelte Spule auf eine Tem-peratur erwärmt, die zwischen diesen beiden Erweichungstemperaturen liegt, so verbinden sich die äußeren Isolationsschichten benachbarter Windungen und sorgen nach dem Ab-kühlen für einen formstabilen Zusammenhalt der Spule.

Als Isolationsschichten werden meist Polyurethane, Polyesterimide oder Polyimide ver-wendet, die für Einsatztemperaturen von über 200°C geeignet sind [Elek02]. Der Leiter-werkstoff besteht in der Regel aus Kupfer bzw. sauerstofffreiem Kupfer mit einem spezifi-schen Widerstand von 0,0171 Ω·mm2

/ m. Der minimale Drahtdurchmesser der Kupfer-lackdrähte beträgt etwa 10 µm, wobei derartig feine Drähte Schwierigkeiten in der allge-meinen Handhabung bereiten können. Drahtdurchmesser ab etwa 50 µm sind für einen manuellen Umgang gut geeignet, obgleich ständige Vorsicht vor Drahtrissen oder Verlet-zungen der Isolationsschichten während der Montage gewahrt werden muss.

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3.4 Aufbau des Linearantriebs

Der neu entwickelte Antrieb stellt einen elektromagnetischen Wanderfeldmotor dar, der sich vom Prinzip her als dreiphasiger linearer Synchronmotor auf Basis der Lorentz-Kraft auffassen lässt (siehe Abbildung 3-6). Der Antrieb verfügt über einen zylindrischen, rotati-onssymmetrischen Aufbau und besteht aus einem permanentmagnetischen Läufer mit frei-em Mitteldurchgang, der eine axial zu bewegende optische Komponente (Linse, Prisma, Spiegel, optischer Sensor, etc.) aufnimmt. Umhüllt von einer Gleithülse verschiebt sich der Magnet durch Wechselwirkung mit einem entlang der Rotationsachse bewegten dreiphasi-gen magnetischen Wanderfeld in einem Hüllrohr. Der magnetische Fluss wird über ferro-magnetische Polschuhe am Läufer und über ein äußeres Rückschlussrohr konzentriert ge-führt. Das magnetische Wanderfeld wird durch mindestens drei nebeneinander liegende, um das Hüllrohr gewickelte Statorspulen erzeugt, deren sinusförmige Ansteuerung je einen Phasenversatz von 120° aufweist. Die Breite einer Spule beträgt 2/3 des Polabstands der Läuferpolschuhe.

Der Magnet wird zur Miniaturisierung vorzugsweise aus permanentmagnetischen Materia-lien mit höchsten Energiedichten wie beispielsweise den Seltenerdenmagneten Neodym-Eisen-Bor (NdFeB) oder Samarium-Kobalt (SmCo) hergestellt. Bei geeigneter Wahl der Magnetwerkstoffe und Spulendrähte kann der Aktor einer Wärmebelastung von über 140°C ausgesetzt werden. Damit ist auch eine Dampfsterilisierung möglich, die für einige medizinische Anwendungen, so auch in der Laparoskopie, nötig ist. Das Hüllrohr und die Gleithülse dienen einzig der Führung des Läufers im Stator und sollen das Magnetfeld nicht beeinflussen. Sie bestehen daher aus nicht-ferromagnetischem Material wie bei-spielsweise Chrom-Nickel-Stahl oder Kupfer-Beryllium. Zur Minimierung von Reibung und Verschleiß sind die Laufflächen des Hüllrohrs und der Gleithülse poliert und können zusätzlich mit einem Hartstoff (wie Si3N4, SiC oder diamantähnlichem Kohlenstoff, kurz DLC) beschichtet sein.

N

N

S

S

Statorspulen

EisenruckschlussHullrohr Gleithulse

Laufer mit Magnet Lauferpolschuh

Abb. 3-6 Prinzipskizze des Linearantriebs. Drei Ringspulen erzeugen ein dreiphasiges Wanderfeld, das einen axial magnetisierten Perma-nentmagnet bewegt.

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Abb. 3-7 Labormuster eines Linear-antriebs mit einem Außen-durchmesser von 6,2 mm

Abb. 3-8 Linearantrieb integriert im opti-schen Modul mit Linsensystem und CCD-Chip

Abbildung 3-7 zeigt ein Labormuster des Antriebs M-S70 für die Sechstel-Zoll-Optik. Eine Anschlussplatine dient als Fuß und zur einfachen Kontaktierung der stromzuführenden Drähte. Im eingebauten Zustand (siehe Abbildung 3-8) wird diese Platine verlagert, um den radialen Bauraum nicht zu vergrößern.

3.5 Funktionsprinzip

Der Linearaktor basiert im Gegensatz zu den Reluktanzantrieben auf der Lorentz-Kraft. Zur Beschreibung seiner Funktionsweise ist neben einer Betrachtung der Lorentz-Kräfte auch eine Analyse der Magnetfeldverteilung hilfreich. Zum detaillierten Verständnis der Arbeitsweise des Motors werden beide Betrachtungsweisen nachfolgend beschrieben.

Die Magnetfeldverteilung im Motor ergibt sich aus der Überlagerung zweier Felder, das des permanentmagnetischen Läufers und das der Statorspulen. Der Läufer bildet einen magnetischen Kreis aus, der von den Magnetpolen aus die radialen Luftspalte zwischen den beiden Läuferpolschuhen und dem Rückschlussrohr des Stators überbrückt und dabei die Spulen durchdringt (siehe Abbildung 3-9).

Baulänge des Motors

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Abb. 3-9

Das Magnetfeld des torspulen werden hiebei die SpulenströmeI1, I2 und I3 hängen v

Abb. 3-10 Dar

ϕ = 0°

=

+

60

Überlagerung der Magnetfelder von Stator und Läufer bei positiver Feldüberlagerung (Darstellung im Halbschnitt)

Stators wird durch die Stromwirkung der Spulen erzeugt. Die drei Sta-rzu mit drei Phasen gemäß einem Drehstrombetrieb angesteuert, wo- einen Phasenunterschied von 120° aufweisen. Die drei Stromstärken om Maximalstrom Imax und dem Phasenwinkel ϕ ab.

)120cos(max1 °−⋅= ϕII

)cos(max2 ϕ⋅= II

)120cos(max3 °+⋅= ϕII

stellung des Feldlinienverlaufs im Stator (Darstellung im Halbschnitt)

45° 90° 135° 180°

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Die Überlagerung der einzelnen Magnetfelder der Einzelspulen führt zu einem resultieren-den magnetischen Gesamtfeld im Stator, welches sich durch eine Änderung des Phasen-winkels ϕ axial verschieben lässt (siehe Abbildung 3-10). Werden nun die Felder des Läu-fers und des Stators kombiniert, so ergibt sich eine vom Phasenwinkel abhängige axiale Lage des Läufers. Diese bevorzugte Lage befindet sich dort, wo es zu einer positiven Über-lagerung der beiden Felder kommt.

Eine Abweichung von der Sollposition des Läufers führt zu einer rücktreibenden Kraft, die einerseits eine äußerst präzise Positionierung des Läufers erzwingt, andererseits aber auch eine Haltekraft erzeugt, die den Läufer in einer stabilen Position hält. Dieses Verhalten ist anhand der Abbildungen 3-11 und 3-12 veranschaulicht. In den drei Teilabbildungen von Abbildung 3-11, in denen jeweils die Feldlinienverläufe der vom Permanentmagneten und den Spulen erzeugten Magnetfelder dargestellt sind, führt jeweils die mittlere Spule den maximalen Strom und die beiden Randspulen den halben Strom in entgegengesetzter Rich-tung (ϕ = 0°). Position (a) zeigt die stabile Lage des Läufers. Je weiter der Läufer aus die-ser Position herausgedrängt wird, z.B. durch äußere Kräfte, wie beispielsweise durch Gra-vitations- oder Beschleunigungskräfte, desto stärker verzerrt sich das Feldlinienbild.

Die rücktreibenden Kräfte nehmen mit dem Maß der Auslenkung (b und c in Abbildung 3-11 und Abbildung 3-12) zu. Durch geänderte relative Stromamplituden der Spulen – un-ter Einhaltung der Phasenbeziehung – wandert das magnetische Feld der Spulen und sorgt

Abb. 3-11 Magnetische Feldlinien für drei Läuferpositionen (hier als Halbschnitt dargestellt). (a) stabile Position des Läufers. Bei (b) und (c) werden die Magnetfeldlinien mit zunehmender Auslenkung verzerrt.

(a)

(b)

(c)

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F

x

a b c

a'

Abb. 3-12 Axialer Verlauf der resultierenden Axialkraft F als Funktion des Wegs x für zwei unterschiedliche Phasenansteuerungen. (a) stabiles Gleichgewicht. Eine axiale Auslenkung des Läufers (x-Achse) führt zu einer rücktreibenden Kraft (b und c, siehe Abbildung 3-11). Durch Veränderung der Spulenbestromung (gestrichelte Linie) wandert die Sollposition des Läufers (a’).

für ein axiales Fortschreiten der Sollposition des Läufers (a’ in Abbildung 3-12). Dabei lässt sich die Sollposition beliebig genau vorgeben.

Ein wesentlicher Vorteil der selbsthaltenden Kräfte ist, dass durch den definierten Zusam-menhang zwischen Läuferposition und Phasenwinkel der Spulenbestromung ein gesteuer-ter Betrieb des Motors möglich ist. Auf diese Weise kann auf zusätzliche mechanische und elektronische Bauelemente verzichtet werden. Darüber hinaus ist die Selbsthaltung insbe-sondere bei fest eingestellter Position der optischen Elemente vorteilhaft, da sie eine Fehl-justage der Linsen oder Objektive durch eine ruckweise Bewegung des optischen Instru-ments oder infolge der Schwerkraft verhindert.

Im Vergleich zu Linearantrieben auf Tauchspulenbasis [Voss96], die nicht über eine Selbsthaltung verfügen und eine Positionserfassung benötigen, sowie Antrieben, die über Ritzel, Zahnräder oder Helixführungen arbeiten [Kogu93, Kohn95], verfügt der vorgestell-te Linearmotor über einen kompakten und einfachen Aufbau.

Da das magnetische Feld des Permanentmagneten um ein Vielfaches größer ist, als das der Spulen, wird der Verlauf der magnetischen Feldlinien nahezu ausschließlich von den Per-manentmagneten bestimmt. Das Maß der Feldlinienverzerrung in Abbildung 3-11 wurde zur Veranschaulichung stark überzeichnet. Unter realen Bedingungen führt die Spulen-bestromung kaum zu erkennbaren Verzerrungen der Feldlinien. Vereinfacht kann der mag-netische Fluss Φ nahezu unabhängig von der Spulenbestromung oder der relativen Lage zwischen Läufer und Spulen als geometrisch starrer Kreis betrachtet werden, der durch den Permanentmagneten und das Rückschlussrohr führt und in den Luftspalten die Spulen durchdringt (siehe Abbildung 3-13). Bei dieser Betrachtungsweise lässt sich das Funkti-

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onsprinzip des Linearantriebs anhand der Lorentz-Kräfte beschreiben und analytisch mo-dellieren. Die Lorentz-Kraft wirkt auf bewegte Ladungen im Magnetfeld. Befindet sich ein stromdurchflossener Leiter mit der Stromstärke I und der Leiterlänge l in einem Magnet-feld mit der magnetischen Induktion B, so berechnet sich die Lorentz-Kraft FL aus

)( BlIFL ×= . (3-1)

Abb. 3-13 Der magnetische Fluss Φ des Permanentmagneten erzeugt Lorentz-Kräfte auf die bewegten Ladungen in der Spule. Auf den Läufer wirken die Reaktionskräfte FR in entgegengesetzter Richtung. In der stabilen Läuferposition (a) heben sich die Kräfte auf, bei einer Auslenkung (b) wirken rücktreibende Kräfte.

Die Wirkung der Lorentz-Kräfte im Linearantrieb wird in Abbildung 3-13 veranschaulicht, in der die mittlere Spule den maximalen Strom und die äußeren Spulen den entgegenge-setzten halben Strom führen (ϕ = 0°). In Abbildung 3-13a durchströmt der magnetische Fluss vom Nordpol ausgehend die linke Spule. Auf die bewegte Ladung, die durch den durchfluteten Teil der linken Spule fließt, wirken Lorentz-Kräfte, die nach links gerichtet sind. Die rechte Spule ist zwar in gleicher Richtung bestromt, das Magnetfeld ist aber im Vergleich zur linken Spule umgekehrt orientiert, so dass bei symmetrischer Läuferposition zwei gleichgroße, aber entgegengesetzte Lorentz-Kräfte FL wirken. Die Lorentzkräfte kön-nen keine Arbeit an den fixierten Spulen verrichten, jedoch bewirken sie nach dem dritten Newton’schen Gesetz (actio = reactio) Reaktionskräfte FR, die mit umgekehrtem Vorzei-chen an dem Läufer wirken. In der Teilabbildung 3-13a heben sich diese Kräfte auf und der Läufer befindet sich in seiner stabilen Position.

Wird der Läufer ausgelenkt (Teilabbildung 3-13b), so wirkt weiterhin eine nach rechts ge-richtete Lorentz-Kraft in der rechten Spule. Der linke Pfad des magnetischen Flusses durchströmt nun die mittlere Spule. Aufgrund der Stromrichtung dieser Spule wirkt die

(a)

(b)

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dort erzeugte Lorentz-Kraft ebenfalls nach rechts. Die entstehenden Reaktionskräfte auf den Läufer wirken in Richtung Statormitte und versuchen diesen in seine stabile Position zurückzudrängen. Durch Veränderung der Spulenbestromung kann eine Verschiebung der stabilen Läuferposition und somit eine Fortbewegung des Läufers verursacht werden.

Mit Hilfe dieses Modells lässt sich der Linearantrieb einfach und mit guter mathematischer Näherung analytisch modellieren [Hinr03]. Aus Gleichung (3-1) ergibt sich für eine senk-recht durchfluteten Ringspule mit N Windungen und einem mittleren Spulendurchmesser dm die Gleichung der Lorentz-Kraft in skalarer Form:

SpmL BdINF ⋅⋅⋅⋅= π . (3-2)

hierin ist BSp die in der Spule wirksame magnetische Induktion. Der magnetische Fluss Φ ergibt sich an einer beliebigen Stelle des Magnetkreises aus der Induktion B und der Fläche A, die sie durchflutet.

.konstAB =⋅=Φ (3-3)

Geht man davon aus, dass der vom Permanentmagneten erzeugte magnetische Fluss Φ = BMg·AMg , die Spule über die mittlere zylindrische Fläche AZ,Sp mit

mSpZ dbA ⋅⋅= Φ π, , (3-4)

durchflutet, wobei bΦ die Breite des Flusses ist, so lässt sich die magnetische Induktion in der Spule wie folgt berechnen:

SpZSpZ

MgMgSp AA

ABB

,,

Φ=⋅= . (3-5)

Die Stirnfläche des Magnetrings AMg lässt sich aus dem Innendurchmesser di,Sp und dem Außendurchmesser da,Sp des Magneten berechnen.

4

2,

2, SpiSpa

Mg

ddA

−⋅= π (3-6)

Mit Hilfe von Gleichung 3-5 und der Durchflutung Θ = N·I lässt sich die in einer Spule wirksame Lorentz-Kraft zu folgender Gleichung umformulieren:

ΦZ,Sp

MgMgmL b

ΦΘA

ABdπINF ⋅=

⋅⋅⋅⋅⋅= . (3-7)

Bei vorgegebener elektrischer Leistung P ist die Durchflutung einer Spule abhängig von der Querschnittsfläche der Spule ASp , die sich aus dem Produkt von Spulenbreite bSp und radialer Spulenhöhe hSp ergibt, dem mittleren Spulendurchmesser dm sowie dem Füllfaktor kF, der das Verhältnis der leitenden Kupferfläche zur gesamten Spulenquerschnittsfläche beschreibt.

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mCu

FSp

dπρkAP

NIΘ⋅⋅⋅⋅

⋅=⋅=32 (3-8)

hierin ist ρCu der spezifische Widerstand von Kupfer (ρCu = 0,0171 Ω·mm2 / m). Die Her-

leitung von Gleichung 3-8 erfolgt in Kapitel 3.5.2.

Im Linearantrieb wirkt die Lorentz-Kraft in zwei radialen Spalten. Damit wirkt auch nur die Durchflutung von zwei Spulen. Unter Berücksichtigung der Phasenbeziehung zwischen den Strömen ergibt sich die maximale Gesamtdurchflutung, äquivalent zu einem rotieren-den Drehstrommotor [Gier98], mit Θges = 3 / 2·Θ . Die gesamte wirksame maximale Lo-rentz-Kraft des dreiphasigen Wanderfeldmotors mit zweipoligem Läufer beträgt somit

mCu

FSp

Φ

MgMg

ΦL,ges dπρ

kAPb

ABbΦΘF

⋅⋅⋅⋅

⋅⋅

⋅=⋅⋅=32

23

23 . (3-9)

Eine Schwierigkeit bei der analytischen Berechnung der Lorentz-Kraft besteht darin, dass die Streuung des magnetischen Flusses im radialen Spalt zwischen den Läuferpolschuhen und dem Rückschlussrohr mit einem angemessenen analytischen Aufwand nicht bestimmt werden kann. Die Breite des magnetischen Flusses bΦ im Luftspalt lässt sich daher nur ab-schätzen. Gleichung 3-9 liefert mit dem Ansatz bΦ ≈ bSp gute Näherungslösungen. Ent-scheidender ist jedoch, dass sich aus der Gleichung bereits die wichtigsten Einflussgrößen ableiten lassen. Zum einen wird deutlich, dass die Antriebskraft proportional zu der Wurzel der Leistung P ist:

PF ∝ (3-10)

So ist beispielsweise eine Vervierfachung der Leistung erforderlich, um die Antriebskraft eines gegebenen Motors zu verdoppeln. Bei der Auslegung des Linearantriebs und zur Op-timierung der Antriebskraft bei vorgegebener Leistung spielt die Durchflutung Θ eine wichtige Rolle, die sich durch die Wahl der Spulen- und Drahtgeometrie festlegen lässt. Der magnetische Fluss BMg·AMg des Magnetkreises stellt die zweite wichtige Größe zur Einstellung der Antriebskraft dar. Der Fluss ergibt sich aus der geometrischen Auslegung des Stators und Läufers. Die Grundlagen zur Berechnung des Magnetkreises und der Durchflutung werden in den beiden folgenden Kapitel beschrieben.

3.5.1 Berechnung des Magnetkreises

Zur Berechnung der Lorentz-Kraft als Funktion der Läuferposition muss entsprechend Gleichung (3-9) die vom Permanentmagneten erzeugte magnetische Induktion B in den Luftspalten ermittelt werden. Anhand dieser Gleichung lassen sich bereits die wichtigsten Kriterien zur Auslegung des Antriebs ableiten. Im folgenden Kapitel werden die theoreti-schen Grundlagen zur Berechnung und Auslegung des Motormagnetkreises vorgestellt. Ei-

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ne genaue Beschreibung verschiedener Einflussparameter wird am Beispiel des Viertel-Zoll- und des Sechstel-Zoll-Antriebs anhand von FEM-unterstützten Optimierungsrech-nungen in Kapitel 3.12 diskutiert.

Der magnetische Fluss verläuft vom Nordpol des axial magnetisierten Permanentmagnet-ring über die Polschuhe des Läufers durch den radialen Luftspalt der Länge lLuft, in dem sich die Spulen befinden, zum Rückschlusseisen des Stators. Von dort gelangt er über ei-nen zweiten Luftspalt und den zweiten Läuferpolschuh zum Südpol des Magneten. Ausge-hend von dieser Anordnung lässt sich ein Ersatzmodell zur analytischen Berechnung des Magnetkreises erzeugen. Geht man von einem idealen Kreis ohne Streuverluste aus, so las-sen sich die Luftspalte, in denen sich die Spulen befinden, zu einem einzigen Spalt mit der Länge 2·lLuft = δ zusammenfassen (siehe Abbildung 3-14).

lMg

δ

NS

AMg

Aδ Spule

Magnet

S

Abb. 3-14 Verlauf des magnetischen Flusses Φ in einem per-manentmagnetischen Kreis

Der Durchflutungssatz in seiner allgemeinen Form

∫ ⋅=⋅=S

SdHINΘ (3-11)

mit Θ Durchflutung, N Windungszahl der Spule und I Spulenstrom, lässt sich zu folgender Gleichung auswerten:

MgMgFeFeLuft lHlHHIN ⋅++⋅=⋅ δ . (3-12)

Hierin sind HLuft, HFe und HMg die magnetischen Feldstärken im Luftspalt, im Eisen und im Magneten und lFe und lMg die Eisen- sowie Magnetlänge. Die magnetische Induktion B ist proportional zur Magnetfeldstärke H. Beide Größen sind über die Permeabilität µ, die sich aus dem Produkt der Permeabilitätskonstante µ0 = 4·π·10-7 Vs / Am und der relativen Per-meabilität des Materials µr ergibt, miteinander verbunden.

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HHB r ⋅⋅=⋅= µµµ 0 (3-13)

Weiterhin gilt der Erhalt des magnetischen Flusses an allen Orten des Magnetkreises

LuftLuftMgMg ABABΦ ⋅=⋅= . (3-14)

Setzt man die Zusammenhänge aus Gleichungen 3-13 und 3-14 in Gleichung 3-12 ein, so ergibt sich unter der Annahme µFe >> 1 sowie µLuft = 1 folgende Beziehung:

MgMgLuft

MgMg lH

AA

BIN ⋅+=⋅0µ

δ . (3-15)

Aufgelöst nach BMg erhält man eine Geradengleichung, die sogenannte Luftspaltgerade

MgMg

Mg

Luft

Mg

LuftMgMg H

lAA

AA

INHB ⋅⋅−⋅⋅=δ

µδµ

00)( . (3-16)

Der Arbeitspunkt BMg(HMg,AP) lässt sich nun aus dem Schnittpunkt der Luftspaltgeraden mit der Entmagnetisierungskurve des Permanentmagneten berechnen (siehe Abbildung 3-15). In einem geöffneten Magnetkreis mit Luftspalt wirkt innerhalb des Magneten stets ein mehr oder weniger starkes Magnetfeld H, welches der Induktion B entgegengerichtet ist, so dass H stets negative Werte annimmt, während B positiv ist. Aus diesem Grund wird von der gesamten Hystereseschleife lediglich der zweite Quadrant betrachtet. Dieser Ab-schnitt wird auch als die Entmagnetisierungskennlinie bezeichnet. Die Entmagnetisie-rungskennlinien von Selten-Erde-Magneten verfügen im Remanenzbereich über einen na-hezu linearen Kennlinienverlauf, der sich durch die Geradengleichung

MgMgRMgMg HBHB ⋅⋅−= µµ0)( (3-17)

beschreiben lässt. Hierin ist BR die Remanenzinduktion des Magneten.

BR

HM

idealisierte Entmagnetisierungskennlinie

B

realer Kennlinienverlauf

BMg,AP

Arbeitspunkt AP

HMg,AP

Luftspaltgerade

Abb. 3-15 Graphisches Schnittverfahren zwischen Luftspalt- und Entmagnetisierungsgerade zur Bestimmung des Arbeitspunkts des Magneten

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Die Gleichung 3-16 der Luftspaltgeraden verläuft im unbestromten Zustand mit I = 0 durch den Koordinatenursprung und hat die Steigung m.

δ

µ Mg

Mg

Luft lAA

m ⋅−= 0 (3-18)

Die Steigung der Luftspaltgerade lässt sich durch die geometrische Auslegung des Mag-netkreises beeinflussen. Je kleiner das Verhältnis (lMg · ALuft) / (δ · AMg ) ist, desto kleiner wird der Betrag der Steigung m und desto tiefer fällt der Arbeitspunkt entlang der Entmag-netisierungskurve (siehe Abbildung 3-15). Die im Arbeitspunkt herrschende Induktion BMg,Ap des Magneten ergibt sich für unbestromte Spulen:

Luft

Mg

MgMg

RApMg

AA

l

BB⋅⋅+

⋅=δµ1

1, (3-19)

In Abbildung 3-16 ist der Einfluss der geometrischen Verhältnisse (lMg · ALuft) / (δ · AMg ) auf die magnetische Induktion dargestellt. Unterhalb von (lMg) / (δ) = 1 fällt die Magnetin-duktion rasch ab. Um eine möglichst große Induktion des Magneten zu erreichen, sollte die Magnetlänge größer als der Luftspalt sein.

0%

20%

40%

60%

80%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

lMg / δδδδ

B/B R

Abb. 3-16 Einfluss des Verhältnisses von Magnet- zu Luftspaltlänge auf die Induk-

tion des Magneten bezogen auf die Remanenz (für AMg / ALuft = 1)

Werden die Spulen bestromt, so kommt es zu einer Parallelverschiebung der Luftspaltge-raden, die den Arbeitspunkt je nach Stromrichtung nach oben oder unten entlang der Ent-magnetisierungskurve verschiebt (siehe Abbildung 3-17). Im Vergleich zu den Feldstärken des Permanentmagneten ist die Beeinflussung des Magnetfeldes durch die Spulen sehr ge-ring und dementsprechend auch die Verschiebung des Arbeitspunktes durch die Stromwir-kung. Vereinfachend lässt sich die Magnetinduktion daher auch im bestromten Zustand mit guter Näherung anhand von Gleichung 3-19 bestimmen. Entscheidend für die Lage des

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0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

1,2

-800 -600 -400 -200 0

Feldstärke H [kA / m]

Indu

ktio

n B

[ T

]

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

1,2

-800 -600 -400 -200 0

Feldstärke H [kA / m]

Abb. 3-17 Lage des Arbeitspunktes in Abhängigkeit der geometrischen Auslegung des Magnet-kreises (a) und der Spulenbestromung (b)

Arbeitspunktes sind demnach insbesondere die geometrischen Größenverhältnisse des Magnetkreises. Zusammen mit Gleichung 3-14 zur Flusserhaltung lässt sich die im Luft-spalt wirksame Induktion berechnen mit

Luft

Mg

MgMg

Luft

MgRLuft

AA

lAA

BB⋅⋅+

⋅⋅=δµ1

1 . (3-20)

3.5.2 Berechnung der Durchflutung

Durch die Wahl des Drahtdurchmessers dDr lässt sich bei vorgegebenem Wickelvolumen die Versorgungsspannung und die maximale Stromstärke bei einer festgelegten elektri-schen Leistung einstellen. Dies ist insbesondere bei der Anpassung der Leistungselektronik von Bedeutung. Bei gegebener maximaler Leistung lässt sich die Antriebskraft durch die Wahl des Drahtdurchmessers optimieren.

dDr,Cu

hIso

bSp

dDr

hSp

Abb. 3-18 Lage der Windungen zur Berechnung der Spulendaten

lMg / δ = 1

= 2

lMg / δ = 0,5

= 0 A

= +40 A

N · I = – 40 A

(a) Θ = N · I = 0 A (b) llllMg / δδδδ = 1

I > 0 A

I < 0 A

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Für die folgenden Betrachtungen sei angenommen, dass die einzelnen Windungen der Spu-le entsprechend Abbildung 3-18 rasterartig in einem Gitter mit quadratischer Flächenein-teilung angeordnet sind. Die Kantenlänge des Gitters entspricht dem äußeren Drahtdurch-messer. Die Spulenfertigung hat gezeigt, dass sich die Spulendaten, wie beispielsweise die Wicklungszahl und der Füllfaktor, mit Hilfe dieses Modells in guter Näherung berechnen lassen, wenngleich die Drahtlagen einer realen Spule nicht exakt der dargestellten Anord-nung entsprechen.

Der Füllfaktor kF einer Spule gibt das Verhältnis der Gesamtkupferquerschnittsfläche ACu zur Spulenquerschnittsfläche ASp an. Die Fläche, die eine Windung einnimmt hat entspre-chend Abbildung 3-18 einen quadratischen Querschnitt mit der Fläche dDr

2. Der Füllfaktor kF lässt sich unter dieser Voraussetzung folgendermaßen berechnen:

( )

2

224/

Dr

IsoDr

Sp

CuF d

hdAA

k⋅−⋅

==π

.

Hierin ist ACu die Kupferfläche der Spule und hIso die Isolationsschichtdicke des Drahtes.

Der größtmögliche, mit einem Runddraht erzielbare Füllfaktor ohne Isolationsschicht, be-trägt demnach π / 4 = 0,79. Bei konstantem Verhältnis von Isolationsschichtdicke zu Draht-durchmesser bleibt der Füllfaktor unabhängig vom Drahtdurchmesser und der Windungs-zahl. Mit wachsendem Verhältnis von Isolationsschicht zu Drahtdurchmesser verschlech-tert sich dieser jedoch.

Die Windungszahl N der Spule ist abhängig von dem Drahtdurchmesser dDr sowie der Spu-lenquerschnittsfläche ASp, die durch die Breite der Spule bSp und der radialen Höhe der Spule hSp bestimmt wird.

22Dr

SpSp

Dr

Sp

dhb

dA

N⋅

== (3-21)

Die Antriebskraft ist gemäß der Lorentz-Gleichung (siehe Gleichung 3-2) proportional zum maximalen gesamten Stromfluss einer Spule. Bei der Optimierung der Antriebskraft gilt es daher, die Durchflutung der Spule ΘSp,max zu maximieren. Diese ergibt sich aus dem Produkt von maximalem Strom Imax und Windungszahl N der Spule.

NIΘSp ⋅= maxmax, (3-22)

Werden drei Spulen mit einem Drehstrom versorgt, so beträgt der maximale Strom Imax ei-ner Spule

Sp

ges

RP

I ⋅=32

max . (3-23)

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71

Hierin ist Pges die elektrische Gesamtleistung der drei Spulen und RSp der Ohm’sche Wi-derstand einer Spule. Der Spulenwiderstand RSp berechnet sich zu

42DrF

mCuSp

DrF

mCu

DrCu

mCuSp dk

dAdk

dN

Ad

NR⋅

⋅⋅⋅=

⋅⋅⋅

⋅=⋅⋅

⋅=πρπρπρ

. (3-24)

Hierbei ist dm der mittlere Spulendurchmesser und ρCu der spezifische Widerstand von Kupfer (ρCu = 0,0171 Ω·mm2

/ m, bei 20°C). Der Widerstand ist bei vorgegebener Spulen-geometrie umgekehrt proportional zum Füllfaktor und zur vierten Potenz des Drahtdurch-messers.

Setzt man Gleichungen 3-21, 3-23 und 3-24 in 3-22 ein, ergibt sich die maximale Durch-flutung einer Einzelspule ΘSp,max zu

mCu

FSpSp, dπρ

kAPNIΘ

⋅⋅⋅⋅

⋅=⋅=32

maxmax . (3-25)

Aus dieser Gleichung geht hervor, dass die Optimierungsmöglichkeiten der Spule bei ge-gebener Leistung und Spulengeometrie sehr begrenzt sind. Eine Beschreibung der Ein-flussgrößen verschiedener Spulenparameter erfolgt ausführlich in Kapitel 3.12.5.

3.6 Kraft-Weg-Charakteristik

Anhand der Kraft-Weg-Kennlinien lassen sich wichtige Kenngrößen des Motors ablesen, wie beispielsweise die lokale Antriebskraft und die Steifigkeit des Motors. In Abbildung 3-19 sind die Kraft-Weg-Kennlinien für verschiedene Phasenwinkel ϕ dargestellt. Anhand der Abbildung wird deutlich, dass die Antriebskraft von der Läuferposition und dem Pha-senwinkel abhängig ist. Die Einhüllende aller Kennlinien kennzeichnet die maximale An-triebskraft in Abhängigkeit von der Läuferposition.

Die dargestellten Kennlinien wurden anhand von numerischen Modellrechnungen mit Hil-fe von Maxwell® Version 4.1.208 (Ansoft Corporation, Pittsburgh, PA, USA) erstellt. In diesem Kapitel beziehen sich alle Rechnungen auf einen Antrieb für die Viertel-Zoll-Optik mit einem Außendurchmesser von 7,6 mm und einem freien Mitteldurchgang von 3,9 mm im Läufer. Da der Wanderfeldmotor rotationssymmetrisch aufgebaut ist, lässt sich eine axialsymmetrische Modellierung durchführen. Dies hat den Vorteil, dass nur ein zweidi-mensionaler Halbquerschnitt zu berücksichtigen ist, wodurch sich insbesondere der rechne-rische Aufwand wesentlich vermindern lässt. Anhand von experimentellen Untersuchun-gen wurden die Rechnungen validiert (siehe Kapitel 3.14).

Die stabile Lage des Läufers befindet sich jeweils im Nulldurchgang der Kraft-Weg-Kennlinie mit negativer Steigung. Wird der Läufer aus seiner stabilen Position durch äuße-re Kräfte, wie beispielsweise durch Gravitations- oder Beschleunigungskräfte herausge-

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72

-80

-40

0

40

80

-3 -2,5 -2 -1,5 -1 -0,5 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3

Weg in Spulenbreiten

Kra

ft [m

N]

NS

Abb. 3-19 Kraft-Weg-Kennlinien für verschiedene Phasenwinkel (schwarze Kennlinie ϕ = 0°) mit einem Phasenversatz von jeweils ∆ϕ = 30°

drängt, so wirken stets rücktreibende Kräfte, die den Läufer in seine Sollposition zurück-drängen. Je größer diese Kräfte bei einer gegebenen Auslenkung sind, desto steifer ist der Antrieb und desto präziser lässt sich der Läufer positionieren. Als Maß für die Steifigkeit dient daher die Kennliniensteigung im Bereich der stabilen Position.

Reluktanzkräfte

Die oben dargestellten Kraft-Weg-Kennlinien berücksichtigen lediglich die von der Strom-wirkung induzierten Lorentz-Kräfte. Es wirken auch im unbestromten Zustand sogenannte Grenzflächen- bzw. Reluktanzkräfte, die insbesondere an den Motorenden stark ausgeprägt sind. Diese Reluktanzkräfte basieren auf der, je nach Läuferposition, veränderlichen Luft-spaltgeometrie und sind stets bestrebt, den Läufer in die Mitte des Weicheisenrohrs zu zie-hen.

In Abbildung 3-20 ist die Reluktanzkraft in Abhängigkeit der Läuferposition für unter-schiedlich lange Rückschlussrohre dargestellt. Aus der Abbildung geht hervor, dass das Maximum der Reluktanzkraft unabhängig von der Rückschlusslänge ist. Die Größe der Re-luktanzkraft wird vielmehr durch die geometrische Auslegung des Läufers, der Werkstoff-auswahl sowie dem Durchmesserverhältnis zwischen Läufer und Rückschlussrohr festge-legt. Eine Verlängerung des Rückschlussrohrs führt zu einer Dehnung des charakteristi-schen Kennlinienverlaufs und damit zu einer Verbreiterung des zentrischen Statorbereichs, in dem die Reluktanzkräfte gering sind.

Einhüllende = maximale lokale Antriebskraft

ϕ = 0°

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73

-100

-50

0

50

100

-7 -6 -5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 6 7

Weg [mm]

Kraf

t [m

N]

Abb. 3-20 Wirkung der Reluktanzkräfte auf einen Permanentmagnet-ring in einem Weicheisenrohr mit unterschiedlicher Länge lR

Die insgesamt auf den Läufer wirksame Antriebskraft ergibt sich aus der Überlagerung von Lorentz-Kraft und Reluktanzkraft (Abbildung 3-21). Ist das Statorrückschlussrohr sehr lang, so ist der Einfluss der Reluktanzkraft in der Mitte des Stators vernachlässigbar. In-nerhalb des Verfahrbereichs bleiben dann die in Abbildung 3-19 dargestellten Kennlinien der Lorentzkraft somit nahezu unbeeinflusst. Verkürzt man das Rückschlussrohr, so lässt sich die Reluktanzkraft dazu einsetzen, das Kennlinienfeld des Aktors im Stellbereich ge-zielt zu beeinflussen. Auf diese Weise lässt sich beispielsweise die Antriebssteifigkeit am Rand des Stellbereichs erhöhen und die Abhängigkeit zwischen Phasenwinkel und Läufer-position beeinflussen.

-150

-100

-50

0

50

100

150

-7 -6 -5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 6 7

Weg [mm]

Kra

ft [m

N]

Abb. 3-21 Gesamtkraft als Überlagerung von Lorentz- und Reluktanzkraft (lR = 11 mm)

lR = 9 mm

∆lR = 1 mm

lR = 13 mm

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74

3.7 Ausführungsvarianten

Durch verschiedene Antriebsvarianten lassen sich sowohl die Antriebskraft als auch die Verfahrstrecke wesentlich beeinflussen. Im Vergleich zum Grundaufbau (siehe Abbildung 3-22a) sind in Abbildung 3-22 zwei weitere Varianten (b und c) und die sich daraus erge-benden Kraft-Weg-Kennlinien für verschiedene Phasenwinkel ϕ des Drehstroms mit einem Phasenversatz von jeweils 20° dargestellt.

Durch die Aneinanderreihung mehrerer Dreiergruppen von Statorspulen kann der Ver-stellweg beliebig verlängert werden (siehe Abbildung 3-22b). Definiert man als maximale Verfahrstrecke den Weg, den der Läufer mit 75 % der maximalen Antriebskraft, über die er in seiner Mittelstellung verfügt, verfahren kann, so beträgt diese bei einem zweipoligen Antrieb mit drei Statorspulen ± 0,8 Spulenbreiten. Erweitert man das Statorsystem auf sechs Spulen, so steigt die Verfahrstrecke auf ± 2,4 Spulenbreiten. Dabei ist jedoch zu be-rücksichtigen, dass die Verlustleistung linear mit der Anzahl der Spulen ansteigt.

Aus den in Abbildung 3-22 dargestellten Kraft-Weg-Kennlinien geht hervor, dass die ma-ximale Antriebskraft in der Mittelstellung des Läufers in einem Stator mit sechs Spulen im Vergleich zur Grundvariante um 30 % reduziert ist. Ursache hierfür ist die radiale Aufwei-tung des magnetischen Flusses im Luftspalt zwischen den Polschuhen des Läufers und dem Rückschlussrohr (siehe Abbildung 3-9). Dabei verläuft das vom Läufer erzeugte Magnet-feld durch benachbarte Spulen, die der optimalen Kraftentwicklung entgegenwirken.

(c) dreipoliger Läufer drei Spulen

N S

S

S N

N S N

(a) zweipoliger Läufer drei Spulen

(b) zweipoliger Läufer sechs Spulen

S

S

N

N

S

S

N

N

-5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5-5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5-4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4

Läuferposition in Spulenbreiten

Axia

lkra

ft

Abb. 3-22 Kraft-Weg-Kennlinien verschiedener Antriebsvarianten (a) drei Spulen (b) größerer Stellweg durch sechs Spulen (c) Vergrößerung der Longitudinalkraft durch dreipoligen Läufer

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75

Eine weitere Möglichkeit zur Verlängerung der Verfahrstrecke besteht in der Aneinander-reihung zweier Magnetringe mit entgegensetzter Polarisierungsrichtung (siehe Abbildung 3-22c). Durch den doppelten magnetischen Fluss lässt sich bei gleicher elektrischer Lei-stung sowohl die Maximalkraft als auch die Verfahrstrecke vergrößern. Der Verfahrweg verdoppelt sich im Vergleich zur Grundvariante auf ± 1,6 Spulenbreiten, während die An-triebskraft in der Läufermittelstellung um 20 % zunimmt. Eine Spulenbreite außerhalb der Mittelstellung steigert sich die Stellkraft im Vergleich zur Maximalkraft des Grundaufbaus um 39 %. Bei dieser Variante ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich die Läuferlänge und -masse nahezu verdoppeln. Dies wirkt sich insbesondere auf die Dynamik des Antriebs aus.

Des weiteren kann durch eine Anordnung aus mindestens zwei separat bestromten Spulen-paketen und zwei Läufern eine unabhängige Verschiebung von zwei verschiedenen Linsen oder Linsengruppen eines optischen Systems in einem gemeinsamen Hüllrohr erzielt wer-den. Dies ist beispielsweise für fokussierbare optische Systeme mit zusätzlicher Zoom-funktion notwendig (siehe Kapitel 3.8). Aufgrund der sich aufweitenden Magnetfelder im radialen Luftspalt kommt es jedoch bei einem geringen Läuferabstand zu Wechselwir-kungen zwischen den Läufern, so dass ein minimaler Abstand eingehalten werden muss (siehe Kapitel 3.13).

Linearantrieb mit Statoreisenringen

Mit Hilfe von Weicheisenringen, die zwischen den Spulen angeordnet werden (siehe Ab-bildung 3-23), verringert sich der Luftspalt im Magnetkreis und führt zu einem stärkeren magnetischen Fluss und einer erhöhten Antriebskraft. Gleichzeitig entstehen Reluk-tanzkräfte zwischen den Läuferpolschuhen und den Weicheisenringen, die sich aufgrund der veränderlichen Luftspaltgeometrie in Abhängigkeit von der Läuferposition ergeben. Diese Reluktanzkräfte führen zu einer rasterartigen Bewegung des Läufers mit mehreren stabilen Positionen, die auch im unbestromten Zustand erhalten bleiben. Zur Umpositionie-rung von einer stabilen Position zur nächsten sind kurze Stromimpulse von mehreren Mil-lisekunden ausreichend.

Diese Antriebsvariante ist insbesondere für Anwendungen mit gelegentlichen Stellvorgän-gen und einem begrenzten Energiespeicher vorteilhaft. Detaillierte Untersuchungen wer-den jedoch nicht durchgeführt, da das Prinzip im vorliegenden Projekt keine Anwendung fand. Die einzigartigen Vorteile des grundlegenden Motoraufbaus – die kontinuierliche und präzise Positionierung bei gleichzeitiger Selbsthaltung – kommen in dieser Variante nicht zur Geltung. Zur Vollständigkeit wird das Prinzip nachfolgend kurz erläutert.

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76

Abb. 3-23 Statorspulen mit eingela-gerten Weicheisenringen

Das Kraft-Weg-Verhalten eines Antriebs mit einem dreipoligen Läufer und Weicheisen-ringen im Stator wird in Abbildung 3-24 dargestellt. Die ausgeprägten Reluktanzkräfte (Θ = 0 A, rote Linie) erzeugen mehrere stabile Positionen mit einer maximalen Haltekraft von etwa 200 mN, die den Läufer auch im unbestromten Zustand sicher fixieren.

Aufgrund der kurzen Stromimpulsdauer, die zur Umpositionierung erforderlich ist, können sehr viel größere Stromstärken angelegt werden als in den permanent bestromten, kontinu-ierlich positionierbaren Antrieben. In den zugrundeliegenden Rechnungen der in Abbil-dung 3-24 dargestellten Kennlinien wurde von einer maximalen Durchflutung von Θ = 108 A je Spule ausgegangen. Dies entspricht etwa dem fünffachen Wert der permanent ar-beitenden Antriebe und erfordert in einer Spule mit 150 Windungen eine maximale Strom-stärke von 720 mA. Die in der Abbildung dargestellten Kennlinienverläufe geben die ge-samte auf den Läufer wirksame Kraft, d.h. die Überlagerung der Lorentz-Kraft und der Re-luktanzkraft, an.

Um beispielsweise von Position B zu Position C zu gelangen, ist ein kurzer Stromimpuls mit einem Phasenwinkel des Drehstroms von ϕ = 160° erforderlich. Dabei wird der Läufer in Position B mit einer axialen Antriebskraft von mehr als 500 mN beschleunigt. Durch ei-nen weiteren Stromimpuls mit ϕ = 300° gelangt der Läufer auf Position D und von dort mit ϕ = 30° auf E, usw. Auf diese Weise lassen sich in einem dreispuligen Stator bis zu sechs stabile Positionen – in Abbildung 3-24 gekennzeichnet durch A bis F – anfahren. Zur Übersichtlichkeit wurden die Kennlinien, die einen Sprung auf die Positionen A und B er-möglichen, nicht dargestellt.

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77

-1250

-1000

-750

-500

-250

0

250

500

750

1000

-7 -6 -5 -4 -3 -2 -1 0 1

Weg [mm]

Kraf

t [m

N]

Abb. 3-24 Kraft-Weg-Kennlinie eines dreipoligen Läufers in

Über die Breite der weichmagnetischen Polschuhe des Ldie Größe der Rastkraft verändern. Bei geeigneter WaRastkraft in einem Antrieb mit zweipoligem Läufer naheVergleich zu einem Antrieb ohne Statorringe ist aufgruEntmagnetisierung des Permanentmagneten geringer undAuf diese Weise lassen sich Statorpolschuhe in einem kzur Optimierung der Antriebskraft einsetzen (siehe Kapite

3.8 Radialkräfte

Die effektiv nutzbare Antriebskraft des Läufers ergibt siReluktanzkraft abzüglich der Reibkraft und dem Strömunist abhängig von der Normalkraft zwischen Stator und Lädie Gravitationskraft bestimmt, die im Fall des Viertel-Zofer (M-V70) mit einer Läufermasse von mL = 0,53 gr sow0,15 gr maximal 6,6 mN beträgt, wenn der Motor sich in Deutlich größere Radialkräfte entstehen jedoch durch diete zwischen Stator und Läufer.

Zwischen den Permanentmagneten des Läufers und dem ken radiale Anziehungskräfte, die bei symmetrischer gleich groß sind und sich entsprechend aufheben. Der Lälabilen Gleichgewichtszustand. Wird der Läufer radial, aueine Richtung verschoben, so entstehen Radialkräfte, dimagnetischen Fluss zunehmen. Aufgrund der Fertigungs-eine exzentrische Lage des Läufers nicht vermeiden. Die

Θ = 108 A, ϕ = 30° ϕ = 1

A B C D

Reluktanzkraft (Θ = 0 A)

2 3 4 5 6 7

einem Stator mit Weicheisenringen

äufers und des Stators lässt sich hl der Polschuhbreiten kann die zu auf Null reduziert werden. Im nd des geringeren Luftspalts die damit die Antriebskraft größer.

ontinuierlich arbeitenden Antrieb l 3.12.6).

ch aus der Lorentz-Kraft und der gswiderstand. Die Reibungskraft ufer. Diese wird zum einen durch ll-Antriebs mit dreipoligem Läu-ie einer Linsenmasse von mLinse = einer horizontalen Lage befindet. Wirkung der magnetischen Kräf-

Eisenrückschluss des Stators wir-Anordnung in allen Richtungen ufer befindet sich dann in einem s seiner Mittelstellung heraus, in e mit der Exzentrizität und dem und Montagetoleranzen lässt sich dadurch verursachten Radialkräf-

60° ϕ = 300°

E F

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te sind in Abbildung 3-25 am Beispiel des M-V70 Linearantriebs dargestellt. Die für sehr genaue und dynamische Positionieraufgaben erforderliche Minimierung der Reibung bein-haltet daher neben einer geeigneten Auswahl an Reibpaarungen auch die Reduktion der Läuferexzentrizität durch eine entsprechende Festlegung der Fertigungs- und Montagetole-ranzen.

0

20

40

60

80

100

120

140

160

0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10 0,12 0,14

Radi

alkr

aft

[mN]

Abb. 3-25 Radialkraft in Abhängigkeit vom Radialversatz des Läu-fers am Beispiel des Vier-tel-Zoll-Antriebs M-V50

Für die Zuleitung deerforderlich. Bei drvon 72 µm ist eine Seinem zentrisch sitzeine axiale KraftwiAbbildung 3-26 zeibreite auf die Radiasind im Vergleich zgeben, vernachlässigwiederum signifikangegenüberliegendenzu kompensieren. Bdas Eisen trotz der dRückschlussrohr nic

Exzentrizität des Läufers [mm]Radialversatz des Läufers [mm]

78

r Spulendrähte ist in der Regel ein axialer Schlitz im Rückschlussrohr ei Statorspulen mit sechs Drahtenden und einem Drahtdurchmessern paltbreite von etwa 0,3 mm ausreichend. Dadurch ergibt sich auch bei enden Läufer eine Asymmetrie der magnetischen Feldverteilung, die rkung zur Folge hat, die mit der eingebrachten Spaltbreite zunimmt. gt anhand des Viertel-Zoll-Antriebs M-V50 den Einfluss der Schlitz-lkräfte, die auf einen symmetrisch angeordneten Läufer wirken. Diese u den Radialkräften, die sich aus einem Radialversatz des Läufers er-bar. Für geometrisch anders gestaltete Antriebe können diese Kräfte t sein. In diesem Fall sollte ein zweiter, isometrischer Spalt auf der

Seite des Rückschlussrohrs angebracht werden, um die Radialkräfte ei der Auslegung des Antriebs muss dann darauf geachtet werden, dass urch die Spalte eingetragenen Verringerung des Eisenquerschnitts im

ht in die magnetische Sättigung gerät.

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79

0

10

20

30

40

50

60

70

0 0,25 0,5 0,75 1 1,25 1,5 1,75 2

Schlitzbreite [mm]

Radi

alkr

aft

[mN]

Abb. 3-26 Abhängigkeit der Radial-kraft von der Schlitzbreite im Rückschlussrohr auf einen zentrisch sitzenden Läufer M-V70

3.9 Positioniergenauigkeit

Aufgrund der rücktreibenden Kräfte sowie des definierten Zusammenhangs zwischen dem vorgegebenem Phasenwinkel ϕ des Drehstroms und der Läuferposition benötigt der Line-arantrieb keine sensorische Positionsrückmeldung und kann im gesteuerten Betrieb ver-wendet werden. Um eine präzise und zuverlässige optische Fokussierung zu gewährleisten, muss der Antrieb über eine ausreichende Positionsgenauigkeit verfügen. Hierbei ist insbe-sondere das Reibungsverhalten zwischen Hüllrohr des Stators und Gleithülse des Läufers sowie die Steifigkeit des Antriebs von großer Bedeutung.

Zur Messung der Positionsgenauigkeit wurde ein Versuchsaufbau entsprechend Abbildung 3-27 eingerichtet. Die Leistungselektronik stellt die drei Phasen für den Motor zur Verfü-gung und wird von einem Rechner digital angesteuert, so dass beliebige Läuferpositionen und Bewegungsabläufe vorgegeben werden können. Die Läuferposition wurde mit Hilfe eines optischen Sensors (Kamera 100A und Steuergerät 101A, Firma Zimmer OHG, Ross-dorf, Darmstadt), der Lateralbewegungen von Schwarz-Weiß-Kanten registriert, gemessen. Die Messdaten wurden an den Rechner zurück gegeben und mit Hilfe von LabVIEW® (National Instruments Corporation, Austin, TX, USA) erfasst und verarbeitet. Durch die Positionsmessung ließ sich der Antrieb sowohl im gesteuerten als auch im geregelten Be-trieb untersuchen.

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80

Abb. 3-27 Versuchsaufbau zur Messung der Läuferposition

Zunächst wurde der Motor mit einer dreieckförmigen Positionsvorgabe bei einer Frequenz von 1 Hz angesteuert. Gleithülse und Hüllrohr bestehen aus poliertem Edelstahl. In Abbil-dung 3-28 ist das gemessene Weg-Zeit-Verhalten wiedergegeben. Man erkennt einen glat-ten Verlauf der Kurve, ohne Anzeichen von Stick-Slip-Sprüngen. Aufgrund des nicht exakt linearen Zusammenhangs zwischen Phasenwinkel ϕ und Läuferposition weichen die Messkurven leicht von einem idealen Dreiecksverlauf ab.

-1,5

-1

-0,5

0

0,5

1

1,5

0 1 2

Zeit [sec]

Aus

lenk

ung

[mm

]

Abb. 3-28 Weg-Zeit-Verhalten bei einer dreieckförmigen Positionsansteuerung mit 1 Hz

Zur Untersuchung der Positioniergenauigkeit wurden verschiedene Läuferpositionen aus beiden Richtungen wiederholt angefahren. Für eine vorgegebene Bewegungsrichtung und eine quasistatischen Positionierung ergibt sich eine mittlere Positioniergenauigkeit von 50 µm mit einer Standardabweichung von 20 µm (siehe Abbildung 3-29). Zur Verbesse-

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81

rung der Positionsgenauigkeit kann der eigentlichen Positionsvorgabe eine Schwingung mit 200 Hz überlagert werden. Diese Schwingung reduziert den Einfluss der Haftreibung und verbessert die mittlere Positionsgenauigkeit auf 14 µm bei einer Standardabweichung von 3 µm. Wird der Motor im geregelten Betrieb verwendet, sind Positionsgenauigkeiten von weniger als 5 µm möglich.

0

10

20

30

40

50

60

70

80

Posi

tions

gena

uigk

eit

[µm

]

statisch 200 Hz Abb. 3-29 Mittlere Anfahrgenauigkeit und Standardabweichung bei quasi-

statischer Positionierung sowie mit überlagerter Schwingung

Durch Beschichtung der Laufflächen zwischen Stator und Läufer mit Hartstoffen, wie bei-spielsweise Si3N4, SiC oder diamantähnlichem Kohlenstoff, kurz DLC, lässt sich die Rei-bung und damit die Positionsgenauigkeit weiter reduzieren. Für die autofokussierbare Op-tik ist eine Positionsgenauigkeit von ± 50 µm gefordert. Da diese Anforderungen bereits mit der einfachen Stahl-in-Stahl-Paarung mit polierten Oberflächen erfüllt sind, wurden zusätzliche Beschichtungen nicht eingesetzt.

Eine weitere Möglichkeit zur Verbesserung der Positionsgenauigkeit besteht darin, die Steifigkeit des Motors (siehe Kapitel 3.6) zu erhöhen. Bei vorgegebener Maximalleistung kann dies entweder über eine entsprechende Optimierung des Antriebes auf hohe Steifig-keiten oder durch eine zeitweise Erhöhung der Stromstärke erfolgen.

3.10 Dynamisches Verhalten

Das dynamische Verhalten des Motors bestimmt zusammen mit der Rechenzeit des Algo-rithmus zur Berechnung des Bildkontrasts die Geschwindigkeit des Autofokussystems. Die möglichen Funktionsweisen des Autofokusalgorithmus zur Ansteuerung der Läuferbewe-gung sind in Kapitel 5.3 erläutert. Unabhängig von der Wahl des Algorithmus ist jedoch stets eine möglichst rasche Positionierung des Läufers erwünscht. Die Berechnung des Bildkontrasts, der die Grundlage der Algorithmen bildet, lässt sich nur an einem ruhenden Läufer durchführen. Bei der Positionierung des Läufers treten Schwingungen um die Ruhe-

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lage auf. Daher muss vor Beginn jeder Bildberechnung der Läufer zu seiner Ruheposition gekommen sein. Warteschleifen mit entsprechenden Wartezeiten müssen gegebenenfalls in dem Algorithmus berücksichtigt werden. Die Kenntnis des dynamischen Verhaltens ist da-her für die Programmierung des Autofokusalgorithmus wichtig.

Für die dynamischen Eigenschaften des Motors ist neben den lokalen Antriebskräften, der Läufermasse sowie der Reibung insbesondere der Strömungswiderstand von großer Bedeu-tung. In den folgenden Abschnitten wird der Einfluss dieser Größen erörtert sowie die Pa-rameter aufgezeigt, mit denen sich diese Größen beeinflussen lassen.

3.10.1 Reibung

Die Reibungskraft FR lässt sich aus der Normalkraft zwischen Läufer und Stator sowie dem zwischen ihnen wirksamen Reibkoeffizienten ermitteln. Die Normalkraft setzt sich aus der Gewichtskraft und der Radialkraft zusammen. Messungen haben ergeben, dass die typische Reibkraft bei polierten Stahl-auf-Stahl-Führungen der Viertel-Zoll- (M-V50) und Sechstel-Zoll-Antriebe (M-S70) etwa 5 mN bis 10 mN beträgt.

Die einfachste Methode zur Bestimmung der Reibkraft besteht darin, die Axialkräfte des Läufers im bestromten oder unbestromten Stator zu messen. Wird die Axialkraft für beide Bewegungsrichtungen des Läufers ermittelt, so ergeben sich zwei Kraft-Kennlinien, die um den Betrag 2·FR versetzt sind (siehe Abbildung 3-30).

Die Reibkräfte lassen sich einerseits durch die Oberflächenrauheit und die Beschichtung der Gleitpartner sowie über konstruktive Maßnahmen (siehe Kapitel 3.8) beeinflussen.

-100

-80

-60

-40

-20

0

20

40

60

80

100

-5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5

Weg [mm]

Kraf

t [m

N]

Abb. 3-30 Reluktanzkraft gemessen für zwei Bewegungsrichtungen des Läufers

2 · FR

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83

3.10.2 Strömungswiderstand

Der Läufer bewegt sich in einem geschlossenen Körper, dessen Fluidvolumen während der Läuferverschiebung von einer Seite des Läufers zur anderen befördert werden muss. Aus diesem Grund ist die geometrische Definition eines Strömungspfades notwendig, um bei gegebener Antriebskraft eine ausreichend schnelle Volumenverschiebung und Läuferbe-wegung zu erzielen. Als Strömungspfad kann im einfachsten Fall der Spalt zwischen Läu-fer und Stator dienen, dessen Spalthöhe im Bereich weniger hundertstel Millimeter liegt. Im Folgenden werden mit Hilfe der Navier-Stokes-Bewegungsgleichung (3-26) [Siek00] die notwendigen Gleichungen zur Berechnung der, bei vorgegebener Spalthöhe und An-triebskraft, möglichen Verfahrgeschwindigkeit des Läufers hergeleitet.

( ) vpfvvtv

Fl ∆+∇−=∇⋅+∂∂ ν

ρ1 (3-26)

Hierbei ist v das Geschwindigkeitsfeld der Strömung, t die Zeit, f die Feldkraft pro Masse, ρ die Dichte des Fluids, ∆p der Druckunterschied zwischen beiden Seiten des Läu-fers, Flν die kinematische Viskosität des Fluids. Zur Beschreibung der Strömung wird die Navier-Stokes-Bewegungsgleichung in Zylinderkoordinaten (r, Θ, x) formuliert, deren Ur-sprung sich im Mittelpunkt des Rohrquerschnitts befindet. Die x-Achse ist deckungsgleich mit der Rohrachse. Vereinfachend wird dabei ein sich zentrisch im Stator befindlicher Läu-fer angenommen.

Abb. 3-31 Der Läufer bewegt sich mit der Geschwindigkeit vL im geschlossenen Stator und erzeugt dabei den Volumenstrom V& , der in entgegen-gesetzter Richtung durch den Spalt zwischen Läufer und Stator strömt.

Aufgrund der geringen Strömungsgeschwindigkeiten (Machzahl << 0,3) und Druckunter-schieden kann das Gas in der ringförmigen Strömung als inkompressibel betrachtet werden [Sigl03]. Ohne den Einfluss von äußeren Feldkräften, beispielsweise Gravitationskräften, ergibt sich im stationären Fall aus der x-Komponente der Navier-Stokes-Gleichung folgen-de Differentialgleichung

V.vvvvLr x

θ

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84

( )

=∆

drrdv

rdrd

rlp x11

η, (3-27)

wobei r die Radiuskoordinate, vx(r) die x-Komponente der Fluidgeschwindigkeit, η die dy-namische Viskosität des Fluids (ηLuft (T=0°C) = 17,7·106 kg / (m·s), ηLuft (T=50°C) = 20,4·106 kg / (m·s) bei 1 bar Druck [Sigl03]), l die Länge des Läufers ist. Die allgemeine Lösung dieser Differentialgleichung liefert das Geschwindigkeitsprofil vx , welches nur von der Radiuskoordinate abhängig ist

212 )ln(

4)( KrKr

lprvx ++⋅⋅

∆=η

. (3-28)

Die beiden Integrationskonstanten K1 und K2 lassen sich aus den Haftbedingungen des Flu-ids an den Rohrwandungen des Läufers und des Stators ermitteln. Für einen ruhenden Sta-tor und einen sich mit der Geschwindigkeit vL bewegenden Läufer ergeben sich die beiden Haftbedingungen

0)( == Sx rrv und LLx vrrv == )( ,

Hierin ist rs der Innendurchmesser des Stators, rL der Außendurchmessers des Läufers. Die resultierende Strömungsgeschwindigkeit vx berechnet sich dann aus:

( )( )

−⋅⋅

∆++−

⋅⋅∆=

S

S

L

SLL

Sx rr

rr

rrl

pvrr

lprv ln

ln

44

)(

22

22 ηη

. (3-29)

Der maximale Druck ∆p, der durch den Läufer aufgebaut werden kann, ergibt sich aus dem Quotienten der Antriebskraft F und der Querschnittsfläche des Läufers AL. Für einen im Stator ruhenden Läufer entfällt vL in dieser Gleichung.

Mit einer Antriebskraft von 50 mN und einer Läuferquerschnittsfläche von 12,7 mm2 er-gibt sich eine Druckdifferenz ∆p = 3,9 mN / mm2. Diese Druckdifferenz sorgt in dem ring-förmigen Spalt zwischen Läufer und Stator für eine Ausgleichsströmung mit dem in Ab-bildung 3-32 dargestellten Strömungsprofil vx. Die Strömungswiderstände im Spalt wurden in der zugrunde liegenden Berechnung nicht berücksichtigt. Die Abbildung zeigt die Kenn-linien eines mit der Geschwindigkeit vL = - 0,6 m / s bewegten Läufers und eines ruhenden Läufers. vL = 0,6 m / s stellt die experimentell ermittelte maximale Verfahrgeschwindigkeit des Läufers in einem beidseitig geöffnetem Stator dar (siehe Kapitel 3.10). Die Berech-nung des Strömungsprofils eines ruhenden Läufers beruht auf der theoretischen Annahme, dass der strömungserzeugende Druckgradient bereits ohne Läuferbewegung vorhanden ist. Da der Antrieb beidseitig geschlossen ist, bildet sich der strömungserzeugende Druckgra-dient im realen System nur aufgrund der Läuferbewegung aus. Die nachfolgenden Berech-

Page 89: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

85

2,75

2,76

2,77

2,78

2,79

2,80

-2 0 2 4 6 8 10Strömungsgeschwindigkeit v x [m / s]

radi

ale

Spal

tpos

ition

r

[mm

]

v L =

- 0,

6 m

/ s (1)

(2)

v L = 0,0 m / s v L = - 0,6 m / s

Abb. 3-32 Strömungsprofil im radialen Spalt zwischen Läufer und Stator für einen ruhenden Läufer (dunkelblau) und einen bewegten Läufer mit – 0,6 m / s (hellblau). Der Radius des Stators beträgt 2,8 mm, der des Läufers 2,775 mm (1), bzw. 2,750 mm (2). Der Läufer verfügt über eine axiale Antriebskraft von 50 mN bei einer Länge von 5 mm.

nungen lassen sich jedoch am einfachsten an einem ruhenden Läufer mit einem vorhande-nen Druckgradienten durchführen. Diese Vereinfachung des Strömungszustands wirkt sich nicht wesentlich auf die nachfolgenden Rechnungen aus, da der Einfluss der Läuferge-schwindigkeit vL auf das Strömungsprofil vx gering ist, insbesondere bei großem Spalt zwi-schen Stator und Läufer (siehe Abbildung 3-32).

Unter Vernachlässigung der Läufergeschwindigkeit vL lässt sich der Volumenstrom V& durch Integration von vx in den Grenzen von rS bis rL bestimmen.

drrrvV x

r

r

S

L⋅⋅= ∫ π2)(& (3-30)

Für die ringförmige Strömung RingV& zwischen zwei ineinanderliegenden Rohren ergibt sich

−−⋅⋅⋅⋅

∆⋅=

L

S

S

L

S

LSRing

rrrr

rr

rlpV

ln

11

8

2

2

2

4

44

ηπ& . (3-31)

Page 90: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

86

Aus dem Volumenstrom V& und der Querschnittsfläche des Läufers AL lässt sich über den Zusammenhang

L

L AVv&

= (3-32)

eine Abschätzung der maximalen strömungsbegrenzten Verfahrgeschwindigkeit vL des Läufers machen. Die hellblaue Kennlinie in Abbildung 3-33 zeigt die Abhängigkeit der maximalen Verfahrgeschwindigkeit des Läufers vL bei einer Antriebskraft von 50 mN und einem Innenradius des Statorrohrs von rS = 2,8 mm in Abhängigkeit von der radialen Spalthöhe. Mit zunehmender Spalthöhe nimmt der Strömungswiderstand ab. Die Verfahr-geschwindigkeit fällt bei Spalthöhen von weniger als 0,05 mm stark ab, um schließlich auf Null abzusinken.

0,001

0,01

0,1

1

10

100

0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30radiale Spalthöhe [mm]

Läuf

erge

schw

indi

gkei

t [m

/ s]

Strömung durch: Spalt 4 Kanäle Gesamt

Abb. 3-33 Maximale strömungsbegrenzte Läufergeschwindigkeit bei einer axialen Antriebskraft von 50 mN in Abhängigkeit der radialen Spalthöhe (Innenradius des Statorhüllrohrs 2,80 mm). Die Ausgleichsströmung findet entweder durch den Spalt zwischen Läufer und Stator (hellblau), durch vier axiale Strömungskanäle im Läufer mit einem Durchmesser von 0,3 mm (rot gestrichelt) oder durch beides statt (schwarz).

Die maximale Läufergeschwindigkeit von 0,6 m / s, die in einem beidseitig geöffneten Ak-tor erreicht wird, lässt sich in einem beidseitig geschlossenen Aktor erst ab Spalthöhen von mehr als 0,06 mm erzielen. Dies entspricht einer Durchmesserdifferenz zwischen Stator und Läufer von mindestens 0,12 mm. Der Durchmesserunterschied zwischen Läufer und Stator sollte jedoch möglichst gering sein, um zum einen den axialen Versatz der Fokuslin-se und damit die optischen Fehler und zum anderen die radialen Magnetkräfte und damit die Reibung gering zu halten (siehe Kapitel 3.8).

Page 91: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

87

Um trotz einer geringen Durchmesserdifferenz zwischen Läufer und Stator eine hohe Läu-fergeschwindigkeiten zu erzielen, wurden vier Strömungskanäle mit einem Durchmesser von 0,3 mm durch Funkenerosion in die Permanentmagnet- und Weicheisenringe des Läu-fers eingebracht (siehe Abbildung 3-34). In den freien Mitteldurchgang wird die Linse mit einer axialen Dicke von 2 mm eingeklebt. Dementsprechend beträgt die Strömungslänge l dieser Kanäle nur 2 mm. Der Volumenstrom und die Verfahrgeschwindigkeit, die sich hieraus ergeben, lassen sich mit Hilfe der Gleichung der Hagen-Poiseuille-Rohrströmung

RohrV& (3-33), die sich ebenfalls aus der Navier-Stokes-Bewegungsgleichung abgeleiten lässt [Siek00], ermitteln.

4

8 BRohr rlpV ⋅⋅⋅

∆⋅=η

π& (3-33)

Hierin ist rB der Radius der Rohrbohrung. Die Ergebnisse der analytischen Rechnungen sind ebenfalls in Abbildung 3-33 eingetragen.

Abb. 3-34 Läufer, bestehend aus einer Gleit-hülse sowie drei weichmagneti-schen Polschuhringen und zwei Permanentmagnetringen

Der Strömungswiderstand der Strömungskanäle ist zwar unabhängig vom Läuferradius. Jedoch nimmt mit dem Radius auch die Querschnittsfläche des Läufers zu und der Druck ∆p ab, so dass auch die Verfahrgeschwindigkeit (rot gestrichelte Kennlinie) mit zuneh-mendem Läuferradius leicht abfällt.

Die Kombination von Spalt- und Kanalströmung ermöglicht über einen großen Bereich des Luftspalts eine hohe maximale Verfahrgeschwindigkeit, die stets oberhalb der maximalen Verfahrgeschwindigkeit des beidseitig geöffneten Stators liegt. Der flache Kennlinienver-lauf der schwarzen Linie zeigt, dass die Läufergeschwindigkeit und damit auch das Strö-mungsverhalten im allgemeinen, deutlich weniger von der Spalthöhe abhängig ist als bei reiner Spaltströmung (hellblaue Kennlinie).

Die Toleranz des Strömungsspalts ergibt sich aus der Überlagerung mehrerer Toleranzen der Einzelbauteile des Motors. Die Einstellung des strömungsbedingten Dämpfungsverhal-tens zur Optimierung des dynamischen Verhaltens durch die Festlegung der Spaltgröße ist

Page 92: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

88

daher stets fehlerbehaftet und nicht empfehlenswert. Die Strömungskanäle im Läufer las-sen sich hingegen mit sehr engen Toleranzen fertigen. Ihr Einfluss kann dazu genutzt wer-den, die Abhängigkeit des Strömungsverhaltens von der Spalthöhe zu reduzieren und eine definierte Antriebsdynamik zu erzeugen. Auf diese Weise lassen sich in der industriellen Fertigung trotz großer Spalttoleranzen Antriebe mit vergleichbarer Dämpfung und ver-gleichbaren dynamischen Eigenschaften herstellen.

3.10.3 Charakterisierung des dynamischen Verhaltens

Sprungantwort

Zur Positionierung des Läufers wird im einfachsten Fall die Sollposition sprungartig geän-dert. Der Läufer zeigt dann eine Sprungantwort, deren zeitlicher Verlauf mit dem eines schwingungsfähigen Feder-Masse-Systems vergleichbar ist. Die rücktreibende Kraft des Motors wirkt hierbei wie eine Feder. Um die stabile Position herum verhält sich die Stei-figkeit nahezu linear, mit steigender Auslenkung jedoch nimmt die lokale Steifigkeit ab, um bei der maximalen Haltekraft auf Null abzufallen (siehe Kapitel 3.6). Eine Vergröße-rung der elektrisch zugeführten Leistung führt zu höheren Maximalkräften und Steifigkei-ten. Je größer diese sind, desto größer ist auch die Beschleunigung und desto schneller er-reicht der Läufer bei einer Sprungantwort seine Sollposition.

In Abbildung 3-35 ist die Sprungantwort eines beidseitig offenen Viertel-Zoll-Antriebs (M-V50), bei dem die Luft ungehindert entweichen kann, bei verschiedenen Leistungen dargestellt. Die Änderung der Position beträgt 2 mm. Bei einer Leistung von 1,2 Watt er-reicht der Läufer die Sollposition erstmalig nach 8 ms. Aufgrund der geringen Dämpfung kommt es jedoch zu einem starken Überschwingen und die Zeit, die der Läufer benötigt, um zur Ruhe zu kommen, ist größer als beim Betrieb mit geringerer Leistung. Die beste Dynamik wird daher nicht zwangsläufig mit einem möglichst antriebsstarken Motor er-zielt, solange die Dämpfung nicht auf die Antriebskräfte abgestimmt ist. Lässt sich die Dämpfung nicht verändern, so kann die Reduktion der Leistung zu einer besseren Dyna-mik führen.

Die Verfahrgeschwindigkeiten des Läufers, der eine Masse von 1,2 Gramm hat, lassen sich aus der Steigung der Messkurven entnehmen. Für 0,3 Watt beträgt sie maximal 0,4 m / s mit einer Maximalbeschleunigung von 10 g und 0,6 m / s mit einer Maximalbeschleuni-gung von 22 g für 1,2 Watt.

Die Versuche wurden an einem beidseitig geöffnetem Stator durchgeführt. In diesem Fall ist der Strömungswiderstand vernachlässigbar, so dass sich die Dämpfung allein auf die Reibung zwischen den Gleitrohren des Läufers und Stators zurückführen lässt. Die Reib-kraft kann als nahezu konstant, d.h. unabhängig von der Zeit oder dem Ort, angesehen werden und ist nur von der Bewegungsrichtung abhängig.

Page 93: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

89

-2,0

-1,5

-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

0,00 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05Zeit [s]

Ort

[mm

]

Leistung 0,3 Watt 1,2 Watt

Abb. 3-35 Sprungantwort des Läufers bei einem 2 mm-Schritt für zwei verschie-dene elektrische Leistungen in einem beidseitig geöffnetem Stator

Um das Schwingungsverhaltens analytisch zu beschreiben, müssen zwei inhomogene Dif-ferentialgleichungen zweiter Ordnung formuliert werden, die sich je nach Richtung der Geschwindigkeit lediglich durch das Vorzeichen der Reibkraft FR im inhomogenen Teil der Gleichungen unterscheiden. In den Gleichungen sind Trägheits- und Dämpfungskräfte (durch geschwindigkeitsproportionale Strömungswiderstände) sowie Reibungs- und Fe-derkräfte des Motors berücksichtigt.

erster Fall x& < 0: mFx

dtdx

dtxd R+=⋅+⋅⋅+ 2

02

2

2 ωδ (3-34)

zweiter Fall x& > 0: mFx

dtdx

dtxd R−=⋅+⋅⋅+ 2

02

2

2 ωδ (3-35)

mit mc /0 =ω

hierin: x Koordinate (deckungsgleich mit der Antriebsachse), t Zeit, δ Abklingkonstante, ω0 Eigenkreisfrequenz der ungedämpften Schwingung, FR Reibkraft, m Masse. Wird die strömungsbedingte Dämpfung nicht berücksichtigt, so entfällt der entsprechende Term 2 · δ · dx / dt und man erhält die Lösung des homogenen Teils xh der Differentialgleichun-gen.

( ) ( )tBtAxh ⋅⋅+⋅⋅= 00 cossin ωω

Für den partikulären Teil ergeben sich zwei Lösungen, die sich wiederum nur durch ihr Vorzeichen unterscheiden

Page 94: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

90

cF

mF

x RRp ±=

⋅±= 2

0ω .

Die beiden partikulären Lösungen äußern sich darin, dass sie der Schwingung einen Offset von FR / c auf der Ordinate zusetzen, der für negative Geschwindigkeiten positiv, sonst ne-gativ ist. Dieses Verhalten ist in Abbildung 3-36 anhand der Sprungantwort eines mit 1,2 Watt elektrischer Leistung betriebenen Antriebs dargestellt. In der ersten abfallenden Halbwelle (I) ist x& < 0 und die kosinusförmige Schwingung findet um + FR / c zur x-Achse versetzt statt. Nach dem ersten Minimum wird x& > 0, so dass die zweite Halbschwingung (II) um – FR / c zur x-Achse versetzt und mit einer Amplitude erfolgt, die um den Betrag 2·FR / c kleiner ist, als in der ersten Halbschwingung. Bei einem System, das als einziges Dämpfungsglied Reibung aufweist, ist der Amplitudenabfall daher linear. Im Gegensatz dazu fallen die Schwingungsamplituden von Systemen mit geschwindigkeitsproportionaler Dämpfung mit dem logarithmischen Dekrement Λ ab, das heißt in Form einer e-Funktion.

-2,0

-1,5

-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

0 10 20 30 40 50 60

Zeit [ms]

Ort

[m

m]

+ F R / c

- F R / c

Abb. 3-36 Coulomb’sche Reibung führt zu einem linearen Amplitudenabfall der Sprungantwort

Zur Optimierung der Dämpfung kann das Verhältnis von Reibkraft zur Motorsteifigkeit FR / c verändert werden. Die Motorsteifigkeit c lässt sich neben einer Änderung der geome-trischen Auslegung (beispielsweise der Polbreite der Magneten, siehe Kapitel 3.12) am einfachsten durch eine Veränderung der Leistung beeinflussen. Eine Vergrößerung der Reibkraft zur Erhöhung der Dämpfung ist hingegen nicht sinnvoll, da die Positionierge-nauigkeit reduziert und der Verschleiß unterstützt wird.

Bei der Bewertung des oben dargestellten dynamischen Verhaltens ist jedoch zu berück-sichtigen, dass die Messungen an einem beidseitig offenen Stator durchgeführt wurden, bei dem die durch den Läufer verschobene Luft ungehindert entweichen kann. Ein im opti-schen System eingebauter Motor ist hingegen beidseitig eingeschlossen, so dass eine strö-mungsbedingte Dämpfung zu erwarten ist. In diesem Fall setzt sich die Dämpfung aus der

(I)

(II)

Page 95: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

91

Coulomb’schen Reibung und einem geschwindigkeitsproportionalen Strömungswiderstand zusammen. Die Amplitude des unterkritisch gedämpften Systems klingt dann in Form ei-ner überlagerten Linear- und e-Funktion ab. Messtechnisch ließ sich diese Situation nicht erfassen, da die Positionsmessung nur an einem offenen Motor möglich ist.

Die Änderung des Strömungswiderstands stellt die eleganteste Form zur Optimierung des dynamischen Verhaltens dar. Wie im vorangegangenen Kapitel beschrieben wurde, lässt sich dieser aufgrund der Fertigungstoleranzen, welche die Spaltströmung zwischen Läufer und Stator beeinflussen, nicht reproduzierbar einstellen. Lediglich der Strömungswider-stand der im Läufer eingebrachten Strömungskanäle lässt sich mit einer engen Toleranz fertigen. Diese führen jedoch nur zur Reduktion der Dämpfung, nicht aber zu dessen Erhö-hung. Alternativ hierzu ließe sich durch das im Motor eingeschlossene Fluid eine Ände-rung der Dämpfung erzielen. In Tabelle 3-3 sind die dynamischen Viskositäten verschiede-ner Gase aufgeführt.

Wasserstoff Stickstoff Luft Helium Sauerstoff Argon

Dynamische Viskosität (15°C)

8,42 µPa s 16,5 µPa s 17,2 µPa s 18,7 µPa s 19,2 µPa s 21,2 µPa s

Tab. 3-3 Dynamische Viskosität verschiedener Gase bei 0°C und 1013 hPa [Kuch99]

Zusammenfassend lässt sich folgern, dass eine deutliche Verbesserung des dynamischen Verhaltens nur im geregelten Betrieb des Motors möglich ist. Hierzu ist jedoch die Integra-tion eines zusätzlichen Wegsensors und eine analoge oder digitale Regelelektronik erfor-derlich. Die Position des Läufers ließe sich theoretisch auch indirekt über den Bildkontrast berechnen. Die Rechengeschwindigkeiten der aktuell eingesetzten Prozessoren (DSP) sind dafür noch nicht ausreichend. Die Berechnung des Bildkontrasts eines 100 x 100 Pixelfel-des dauert zur Zeit etwa 12 ms [Thie05]. Weitere Probleme ergeben sich aus dem Bildrau-schen und der sich daraus ergebende Unsicherheit bei der Bestimmung des Kontrasts.

Amplitudenfrequenzgang

Der Amplitudenfrequenzgang des Antriebs wurde bei einer sinusförmigen Ansteuerung mit einer Amplitude von ± 1 mm mit veränderlicher Frequenz gemessen. Bis zu Frequen-zen von 10 Hz folgt der Läufer dem Ansteuerungssignal (siehe Abbildung 3-37). In dem Bereich der Resonanzfrequenz, die bei etwa 40 Hz liegt, kommt es zur Resonanzüber-höhung. Oberhalb der Resonanzfrequenz nimmt die Amplitude, wie bei einem PT2-Glied, mit etwa 40 dB/Dekade ab.

Zur Verbesserung der Positionierbarkeit kann der eigentlichen Bewegung eine Schwin-gung im Bereich von 200 Hz überlagert werden. Gute Ergebnisse wurden mit einer Ampli-

Page 96: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

92

tude von wenigen Mikrometern und einer Frequenz von 200 Hz erzielt (siehe Kapitel 3.9). Die hierfür erforderliche Amplitude des Drehstromphasenwinkels ϕ beträgt etwa ± 90°.

0,01

0,1

1

10

1 10 100 1000

Frequenz [Hz]

Ampl

itude

ngan

g

Abb. 3-37 Amplitudenfrequenzgang des Linearantriebs M-V50

3.11 Temperatur und zulässige elektrische Leistung

Zur Festlegung der maximal umsetzbaren Leistung wurde die Oberflächentemperatur eines Prototyps für die Viertel-Zoll-Optik mit einem Außendurchmesser von 7,6 mm gemessen. Die Messungen wurden bei 20°C Umgebungstemperatur in einem geschlossenen Raum ohne Luftzirkulation durchgeführt. In Abbildung 3-38 ist die maximale Oberflächentempe-ratur in Abhängigkeit der elektrischen Leistung des Motors dargestellt. Die eingetragenen Werte beziehen sich auf den thermischen Gleichgewichtszustand, der sich nach etwa 700 s einstellt (siehe Abbildung 3-39).

10

20

30

40

50

60

70

80

90

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4Leistung [Watt]

Max

imal

tem

pera

tur

[°C]

Abb. 3-38 Abhängigkeit der Oberflächentemperatur des Antriebs

von der elektrisch aufgenommenen Leistung

Page 97: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

93

Die Platzierung des Antriebs in der distalen Endoskopspitze führt zur Abführung der Ver-lustwärme an den Endoskopschaft. Dadurch vergrößert sich im Vergleich zum frei liegen-den Motor die Oberfläche, die am Wärmeaustausch mit der Umgebung beteiligt ist. Auf-grund der größeren Masse und Oberfläche stellt sich das thermische Gleichgewicht erst nach etwa 1500 s ein (siehe Abbildung 3-40). Die Oberflächentemperatur an der Endo-skopspitze ist bei gleicher elektrischer Leistung deutlich geringer als am freien Motor (sie-he Abbildung 3-39). Bei einer elektrischen Leistung von 0,70 Watt wird die maximal zu-lässige Temperatur von 50°C nicht überschritten.

10

20

30

40

50

60

70

0 250 500 750 1000 1250 1500Zeit [s]

Tem

pera

tur

[°C]

0,70 W freier Motor

Endoskopspitze mit Motor

Abb. 3-39 Zeitlicher Verlauf der Oberflächentemperaturen bei 0,70 Watt

Abbildung 3-40 zeigt die Ergebnisse einer Modellrechnung mit dem FEM-Programm ANSYS® (ANSYS Inc., Canonsburg, Pennsylvania, USA) für die Temperaturverteilung, die in guter Übereinstimmung mit den experimentell ermittelten Messwerten stehen. Als Wärmeübertragung mit der Umgebung wurde reine Wärmeleitung angenommen. Konvek-tion und Wärmestrahlung wurden vernachlässigt. Mit einem Übergangskoeffizienten von

Abb. 3-40 Wärmeverteilung an der Endoskopspitze mit Motor (Darstellung im Viertelschnitt)

40°C

37°C

38°C

39°C

Motor mit 0,7 Watt Verlustleistung

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ktherm = 5 W / m2K als Rechenwert wurde ein Orientierungswert gewählt, der für ruhende Umgebungsluft gilt [Dubb95]. In der klinischen Anwendung wird das Endoskop innerhalb der Bauchhöhle von einem Insufflationsgas, in der Regel CO2, umströmt, so dass eine bes-sere Wärmeübertragung angenommen werden kann.

3.12 Optimierungsparameter

Das zentrale Ziel der Optimierung des Antriebs besteht in der Regel darin, eine größtmög-liche Kraft bei minimaler Leistung und minimalem Bauvolumen zu erzeugen. Je nach An-wendung kann aber auch die Dynamik im Vordergrund des Optimierungsprozesses stehen. In diesem Fall gilt es, ein größtmögliches Verhältnis von Antriebskraft zu Läufermasse zu erreichen. Für präzise Positionieraufgaben stellt hingegen die Steifigkeit die zu optimie-rende Zielgröße dar. Hierbei muss das Verhältnis zwischen der Antriebskraft und der Ver-fahrstrecke maximiert werden.

Zu Beginn des Optimierungsprozesses muss zunächst geklärt werden, welche der in Kapi-tel 3.7 beschriebenen Antriebsvarianten für das vorgesehene Einsatzgebiet am sinnvollsten ist. Die Antriebskraft des zweipoligen Antriebs ist in der Regel geringer als die eines drei-poligen Antriebs. Das Verhältnis von Antriebskraft zu Läufermasse kann je nach Ausle-gung aber günstiger sein. Bei gleichem Polabstand bietet die kürzere Läuferlänge des zweipoligen Antriebs darüber hinaus Vorteile in geometrisch begrenzten Umgebungen.

Aufgrund des längeren Verfahrweges können bei Verwendung eines dreipoligen Läufers hingegen deutlich schmalere Spulen gewählt werden, weshalb in diesem Fall mit höheren Steifigkeiten zu rechnen ist. Allerdings sinkt auch die Magnetlänge, welcher bei sehr kur-zen Verfahrwegen hohe Entmagnetisierungen verursachen kann. Große Verfahrwege durch einen zweipoligen Läufer mit langen Spulen zu realisieren ist meist wenig sinnvoll, da hierdurch die Steifigkeit des Systems sinkt. Grundsätzlich ist in den meisten Anwendungs-fällen ein dreipoliger Antrieb aufgrund der größeren Verfahrstrecke und der größeren abso-luten Antriebskraft der zweipoligen Variante vorzuziehen.

Ist die geeignete Antriebsvariante festgelegt, stehen zur Optimierung neben einer Anpas-sung der geometrischen Variablen auch verschiedene Spulenparameter sowie die Auswahl der Werkstoffe zur Verfügung. In den folgenden Abschnitten wird der Einfluss der ver-schiedenen Parameter erörtert. Dabei wird stets eine konstante Leistung vorausgesetzt.

3.12.1 Verhältnis von radialer Magnetdicke zu Spulendicke

In vielen Anwendungsfällen ist die axiale Baulänge durch die geometrischen Randbedin-gungen festgelegt. In der Regel trifft dies auch für den Durchmesser des Motors zu, die sich aus der Differenz des vorgegebenen Außen- und Bohrungsdurchmessers ergibt. Die wichtigste variable Größe ist in diesem Fall das Verhältnis von radialer Magnetdicke zu Spulendicke.

Page 99: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

95

Mit zunehmender Magnetdicke nimmt bei konstantem Außendurchmesser des Motors die Luftspaltlänge ab. Gleichzeitig wird das geometrische Verhältnis von Magnetlänge lMg zu Querschnittsfläche AMg ungünstiger und führt zu einer etwas stärkeren Entmagnetisierung (siehe Abbildung 3-16) und damit zu einer geringeren Magnetinduktion. Dennoch vergrö-ßert sich aufgrund der Zunahme der magnetischen Querschnittsfläche der magnetische Fluss annähernd linear mit der Magnetdicke. Unterstützend kommt hinzu, dass mit abneh-mender Luftspaltlänge die Streuung der Feldlinien im radialen Luftspalt abnimmt und der Fluss präziser die Spulen durchdringt. Der im Spulenbereich wirksame magnetische Fluss nimmt daher insgesamt zu.

Des weiteren muss jedoch berücksichtigt werden, dass mit zunehmender Magnetdicke die Spulenquerschnittsfläche abnimmt. Entsprechend Gleichung 3-22 reduziert sich daher bei konstanter Leistung die maximale Durchflutung Θ. In diesem gegenläufigen Prozess ergibt sich für die Antriebskraft ein Optimum, sobald die Magnetdicke etwa das Vierfache der Spulendicke beträgt (siehe Abbildung 3-41). Die dargestellten Ergebnisse basieren auf ei-ner Modellierung des dreipoligen Viertel-Zoll-Antriebs mit da = 7,6 mm, di = 3,9 mm und einer Rückschlussdicke von 0,25 mm. Der Magnet des Läufers befindet sich in einer Gleit-hülse mit 0,2 mm Wandstärke, so dass sich ein radialer Spalt zwischen Magnet und Spule von 0,4 mm ergibt. Eine Änderung der Rückschlussdicke oder der Spaltgröße, beispiels-weise durch den Verzicht auf die Gleithülse, führt zu geringen Verschiebungen des Opti-mums.

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

0 1 2 3 4 5 6 7 8

Verhältnis Magnetdicke / Spulendicke

norm

ierte

Ant

riebs

kraf

t

Abb. 3-41 Antriebskraft in Abhängigkeit vom Verhältnis zwischen radialer Magnetdicke und Spulendicke bei konstanter Leistung

Bei der Auslegung des Magnet / Spulen-Verhältnisses muss neben der Optimierung der Antriebskraft auch der Einfluss auf die Radialkräfte betrachtet werden. Mit zunehmendem Magnetquerschnitt nimmt der magnetische Fluss und damit auch die Radialkraft zu. Die Radialkraft steigt bei gegebener Exzentrizität des Läufers quadratisch mit der Magnet-

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96

dicke. Je nach Reibkoeffizienten zwischen Stator und Läufer ist insbesondere für hohe Po-sitioniergenauigkeiten ein Verhältnis zwischen Magnet- und Spulendicke zu wählen, wel-ches unterhalb des Optimums der axialen Antriebskraft liegt, um ein günstiges Verhältnis zwischen Antriebskraft und Reibkraft zu erzielen.

3.12.2 Polabstand

Da der Stator über keine ausgeprägten Pole verfügt, wird die axiale Baulänge zwischen den beiden Polen des Läufers als Polabstand bPol bezeichnet. Idealisiert berechnet sich der Polabstand aus der Breite bMg eines Magnetrings, plus zweimal der halben Polschuhbreite bP. Die beiden Abbildungen 3-42 und 3-43 zeigen die Abhängigkeit der Antriebskraft bzw. der auf die Läufermasse bezogenen Antriebskraft vom Polabstand. Bei der Parametervaria-tion wurden sämtliche axialen Maße linear skaliert, so dass auch die Zweidrittelteilung zwischen Spulen- und Polbreite sowie das Verhältnis von Magnet- zu Polschuhbreiten er-halten blieb.

Der dargestellte Verlauf der Antriebskraft spiegelt das Verhalten der magnetischen Induk-tion in Abhängigkeit vom Verhältnis der Magnetlänge lMg zur Luftspaltlänge δ wider (siehe Abbildung 3-16). Die Berechnungen wurden am dreipoligen Viertel-Zoll-Antrieb durchge-führt. Die Abhängigkeit der Stellkraft von der Polbreite ist bei Antrieben mit zweipoligem Läufer identisch. Je kürzer der Polabstand ist, desto kleiner wird die Magnetlänge im Ver-hältnis zur Luftspaltlänge. Mit zunehmendem Polabstand steigt zwar die Maximalkraft, die Steifigkeit des Motors nimmt aber ab, wenn die Spulenbreite stärker anwächst als die Stellkraft. Bei der Wahl der Translatorlänge wird also ein Kompromiss zwischen Steifig-keit und Stellkraft eingegangen.

0

25

50

75

100

125

150

175

0 1 2 3 4 5 6 7 8

Polbreite [mm]

max

imal

e A

ntrie

bskr

aft

[mN

]

0

25

50

75

100

125

150

175

0 1 2 3 4 5 6 7 8

Polbreite [mm]

Ant

riebs

kraf

t / M

asse

[mN

/ gr

]

Abb. 3-42 Abhängigkeit der Antriebskraft vom Polabstand

Abb. 3-43 Abhängigkeit der auf die Läufer-masse bezogenen Antriebskraft vom Polabstand

Page 101: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

97

3.12.3 Polschuhbreite

Die Polschuhbreite des Läufers bP lässt sich bei festem Polabstand bPol nur in Zusammen-hang mit der Magnetlänge variieren. Je breiter die weichmagnetischen Polschuhe werden, desto kürzer wird der Permanentmagnetring. Das Längenverhältnis lMg / δ nimmt ab und damit auch die magnetische Induktion. Umgekehrt gerät das Polschuheisen in Sättigung und führt zu erhöhtem magnetischem Widerstand, wenn die Polschuhbreite zu gering ge-wählt wird. Dementsprechend bildet sich ein Optimum für die Polbreite aus, an der sich das Eisen gerade noch nicht in seiner Sättigung befindet. Wie stark der Abfall der An-triebskraft beiderseits des Optimums ist, hängt von der Aussteuerung des Permanentmag-neten, d.h. dem Längenverhältnis lMg / δ ab. Befindet sich der Permanentmagnet in einem ausreichend ausgesteuerten Zustand (B ≥ 0,6 BR), so ist der Einfluss der Polschuhbreite ge-ring.

3.12.4 Rückschlussdicke

Die Festlegung der Dicke des Statorrückschlusses hängt entscheidend von der Sättigungs-induktion des weichmagnetischen Materials ab. Die Wandstärke des Rückschlussrohrs sollte so gewählt werden, dass das Material durch den Magnetfluss gerade noch nicht voll-ständig in die magnetische Sättigung gelangt. Ist es dünner, nimmt der magnetische Wider-stand unnötig zu und es treten Streuverluste auf. Ist er dicker, wird unnötig radialer Bau-raum eingenommen.

3.12.5 Spulenparameter

In Kapitel 3.5.2 wurde die Gleichung zur Berechnung der maximalen Durchflutung einer Einzelspule

mCu

FSpSp, dπρ

kAPNIΘ

⋅⋅⋅⋅

⋅=⋅=32

maxmax

hergeleitet. Aus der Gleichung geht hervor, dass sich der Gesamtstrom einer Kupferdraht-spule nur über den Füllfaktor kF verändern lässt, wenn die geometrischen Daten durch die Spulenquerschnittsfläche ASp und den mittleren Spulendurchmesser dm festgelegt sind. Bei kommerziell erhältlichen Kupferlackdrähten, die nach der DIN EN 60317-0-1 ausgeführt sind, steigt die relative Isolationsschichtdicke bei kleinem Drahtdurchmesser. Daher nimmt der Füllfaktor kF mit dem Drahtdurchmesser zu (siehe Abbildung 3-44).

Page 102: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

98

24

25

26

27

28

0,01 0,1 1Drahtdurchmesser [mm]

Durc

hflu

tung

[A]

0,50

0,54

0,58

0,62

0,66

Füllf

akto

r

Durchflutung Füllfaktor

Abb. 3-44 Zunahme der Spulendurchflutung Θ und des Füllfaktors kF mit dem Nenndurchmesser bei einer gesamten elektrischen Motorleistung von 0,7 Watt und einer Spulenquer-schnittsfläche von 0,88 mm2. Technische Daten der Drähte aus dem Produktionspro-gramm von Elektrisola [Elek04]

Bei Verwendung handelsüblicher genormter Runddrähte ist daher zur Erhöhung des Spu-lengesamtstroms und der Antriebskraft ein möglichst großer Drahtdurchmesser erstre-benswert. Während bei Runddraht der Bereich zwischen benachbarten Windungen nicht gefüllt werden kann und der Füllfaktor stark begrenzt ist, lässt sich eine Steigerungen des Füllfaktors durch Verwendung von Flachdrähten erreichen. Mitsubishi Cable Industries Ltd. (Tokio, Japan) liefern beispielsweise Flachdrähte mit einer leitenden Querschnittsflä-che von 0,8 mm x 0,08 mm und einer Isolationsdicke von 12 µm [Mits02]. Mit derartigen Drähten lassen sich Füllfaktoren von 80 bis 90 % erreichen, wodurch bei gegebener elek-trischer Leistung eine deutliche Steigerung der Antriebskraft erzielt werden kann.

Zur Kraftoptimierung ist eine möglichst große Durchflutung Θ notwendig, so dass ein gro-ßer Füllfaktor durch die Wahl großer Drahtdurchmesser mit geringer prozentualer Isolati-onsdicke zu bevorzugen ist. Der Widerstand fällt gemäß Gleichung 3-24 mit der vierten Potenz des Drahtdurchmessers. Dies führt bei konstanter Leistung P zu einer Zunahme des maximalen Spulenstroms Imax und einer dazu entgegengesetzt proportionalen Abnahme der Versorgungsspannung U (siehe Abbildung 3-45), die je nach Auslegung der Lei-stungselektronik nicht beliebig variabel ist. Die für den Linearantrieb entwickelte Lei-stungselektronik (siehe Kapitel 4) kann beispielsweise Spannungen im Bereich 1 bis 5 V zur Verfügung stellen. Zu geringe Versorgungsspannung führen jedoch zu einer wachsen-den Störanfälligkeit. Aus diesem Grund ist der Optimierung des Drahtdurchmessers eine obere Grenze gesetzt. Darüber hinaus erfordern große Stromstärken einen großen Durch-messer der zuleitenden Drähte. Allerdings ist der Bauraum im Bereich des optischen Mo-duls für zuleitende Drähte stark begrenzt. Außerdem sollte die Stromzufuhr durch freie

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99

Koaxialleitungen des CCD-Kabels erfolgen, die typischerweise im Bereich von 50 µm lie-gen. Der Drahtdurchmesser der Spule sollte für die vorliegende Anwendung daher im Be-reich 40 bis 100 µm liegen.

0

5

10

15

20

25

30

0,01 0,1 1

Drahtdurchmesser [mm]

U [

V]

0

2

4

6

8

10

12

I max

[A]U I max

Abb. 3-45 Versorgungsspannung U (hellblau) und maximaler Spulenstrom Imax (dunkelblau) in Abhängigkeit des Drahtdurchmessers (P = 0,7 Watt)

Für die entwickelten Antriebe M-V50 und M-S70 wurde Backlackdraht mit einem Kupfer-durchmesser von 55 µm und einem Außendurchmesser von 72 µm verwendet. Bei einer Spulenbreite von 1,6 mm und einer radialen Spulenhöhe von 0,65 mm ergeben sich 180 Windungen pro Spule. Mit einem Füllfaktor von 49 % beträgt der Spulenwiderstand 26,5 Ohm. Bei einer elektrischen Gesamtleistung des Antriebs von 0,7 Watt stellt sich bei einer Versorgungsspannung von 3,52 V und einem maximalen Spulenstrom von 133 mA (ΘSp,max = 24 A) im Draht eine Stromdichte von 56 A / mm2 ein (siehe Abbildung 3-45).

Die Induktivität einer einzelnen Spule wird durch die weichmagnetischen Läuferpolschuhe beeinflusst und ist damit abhängig von der Läuferposition. Für den Viertel-Zoll-Antrieb mit den genannten Spulenparametern und einem zweipoligen Läufer ergibt sich eine ma-ximale Spuleninduktivität von 43,3 mH, wenn sich einer der Polschuhe mittig in der Spule befindet. Betrachtet man die Spule als ein R-L-Glied, so liegt die elektrische Grenzfre-quenz mit 9,7 kHz deutlich über der mechanischen Grenzfrequenz des Läufers von etwa 50 Hz (siehe Abbildung 3-37). Der Einfluss der Induktivität kann daher bei der Optimie-rung des Drahtdurchmessers nahezu vernachlässigt werden. Auch die impulsartige Bestro-mung mit einer Pulsdauer von wenigen Millisekunden, die für den Betrieb des Motors mit Weicheisenringen im Schrittbetrieb erforderlich ist (siehe Kapitel 3.7), lässt sich mit den gegebenen Induktivitäten realisieren.

Page 104: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

100

0,39

0,40

0,41

0,42

0,43

0,44

-8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8

Position [mm]

Indu

ktiv

ität

[mH

]

Abb. 3-46 Induktivität einer Spule als Funktion der Position des zweipoligen Läufers (Mitte der Spule bei 0 mm)

An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Spuleninduktivität aufgrund der weichmagneti-schen Polschuhe des Läufers von der Läuferposition abhängig ist. Dies lässt sich dazu nut-zen, die Läuferposition über eine Messung der Spuleninduktion zu bestimmen [Hart98]. Hierzu muss der eigentlichen Spulenbestromung eine Wechselspannung überlagert wer-den. Der zur Messung erforderliche elektronische Aufwand darf jedoch nicht unterschätzt werden.

3.12.6 Weicheisenringe im Stator

In Kapitel 3.7 wurde beschrieben, dass sich der magnetische Fluss und damit die Stellkraft eines Antriebs durch die Einlagerung von Weicheisenringe zwischen den Statorspulen ver-größern lässt. In der Regel führen diese Ringe aufgrund der Reluktanzkräfte, die sich zwi-schen den Weicheisenringen und den Läuferpolschuhen ausbilden, zu einer rasterartigen Bewegung mit bevorzugten Läuferpositionen. Die maximale Rastkraft ergibt sich, wenn es zu einer Überdeckung von Läufer- und Statorpolschuh kommt. Die Kennlinie schneidet an dieser Position mit einer negativen Steigung die Abszisse im Kraft-Weg-Diagramm. Ab-bildung 3-47 zeigt die Rastkraft in Abhängigkeit der Breite der Statorringe für einen An-trieb mit einem zweipoligen Läufer. Die Polbreite des Läufers des Rechenmodells beträgt 2,4 mm und der Abstand der Statorringe entsprechend der 2/3-Teilung 1,6 mm. Durch die Rastkraft werden in einem periodischen Abstand von 0,8 mm bevorzugte Läuferpositionen erzeugt. Wie aus Abbildung 3-47 hervorgeht, lassen sich die Rastkräfte bei geeigneter geo-metrischer Auslegung der Weicheisenringe im Stator für einen Antrieb mit zweipoligem Läufer auf Null reduzieren. Für den Viertel-Zoll-Antrieb liegt die Rastkraft bei einer Ring-breite von 0,55 mm im Bereich weniger Millinewton.

Die Minimierung der Rastkraft lässt sich dadurch erreichen, dass die an einem der beiden Polschuhe wirksame Reluktanzkraft mit der am anderen Polschuh wirkenden Reluktanz-

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101

kraft kompensiert wird. Damit an beiden Polschuhen des zweipoligen Läufers über die ge-samte Verfahrstrecke Reluktanzkräfte wirken, müssen Weicheisenringe noch über das Spu-lensystem hinaus im Stator vorgesehen werden (siehe Abbildung 3-48). In einem dreipoli-gen Läufer, bei dem der magnetische Fluss im mittleren Polschuh etwa doppelt so groß ist wie an den seitlichen Polschuhen, lassen sich die Reluktanzkräfte hingegen nicht kompen-sieren.

Mit der Einlagerung der Weicheisenringe ist einerseits zwar eine Reduktion des Spulen-querschnitts verbunden, die bei konstanter Leistung entsprechend Gleichung 3-25 zu einer Reduktion der Durchflutung Θ führt. Auf der anderen Seite vergrößert sich aufgrund der geringeren Luftspaltlängen der magnetische Fluss. In der Gesamtwirkung zeigt sich daher, dass mit Hilfe der Weicheisenringe größere Antriebskräfte in einem nahezu rastfreien An-trieb erzielt werden können. Je nach Antriebsgeometrie und den daraus resultierenden Pa-rametern des Magnetkreises lässt sich die maximale Axialkraft eines Antriebs mit zweipo-ligem Läufer um etwa 25 % steigern. Jedoch muss mit deutlich größeren Radialkräften ge-rechnet werden, so dass die nach Abzug der Reibung nutzbare Antriebskraft im Vergleich zu einem Antrieb ohne Statorringe nur bei sehr kleiner Exzentrizität des Läufers im Stator und einer guten Reibpaarung gesteigert werden kann.

Die Einlagerung der Weicheisenringe bietet somit eine effektivere Möglichkeit zur Steige-rung der maximalen Antriebskraft im mittleren Läuferstellungsbereich als die Verwendung eines dreipoligen Läufers. Aufgrund der geringen Masse des Läufers lässt sich auch die

-60

-40

-20

0

20

40

60

-1,5 -1 -0,5 0 0,5 1 1,5

Weg [mm]

Kraf

t [m

N]

0,10,20,30,40,50,60,70,80,91,0

Breite der Statorringe[mm]

Abb. 3-47 Reluktanzkräfte eines zweipoligen Läufers in Abhängig-keit von der Läuferposition und der Breite der Statorringe

Page 106: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

102

Abb. 3-48 Feldlinienverlauf im Halbschnitt eines Antriebs mit zweipoligem Läufer und Weicheisenringen im Stator

Beschleunigung erheblich vergrößern. Die Verfahrstrecke liegt jedoch nur bei etwa ± 0,8 Spulenbreiten. Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass die Kompensation der Reluk-tanzkräfte eine enge Fertigungstoleranz der Läuferpolschuhe und der Statorringe voraus-setzt.

3.12.7 Optimierung der Werkstoffe

Zur Erzeugung großer magnetischer Flüsse sollten permanentmagnetische Materialien mit höchsten Energiedichten verwendet werden. Hierzu eignen sich insbesondere SmCo und NdFeB, die vergleichbare Remanenzen und Koerzitivfeldstärken aufweisen. Die erreichba-ren Antriebskräfte sind bei gleichbleibender Antriebsgeometrie für beide Materialien je nach Legierung und Herstellungsprozess etwa gleich groß.

Hochwertige weichmagnetische Materialien bieten bei entsprechender Wärmebehandlung im Vergleich zu dem verwendeten Baustahl den Vorteil von definierten, vom Hersteller garantierten magnetischen Eigenschaften. Mit steigender Sättigungspolarisation des weich-magnetischen Materials lässt sich bei gegebenem magnetischen Fluss die Wandstärke der flussführenden Bauteile reduzieren. Insbesondere die Dicke des Statorrückschlussrohrs kann zur Reduktion des Antriebsdurchmesser genutzt werden. Die höchsten Sättigungspo-larisationen BS liegen bei etwa 2,3 T (Kobalteisen). Geht man von den genannten Kenn-werten von Baustahl mit BS = 1,6 T aus, so lässt sich die Wandstärke des Rückschlussrohrs von 0,3 mm auf etwa 0,2 mm reduzieren, was bei einem Antriebsdurchmesser von 7,6 mm einen Gewinn von 2,6 % entspricht. Numerische Rechnungen haben gezeigt, dass auch sehr hohe Permeabilitäten der Materialien keine nennenswerte Steigerung der Antriebs-kraft zur Folge haben.

3.13 Antrieb mit mehreren Läufern

Für einige optische Systeme ist die Verschiebung mehrerer optischen Komponenten not-wendig. Der neuartige Linearantrieb ermöglicht die unabhängige Ansteuerung beliebig vie-ler Läufer, die in einem gemeinsamen Statorhüllrohr angeordnet sind. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Magnetfelder der Läufer bei einem geringen Abstand in

Page 107: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

103

gegenseitige Wechselwirkung treten und sich Anziehungskräfte zwischen den Läufern er-geben.

Aus dem Verlauf der Magnetfeldlinien in Abbildung 3-49 geht hervor, dass sich die mag-netischen Felder des Läufers im radialen Luftspalt zwischen Polschuh und Rückschluss-rohr des Stators aufweiten. Die Abbildung zeigt das Verhalten für einen Sechstel-Zoll-Antrieb, wobei das flussführende Bauteil aus Baustahl mit µmin ≈ 500 und µmax ≈ 3000 be-steht. Weiterführende numerische Rechnungen, in denen die Permeabilität sämtlicher Weicheisenteile auf µr = 105 vergrößert wurde, haben gezeigt, dass sich die Aufweitung des Magnetfelds im Luftspalt auch durch hochpermeable Materialien nicht reduzieren lässt.

Abb. 3-49 Verlauf der Magnetfeldlinien von zwei dreipoligen Läufern in einem gemeinsamen weichmagnetischen Statorrohr

Überlagern sich die Streufelder von zwei Läufern, so entstehen Kräfte, die je nach Po-lungsrichtung der Magnete anziehend oder abstoßend wirken. Abbildung 3-50 zeigt die numerisch berechneten Kräfte, die zwei Läufer aufeinander ausüben, die sich in einem ge-meinsamen, unbestromten Stator befinden. Für den 6,2 mm-Motor mit dreipoligem Läufer M-S70 werden die wechselwirkenden Kräfte erst bei Läuferabständen von mindestens 4 bis 5 mm mit wenigen Millinewton vernachlässigbar. Mit einer Vergrößerung der Motor-geometrie steigen der magnetische Fluss und die Wechselwirkungskräfte zwischen den Läufern, so dass größere Minimalabstände zwischen den Läufern eingehalten werden müs-sen, um eine gegenseitige Beeinflussung zu vermeiden. Unter Beibehaltung der geometri-schen Proportionen verhalten sich die Kräfte nahezu proportional zu der Magnetquer-schnittsfläche. Beispielsweise beträgt die Magnetquerschnittsfläche des 15,5 mm Motors mit einem freien Bohrungsdurchmesser von 12 mm das Dreifache des 6,2 mm-Motors (36 mm2 zu 11 mm2) bei gleicher magnetischer Induktion. Aus Abbildung 3-50 geht her-vor, dass dementsprechend auch die Anziehungskräfte das Dreifache betragen.

4 mm

0,25 mm

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104

0,01

1

100

10000

0 1 2 3 4 5

Läuferabstand [mm]

Kra

ft [m

N]

Motordurchmesser 15,5 mm Motordurchmesser 6,2 mm

Abb. 3-50 Kraft zwischen zwei Läufern, die sich in einem gemeinsamen unbestromten Stator befinden, als Funktion ihres Abstands

Die dargestellten Rechenergebnisse berücksichtigen nur die Kraftwirkung zwischen den Permanentmagneten des Läufers. Die elektromagnetische Kraftwirkung zwischen den Spu-len und dem Läufer aus zwei verschiedenen Antriebssystemen können aus den Rechnun-gen für einen Einzelantrieb (siehe Abbildung 3-19) abgeleitet werden. Die resultierende Parasitärkraft eines zweiten Systems ergibt sich aus der Superposition von der Kraft zwi-schen dem Läufer und dem zweiten Spulensystem sowie der Kraft zwischen den beiden Läufern. Geht man von minimalen Läuferabständen von 4 bis 5 mm aus, so ist auch die Kraftwirkung der Spulen vernachlässigbar.

Um das Überspringen eines Läufers in ein fremdes Statorsystem zu verhindern, sollten da-her mechanische Anschläge in der gemeinsam genutzten Gleithülse vorgesehen werden. Alternativ dazu können insbesondere in eng benachbarten Statorsystemen die Läufer ent-gegengesetzt gepolt eingebaut werden, so dass die abstoßenden Kräfte die Läufer in das für sie vorgesehene Statorfeld zurückdrängen.

3.14 Kennwerte der entwickelten Antriebe

Nachdem der Viertel-Zoll-Antrieb M-V50, dessen Außendurchmesser 7,6 mm beträgt, gu-te Verfahreigenschaften gezeigt hat und die Integration in das optische Modul ein optima-les Zusammenspiel zwischen Optik und Mechanik demonstrierte, wurde eine Miniaturisie-rung des Motors für das Sechstel-Zoll-System mit einem Motordurchmesser von 6,2 mm durchgeführt (M-S70).

Die Materialauswahl ist für beide Aktoren identisch. Für sämtliche flussführenden Bauteile wurde einfacher Baustahl (Werkstoffnummer 1.0037) verwendet. Die Magnete sind aus Vacodym 400 AP der Firma Vacuumschmelze GmbH und Co. KG (Hanau, Deutschland)

Page 109: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

105

gefertigt. Als Spulendraht kam ein Backlackdraht mit einem Kupferdurchmesser von 55 µm der Firma Isodra GmbH (Kierspe, Deutschland) zum Einsatz. Hüllrohr und Gleit-hülse bestehen aus dem Edelstahl 1.4301 und die Abstandsringe aus Messing. Die Kenn-werte der beiden Antriebe, die zur Erzeugung einer großen Antriebskraft und einem langen Stellweg jeweils mit einem dreipoligen Läufer und drei Statorspulen ausgestattet wurden, sind in den nachfolgenden Tabellen aufgeführt. Die Antriebskraft F und die Steifigkeit C gelten in der Mittelstellung des Läufers. Als Stellweg ∆ x ist der Bereich definiert, in dem die Antriebskraft mindestens 75 % der Kraft in Mittelstellung entspricht.

Linearantrieb M-V70

Beim M-V70 wurden schnell verfügbare Halbzeuge verwendet, deren gegebene Geometrie zu einer Abweichung vom Kraftoptimum führte. Die geometrische Abweichung betrifft insbesondere das Verhältnis zwischen radialer Magnet- und Spulenhöhe. Im realisierten Antrieb wird mit hMg = 0,65 mm und hSp = 0,55 mm eine Antriebskraft in symmetrischer Läuferposition von 82 mN erreicht. Mit einer Magnethöhe von 0,9 mm und einer Spulen-höhe von 0,3 mm lässt sich die Stellkraft um 33 % steigern. Der Verlauf der Kraft-Weg-Kennlinien ist für verschiedene Phasenwinkel in Abbildung 3-51 dargestellt.

Kennwerte

Antriebskraft F

Stellweg ∆ x

Steifigkeit C

82 mN 5,4 mm 138 mN / mm

Geometrische Eigenschaften

Statoraußen-durchmesser

da

Bohrungsdurch-messer des Läufers

di

Läuferlänge

lL

Läufermasse

mL

Länge des Statorrück-schlussrohrs

lS

7,6 mm 3,9 mm 4,8 mm 0,52 gr 11,2 mm

Elektrische Eigenschaften

Gesamtleistung

P

Versorgungs-spannung

US

Maximalstrom je Spule Imax

Windungszahl je Spule

N

Füllfaktor der Spule

k

0,7 Watt 3,62 V 129 mA 170 50,5 %

Tab. 3-4 Eigenschaften des Viertel-Zoll-Antriebs M-V50

Page 110: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

106

-120-100-80-60-40-20

020406080

100120

-5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5

Weg [mm]

Axia

lkra

ft [m

N]

-120-100-80-60-40-20

020406080

100120

-5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5

Weg [mm]

Axia

lkra

ft [m

N]

-120-100-80-60-40-20

020406080

100120

-5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5

Weg [mm]

Axia

lkra

ft [m

N]

Abb. 3-51 Experimentell ermittelte axiale Antriebskraft des Viertel-Zoll-Antriebs M-V50 mit dreipoligen Läufer bei 0,7 W (∆ϕ = 30°)

Gesamtkraft

Reluktanzkraft

Lorentz-Kraft

Page 111: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

107

Linearantrieb M-S70

Die Kennwerte des Sechstel-Zoll-Antriebs M-S70 sind nachfolgend aufgeführt. Der Motor ist unter den gegebenen geometrischen Randbedingungen kraftoptimiert.

Kennwerte

Antriebskraft F

Stellweg ∆ x

Steifigkeit C

60 mN 3,8 mm 100 mN / mm

Geometrische Eigenschaften

Statoraußen-durchmesser

da

Bohrungsdurch-messer des Läufers

di

Läuferlänge

lL

Läufermasse

mL

Länge des Statorrück-schlussrohrs

lS

6,2 mm 2,9 mm 3,8 mm 0,30 gr 7,6 mm

Elektrische Eigenschaften

Gesamtleistung

P

Versorgungs-spannung

US

Maximalstrom je Spule Imax

Windungszahl je Spule

N

Füllfaktor der Spule

k

0,3 Watt 1,62 V 124 mA 93 47,6 %

Tab. 3-5 Kennwerte des Sechstel-Zoll-Antriebs M-S70

3.15 Miniaturisierung

Aus den analytisch und messtechnisch ermittelten Daten der entwickelten Antriebe lässt sich mit Hilfe von Skalierungsgesetzen, die im folgenden beschrieben werden, die An-triebskraft eines in allen Maßen linear skalierten Antriebs extrapolieren. Führt man einen linearen Skalierungsfaktor S ein und indiziert alle unskalierten Größen mit 0 und alle ska-lierten Größen mit S, so gilt für alle eindimensionalen geometrischen Größen, wie sämtli-che Durchmesser d und den Breiten b:

0dSd S ⋅= bzw. 0bSbS ⋅=

Alle Flächen sind hingegen proportional zu S2. Unter der Forderung einer konstanten Er-wärmung des Motors und der Annahme, dass der Wärmeaustausch mit der Umgebung ab-hängig von der Motoroberfläche ist, so ergibt sich die skalierte Leistung PS mit

02 PSPS ⋅=

Page 112: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

108

Vereinfachend wird angenommen, dass der Füllfaktor kF der Spule unabhängig von der Skalierung sei. Entscheidend für die im Arbeitspunkt des Permanentmagneten wirksame Magnetinduktion BMg,Ap sind entsprechend Gleichung 3-19 die geometrischen Verhältnisse (lMg · ALuft) / (δ · AMg ). Werden alle Maße des Motors linear skaliert, so bleiben der Verlauf des magnetischen Flusses, die Entmagnetisierung und damit auch die Magnetinduktion BMg unverändert. Ein optimierter Antrieb bleibt daher auch nach einer linearen Skalierung im Optimum. Setzt man die Skalierungsgesetze in die Gleichung zur Berechnung der Lorentz-Kraft mit

mCu

FSpMgMggesL d

kAPb

ABF

⋅⋅⋅⋅

⋅⋅

⋅=Φ πρ3

223

,

ein, so ergibt sich für den skalierten Aktor die Antriebskraft FS.

05 FSFS ⋅=

In Abbildung 3-52 ist das Skalierungsverhalten für den optimierten dreipoligen Sechstel-Zoll-Antrieb mit einer Leistung von P0 = 0,3 W in einem einfach logarithmischen Dia-gramm dargestellt. Hier zeigen sich die Grenzen einer beliebigen Miniaturisierung. Einer exakten Positionierung wird bei kleiner werdender Antriebskraft die Reibung entgegen-wirken.

0,1

1

10

100

1000

0 5 10 15 20

Durchmesser [mm]

Kra

ft [

mN

]

Abb. 3-52 Skalierte Antriebskraft auf Basis des Sechstel-Zoll-Antriebs

Page 113: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

109

4 Elektronik zur Motoransteuerung

Zur Bestromung des Motors müssen drei Spannungen mit einem Phasenversatz von 120° zur Verfügung gestellt werden. Eine einfache Methode, um diese zu erzeugen besteht dar-in, die drei Spannungskurven in einem Eprom zu speichern (siehe Abbildung 4.1). An den Adresseingang des Eproms wird ein 12-Bit-Wert zur Vorgabe der Soll-Position, bzw. dem Phasenwinkel des Drehfelds angelegt. Damit lässt sich die Positionsvorgabe in 4096 Schritte aufteilen. Die Auflösung eines 8-Bit-Eproms wäre für die vorliegende Anwendung jedoch bereits ausreichend. Die Daten eines 2-Bit-Zählers, der von einer Clock mit mehre-ren Mega-Hertz getaktet ist, werden an weitere Adressleitun-gen des Eproms angeschlossen. Diese Daten geben in einem zeitlichen Wechsel vor, welche der drei Spannungskurven aus-gelesen werden soll. Bei ent-sprechender Belegung des Spei-chers stehen die drei Span-nungswerte in digitaler Form und in zeitlicher Aufeinander-folge am Ausgang zur Verfü-gung.

Ein Digital-Analog-Wandler mit vier gepufferten Ausgängen nimmt die drei digitalen Daten sequentiell auf, wandelt diese in drei analoge Spannungen um und gibt diese, sobald ein ent-sprechender Impuls am Wandler anliegt, zeitgleich am Ausgang frei. Mit Hilfe von drei Operati-onsverstärkern lassen sich die Spannungen auf den erforderli-chen Wert verstärken.

Die in Abbildung 4.1 dargestell-te Schaltung wurde im Rahmen von Laboruntersuchungen zur flexiblen PC-basierten Ansteue-rung des Antriebs eingesetzt. Für

12-Bit zur Positions-vorgabe

drei zeitlich aufeinander folgende digitale Ausgangssignale

Digital-AnalogUmsetzer

drei zeitgleich anliegende analoge

Ausgangssignale

Linearantrieb

Karte zur Motoransteuerung

PC-Daten

Clock Load DAC

Optokoppler-Karte

Zähler 1 bis 3

3-Bit zur Auswahl der Stromkurve

Leistungsstufe

EPROM

Abb. 4-1 -

Prinzipieller Aufbau der Ansteuerungsplatine für den Linearmotor
Page 114: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

110

eine manuelle Betätigung des Antriebs lässt sich der Rechner durch ein Potentiometer und einen Analog-Digital-Wandler ersetzen.

Wird hingegen eine Mikrokontroller- oder DSP-Platine eingesetzt, so können die digitali-sierten Spannungswerte auch in den peripheren Bausteinen dieser Platine gespeichert wer-den. Durch Implementierung einer geeigneten Software lässt sich ein solcher Baustein da-zu einsetzen, den Bildkontrast zu berechnen und den Antrieb entsprechend zu positionie-ren. Hierzu werden die drei Spannungen entsprechend der berechneten Soll-Position des Läufers in digitaler Form und einem zeitlichen Versatz an die Motorplatine weitergeleitet. Von dort aus führen der gepufferte Digital-Analog-Umsetzer und die Operationsverstärker dem Motor dann die entsprechend verstärkten Spannungen zu. Diese Anordnung wurde für eine PC-unabhängige portable Autofokussteuerung realisiert.

5 System zur Autofokussierung

5.1 Indirekter Autofokus

Aufgrund des stark begrenzten Bauraums in der Spitze eines Endoskops ist die sensorische Abstandsmessung zwischen dem optischen System und dem abzubildenden Objekt nur mit großem technischen Aufwand möglich. Aus diesem Grund wurde für das vorliegende En-doskop das Prinzip des indirekten Autofokus verwendet, bei dem die optimale Position der Fokuslinse anhand der aufgenommenen Bildinformationen ermittelt wird (siehe Abbildung 5-1). Auf diese Weise lässt sich einerseits kostbarer Bauraum des Sensors einsparen, ande-rerseits ermöglicht die geschlossene Schleife eine geregelte Positionsänderung der Linse.

Bei einem direkten Autofokus hingegen wird die Linsenposition im gesteuerten Betrieb angefahren. Trotz korrekter Positionsvorgabe bleibt das Bild eines direkt arbeitenden Au-tofokus unscharf, wenn der Läufer nicht die vorgesehene Position erreicht. Bei dem indi-rekten Autofokus wird die Linsenposition bei entsprechender Programmierung der Auto-fokussoftware solange verändert, bis der Läufer seine vorgesehene Position erreicht und das Bild scharf ist.

Zur Realisierung eines indirekten Autofokus sind neben dem Antrieb und der zugehörigen Leistungselektronik weitere Hardware- und Softwarekomponenten zur Berechnung des Bildkontrasts erforderlich, die in den folgenden Kapiteln beschrieben werden.

Page 115: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

111

Leistungselektronik

Bilddaten

Objekt CCD-Chip Fokuslinse

Bildauswertung

Linearmotor

Abb. 5-1 Regelschleife des indirekten Autofokussystems

5.2 Komponenten des Autofokussystems

Neben dem optischen System, dem Linearantrieb und der dazugehörigen Leistungselektro-nik benötigt das Autofokussystem eine Einheit, in der die Bilddaten verarbeitet und be-rechnet sowie entsprechende Befehle zur Ansteuerung der Leistungselektronik ausgegeben werden. Im ersten Jahr der Projektlaufzeit wurde die Software zur Bildauswertung und die Steuerung des Antriebs auf einem PC implementiert. Für die klinische Anwendung des au-tofokussierbaren Endoskops ist jedoch eine gute Portabilität und Handhabbarkeit des ge-samten Systems unverzichtbar, so dass ein PC-unabhängiges Stand-alone-System ent-wickelt wurde [Tett04] [Thie04].

Grundsätzlich lässt sich die Autofokus-Software, die zur Berechnung des Bildkontrasts und zur Vorgabe der Soll-Position dient, auf verschiedenen Hardwarekomponenten – Mi-krokontroller, FPGA oder DSP – implementieren. Mikrokontroller und Digitale Signalpro-zessoren (DSP) bieten aufgrund ihrer moderaten Preise sowie ihrer einfachen und flexiblen Programmierung einen deutlichen Vorteil gegenüber den sehr schnell arbeitenden FPGAs (Field Programmable Gate Array). Mikrokontroller sind wiederum in ihrer Leistungsfähig-keit begrenzt, so dass zur Realisierung des Stand-alone-Systems ein kommerziell erhältli-ches DSP-Board erworben wurde, welches über die gesamte Peripherie zur Datenein- und ausgabe verfügt (Blackfin 533 EZ-Kit Light Evaluierungs-Kit, Analog Devices, USA). Diese DSP-Platine erlaubt schnelle Matrixoperationen, hat eine hohe Taktrate von 621 MHz bei vergleichsweise niedrigen Anschaffungskosten.

Page 116: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

Am Eingang des Evaluierungs-Kits steht ein Videodecoder zur Verfügung, der die analo-gen NTSC- bzw. PAL-Signale des CCD-Kontrollers digitalisiert und an den DSP weiterlei-tet. Dort findet die Berechnung des Bildkontrasts und der daraus resultierenden Steuersig-nale für den Motor statt. An den freien Ausgangsports können die Daten mit einer Daten-breite von 12 Bit zur Ansteuerung der Motorplatine ausgegeben werden. Das DSP-Board liefert drei zeitlich versetzte Digitalsignale, die den Spannungswerten der drei Spulen und damit der Sollposition des Läufers entsprechen, an die Leistungselektronik (siehe Kapitel 4). Abbildung 5-2 zeigt den Aufbau des Autofokus-Steuergeräts, welches den CCD-Kontroller, die DSP-Platine und die Leistungselektronik des Motors beinhaltet.

5.3 Alg

Die SoftwaBestandteildem Algorzur Läuferpsentativen Wder Bildschfür eine schnissen und

DSP-Platine Leistungselektronik CCD-Kontroller

112

Abb. 5-2 Elektronik des Autofokussystems

orithmus für den Autofokus

re, die auf dem DSP-Board implementiert ist, besteht aus zwei wesentlichen en: der Fokus-Messfunktion (FMF) zur Bestimmung des Bildkontrasts sowie ithmus zum Auffinden des maximalen Bildkontrasts und der Sollwertvorgabe ositionierung. Die Aufgabe der Fokus-Messfunktion besteht darin, einen reprä-

ert aus den Bilddaten zu berechnen, der sich als geeignetes Maß für den Grad ärfe heranziehen lässt. Dieser Wert sollte ein möglichst ausgeprägtes Maximum arf fokussierte Optik aufzeigen und auch unter unterschiedlichen Lichtverhält-Objektbeschaffenheiten zuverlässige Ergebnisse erzielen. Anhand dieses Mess-

Page 117: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

113

Messwerts muss der Algorithmus den Läufer schnellst möglich in die fokussierte Position bringen.

Im Rahmen dieses Projekts wurden verschiedene Algorithmen erprobt. Nachfolgend wer-den zunächst die Berechnung des Bildkontrasts und anschließend die Ansteuerungsmög-lichkeiten für den Linearantrieb vorgestellt und diskutiert.

5.3.1 Fokus-Messfunktion (FMF) zur Kontrastbestimmung

Zur Bestimmung des Bildkontrasts existieren eine Reihe von Rechenvorschriften, die sich in ihrem Rechenaufwand, der Anfälligkeit gegenüber Rauschen und ihrem Funktionsver-lauf bei variierendem Objektabstand unterscheiden. Zu den verbreitetsten Algorithmen ge-hören unter anderem die Tenengrad, Threshold Pixel Count, Grauwert Varianz, Entropie, Laplace, Sum-Modulus-Difference (SMD) und Absolute-Difference (AD) Funktionen. Je-de dieser Funktionen gibt einen Wert aus, der als Maß für den Kontrast, bzw. für die Schärfe des Bilds dient.

Wird die FMF für verschiedene Linsenpositionen bei festem Objektabstand aufgenommen, so ergibt sich ein charakteristischer Kennlinienverlauf mit einem Maximum, welches die Linsenposition mit der schärfsten Abbildung bei gegebener Objektentfernung kennzeich-net. In Abbildung 5-3 sind die normierten Funktionsverläufe verschiedener Rechenvor-schriften bei konstantem Objektabstand als Funktion der Linsenposition z dargestellt [Thie04]. Der Funktionswert F(z) wurde jeweils in einem Messfeld mit 100 x 100 Pixeln ausgewertet. Der Objektabstand wurde so eingestellt, dass der Bildkontrast bei mittlerer Linsenposition maximal ist. Wird die Linse über ihre gesamte Verfahrstrecke verschoben, die in der dargestellten Messreihe auf 75 Schritte aufgeteilt ist, so ergibt sich der darge-stellte symmetrische Funktionsverlauf. Große Funktionswerte F(z) kennzeichnen hierbei einen großen Bildkontrast.

Im unscharfen Bereich weisen einige Algorithmen ein beträchtliches Rauschen auf, wel-ches bei der Suche nach dem Maximalwert Probleme bereiten kann. Die Rechenvorschrift Absolute-Difference (AD) zeigt einen sehr ruhigen Verlauf über den ganzen Fokusbereich und hat sich als robuster Algorithmus mit geringem Rechenaufwand herausgestellt. Ein weiterer Vorteil der AD-Funktion besteht darin, dass die Funktion F(z) zum Fokus hin mo-noton ansteigt und nach dem Maximum wieder monoton abfällt. Dieses Verhalten ermög-licht eine einfache Suchfunktion zur Ermittlung des Maximums. Die zugrunde liegende Rechenvorschrift des AD-Algorithmus wird im folgenden beschrieben.

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114

0

20

40

60

80

100

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Linsenposition z

F(z)

EntropieLaplacePowerSMDTenengradThresholdAD

Abb. 5-3 Verschiedene Fokus-Messfunktionen in Abhängigkeit von der Linsenposition bei festem Objektabstand

Das aufgenommene Bild lässt sich als eine Matrix )],([ jigM MN× mit der Dimension N x M auffassen. Dabei steht N für die Anzahl der Pixel in einer Zeile, M für die Anzahl der Zeilen. Bei einem PAL-Signal liegen N = 720 und M = 480 vor. g(i,j) kennzeichnet den Graustufenwert eines Pixels an der Position i,j, wobei Ni ∈ und Mj ∈ ist. Somit lässt sich jedes Pixel in dem Bild durch i,j adressieren. Zur Berechnung der Absolute-Difference-Funktion wird schrittweise, für jedes sich im Messfeld befindliche Pixel, ein Wert FAD [g(i,j)] berechnet, welcher den Grauwert-Gradienten zwischen dem betrachteten Pixel g(i,j) und aller acht benachbarten Pixel darstellt (siehe Abbildung 5-4). Wird diese Rechenvorschrift nacheinander für jedes der sich im vordefinierten Messfeld befindlichen Pixel durchgeführt und aufsummiert, so ergibt sich der resultierende Funktionswert FAD.

∑∑ ++−=NM

AD njmigjigF |),(),(|

1),(1 ≤≤− nm

Während beispielsweise bei der Sum-Modulus-Difference-Funktion (SMD) der Graustu-fengradient zu nur zwei benachbarten Pixel ermittelt wird, steigert die Einbeziehung aller Nachbarpixel die Robustheit der AD-Funktion gegenüber dem Rauschen im Bild. Dennoch ist die Rechenzeit des Algorithmus sehr kurz. Für ein Bild mit einem Messfeld von 100 x 100 Pixeln benötigt das verwendete DSP-Board 4,3 ms.

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115

Abb. 5-4 Bestimmung des Grauwertgradienten zwischen einem zentralen Pixel g(i,j) und den acht benachbarten Pixeln, entsprechend der Absolute-Difference-Funktion

An dieser Stelle sei angemerkt, dass sämtliche Algorithmen nur einen relativen Kontrast-wert liefern. Wird die Fokuslinse über ihre gesamte Strecke verschoben, so kann anhand des Funktionsmaximums eine Aussage darüber getroffen werden, in welcher Linseneinstel-lung das Objektiv fokussiert ist. Ob oder wie scharf das Bild ist, lässt sich durch die ermit-telten Werte jedoch nicht bestimmen. Darüber hinaus ist der Wert des Funktionsmaximums abhängig von den Lichtverhältnissen und der Beschaffenheit des abzubildenden Objekts. Wird ein einziger Funktionswert für einen beliebigen Objektabstand und einer beliebigen Linsenstellung ermittelt, so lässt sich daher nicht feststellen, ob das Objektiv bereits fokus-siert ist oder an welcher Stelle sich das Maximum befindet. Diese Problematik erfordert die Anwendung einer Rechenvorschrift zur Auffindung des Maximums und der Positionierung des Läufers.

5.3.2 Gradientenalgorithmus zur Positionierung des Motors

Der Verlauf und die Lage des Maximums der Fokus-Messfunktion F(z) ist während des Fokussiervorgangs nicht bekannt. Um das Maximum in einer sich ändernden Funktion zu bestimmen, wird oftmals der sogenannte Hill-Climbing oder auch Gradientenalgorithmus benutzt. Hierbei wird zunächst der Kontrast in der aktuellen Position der Fokuslinse mit Hilfe einer der vorgenannten Fokus-Messfunktionen berechnet. Anschließend wird die Linse, unabhängig davon, an welcher Position sie sich befindet, um einen Schritt in eine festgelegte Richtung verfahren. An dieser Position wird der Kontrast erneut bestimmt. Je nach Differenz zwischen den beiden berechneten Kontrastwerten, wird das Linsensystem in die Richtung des Maximums bewegt.

Es ist offensichtlich, dass das Signal-zu-Rausch-Verhältnis möglichst gering sein muss, da durch zu große Rauschsignale Nebenmaxima in der Fokus-Messfunktion entstehen kön-nen, die das Ergebnis einer kontinuierlich arbeitenden Suchfunktion beeinträchtigen. Eine Methode zur Reduktion der Nebenmaxima ist die Anwendung von linearen Tiefpassfiltern, mit deren Hilfe das Bild vor der eigentlichen Fokusmessung gefiltert wird. Dadurch wird

g(i-1,j-1)

g(i,j-1)

g(+1,j-1)

g(i-1,j)

g(i,j)

g(i+1,j)

g(i-1,j+1)

g(i,j+1)

g(i+1,i+1)

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116

eine Reduzierung der durch das Rauschen verursachten hohen Frequenzanteile bewirkt. Ein Filter, der zu guten Ergebnissen und geringer Rechenzeit führt, ist der sogenannte Box-filter.

Bei dem Boxfilter R9 werden die Graustufenwerte einer 3 x 3 Pixel großen Matrix gemittelt und anschließend dem zentralen Pixel neu zugeordnet. Die Filtermatrix R9 ist vorgegeben mit

=

111111111

91

9R

Grundsätzlich gilt: je größer die Maske, desto kleiner die Grenzfrequenz. Für die einfache Rauschunterdrückung ist bereits eine 3 x 3 Matrix ausreichend. Die Filtermatrix wird schrittweise über die gesamte Bildmatrix verschoben, bis jedem Pixel des Bildes ein Mit-telwert zugeordnet ist. Dieser Vorgang lässt sich formell durch

RjigD ⊗= ),(~

ausdrücken.

Die Filterung eines Bildausschnittes von 100 x 100 Pixel benötigt bei Verwendung der ge-nannten Elektronikkomponenten 8,2 ms. Verbindet man aber den Rauschfilter und den Al-gorithmus zur Kontrastberechnung in einer gemeinsamen Funktion, so kann der C-Com-piler die Funktion so weit optimieren, dass beide Algorithmen eine Rechenzeit von insge-samt nur 12,1 ms benötigen.

.

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117

6 Zusammenfassung und Ausblick

Für die axiale Verschiebung von Linsen, Linsengruppen oder anderen optischen Elementen (Blenden, Prismen oder CCD-Chips) wurde ein elektromagnetischer Mikroantrieb mit ei-nem rotationssymmetrischen Aufbau entwickelt, der eine schnelle und präzise Positionie-rung erlaubt und sich insbesondere für miniaturisierte optische Instrumente, beispielsweise Endoskope, eignet. Der permanentmagnetische Läufer weist einen freien Mitteldurchgang auf, durch den der optische Strahlengang hindurch tritt und in den die zu verschiebenden optischen Elemente eingebracht werden. Durch die geregelte Positionierung einer Fokus-linse lassen sich aktive Mikrooptiken aufbauen, die für eine gleichbleibend hohe Abbil-dungsqualität auch bei stark variierenden Objektentfernungen sorgen. Insbesondere im Nahbereich ergeben sich im Vergleich zu Fixfokus-Objektiven wesentlich detailgenauere Beobachtungsmöglichkeiten, die in der medizinischen Endoskopie zu einer erheblichen Verbesserung der Diagnostik und Therapie beitragen können. Durch die unabhängige Ver-schiebung mehrerer Linsen in einem gemeinsamen Stator ist darüber hinaus die Realisie-rung eines fokussierbaren, optischen Mikrozoomobjektivs möglich. Während bereits hoch-wertige Bildaufnehmer und Linsensysteme zur Verfügung stehen, dient die vorliegende Entwicklung einer adäquaten Steigerung der Leistungsfähigkeit und der Flexibilität von miniaturisierten Optiken.

Durch den direkten Antrieb der optischen Komponenten, ohne zwischengeschaltete Ge-triebe, wird eine außergewöhnlich kompakte Integration von Optik und Mechanik mit Ab-messungen von wenigen Millimetern erreicht. Im vorliegenden Fall weist die bislang kleinste gefertigte Anordnung einen Durchmesser von 6,2 mm auf (siehe Abbildung 6-1). Bei einer Leistungsaufnahme von 0,3 W erzeugt der Antrieb dabei eine Stellkraft von 60 mN. Der Läufer erreicht damit Beschleunigungswerte von 20 g und entwickelt eine ho-he Dynamik, die eine schnelle und sichere Autofokusfunktion gewährleistet.

Abb. 6-1

Fokussierbare Miniatur-optik mit einem Außen-durchmesser von 6,2 mm

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118

Der Antrieb zeichnet sich außerdem durch selbsthaltende Kräfte aus, die auf den Läufer wirken und seine Position auch unter Einwirkung äußerer Kräfte (z.B. Trägheit, Gravitati-on) stabilisieren. Bei Einwirkung von Trägheitskräften bleibt der Läufer ortsfest, so dass das Bild auch bei Erschütterungen des Endoskops oder versehentlichen schnellen Bewe-gungen immer scharf bleibt. Die Läuferposition wird durch die Lage des durch die Sta-torspulen erzeugten magnetischen Wanderfelds festgelegt, so dass keine aufwendige senso-rische Positionsrückmeldung erforderlich und auch im gesteuerten Betrieb eine präzise Linsenverstellung möglich ist. Dabei ist die Ausprägung der Magnetfelder und damit auch das Positionierverhalten recht unempfindlich gegenüber Fertigungs- und Montagetoleran-zen. Dies ermöglicht zusammen mit dem einfachen Aufbau eine kostengünstige Fertigung sowie eine weitere Miniaturisierung, deutlich unterhalb des bisherigen Außendurchmessers von 6,2 mm.

Des weiteren gestatten diverse Variationsmöglichkeiten des Antriebs eine große Flexibili-tät bei der Auslegung der Optik. Der Aufbau erlaubt eine beliebig lange Verfahrstrecke bei gleichbleibender Positioniergenauigkeit und die unabhängige Verschiebung mehrerer Läu-fer innerhalb eines einzigen Statorsystems.

Während die bisherigen Bestrebungen, den Durchmesser des gesamten Systems zu redu-zieren, durch die Größe des CCD-Chips beschränkt wurden, zielt die zukünftige Entwick-lung durch die Verwendung kleinerer Chipformate auf Abmessungen von etwa drei bis vier Millimetern. Damit werden erhöhte Anforderungen an die Genauigkeit der Fertigung auftreten. Aufgrund der bei der funkenerosiven Bearbeitung auftretenden Zerstörung des permanentmagnetischen Werkstoffs in der Rundschicht, muss insbesondere geprüft wer-den, ob dann kostenintensive Schleifprozesse unter Verdrängung von Luftsauerstoff not-wendig werden. Weiterhin ist zu untersuchen, inwiefern mikrotechnische Verfahren die Anfertigung und Montage der Spulen ersetzen können, beispielsweise durch das Auf-wickeln flexibler Leiterbahnen. Schließlich ist es dann auch angebracht, die konventionelle Linsenfertigung zu verlassen und GRIN-Linsen für das optische System einzusetzen.

Mit der Verwendung von kleineren Chipformaten ist eine Abnahme der Pixelgröße ver-bunden, die die Sensitivität der Chips voraussichtlich verringern wird, so dass die Blen-denzahl der Objektive für eine ausreichende Beleuchtungsstärke des Chips reduziert wer-den muss. Der dabei eintretende Verlust an Tiefenschärfe bedeutet auf jeden Fall, dass die Bedeutung einer aktorisch betriebenen Fokussierung im Rahmen zukünftiger Miniaturisie-rungen an Bedeutung gewinnen wird.

Neben der medizinischen und technischen Endoskopie gibt es eine Vielzahl an Anwen-dungsgebieten, in denen sich die Leistungsfähigkeit von Mikroobjektiven durch den Ein-satz des im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Linearantriebs verbessern lässt. Neben der Überwachung von Mikromontageprozessen und dem Einsatz von Spionagesystemen hat sich insbesondere im Freizeitbereich ein großer Markt entwickelt, in dem immer kleinere

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119

Objektive, beispielsweise für den Einsatz in Pocket-Kameras oder Mobiltelefonen, erfor-derlich sind. Für diese Anwendungsgebiete stellt der vorgestellte Linearantrieb eine techni-sche Lösung zur Verfügung, um entscheidende Qualitätsverbesserungen des Gesamtsy-stems zu erzielen, die letztlich marktentscheidend die Produktauswahl beeinflussen kön-nen.

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7 SYMBOLE UND ABKÜRZUNGEN

Symbol Bedeutung Einheit

A Fläche m2

a Objektweite m

a’ Bildweite m

b Breite m

B magnetische Induktion T

BR magnetische Remanenzinduktion T

c Steifigkeit N/m

d Durchmesser m

e Hauptpunktabstand m

E Beleuchtungsstärke lx

f’ bildseitige Brennweite m

h Höhe m

H magnetische Feldstärke A/m

i elektrischer Strom A

k Blendenzahl -

L Induktivität H

l Länge m

M Modulation -

n Brechungsindex -

P Leistung W

R Ohm’scher Widerstand Ω

s Skalierungsfaktor -

t Zeit s

U elektrische Spannung V

w Bildfeldwinkel Grad

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Symbol Bedeutung Einheit

y Objekthöhe m

y’ Bildhöhe m

v Geschwindigkeit m/s

λ Wellenlänge des Lichts m

µr relative Permeabilität -

µ0 Permeabilität des Vakuums (µ0=4π·10-7·V·s/(A·m)) V·s/(A·m)

ρ spezifischer elektrischer Widerstand Ω·mm2 / m

ρRefl optischer Reflexionskoeffizient -

Φ magnetischer Fluss Wb

δ Luftspalt eines magnetischen Kreises m

ω Kreisfrequenz s-1

ω0 Eigenkreisfrequenz der ungedämpften Schwingung s-1

β optische Vergrößerung -

Indizes Bedeutung

a außen

Airy Airyscheibchen

Cu Kupfer

Dr Draht

eff Effektivwert

EP Eintrittspupille

Fe Eisen

i innen

L Läufer

Lz Lorentz

m mittel

max maximal

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Indizes Bedeutung

min minimal

P magnetischer Pol

Ps Polschuh

R Remanenz

rel relativ

Rg entsprechend dem Rayleigh-Kriterium

Rk Reluktanz

S Stator

Sp Spule

Abkürzung Bedeutung

OLPF optical low-pass filter (optischer Tiefpassfilter)

MTF Modulationstransferfunktion

DGL Differentialgleichung

DLC diamond like carbon (diamantähnlicher Kohlenstoff)

PM Permanentmagnet

Lp Linienpaar

RMS root mean square (Effektivwert)

V50 optisches System mit Viertel-Zoll-Chip gesamter Bildfeldwinkel von 50°

V70 optisches System mit Viertel-Zoll-Chip gesamter Bildfeldwinkel von 70°

V24-76 optisches System mit Viertel-Zoll-Chip variabler gesamter Bildfeldwinkel von 24° bis 76°

S70 optisches System mit Sechstel-Zoll-Chip gesamter Bildfeldwinkel von 70°

M-V50 Linearantrieb für die Viertel-Zoll-Optik

M-S70 Linearantrieb für die Sechstel-Zoll-Optik

Page 127: Entwicklung von elektromagnetischen Linearantrieben und ...

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