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VGB PowerTech - All rights reserved - Alle Rechte vorbehalten - © 2015 51 VGB PowerTech 10 l 2016 Koordination virtueller Energiespeicher Autoren Abstract Development and comparison of a central and decentral coordination approach for virtual energy storages In urban areas, decentralised generators and loads can be pooled to operate as a virtual ener- gy storage. Therefore, the flexibility of thermal storages (e.g. in CHP units) can be used to in- crease the storage capacity of the electrical grid in the future. This approach is evaluated in the project “Die Stadt als Speicher”, funded by the Federal Ministry for Economic Affairs and En- ergy. Various types of objective functions such as spot markets and residual load minimisation are considered in two different model regions. The theoretically estimated storage capacity will be compared with the actual capacity dur - ing a one-year field test. A key factor for this purpose is the choice of the aggregation ap- proach and the resulting features of the devel- oped innovative ICT-Systems for unit schedul- ing and coordination in terms of the objective function. Therefore, two different coordination and optimisation approaches will be examined within the project. While the first approach is based on a central entity, the decentral ap- proach uses a distributed solution algorithm. Within the scope of this publication, the central and decentral aggregation concept will be intro- duced including the state of implementation. Then, both will be compared particularly with regard to non-functional requirements such as robustness, scalability and single point of failure. l Entwicklung und Vergleich eines zentralen und dezentralen Koordinationsansatzes für virtuelle Energiespeicher Leander Grunwald, Sebastian Ruthe and Christian Rehtanz Leander Grunwald, M.Sc. Abteilung Energiesysteme Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT Oberhausen, Deutschland Dr.-Ing. Sebastian Ruthe Prof. Dr.-Ing. Christian Rehtanz Institut für Energiesysteme, Energieeffizienz und Energiewirtschaft TU Dortmund Dortmund, Deutschland Einleitung Zum Ausgleich der zunehmend volatilen Erzeugung aus erneuerbaren Energiequel- len sind Flexibilitätspotentiale sowohl auf Erzeuger- als auch auf Lastseite notwendig. Eine technisch und wirtschaftlich interes- sante Option zum Angebot von Flexibilität bietet sich dabei durch die informations- technische Ertüchtigung und Verknüpfung vorhandener Verbrauchs- und Erzeugungs- anlagen im städtischen Umfeld zu einem sogenannten virtuellen Speicher. Dazu werden insbesondere Anlagen mit thermi- schen Speichern wie BHKWs, Wärmepum- pen oder Elektrospeicherheizungen so ge- steuert, dass sie einer markt- oder netzdien- lichen Zielfunktion folgen. Ein möglichst großer thermischer Speicher sorgt dabei für eine Entkopplung des thermischen Be- darfs von Stromerzeugung bzw. -verbrauch und gewährleistet somit den notwendigen Komfort bei möglichst großer Flexibilität auf der elektrischen Seite. Batteriespeicher, die aktuell primär zur Eigenverbrauchsop- timierung genutzt werden, können zu- künftig ebenfalls eingebunden werden und kurzfristige Schwankungen des Portfolios ausgleichen. Die zeitliche Verlagerung des Verbrauchs bzw. der Erzeugung führt dazu, dass sich der Anlagenpool insgesamt wie ein (virtueller) Speicher verhält. B i l d 1 stellt dies schematisch dar. Je nach Anla- genpool bieten sich dabei unterschiedliche Batteriespeicher E-Mobility Wärmepumpen BHKW PV SDL Energiemärkte Stromnetz Bild 1. Virtueller Energiespeicher (Schema) © TU Dortmund.

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VGB PowerTech 10 l 2016 Koordination virtueller Energiespeicher

Autoren

Abstract

Development and comparison of a central and decentral coordination approach for virtual energy storages

In urban areas, decentralised generators and loads can be pooled to operate as a virtual ener-gy storage. Therefore, the flexibility of thermal storages (e.g. in CHP units) can be used to in-crease the storage capacity of the electrical grid in the future. This approach is evaluated in the project “Die Stadt als Speicher”, funded by the Federal Ministry for Economic Affairs and En-ergy. Various types of objective functions such as spot markets and residual load minimisation are considered in two different model regions. The theoretically estimated storage capacity will be compared with the actual capacity dur-ing a one-year field test. A key factor for this purpose is the choice of the aggregation ap-proach and the resulting features of the devel-oped innovative ICT-Systems for unit schedul-ing and coordination in terms of the objective function. Therefore, two different coordination and optimisation approaches will be examined within the project. While the first approach is based on a central entity, the decentral ap-proach uses a distributed solution algorithm.Within the scope of this publication, the central and decentral aggregation concept will be intro-duced including the state of implementation. Then, both will be compared particularly with regard to non-functional requirements such as robustness, scalability and single point of failure. l

Entwicklung und Vergleich eines zentralen und dezentralen Koordinationsansatzes für virtuelle EnergiespeicherLeander Grunwald, Sebastian Ruthe and Christian Rehtanz

Leander Grunwald, M.Sc.Abteilung EnergiesystemeFraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHTOberhausen, DeutschlandDr.-Ing. Sebastian RutheProf. Dr.-Ing. Christian RehtanzInstitut für Energiesysteme, Energieeffizienz und EnergiewirtschaftTU DortmundDortmund, Deutschland

Einleitung

Zum Ausgleich der zunehmend volatilen Erzeugung aus erneuerbaren Energiequel-len sind Flexibilitätspotentiale sowohl auf Erzeuger- als auch auf Lastseite notwendig. Eine technisch und wirtschaftlich interes-sante Option zum Angebot von Flexibilität bietet sich dabei durch die informations-technische Ertüchtigung und Verknüpfung vorhandener Verbrauchs- und Erzeugungs-anlagen im städtischen Umfeld zu einem sogenannten virtuellen Speicher. Dazu werden insbesondere Anlagen mit thermi-schen Speichern wie BHKWs, Wärmepum-pen oder Elektrospeicherheizungen so ge-steuert, dass sie einer markt- oder netzdien-

lichen Zielfunktion folgen. Ein möglichst großer thermischer Speicher sorgt dabei für eine Entkopplung des thermischen Be-darfs von Stromerzeugung bzw. -verbrauch und gewährleistet somit den notwendigen Komfort bei möglichst großer Flexibilität auf der elektrischen Seite. Batteriespeicher, die aktuell primär zur Eigenverbrauchsop-timierung genutzt werden, können zu-künftig ebenfalls eingebunden werden und kurzfristige Schwankungen des Portfolios ausgleichen. Die zeitliche Verlagerung des Verbrauchs bzw. der Erzeugung führt dazu, dass sich der Anlagenpool insgesamt wie ein (virtueller) Speicher verhält. B i l d 1 stellt dies schematisch dar. Je nach Anla-genpool bieten sich dabei unterschiedliche

Batteriespeicher

E-Mobility

Wärmepumpen

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Bild 1. Virtueller Energiespeicher (Schema) ©TU Dortmund.

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Zielfunktionen wie z.B. die Erbringung von Regelleistung, eine Teilnahme am Day-Ahead- und Intraday-Markt oder eine Reduzierung der örtlichen Netzlast an. Um ein möglichst optimales Ergebnis hinsicht-lich dieser Zielfunktionen zu erreichen, ist die Wahl des eingesetzten Koordinations-verfahrens in Abhängigkeit der Poolgröße von großer Bedeutung. Dabei können die Anlagen entweder zentral durch einen Ser-ver oder aber dezentral bzw. hierarchisch gesteuert werden. Die Ansätze bieten dabei etwa in Bezug auf die Skalierbarkeit und Beobachtbarkeit unterschiedliche Vor- und Nachteile. Im Folgenden sollen daher zwei Ansätze zunächst vorgestellt und anschlie-ßend anhand verschiedener Kriterien ver-glichen werden.

Problemstellung und Umsetzung im Projekt „Die Stadt als Speicher“

Im Rahmen des durch das Bundesministe-rium für Wirtschaft und Energie geförder-ten Forschungsprojektes (FZK 0325527) „Die Stadt als Speicher“ werden bis Ende 2017 die Flexibilitätspotentiale von vir-tuellen Speichern sowohl theoretisch als auch praktisch im Rahmen eines Feldver-suchs untersucht (B i l d 2 ). Das Konsor-tium besteht dabei aus Partnern aus der Wissenschaft und Praxis. Während die TU Dortmund (ie3), das Fraunhofer UMSICHT sowie die Uni Duisburg-Essen (Lehrstuhl für Energiewirtschaft) die Prog nose-, Op-timierungs- und Abrechnungsverfahren sowie deren softwaretechnische Umset-zung liefern, entwickeln die Firmen Bittner + Krull und Bosch den zentralen Daten-Aggregator sowie die Anlagensteuerung. Der Feldtest wird in zwei Modellregionen zusammen mit den Hertener Stadtwerken sowie den Stadtwerken Wunsiedel umge-setzt. In Herten werden drei BHKWs mit großen thermischen Speichern eingebun-den. Während eine Anlage ein Neubauge-biet mit Nahwärme versorgt und über einen 3.500 l Speicher die notwendige Flexibilität bereitstellt, nutzen zwei Anlagen in einem Hallen- bzw. Freizeitbad eine geringe Er-höhung bzw. Absenkung der Wassertem-

peratur als thermischen Speicher. Auf der Verbraucherseite stehen mehrere private Wärmepumpen sowie Elektrospeicherhei-zungen zur Verfügung. In der Modellregi-on Herten werden die Anlagen gemäß einer börsenstrompreis-orientierten Zielfunktion gesteuert. Dabei werden die Verbraucher also gerade dann bevorzugt zugeschaltet, wenn der Börsenstrompreis gering und somit eine hohe Einspeisung aus erneuer-baren Energiequellen wahrscheinlich ist. Im Gegensatz dazu werden die BHKW ge-nau dann angeschaltet, wenn der Börsen-strompreis hoch ist. In Wunsiedel dagegen ist die Zielfunktion so ausgestaltet, dass die regionale Spitzenlast reduziert wird. Gleichzeitig gibt eine Netzlastprognose dort Gleichzeitigkeitsgrade für einzelne Netzstränge vor, die von der Einsatzpla-nung berücksichtigt werden müssen. Ein wesentlicher Fokus des Projektes liegt auf der Entwicklung, Erprobung und Bewer-tung eines zentralen und eines dezentra-len Koordinationsansatzes. Der einjährige Feldtest in den zwei Modellregionen wird Aufschlüsse über die Umsetzbarkeit und Praktikabilität beider Ansätze liefern. Da-bei wird die Skalierbarkeit des dezentralen Ansatzes durch die Simula tion zusätzlicher Anlagen im Labor erprobt.

Anforderungen an die Koordinationsansätze

An das Koordinierungsverfahren eines virtuellen Speichers können verschiedene Anforderungen gestellt werden, denen je nach speziellem Anwendungsfall ein indi-viduelles Gewicht zukommt. Insbesondere die Poolgröße und damit die Skalierbarkeit ist dabei ein entscheidendes Kriterium zur Wahl des passenden Koordinationsansat-zes. In diesem Abschnitt werden verschie-dene Anforderungskriterien aufgestellt, anhand derer die Verfahren im Folgenden verglichen werden können.

Rechenzeit und SkalierbarkeitIm Kontext von IT-Systemen beschreibt die Skalierbarkeit eines Systems dessen Fähigkeit, die System-Leistung durch das Hinzufügen weiterer Ressourcen (z.  B. Hardware) linear zu steigern. Während die Anlagenanzahl in den aktuellen Feldtests überschaubar ist, könnten in städtischen Gebieten zukünftig mehrere Hundert oder Tausend Anlagen eingebunden werden. Dies wirkt sich je nach Koordinations-ansatz unterschiedlich stark auf die Re-chenzeit und somit die Praktikabilität für einen Livebetrieb aus, bei dem bestimmte Zeitfenster für (Neu-)Optimierungen ein-gehalten werden müssen. Die Skalierbar-keit ist daher insbesondere ein Maß für die Umsetzbarkeit von Pools mit sehr vielen Anlagen. Neben der Anzahl der zu berech-nenden Anlagen wirken sich insbesondere auch der Lösungsalgorithmus sowie der Detailgrad der Modellierung auf die Re-

chenzeit aus. Da im Livebetrieb zum ei-nen Handlungsfristen eingehalten werden müssen und Prognoseabweichungen und Anlagenausfälle schnelle Neuoptimierun-gen erfordern, ist eine kurze Rechenzeit (< 15 min) grundsätzlich positiv.

IKT-AufwandAuch wenn es aktuell noch keine ausrei-chende Standardisierung im Bereich der gemeinsamen Ansteuerung vielfältiger Anlagentypen gibt, gibt es bereits Erfah-rungswerte und erprobte IKT-Komponen-ten für bestimmte Koordinationsformen. Grundsätzlich ist zu erwarten, dass erprob-te IKT-Architekturen (wie z. B. Direktver-bindungen) im Vergleich zu proprietären und komplexeren Alternativlösungen eine höhere Ausfallsicherheit bei geringeren Kosten bieten.

DatenvolumenDer Ausbau der Mobilfunknetze sowie neue Netzstandards wie UMTS/HSDPA und LTE führen momentan zu deutlich sinkenden Kosten für die drahtlose Datenübertra-gung. Gleichzeitig bieten auch netzgebun-dene Übertragungswege wie DSL und PLC die Möglichkeit, große Datenmengen zu übertragen. Im Sinne der Effizienz sowie unter Berücksichtigung möglicher Netz-ausfälle, ist ein geringes Datenvolumen als vorteilhaft zu bewerten.

RobustheitIm Livebetrieb eines virtuellen Speichers können durch fehlende oder falsche Pro-gnosen und Messwerte sowie durch Anla-genausfälle Fehler auftreten und ggf. das Gesamtsystem anhalten. Ein robustes Ver-fahren findet unter diesen Randbindungen zumindest für einige Anlagen eine sinnvol-le Lösung.

Single-Point-of-FailureAls Single-Point-of-Failure werden Inf-rastruktur-Komponenten bezeichnet, bei deren Ausfall die Funktion des Systems nachhaltig beeinträchtigt wird. Gerade bei großen Pools bewirkt ein solcher De-fekt das Fehlen von großen Leistungen im Stromsystem. Ein Verfahren, das ohne die-se kritischen Komponenten auskommt, ist hier also positiv zu bewerten.

DatensicherheitEin wichtiges Merkmal zur Bewertung der Datensicherheit ist der Umgang mit Mess-werten und personenbezogenen Daten. Die Möglichkeit der (Fern-)Steuerung von elektrischen Erzeugern und Verbrauchern erfordert ein hohes Maß an IT-Sicherheit. Je nach Architektur des Koordinationsver-fahrens liegen sensible Daten eher zentral oder dezentral vor. Grundsätzlich ist die Verarbeitung und Speicherung aller Daten an einem Ort als kritisch einzustufen.

BeobachtbarkeitUm als Betreiber des virtuellen Speichers das Gesamtsystem möglichst gut kontrol-

Bild 2. Die Stadt als Speicher (Logo).

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lieren und beobachten zu können, müssen möglichst viele Daten zentral vorliegen oder zumindest abrufbar sein. Nur so kön-nen Unterschiede zwischen Soll- und Ist-Fahrplan sowie Störungen möglichst früh festgestellt werden. Diese Möglichkeiten stehen oft im Widerspruch zu den genann-ten Anforderungen der Datensicherheit.

Lösungsansätze

Im Rahmen des Forschungsprojektes wer-den ein zentraler sowie ein dezentraler Lösungsansatz entwickelt und umgesetzt. Beide versprechen dabei unterschiedliche Stärken in Bezug auf die aufgestellten An-forderungen. Die Ansätze sowie die not-wendigen Prognose-, Mess- und Prozess-daten werden im Folgenden vorgestellt.

Zentraler KoordinationsansatzDer im Projekt Die Stadt als Speicher um-gesetzte zentrale Optimierer berechnet auf einem dedizierten Server die Anlagenfahr-pläne für die Modellregionen Herten und Wunsiedel. Dies setzt die Kenntnis aller relevanten Anlagenmodelle sowie Progno-se- und Statusdaten innerhalb der Optimie-rungsumgebung voraus. Das Modell ist als Gemischt-Ganzzahlig-Lineares-Problem (GGLP) formuliert. Moderne Solver erlau-ben dabei eine vergleichsweise schnelle Lösungsfindung bei gleichzeitiger Gewähr-leistung eines optimalen Ergebnisses.B i l d 3 zeigt die Struktur sowie die Kom-ponenten des zentralen Koordinationsan-satzes. Verschiedene externe Prognosen dienen als Basis für die weiteren Berech-nungen. So wird anhand der Wetterda-ten zum einen der Wärmebedarf der ver-schiedenen Anlagen prognostiziert. Dazu werden je nach Anlagentyp und der Ver-fügbarkeit von historischen Messwerten Standardlastprofile, Typtagverfahren oder

künstliche neuronale Netze eingesetzt. Zum anderen geht die Wetterprognose in die Netzrestriktionsprognose ein, die der Optimierung Gleichzeitigkeitsgrade für einzelne Netzstränge in der Modell-region Wunsiedel vorgibt. Durch eine PV-Prognose kann zusätzlich die Einspeisung einer Photovoltaik-Anlage in Herten als unbeeinflussbarer Erzeuger mit in die Op-timierung einfließen. Die Preisprognose der Spotmärkte wird für die Börsenpreis-orientierte Zielfunktion in der Modellre-gion Herten benötigt. Diese Prognosewer-te und Zeitreihen werden auf dem Server in Dortmund gespeichert und von der vor-tägigen sowie untertägigen Optimierung genutzt. Um den Status und insbesondere die aktuellen Speicherfüllstände der Anla-gen in der Optimierung berücksichtigen zu können, werden die Messwerte von der lokalen Steuerung an den Server in Mün-chen übermittelt und dort (zwischen-)ge-

speichert. Die Aufteilung in zwei Server-standorte ist durch die Randbedingungen des Forschungsprojektes gegeben. In einer weiteren Umsetzung könnten alle Funk-tionen auch auf einem zentralen Server gebündelt werden. Die aktuellsten Mess-werte sowie die notwendigen Prognosen müssen vor jeder Optimierungsrechnung abgerufen werden. Dazu dient eine Rah-mensoftware, die Wärmebedarfs- und Op-timierungsrechnungen zeit- oder event-basiert vollautomatisch auslöst. Dabei orientiert sich der Optimierungszeitplan an den Handelszeiten des Day-Ahead-Stundenmarktes sowie der Viertelstun-den-Intraday-Eröffnungsauktion. Beide Märkte werden dabei in der Optimierung am Vormittag parallel betrachtet und die Ergebnisse anschließend festgesetzt. Im weiteren Tagesverlauf werden zeitgesteu-ert neue Optimierungsrechnungen ange-stoßen, die den Fahrplan auf Basis neuer Messwerte und Prognosen entsprechend der festgesetzten Handelsmengen neu bestimmen. Ferner können eventbasierte Optimierungen berücksichtigt werden, wie z. B. durch einen Vergleich des prog-nostizierten zum realen Speicherfüllstand der Anlagen. Um die Ergebnisse der Be-rechnungen visualisieren und die Funk-tion des Optimierers kontrollieren zu kön-nen, wurde zudem eine grafische Benut-zeroberfläche entworfen (siehe B i l d 4 ).

Dezentraler KoordinationsansatzDer dezentrale Koordinationsansatz zielt auf die Problemstellung ab, dass bei klas-sischen Verfahren die Rechenzeit zur Be-rechnung optimaler Einsatzpläne asymp-totisch exponentiell mit der Anlagenanzahl anwächst. Dies hat zur Folge, dass ab einer gewissen Anzahl an Anlagen die Einsatz-pläne auch unter Verwendung modernster Computersysteme nicht mehr rechtzeitig berechnet werden können. Um diesem Effekt zu begegnen, wird beim dezentralen Koordinierungsansatz das zu

Wetterprognose Netzdaten PV-Prognose Preisprognose

Wärmebedarfs-Prognose

Netz-restriktionen

Daten-Server Dortmund

Zentraler Optimierer

Day-AheadOptimierung

UntertägigeOptimierung

Aggregations-Server München

Messwerte (Leistung, Speicherfüllstand, …)

Messwerte Fahrpläne

Fahrpläne

Lokale Steuerung Lokale Steuerung Lokale Steuerung Lokale Steuerung

BHKW 1 BHKW 2 Batterie Wärmepumpe1 Wärmepumpe n

Lokale Steuerung

Bild 3. Komponenten der zentralen Optimierung.

Bild 4. Benutzeroberfläche des zentralen Optimierers ©Fraunhofer UMSICHT.

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lösende Optimierungsproblem in anlagen-scharfe Teilprobleme zerlegt, die unter Ver-wendung einer geeigneten IKT-Architektur weitestgehend getrennt voneinander (auf eigener Hardware parallel) gelöst werden können. Die einzigen Informationen, die dabei anlagenübergreifend ausgetauscht werden, sind die Anlageneinsatzpläne, ein Preisvektor, der zur jeder Zeit die Schatten-energiepreise (in Cent/kWh) des virtuellen Energiespeichers repräsentiert, und dessen Preissensitivitäten.Um diese Informationen möglichst effizi-ent zu übertragen, wird eine hierarchische IKT-Architektur verwendet (siehe B i l d 5 ). Auf der untersten Ebene befinden sich die physikalischen Anlagen. Diese werden, zusätzlich zur lokalen Anlagensteuerung, mit einem lokalen Einsatzplaner ausge-stattet. Der lokale Einsatzplaner kennt (am Beispiel eines Erzeugers) sowohl die Ener-gieerzeugungskosten in Abhängigkeit des Betriebspunktes der Anlage (Kostenfunkti-on) als auch die technischen Restriktionen wie z.B. die minimale/maximale Leistung, Stillstandszeiten oder Anfahrrampen einer Anlage (Nebenbedingungen) sowie die zur Planung des Anlageneinsatzes benötigten Umweltprognosen wie z.  B. Wärmebe-darfsprognosen. Anhand dieser Informati-onen sowie des Preisvektors, den er von der ihm übergeordneten Ebene erhält, berech-net er den Einsatzplan sowie die Preissen-sitivitäten der ihm zugeordneten Anlage (siehe B i l d 6 ). Für einen Erzeuger ma-ximiert der lokale Einsatzplaner dazu den Gewinn unter Berücksichtigung der eige-nen Energieerzeugungskosten gegenüber den Schattenenergiepreisen des virtuellen Energiespeichers. Analog dazu würde der Einsatzplaner für eine verschiebbare Last den Energieverbrauch in die Zeitperioden verschieben, innerhalb derer die Energie am „günstigsten“ ist. Einen Speicher würde der lokale Einsatzplaner in den Zeitperio-

den einsetzen, innerhalb derer der finan-zielle Erlös eines Arbitragegeschäftes den finanziellen Verlust durch die Wirkungs-verluste übersteigt.

Je nach Beschaffenheit der Kostenfunkti-on sowie der Nebenbedingungen muss der lokale Einsatzplaner dazu im Allgemeinen ein nicht-lineares Optimierungsproblem lösen, das in der Praxis jedoch häufig durch ein Gemischt-Ganzzahliges-Optimierungs-problem hinreichend gut angenähert wer-den kann. Im Gegensatz zur zentralen Op-timierung ist das Problem jedoch auf eine Anlage begrenzt und lässt sich dadurch auch schon mit der Rechenleistung eines heute üblichen Mikrocontrollers lösen.

Auf den darüber liegenden Hierarchieebe-nen befindet sich eine baumartige Struktur aus sogenannten Datenkonzentratoren. Mit Hilfe der Datenkonzentratoren lässt sich das Kommunikationsaufkommen ei-nes einzelnen Knotens innerhalb der Hier-

archie auf ein konstantes Maß unabhängig von der Anzahl der Anlagen beschränken. Dazu verteilt ein Datenkonzentrator den von der übergeordneten Ebene erhaltenen Preisvektor an die ihm untergeordneten Datenkonzentratoren. Im Gegenzug ver-dichtet er die von den untergeordneten Ebenen erhaltenen Einsatzpläne, indem er sie aufsummiert und nur die Summe an den übergeordneten Datenkonzentra-tor weiterreicht. Da am Wurzelknoten nur der Summenfahrplan bzw. die Summe der Preissensitivitäten über alle Anlagen benö-tigt wird, kann die Struktur (Anzahl Ebe-nen, Anzahl Kinder) beliebig angepasst werden, ohne das Optimierungsergebnis zu verändern. In der Praxis würde die An-zahl an direkten Nachfolgern so gewählt werden, dass die am Knoten vorhandene Kommunikationsbandbreite möglichst voll ausgelastet wird. Vorausgesetzt, ein Datenkonzentrator ist mit einem durch-schnittlichen DSL-Anschluss mit einer Ge-schwindigkeit von ca. 15 Mbit/s ans Kom-munikationsnetz angebunden, ergibt sich ein Verzweigungsgrad von ca. 100 direkten Nachfolgern pro Datenkonzentrator. Der Auktionator erhält am Wurzelknoten die aufsummierten Kaufs- und Verkaufs-gebote aller lokalen Einsatzplaner in Form des Summenfahrplans. Sofern der Sum-menfahrplan innerhalb aller Zeitperioden Null ist und Kaufs- und Verkaufsgebote sich für den aktuellen Schattenpreis des Energiespeichers ausgleichen, wurden die optimalen Einsatzpläne aller beteiligten Anlagen gefunden und der finale Preisvek-tor (Schattenpreis) wird an alle Einsatz-planer verteilt. Weicht der Summenfahr-plan von Null ab, führt der Auktionator anhand der erhaltenen Preissensitivitäten eine Preisanpassung durch, dessen Ergeb-nis ein neuer Preisvektor (Schattenpreis) ist. Dieser wird wiederum an alle Einsatz-planer verteilt, die daraufhin wieder neue Fahrpläne berechnen und dem Auktiona-tor mitteilen.

Auktionator

Datenkon-zentrator

Datenkon-zentrator

Datenkon-zentrator

Datenkon-zentrator

Datenkon-zentrator

Datenkon-zentrator

Datenkon-zentrator

Datenkon-zentrator

Day-AheadEinsatz-planer

Day-AheadMarkt(EEX)

lokalerEinsatz-planer

lokalerEinsatz-planer

lokalerEinsatz-planer

lokalerEinsatz-planer

lokalerEinsatz-planer

lokalerEinsatz-planer

Z Z Z Z

BHKW WEA PV EV

Bild 5. IKT-Architektur zur dezentralen Planung des optimalen Anlageneinsatzes (Schema).

Umweltfaktoren(z.B. Wettervorhersage; Brennstoffpreise)

Preiskonfiguraton

Nutzerpräferenzen(z.B. Solltemperatur; Ankunft- & Abfahrtzeiten)

Nutzenfunktion

Lokale Nutzenoptimierung

Kosten-funktion

DER-Modell

Wirkungs-grade

Restrik-tionen

Energiemengen-allokation

Legende:

konstant über eine Periode

ändert sich mit jeder Iteration

Bild 6. Schematische Bild des Informationsflusses des Lokalen Einsatzplaners.

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Um auch den Bezug bzw. den Verkauf von Energiemengen an den heutigen Energie-märkten (wie z. B. dem Day-Ahead-Markt bzw. Intraday-Markt der EPEX SPOT) mit-berücksichtigen und optimieren zu kön-nen, werden weitere Einsatzplaner (hier der Day-Ahead Einsatzplaner) mit in das System integriert. Genau wie die loka-len Einsatzplaner erhält der Day-Ahead Einsatzplaner den jeweils den aktuellen Schattenpreis des Energiespeichers und kann unter Hinzunahme weiterer Prog-nosen (wie z. B. einer Prognose des Day-Ahead-Marktpreises) entscheiden, wieviel Energie er am Day-Ahead-Markt kauft und dem virtuellen Energiespeicher zur Verfü-gung stellt bzw. vom virtuellen Energie-speicher bezieht und am Day-Ahead Markt weiterverkauft. Die Wahl der Zielfunktion des Day-Ahead-Einsatzplaners bestimmt im Wesentlichen die Funktion des virtu-ellen Energiespeichers. Soll z. B. die Ener-giemenge des virtuellen Energiespeichers möglichst gewinnbringend am Day-Ahead Markt weitervermarktet werden, kann dies umgesetzt werden, indem der Day-Ahead-Einsatzplaner versucht, die Erlöse durch Arbitragegeschäfte zwischen dem virtuel-len Energiespeicher und dem Day-Ahead- Markt zu maximieren.

In Abhängigkeit der Gestaltung des Day-Ahead-Einsatzplaners können darüber hin-aus auch noch weitere Zielfunktionen reali-siert werden wie z.B. die Minimierung des Preisprognoserisikos der Day-Ahead-Mark-preise durch einen Value-At-Risk-Ansatz.

B i l d 7 zeigt einen Teil der Test- und Ent-wicklungsumgebung. Als Hardwareplatt-form für die lokalen Einsatzplaner, die Datenkonzentratoren, sowie den über-geordneten Auktionator-Knoten wurden Raspberry Pis verwendet. Darüber hinaus wurde eine zentrale Benutzerschnittstelle geschaffen, die eine Konfiguration der To-pologie der Datenkonzentratoren ermög-licht und zusätzliche Monitoring-Funktio-nen erfüllt.

Bewertung

Rechenzeit und SkalierbarkeitEin wesentlicher Faktor für die Rechenzeit ist im zentralen Fall die Modellierungs-genauigkeit sowie die Gestalt der Ein-gangs- bzw. Prognosedaten. In der Über-gangszeit existieren i.d.R. mehr gültige Lösungen als im Winter mit einer hohen Wärmeanforderung. Neben diesen Aspek-ten ist die Poolgröße bei diesem Verfahren ein wesentlicher Faktor für die Rechenzeit und kann je nach Wahl der Zielfunktion mit dem Hinzufügen weiterer Anlagen überproportional zunehmen. Optimierun-gen für ca. zehn Anlagen in einer Modellre-gion zeigen Rechenzeiten von unter einer Minute bei einem Horizont von 1,5 Tagen. Für eine deutlich größere Anzahl zu opti-mierender Anlagen sind jedoch Rechenzei-

ten zu erwarten, die ein schnelles Agieren bei Abweichungen verhindern.

Beim dezentralen Koordinationsansatz ist jede Anlage mit einem eigenen Anlagen-controller ausgestattet, der einen Teil des Optimierungsproblems übernimmt. Daher hängt die Rechenzeit nur minimal von der Anlagenanzahl ab. Wesentliche Einfluss-faktoren auf die Rechenzeit sind die Wei-te des Optimierungshorizontes sowie die Beschaffenheit der einzelnen Anlagenmo-delle. Kostenfunktionen, die nicht konvex sind oder Anlagenmodelle, die binäre oder ganzzahlige Entscheidungsvariablen ent-halten, können einen negativen Einfluss auf die Konvergenz des Verfahrens und da-mit insbesondere auch auf die Rechenzeit haben. Bei einer großen Anlagenanzahl kann das Konvergenzverhalten des Verfah-rens aber durch eine gezielte Randomisie-rung des Preisvektors entscheidend verbes-sert werden.1

Erste Simulationen haben gezeigt, dass bei einem Optimierungshorizont von einem Tag (96 Viertelstunden) und 100.000 An-lagen Rechenzeiten von unter 15 min zu erwarten sind.

IKT-AufwandMit Ausnahme der Gewährleistung der Da-tensicherheit weisen die zu verwendenden IKT-Komponenten für den zentralen An-satz keine besonderen Anforderungen auf. Die lokalen Steuerungen der Anlagen kom-munizieren durch einen VPN-Tunnel direkt mit dem zentralen Aggregator.

Die Komplexität der Systemarchitektur des dezentralen Koordinationsverfahrens ist im Vergleich zur zentralen Variante als deutlich höher einzuschätzen. Dies liegt vor allem in den zusätzlichen IKT-Kompo-nenten wie z. B. den Datenkonzentratoren begründet, aber auch im deutlich höheren Verteilungsgrad, mit dem die Lösung be-rechnet wird. Zusätzlich stellt die hierar-chische Anordnung der Datenkonzentra-toren höhere Anforderungen an die Latenz des unterliegenden Kommunikationsnet-zes, da eine Preisanpassung durch den

Auktionator-Knoten innerhalb einer Itera-tion erst dann durchgeführt werden kann, wenn alle Datenkonzentratoren ihren Summenfahrplan weitergereicht haben.

DatenvolumenDie zu übermittelnden Daten bei einer zentralen Architektur beschränken sich im Hinblick auf die Kommunikation mit den Anlagen auf das periodische Abfragen von Messwerten sowie das Übermitteln von Fahrplänen. Je nach Aktualisierungshäu-figkeit ist das benötigte Datenvolumen für kleinere Pools als gering einzustufen. Das erforderliche Datenvolumen bei der dezentralen Architektur hängt von der An-zahl der Iterationsschritte sowie von der Anzahl zu optimierender Zeitperioden ab. Ersteres kann nur empirisch abgeschätzt werden. Hier haben Simulationen gezeigt, dass auch bei sehr großen Anlagenanzahl von 1 Mio. Anlagen durchschnittlich 150 Iterationen ausreichen, um eine fast opti-male Lösung zu erhalten. Innerhalb einer Iteration wird der Kommu-nikationsaufwand von der Übertragung der Preissensitivtäten dominiert. Das be-nötigte Datenvolumen zur Übertragung der Preissensitivitäten wächst quadratisch mit der Anzahl an zu optimierenden Zeit-perioden. Bei einem Optimierungshori-zont von 1,5 Tagen ergibt sich insgesamt eine benötigte Datenrate von ca. 150 kbit/s für eine einzelne Anlage. Da die genannte Bandbreite über die gesamte Zeit benötigt wird, ist das daraus resultierende Datenvo-lumen für kleine bis mittlere Anlagenan-zahlen deutlich höher als beim zentralen Koordinationsansatz, bei dem der aktuelle Anlagenzustand i.d.R. nur einmal pro 15 min Zeitperiode übertragen werden muss. Bei einer sehr großen Anlagenanzahl lässt sich beim dezentralen Koordinationsan-

1 Ruthe, Sebastian: Randomisierte Lagrange-Relaxation und ihr Beitrag zur Entwicklung automatisierter Strommärkte für dezentrale Energieressourcen. Technische Universität Dortmund, 2015

GraphStream

Isg3

Isg1

Isg2

dc1

smNode

rootDC

dc3

Isg7 Isg8

Isg5

dc2

Isg

Isg4

Bild 7. Entwicklungsprototyp (links) und Software zum Topologiemanagement und -monitoring (rechts).

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Koordination virtueller Energiespeicher VGB PowerTech 10 l 2016

satz durch eine flexible Anpassung der Datenkonzentratoren zwar ein hoher, aber pro Knoten konstanter Kommunikations-aufwand erreichen.

RobustheitSofern durch die Formulierung der Ziel-funktion oder der Nebenbedingungen eine Kopplung bzw. gemeinsame Optimierung der Anlagen stattfindet, kann bei der zen-tralen Optimierung eine nicht-lösbare Nebenbedingung (z. B. zu hoher Wärme-bedarf einer Anlage) zum Abbruch der gesamten Berechnung führen. Die Robust-heit gegenüber Fehlern ist daher als gering einzustufen.

Tritt bei dezentralen Lösung während Be-rechnung des Einsatzplans einer Anlage ein Fehler auf, der den (temporären) Ausfall des Anlagencontrollers zur Folge hat, dann bleibt der restliche Anlagenverbund davon unbeeinflusst. In diesem Fall findet der übergeordnete Koordinationsmechanismus immer noch eine nahe-optimale Lösung (ohne Berücksichtigung der ausgefallenen Anlage). Die Robustheit gegenüber einzel-nen Anlagenausfällen ist somit gegeben.

Single-Point-of-FailureEine Fehlfunktion des zentralen Servers führt zum Ausfall des Gesamtsystems, so-fern dieser nicht vollständig redundant ausgelegt ist. Durch die Anforderungen an Hard- und Software ist das Vorhalten eines zusätzlichen Servers mit vergleichsweise hohen Kosten verbunden.

Als mögliche Singe-Point-of-Failures kön-nen im dezentralen Koordinationsansatz der Auktionator-Knoten sowie die Daten-konzentratoren innerhalb der hierarchi-schen Baumstruktur angesehen werden. Je höher die Anzahl der untergeordneten Anlagen eines Datenkonzentrators ist, desto größer ist grundsätzlich auch die Auswirkung dessen Ausfalls auf das Ge-samtergebnis. Eine redundante Auslegung ist jedoch mit sehr geringem Mehraufwand möglich, da die Datenkonzentratoren alle dieselbe Funktion erfüllen und grund-sätzlich keinen eigenen Zustand besitzen. Eine geringfügige Überdimensionierung von 5 % reicht aus, um bei Ausfall eines Datenkonzentrators die Last auf die übri-gen Datenkonzentratoren zu verteilen und insgesamt eine sehr hohe Verfügbarkeit zu gewährleisten.

Der Auktionator-Knoten hingegen muss jedoch vollständig redundant ausgelegt werden. Da die reinen Hardwarekosten dabei im zweistelligen Eurobereich liegen, ist dies mit einem vergleichsweise geringen finanziellen Aufwand verbunden.

DatensicherheitZur Berechnung der optimalen Fahrpläne müssen beim zentralen Ansatz zunächst die Anlagen samt wirtschaftlichen Eck-daten möglichst exakt auf dem Server abgebildet werden. Zudem werden alle Messwerte zentral erfasst und verarbeitet. Somit liegen die Daten aller Anlagen zen-

tral vor und erfordern ein hohes Maß an zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen.

Beim dezentralen Koordinationsansatz ist es nicht erforderlich, die privaten Daten des Anlagenbesitzers sowie den Anlagenzu-stand und Messwerte zu übermitteln. Diese werden nur lokal auf dem Anlagencontrol-ler gespeichert und ausgewertet. Für die übergeordnete Koordination der Anlagen reicht es aus, die Fahrpläne sowie Preissen-sitivitäten der Anlage zu übertragen. Damit verlassen die privaten Daten einer Anlage nie das Umfeld der Anlage selbst und sind somit auch nicht dem Betreiber des virtuel-len Energiespeichers bekannt.

BeobachtbarkeitWährend die zentrale Datenhaltung auf der einen Seite hohe Datenschutzmaßnah-men erfordert, bietet sie auf der anderen Seite Vorteile in der Beobachtbarkeit des Systems. Sowohl der aktuelle Status des Gesamtpools als auch Informationen und Fahrpläne der einzelnen Anlagen können dadurch jederzeit direkt angezeigt und verglichen werden.

Beim dezentralen Koordinationsansatz sind dem Betreiber des virtuellen Ener-giespeichers jeweils nur die Summenfahr-pläne bzw. die aktuellen Grenzkosten des virtuellen Energiespeichers bekannt. Ob-wohl diese Informationen grundsätzlich ausreichen, um den Einsatz der Anlagen im Hinblick auf eine globale Zielfunktion zu optimieren, kann es insbesondere aus War-tungsgründen und während der Inbetrieb-nahme einer Anlage sinnvoll sein, detail-liertere Informationen über den Zustand der Anlage zu bekommen. Grundsätzlich könnte dies durch den Aufbau einer de-dizierten Kommunikationsverbindung zu der jeweiligen Anlage erreicht werden, die temporär die zusätzlich benötigten Anla-geninformationen überträgt.

Die Bewertungsergebnisse hinsichtlich der Vor- und Nachteile des zentralen und de-zentralen Ansatzes werden in Ta b e l l e 1 zusammengefasst.

Fazit

Der Vergleich des zentralen und dezentra-len Koordinationsverfahrens zeigt ein hete-rogenes Bild: Während der dezentrale An-satz insbesondere bei Skalierbarkeit und Datenschutz punktet, bietet der zentrale Ansatz Vorteile bei der etablierten IKT-Ar-chitektur sowie der guten Beobachtbarkeit des Gesamtsystem. Der Feldversuch wird Erkenntnisse liefern, ob die hier theore-tisch bestimmten Bewertungen sich auch in die Realität übertragen lassen. Für zu-künftige Umsetzungen virtueller Speicher ist die Wahl des Koordinationsverfahrens jedoch immer auf die individuellen Gege-benheiten und Anforderungen abzustim-men, wobei insbesondere die geplante Poolgröße eine zentrale Rolle spielt. l

Tab. 1. Ergebnisübersicht der vergleichenden Bewertung des zentralen und dezentralen Koordinationsansatzes.

Zentraler Ansatz Dezentraler Ansatz

Überproportionaler Anstieg der Rechenzeit

mit zusätzlichen Anlagen. Wesentliche Abhängigkeit

von Formulierung des Optimierungsmodells

Rechenzeit und Skalierbarkeit

Hohe Skalierbarkeit durch verteiltes Lösungsverfahren. Lokales Optimierungsmo-dell beeinflusst Rechenzeit

des lokalen Agenten

++

++ Erprobte und vergleichsweise einfache IKT-Komponenten IKT-Aufwand

Neuartige IKT-Architektur, hohe Anforderungen

an Latenz etc.–

+Nur periodische Über-

mittlung von Messwerten und Fahrplänen

DatenvolumenBei geringen Anlagen-

zahlen bedingt durch das iterative Lösungsverfahren

vergleichsweise hoch

±

–Keine Lösung für das Gesamt-

system, sofern kombinierte Optimierung abbricht

RobustheitGesamtsystem unabhän-

gig von der Funktion einzelner Anlagen

+

–Zentraler Server kri-

tisch für Funktionalität des Gesamtsystems

Single Point of FailureAggregations-Agent kritisch aber ersetzbar, flexibler Ein-

satz von unterlagerten Agenten±

–Verarbeitung und Speiche-rung von sensiblen Daten auf dem zentralen Server

Datensicherheit Sensible Daten verbleiben an der lokalen Anlage ++

++Messdaten, Prognosen und Fahrpläne vollständig auf

zentralem Server verfügbarBeobachtbarkeit

Zentraler Agent empfängt nur den aggregierten Fahr-plan, Messwerte verbleiben

an der lokalen Anlage

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International Journal for Electricity and Heat Generation

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