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    Lehrstuhl fr Technische ElektrophysikTechnische Universitt Mnchen

    Elektromagnetische Feldtheorie

    Vorlesungsskript

    Prof. Dr. G. Wachutka

    29. November 2011

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    Inhaltsverzeichnis 3

    Inhaltsverzeichnis

    1 Klassische Kontinuumstheorie des Elektromagnetismus 71.1 Maxwellsche Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71.2 Energie von elektromagnetischen Feldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

    1.2.1 Elektrische Energiedichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91.2.2 Magnetische Energiedichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

    1.2.3 Allgemeine Bilanzgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161.2.4 Energiebilanz des elektromagnetischen Feldes . . . . . . . . . . . 19

    1.3 Potentialdarstellung des elektromagnetischen Feldes . . . . . . . . . . . . 211.3.1 Elektromagnetisches Vektor- und Skalarpotential . . . . . . . . . 211.3.2 Maxwellsche Gleichungen in Potentialdarstellung . . . . . . . . . 23

    1.4 Feldverhalten an Materialgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261.4.1 Grenzflchenbedingung fr die normalen Feldkomponenten . . . . 261.4.2 Grenzflchenbedingungen fr die tangentialen Feldkomponenten . 29

    1.5 Das Randwertproblem der Potentialtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . 331.5.1 Das RWP der Elektrostatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

    1.5.2 Klassifikation der Potential-Randwertprobleme . . . . . . . . . . . 371.5.2.1 Dirichletsches Randwertproblem . . . . . . . . . . . . . 371.5.2.2 Neumannsches Randwertproblem . . . . . . . . . . . . . 381.5.2.3 Gemischtes Randwertproblem . . . . . . . . . . . . . . . 40

    1.5.3 Analytische Lsungsverfahren fr die Poissongleichung . . . . . . 441.5.3.1 Orthogonalentwicklung nach Eigenfunktionen des Laplace-

    Operators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441.5.3.2 Lsung mittels Greenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . 471.5.3.3 Konstruktion der Greenfunktion mit Hilfe der Spiegella-

    dungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

    1.5.4 Stationre Stromverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551.5.4.1 Bilanz- und Transportgleichungen fr elektrische Str-

    mungsverteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551.5.4.2 Stationre Strmungsfelder im Drift-Diffusions-Modell . 571.5.4.3 Stationre Strmungsfelder im Ohmschen Transportmodell 571.5.4.4 Randwertproblem fr stationre Ohmsche Strmungsfelder 58

    1.5.5 Korrespondenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

    2 Modellierung elektromagnetischer Vorgnge in technischen Systemen mitKompaktmodellen 63

    2.1 Flusserhaltende Diskretisierung mit Kirchhoffschen Netzwerken . . . . . . 632.1.1 Generelle Modellannahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632.1.2 Feldtheoretische Beschreibung der Quasistationaritt . . . . . . . 64

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    4 Inhaltsverzeichnis

    2.1.3 Synthese von Netzwerkmodellen aus funktionalen Blcken . . . . 652.1.3.1 Funktionale Blcke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652.1.3.2 Erstellung eines Kirchhoffschen Netzwerkes . . . . . . . 672.1.3.3 Kirchhoffsche Knotenregel . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

    2.1.3.4 Kirchhoffsche Maschenregel . . . . . . . . . . . . . . . . 702.2 Kapazitive Speicherelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

    2.2.1 Kondensatoranordnungen (Geometrie und Randwertproblem) . . 712.2.2 Maxwellsche Kapazittsmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

    2.2.2.1 Beziehung zwischen Elektrodenladungen und -potentialen 732.2.2.2 Darstellung der gespeicherten elektrischen Energie . . . 742.2.2.3 Teilkapazittskoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

    2.3 Induktive Speicherelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 802.3.1 Spulenanordnungen (Geometrie und Topologie) . . . . . . . . . . 802.3.2 Induktionskoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

    2.3.3 Zusammenhang mit der magnetischen Feldenergie . . . . . . . . . 852.4 Niederfrequente Wechselstromnetzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

    2.4.1 Grundlegende Begriffe der Wechselstromlehre . . . . . . . . . . . 892.4.1.1 Wechselspannungsgenerator . . . . . . . . . . . . . . . . 892.4.1.2 Zeigerdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

    2.4.2 Wechselstromschaltungen mit linearen Bauelementen . . . . . . . 962.4.2.1 Lineare Wechselstrom-Bauelemente . . . . . . . . . . . . 962.4.2.2 Elementare Beispiele fr lineare Wechselstrombauelemente 972.4.2.3 Kirchhoffsche Regeln fr Wechselstromschaltungen . . . 1022.4.2.4 Einfache Grundschaltungen ausR,L, C . . . . . . . . . 103

    2.4.2.5 Zusammenfassung zur Wechselstromrechnung . . . . . . 1092.4.3 Leistung und Effektivwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

    2.4.3.1 Momentane Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1102.4.3.2 Effektivwerte, Wirkleistung . . . . . . . . . . . . . . . . 1112.4.3.3 Leistungsbilanz bei energiespeichernden Bauelementen . 1142.4.3.4 Scheinleistung und Blindleistung . . . . . . . . . . . . . 117

    3 Elektromagnetische Wellen in homogenen Medien 1213.1 Grundlegende Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

    3.1.1 Modellannahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

    3.1.2 Differentialgleichungen fr Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1223.1.3 Wellengleichung fr das elektromagnetische Viererpotential . . . . 1243.1.4 Physikalischer Mechanismus fr die elektromagnetische Wellen-

    ausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1253.2 Homogene Wellengleichung in einer Raumdimension . . . . . . . . . . . . 126

    3.2.1 Vereinfachende Modellannahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1263.2.2 Grundlsungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

    3.3 Ebene Wellen im dreidimensionalen Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . 1303.3.1 Grundlsungen der vektoriellen Wellengleichung in R3 . . . . . . . 1303.3.2 Ebene elektromagnetische Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

    3.3.3 Energiedichte und Leistungsfluss ebener EM-Wellen . . . . . . . . 1353.3.4 Harmonische ebene elektromagnetische Wellen im 3D-Raum . . . 1373.3.4.1 Linear polarisierte harmonische elektromagnetische Wellen137

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    3.3.4.2 Elliptisch polarisierte harmonische elektromagnetische Wel-len . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

    3.3.4.3 Komplexe Darstellung harmonischer elektromagnetischerWellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

    3.3.5 Darstellung beliebiger EM-Wellen durch harmonische ebene Wellen 1413.3.6 Grundgleichungen in Fourierdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . 1423.3.7 Rumlich gedmpfte ebene elektromagnetische Wellen in Leitern . 146

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    1 Klassische Kontinuumstheorie desElektromagnetismus in materiellenMedien

    1.1 Maxwellsche Gleichungen

    Die Grundgleichungen des Elektromagnetismus lassen sich in einem konsistenten Sys-tem partieller Differentialgleichungen zusammenfassen. Diese werden als MaxwellscheGleichungen bezeichnet und lauten:

    div D = (1.1)

    rotE = B

    t (1.2)

    div B = 0 (1.3)

    rotH = j +D

    t (1.4)

    Die Maxwellschen Gleichungen beschreiben Naturgesetze, die folgende physikalischeAussagen beinhalten:

    Elektrische Felder werden erzeugt

    von einer elektrischen Ladungsverteilung (quasi-statisch, Gl. (1.1))

    oder durch ein schnell zeitvernderliches Magnetfeld B

    t(magnetische Induktion, Gl. (1.2))

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    8 1.1 Maxwellsche Gleichungen

    Magnetische Felder werden erzeugt

    durch eine elektrische Stromverteilungj(quasi-statisch, Gl. (1.4))

    oder durch ein schnell zeitvernderliches elektrisches Feld D

    t(Verschiebungsstrom = elektrische Induktion, Gl.(1.4))

    Durch das Faradaysche Induktionsgesetz (1.2) und das Ampre-Maxwellsche Ge-setz (1.4) werden das elektrische Feld und das magnetische Feld in ihrer Zeit-und Ortsabhngigkeit eng miteinander verkoppelt. Man fasst daher E und H alsdie beiden Komponenten einer einzigen physikalischen Feldgre ( E, H) auf, dieals elektromagnetisches Feld bezeichnet wird. Nur im Falle rein statischer

    Felder, wenn B

    t = 0 und

    D

    t = 0 gilt, sind die elektrische Welt und die ma-

    gnetische Welt entkoppelt, und nur dann macht es Sinn, das elektrische und dasmagnetische Feld als unabhngige Feldgren zu behandeln.

    Damit die Maxwellschen Gleichungen ein geschlossenes Differentialgleichungssystem frdas elektromagnetische Feld ( E, H ) ergeben, mssen sie noch um die sogenanntenMaterialgleichungenergnzt werden. In ihrer einfachsten Forn lauten diese:

    D = E (1.5)

    B = H (1.6)

    j = E (1.7)

    Diese Gleichungen sind keine Naturgesetze, sondernphnomenologische Modellglei-chungenmit einem beschrnkten Gltigkeitsbereich, der sich aus den zugrundeliegen-den Modellannahmen ergibt (elektrisches Polarisationsmodell, Magnetisierungsmodell,Ohmsches Driftmodell usw.)

    Das System (1.1) - (1.7) ist auf einem Gebiet E3 zu lsen. Nach entsprechenderSubstitution und Elimination ergibt sich ein geschlossenes System fr

    E , H

    .

    Nach Vorgabe von passend gewhlten Randwerten auf und Anfangsbedingungen frt=t0 sind hierdurch alle elektromagnetischen Vorgnge vollstndig bestimmt.

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    1.2 Energie von elektromagnetischen Feldern

    1.2.1 Elektrische Energiedichte

    (i) Die elektrische Energie Wel, die im elektrischen Feld einer diskreten Ladungs-verteilung (qi, r i)i=1, ..., N gespeichert ist, ist gleich der elektrischen Arbeit, diezum Aufbau dieser Ladungsverteilung geleistet werden muss, indem die Ladungenq1, q2, . . . , qNsukzessive aus dem Unendlichen an ihre Positionen r 1, r 2, . . . ,r Ngebracht werden. Um die k-te Ladung qk im elektrischen Feld der bereits in Po-sition gebrachten Ladungen q1, . . . ,qk1 an die Stelle rk zu bewegen, muss dieArbeit

    W(k)el =qk 1

    4

    k1

    i=1qi

    |r k

    r i

    |geleistet werden. Fr die gesamte Arbeit ergibt sich dann:

    Wel=Nk=2

    W(k)el =Ni

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    10 1.2 Energie von elektromagnetischen Feldern

    Einer kleinen nderung der felderzeugenden Ladungsdichte

    (r ) (r ) + (r )

    entspricht eine kleine nderungWel[,] der Feldenergie, die bezglichlinearapproximiert werden kann. Hierzu betrachtet man

    F() := Wel[ + ] fr R

    und definiert die 1. Variation von Wel bezglich als

    Wel[,] := d

    dWel[ + ]

    =0

    (1.10)

    Damit gilt:

    Wel[ + ] = F(1) =F(0) + dF

    d

    =0

    1 + O 2

    =Wel[] + d

    dWel[ + ]

    =0

    + O

    2

    =Wel[] + Wel[; ] + O

    2

    Die explizite Berechnung der differentiellen nderung der elektrischen Feldenergieergibt:

    Wel= d

    d

    12

    1

    4

    V

    V

    ((r ) +(r ))((r ) + (r ))

    |r r | d3rd3r

    =0

    =1

    2

    1

    4

    V

    V

    d

    d

    ((r ) + (r ))((r ) + (r ))

    |r r |

    =0

    d3rd3r

    =1

    2

    1

    4

    V

    V

    (r )(r )

    |r

    r

    |

    +(r )(r )

    |r

    r

    |

    d3rd3r

    =V

    14

    V

    (r )|r r |d

    3r

    elektrostatisches Potential (r )

    (r ) d3r=V

    (r )(r ) d3r

    Hierbei ist (r ) das von der Ladungsverteilung(r ) erzeugte Coulomb-Potential.Die differentielle nderung von Wel lautet also

    Wel= V (r )(r ) d3

    r (1.11)

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    1.2.1 Elektrische Energiedichte 11

    (iv) Nun knnen wirWel durch die Feldgren E bzw. D ausdrcken:

    verursacht nach dem Gauschen Gesetz eine nderung D gemdiv D =.

    E gengt E = .

    sei eingeschlossen in einer Kugel K(0 , R).

    Damit folgt:

    Wel=

    K(0 ,R)

    (r ) div D (r ) d3r

    =

    K(0 ,R)

    grad(r ) E(r )

    D (r ) d3r+

    K(0 ,R)

    (r ) 1

    R

    D (r ) 1

    R2

    da R2

    FrR

    erhlt man damit:

    Wel=R3

    E D d3r (1.12)

    (v) Dieses Ergebnis lsst sich folgendermaen interpretieren:Wir nehmen an, das elektrische Feld trgt eine Energiedichte wel(r ) mit sich, ausder sich die gesamte Feldenergie durch Integration berechnen lsst:

    Wel=R3

    wel(r ) d3r

    Fr die 1. Variation folgt dann:

    Wel=R3

    wel(r ) d3r

    Nehmen wir weiter an, es gebe ein Materialgesetz D E( D ). Dann ergibt sichdurch Vergleich mit Gl. (1.12):

    wel= E D (1.13)

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    12 1.2 Energie von elektromagnetischen Feldern

    ist die lokale differentielle nderung der Energiedichte des elektrischen Feldes und

    wel=

    D

    0E( D )

    d D

    Wegintegral im E- D -Raum

    (1.14)

    ist die (lokale) Energiedichte des elektrischen Feldes.

    (vi) Im Falle eines streng linearen Dielektrikums D = E, = const., ergibt sich durchIntegration

    wel=

    D0

    1

    D d D =1 Dx0

    DxdDx+

    Dy0

    DydDy+

    Dz0

    DzdDz

    = 1

    2(D2x+ D

    2y+ D

    2z)

    das einfache Ergebnis

    wel= 1

    2D

    2=

    2E2

    =1

    2E D (1.15)

    1.2.2 Magnetische Energiedichte

    (i) Die magnetische Energie Wmag, die im Magnetfeld einer Stromverteilung gespei-

    chert ist, kann wegen des Verschiebungsstroms D

    t im Ampreschen Gesetz (1.4)

    nicht entkoppelt von der elektrischen Energie im D -Feld betrachtet werden. Wirleiten daher die magnetische Energiedichte aus einer Leistungsbilanz fr das gekop-pelte elektromagnetische Feld ( E , H) her. Ausgangspunkt ist die externe Leistung,die dem elektromagnetischen System zugefhrt werden muss, um eine Stromver-teilung aufzubauen und aufrechtzuerhalten.

    (ii) Wir betrachten zunchst diskrete Ladungen qk, die sich auf Bahnkurven rk(t) mitder Geschwindigkeitv k(t) bewegen. Die zugefhrte Leistung wird einer mechani-schen Energiequelle entnommen, die die Ladungen im elektromagnetischen Feld

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    1.2.2 Magnetische Energiedichte 13

    bewegt. Die Zufuhr an elektromagnetischer Leistung betrgt:

    Pelmag= N

    k=1F k(r k) v k

    = Nk=1

    qk

    E(r k)+v k B (r k)v k

    0

    = Nk=1

    qkvk E(r k) (= mechanische Leistung) (1.16)

    (iii) Im Falle einer kontinuierlichen Stromverteilung j(r ) = (r )v (r ) benutzen wirwieder die Substitutionsregel

    Nk=1

    {. . . ,r k, . . .} qk V

    {. . . ,r , . . .} (r ) d3r

    und erhalten aus Gl. (1.16)

    Pelmag= V

    (r )v (r ) E(r ) d3r

    woraus folgt:

    Pelmag= V

    j(r ) E(r ) d3r (1.17)

    Bemerkung: Ist die Stromverteilung aus verschiedenen Trgersorten zusammenge-setzt, ergibt sich dasselbe Ergebnis.

    (iv) Mit Hilfe des Ampreschen Gesetzes rot H = j+ Dt

    kann nun jaus Gl. (1.17) eli-

    miniert werden undPelmagallein durch die Feldgren H / B und E / D dargestelltwerden:

    Pelmag= V

    rotH E d3r+V

    E D

    t d3r

    V

    welt

    d3r= dWel

    dt

    (1.18)

    dWeldt ist die nderung des rein elektrischen Energieinhalts. Demnach muss die zu

    bestimmende nderung des magnetischen Energieinhalts dWmag

    dt enthalten sein

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    14 1.2 Energie von elektromagnetischen Feldern

    im Term:

    V

    rotH E d3r !=V

    wmagt

    d3r

    dWmagdt

    + Energiefluss aus System durch Berandung V

    Fr die weitere Umformung bentigen wir die Beziehung

    div( E H) = ( E H)

    = ( E) H ( H) E

    =

    B

    t H

    rotH

    E

    wobei das Induktionsgesetz rotE = B

    t benutzt wird.

    Damit folgt unter Verwendung des Gauschen Integralsatzes:

    V

    rotH E d3r=V

    B

    t H d3r+

    V

    div( E H) d3r

    = VH

    B

    t

    d3r+ V E

    H da

    Whlt man fr das GebietVeine Kugel K(0 , R) um den Ursprung mit Radius Rund lsstR gehen, so lsst sich mit Gl. (1.18) die zugefhrte elektromagne-tische LeistungPelmagals Summe von drei Termen darstellen:

    Pelmag=R3

    E D

    t wel

    t

    d3r

    dWeldt

    +R3

    H B

    t wmag

    t

    d3r

    dWmagdt

    + limR

    |r |=R

    ( E H) da (1.19)

    Der erste Term ist nach Gl. (1.12) die Zeitableitung der elektrischen FeldenergiedWel

    dt , der analog dazu gebildete zweite Term ist als zeitliche nderung der ge-

    suchten magnetischen Feldenergie dWmag

    dt zu interpretieren, und der dritte Term

    beschreibt den Leistungsfluss durch die KugeloberflcheK(0 , R) nach auen (vgl.Abs. 1.2.4) im LimesR . Er lsst sich folgendermaen abschtzen:

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    1.2.2 Magnetische Energiedichte 15

    Fr lokalisierte Ladungen und Strme gilt fr das asymptotische Verhalten dererzeugten Felder

    | E| 1Rn

    und| H| 1Rm

    mitn = 2 undm = 3 im quasistatischen Fall undn =m = 1 im dynamischen Fall(Wellenausbreitung, siehe Kap. 3). Die Oberflche von K(0 , R) wchst mit R2;daher folgt

    limR

    |r |=R

    E H

    da =

    0 (quasistatischer Fall)

    total abgestrahlte Leistung (dynamischer Fall)

    (v) Aus Gl. (1.19) lassen sich damit folgende Schlsse ziehen:

    Die differentielle nderung der gesamten magnetischen Feldenergie betrgt

    Wmag=R3

    H(r ) B (r ) d3r (1.20)

    Die differentielle nderung der Energiedichte des magnetischen Feldes ist

    wmag= H B (1.21)

    woraus sich dieEnergiedichte des magnetischen Feldes ergibt als

    wmag=

    B0

    H( B) d B

    Wegintegral im H- B -Raum

    (1.22)

    (vi) Im Falle eines streng linearen magnetisierbaren Materials mit B = H; = const.,

    ergibt sich durch Integration

    wmag=

    H0

    H d H =

    2H2

    =1

    2H B = 1

    2B

    2(1.23)

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    16 1.2 Energie von elektromagnetischen Feldern

    1.2.3 Allgemeine Bilanzgleichung

    (i) Viele Gesetze der Physik lassen sich als Bilanzgleichung fr eine extensive phy-sikalische Gre X formulieren. Dies ist eine Gre, die eine Volumendichtex(r , t) dergestalt besitzt, dass zu jedem beliebigen rumlichen Gebiet V E3(Kontrollvolumen) der inVenthaltene Mengeninhalt X(V) als Integral

    X(V) =V

    x(r , t) d3r

    bestimmt werden kann.

    Beispiele fr extensive Gren sind

    Gre X Volumendichte x

    Ladung Q Ladungsdichte el

    Masse M Massendichte M

    Teilchenzahl N Konzentration n

    Energie W(el,mag) Energiedichte w(el,mag)

    (ii) Die extensive Gre Xbesitze eine Stromdichte JX(r , t). Diese hat die Eigen-schaft, dass fr eine gegebene differentielle, orientierte Kontrollflche da = Ndadas Skalarprodukt JX da diejenige Menge der GreXangibt, die pro Zeitein-heit die Kontrollflche in Normalenrichtung passiert.Die aus einem Kontrollvolumen V durch seine geschlossene Oberflche V proZeiteinheit nach auen strmende Menge der GreXist dann gegeben durch das

    FlussintegralV

    JX da .

    XJ

    da N da

    XJ

    d a

    V

    V

    Abbildung 1.1: Fluss der extensiven Gre Xdurch ein Kontrollvolumen

  • 7/21/2019 Emf Skript Ws1112

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    1.2.3 Allgemeine Bilanzgleichung 17

    (iii) Die extensive Gre X besitze eine Produktionsrate X(r , t), die angibt, welcheMenge der Gre Xpro Volumeneinheit und Zeiteinheit erzeugt oder vernichtetwird. X>0 bedeutet Erzeugung, X 0

    einen Netto-Abfluss bezeichnet, was einer Abnahme von X(V) entspricht.

    (v) Die zeitliche nderung von X(V) lsst sich durch die Volumendichte x(r , t) aus-drcken:

    dX(V)

    dt =

    d

    dt

    V

    x(r , t) d3r=V

    x

    t(r , t) d3r

    Eingesetzt in die integrale Bilanzgleichung (1.24) und unter Anwendung das Gau-schen Integralsatzes auf das Flussintegral ergibt sich:

    V

    x

    t(r , t) d3r=

    V

    div JX(r , t) d3r+

    V

    X(r , t) d3r

    fr jedes beliebige KontrollvolumenV.Damit folgt dieallgemeine Bilanzgleichung in differentieller Form:

    x

    t = div JX+ X (1.25)

    (vi) Wichtige Beispiele fr Bilanzgleichungen im Bereich der Elektrodynamik sind:

    Ladungserhaltung:Mit (1.1) und (1.4) gilt:

    0 div(rot H) = div j + divD

    t

    t div D = t= div j +

    t

  • 7/21/2019 Emf Skript Ws1112

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    18 1.2 Energie von elektromagnetischen Feldern

    Daraus folgt die Ladungserhaltungsgleichung (oder Ladungskontinuittsglei-chung):

    0 = div j +

    tDie Ladungsgenerationsrate Q verschwindet (Q0), weil elektrische La-dungen weder erzeugt noch vernichtet werden knnen.

    Teilchenbilanz im Halbleiter:Bezeichnen nund p die Teilchendichten der beweglichen Elektronen und L-cher in einem Halbleiter und Jnund Jpdie zugehrigen Teilchenstromdichten,so gilt:

    Elektronen: n

    t = div Jn+ Gn

    Lcher: p

    t = div Jp+ Gp

    Die Teilchen-Generations-RekombinationsratenGn undGp sind im allgemei-nen nicht Null, weil durch Elektron-Loch-Paarbildung bzw. Rekombinationdie Zahl der beweglichen Ladungstrger verndert werden kann. Die Ladungs-erhaltung wird hierdurch nicht verletzt.

    Energiebilanz fr das elektromagnetische FeldBezeichnet welmag = wel+ wmag die Energiedichte des elektromagnetischenFeldes, Jelmag die zugehrige Leistungsflussdichte und elmag die dem Feldzugefhrte Leistungsdichte, so gilt

    welmagt

    + div Jelmag= elmag (1.26)

    Im nchsten Abschnitt sollen nun die einzelnen Terme dieser Bilanzgleichungkonkret identifiziert und durch die Feldgren ausgedrckt werden.

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    1.2.4 Energiebilanz des elektromagnetischen Feldes 19

    1.2.4 Energiebilanz des elektromagnetischen Feldes,Poynting-Vektor

    (i) Die zeitliche nderung der elektrischen und magnetischen Energiedichte ist nachGl. (1.13) und (1.21) gegeben als:

    welt

    = E D

    t und

    wmagt

    = H B

    t (1.27)

    Damit knnen wir wegenwelmag= wel + wmagden ersten Term in der Energiebilanz(1.26) durch E / D und H / B ausdrcken. Desweiteren ist nach Gl. (1.17) die demelektromagnetischen Feld zugefhrte Gesamtleistung

    Pelmag= V j E d

    3r

    woraus sich fr die zugefhrte Leistungsdichte ergibt:

    elmag= j E (1.28)

    (meist tatschlich negativ, wenn das elektromagnetische Feld in einem Leiter dieVerlustleistungsdichtej E >0 abgibt)Damit lautet die Energiebilanz des elektromagnetischen Feldes (1.26) nunmehr inkonkreter Form:

    E Dt

    welt

    +H Bt

    wmagt

    +div Jelmag= j E (1.29)

    (ii) Um die Leistungsflussdichte Jelmag zu identifizieren, berechnen wir unter Verwen-dung des Induktionsgesetzes (1.2) und des Ampreschen Gesetzes (1.4) den Aus-druck

    div E H= rotE H E rot H = H Bt

    E (Dt

    + j)

    Nach Umstellen der Terme erhlt man:

    E D

    t + H

    B

    t welmag

    t

    +div

    E H

    = j E elmag

    (1.30)

    Der Vergleich mit Gl. (1.29) legt nahe, den Poynting-Vektor

    S := E H (1.31)

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    20 1.2 Energie von elektromagnetischen Feldern

    mit der elektromagnetischen Leistungsflussdichte zu identifizieren. Streng genom-men kann man aber aus der Gleichheit div Jelmag= div( E H) nur folgern, dassJelmag und Sbis auf ein additives quellenfreies Vektorfeld S0 bereinstimmen:

    Jelmag= E H +S0 mit divS0 = 0 (1.32)

    (iii) Ein illustratives Beispiel liefert der Fall, wenn ein elektrostatisches Feld (z.B.E = E0 = const.) und ein magnetostatisches Feld (z.B. H = H0 = const.) vonunabhngigen Quellen (d.h. Ladungen und Strmen) erzeugt werden, also vlligentkoppelt sind. Dann kann der Poynting-Vektor auf einen beliebigen konstantenWert S= E0 H0= 0 eingestellt werden, obwohl die Leistungsflussdichte Jelmagberall verschwindet.

    Fr die integrale und differentielle Energiebilanz ist dies allerdings vllig unerheb-lich, denn

    V

    S da =V

    divSd3r=V

    div

    E0 H0

    d3r= 0

    fr jedes KontrollvolumenV.

    Der Poynting-Vektor S = E H kann dann als Leistungsflussdichte interpretiertwerden, wenn E und H die miteinander gekoppelten Komponenten eines dynami-

    schen elektromagnetischen Feldes bilden, das von einer dynamischen Quelle (z.B.Sendeantenne) erzeugt wird, bei der dieselben bewegten Ladungen sowohl das E-Feld als auch das H-Feld erzeugen. Dies ist typischerweise bei elektromagnetischenWellen der Fall.

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    21

    1.3 Potentialdarstellung des elektromagnetischen Feldes

    1.3.1 Elektromagnetisches Vektor- und Skalarpotential

    (i) Definition und Eigenschaften des Vektorpotentials (allgemein)

    Ein auf einem Gebiet R3 definiertes Vektorfeld U(r ) besitzt ein Vek-torpotential V(r ), wenn es ein auf differenzierbares Vektorfeld V(r ) gibtmit

    U(r ) = rotV(r )

    In diesem Falle gilt:divU= div(rotV ) = 0 in

    Kurzbeweis mit Nabla-Kalkl: div(rotV ) = V = 0

    In sternfrmigen Gebieten R3 gilt auch die Umkehrung(Satz von Poincar):

    U(r ) ist stetig differenzierbar in mit div U= 0 in es existiert ein Vektorpotential V(r ) auf mit U= rotV in

    Das Vektorpotential ist bis auf ein additives Gradientenfeld eindeutig be-stimmt; denn hat man zwei Vektorpotentiale V und V zu U, so gilt:

    U= rotV = rotV rot(VV ) = 0 in

    Folglich ist V

    V ein Gradientenfeld, d.h. es existiert ein Skalarfeld (r )

    auf mit VV = grad (r ).Das heit, alle Vektorpotentiale zu U= rotV haben die Form:

    V = V grad (r ) (1.33)

    (ii) Elektromagnetisches Vektorpotential:Die Maxwellsche Gleichung (1.3) besagt:

    div B (r , t) = 0 in R3

    (, )

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    22 1.3 Potentialdarstellung des elektromagnetischen Feldes

    Damit existiert nach dem Satz von Poincar ein berall definiertes VektorfeldA (r , t) mit:

    B (r , t) = rot A (r , t) (1.34)

    A heitelektromagnetisches Vektorpotential.

    NB: A ist durch (1.34) nur bis auf ein additives Gradientenfeld eindeutig bestimmt:A und A := A liefern dasselbe B -Feld. Diese als Eichfreiheit bezeichne-te Eigenschaft wird benutzt, um das Vektorpotential zustzliche Eichbedingungenerfllen zu lassen.

    (iii) Skalares elektromagnetisches Potential:Nach (1.2) gilt:

    rotE = B

    t

    (1.34)=

    trot A = rot

    A

    t

    rot( E +A

    t) = 0

    Damit ist E +A

    t ein Gradientenfeld; d.h. es existiert ein Skalarfeld (r , t) mit

    E +

    A

    t = gradDamit erhlt man fr das elektrische Feld die Darstellung:

    E(r , t) = grad(r , t) A

    t(r , t) (1.35)

    heitelektromagnetisches skalares Potential.

    NB: (1.35) verallgemeinert die Potentialdarstellung E =

    grad aus der Elek-

    trostatik auf den zeitabhngigen Fall. Daher wird oft auch (schlampigerweise)elektrisches Potentialgenannt.

    (iv) Eichtransformation:Wird das Vektorpotential gem A := A umgeeicht, so muss auch dasskalare Potential transformiert werden, damit (1.35) gltig bleibt:

    +A

    t = +

    A

    t

    t=

    t

    +

    A

    t

    != +

    A

    t

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    1.3.2 Maxwellsche Gleichungen in Potentialdarstellung 23

    Daher muss fr gelten:

    t

    != + (const.)

    Wir erhalten damit folgenden Satz:Die umgeeichten elektromagnetischen Potentiale

    A (r , t) = A (r , t) (r , t) (1.36a)

    (r , t) = (r , t) +

    t(r , t) (1.36b)

    liefern fr beliebige Eichfunktionen (r , t) dasselbe E- und B -Feld wie A und .Beweis: In (1.34) und (1.35) einsetzen.

    1.3.2 Maxwellsche Gleichungen in Potentialdarstellung

    (i) Durch Einfhren der elektromagnetischen Potentiale

    ,A

    sind die homogenenMaxwellgleichungen

    div B = 0 und rotE +B

    t = 0

    identisch erfllt. Zur Berechnung von

    ,A

    aus den gegebenen Quellen, der La-

    dungsverteilung und der Stromdichtej, werden die inhomogenen Maxwellglei-chungen (1.1) und (1.4) benutzt. Setzt man die Gltigkeit der linearen Material-gleichungen (1.5) und (1.6) voraus, so erhlt man durch Einsetzen des Potential-ansatzes (1.34) und (1.35) in die inhomogenen Maxwellgleichungen:

    = div D = div

    E

    = div () t

    div

    A

    j = rot H Dt

    = rot1

    rotA

    +

    t() +

    t

    At

    Man hat nun ein 4-komponentiges partielles Differentialgleichungssystem fr dieUnbekannten

    , A

    bei gegebenen Quellen undj :

    div() + t

    div( A ) = (1.37)

    rot 1

    rotA

    +

    2A

    t2 +

    t

    = j (1.38)

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    24 1.3 Potentialdarstellung des elektromagnetischen Feldes

    Ziel ist nun die Entkopplung dieser Gleichungen bezglich A und , indem mandiese zustzlichen Eichbedingungen unterwirft, die durch eine passende Wahlder Eichfunktionerfllt werden.

    (ii) Lorenzeichung:

    Seien und (stckweise) rumlich konstant. Mit einer geeigneten Eichfunk-tionlsst sich die Lorenzeichung

    div A +

    t = 0 (1.39)

    erfllen.

    Damit lsst sich A aus (1.37) eliminieren, und man erhlt fr das skalarePotential die Wellengleichung

    2

    t2 =

    (1.40)

    Um auch Gl. (1.38) zu vereinfachen, berechnen wir

    rot

    rotA

    = A

    = (div A ) A

    Weiterhin knnen wir mit Hilfe der Eichbedingung (1.39) die Gre

    t aus

    (1.38) eliminieren; man erhlt so:

    (div A ) A + 2

    At2

    + t

    (div A )

    = j

    Daraus folgt nun auch fr das Vektorpotential A dieWellengleichung:

    A 2A

    t2 = j (1.41)

    Man hat somit eine vollstndige Entkoppelung der Bestimmungsgleichungenfr die elektromagnetischen Potentiale

    ,A

    erreicht, die nun beide derstrukturell gleichen Differentialgleichung gengen. Dies spiegelt sich in fol-

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    1.3.2 Maxwellsche Gleichungen in Potentialdarstellung 25

    dender Kompaktschreibweise wieder:

    (

    2

    t2)

    Wellenoperator

    A

    =

    /

    j

    (1.42)

    Drckt man in einem kartesischen Koordinatensystem das Vektorpotential Adurch seine kartesischen Komponenten (A1, A2, A3)

    T aus, so kann man dievierkomponentige Gre (/c,A1, A2, A3)

    T (mit c := 1/

    ) bilden (Vie-rerpotential).Zudem kann manund j zu einer Viererstromdichte (c,j1, j2, j3)

    T zusam-menfassen. Alle vier Komponenten des Viererpotentials bzw. Viererstroms

    haben dieselbe physikalische Einheit ( V sm

    bzw. A/m2) und werden in der

    Wellengleichung (1.42) gleich behandelt. Jede Komponente des Viererstromsist Quelle fr die entsprechende Komponente des Viererpotentials. Diese 4-dimensionale Betrachtungsweise entspricht dem Vorgehen in der speziellenRelativittstheorie (4-dimensionale Raum-Zeit).

    (iii) Coulombeichung:Diese Eichung zielt auf eine Zerlegung des elektrischen Feldes in eine quasistatischeund eine hochfrequente wellenartige Komponente.

    Seien, (stckweise) rumlich konstant. Mit einer passend gewhlten Eich-funktion lsst sich die Coulombeichung(oderoptische Eichung) erfl-len:

    div A = 0 (1.43)

    Mit dieser Eichbedingung vereinfacht sich Gl. (1.37) zur Poissongleichung:

    div(

    ) =

    (r , t) (1.44)

    Sie ist instantan bezglich der Zeit t und sieht formal aus wie im elektrostati-schen Fall, obwohl (r , t) das elektromagnetische Skalarpotential ist. Diesesfolgt dem zeitlichen Verlauf der felderzeugenden Ladung(r , t) ohne Verzge-rung (ohne Retardierung), kann also keine Wellenausbreitung beschreiben.

    Mit der Eichbedingung div A = 0 vereinfacht sich (1.38) zu:

    A

    2A

    t2

    =

    j

    t

    (

    )

    j t

    (1.45)

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    26 1.4 Feldverhalten an Materialgrenzen

    Dies ist eine Wellengleichung fr das Vektorpotential A mit dertransversalen

    Stromdichtej t := j t

    (grad ).

    Diese ist divergenzfrei (zum Beweis bilde man die Diverganz von Gl. (1.38)),

    stellt also ein reines Wirbelfeld dar, zu dem neben der Stromdichtej auch dieZeitableitung der Ladungsdichte beitrgt, indem man die Lsung der Pois-

    songleichung (1.44) auf der rechten Seite von (1.45) einsetzt. Die LsungenA beschreiben die wellenartige Ausbreitung des elektromagnetischen Feldesmit Retardierungseffekt.

    1.4 Feldverhalten an Materialgrenzen

    Wir nehmen an, dass zwar in zusammenhngenden rumlichen Gebieten die linearenMaterialgesetze (1.5)-(1.7) stckweise gltig sind, dass aber die Materialkoeffizienten, und entlang von Grenzflchen zwischen benachbarten Gebieten unstetig ihrenWert ndern. Das elektrische und das magnetische Feld sind dann an diesen Grenzfl-chen nicht differenzierbar und einzelne ihrer Komponenten sind nicht einmal mehr stetig.Stattdessen gelten beim bergang ber eine Materialgrenze fr die normalen und dietangentialen Feldkomponenten gewisse bergangsbedingungen, die im folgenden disku-tiert werden.

    1.4.1 Grenzflchenbedingung fr die normalen Feldkomponenten

    (i) Das Vektorfeld U(r ) erflle in benachbarten Gebieten 1 und 2 aus zwei ver-schiedenen Materialien 1 und 2 die Differentialgleichung:

    divU = (1.46)

    mit einer gewissen stetigen und beschrnkten Volumendichte(r ).

    Beispiele hierfr sind div D = oder div B = 0.

    An der Grenzflche zwischen den beiden Gebieten 1 und 2 existiere eineGrenzflchendichte(r ) der durch (r ) beschriebenen extensiven Gre (ist z.B. = = Raumladungsdichte, so ist = die Oberflchenladungsdichte). Ander Grenzflche kann Unicht differenziert werden und deshalb kann Gl. (1.46)nicht verwendet werden. Stattdessen gilt fr ein Kontrollvolumen V, welches dieGrenzflche schneidet, V = (vgl. Abb. 1.2), die integrale Beziehung

    V

    U da = V

    d3r+ V

    da (1.47)

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    1.4.1 Grenzflchenbedingung fr die normalen Feldkomponenten 27

    V

    2

    V

    1

    Abbildung 1.2: Grenzflche zwischen verschiedenen Materialbereichen und Kontroll-volumen Vzur Ableitung der Sprungbedingung

    (ii) Fr einen Punkt r 0 auf der Grenzflche sei N(r 0) die Oberflcheneinheits-normale, die vom Material 1 zum Material 2 zeigt. Z sei ein kleines zylin-derfrmiges Kontrollvolumen, dessen Stirnflchen A1 undA2 in den Gebieten 1und 2 liegen, wobei A1 und A2 kongruent zur Schnittflche Zgewhlt sind(vgl. Abb. 1.3). Der Abstand von A1 undA2 sei hund entspricht der Hhe desZylindermantels M.

    1

    1A

    0r

    2

    h

    2A

    0( )N r

    KontrollvolumenZ

    Abbildung 1.3: Zylindrisches Kontrollvolumen

    Gl. (1.47) hat nun die spezielle Form

    A1

    U da + A2

    U da + M

    U da = Z

    d3r+ Z

    da

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    28 1.4 Feldverhalten an Materialgrenzen

    Bezeichnet|A|den Flcheninhalt vonZ , so ist|A1| = |A2| = |A|.Fr h 0 verschwinden

    M

    U da undZ

    d3r; die verbleibenden Integrale

    ergeben mit Hilfe des Mittelwertsatzes

    limrr 0r1

    U(r ) N(r 0) |A| + limrr 0r2

    U(r ) N(r 0)|A| =(r 0)|A|

    Mit der DefinitionU j N(r 0) := lim

    rr 0rj

    U(r ) N(r 0)

    fr die einseitigen Grenzwerte der Normalkomponenten von U erhalten wir diegesuchte Sprungbedingung

    U2 NU1 N = auf N zeigt von 1 nach 2 (1.48)

    (iii) Wir wenden nun die obige Aussage auf die dielektrische Verschiebung D an. MitU = D , = =Raumladungsdichte,= int= Grenzflchenladungsdichte lautetdie Sprungbedingung fr D :

    D 2 N D 1 N =int auf ( Nweist von 1 nach 2) (1.49)

    Der Sprung in der Normalkomponente von D lngs ist gleich der Grenzflchen-ladungsdichteintauf .

    Speziell gilt bei verschwindender Grenzflchenladungsdichte:

    Falls int= 0 D 1 N = D 2 N auf Normalkomponente von D ist stetig

    (1.50)

    (iv) Die magnetische Induktion erfllt berall die Bedingung div B = 0. Es gibt wedereine Volumendichte noch eine Grenzflchendichte , also U = B , = = 0.Damit folgt als Sprungbedingung fr B :

    B 1

    N =

    B 2

    N auf

    Normalkomponente von B ist stetig(1.51)

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    30 1.4 Feldverhalten an Materialgrenzen

    che schneidet (vgl. Abb. 1.4), die integrale Beziehung

    A

    U dr =A

    J da +A

    V da +

    A

    n ds (1.53)

    wobei n die orientierte Oberflchennormale von A bezeichnet ( da =n da) undds das differentielle Linienelement entlang der Schnittlinie von A mit (d.h. derKurveA ).

    (ii) Fr einen Punkt r 0 auf der Grenzflche sei N(r 0) = N die vom Material1 zum Material 2 weisende Oberflchennormale und t (r 0) = t ein Tangential-

    vektor an . Wir betrachten nun eine kleine rechteckige Kontrollflche A, die aufder Tangentialebene senkrecht steht und r 0 als Mittelpunkt hat (Abb. 1.5). Diebeiden Kanten 1 und 3 haben die Kantenlnge l und verlaufen parallel zu tin den Gebieten 2 und 1, die beiden Kanten 2 und4 haben die Kantenlngeb und verlaufen parallel zu N teilweise in 1 und teilweise in 2. Mit dem inAbb. 1.5 definierten Umlaufsinn hat das Rechteck A die orientierte Oberflchen-normalen = N t .

    2 N b b

    4 N b

    3 t l

    1 t l

    l

    t

    0r

    1

    2N

    Abbildung 1.5: Rechteckige Kontrollflche senkrecht zur Grenzflche

    Gl. (1.53) hat nun die spezielle Form:

    4i=1

    i

    U dr =A

    J +V

    n da +

    A

    n ds

    Mit Hilfe des Mittelwertsatzes lassen sich die einzelnen Integrale wie folgt aus-drcken:

    U(r 1) t l U(r 3) t l+U(r 4) Nb U(r 2) Nb=

    J(r 0) +V(r0)n lb+ (r 0 ) n l

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    1.4.2 Grenzflchenbedingungen fr die tangentialen Feldkomponenten 31

    wobei r i Sttzpunkte auf i und r0 sowie r

    0 Sttzpunkte auf A bzw. A

    bezeichnen. Im Limes b0 verschwinden alle Terme proportional zu b; nachDivision durch l und anschlieender Grenzwertbildung l 0 verbleiben dieTerme

    limrr 0r2

    U(r ) t (r 0) limrr 0r1

    U(r ) t (r 0) = (r 0) n (r 0)

    Mit der DefinitionU j t (r 0) := lim

    rr 0rj

    U(r ) t (r 0)

    fr die einseitigen Grenzwerte der Tangentialkomponenten von U erhalten wirschlielich die gesuchte Sprungbedingung:

    U2 t U1 t = n auf (1.54)

    (iii) Wir wollen die rechte Seite von Gl. (1.54) noch etwas vereinfachen. Wegenn = N t gilt:

    n =

    N t

    =

    Nt

    Damit lautet die Sprungbedingung:

    U2 t U1 t =

    Nt

    fr jeden Tangentialvektort(1.55)

    Die in dieser Gleichung auszurechnende Projektion auf die Tangentialebene derGrenzflche kann noch eleganter ausgedrckt werden. Der Projektor auf die Tan-gentialebene lautet:

    X = X ( N X) N = N ( N X)

    (siehe Abb. 1.6)

    Es gelten nun folgende quivalenzen:

    Xt = 0 fr allet N(d.h. fr alle Tangentialvektoren)

    X = 0

    N N X= 0 N X = 0

    Die letzte quivalenz gilt wegen N X = N

    N

    N X

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    32/148

    32 1.4 Feldverhalten an Materialgrenzen

    N

    X

    X

    ( )N NX

    Abbildung 1.6: Projektor auf die Grenzflchentangentialebene

    Damit lsst sich Gl. (1.55) folgendermaen umformen:

    U2 t U1 t = ( N) t fr allet N

    NU2 NU1= N ( N) =( N N 1

    ) N( N 0

    ) =

    Hierbei wird benutzt, dass die Grenzflchenflussdichte stets tangential zu verluft.Damit erhalten wir nun die Sprungbedingung in der kompakten Formulierung

    N U2 NU1= auf ( N zeigt von 1 nach 2) (1.56)

    (iv) Ausgehend vom Induktionsgestz rot E = B

    t wenden wir nun obige Aussage auf

    das elektrische Feld Ean. Mit U = E , J = 0, V =

    B

    t

    und= 0 lautet die

    Sprungbedingung fr E:

    E1 N = E2 N auf bzw. E1 t = E2 t auf

    Tangentialkomponente von E ist stetig

    (1.57)

    (v) Beim Magnetfeld Hgehen wir vom Ampreschen Gesetz rot H =j + D

    t aus

    und lassen die Existenz einer Grenzflchenstromdichte i zu.

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    33

    Mit U = H , J =j , V = D

    t und =i lautet die Sprungbedingung fr H

    dann:

    N

    H2

    N

    H1 = i auf

    ( N zeigt von 1 nach 2) (1.58)

    Speziell gilt bei verschwindender Stromdichte i = 0:

    H1 N = H2 N auf bzw. H1 t = H2 t auf

    Tangentialkomponente von H ist stetig

    (1.59)

    1.5 Das Randwertproblem der Potentialtheorie

    Mit Hilfe des elektrischen Potentials lsst sich die Berechnung elektrostatischer Felderauf die Berechnung einer skalaren Feldgre (r ) zurckfhren. Im Falle der Coulomb-Eichung gilt dies sogar fr das elektromagnetische Skalarpotential (r , t) (vgl. Gl. (1.44)).Es ist daher zweckmig, sich mit einigen Grundtatsachen und Lsungsmethoden der

    Potentialtheorie zu beschftigen.

    1.5.1 Das Randwertproblem der Elektrostatik: Rand- undGrenzflchenbedingungen

    (i) In einem dielektrischen Medium gelten im elektrostatischen Fall die BeziehungenD = E, E =, div D = . Die elektrische Permittivitt wird als einepositive (stckweise) differenzierbare Ortsfunktion (r ) angenommen. Setzt man

    diese Gleichungen ineinander ein, so gelangt man zur Poissongleichung

    div((r )) = (1.60)

    Typischerweise ist diese partielle Differentialgleichung in einem Gebiet R3 zulsen. Fr die Eindeutigkeit der Lsung mssen auf dem Rand Rand- bzw.Grenzflchenbedingungen formuliert werden.

    (ii) In elektrisch leitenden Medien gilt bei elektrostatischen Problemstellungen die For-

    derungj = 0, und da bei ohmschen Leitern

    j = gilt, folgt hieraus:

    = 0

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    34 1.5 Das Randwertproblem der Potentialtheorie

    Hieraus knnen wir schlieen:

    (r ) = const. auf Leitern (1.61)

    (iii) Grenzflchenbedingungen fr das elektrische Potential an Materialgren-zen:Wenn zwei Gebiete 1 und 2 mit unterschiedlichen Materialeigenschaften (Per-mittivitt1= 2 bzw. Leitfhigkeit 1= 2) an einer gemeinsamen Grenzflche miteinander verbunden sind (Abb. 1.7), muss die Tangentialkomponente desE-Feldes lngs stetig sein: E1 t = E2 t fr jeden Tangentialvektor t(vgl.Gl.(1.57)). Wegen E = ist dann aber zu fordern, dass die Tangenti-alkomponente von lngs stetig ist. Durch Integration von t in eineminfinitesimalen Abstand links und rechts von folgt dann:

    ist lngs Materialgrenzen stetig

    .

    120r

    1

    2

    t

    n

    21

    Abbildung 1.7: Tangenten- und Normalenvektor an einer Materialgrenzflche zwischenzwei Dielektrika

    (iv) Grenzflchenbedingungen fr die Normalenableitung des Potentials:

    An einer Materialgrenze mit einem Sprung der Permittivitt (1= 2) gilt nachGl. (1.49) fr die Normalkomponente der dielektrischen Verschiebung die Sprung-bedingung D 2 n D 1 n =int, wobeiinteine auf der Grenzflche lokalisierteFlchenladungsdichte bezeichnet. Wegen D = fhrt dies auf eine Sprung-bedingung fr die Normalenableitung des Potentials:

    1

    n

    1

    2 n

    2

    =int auf (1.62)

    wobei n

    j

    := limrr 0rj

    n (r 0) (r ) (j= 1, 2)

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    1.5.1 Das RWP der Elektrostatik 35

    den jeweils einseitigen Grenzwert der Richtungsableitung von entlang der von1 zu 2 weisenden Grenzflchen-Normalenn bezeichnet.

    (v) Einen Sonderfall stellt die Situation dar, wenn das Material 1

    ein Leiter ist,

    whrend das Material 2 ein dielektrischer Isolator ist (Abb. 1.8). Im Leiter

    .

    E

    E

    E

    n

    .

    .

    .

    0r

    const.

    Leiter

    Isolator

    1

    2

    Abbildung 1.8: Leiter und Isolator mit gemeinsamer Grenzflche

    verschwindet das E -Feld, hat also an seinem Rand die TangentialkomponenteE1

    t = 0. Wegen der Stetigkeitsbedingung (1.57) hat dann das E-Feld auch

    keine Tangentialkomponente im Grenzwert von der Seite des Isolators: E2 t = 0.Der einseitige Grenzwert des Potentialgradienten hat somit nur eine Normalkom-ponente

    |2= E2 Leiteroberflche

    dessen Gre sich aus der Grenzflchenladungsdichte intauf der Leiteroberflche ergibt:Nach Gl. (1.49) gilt D 2 n =intund wegen D 2= 2|2 schlielich

    2

    n

    2

    = int auf (1.63)

    (vi) Ein zweiter Sonderfall liegt vor, wenn zwei dielektrische Isolatoren 1 und 2aneinander grenzen, ohne dass auf der Grenzflche eine Oberflchenladung exis-tiert (Abb. 1.9). In dieser Situation sind die Tangentialkomponente von Eund dieNormalkomponente von D lngs stetig:

    E1 t = E2 t und D 1 n = D 2 n

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    1.5.2 Klassifikation der Potential-Randwertprobleme 37

    1.5.2 Klassifikation der Potential-Randwertprobleme

    In elektrotechnischen Problemstellungen sucht man Lsungen der Poissongleichung

    (1.60) auf einem beschrnkten Gebiet R3, die auf dem Rand bestimmte Vorga-ben (Randbedingungen) erfllen. Diese Aufgabenstellung wird als Randwertproblembezeichnet. Die Randbedingungen lassen sich in drei Gruppen unterteilen: Vorgabe derPotentialwerte auf (Dirichlet-Problem), Vorgabe der Normalenableitung /n auf (Neumann-Poblem) oder Vorgabe einer Linearkombination von beiden (gemischtesRandwertproblem).

    1.5.2.1 Dirichletsches Randwertproblem

    (i) Diemathematische Problemstellunglautet: Zu lsen ist die Poissongleichungdiv() = auf einem zusammenhngenden, beschrnkten Gebiet R3 mitglattem (lipschitz-stetigem) Rand , auf dem die Lsung einen vorgegebenenVerlauf D(r ) annimmt: (r ) = D(r ) fr aller .Die Kurzform dieses Dirichletschen Randwertproblemslautet:

    [Dir-RWP] div() = auf und |= D (1.66)

    (ii) Das so formulierte Randwertproblem ist mathematisch korrekt gestellt. Es gilt derfolgende Existenz- und Eindeutigkeitssatz:

    Satz: Fr C1() mit 0 < c0 (r ), C() undD C() hat [Dir-RWP] eine eindeutig bestimmte klassischeLsung C2() C1().

    (iii) Bemerkung: Ein Gebiet mit den unter (i) beschriebenen Regularittseigenschaf-ten wird als Normalgebiet bezeichnet. Es hat die wesentliche Eigenschaft, dassder Integralsatz von Gau angewendet werden darf.

    (iv) Ein typisches Beispiel fr ein Dirichlet-RWP ist die Mehrelektroden-Kondensatoranordnung. Hier schlieen N + 1 leitende Gebiete0, 1, . . . , Nein dielektrisches Gebiet ein (vgl. Abb. 1.11). Nach Gl. (1.61)sind allej quipotentialflchen mit konstantem PotentialwertVj.

    Das Dielektrikum zwischen den Kondensatorelektroden j sei elektrisch neutral;

    d.h. es besitzt keine Raumladung: 0. Das Randwertproblem besteht darin,zu gegebenen Potentialwerten (V0, V1, . . . , V N) RN+1 auf den Elektroden daselektrische Potential (r ) im Dielektrikum zu bestimmen.

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    38 1.5 Das Randwertproblem der Potentialtheorie

    n

    n

    n

    n

    n

    0

    3

    32

    21

    1

    n

    n

    ( )r

    Abbildung 1.11: Mehrelektroden-Kondensatoranordnung

    In Kurzform lautet die Problemstellung:

    [V-RWP] div() = 0 in und |l =Vl (l= 0, 1, . . . , N ) (1.67)

    Die Lsbarkeit dieses Randwertproblems garantiert der

    Satz: [V-RWP] hat eine durchV = (V0, V1, . . . , V N) eindeutig bestimm-te, klassische Lsung (r ).

    1.5.2.2 Neumannsches Randwertproblem

    (i) Die mathematische Problemstellung lautet hier: Zu lsen ist die Poisson-gleichung div() = auf einem zusammenhngenden, beschrnkten Gebiet R3 mit glattem (lipschitz-stetigem) Rand , auf dem die Normalenablei-tung der Lsung

    n

    (r ) := n (r ) (mit n = uere Normale auf) einenvorgegebenen WertFN(r ) annimmt.

    Die Kurzform dieses Neumannschen Randwertproblems lautet:

    [Neu-RWP] div() = auf und n

    =FN (1.68)

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    1.5.2 Klassifikation der Potential-Randwertprobleme 39

    NB: De facto entspricht die Neumann-Randbedingung der Vorgabe einer Ober-flchenladungsdichte (r ) = D (r ) n (r ) =

    n(r ) (r ). Diese muss

    jedoch eine notwendige Voraussetzung erfllen:

    d3r=

    div() d3r=

    dan da

    =

    n

    da=

    FNda (1.69)

    Insbesondere ist im Falle verschwindender Raumladung ( 0) die Bedingung

    FNda != 0 notwendig fr die Lsbarkeit des Randwertproblems.

    Die Bedingung (1.69) hat eine sehr anschauliche Interpretation:

    d3r=

    nda=

    D da =

    Q() = in eingeschlossene Ladung

    da = gesamte OF-Ladung auf

    Die Oberflchenladung auf kompensiert also genau die in eingeschlosseneLadung, so dass die gesamte Anordnung nach auen elektrisch neutral ist. Diegesamte Feldenergie ist somit im Inneren von enthalten.

    (ii) Das so formulierte Randwertproblem ist mathematisch korrekt gestellt. Es gilt derfolgende Existenz- und Eindeutigkeitssatz:

    Satz: Fr C1() mit 0 < c0 (r ), C(), FN C() mit

    FNda =

    d3r hat [Neu-RWP] eine bis auf

    eine additive Konstante eindeutig bestimmte klassische Lsung C2() C1()

    (iii) Ein mit dem Neumannschen-RWP eng verwandtes Problem bietet die in 1.5.2.1bereits betrachtete Mehrelektroden - Kondensatoranordnung, wobei aber nun dieauf den Elektroden l befindlichen Gesamtladungen Ql vorgegebenen werden.Das Randwertproblem besteht also darin, zu gegebenen Ladungen(Q0, Q1, Q2,...,QN) RN+1 auf den Elektroden das elektrische Potential (r ) imDielektrikum zu bestimmen. Die Lsbarkeitsbedingung (1.69) lsst sich hierbei

    als LadungsneutralittsbedingungNl=0

    Ql= 0 ausdrcken.

    In Kurzform lautet die Problemstellung:

    [Q-RWP] div() = 0 in und l

    n

    da=Ql frl= 0, 1,...,N (1.70)

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    1.5.2 Klassifikation der Potential-Randwertprobleme 41

    folgende gemischte Randbedingung fr das elektrische Potential:

    IKlemme= j n = n

    (!)=

    in Klemmed

    =el(in Klemme) (1.71)

    wobei

    d =el als bergangsleitwert bezeichnet wird und Klemme einen vorge-

    gebenen Wert besitzt. Durch Division mit erhlt man aus (1.71) die blicheForm einer gemischten Randbedingung fr auf der bergangsflche :

    el

    +n

    = el

    hel 0

    Klemme auf(1.72)

    Mit dem bergangskoeffizientenhel:= el

    lsst sich diese noch krzer formulieren:

    n =hel(Klemme ) auf (1.73)

    Man beachte, dass der bergangskoeffizient hel eine positive Gre ist; dies ge-whrleistet, dass der Klemmenstrom in Richtung des elektrischen Feldes fliet undstellt eine Lsbarkeitsbedingung fr das gemischte Randwertproblem dar!

    Mit Hilfe des bergangskoeffizienten kann man zwischen Dirichletschen und Neu-mannschen Randbedingungen interpolieren:

    Fr hel = 0 folgt die homogene Neumann-Randbedingung

    n= 0 (isolierender

    Rand),fr hel folgt die Dirichlet-Randbedingung = Klemme (idealer ohmscherKontakt).

    (iii) Als zweites Beispiel betrachten wir den Wrmetransport durch Wrmeleitung in

    einem Festkrper. Die Wrmestromdichte JQ fliet dabei in Richtung des negati-ven Gradienten der Temperatur T:

    JQ= T (1.74)

    wobei die spezifische Wrmeleitfhigkeit bezeichnet. Dieses Fouriersche Gesetzder Wrmeleitung ist das thermische Analogon zum Ohmschen Gesetz.

    Die thermische Energie gehorcht einer Bilanzgleichung der allgemeinen Form (1.25);bei stationrem Wrmefluss lautet sie:

    div JQ= Q (1.75)

    wobei Q(r ) die lokale Wrmeproduktionsrate (Heizleistungsdichte) bezeichnet.

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    1.5.2 Klassifikation der Potential-Randwertprobleme 43

    Mit dem normierten Wrmebergangskoeffizienten hth:= K

    lsst sich diese Rand-

    bedingung noch kompakter formulieren:

    Tn

    =hth(Text T) auf (1.79)

    Man beachte, dass auch in diesem Fall der bergangskoeffizient hth eine positiveGre ist; dies gewhrleistet, dass der Wrmestrom von der hheren zur niedri-geren Temperatur fliet und stellt eine Lsbarkeitsbedingung fr das gemischteRandwertproblem dar!

    Mit Hilfe des Wrmebergangskoeffizienten kann man auch hier zwischen zwei ex-tremen Situationen interpolieren:

    Frhth = 0 folgt die homogene Neumann-Randbedingung

    T

    n = 0 (vllige ther-mische Isolation),frhth folgt die Dirichlet-Randbedingung T =Text (Anschluss an ein Wr-mereservoir (Wrmesenke) mit fester TemperaturText).

    (iv) Die generische Kurzform eines gemischten Randwertproblems (oder Randwert-problems dritter Art) lautet somit folgendermaen:

    Sei R3 ein Normalgebiet (zusammenhngend, beschrnkt, mit lipschitz-stetigemRand ). Finde eine Lsung des Problems

    [Mix-RWP] div() = auf und

    n+ h

    =F auf (1.80)

    Aus physikalischen und mathematischen Grnden ist hierbei zu fordern:

    >0 und h 0

    (v) Das oben formulierte Randwertproblem ist mathematisch korrekt gestellt. Es gilt

    der folgende Existenz- und Eindeutigkeitssatz:

    Satz: Fr C1() mit 0 < c0 (r ), C(), h C() mith 0, h= 0, und F C() hat [Mix-RWP] eine eindeutigbestimmte klassische Lsung C2() C1().

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    44 1.5 Das Randwertproblem der Potentialtheorie

    1.5.3 Analytische Lsungsverfahren fr die Poissongleichung

    Um ein auf der Poissongleichung basierendes Randwertproblem konkret zu lsen, gibt es

    neben computergesttzten numerischen Techniken auch traditionelle analytische Verfah-ren, die -fr hinreichend einfache Geometrien- eine explizite Lsung liefern. Im folgendensoll fr drei dieser Verfahren ein kurzer Abriss gegeben werden.

    1.5.3.1 Orthogonalentwicklung nach Eigenfunktionen des Laplace-Operators(Spektraldarstellung)

    (i) Wir legen (exemplarisch) folgende Problemstellung zugrunde:Wir betrachten ein Normalgebiet R3, das aus dielektrischem Material der Per-mittivitt C1() besteht, mit 0< c0(r ). Der Rand besteht aus Teilen(D), auf denen das Potential vorgegebenen ist (Dirichletsche Randbedingung:|(D) = D), und davon disjunkten Teilen (N), auf denen die Oberflchenla-dungsdichte Nund damit die Normalenableitung des Potentials vorgegeben ist

    (Neumannsche Randbedingung:

    n

    (N)

    =N). Damit die Lsung der Poisson-

    gleichung eindeutig ist (vgl. 1.5.2.2), muss zumindest auf einem Teil des Randes

    das Potential gegeben sein, d.h. (D)

    = .In Kurzform lautet die Problemstellung dieses gemischten Randwertproblems so-mit:

    [M-RWP] div() = in

    mit |(D) = D und

    n

    (N)

    =N,

    wobei = (D) (N),(D) (N) = ,(D) =

    (1.81)

    Um die eindeutige Lsung dieses Randwertproblems zu konstruieren, gehen wir indrei Schritten vor.

    (ii) Lsungsschritt 1:Man konstruiere zunchst eine auf definierte, hinreichend glatte Funktion(0) C2() C1(), welche die inhomogenen Randbedingungen erfllt:

    (0)(D)

    = D und(0)

    n

    (N)

    =N.

    Fr die Lsung von [M-RWP] macht man dann den Ansatz = (0) +.Die Funktion ist dann eine Lsung des modifizierten Randwertproblems mit

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    1.5.3 Analytische Lsungsverfahren fr die Poissongleichung 45

    homogenen Randbedingungen:

    div () = div

    (0)

    =: f in

    |(D) = 0, n (N)

    = 0 (1.82)

    (iii) Lsungsschritt 2:Die Lsung des Randwertproblems (1.82) kann man aus den Eigenfunktionenb(r ) und Eigenwerten C des Differentialoperators div( . ) aufbauen.Letztere sind die Lsungen des Eigenwertproblems

    div(b) = b inmit b|(D) = 0 und

    bn

    (N)

    = 0(1.83)

    Fr beschrnkte, zusammenhngende Gebiete mit glattem Rand (Normalgebie-te) haben Eigenwerte und Eigenfunktionen folgendene Eigenschaften:

    a) Das Spektrum{| = 1, ...,} ist diskret und alle Eigenwerte sind striktpositiv:>0. Man kann sie als aufsteigende Folge 0 < 123. . .anordnen.

    b) Die Eigenfunktionen {b}Nknnen orthonormal im Funktionenraum L2()gewhlt werden. Hierbei ist das Skalarprodukt zweier Funktionen f, g L2()definiert als

    < f|g >:=

    f(r )g(r ) d3r (1.84)

    Die orthonormierten Eigenfunktionenberfllen also die Bedingungen

    < b|b> =

    b(r )b(r ) d

    3r= (1.85)

    mit dem Kroneckerschen Deltasymbol .

    c) Die Eigenfunktionen {b}Nsindvollstndig; d.h. jede Funktion L2()lsst sich bezglich des Skalarproduktes (1.84) nach b1, b2, b3, . . .entwickeln:

    ==1

    bmit=< b| > (1.86)

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    1.5.3 Analytische Lsungsverfahren fr die Poissongleichung 49

    (iv) Als einfaches Beispiel wollen wir die Spektraldarstellung der Greenfunktion frden Quader = (0, L1) (0, L2) (0, L3) mit homogenen Dirichletbedingungenund konstanter Permittivitt = const. berechnen. Das Randwertproblem lautetin diesem Fall:

    =1

    f=:fin mit |= 0 (1.92)

    Die Geometrie des Problems legt es nahe, die Eigenfunktionen in kartesischenKoordinaten r =x1e 1+ x2e 2+ x3e 3 zu bestimmen und einen Separationsansatz

    b(r ) = b1(x1) b2(x2) b3(x3)

    zu machen.

    Wegen = 2

    x21+

    2

    x22+

    2

    x23lautet dann das Eigenwertproblem:

    b= b1b2 b3 b1 b2b3 b1 b2 b3 != b1 b2 b3Hieraus folgt durch Division mitb1 b2 b3:

    b1(x1)

    b1(x1)b

    2(x2)

    b2(x2)b

    3(x3)

    b3(x3)= R

    Da jeder der Summanden nur von einer der Koordinatenx1, x2, x3alleine abhngt,muss er fr sich eine Konstante sein:

    b1(x1)

    b1(x1)=1; b

    2(x2)

    b2(x2)=2; b

    3(x3)

    b3(x3)=3

    Damit gengt jede Funktion bi(xi) der Differentialgleichung

    bj (xj) +jbj(xj) = 0 (j= 1, 2, 3)

    Deren allgemeine Lsung lautet

    bj(xj) = Ajsin(kjxj) + Bjcos(kjxj) mitkj =

    j

    Um die Randbedingungen auf zu erfllen, muss gelten:

    bj(0) = 0 Bj = 0

    bj(Lj) = 0 kjLj =nj mitnj N

    Damit giltkj =nj/Lj (nj N). Die Eigenwerte sind dann

    n1n2n3 =1+ 2+ 3=n1

    L1

    2+n2

    L2

    2+n3

    L3

    2(1.93)

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    50 1.5 Das Randwertproblem der Potentialtheorie

    und die Faktoren der Eigenfunktionen lauten:

    bj(xj) = Ajsin

    nj

    Ljxj

    (1.94)

    Die Normierung der Eigenfunktionen erfolgt faktorweise:

    1 !=

    Lj0

    bj(xj)2 dxj =A

    2j

    Lj0

    sin2

    nj

    Ljxj

    dxj =A

    2j

    Lj2

    woraus folgt:

    Aj =

    2

    Lj

    Damit lauten die Eigenfunktionen:

    bn1n2n3(r ) = (2)

    32

    L1L2L3

    3j=1

    sin

    nj

    Ljxj

    ; nj N

    (1.95)

    Die Greenfunktion ist schlielich gegeben als

    G(r , r ) = n1,n2,n3N bn1n2n3(r ) 1

    n1n2n3bn

    1n2n3

    (r ) (1.96)

    Eingesetzt in Gl. (1.89) erhlt man eine Darstellung der Lsung des RWP (1.92)als diskrete Fourier-Reihe.

    1.5.3.3 Konstruktion der Greenfunktion mit Hilfe der Spiegelladungsmethode

    (i) Eine rein geometrische Konstruktion der Greenfunktion leistet die Spiegelladungs-methode, wenn das betrachtete Gebiet von einer oder einigen wenigen ebe-nen leitenden Randflchen begrenzt wird (z.B. Halbraum oder Winkelraum). Aus-gangspunkt ist hierbei die Greenfunktion zur Poissongleichung im unbeschrnktenhomogenen Raum = R3, die sogenannte Vakuum-Greenfunktion.

    (ii) Herleitung der Vakuum-Greenfunktion:Eine PunktladungQ beir 0erzeugt im unbeschrnkten Raum mit konstanter Per-mittivitt0 das Potential

    (r ) =Q

    0 1

    4 1|r r 0| (1.97)

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    1.5.3 Analytische Lsungsverfahren fr die Poissongleichung 51

    Dieses erfllt im Unendlichen die homogene Dirichlet-Randbedingung

    lim|r |

    (r ) = 0 (1.98)

    Dies bedeutet, dass das Coulomb-Potential (1.97) die Poissongleichung (im Distri-butionssinn) lst:

    div(0) = Qr

    1

    4

    1

    |r r 0|

    = Q (r r 0) Punktladungsdichte

    (1.99)

    Durch Vergleich mit (1.91) erkennt man, dass

    GVac(r , r) =

    1

    40

    1

    |r r

    | (1.100)

    die Greenfunktion zur Poissongleichung in = R3 mit der Randbedingung (1.98)darstellt. Das heit, dass (im Sinne einer Distributionsableitung) gilt:

    r

    1

    41

    |r r |

    = (r r ) (1.101)

    In der Tat wird die Poissongleichung = 0

    im gesamten R3 gelst durch das

    Coulomb-Integral

    (r ) =R3

    GVac(r , r)(r ) d3r =

    1

    40

    R3

    (r )

    |r r |d3r (1.102)

    (iii) Aus der Vakuum-Greenfunktion (1.100) lsst sich die Greenfunktion fr den Halb-raum mit ideal leitendem Rand konstruieren (siehe Abb. 1.14).

    Das dielektrische Gebiet ist der Halbraum

    = H:= {r =r ||+ zn| r || n = 0; z >0},

    dessen Rand von der Ebene

    H= {r =r ||| r || n = 0; z= 0}

    gebildet wird. Hierbei istn der Normalenvektor der Ebene H. Die Permittivittsei im Halbraum Hkonstant. Der unterhalb der Randflche liegende Halbraumz 0 sei ein (idealer) metallischer Leiter, der zusammen mit der Ebene H einquipotentialgebiet mit konstantem Potential bildet, das auf den Wert (r ) = 0

    gesetzt werden kann. Um die Greenfunktion fr den Halbraum Hzu bestimmen,wird eine Punktladung Q an den Ort r Q H gesetzt und das von Q erzeugtePotential bestimmt.

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    52 1.5 Das Randwertproblem der Potentialtheorie

    Reales Problem Ersatzproblem

    . 0const

    Ebene H

    0

    r

    x

    H

    Qr

    Qr

    x

    n

    Qr Q

    *H

    r

    n

    Q

    Q

    metallischer Halbraum

    Abbildung 1.14: Punktladung vor metallischem Halbraum

    Statt dieses reale Problem zu lsen, betrachten wir aber ein Ersatzproblem, indemwir das Dielektrikum ber Hhinaus nach unten fortsetzen (mit gleicher Permit-tivitt wie inH). In dieses virtuelle Dielektrikum wird am Punktr Q, der durchSpiegelung des Punktesr Qan der EbeneHentsteht, eine virtuelle GegenladungQ plaziert. Ladung und Gegenladung erzeugen im Halbraum Hdas elektrischePotential

    H(r ) = Q

    4

    1|r r Q|

    1|r r Q|

    frr H (1.103)

    Dieses Potential zum Ersatzproblem stimmt im Halbraum H mit dem Potentialdes realen Problems berein. Denn es erfllt zum einen die Poissongleichung in Hmit der Ladung Qam Ortr Q als Quelle, da mit (1.101) gilt:

    div( H) = Q r

    1

    4

    1

    |r r Q|

    Q r

    1

    4

    1

    |r r Q|

    = Q (r r Q) + Q (r r Q) = 0 frr H

    (Man beachte: Da fr r Hstetsr=r Q gilt, liefert die zweite Deltafunktion inHkeinen Beitrag.)Zum anderen erfllt Hauch die Randbedingung aufH:Frr Hgilt|r r Q| = |r r Q|, und damit ist H(r ) = 0 frr H.

    DieGreenfunktion fr den Halbraum GH(r , r) erhalten wir aus Gl. (1.103),

    indem wirQ = 1 undr Q=r

    setzen. Bezeichnen wir die Spiegelung an der EbeneHmitS:r =r ||+ zn r =Sr :=r || zn

  • 7/21/2019 Emf Skript Ws1112

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    1.5.3 Analytische Lsungsverfahren fr die Poissongleichung 53

    so lautet die Greenfunktion

    GH(r , r) =

    1

    4

    1

    |r

    r

    | 1

    |r

    Sr

    |

    (1.104)

    Fr beliebige Ladungsverteilungen (r ), r H ist

    (r ) =H

    GH(r , r)(r ) d3r (1.105)

    die Lsung des Potentialproblems in H. Explizit lautet dieses Integral

    (r ) = 1

    4 H(r )

    |r r

    |d3r

    H(r )

    |r Sr

    |d3r

    (siehe Abb. 1.15)

    Reales Problem Ersatzproblem

    Metall

    ( )r

    0

    H

    gespiegelt

    ( )r

    *( )r

    Abbildung 1.15: Ladungsspiegelungsprinzip beim Halbraum-Problem

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    54 1.5 Das Randwertproblem der Potentialtheorie

    (iv) In analoger Weise lsst sich die Spiegelladungsmethode auf einen Viertelraum(90- Winkelraum) mit metallischer Begrenzung anwenden (Abb. 1.16).

    ErsatzproblemReales Problem

    r const.= 0

    Q

    W

    Q

    y

    x

    -Q+Q

    -Q

    W

    Qr

    O O

    Qr1 QS r

    2 Q

    S r

    3 QS r

    Abbildung 1.16: Punktladung vor metallischem 90- Winkelraum

    Der Viertelraum Whabe eine konstante Permittivitt . Zwei Halbebenen bilden

    den RandW, auf dem das Potential der Randbedingung W= 0 gengen muss.Um diese zu erfllen, wird die reale Punktladung Q am OrtrQ dreimal gespiegeltan die Punkte S1r Q, S2r Q und S3r Q mit der LadungQ, +Q undQ (sieheAbb. 1.16). Das Potential zum Ersatzproblem lautet dann:

    W(r ) = Q

    4

    1

    |r r Q| 1

    |r S1r Q|+

    1|r S2r Q|

    1|r S3r Q|

    frr W

    (1.106)

    Es stimmt im WinkelraumWmit dem Potential des realen Problems berein, wieman analog zum Halbraumproblem beweisen kann. Insbesondere erfllt W dieRandbedingung W(r ) = 0 fr r W, weil sich fr r W jeweils zwei dervier Terme in Gl. (1.106) paarweise kompensieren.Die Greenfunktion fr den Winkelraum GW(r , r

    ) erhlt man aus Gl. (1.106),indem manQ= 1 undr Q=r

    setzt. Sie lautet

    GW(r , r) =

    1

    4

    3

    n=0(1)n

    |r

    Snr

    | (1.107)

    wobei S0r =r die identische Abbildung bezeichnet.

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    58 1.5 Das Randwertproblem der Potentialtheorie

    also

    t =

    mit

    = constans (1.120)

    Wird der elektrisch neutrale stationre Gleichgewichtszustand durch eine loka-

    le Ladungsfluktuation (t, r ) gestrt, so folgt durch zeitliche Integration von(1.120):

    (t, r ) = (t0, r )expt t0

    R

    (1.121)

    wobeiR:=

    (1.122)

    alsdielektrische Relaxationszeitbezeichnet wird.

    Typische Werte frR sind:

    Metall:R 1015 s = 1fs

    Halbleiter:R 1012 . . . 104 s

    Isolator:R= 104 . . . 106 s 10 Tage

    (ii) Quasistationre NherungIn einem Metall ist die Relaxationszeit so kurz, dass alle zeitlichen Vorgnge, diefr die technische Anwendung von Interesse sind (Schalten, Ladungsverschiebung

    etc.), langsam ablaufen im Vergleich zu R. Deshalb kann man auf der technischrelevanten Zeitskala ( s,ns) die Ausbildung einer Raumladung meistens vernach-lssigen:

    t 0 (1.123)

    Dies nennt man quasistationre Nherung.

    1.5.4.4 Randwertproblem fr stationre Ohmsche Strmungsfelder

    Gem der Ladungserhaltungsgleichung (1.108) bleibt in der quasistationren Nherungnur noch das stationre Strmungsproblem

    div j = 0 (1.124)

    zu lsen. Mit dem Ansatz (1.119) einer Potentialstrmung gelangen wir so zu einerhomogenen Poissongleichung fr das elektrische Potential:

    div((r )) = 0 (1.125)

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    60 1.5 Das Randwertproblem der Potentialtheorie

    gleichung) auf jedes der vier genannten Problemfelder in analoger Weise anzuwenden.

    Aus der mathematischen Struktur der feldtheorethischen Beschreibung lsst sich ei-ne Netzwerkbeschreibung mit konzentrierten Netzwerkelementen ableiten. Das Ergeb-

    nis ist ein Kirchhoffsches Netzwerk mit geeignet gewhlten Across-Gren (Knoten-Potentialen) und Through-Gren (Zweigstrmen), die den Kirchhoffschen Gesetzen(Knoten- und Maschenregel) gengen. Die in der Tabelle aufgelisteten Korrespondenzenermglichen es, elektrische Netzwerke auf magnetische Kreise, dielektrische Netzwerkeoder thermische Netzwerke in analoger Weise abzubilden und damit die Methoden derNetzwerktheorie gleichermaen anzuwenden.

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    1.5.5 Korrespondenz 61

    E

    lektrostatik

    stationre

    elekt.Strmungen

    Mag

    netostatik

    stationrerWrmefluss

    Kontinuumsdarstellung

    Korrespond

    .Feldgren

    (D,,

    E)

    (j,,

    E)

    (B

    ,,

    H)

    (JQ,,

    T)

    (Cont)

    divD

    =

    d

    ivj

    =0

    divB

    =0

    divJQ

    =Q

    (Pot)

    rotE

    =0

    rotE

    =0

    rotH

    =j(=0)

    rotT

    =0

    treibendeKraft

    E

    =el

    E

    =el

    H=

    mag

    T

    Flussgre

    D

    =el

    j=el

    B=

    mag

    JQ

    =T

    (Pot)in(Cont)

    div

    (el)=

    div(el)=

    0

    div(mag

    )=

    0

    div(T)=

    Q

    Netzwerkdarstellung

    Across-Gre

    elektrische

    elektrische

    ma

    gnetische

    Temperatur

    geflleT

    S

    pannungU

    Sp

    annungU

    Spa

    nnungVm

    U

    =+ el

    el

    U=

    + el

    el

    Vm

    =+m

    ag

    mag

    T=The

    iss

    Tkalt

    Through-Gre

    d

    ielektrischer

    elektrischer

    magnetischer

    Wrme

    strom

    Fluss

    Strom

    Fluss

    D

    = A

    D

    da

    I

    = Ajda

    B

    = A

    B

    da

    Q=

    A

    JQ

    da

    linearesMaterialgesetz

    U

    =RD

    D

    U

    =RelI

    Vm

    =Rm

    B

    T=Rth

    Q

    Kirchhoffsches

    d

    ielektrisches

    elektrisches

    magnetischer

    thermisches

    Netzwerk

    Netzwerk

    N

    etzwerk

    Kreis

    Netzwerk

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    63

    2 Modellierung elektromagnetischerVorgnge in technischen Systemenmit Kompaktmodellen

    2.1 Flusserhaltende Diskretisierung mit KirchhoffschenNetzwerken

    Fr viele technische Anwendungen (Gerte, Schaltungen, ...) ist eine kontinuumstheore-tische Beschreibung mit Hilfe der Maxwellschen Feldtheorie viel zu aufwendig, um ihreFunktion praxisrelevant darzustellen. Stattdessen gengt eine vereinfachte Modellierungmit sehr viel weniger Zustandsvariablen (typischerweise Klemmenspannungen und Str-men in quivalenten Netzwerken). Durch eine derartige Ordnungsreduktion drfenaber die zugrundeliegenden physikalischen Prinzipien und Gesetze nicht verletzt werden.

    So muss beispielsweise eine Netzwerkdarstellung mit Kompaktmodellen fr die Netzwer-kelemente die Erhaltungsstze fr Ladung und Energie exakt erfllen; man spricht dannvon einer flusserhaltenden Diskretisierung.

    2.1.1 Generelle Modellannahmen

    Damit eine Systembeschreibung mit Hilfe von Kompaktmodellen in einem quivalentenNetzwerk eine physikalische Grundlage hat, mssen einige Voraussetzungen gegebensein:

    (i) Das technische System besteht aus rumlich begrenzten Funktionsblcken,die ber wohldefinierte lokalisierte Schnittstellen (z.B. leitende Verbindungenoder gefhrte elektromagnetische Felder) miteinander wechselwirken.

    (ii) Die elektrischen und magnetischen Felder sind nur quasistationr zeitvernder-lich, d.h. sie werden ohne Retardierungseffekt von Klemmenstrmen und -span-nungen zeitgleich gesteuert. Dies impliziert, dass keine elektromagnetische Wellen-ausbreitung in und zwischen den Funktionsblcken stattfindet (Konzentriertheits-hypothese). Eine hinreichende Bedingung hierfr ist (vgl. 3. Kapitel):

    Wellenlnge der EM-Welle Abmessung des Systems d

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    64 2.1 Flusserhaltende Diskretisierung mit Kirchhoffschen Netzwerken

    Rechnet man diese Bedingung mit Hilfe der Beziehung c=(Lichtgeschwindig-keitc= 3 108m

    s) auf die Frequenzder Welle um, so findet man die Werte:

    Frequenz 50Hz 300kHz 100MHz 1GHz 1THzWellenlnge 6000km 1km 3m 30cm 0,3 mm

    2.1.2 Feldtheoretische Beschreibung der Quasistationaritt

    (i) Wir nehmen vereinfachend ein Medium mit konstanter Permittivitt und Permea-bilitt an. Das elektromagnetische Feld wird in PotentialdarstellungE =

    tA und B = rot A mit Coulombeichung div A = 0 dargestellt

    (vgl. Abs. 1.3.2):Dann gilt (vgl. (1.44) und (1.45)):

    div D = =

    (2.1)

    rotH = j +D

    t A

    2A

    t2 =

    j

    t()

    (2.2)

    Die Ausbildung elektromagnetischer Wellen wird unterdrckt, indem in Gl. (2.2)

    der Term 2

    t2 A = 0 gesetzt wird. Dies entspricht einer Nherung des Ver-schiebungsstromes

    D

    t =

    t

    () +2A

    t2

    t

    () (2.3)

    d.h. der magnetisch induzierte Anteil wird vernachlssigt!

    (ii) Als Konsequenz dieser Nherung gengen die elektromagnetischen Potentiale (,A )nunmehr den Bestimmungsgleichungen

    (r , t) = 1

    (r , t) (2.4)

    A (r , t) = j(r , t)

    t((r , t))

    (2.5)

    Dies bedeutet:

    (,A ) und damit ( E , B ) sind nur noch vom momentanen zeitlichen Wert

    der Quellgren(r , t) undj(r , t) (sowie der Randwerte) abhngig

    alle Feldgren sind quasistationr!

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    2.1.3 Synthese von Netzwerkmodellen aus funktionalen Blcken 65

    (iii) Die quasistationre Nherung (2.4)/(2.5) ist vertrglich mit dem Ladungserhal-tungssatz. Denn wegen der Coulomb-Eichung div A = 0 gilt:

    0 = (div A ) = div( A ) =

    divj

    t()= divj +

    t ,also

    divj +

    t = 0 (2.6)

    2.1.3 Synthese von Netzwerkmodellen aus funktionalen Blcken

    Ziel der Kompaktmodellierung (oder Makromodellierung) ist es, eine feldtheoretisch

    beschriebene Struktur mit realer dreidimensionaler Geometrie durch ein quivalentesKirchhoffsches Netzwerk so darzustellen, dass die Funktion der Struktur in ihrem Klem-menverhalten realittsgetreu wiedergegeben wird.

    Kirchhoffsches Netzwerk

    Reale 3DStruktur

    Kontinuums-modelle

    Kompakt-Modellierung

    Abbildung 2.1: Kompaktmodellierung

    Hierzu sind die im Folgenden beschriebenen Voraussetzungen ntig.

    2.1.3.1 Funktionale Blcke

    Wir nehmen an, dass sich das zu modellierende System aus rumlich begrenzten funk-tionalen Blcken aufbauen lsst, die als mehrpolige elektrische Bauelemente dar-gestellt werden knnen.Das bedeutet:

    Ladungsaustausch (Stromfluss) mit anderen Bauelementen erfolgt ber disjunkte,lokalisierte RandflchenA1,..,AN(N 2) (=KontakteoderKlemmen)

    Kontakte sind quipotentialflchen (-gebiete). Daher ist es sinnvoll, Klemmen-potentialek= |Ak (k= 1,...,N) zu definieren.

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    2.1.3 Synthese von Netzwerkmodellen aus funktionalen Blcken 67

    2.1.3.2 Erstellung eines Kirchhoffschen Netzwerkes

    (i) Die elektrische Verknpfung der Kompaktmodelle der Bauelemente zu einem Sy-

    stemmodell (Schaltung bzw. Netzwerk) geschieht ber Knotenund Zweige.

    2K

    r

    j

    1KK

    2K

    KI

    2 ,I K K 1,I K K

    1KK

    A B

    A B

    KnotenK

    2K

    Kr

    1K

    r

    Abbildung 2.2: bergang vom Kontinuumsmodell zu einer diskreten Netzwerk-beschreibung

    Auch hierfr mssen gewisse Voraussetzungen in der realen Bauelementstrukturerfllt sein.

    (ii) Erforderliche Eigenschaften von (physikalischen) Knoten:

    Ein Knoten ist eine ideal leitende Verbindung zwischen MKontakten. Freinen echten Knoten mit Stromverzweigung giltM 3. Ein Knoten ist einquipotentialgebiet; daher kann ihm ein definierter Potentialwert K zuge-ordnet werden.Notation:K:= Menge aller Knoten im Netzwerk

    Knoten sind zumeist ladungsneutral. Fr die auf einem Knoten gespeicherteLadung QKgilt:QK= 0 fr K K

    Eine Ausnahme bilden speichernde Knoten (= Elektroden) in mehrpoligenkapazitiven Speicherelementen. Diese knnen eine Ladung QK= 0 tragen(vgl. Abs. 2.2), wenn gleichzeitig andere Elektroden die Gegenladung tragen:

    KK

    QK= 0 (2.10)

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    68 2.1 Flusserhaltende Diskretisierung mit Kirchhoffschen Netzwerken

    (iii) Erforderliche Eigenschaften von Zweigen:

    Gerichtete Zweige (K1, K2)

    K Kbezeichnen einen mglichen Strompfad

    vom KnotenK1 zum KnotenK2.Notation:Z:= Menge aller Zweige im Netzwerk K K

    Der in Bauelementen und Verdrahtung rumlich verteilt flieende Strom j(r , t)wird als linienfrmig konzentrierter, gerichteterZweigstromI(K1, K2) fluss-erhaltend zwischen den Knoten K1 undK2 transportiert. Dies ist eine Kon-sequenz des Klemmenstrom-Erhaltungssatzes (2.8) und der KirchhoffschenKnotenregel.

    Jedem Zweig (K1, K2) Zmuss man eine am Zweig anliegende gerichteteZweigspannung

    U(K1, K2) :=

    K2K1

    E dr (2.11)

    zuordnen knnen. Da das elektrische Feld E = t

    A neben dem

    Gradientenfeld auch das magnetisch induzierte Wirbelfel Eind = t Aenthlt, hngt die induzierte Spannung

    Uind(K1, K2) :=

    K2K1

    Eind dr = K2K1

    A

    t dr (2.12)

    von der Wahl des physikalischen Integrationsweges von K1 nach K2 ab(= Strompfad des Zweigstromes). Nur wenn dieser eindeutig festliegt (z.B.linienfrmige Leiterschleife vonK1 nachK2), istUind(K1, K2) eindeutig defi-niert und ein Netzwerk-Ansatz zulssig. In diesem Fall gilt:

    U(K1, K2) = K2K1

    drK2K1

    A

    t dr

    = K1

    K2+ Uind(K1, K2)

    (2.13)

    Ohne Induktionseffekt gilt die vereinfachte Darstellung

    U(K1, K2) = K1 K2 (2.14)

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    2.1.3 Synthese von Netzwerkmodellen aus funktionalen Blcken 69

    2.1.3.3 Kirchhoffsche Knotenregel

    Fr einen Knoten K K seiN(K) ={K K | (K, K) Z} die Menge seinerNachbarknoten im Netzwerk.

    1,I K K 2,I K K

    3,I K K

    , NI K K

    1,A K K

    2,A K K

    3,A K K

    , NA K K

    K

    Abbildung 2.3: Realer physikalischer Knoten in einem Netzwerk

    Wird der reale physikalische Knoten K in ein Kontrollvolumen V eingeschlossen, so

    strmen durch dessen Hllflche V die Zweigstrme I(K, K

    ) zu den NachbarknotenK N(K) durch disjunkte Teilflchenstcke A(K, K) V:

    I(K, K) =

    A(K,K)

    j n da (n = uere Normale) (2.15)

    Bei ladungsspeichernden Knoten ist

    QK(t) =V

    (r , t) d3r

    die im Knoten befindliche elektrische Ladung.Wegen des Ladungserhaltungssatzes div j +

    t= 0 folgt:

    dQKdt

    =V

    td3r=

    V

    div jd3r= V

    j da = KN(K)

    A(K,K)

    j da = KN(K)

    I(K, K),

    also KN(K)

    I(K, K) = dQKdt (2.16)

    (Kirchhoffsche Knotenregel fr speichernde Knoten)

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    70 2.1 Flusserhaltende Diskretisierung mit Kirchhoffschen Netzwerken

    Bei nichtspeichernden Knoten gilt die vereinfachte Version:

    KN(K)

    I(K, K) = 0 (2.17)

    (Kirchhoffsche Knotenregel fr nichtspeichernde Knoten)

    2.1.3.4 Kirchhoffsche Maschenregel

    Eine Masche (oder Schleife)M ist eine geschlossene Knotenfolge lngs Zweigen imNetzwerk (Abb. 2.4):

    M=

    {(K0, K1), (K1, K2), ..., (KN1, KN), (KN, K0)

    }

    0 1NK K

    X

    X

    X

    X X

    2 3U K K

    NK

    1K2K

    3K

    Abbildung 2.4: Masche in einem Kirchhoffschen Netzwerk

    Im realen physikalischen System entspricht einer Masche eine geschlossene Kurve, dielngs physikalischer Strompfade (=Zweige) ber die physikalischen Knoten fhrt. Zumelektrischen Feld entlang der Masche E =

    t

    A trgt gegebenenfalls auch das

    magnetisch induzierte Wirbelfeld Eind = t A bei.

    Das Linienintegral ber Eentlang der physikalischen Masche ergibt abstrakt im Netz-werk:

    M

    E dr =N

    j=0

    Kj+1Kj

    E dr =N

    j=0

    U(Kj, Kj+1),

    wobei KN+1:= K0 gesetzt wird.

    Andererseits gilt in der realen Struktur:M

    E dr = M

    dr +M

    Eind dr = 0 + Uind(M)

  • 7/21/2019 Emf Skript Ws1112

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    71

    mit der in der Masche induzierten Spannung

    Uind(M) =M

    Eind dr = ddt

    M

    Adr

    (2.18)

    Damit gilt:

    Nj=0

    U(Kj, Kj+1) = Uind(M) (2.19)

    (Kirchhoffsche Maschenregel mit eingeprgter (induktiver) Spannungsquelle)

    NB! (2.19) ist nur dann sinnvoll in einem Netzwerk anwendbar, wennUind(M) durch kon-zentrierte Bauelemente (wie z.B. Spulen) erzeugt wird, deren Verhalten allein durch dieZweigstrme I(K, K) und Zweigspannungen U(K, K) im Netzwerk modelliert werdenkann (vgl. Abs. 2.3).

    2.2 Kapazitive Speicherelemente

    Das Konzept der Kompaktmodellierung soll im Folgenden an energiespeichernden Bau-elementen wie Kondensator- oder Spulenanordnungen konkret angewandt werden.

    2.2.1 Kondensatoranordnungen (Geometrie und Randwertproblem)

    (i) Randwertproblem:Wir betrachten eine Mehrelektroden-Kondensatoranordnung wie in 1.5.2.1 (iii)

    dargestellt: Leitende Gebiete l(l= 0, . . . , N ) schlieen ein dielektrisches Gebiet ein.l sind quipotentialflchen mit den Potentialwerten Vl.

    Das Dielektrikum zwischen den Elektrodenlsei elektrisch neutral, d.h. es trgtkeine Raumladung: = 0. Die Aufgabe besteht darin, zu gegebenen Potentialwer-ten (V0, V1, . . . , VN) RN+1 auf den Elektroden zunchst das elektrische Potential(r ) und hieraus das elektrische Feld E = im Dielektrikum zu bestim-men, um dann die auf den Elektroden befindlichen Ladungen (Q0, Q1, . . . ,QN)zu berechnen. Als erster Schritt ist also das bereits in (1.67) formulierte Randwert-problem zu lsen:

    [V-RWP] div() = 0 in und |l =Vl (l= 0, 1, . . . , N ) (vgl. (1.67))

  • 7/21/2019 Emf Skript Ws1112

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    72 2.2 Kapazitive Speicherelemente

    n

    n

    n

    n

    1

    1

    N

    2

    2

    N

    Abbildung 2.5: Mehrelektroden-Kondensatoranordnung

    (ii) Konstruktion des Potentials aus Grundlsungen:Die Lsung zu [V-RWP] lsst sich als Linearkombination vonN+1 Grundlsungen0(r ), 1(r ), . . . , N(r ) darstellen, die folgendermaen definiert sind:

    div(k) = 0 in und k|l =kl=1 k= l0 k=l (2.20)

    Die Lsung (r ) zu [V-RWP] mit der Potentialvorgabe (V0, V1, . . . ,VN) hat danndie Form

    (r ) =Nk=0

    Vkk(r ) (2.21)

    Beweis: div() = div

    Nk=0

    Vkk

    =

    Nk=0

    Vkdiv ( k)

    0= 0

    |l = Nk=0

    Vkk|l kl

    =Vl q.e.d.

  • 7/21/2019 Emf Skript Ws1112

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    2.2.2 Maxwellsche Kapazittsmatrix 73

    2.2.2 Maxwellsche Kapazittsmatrix

    2.2.2.1 Beziehung zwischen Elektrodenladungen und -potentialen

    (i) Die auf der Elektrode k befindliche Ladung Qk lsst sich mit dem GauschenSatz folgendermaen aus (r ) berechnen:

    Qk=

    k

    D n da=

    k

    n da= Nl=0

    Vl

    k

    nlda

    =: Ckl

    =Nl=0

    CklVl

    Man beachte, dassn hierbei die von kins Innere von weisende Oberflchennor-male aufkbezeichnet (vgl. Abb. 2.5). Wir erhalten somit eine lineare Beziehungzwischen den Elektrodenladungen und -potentialen:

    Qk=Nl=0

    CklVl (2.22)

    wobei

    Ckl:=

    k

    nlda (k, l= 0, . . . , N) (2.23)

    alsMaxwellsche Kapazittskoeffizientenbezeichnet werden. Diese hngen of-fenkundig nur von der Permittivittund der Geometrie der Elektrodenanordnungab.

    (ii) Die KapazittskoeffizientenCkllassen sich auf eine einfachere, symmetrische Formbringen:

    Ckl=

    k l n da=N

    j=0 j k|j kj

    l

    (

    n ) da da

    = k l da=

    div(k l) d3r=

    k ld3r+

    kdiv( l) = 0

    d3r

    wobei hier da = n da das nach auen orientierte Oberflchenelement des Gebietes darstellt.

    Wir erhalten also

    Ckl=

    k ld3r (2.24)

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    74 2.2 Kapazitive Speicherelemente

    Offenkundig ist die Matrix Ckl symmetrisch:

    Ckl= Clk (2.25)

    2.2.2.2 Darstellung der gespeicherten elektrischen Energie

    (i) Mit Hilfe der Kapazittskoeffizienten Ckl lsst sich die in einer Kondensatoran-ordnung gespeicherte elektrische EnergieWeldurch die KlemmenpotentialeVlaus-drcken.

    Nach (1.15) gilt:

    Wel=1

    2

    E E d3r=1

    2

    d3r (2.21)= 12

    Nk=0

    Nl=0

    Vkk lVld3r

    =1

    2

    Nk=0

    Nl=0

    Vk

    k ld3r Vl= 12

    Nk=0

    Nl=0

    Vk Ckl Vl

    Die gespeicherte Energie ist somit ein quadratischer Ausdruck der Klemmenpoten-tiale:

    Wel=12

    Nk,l=0

    Vl Clk Vk=12

    VT C V (2.26)

    mit derMaxwellschen Kapazittsmatrix

    C= (Ckl) =

    C00 C01 C0NC10 C11 C1N

    ... ...

    . . . ...

    CN0 CN1 CNN

    und dem Vektor der Klemmenpotentiale

    V :=

    V0

    V1...

    VN

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    2.2.2 Maxwellsche Kapazittsmatrix 75

    (ii) Die Energie Wel ist stets positiv: Wel0. Daher ist die (wegen (2.25) symmetri-sche) KapazittsmatrixCpositiv semi-definit:

    C= CT undVT C V

    0

    V

    RN+1

    (iii) Fasst man Wel als Funktion der unabhngigen Variablen V = (V0, V1, . . . , V N)T

    auf, so folgt aus (2.26):

    WelVk

    =1

    2

    Nl=0

    CklVl+Nl=0

    VlClk

    (2.25)

    =Nl=0

    CklVl(2.22)

    = Qk

    WelVk =Qk bzw.

    WelV =Q (2.27)

    mit dem Vektor der Elektrodenladungen

    Q:=

    Q0

    Q1...

    QN

    Die lineare Beziehung zwischen Q undV(2.22) lautet dann in Matrixschreibweise

    Q=C V (2.28)

    Differenziert man (2.27) ein weiteres Mal nach V, so erhlt man

    2WelVkVl

    =Ckl bzw. 2Wel

    V V =C (2.29)

    Ist die FunktionWel= Wel(V) bekannt, so kann man also aus (2.29) die Maxwell-sche Kapazittsmatrix durch zweimaliges Differenzieren nach V bestimmen.

    (iv) Da fr ein gegebenes elektrisches Feld E(r ) das dazugehrige elektrische Potential(r ) nur bis auf eine Konstante c R eindeutig bestimmt ist, erzeugen die Po-tentialvorgaben V undV+ c emit e := (1, 1, . . . , 1)T RN+1 dasselbe E-Feld imDielektrikum und damit dieselben Elektrodenladungen Q. Es muss also gelten:

    Q=C V =C(V + c e) = C V + c C e

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    76 2.2 Kapazitive Speicherelemente

    Hieraus folgt:

    C e= 0 bzw.Nl=0

    Ckl= 0 (2.30)

    (d.h. alle Zeilensummen vonCsind Null.)

    Wegen der Symmetrie C= CT gilt dann auch

    eT C= 0 bzw.Nk=0

    Ckl= 0 (2.31)

    (d.h. alle Spaltensummen von Csind Null.)

    Hieraus ergibt sich als wichtige Konsequenz fr die Gesamtladung Qtot =Nk=0

    Qk

    der Kondensatoranordnung:

    Qtot=Nk=0

    Qk= eT Q=eT C

    = 0

    V = 0

    alsoN

    k=0 Qk= 0 (2.32)

    Dies ist die Lsbarkeitsvoraussetzung des zum Randwertproblem [V-RWP] dualenRandwertproblems [Q-RWP] (vgl. (1.70)), bei