Editorial

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EDITORIAL

FussSprungg 2:197–198 (2004)DOI 10.1007/s10302-004-0137-x

Fuß137

EDITORIAL

Liebe Freunde des Fußes,

das Jahr 2004 neigt sich dem En-de zu. Es hat viel Interessantesund Neues, aber auch Bedenk-liches und Unangenehmes ge-bracht.

Die Politik hat sich ein Herzgefasst und in einer realistische-ren Einschätzung der Lage dersozialen Systeme, vor allem aberim Gesundheitswesen, begonnen,die Notbremse zu ziehen. Dies istrichtig, müssen wir doch erken-nen, dass ein „Weiter so“ in ab-sehbarer Zeit zum Kollaps desbisher als freizügig einzuschät-zenden Systems führen wird.

In allen Vergütungssystemendes Gesundheitssystems mussüber eine Korrektur nachgedachtwerden. Der EBM wird Anfang2005 nach intensiver Beratungund immer wieder vorgenomme-nen Änderungen in seiner revi-dierten Form Anwendung finden.Die GOÄ dagegen hat durch eineVerlängerung der sogenanntenKonvergenzphase im DRG-Systemwiederum eine Schonfrist erhal-ten. Ob dies gut oder schlecht ist,kann zurzeit nicht abgeschätztwerden. Dem Bundesgesundheits-ministerium ist hierdurch zu-nächst Zeit eingeräumt worden.Das DRG-System wird 2005 ineiner erneut überarbeiteten Formangewandt werden. Hier scheintsich einen gewisse Entspannungbei der Behandlung der Füße un-ter klinisch, stationären Bedin-gungen abzuzeichnen. BeidseitigeEingriffe und Techniken eineshöheren Schwierigkeitsgrades sol-len besser abgebildet werden.

Durch den § 115 b des Sozial-gesetzbuches V hat der Gesetz-geber den Kliniken den Auftragerteilt, gewisse Eingriffe mehrambulant und weniger stationärzu erbringen. Dies trifft überwie-gend auch die Fußchirurgie. Ein-griffe ambulant zu erbringen war

in der Vergangenheit sehr gutmöglich und wird es auch in derZukunft sein. Eine von den Kos-tenträgern oft unterstellte Verwei-gerungshaltung der Kliniken istnicht zutreffend. Abgelehnt wurdeein Eingriff zu finanziell inakzep-tablen Bedingungen. Dies hat sichin 2004 geändert, so dass der An-teil an ambulant durchgeführtenfußchirurgischen Eingriffen zuge-nommen haben dürfte.

Zugenommen haben aber dieoperativen Behandlungen am Fußinsgesamt. Der Fuß ist lukrativgeworden, nicht nur medizinisch,sondern auch pekuniär. DieKenntnisse um die Erkrankungendes Fußes lassen sich durch dasStudium der Bücher, der Zeit-schriften, durch Kongresse oderHospitationen erwerben oder ver-tiefen. Die D.A.F. bietet ein breitesAngebot, sowohl für die Mitglie-der als auch für andere interes-sierte Therapeuten. Als DeutscheAssoziation für Fuß und Sprung-gelenk können wir einen unge-bremsten Zulauf an Anträgen aufMitgliedschaft feststellen. Mehrals 660 Mitglieder sprechen fürsich. Das Kurssystem hat sich be-währt und wird von anderen Ge-sellschaften kopiert. Die medizi-nische Industrie hat ebenfalls denneuen Markt erkannt. Noch niegab es so viele Anbieter von Pro-dukten rund um den Fuß wie die-ses Jahr. Trotzdem müssen wirObacht geben, dass wir nicht indie gleiche Falle tappen wie ande-re Fachbereiche in der Medizin.Ich denke hier an die ungehemm-te Anwendung von Kreuzband-prothesen vor vielen Jahren, dieüberproportionale Entwicklungder Herzkatheteruntersuchungenvor allem im internationalen Ver-gleich oder die teilweise unkriti-sche Anwendung eines Operati-onsroboters in der Endoprothetik.Die Qualität unserer Behandlungund die kritische Indikationsstel-

lung zur konservativen oder ope-rativen Therapie sollte unseroberstes Ziel sein.

Eine gefährliche Entwicklungbahnt sich mit der Übernahmevon Garantie und Gewährleistungdurch Kliniken im Rahmen derintegrierten Versorgung an. Hiertritt ein Paradigmenwechsel ein,dessen weitreichende Folgen unsderzeit noch nicht bekannt sind.Wenn wir heute mit unserer Leis-tung dem Kostenträger eine Ga-rantie für eine Hüftendoprothese„verkaufen“, dürfen wir uns nichtwundern, wenn wir morgen in al-len anderen Bereichen der medi-zinischen Behandlung eine Ge-währleistung in die Kalkulationeinbeziehen müssen. Dies wirdnicht nur die klinisch tätigen Ärz-te sondern auch die niedergelas-senen Kollegen treffen. Der Be-handlungsvertrag, den wir mitunseren Patienten abschließen,beinhaltet keine Gewähr, dass derErfolg sich einstellen wird. DieFaktoren, die hieran mitwirken,sind zu vielfältig, als dass das Er-gebnis vorhersehbar wird.

Die Zahl der Leistungsanbieterim Gesundheitswesen soll lang-fristig rückläufig sein, sowohl imniedergelassenen Bereich als auchin den Kliniken. Die Ärztekam-mern sehen einen „Ersatzbedarf“von Fachärzten durch Weiterbil-dung in den Krankenhäusern vonhöchstens 25%. Dies bedeutet,dass nur jeder vierte Assistenz-arzt seine Ausbildung abschließensollte und möglicherweise nichtjeder Kassenarztsitz mehr zu be-setzen ist. Die Zahl der Klinikensoll von derzeit 2200 um 600reduziert werden. Zwar hat dieKonsultation eines orthopädi-schen Facharztes im letzten Quar-tal 2003 und ersten Quartal 2004jeweils um 12,3% abgenommen,die Zahl der Behandlungsfällewird langfristig durch die epi-demiologische Entwicklung aber

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198 Fuß & Sprunggelenk, Band 2, Heft 4 (2004)© Steinkopff Verlag 2004

zunehmen. Somit sind neueStrukturen in den Kliniken undPraxen gefordert. Spezialisierungauf einzelne Organsysteme ist dasSchlagwort, der Universalist wirdaussterben. Mindestmengenrege-lung, DRG-System, integrierteVersorgung und Einkaufsmodellsind die Schlagwörter der nahenZukunft.

Der Vorstand sowie der Beiratder D.A.F. hat in den letzten dreiJahren gute Arbeit geleistet. Ichmöchte meinen Mitstreitern, FrauPD Dr. Renée Fuhrmann sowieden Herren Prof. Jerosch, Prof.Hamel, Dr. Schwer, Prof. Küsterund Prof. Hagena herzlich dan-ken. Sie haben ehrenamtlich ei-nen großen Teil ihrer Freizeit ge-opfert, um sich der Sache „Fuß“zu widmen. Es hat viel Freude be-reitet, mit ihnen und den Teilneh-mern der Kurse und der Jahres-

tagung fachlich Probleme undLösungen rund um den Fuß zudiskutieren. Den Gastgebern un-serer Kurse ist zu danken, dennohne die Anatomischen Institutewäre dieses System der Weiter-qualifizierung nicht möglich. DasZertifikat „Fußchirurgie“ ist all-gemein akzeptiert. Die hoheNachfrage nach Kursplätzen gibtuns hier Recht.

Die Tagungspräsidenten derdrei D.A.F.-Jahrestagung habenwertvolle Arbeit bei der Ausrich-tung und Gestaltung der Kongres-se geleistet. Die stetig wachsendeTeilnehmerzahl, auch die derNichtmitglieder, spricht für sich.

Im April 2005 werden wir unszur 11. Jahrestagung in Augsburgtreffen. Prof. Johannes Hamel undDr. Manfred Thomas haben eininteressantes Programm zusam-mengestellt. Die Fuggerstadt ist

sicherlich eine Reise wert, undich möchte Sie bitten, sich dasDatum 15./16. 4. 2005 schon jetztvorzumerken. Turnusmäßig sindNeuwahlen des Vorstandes fällig,die Einladung zur Mitgliederver-sammlung am 15. 4. 2005 um12.00 Uhr finden Sie in diesemHeft. Eine aktive Mitarbeit imVorstand und Beirat ist immergewünscht. Nutzen Sie ihr demo-kratisches Grundrecht der Ver-einswahl und beteiligen Sie sichbei der Mitgliederversammlungder D.A.F. in Augsburg.

Ich wünsche Ihnen einen erfolg-reichen Abschluss des Jahres2004; lassen Sie uns trotz vielerWidrigkeiten hoffnungsvoll nach2005 schauen.

IhrDaniel Frank