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www.ssoar.info Aufwertung regionaltypischer Produkte in Europa durch geographische Herkunftsbezeichnungen Voth, Andreas Veröffentlichungsversion / Published Version Zeitschriftenartikel / journal article Empfohlene Zitierung / Suggested Citation: Voth, A. (2003). Aufwertung regionaltypischer Produkte in Europa durch geographische Herkunftsbezeichnungen. Europa Regional, 11.2003(1), 2-11. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-48131-8 Nutzungsbedingungen: Dieser Text wird unter einer Deposit-Lizenz (Keine Weiterverbreitung - keine Bearbeitung) zur Verfügung gestellt. Gewährt wird ein nicht exklusives, nicht übertragbares, persönliches und beschränktes Recht auf Nutzung dieses Dokuments. Dieses Dokument ist ausschließlich für den persönlichen, nicht-kommerziellen Gebrauch bestimmt. Auf sämtlichen Kopien dieses Dokuments müssen alle Urheberrechtshinweise und sonstigen Hinweise auf gesetzlichen Schutz beibehalten werden. Sie dürfen dieses Dokument nicht in irgendeiner Weise abändern, noch dürfen Sie dieses Dokument für öffentliche oder kommerzielle Zwecke vervielfältigen, öffentlich ausstellen, aufführen, vertreiben oder anderweitig nutzen. Mit der Verwendung dieses Dokuments erkennen Sie die Nutzungsbedingungen an. Terms of use: This document is made available under Deposit Licence (No Redistribution - no modifications). We grant a non-exclusive, non- transferable, individual and limited right to using this document. This document is solely intended for your personal, non- commercial use. All of the copies of this documents must retain all copyright information and other information regarding legal protection. You are not allowed to alter this document in any way, to copy it for public or commercial purposes, to exhibit the document in public, to perform, distribute or otherwise use the document in public. By using this particular document, you accept the above-stated conditions of use.

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Aufwertung regionaltypischer Produkte in Europadurch geographische HerkunftsbezeichnungenVoth, Andreas

Veröffentlichungsversion / Published VersionZeitschriftenartikel / journal article

Empfohlene Zitierung / Suggested Citation:Voth, A. (2003). Aufwertung regionaltypischer Produkte in Europa durch geographische Herkunftsbezeichnungen.Europa Regional, 11.2003(1), 2-11. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-48131-8

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Aufwertung regionaltypischer Produkte in Europa durchgeographische Herkunftsbezeichnungen

ANDREAS VOTH

Einleitung

Vor dem Hintergrund einer von Über-produktion, Preisverfall, Wettbewerbs-druck, Strukturwandel, Lebensmittel-skandalen und Umweltdiskussion ge-prägten Problematik des Agrarsektorsin Europa suchen Landwirte und ande-re Akteure der Ernährungswirtschaftzunehmend nach Alternativen in einerDifferenzierung durch Betonung einerbestimmten Produktionsweise, Eigen-schaft oder Herkunft der Erzeugnisse.Die Kennzeichnung und Garantien derProduktmerkmale entsprechen denwachsenden Verbraucheransprüchenund dem agrarpolitischen Wandel hinzu einer verstärkten Qualitätsförde-rung. In Deutschland wie auch in ande-ren Ländern Europas ist derzeit einBoom unterschiedlichster regionalerVermarktungsinitiativen zu beobach-ten, der sich auch in der Fülle neuerKoch-, Gastronomie- und Reiselitera-tur mit regionalem Bezug widerspie-gelt. METZGER (1997) kombinierte z. B.eine umfassende Übersicht zu regiona-len Spezialitäten in Deutschland mitgeschichtlichen Hintergründen, kuli-narischen Traditionen und Rezeptenzu den für jedes Bundesland ausge-wählten typischen Speisen. Auch aufder Ebene einzelner Regionen setzenähnliche Darstellungen regionaltypi-sche Lebensmittel mit natur- und kul-turräumlichen Besonderheiten in Be-ziehung, z. B. PALLARÉS (1998) über 35„productos de la tierra“ im nordspani-schen Asturien. Das bei Produzenten,Konsumenten und politischen Ent-scheidungsträgern gestiegene Interes-se an geographischen Herkunftsbezeich-nungen und die aktuelle Diskussionum ihren Schutz zeigen Chancen undProbleme herkunftsbezogener Ver-marktung auf. Können gegenüber ni-vellierenden Einflüssen europäischerAgrarpolitik und dem Druck des Welt-marktes neue Wege begangen werdenmit einer Hervorhebung lokaler undregionaler Besonderheiten? Zur Nut-zung des darin enthaltenen Potenzials

hat die EU einen einheitlichen Schutz-rahmen eingeführt, der agrar- und regi-onalpolitische Ziele unterstützen könn-te, aber angesichts der Vielfalt regiona-ler Traditionen und Vermarktungsiniti-ativen nicht überall leicht umzusetzenist. Mit den geographischen Her-kunftsbezeichnungen ist ein gerade inder deutschen Geographie bislang ver-nachlässigtes Themenfeld angespro-chen, zu dessen Bearbeitung der vor-liegende Beitrag Anregungen gebenmöchte. In diesem Zusammenhang wirddie Aufwertung regionaltypischer Agrar-produkte, insbesondere am Beispielperipherer Regionen Spaniens, als in-novativer und dynamischer Prozessbetrachtet, der Perspektiven zur Ent-wicklung ländlicher Räume in Europabietet.

Regionaltypische Agrarprodukte

Erzeuger regionaltypischer Produktebefinden sich in einem Wirkungsgefü-ge zwischen globalen Einflüssen undlokalen Bedingungen, zwischen Stan-dardisierung und Spezialisierung, zwi-schen Verdrängung durch Imitation undSchutz der Identität, zwischen innova-tivem Wandel und Persistenz von Tra-ditionen. Ein vereinfachter Interpreta-tionsrahmen veranschaulicht die zahl-reichen Einflussfaktoren (Abb. 1). DieGlobalisierung der Wirtschaft zwingtzu Anpassung und Umorientierung auflokaler Ebene und kommt in einer neu-en Bewertung der Vielfalt europäischerRegionen und ihrer Erzeugnisse zumAusdruck. Die Wiederbelebung regio-naler Speisen in allen Regionen Euro-pas kann nach BESCH (2002, S. 24)durchaus als Zeichen eines neuen regi-onalen Selbstbewusstseins und als be-wusstes Gegensteuern zur Globalisie-rung gedeutet werden, wobei internati-onaler Austausch und Besinnung aufRegionalität sich nicht ausschließen.ILBERY und KNEAFSEY (1999, S. 2217)stellen regionaltypische Produkte ineinen regionalen und globalen Kon-text und betonen die diversen wechsel-

seitigen Einflüsse zwischen den räum-lichen Ebenen. Unter dem Schlagwort„cook global, eat local“ weisen BELL

und VALENTINE (1997, S. 190) darauf hin,dass Homogenisierung und Differen-zierung komplementäre Prozesse sindund authentische lokale Produkte durchdie Nachfrage der Konsumenten eineglobale Verbreitung finden können. Re-gionaltypische Produkte sind mehr alsnur einfache „Produkte aus der Regi-on“, denn ihre Erzeugung und Vermark-tung gehen über eine Stärkung regio-naler Wirtschaftskreisläufe hinaus. Siewerden von Verbrauchern auch in an-deren Regionen aufgrund bestimmterQualitätsmerkmale und Namen als ty-pisch für ihre Herkunftsregion erkannt.

„Gegenüber der Besorgnis um Phä-nomene allgemeiner Deslokalisierungist in europäischem Maßstab eine an-dere Beziehung zum Raum zu beob-achten, die aus der Lokalität eine Qua-lität an sich macht“ (BÉRARD u. MAR-CHENEY 1996, S. 44; Übersetzung d.Verf.). Die raum- und qualitätsbezoge-ne Wertschätzung der Produkte durchden Verbraucher erfolgt jedoch subjek-tiv auf der Grundlage von Assoziatio-nen des Produktes mit Eindrücken undInformationen und wird durch Marke-ting aktiv unterstützt. Eine objektiveAuthentizität der Regionalität gibt esnicht (ERMANN 2002, S. 136). Sie istkeine Qualitätseigenschaft der Produk-te, sondern wird an mit der Zeit kon-struierte raumbezogene Bilder gebun-den und durch Zertifizierung bestätigt(ILBERY u. KNEAFSEY 1998, S. 334f.).Nach ALVENSLEBEN (2000, S. 400) ist imMarketing eine Entwicklung von derBetonung der Produktqualität über dieProzessqualität hin zu einer „emotio-nalen Qualität“ festzustellen, die u. a.die Herkunft einschließt. Das Imageeiner Region hat nachweisbaren Ein-fluss auf die Präferenzen vieler Ver-braucher, die regionale Lebensmittelaus der näheren Umgebung, aber auchaus Nachbarregionen oder beliebtenUrlaubsregionen bevorzugen (ALVENS-

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LEBEN u. GERTKEN 1993, S. 248). Man-che Verbraucher möchten eine be-stimmte benachteiligte Herkunftsregi-on solidarisch unterstützen, so dass imMarketing ein gewisser „Solidaritäts-effekt“ nutzbar ist (HAHNE 1987, S. 469).In Spanien wird z. B. gezielt um Solida-rität mit der Banane der KanarischenInseln geworben. Die ebenfalls vonimportierter Billigware bedrohte undin Portugal beliebte Azoren-Ananasaus aufwändigem traditionellen Ge-wächshausanbau (VOTH 1997, S. 225ff.)genießt eine ähnliche Bevorzugung undist inzwischen sogar von der EU miteiner geschützten Herkunftsbezeich-nung versehen worden. Die herkunfts-bezogene Vermarktung birgt allerdingsauch Risiken, z. B. wenn eine Regionwegen eines Umwelt- oder Lebensmit-telskandals in die Schlagzeilen gerätund durch undifferenzierte Berichter-stattung erhebliche Image-Schädenerleidet. Während der Ölpest im spani-schen Galicien Ende 2002 wurden Ver-

braucher mehrfach dazu aufgerufen,aus Solidarität mit der betroffenenRegion weiterhin deren bekannte Mee-resfrüchte zu kaufen oder dort dennächsten Urlaub zu verbringen.

Im Unterschied zu Allerweltspro-dukten zeichnen sich verortete unddadurch regionsspezifische Produkteaus durch Unverwechselbarkeit in ihrerHerkunft, die in singulären naturräum-lichen Standortbedingungen und regi-onalen kulturräumlichen Eigenheitenbegründet sein können (HAHNE 1987, S.466f.). Geologische Verhältnisse einerMineralwasserquelle oder kleinräumi-ge Besonderheiten von Klima undBöden der Weinregionen werden wer-bewirksam hervorgehoben. Auch derRückgriff auf die Geschichte zeigthöchste Aktualität. Die Aufwertungregionaltypischer Produkte enthältnaturräumliche, kulturelle und histori-sche Dimensionen und basiert auf ei-ner Wertschätzung des Lokalen vordem Globalen, des Ländlichen vor dem

Städtischen, des Endogenen vor demExogenen, des Persönlichen vor demAnonymen und des Handwerklichenvor dem Industriellen, wie CALDENTEY

und GÓMEZ (1996, S. 60f.) deutlichmachen. Danach ist ein regionales Pro-dukt dann als typisch anzusehen, wennes über ein Mindestmaß an Alter undzeitlicher Permanenz räumlich an einTerritorium und kulturell an Bräuchegebunden ist und qualitative Beson-derheiten aufweist, die es von anderenProdukten unterscheidet. Typizität ent-hält also räumliche, zeitliche und qua-litative Parameter. Damit das Regio-naltypische nicht zur Fassade verkommtoder durch Imitation entwertet wird,sind Garantien und Maßnahmen zudessen Schutz erforderlich.

Schutz geographischer Herkunftsbe-zeichnungen

Unter dem Oberbegriff der geogra-phischen Herkunftsbezeichnung nimmtKLINGSTEIN (2001, S. 11) eine termino-logische Differenzierung vor (Abb. 2),wobei das Kriterium der Kausalitätzwischen Herkunft und Qualitätsmerk-malen der Produkte eine wesentlicheRolle spielt. Wichtig ist ihre gemeinsa-me Unterscheidung von den Gattungs-bezeichnungen, die sich durch einenBedeutungswandel von der Herkunfts-zur reinen Beschaffenheitsangabe ent-wickelt haben. Daneben weist BECKER

(2000, S. 419) auf die „kombiniertegeographische Herkunftsangabe“ hin,die mit dem Herkunftshinweis eine be-stimmte Qualität ohne ursächliche Be-gründung verbindet, wie beispielsweisedie Herkunfts- und Qualitätszeicheneiniger deutscher Bundesländer unddas CMA-Gütezeichen „Herkunft undQualität aus deutschen Landen“. Alsweiteres Problem erweist sich die nachAnsicht von BECKER (2000, S. 423)oftmals schwierige Abgrenzung derverschiedenen Formen von Herkunfts-bezeichnungen untereinander und ge-genüber Gattungsbezeichnungen undprivaten Marken.

Das Nebeneinander verschiedenerKonzepte von Herkunftsbezeichnun-gen auf europäischer, nationaler undregionaler Ebene musste in einem ge-meinsamen Markt zwangsläufig zuKonflikten führen. Während in südeu-ropäischen Ländern der Schutz der Er-zeuger und ausgewählter regionalerQualitätsprodukte im Vordergrundstand, ging es den nördlicheren Län-

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Abb. 1: Übersicht zur Aufwertung regionaltypischer landwirtschaftlicher ProdukteQuelle: VOTH (2002, S. 264), eigener Entwurf

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dern vornehmlich um Verbraucher-schutz und Markenrechte. Der nachdem Vorbild bewährter Konzepte derromanischen Länder 1992 geschaffeneneue Rechtsrahmen der EU erkenntausschließlich qualifizierte und kon-trollierte Herkunftsbezeichnungen an(Abb. 2). Nach der EU-Verordnung2081/92 kann eine „geschützte Ur-sprungsbezeichnung“ (g. U.) ein auseiner Gegend oder einem Ort stam-mendes Agrarerzeugnis erhalten, das„seine Güte oder Eigenschaften über-wiegend oder ausschließlich den geo-graphischen Verhältnissen einschließ-lich der natürlichen und menschlichenEinflüsse verdankt und das in dem be-grenzten Gebiet erzeugt, verarbeitetund hergestellt wurde“. Hingegen kanneine „geschützte geographische Anga-be“ (g. g. A.) auch unter weniger stren-gen Bedingungen vergeben werden,nämlich an ein Produkt, „bei dem sicheine bestimmte Qualität, das Ansehenoder eine andere Eigenschaft aus die-sem geographischen Ursprung ergibtund das in dem begrenzten geogra-phischen Gebiet erzeugt und/oder ver-arbeitet und/oder hergestellt wurde“.Dabei ergibt sich das Problem, dasseinige Länder derartig differenzierteHerkunftsbezeichnungen bislang nichtkannten. Nach einer Klage der EU-Kommission gegen die Bundesrepu-blik Deutschland hat der EuropäischeGerichtshof im November 2002 die

Verwendung des CMA-Zeichens in derbisherigen Form untersagt, da eineVerknüpfung von Herkunftsangabe undQualitätsaussage nur für nach der EU-Verordnung 2081/92 eingetragene Ein-zelprodukte aus räumlich eng begrenz-ten Gebieten zulässig ist.

Ebenso wie die Ausbreitung vonAgrotourismus und Ökolandbau kanndie Aufwertung regionaltypischer Pro-dukte und Traditionen als innovativerProzess der Erschließung von Einkom-mensmöglichkeiten im ländlichenRaum betrachtet werden. Die Zunah-me der wirtschaftlichen Bedeutung unddes überregionalen Handels mit regio-nalen Produkten erfordert jedoch aucheinheitliche rechtliche Regelungen.Der Handelsaustausch erlaubt denVergleich von Produkten unterschied-licher Herkunft und lässt ihren regio-naltypischen Charakter erkennen. Au-ßerhalb ihrer Herkunftsregion bietensich den Produkten neue Möglichkei-ten der Absatzsteigerung, doch werdenim Wettbewerb mit anderen Produk-ten auch größere Anstrengungen zurDifferenzierung durch Betonung vonHerkunft und Qualitätsmerkmalennotwendig. Erfolg und Kontinuität amMarkt führen zu einer Identifizierungdes Produktes mit dessen Herkunft, sodass ein raumbezogenes Image aufge-baut wird. Zunehmender Bekanntheits-grad und Verknüpfung zwischen Pro-duktmerkmalen und Herkunftsgebiet

werden mit besseren Preisen belohnt,die zu Imitationen anregen. Je leichterregionale Eigenheiten imitierbar sind,umso geringer und weniger dauerhaftist der regionale Vorteil aus dem Auf-bau eines regionaltypischen Image(HAHNE 1987, S. 467). So wie bei derDiffusion einer Innovation die frühenAdoptoren aus ihrem ZeitvorsprungVorteile genießen, die durch nachfol-gende Imitation und Verbreitung z. T.aufgezehrt werden, droht die Origina-lität eines regionalen Produktes durchNachahmung an Wettbewerbsvortei-len zu verlieren.

Gerade der wirtschaftliche Erfolgkann also für regionaltypische Produk-te zur Gefahr werden. Mit ihrem Schutzstellen sich jedoch neue Probleme, dahieraus resultierende Beschränkungendie Übernahme von Innovationen be-hindern können. Um im Wettbewerbzu bestehen, können Verbesserungenvon Produkt, Produktionsprozess undVermarktungsorganisation notwendigwerden, allerdings nur soweit wie dertypische Charakter des Produktes nichtverloren geht, denn selbst leichte Än-derungen einer traditionellen Verpa-ckung können bereits das Image alsregionaltypisches Produkt beeinträch-tigen (CALDENTEY u. GÓMEZ 1998, S.126). Die Anforderungen modernerLogistik im Handel können von regio-naltypischen Produkten unter strengerBewahrung ihrer Merkmale oft nichtleicht erfüllt werden. KLINGBEIN (2001,S. 140) verweist allerdings darauf, dassHerkunftsbezeichnungen durch denAusschluss von Trittbrettfahrern wiePatente zur Investition in Innovatio-nen anregen. In diesem Spannungsfeldzwischen Traditionsbewahrung und in-novativem Wandel sind regional- undproduktspezifische Anpassungen undKooperation erforderlich.

Geographische Herkunftsbezeich-nungen in Deutschland

Während einige Länder Südeuropaseine kohärente Qualitäts- und Schutz-politik für regionale Produkte entwi-ckelt haben, fehlt in Deutschland einvergleichbarer Ansatz, so dass keineoffizielle Liste geographischer Namenregionaltypischer Produkte vorliegtund ein Schutz in der Regel im Einzel-verfahren als Marke und unabhängigvon raumgebundenen Qualitätsmerk-malen erfolgt (OBST et al. 1996, S. 11).Trotzdem ist gerade in jüngerer Zeit

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Abb. 2: Systematik geographischer HerkunftsbezeichnungenQuelle: Eigener Entwurf in Anlehnung an KLINGSTEIN (2001, S. 11)

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eine dynamische Entwicklung regiona-ler Schutz- und Vermarktungsinitiati-ven zu beobachten. So wurde z. B. der„Nienburger Spargel“ in Niedersach-sen rechtlich geschützt, in zahlreichenGegenden eine „Spargelkönigin“ ge-wählt oder eine touristische Spargel-straße ausgewiesen (VOTH 2002, S. 91ff.).Die bislang geringe Nutzung des euro-päischen Schutzrahmens in Deutsch-land bedeutet keine Armut an traditio-nellen Produkten. Auf der Grundlagevon Ergebnissen des EU-Projektes„Euroterroirs“ zur Bewertung des eu-ropäischen Kulturerbes an Lebensmit-teln haben THIEDIG und RIEDEL (1998)eine Auswahl von rund 300 „regional-typischen traditionellen Agrarerzeug-nissen“ aus dem „kulinarischen Erbe“Deutschlands vorgestellt. Eine engeBindung an den Raum und an überlie-fertes Wissen kennzeichnet die nachder Wende „wiederentdeckte“ Spree-waldgurke, die hier beispielhaft als Pro-dukt mit geschützter geographischerAngabe kurz vorgestellt wird (Abb. 3).

Schon in den 1920er und 30er Jahrenbestand das Problem, dass nicht alle„Spreewälder Gurken“ tatsächlich ausdem Spreewald kamen und Maßnah-men gegen die in- und ausländischeKonkurrenz notwendig wurden (LEH-MANN-ENDERS 1998, S. 55). Während der

Krise des Gurkenanbaus zu Beginn der1990er Jahre wurde das Spreewald-Logo als Kollektivmarke für im Spree-wald erzeugte und verarbeitete Pro-dukte entworfen. Hohe Erwartungenund Investitionen in das traditionsrei-che Gemüse ermöglichten eine schnel-le Erholung nach dem durch die Wendebedingten Produktionstief (Abb. 4).Innovationen in Anbau, Ernte, Verar-beitung und Vermarktung machten dieProduktion wieder lukrativ und stan-den einer Betonung des regionaltypi-schen Charakters der Gurken nicht imWege. Der Antrag des Spreewaldver-eins auf Schutz der Bezeichnung„Spreewälder Gurken“ durch die EU1996 löste eine als „Gurkenkrieg“ be-kannte Auseinandersetzung mit west-deutschen Firmen aus, die einen Ver-zicht auf das werbewirksame Spree-wald-Image nicht hinnehmen wollten.Verständlich ist die Empörung in derRegion, als ein Hamburger Gerichtnach der Klage eines ausgegrenztenKonkurrenten den „Spreewald“ neu de-finierte und dabei den bereits zuvorunter Partizipation lokaler Interessen-gruppen gebildeten WirtschaftsraumSpreewald ignorierte, der deutlich überdie enge Abgrenzung von Kahnfährge-biet und Biosphärenreservat hinaus-geht. Die Anerkennung der „Spreewäl-

der Gurken“ als „g. g. A.“ durch die EU1999 wird nicht nur als Chance für dieVermarktung der Gurken, sondern auchals positives Signal für den Fremden-verkehr und die regionale Wirtschaftinsgesamt gewertet. So sind statt schäd-licher Konkurrenz durch ortsfremdeAnbieter von Gurken „nach Spreewäl-der Art“ nun weitere Investitionen indie regionale Gurkenverarbeitung zuerwarten, auch von auswärtigen Inves-toren. Da den Einlegereien nur ein

begrenzter Gurkenzukauf von außer-halb erlaubt ist, besteht ein Anreiz zurAusweitung des regionalen Anbaus,ebenso der traditionellen Gurkenkräu-ter.

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Abb. 3: Die Spreewaldgurke imWirtschaftsraum und BiosphärenreservatSpreewaldQuellen: Spreewaldverein; TourismusverbandSpreewaldEntwurf u. Zeichnung: A. VOTH

Abb. 4: Krise und Aufschwung derSpreewaldgurkeQuelle: Spreewaldverein, Lübben

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Bereits vor Durchsetzung des Schutzesist die Gurke zum Image-Träger fürden Wirtschafts- und Fremdenverkehrs-raum Spreewald aufgestiegen und wirdim Regionalmarketing zusammen mitden wendischen Trachtenfrauen wir-kungsvoll eingesetzt. Die vom Touris-musverband eingebrachte originelleSymbolfigur der Spreewaldgurke„Knacks“ weckt auf Prospekten undPostkarten Sympathien für die Regionund führt Besucher entlang ausgeschil-derter Gurken-Radwege, deren Pros-pekt verspricht: „So schön gurken Siedurch Geschichte und Natur“. Die ge-schichtlichen Hintergründe und die kul-

turlandschaftliche Einbindung derSpreewaldgurke werden in Einrichtun-gen des Biosphärenreservates und Mu-seen vermittelt, während mehrere Un-ternehmen auf angebotenen Betriebs-führungen Einblick in die Gurkenver-arbeitung gewähren. Tourismus undNaherholung spielen in der Aufwer-tung regionaltypischer Produkte ofteine zentrale Rolle, so dass neben demInformationsangebot auch die Direkt-vermarktung wichtig ist (z. B. „Gur-kenmeile“ am Spreehafen von Lübbe-nau). Touristen können zu Konsumen-ten werden, die das Produkt auch nachihrer Heimkehr nachfragen und zur

Image-Verbreitung beitragen. Das Bei-spiel der Spreewaldgurke verdeutlichtChancen, die sich bei Unterstützunglokal angepasster Initiativen aus derräumlichen Abgrenzung von Produkti-onsgebieten und der Herkunftsbeto-nung ergeben können. Dennoch ist inDeutschland auch 10 Jahre nach In-krafttreten des EU-Rechtsrahmens dieAnzahl der danach geschützten Pro-dukte im Vergleich zu einigen anderenStaaten auffällig gering (Abb. 5).

Die EU-Qualitätspolitik für regionaleProdukte

Die Schwierigkeiten bei der Umset-zung allgemeiner Regelungen in dergerade durch ihre Vielfalt gekennzeich-neten europäischen Agrarwirtschaftzeigen sich um so mehr im EU-Kon-zept zum Schutz regionaltypischer Pro-dukte. Der innereuropäische Nord-Süd-Konflikt zwischen Vorwurf des Protek-tionismus auf der einen und Verteidi-gung kulturellen Erbes auf der ande-ren Seite, ist nicht leicht zu überbrücken,wie die unterschiedliche Akzeptanz desneuen Schutzrahmens in den einzelnenLändern zeigt (Tab. 1). Während ins-besondere Frankreich und Italien einebeachtliche Vielfalt an Produkten ha-ben schützen lassen, zeigt sich inDeutschland eine einseitige Ausrich-tung auf Mineralwasser und Bier. Inden südeuropäischen Mitgliedsländernwaren keine großen Veränderungen dernationalen Praxis erforderlich, so dassdie Schutzmöglichkeiten bereits vonzahlreichen Erzeugerzusammenschlüs-sen wahrgenommen werden. KlassischeBenutzer von geographischen Anga-ben und Ursprungsbezeichnungen sindnach KLINGSTEIN (2001, S. 27) die vonder Agrarwirtschaft (einschl. Weinbau)stärker beeinflussten Länder, gegen-über den industriell geprägten Räu-men Europas.

Frankreich hat seit der Gründungdes „Institut National des Appellationsd’Origine“ (1935), zunächst für Wein,ab 1955 auch für Käse und später fürAgrarprodukte allgemein (OBST et al.1996, S. 10), eine umfassende Verwal-tungsstruktur zum Schutz von Her-kunftsbezeichnungen aufgebaut, diesich andere Länder wie Spanien schonfrüh zum Vorbild nahmen und die auchdem Konzept der EU als Vorlage dien-te. Das ursprünglich am Weinbau ori-entierte französische „terroir“-Konzeptmisst den agrarökologischen Standort-

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Abb. 5: Lebensmittel mit geschützter Ursprungsbezeichnung oder geographischerAngabe der EU in Deutschland (Ende 2002), ohne GetränkeQuellen: EU-Generaldirektion Landwirtschaft; Anhang II der EU-Verordnungen Nr. 1107/96 u. 2400/96 undErgänzungen, Europäisches AmtsblattEntwurf u. Zeichnung: A. VOTH

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bedingungen einen maßgeblichen Ein-fluss auf die Produktqualität bei, aberauch den Kenntnissen der Produkti-onsweise (BÉRARD u. MARCHENEY 1996,S. 42). „The term terroir refers to aspecific area with an outspoken cultu-ral and historical identity. It includesthe accumulation and transmission oflocal know-how“ (BESSIÈRE 1998, S. 31).Die schon ein Jahrhundert andauerndeDebatte um die Definition von „ter-roir“ und räumliche Abgrenzung vonHerkunftsbezeichnungen zeigt dieKomplexität der Zusammenhänge zwi-schen Produkt und Raum und die öko-nomische und politische Bedeutung derRechte an geographischen Namen.Gerade bei hochwertigen Handelsgü-tern wie Wein und Käse kommt es zumKonflikt zwischen der EU und Dritt-ländern, die z. T. einem derart hohenSchutzgrad nach französischem Mus-ter nicht zustimmen. Im Rahmen desAbkommens über handelsbezogeneAspekte der Rechte an geistigem Ei-gentum (TRIPS) versucht die EU, denSchutz von Herkunftsbezeichnungenfür Agrarprodukte im Sinne der Ver-ordnung 2081/92 auch auf der interna-tionalen Ebene der WTO durchzuset-zen. Die neue Qualitätspolitik könntevon Drittländern allerdings als Errich-tung nicht-tarifärer Handelsbarrierenmissverstanden werden. Auf Drängenspanischer Weinerzeuger betreibt dieEU mit Ländern wie Südafrika außer-dem bilaterale Verhandlungen, die dieunterschiedlichen Interessen am Schutzgeographischer Namen verdeutlichen(CRAVEN u. MATHER 2001).

Trotz aller Kritik am einheitlichenSchutzrahmen ist zu beachten, dass dieAufwertung regionaltypischer Produk-te der Umorientierung der EU-Agrar-politik von der Produktions- zur Qua-litätsförderung entspricht. Neben die

Ziele gleicher Wettbewerbsbedingun-gen und verbesserten Verbraucher-schutzes treten auch strukturpolitischeMotive, die in der Verordnung 2081/92selbst genannt werden: „Die Förde-rung von Erzeugnissen mit bestimm-ten Merkmalen kann vor allem in denbenachteiligten oder abgelegenen Ge-bieten von großem Vorteil für die länd-liche Entwicklung sein, und zwar so-wohl durch die Steigerung des Ein-kommens der Landwirte als auch durchdie Verhinderung der Abwanderungder ländlichen Bevölkerung aus diesenGebieten“. Angesichts dieser hohenErwartungen und der bislang mäßigenUmsetzung in Deutschland ist ein Blickauf die weitreichenden Erfahrungenmit geschützten geographischen Her-kunftsbezeichnungen in Spanien vonInteresse.

Tradition und Dynamik der Quali-tätspolitik in Spanien

Die Vergabe geschützter Herkunftsbe-zeichnungen verfügt in Spanien übereine lange Tradition, die sich auf derGrundlage des „Estatuto del Vino“ von1932 aus der anfänglichen Anwendungauf Weinsorten entwickelt hat und seitden 1970er Jahren auf andere Agrar-produkte übertragen wird, deren spezi-fische Qualitätsmerkmale auf raum-prägende physische und kulturelle Fak-toren im jeweiligen Herkunftsgebietzurückgeführt werden. Die seit demEU-Beitritt Spaniens erfolgende Zu-nahme der Anzahl geschützter Her-kunftsbezeichnungen (neben 59 Wei-nen und 8 Spirituosen) auf 92 andereAgrarprodukte, von denen bis Ende2002 bereits 67 (einschl. Kanaren) auchauf EU-Ebene anerkannt waren, ver-deutlicht die aktuelle Dynamik diesesKonzeptes der Qualitätsförderung. Denspanischen „Denominaciones de Ori-

gen“ und „Denominaciones Específi-cas“ entsprechen seither die EU-Be-zeichnungen („g. U.“ bzw. „g. g. A.“),deren Vergabe gerade in jüngerer Zeitzur Unterstützung endogener ländli-cher Entwicklung eingesetzt wird. DieÜbertragung von Kompetenzen vomNationalen Institut für Herkunftsbe-zeichnungen (INDO) an die Autono-men Regionen Spaniens hat der Auf-nahme weiterer Produkte zusätzlichenAntrieb gegeben, insbesondere solcher,die als typisch und identitätsstiftendfür die jeweilige Region erkannt wer-den. Allerdings sind die geschütztenHerkunftsbezeichnungen räumlich un-gleichmäßig verteilt (Abb. 6). Erst einekleinräumige Betrachtung der Produk-te und Standortbedingungen erlaubteine Erklärung dieses Raummusters.

Der Dualismus zwischen traditio-neller und industrialisierter Landwirt-schaft ist im mediterranen Europabesonders stark ausgeprägt, häufig inengem räumlichen Nebeneinander.Einschränkungen der Agrarwirtschaftan weniger günstigen Standorten, einestarke Gliederung durch das Relief undSchwierigkeiten einer überregionalenVermarktung haben die Persistenz re-gionaler Eigenheiten und gastronomi-scher Traditionen begünstigt, derenAufwertung gerade abseits der Gebie-te spanischer Exportdynamik Chan-cen bietet. Oft handelt es sich bei denHerkunftsbezeichnungen um seit lan-gem bekannte Produkte, die in jünge-rer Zeit durch die standardisierte Mas-senproduktion der Intensivgebiete un-ter Druck geraten sind und sich nundurch die Betonung charakteristischerMerkmale eine Marktnische sichernmüssen. Eine von der Verdrängungdurch neue Hybridsorten bedrohteautochthone Grünspargelsorte in An-dalusien wurde als „g. g. A.“ anerkannt,

EU-Staaten/ F I P GR E D GB A B, L, FIN, IRL EU-

Erzeugnisse NL DK, S gesamt

Käse 41 30 12 19 16 4 11 6 5 3 1 148

Fleisch/Erzeug. 52 27 33 0 16 7 5 2 4 0 1 147

Obst, Gemüse, Getreide 16 29 18 19 21 2 1 3 1 2 0 112

Öle, Fette 6 25 5 23 9 1 0 1 2 0 0 72

Getränke 4 0 0 0 0 43 6 0 0 0 0 53

Oliven 3 2 1 10 0 0 0 0 0 0 0 16

And. Produkte 8 5 9 7 5 6 2 0 1 1 1 45

Gesamt 130 118 78 78 67 63 25 12 13 6 3 593

Tab. 1: Anzahl geschützter Ursprungsbezeichnungen und geographischer Angaben für Agrarerzeugnisse in der EU (Ende 2002,ohne Wein)Quellen: Eigene Zusammenstellung nach Anhang II der EU-Verordnungen Nr. 1107/96 u. 2400/96 u. Ergänzungen, Europ. Amtsblatt

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gegen den Widerstand Deutschlands,das die Zulassung derart dünner Spar-gelstangen beanstandete. In dem abge-grenzten Anbaugebiet bei Granadawerden in einer aufwändigen Buchfüh-rung alle Parzellen der rund 200 betei-ligten Produzenten vom Kontrollrat der„g. g. A.“ genau festgehalten, um dievorgeschriebene Trennung des autoch-thonen Spargels von anderen Sorten zugarantieren. Langfristig wird die Her-kunftsbezeichnung hier nur dann er-folgreich Schutz bieten können, wenneine Preissteigerung des Qualitätspro-duktes die höheren Produktions- undVerwaltungskosten mehr als ausgleichtund es gelingt, die Produzenten vonden Vorteilen der Differenzierungs-strategie zu überzeugen (VOTH 2002,S. 197). Der Zusammenschluss von Er-zeugern und Verarbeitern mit gemeinsa-men Zielen ist Voraussetzung für die Be-antragung und Umsetzung einer „g. g. A.“,verschafft auch Kleinbetrieben Zugangzu Informationen und Märkten undverbessert die Möglichkeiten zu Mar-keting-Maßnahmen. Das innovativeAuftreten von Schlüsselpersonen er-weist sich jedoch als mindestens ebensowichtig wie eine funktionsfähige zwi-schenbetriebliche Kooperation.

Im Interesse von Erzeugergruppenund einer auf Qualitätsprodukte orien-tierten Regionalentwicklung werden inden Autonomen Regionen weiterhinneue Herkunftsbezeichnungen bean-tragt, die das regionale Sortiment ge-schützter Produkte verbreitern undergänzen. So erhielt die extrem trans-portempfindliche subtropische Cheri-moya-Frucht, deren weltweit bedeu-tendstes Anbaugebiet an der Mittel-meerküste Andalusiens liegt (VOTH

1997, S. 60), erst im Herbst 2002 einespanische Ursprungsbezeichnung, nach-dem sich die Erzeuger unter dem Druckder Vermarktungsprobleme endlich zueinem gemeinsamen Handeln ent-schließen konnten. Neben einer erhoff-ten Qualitäts- und Preissteigerung un-terstützt die neue Auszeichnung auchdas Image des im Fremdenverkehrs-Marketing als „Costa Tropical“ bekann-ten Küstenstreifens. Schon jetzt er-scheint die attraktive Frucht in Reise-führern der Region.

Trotz wachsender Anzahl repräsen-tieren die geschützten Herkunftsbe-zeichnungen nicht die Vielfalt regional-typischer Produkte, deren Aufwertungs-prozess erst begonnen hat. Im Rahmen

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Abb. 6: Lebensmittel mit geschützter Ursprungsbezeichnung oder geographischerAngabe der EU und nach nationaler Gesetzgebung in Spanien (Ende 2002), ohneGetränkeQuellen: Anhang II der EU-Verordnungen Nr. 1107/96 u. 2400/96 und Ergänzungen, EuropäischesAmtsblatt; MAPA, Instituto Nacional de Denominaciones de Origen, MadridEntwurf u. Zeichnung: A. VOTH

Abb. 7: Regionaltypische Agrarprodukte in Spanien (1996)(nur Obst, Gemüse, Trockenfrüchte, Olivenöl, Getreide, Hülsenfrüchte und Käseberücksichtigt)Quelle: Nach Angaben in MAPA (1996): Inventario Espańol de Productos TradicionalesEntwurf u. Zeichnung: A. VOTH

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des EU-Projektes „Euroterroirs“ wur-de in Spanien ein Inventar von mehr als500 typischen, zumindest auf regiona-ler Ebene bekannten Produkten er-stellt, die zusammen mit ihrem Pro-duktionsprozess gekennzeichnet wer-den durch geographische, historische,technologische und ökonomischeMerkmale. „Die Vielfalt und der Reich-tum unserer Geographie, Gebräucheund Ernährungstraditionen ermögli-chen eine große Breite an natürlichenund verarbeiteten, in starkem Maße anihre Umgebung gebundenen Produk-ten, denen jeder Ort oder Bezirk seineBesonderheiten, Erfahrungen und Tra-ditionen übertragen hat und die einegroße Diffusion erfahren haben, oftmalsnicht nur in ihrem Herkunftsgebiet“(MAPA 1996, S. 3, Übersetzung d. Verf.).Eine Verbreitungskarte der erfasstenProdukte zeigt eine räumliche Konzen-tration in bestimmten Gebieten, ob-wohl der Übersichtlichkeit halber hiernur vier Produktgruppen dargestelltsind (Abb. 7). Deutlich auszumachenist eine Häufung regionaltypischermediterraner Produkte wie Obst, Ge-müse und Olivenöl im Süden gegenü-ber einer beeindruckenden Käseviel-falt im Norden des Landes.

Käse als Beispiel der Vielfalt regional-typischer Produkte

Aufgrund ihrer vergleichsweise engenBindung an regionale Traditionen sindKäsesorten besonders früh und zahl-reich als Herkunftsbezeichnung ge-schützt worden. Auf eine lange Traditi-on blickt die kleinräumige Zuordnungvon lokalen und regionalen Käsesor-ten mit Landschaftsnamen in Frank-reich zurück, wo von einer „analogieentre paysage et fromage“ gesprochenwird und regionale Käse als Erbe desländlichen Raumes zusammen mit derLandschaft, Architektur und regiona-len Kenntnissen und Techniken zu den„ressources des terroirs“ zählen (DEL-FOSSE 1997, S. 224f.). Der von ERMANN

(2002, S. 136) aufgestellte Grundsatz,„wer Produkte regionalisiert, produ-ziert Regionen“, lässt sich am Beispielder gastronomischen Regionen Frank-reichs gut veranschaulichen. Hingegen

ist es im Allgemeinen weniger bekannt,dass die landschaftlichen und klimati-schen Kontraste der Iberischen Halb-insel mit ihren sehr unterschiedlichenViehhaltungssystemen, Kuh-, Schaf-und Ziegenrassen und regionalen Tra-ditionen der Käseherstellung eine au-ßerordentliche Vielfalt an Käsesortenergeben, die zusammen ein breites Sor-timent hoher Attraktivität bilden. Inder Einbindung traditioneller Käse-

sorten regionaler Bedeutung in einüberregional angebotenes Sortimentliegt eine Chance der gegenseitigenAufwertung regionaltypischer Produk-te, ebenso wie auf regionaler Ebeneverschiedene Agrarprodukte (z. B.Käse, Wein, Oliven, Schinken) sicheinander in Gastronomie und Marke-ting ergänzen. Die Übersicht regionalerKäsesorten in Spanien macht deutlich,dass Anzahl und räumliche Verteilung

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Abb. 8: Vielfalt regionaler Käsesorten in Spanien mit oder ohne geschützteUrsprungsbezeichnungQuelle: Nach Angaben aus MESTRE (1998)Entwurf u. Zeichnung: A. VOTH

Foto: Spezialgeschäft fürregionaltypische Produkte in Oviedo(Asturien) mit Regionalflagge imHintergrundFoto: A. VOTH, Juli 2000

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der Produkte mit geschützter Herkunfts-angabe nicht unbedingt Aussagen überdie Vielfalt an regionaltypischen Pro-dukten zulassen (Abb. 8). Außerdemsind der auf regionaler oder nationalerEbene erreichte Bekanntheitsgrad, diewirtschaftliche Bedeutung und die Grö-ße der Produktionsgebiete einzelnerKäsesorten höchst unterschiedlich.Darunter nimmt mit einer Jahrespro-duktion von 5 600 t der berühmte, invier Provinzen erzeugte „Queso Man-chego“ einen Spitzenplatz ein (MAPA2000), ist jedoch trotz „g. U.“ keineswegs

ganz vor Fälschungen sicher (GRIEN-BERGER 2000, S. 72).

Potenzielle neue Herkunftsbezeich-nungen für Käse wären vor allem imhumiden Norden zu erwarten, wo diein Spanien als „Naturparadies“ bekann-te Region Asturien sich zunehmendauch als „Käseparadies“ einen Namenmacht (Foto). Es handelt sich wohl umdie Region Europas mit der größtenVielfalt autochthoner Käse auf engs-tem Raum (CASAPRIMA 1999, S. 136),denn im asturischen Bergland verfügtfast jedes Tal über seinen eigenen Käse(Abb. 9). Der Vergleich verschiedenerQuellen mit Verzeichnissen asturischerKäse vermittelt aber die Schwierigkei-ten einer Unterscheidung der regio-naltypischen von anderen in der Regi-on erzeugten Käsesorten. Zudem istdie Klassifikation der Käsesorten nachihrem traditionellen oder handwerkli-chen Charakter nicht statisch, sondernunterliegt mit wachsender Produktionund Vermarktung der Käse einem dy-namischen Wandel (Abb. 10).

Die einseitig auf Milchkühe orien-tierte Landwirtschaft Asturiens leidetunter dem Konkurrenzdruck des EU-Marktes und hohen Produktionskos-ten, so dass neben auch hier industriellerzeugtem Käse mitteleuropäischenTyps neue Hoffnungen auf die regiona-len Käsetraditionen gesetzt werden. Einkoordinierter Schutz der vielen loka-len Käse in Verbindung mit einem ge-

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meinsamen Marketing der regionalenKäsepalette wäre sinnvoll. Regionalty-pische Lebensmittel werden auch inAsturien zunehmend zur Verbesserungder touristischen Attraktivität der Re-gion gezielt eingesetzt. Inzwischen ent-stand schon ein zweites Käsemuseum,und vielerorts ausgetragene Käsewett-bewerbe sind zugleich Besuchermag-net und Anreiz zur Qualitätssteigerung.Verteilungskarten regionaltypischerProdukte werden inzwischen in derFremdenverkehrswerbung genutzt.Während der in Gebirgshöhlen des Na-tionalparks „Picos de Europa“ heran-reifende Cabrales-Käse in der Auswei-sung geschützter Bezeichnungen einePionierfunktion einnimmt und der Re-gion geradezu als „Visitenkarte“ dient,erweist sich die Erweiterung des Schutz-konzeptes auf andere regionaltypischeProdukte als langwieriger, aber fort-schreitender Prozess. Die geogra-phischen Herkunftsbezeichnungen fürKäse, Bohnen, Apfelwein und Rind-fleisch autochthoner Rassen werten dasImage der regionalen Gastronomie undder Region als Herkunftsgebiet vonQualitätsprodukten insgesamt auf, miteiner positiven Breitenwirkung auchauf andere Produkte und Dienstleis-tungen.

Ausblick

Die Aufwertung regionaltypischer Pro-dukte kann einen Beitrag zu nachhal-tiger Entwicklung leisten, gerade indenjenigen Gebieten, die von der EU-Agrarpolitik, Strukturwandel und schwie-rigen Produktionsbedingungen langebenachteiligt wurden und z. T. geradedeshalb spezifische Produktionsweisenund Produkte weitgehend bewahrt ha-ben, deren raumgebundene Qualitäts-merkmale im sich verschärfenden Wett-bewerb nun von Vorteil sein können.Erwartungen und Konflikte um dennotwendigen Schutz geographischerHerkunftsbezeichnungen werfen je-doch zahlreiche Fragen auf zum kom-plexen und oft regional spezifischenBeziehungsgefüge zwischen Produktund Raum. Nicht jeder Herkunftsbe-zug ist gerechtfertigt, nicht jede Be-zeichnung oder jede räumliche Maß-stabsebene im Marketing sinnvoll. DasThemenfeld geographischer Betrach-tung regionaler Produkte ist weitausbreiter als hier am Beispiel des neuenEU-Schutzkonzeptes dargestellt wer-den konnte und erfordert konkrete

Abb. 9: Traditionelle und neue Käsesorten in der nordspanischen Region AsturienQuellen: Nach Angaben in Principado de Asturias (1997) und CASAPRIMA (1999)Entwurf u. Zeichnung: A. VOTH

Abb. 10: Dynamische Klassifikation derKäsesorten in AsturienQuelle: Eigener Entwurf

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Fallstudien und vergleichende Unter-suchungen in verschiedenen Räumen,beispielsweise auch zur Nutzung desNamens von Großschutzgebieten in derVermarktung regionaler Produkte, zuwelcher wie im Spreewald auch in Spa-nien und anderen Ländern innovativeAnsätze vorliegen.

Neben der hier dargestellten Her-vorhebung einzelner regionaler Quali-tätsprodukte darf außerdem nicht ver-gessen werden, dass die Herkunft allerLebensmittel dem Verbraucher eindeu-tig erkennbar sein sollte. Eine Verschlei-erung durch Hinweise wie „hergestelltin der EU“ oder „für Firma X“ ist nichtlänger hinzunehmen. So wie die Förde-rung einer umweltschonenden Produk-tionsweise über den ökologischen Land-bau hinaus die Agrarproduktion insge-samt betrifft, dürfen sich Vorschriftenzur Kennzeichnung der Herkunft unddie Vermarktungsförderung nicht aufeinzelne geschützte geographische Be-zeichnungen beschränken.

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PD Dr. ANDREAS VOTH

Hochschule VechtaInstitut für Strukturforschung undPlanung in agrarischen Intensivgebie-ten (ISPA)Postfach 1553D-49364 Vechta