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Veröffentlichungen des Grundbauinstitutes der Technischen Universität Berlin Heft Nr. 42, Berlin 2008, S. 151-163 Vortrag zum 4. Hans Lorenz Symposium am 9.10.2008 Duktile Rammpfähle – ein unterschätztes, sehr flexibles Gründungselement Dipl.-Ing. Klaus Dietz Dietz Geotechnik Consult GmbH Dipl.-Ing. Christian Rinke Stump Spezialtiefbau GmbH ZN Berlin Dipl.-Ing. Andreas Leplow Stump Spezialtiefbau GmbH ZN Berlin Zusammenfassung Für die Gründung von Bauwerken auf wenig tragfähigem Baugrund stehen unterschiedlichste Spezialtiefbautechniken zur Verfügung. Der planende Ingenieur und die ausführende Firma müssen für jede Aufgabenstellung ein sicheres und kostengünstiges Verfahren auswählen. Die Anwendung von Pfählen aus duktilem Gusseisen, so genannten duktilen Rammpfählen oder HLV ® -Pfählen (Hochleistungs-Verdrängungs Pfählen) wird in Deutschland eher selten in Betracht gezogen, obwohl diese Pfähle ein sehr flexibles Gründungselement sind. Im Beitrag werden die technischen Grundlagen insbesonders von mantelverpressten Pfählen vorgestellt und an Baustellenbeispielen das weite Anwendungsspektrum erläutert. 1 Einleitung Duktile Rammpfähle werden schon seit vielen Jahren vor allem in Österreich sowohl als Spitzendruck(Aufstands)pfahl oder Mantelreibungs(Verpresster)pfahl eingesetzt. In Deutschland sind zur Zeit nur Aufstandspfähle bauaufsichtlich zugelassen (DIBt, 2007). Inzwischen sind auch zahlreiche Bauvorhaben mit mantelverpressten Pfählen auf der Grundlage von Zustimmungen im Einzelfall ausgeführt worden. Zulassungsanträge für einen mantelverpressten Pfahl liegen beim DIBt vor. Die notwendigen Untersuchungen sind erfolgreich durchgeführt, so dass in nächster Zeit mit einer Zulassung zu rechnen ist. Duktile Rammpfähle können in der Regel nur auf Druck belastet werden, da die einzelnen Pfahlabschnitte mittels einer Steckmuffe verbunden werden. Sollen dennoch Zugkräfte übertragen werden, muss in das Pfahlinnere ein durchgehendes Zugelement z.B. ein GEWI-Pfahl eingeführt und vermörtelt werden.

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Veröffentlichungen des Grundbauinstitutes der Technischen Universität Berlin

Heft Nr. 42, Berlin 2008, S. 151-163

Vortrag zum 4. Hans Lorenz Symposium am 9.10.2008

Duktile Rammpfähle – ein unterschätztes, sehr flexibles Gründungselement

Dipl.-Ing. Klaus Dietz

Dietz Geotechnik Consult GmbH

Dipl.-Ing. Christian Rinke

Stump Spezialtiefbau GmbH ZN Berlin

Dipl.-Ing. Andreas Leplow

Stump Spezialtiefbau GmbH ZN Berlin

Zusammenfassung

Für die Gründung von Bauwerken auf wenig tragfähigem Baugrund stehen unterschiedlichste

Spezialtiefbautechniken zur Verfügung. Der planende Ingenieur und die ausführende Firma müssen

für jede Aufgabenstellung ein sicheres und kostengünstiges Verfahren auswählen. Die Anwendung

von Pfählen aus duktilem Gusseisen, so genannten duktilen Rammpfählen oder HLV®-Pfählen

(Hochleistungs-Verdrängungs Pfählen) wird in Deutschland eher selten in Betracht gezogen, obwohl

diese Pfähle ein sehr flexibles Gründungselement sind. Im Beitrag werden die technischen Grundlagen

insbesonders von mantelverpressten Pfählen vorgestellt und an Baustellenbeispielen das weite

Anwendungsspektrum erläutert.

1 Einleitung

Duktile Rammpfähle werden schon seit vielen Jahren vor allem in Österreich sowohl als

Spitzendruck(Aufstands)pfahl oder Mantelreibungs(Verpresster)pfahl eingesetzt. In Deutschland sind

zur Zeit nur Aufstandspfähle bauaufsichtlich zugelassen (DIBt, 2007). Inzwischen sind auch

zahlreiche Bauvorhaben mit mantelverpressten Pfählen auf der Grundlage von Zustimmungen im

Einzelfall ausgeführt worden. Zulassungsanträge für einen mantelverpressten Pfahl liegen beim DIBt

vor. Die notwendigen Untersuchungen sind erfolgreich durchgeführt, so dass in nächster Zeit mit einer

Zulassung zu rechnen ist. Duktile Rammpfähle können in der Regel nur auf Druck belastet werden, da

die einzelnen Pfahlabschnitte mittels einer Steckmuffe verbunden werden. Sollen dennoch Zugkräfte

übertragen werden, muss in das Pfahlinnere ein durchgehendes Zugelement z.B. ein GEWI-Pfahl

eingeführt und vermörtelt werden.

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2 K. Dietz, C. Rinke, A. Leplow

2 Duktile- / HLV® - Pfähle – technischer Standard

2.1 Materialeigenschaften und Komponenten

Die 5,00 m langen Rohrschüsse werden aus duktilem Gusseisen gefertigt (Bild 1). Der Werkstoff hält

der hohen Schlagenergie bei der Rammung stand. Dies wird dadurch erreicht, dass der Schmelze des

Gusseisens Magnesium beigemengt wird (Schmidt, Kirchmaier, 2003). Das duktile Gusseisen besitzt

eine charakteristische Festigkeit von 400 N/mm².

Bild 1: Pfahlschüsse mit Steckverbindung

Bild 2: Fußplatten für nicht verpresste Pfähle Bild 3: Fußplatten für verpresste Pfähle

Abhängig von der Einsatzart wird der Pfahlfuß auf unterschiedliche Bodenplatten aufgesetzt. Für

Spitzendruckpfähle werden Fußplatten verwendet, die im Durchmesser dem Rohrdurchmesser

entsprechen (Bild 2). Bei mantelverpressten duktilen Rammpfählen ist die Fußplatte größer als der

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Rohrdurchmesser, damit in jedem Fall eine Mindestbetonüberdeckung gewährleistet werden kann

(Bild 3).

2.2 Herstellverfahren

Für die Herstellung von duktilen Rammpfählen ist nur eine kleine Baustelleneinrichtung erforderlich.

Neben einem Hydraulikbagger mittlerer Größe werden lediglich ein leistungsfähiger Schlaghammer

und eine Betonpumpe benötigt.

Das Einbringen eines Pfahles ist im Bild 4 dargestellt. Zunächst wird ein Pfahlfuß auf den

Ansatzpunkt gelegt und anschließend der erste Pfahlschuss aufgesetzt. Nach dem Einrammen eines

vollständigen Schusses wird das nächste Pfahlstück eingesteckt und die Rammung fortgesetzt. Die

Pfahllänge ist technisch nicht begrenzt. Nach Erreichen der Endteufe wird der Pfahl auf die

gewünschte Höhe gekürzt. Hierbei erweißt es sich als besonders vorteilhaft, dass das erhaltene

Reststück als Anfänger für den nächsten Pfahl verwendet werden kann sofern es länger als 1,00 m ist.

Durch diese Technik ist es möglich, dass bei sich ändernden Bodenverhältnissen flexibel reagiert

werden kann und kein Verschnitt anfällt.

Bild 4: Prinzipskizze Herstellverfahren Bild 5: ausgegrabene mantelverpresste Pfähle duktile Rammpfähle

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Das Innere des Pfahlrohres wird bei Spitzdruckpfählen nach der Rammung mit Pfahlbeton verfüllt.

Bei Mantelreibungspfählen wird das Einsteckende am Pfahlkopf als Verpresskopf ausgebildet. Über

eine Pumpe wird der Pfahlbeton währende des Rammens kontinuierlich durch das Pfahlinnere

gefördert und tritt am Pfahlfuß aus. Die Mannschaft muss darauf achten, dass der Pfahlbeton während

der Herstellung am Pfahlkopf austritt. Bild 5 zeigt einen ausgegrabenen, mantelverpressten Pfahl. Der

Pfahl ist vollständig mit Beton ummantelt und hat eine raue Oberfläche, so dass die Mantelreibung bei

Belastung optimal aktiviert werden kann.

Nach dem Einbringen wird eine Kopfplatte zur Kraftübertragung aus dem aufgehenden Bauwerk

aufgesetzt.

2.3 Umweltbeeinflussung

2.3.1 Erschütterung

Das Einbringen von Pfählen mittels Schnellschlaghammer in der Nähe von Gebäuden wird oft kritisch

betrachtet. In DIN 4150-3 Erschütterungen im Bauwesen sind in Tabelle1 (Tabelle 1) Anhaltswerte zu

Schwinggeschwindigkeiten angegeben.

Tabelle 1: Auszug DIN 4150-3 Tabelle 1

Dazu führt die DIN aus: „Werden die Anhaltswerte nach Tabelle 1 eingehalten, so treten Schäden im

Sinne einer Verminderung des Gebrauchswertes, deren Ursache auf Erschütterungen zurückzuführen

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wären, nach den bisherigen Erfahrungen nicht auf. Werden trotzdem Schäden beobachtet, ist davon

auszugehen, dass andere Ursachen für diese Schäden maßgebend sind.“ Auf der folgenden Tabelle 2

sind einige Ergebnisse von Schwingungsmessungen auf Baustellen zusammengestellt.

Tabelle 2: Beispielhafte Zusammenstellung von durchführten Erschütterungsmessungen

Es wird deutlich, dass auch in geringen Abständen von der Bausubstanz schädliche Schwingungen

nicht festgestellt wurden. Die Anwendung duktiler Rammpfähle in der Nähe von Gebäuden ist somit

gut möglich

2.4 Tragfähigkeit und Bemessung

2.3.1 innere Tragfähigkeit

Die Pfahlstücke werden in zwei Durchmessern 118 mm und 170 mm mit Wandstärken von 7,5 mm bis

13 mm gefertigt. Die Verfüllung beziehungsweise Verpressung erfolgt in der Regel mit Pfahlbeton der

den Festigkeitsklassen C20/25 oder C25/30 DIN 1045 entspricht. Gemäß DIN 1054:2005 ergeben sich

damit die in Tabelle 3 zusammengestellten Bemessungswerte Ri,d.

ohne Mantelverpressung, mit nachträglicher Betonfüllung

mit Mantelverpressung Gussrohr

C20/25 C25/30 C20/25 C25/30

Ø 118 x 7,5 mm 709 kN 737 kN 869 kN 896 kN Ø 118 x 9,0 mm 842 kN 868 kN 1.001 kN 1.027 kN Ø 118 x 10,6 mm 979 kN 1.003 kN 1.139 kN 1.163 kN Ø 170 x 9,0 mm 1.335 kN 1.396 kN 1.566 kN 1.627 kN Ø 170 x 10,6 mm 1.545 kN 1.603 kN 1.776 kN 1.834 kN Ø 170 x 13,0 mm 1.851 kN 1.906 kN 2.082 kN 2.137 kN

Tabelle 3: Bemessungswerte Ri,d entsprechend DIN 1054:2005-1

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2.3.2 Nachweis der Verbundlänge

Für mantelverpresste HLV-Pfähle ist nachzuweisen, dass die erforderliche Verbundlänge zwischen

Rohr und Pfahlbeton kleiner ist als die für die Übertragung der Pfahllast notwendige

Krafteinleitungslänge. Bisher gab es für diesen Nachweis keine Bemessungsgrundlage. Deshalb

wurden hierzu im Rahmen eines Zulassungsantrages Verbundversuche an der Bergischen Universität

Wuppertal durchgeführt (Hanswille 2008). Der Versuchsaufbau ist in Abbildung 6 dargestellt.

Bild 6: Versuchsaufbau Verbundversuche (Hanswille 2008)

Die Versuche wurden an 70 cm langen Rohrstücken durchgeführt, die mit einem 60 cm langen

Mörtelmantel, Rezeptur entsprechend dem Pfahlbeton, umgeben und mit demselben Mörtel gefüllt

waren. Die Versuchskörper wurden anschließend in einen zylindrischen Sandkörper eingebaut, der

mittels zwei stählerner Druckplatten an den Kopfflächen des Zylinders vorgespannt werden konnte.

Zur Simulation des Einflusses aus der Normalkraftbeanspruchung des Pfahles wurde der

Versuchskörper vor Einbau in die Versuchseinrichtung mit einem mittig angeordneten Spannstahl

axial vorgespannt (Hanswille 2008). Die Betonüberdeckung wurde in den Versuchserien zwischen 20

mm und 60 mm variiert. Außerdem wurden zur Simulation des Erddrucks die Gewindestangen in den

Sandpaketen vorgespannt. Auf der Grundlage der Versuchsergebnisse kann nun eine

Bestimmungsgleichung zur Verbundfestigkeit angegeben werden:

R,d = 1/M * R,k + μk * h (1)

mit

R,k Grundwert der Verbundfestigkeit mit Ro,k = 0,32 N/mm²

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M Teilsicherheitsbeiwert M = 2,1

h unterer charakteristischer Wert für den auf den Pfahlumfang horizontal wirkenden Anpressdruck

aus Erddruck und Verspannungswirkung

μk Reibungsbeiwert zwischen Gussstahlrohr und Mörtelmantel mit μk = 0,5

Liegen keine speziellen Informationen über der Anpressdruck h aus Erduck und

Verspannungswirkung vor kann dieser entsprechend der folgenden Beziehung abgeschätzt werden:

h = M / tan ’ (2)

mit

’ Reibungswinkels des dränierten Bodens (effektiver Reibungswinkel)

M Mantelreibung im Gebrauchszustand in der Fuge Beton/Boden

2.3.3 Äußere Tragfähigkeit

Die äußere Tragfähigkeit wird gemäß DIN 1054 durch Probebelastungen nachgewiesen. Für

mantelverpresste Pfähle können in nicht bindigen, sehr dicht gelagerten Böden maximale

Mantelreibungswerte im Gebrauchszustand bis zu 200 kN/m² erreicht werden. In bindigen Böden kann

mit bis zu 100 kN/m² gerechnet werden. Somit können die in Folge der Materialeigenschaften

möglichen Pfahlkräfte auch mit relativ kurzen Krafteinleitungstrecken in den Baugrund eingeleitet

werden.

2.5 Dauerhaftigkeit

In einer gutachterlichen Stellungnahme der Bundesanstalt für Materialprüfung, Berlin (Mietz 2008)

wurde das Korrosionsverhalten von duktilen Pfählen untersucht. Dazu wurden mantelverpresste

Probepfähle auf einer Baustelle hergestellt und wieder ausgegraben. Außerdem wurden die in

Wuppertal verwendeten Probekörper auf Risse untersucht.

An den untersuchten Probepfählen, die bis zu 15 m lang waren, wurden keine Fehlstellen festgestellt

(Raimund 2008). Die Mindestbetonüberdeckung betrug auch im Muffenbereich mindestens 2 cm.

Auch an den Versuchsproben der Verbundversuche konnten nur feine Risse beobachtet werden, die

eine Korrosion nicht zulassen. Somit ist nachgewiesen das mantelverpresste Pfähle dauerhaft mit Ihren

vollen Querschnittswerten angesetzt werden können.

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Bei Aufstandspfählen, die naturgemäß keinen Korrosionsschutz haben, ist eine Abrostungsrate von 3

mm über den Gesamtdurchmesser in die Bemessung eingeführt (DIBt, 2007), so dass auch in diesem

Anwendungsfall die dauerhafte Tragfähigkeit der Pfähle gewährleistet ist.

3. Vergleich und Abgrenzung zu anderen Gründungselementen

Bei der Lösung von Gründungsproblemen steht der duktile Rammpfahl in Konkurrenz zur

Bodenverbesserung und anderen Pfahlsystemen. In der Tabelle 4 sind die Tragfähigkeitsbereiche

mehrer Pfahlsysteme beispielhaft dargestellt. Die Pfahllast ist zur besseren Übersicht als

Gebrauchslast gemäß DIN 1054:1976-11 aufgetragen. Dies entspricht der charakteristischen inneren

Tragfähigkeit nach DIN 1054:2005-1.

Tabelle 4: Zusammenstellung der Gebrauchslasten verschiedener Pfahlsysteme

Die zulässigen Lasten des Pfahlsystems runden den Übergang zwischen Micro – und Großbohrpfahl

ab. In jedem Einzelfall sind die Randbedingungen auf der Baustelle zu prüfen. Abgesehen von der

übertragbaren Pfahllast sind die einfache Baustelleneinrichtung und die vergleichsweise leichte und

wendige Geräteeinheit ein klarer Vorteil für den Duktilpfahl im Bereich von Pfahllasten größer 1000

kN.

4. Baustellenbeispiele

4.1 Einsatz als Aufstandspfahl

Beim Projekt Sunfilm2-Solar Factory in Großröhrsdorf in der Nähe von Dresden wurde der duktile

Rammpfahl als Aufstandspfahl ausgeführt. Unter einer 4 – 8 m mächtigen sehr inhomogenen

Auffüllung stand Granodiorit als Festgestein an. Die Pfähle wurden durch die weiche Deckschicht bis

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auf den Fels gerammt und abgesetzt. Anschließend wurde das Pfahlrohr mit Beton verfüllt und die

Kopfplatten gesetzt.

Im Rahmen einer solchen Baustelle sind Tagesleistungen bis 400 m möglich.

Bild 7: Einrammen eines Aufstandspfahles, Baustelle Sunfilm2-Solar Factory

Bild 8: Auffüllen des Pfahlinneren mit Beton Bild 9: Setzen der Pfahlkopfplatte

4.2 Einsatz als Mantelreibungspfahl

Einen typischen Anwendungsfall von duktilen Pfählen als Mantelreibungspfahl stellt das Bauvorhaben

Alten- und Pflegheim Weißenfels dar.

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Das neu zu errichtende Gebäude liegt im Centrum der alten sachsen-anhaltinischen Stadt, neben

denkmalgeschützter Wohn- und Industriebebauung. Im Baufeld stehen ca. 2 m mächtige

Auffüllungen, die von bis in 10 m Tiefe reichenden organisch durchsetzten breiigen bis weich

plastischen Auetonen unterlagert werden, an. Den tragfähigen Baugrund bilden die darunter liegenden

mitteldicht gelagerten Auesande/-Kiese.

Bild 10: Baufeld Alten- und Pflegeheim Weißenfels, im Vordergrund fertige Pfähle mit Kopfplatte, im Hintergrund Trägergerät mit Hydraulikhammer und Betonpumpe

Da hier keine feste Aufstandsschicht ansteht, wurde die Gründung mit mantelverpressten duktilen

Rammpfählen geplant.

Um die äußere Tragfähigkeit der Pfähle zu ermitteln, wurden an zwei Pfählen Probebelastungen

durchgeführt. Entsprechend den Ergebnissen wurden die Pfähle anschließend mit Pfahllängen

zwischen 13 und 18 m hergestellt. Die Pfahlherstellung wurde messtechnisch überwacht (siehe 2.3.1).

Die zulässigen Grenzwerte wurden in keinem Fall überschritten.

Auf Grund der hohen Leitung bei der Herstellung der mantelverpressten duktilen Rammpfähle wurde

die vorgesehene Bauzeit deutlich unterschritten.

Die Bilder 11 und 12 zeigen im Detail den Verpresskopf, der für mantelverpresste Pfähle benötigt

wird.

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Bild 11: Einsteckende mit Verpresskopf Bild 12: Rammen mit Verpresskopf

4.3 Sonderanwendungen

4.3.1 begrenzte Arbeitshöhe

Duktile Pfähle können auch bei einer begrenzten Arbeitshöhe hergestellt werden. Dazu wurden

spezielle Steckmuffen entwickelt. Mit diesem Muffen können kürzere Pfahlschüsse gekoppelt werden.

Bild 13: Herstellung einer Pfahlgründung mit begrenzter Arbeitshöhe

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4.3.2 Energiepfahl

Eine Bereicherung des Anwendungsspektrums stellt der Ausbau des duktilen Rammpfahls zum

Energiepfahl dar. Vor dem Hintergrund der aktuellen Klimaschutzdebatte wächst die Bedeutung von

Gründungen mit Absorberleitungen. Durch die Möglichkeit, die Energiepfähle im Winter als Quelle

für die Heizung und im Sommer für die Ableitung der Kühlwärme zu nutzen, wird das System

besonders wirtschaftlich. Im Bild 14 ist die Anordnung einer Leitung beispielhaft dargestellt. Für

jeden Standort muss individuell die mögliche Energieausbeute ermittelt werden. Diese ist stark von

der Pfahllänge und dem anstehenden Baugrund abhängig. Eine Simulation des Temperaturverlaufs

von 4 in Reihe geschalteten Pfählen ist in Bild 15 aufgetragen.

Bild 14: Absorberleitungen Bild 15: Simulation Temperaturentwicklung

5. Zusammenfassung

Duktile Rammpfähle werden aus einem qualitätsüberwachten duktilen Gusseisen hergestellt. Das

Einbringen des Gründungselementes kann sowohl als Aufstandspfahl als auch als verpresster

Mantelreibungspfahl erfolgen. Für beide Ausführungsvarianten steht ein großer Erfahrungsschatz zu

Verfügung. An Hand von Untersuchungen zum Verbundverhalten und Großversuchen auf Baustellen,

konnte nachgewiesen werden, dass für mantelverpresste Rammpfähle auf eine Abrostung verzichtet

werden kann. Falls erforderlich kann der HLV – Pfahl auch mit einem Schlauchsystem zur

Energiegewinnung ausgerüstet werden und so einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

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Literatur

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Beuth Verlag

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