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Das Magazin für die Sicherheitstechnik Juni 2010 Drägerheft 385 Gasmesstechnik Das Labor im Rohr Unter Tage Sicherheit durch Fluchtkammern und innovativen Atemschutz Nanotechnologie Kleine Helfer groß im Kommen Wenn Wälder brennen Konzepte gegen die heiße Gefahr

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Das Magazin für die Sicherheitstechnik Juni 2010

Drägerheft 385

Gasmesstechnik Das Labor im Rohr

Unter Tage Sicherheit durch Fluchtkammern

und innovativen Atemschutz

Nanotechnologie Kleine Helfer groß im Kommen

Wenn Wälder brennen Konzepte gegen die heiße Gefahr

01_Cover385_S 1 25.05.2010 14:39:18 Uhr

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RätselhaftQualität liegt im Detail. Sie steckt bei Dräger in jedem Produkt – auch in den rund 250 Prüfröhrchen. Doch wie viele Gase erkennen sie? Sachdienliche Hinweise ab Seite 28.1. 250 und noch ein paar mehr 2. rund 500 3. mehr als 1500

Schreiben Sie uns die richtige Lösung per E-Mail an [email protected] oder per Post an unsere Redaktionsadresse (siehe Impressum) und gewinnen Sie einen von dreißig USB-Sticks, 4 GB.

Einsendeschluss ist der 31. Juli 2010. Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt. Bitte geben Sie hierfür Name und Adresse an. Eine Barauszahlung ist nicht möglich. Nicht teilnehmen dürfen Mitarbeiter von Dräger. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

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3Drägerheft 385 | Juni 2010

Inhalt

Erfahrung 4 Menschen, die bewegen Sie trainieren

Luftrettung in Deutschland oder fahnden nach Drogenkonsumenten in Spanien.

nachrIchtEn 6 neues aus der Dräger-Welt

universal-helm Dräger hPS 3100. neuer notarztwagen für frühchen. Drägerheft auf Deutsch, englisch und Spanisch.

fokus 8 feuer gegen feuer Waldbrände

sind eine immense gefahr für hab und gut, für Leib und Leben. ihre Bekämpfung erfordert ungewöhnliche Strategien – und persönlichen Mut.

rEport 14 Im Bauch des Berges Aktuelle

rettungskonzepte im Bergbau setzen auf sichere Orte unter tage und innovative Atemschutztechnik.

18 Blasenfrei abtauchen Bis zu 20 Meter tief kann man im größten tauch-turm europas realistisch trainieren.

20 flammendes Inferno auf knopfdruck im französischen Vire steht eine kleine Stadt, in der feuerwehrleute sich auf den ernstfall vorbereiten.

h IntErgrunD 24 gase messen mit Infrarot Wie funk-

tio niert die Detektion brennbarer flüssigkeiten? Der dritte und letzte teil der Serie erklärt die Details.

schultErBlIck 28 Wo gase farbe bekennen

Dräger-röhrchen analysieren die unsichtbare gefahr.

ausBlIck 32 Messfühler im nanokosmos Winzige

Kohlenstoff-nanoröhren stehen vor einer großen Karriere – auch in der Messtechnik.

sErvIcE

34 Wo und wer? Dräger in aller Welt, impressum.

EInBlIck 36 schnelle rettung – mit langem atem

Vier Stunden saubere Atemluft bietet das Kreislauf-Atemschutzgerät PSS Bg4 plus.

rund 3.000.000 Liter Wasser enthält die größte Indoor-tauchanlage Europas bei köln – mehr ab seite 18.

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4 Drägerheft 385 | Juni 2010

Erfahrung Menschen, Die bewegen

Drägerheft 385 | Juni 2010

francisco Javier rodríguez-Madridejos Jiménez, Polizeichef von Seseña, Castilla-La Mancha / Spanien

Was uns bewegt – Dräger weltweit

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„bis vor zwei Jahren hatten wir keine wahl. wir mussten die Ver-dächtigen einfach laufen lassen. Das war wirklich frustrierend. zwar erwischten wir die alkoholsünder bei den Verkehrskontrollen immer. aber wer Drogen genommen hatte entwischte uns. Das nagte an meinem berufsethos. wir schickten fahrende zeitbomben zurück auf die straße. Das ging so nicht weiter. seseña, unsere gemein de, liegt im norden von castilla-la Mancha und hat weniger als 20.000 einwohner. Madrid ist nicht weit, das sorgt für eine Menge Durchgangs-verkehr.

Vor zwei Jahren stieß ich das Projekt ,keine Drogen am steuer!‘ an. wir schafften ein mobiles Drogen-nachweissystem von Dräger an – und können nun endlich effektive kontrollen durchführen. Manchmal stehen

Marco Monnig, fachkrankenpfleger und rettungsassistent bei der aDaC-Luftrettung, München„es ist ein gutes gefühl, wenn man am ende sieht: Das kind lebt – es verlässt gerade mit den eltern die klinik. Mehrmals erlebte ich intensiv-einsätze für ein neugeborenes. Das hat mich geprägt. eine kurzzeitige behandlung genau zur rechten zeit entscheidet oft über leben und tod. gelingt es, ist das die rettung. Das wollen wir schaffen!

Die toleranzen sind eng. Die richtige ausrüstung und das richtige wissen müssen zum richtigen ort. Das können wir leisten. unser ,werk-zeug‘ ist der helikopter. aber ein werkzeug ist nur so gut wie die hände, die es führen. Damit diese die besten sind, bilden wir sie intensiv aus: Meine kollegen kommen von überall hierher zum training. nicht jeder für sich, sondern im team – nahtlose koordination aller ist an

bord entscheidend. ,christoph sim‘, unser lehrwerkzeug, steht in han-gelar bei bonn und ist aus holz. es ist exakt so ausgebaut wie seine fliegenden Vorbilder: Perfusoren, Monitore, ein oxylog 3000, wenig Platz. Der simMan, unser Patient, ist lebensecht. er kann alle körper-funktionen darstellen, beatmet und abgehört werden.

es kommt auch darauf an, unter stress vorausschauend zu planen. wer hier luftrettung trainiert, der weiß: ich kann nicht mal eben rechts anhalten, weil etwas nicht gut überlegt war. sind wir in der luft, müssen wir vorher überblickt haben, was wir tun. ob ,christoph sim‘ echt wirkt? regelmäßig klopfen wir an seine seitentür und sagen: ,willkommen im klinikum. sie sind gelandet‘ – so packend ist die simulation.“

04-05_Erfahrung_S 4 25.05.2010 14:42:00 Uhr

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Drägerheft 385 | Juni 2010 5Drägerheft 385 | Juni 2010

thema RubRik

Francisco Javier Rodríguez-Madridejos Jiménez, Polizeichef von Seseña, Castilla-La Mancha / Spanien

Was uns bewegt – Dräger weltweit

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„bis vor zwei Jahren hatten wir keine Wahl. Wir mussten die Ver-dächtigen einfach laufen lassen. Das war wirklich frustrierend. zwar erwischten wir die alkoholsünder bei den Verkehrskontrollen immer. aber wer Drogen genommen hatte entwischte uns. Das nagte an meinem berufsethos. Wir schickten fahrende zeitbomben zurück auf die Straße. Das ging so nicht weiter. Seseña, unsere gemein de, liegt im norden von castilla-la mancha und hat weniger als 20.000 einwohner. madrid ist nicht weit, das sorgt für eine menge Durchgangs-verkehr.

Vor zwei Jahren stieß ich das Projekt ,keine Drogen am Steuer!‘ an. Wir schafften ein mobiles Drogen-nachweissystem von Dräger an – und können nun endlich effektive kontrollen durchführen. manchmal stehen

dabei einem alkoholisierten fahrer acht Drogentäter gegenüber. Wo-möglich hat das damit zu tun, dass sich die konsu men ten immer noch in Sicherheit wiegen. Doch der Sturz vom hohen ross ist tief.

Wenn wir die leute mit dem testergebnis konfrontieren, erle ben wir echte zusammenbrüche. Die können es nicht glauben – ihnen bleiben keine ausflüchte mehr. Viele wollen sich dann spontan den Druck von der Seele reden. Da braucht man auch psychologisches feingefühl und muss zuhören können. meist sind das leute eines gewissen alters, so zwischen 40 und 50, und oft geht es dabei um kokain. ein 20-Jähriger, der cannabis geraucht hat, reagiert anders. in 97 Prozent der fälle wird die festge-legte buße umgehend beglichen. außerdem haben wir das gefühl: Die lektion ist wirklich angekommen.“

Marco Monnig, Fachkrankenpfleger und Rettungsassistent bei der ADAC-Luftrettung, Münchenbord entscheidend. ,christoph Sim‘, unser lehrwerkzeug, steht in han-gelar bei bonn und ist aus holz. es ist exakt so ausgebaut wie seine fliegenden Vorbilder: Perfusoren, monitore, ein oxylog 3000, wenig Platz. Der Simman, unser Patient, ist lebensecht. er kann alle körper-funktionen darstellen, beatmet und abgehört werden.

es kommt auch darauf an, unter Stress vorausschauend zu planen. Wer hier luftrettung trainiert, der weiß: ich kann nicht mal eben rechts anhalten, weil etwas nicht gut überlegt war. Sind wir in der luft, müssen wir vorher überblickt haben, was wir tun. ob ,christoph Sim‘ echt wirkt? regelmäßig klopfen wir an seine Seitentür und sagen: ,Willkommen im klinikum. Sie sind gelandet‘ – so packend ist die Simulation.“

04-05_Erfahrung_S 5 25.05.2010 15:50:42 Uhr

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6 Drägerheft 385 | Juni 2010

NachrichteN

Drägerheft 385 | Juni 2010

Universal-helm Dräger hPS 3100Der Dräger hPS 3100 ist ein multifunktionaler und universeller helm für anspruchsvolle Aufgaben im Außeneinsatz – von der Waldbrandbekämpfung über Verkehrsunfälle bis zur höhenrettung. er kombiniert optimale Schutz funktion – durch die integrierte Poly styrol-innen schale – mit hohem tragekomfort, wie ihn beispielsweise die Vier-Punkt-Bänderung inklusive Polsterung im gesamten Kopfbereich bietet. Durch ein Verstellrad lässt sich die Passform individuell anpassen. Das Belüftungssystem sorgt selbst bei langen Waldbrand einsätzen für ein gutes Klima im helm-inneren. Vor dem eindringen größerer Partikel schützt ein Metall gitter, während sich das Belüftungssystem zum Schutz vor Löschwasser oder rauch bei Bedarf mit einem einfach zu bedienenden Schieberegler schließen lässt. in seinem modernen Design und Aufbau bildet der hPS 3100 eine Kombination aus industrieschutzhelm nach en 397 und Bergsteigerhelm nach en 12492. Der gesamte Kopftragering ist ebenso gepolstert wie die nacken-partie. ein umfassendes Angebot an Zubehör – bis hin zum elektrovisier – optimiert den helm für vielfäl ti ge Spezialanwendungen. Die Marktein - führung ist für das dritte Quartal 2010 geplant.

italien: erster SmartPilot ViewDie geschichte des Ospedale Maggiore geht auf das Jahr 1351 zurück. heute versorgt die Klinik (rund 50 Kilometer südöstlich von Mailand) mit ihren 638 Betten etwa 150.000 einwohner im umkreis. Zur Aus stattung zählen seit kurzem zwei neue Anästhesiesysteme: Zeus infinity empowered – inklusive eines SmartPilot View. „Damit ist dieses Krankenhaus das erste weltweit, das den narkoselevel mithilfe unseres intelli gen- ten Displays überwachen kann“, freut sich Dräger- Ver triebsmitarbeiter emilio Carmignotto. Dr. Agostino Dossena, Leiter der Anästhesie des Ospedale Maggiore, hatte sich zunächst für das Anästhesiesys-tem entschieden, bis ihn auch das Konzept der Überwachung des narkose-levels über zeugte. Der SmartPilot View unterstützt den Arzt von der einleitung der narkose bis zur Aufwachphase. ein großes Display zeigt alle wichtigen Daten grafisch – einschließlich Prognose des Verlaufs.

Überblick mit SmartPilot View.Schützt bei anspruchsvollen aufgaben: hPS 3100.

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Wie in abrahams Schoß: ruhig und sanft wird das Baby transportiert.

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Neuer Notarztwagen für Frühchenetwa 700.000 Babys werden jährlich in Deutschland geboren. rund 30.000 von ihnen müssen von Kinder- und entbindungskliniken in Spezialkliniken gebracht werden – entweder sind es frühchen, oder eine anfänglich normale geburt entwickelt sich zum notfall. Der transport der Babys erfordert besonders ausgestattete notarztwagen, wie sie die Björn Steiger Stiftung seit 1974 entwickelt. Das neueste Modell soll in der zweiten Jahreshälfte eingeweiht werden. „neonatologen sprechen hierbei von einem Quantensprung“, sagt Melanie Storch von der Stiftung. Die entwicklung des Prototyps kostete etwa eine Million euro, bis 2014 will die Stiftung 100 dieser Wagen zum Stückpreis von etwa 200.000 euro finanzieren.

Kern des Babynotarztwagens ist der querliegende transportinkubator. „Bei Babys ist die fontanelle am Kopf noch nicht geschlossen“, erläutert Storch, „deshalb müssen sie wegen der beim transport auftretenden Beschleunigungs- und Brems wirkung quer zur fahrtrichtung liegen.“ Dieser Quertransport sei jedoch in herkömmlichen notarztwagen nicht möglich. Überdies ist das gerade entwickelte Modell mit einem neuartigen aktiven Dämpfungssystem ausgestattet, das erschütterungen und Vibrationen stark reduziert: elek tromotor und Luftfeder sollen selbst Schlaglöcher von zehn Zen timeter tiefe ausgleichen. nahezu die komplette medizintechnische Ausrüstung für das fahrzeug wird Dräger zur Verfügung stellen. hierzu gehört das transportinkubatorsystem, das zusammen mit neonatologen, Krankenschwestern und hebammen sowie einem internationalen team von Medizintechnikern entwickelt wurde. Auch die zentrale gasversorgung, Beat mungs-geräte und das Monitoring stammen von Dräger. Akustikfachleute im dortigen testCenter arbeiten zudem an der Schallisolierung im inneren des Babynotarztwagens.

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DRÄGERHEFT 385 | JUNI 2010 7DRÄGERHEFT 385 | JUNI 2010

Italien: Erster SmartPilot ViewDie Geschichte des Ospedale Maggiore geht auf das Jahr 1351 zurück. Heute versorgt die Klinik (rund 50 Kilometer südöstlich von Mailand) mit ihren 638 Betten etwa 150.000 Einwohner im Umkreis. Zur Aus stattung zählen seit kurzem zwei neue Anästhesiesysteme: Zeus Infinity Empowered – inklusive eines SmartPilot View. „Damit ist dieses Krankenhaus das erste weltweit, das den Narkoselevel mithilfe unseres intelli gen-ten Displays überwachen kann“, freut sich Dräger- Ver triebsmitarbeiter Emilio Carmignotto. Dr. Agostino Dossena, Leiter der Anästhesie des Ospedale Maggiore, hatte sich zunächst für das Anästhesiesys-tem entschieden, bis ihn auch das Konzept der Überwachung des Narkose-levels über zeugte. Der SmartPilot View unterstützt den Arzt von der Einleitung der Narkose bis zur Aufwachphase. Ein großes Display zeigt alle wichtigen Daten grafisch – einschließlich Prognose des Verlaufs.

Überblick mit SmartPilot View.Wie in Abrahams Schoß: Ruhig und sanft wird das Baby transportiert.

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Immer dicht am Kunden: Dräger-Website.

Drägerheft auf Deutsch, Englisch und SpanischSeit seiner ersten Ausgabe im Sommer 1912 informiert das Drägerheft über Tech-nik aus dem Hause und ihre Anwendun-gen. Mitte 1959 erschien die erste Ausgabe auf Englisch. Ihr Schwerpunktthema: Einsatz von Pressluftatmern bei Industrie und Feuerwehr. Die jetzige 385. Ausga-be des deutschen Heftes ist zugleich die 100. Ausgabe auf Englisch.

„Damit zeigen wir, dass wir die Sprache unserer Kunden nicht nur im über tra ge-nen Sinne sprechen“, freut sich Burkard Dillig über dieses Jubiläum. Der heutige Dräger-Pressesprecher war bis Ende 2007 mehr als 20 Jahre für das Drägerheft verantwortlich. Im nunmehr 99. Jahrgang startet eine zusätzliche Ausgabe auf Spanisch; Französisch soll demnächst folgen. Das Unternehmen trägt damit der gewachsenen Bedeu tung jener Märkte Rechnung, in denen diese Welt-sprachen gesprochen werden. „Mit dem Drägerheft ist es wie mit un seren Produkten“, sagt Stefan Dräger, Vorstands -vorsitzender der Drägerwerk Verwal-tungs AG, „beide sollen unseren Kunden höchs ten Nutzen bringen.“

Mit der neuen Gestaltung geht seit Ende 2008 auch die Kombination aus technischer Information und Reportagen vor Ort auf, wie viele Leserreaktionen zeigen. Heute erscheint das Drägerheft mit drei Ausgaben jährlich und zwei Magazinen: eines für jeden Unternehmens-bereich. Die Gesamtauflage beträgt mehr als 80.000 Exemplare.

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Neuer Notarztwagen für FrühchenEtwa 700.000 Babys werden jährlich in Deutschland geboren. Rund 30.000 von ihnen müssen von Kinder- und Entbindungskliniken in Spezialkliniken gebracht werden – entweder sind es Frühchen, oder eine anfänglich normale Geburt entwickelt sich zum Notfall. Der Transport der Babys erfordert besonders ausgestattete Notarztwagen, wie sie die Björn Steiger Stiftung seit 1974 entwickelt. Das neueste Modell soll in der zweiten Jahreshälfte eingeweiht werden. „Neonatologen sprechen hierbei von einem Quantensprung“, sagt Melanie Storch von der Stiftung. Die Entwicklung des Prototyps kostete etwa eine Million Euro, bis 2014 will die Stiftung 100 dieser Wagen zum Stückpreis von etwa 200.000 Euro finanzieren.

Kern des Babynotarztwagens ist der querliegende Transportinkubator. „Bei Babys ist die Fontanelle am Kopf noch nicht geschlossen“, erläutert Storch, „deshalb müssen sie wegen der beim Transport auftretenden Beschleunigungs- und Brems wirkung quer zur Fahrtrichtung liegen.“ Dieser Quertransport sei jedoch in herkömmlichen Notarztwagen nicht möglich. Überdies ist das gerade entwickelte Modell mit einem neuartigen aktiven Dämpfungssystem ausgestattet, das Erschütterungen und Vibrationen stark reduziert: Elek tromotor und Luftfeder sollen selbst Schlaglöcher von zehn Zen timeter Tiefe ausgleichen. Nahezu die komplette medizintechnische Ausrüstung für das Fahrzeug wird Dräger zur Verfügung stellen. Hierzu gehört das Transportinkubatorsystem, das zusammen mit Neonatologen, Krankenschwestern und Hebammen sowie einem internationalen Team von Medizintechnikern entwickelt wurde. Auch die zentrale Gasversorgung, Beat mungs-geräte und das Monitoring stammen von Dräger. Akustikfachleute im dortigen TestCenter arbeiten zudem an der Schallisolierung im Inneren des Babynotarztwagens.

Dräger-Website für 48 Länder„One Dräger – One Voice“, das gilt auch für das Internet. Seit kurzem erkennt die unternehmenseigene Website auto-matisch, aus welchem Land sie auf-gerufen wird, und leitet dann auf die entspre chende lokale Website weiter. Diese gibt es schon jetzt für 48 Länder und in 29 Sprachen. Allen gemeinsam sind generelle Informationen über das Unter nehmen. Darüber hinaus gibt es informa tive und faszinierende Produkt-ansichten in 360°-Optik ebenso wie Videos oder Produkt demonstrationen. Unter Navi gationspunkten wie „Pro-dukte & Dienstleistungen“, „Einsatz be-reiche“, „Karriere“, „Investoren“, „Presse“ und „Online Ser vices“ erfährt der Besucher mehr über das Unter-nehmen und sein Angebot. Einen Über-blick über die Inhalte des Dräger-hefts findet man unter dem Punkt „Über Dräger“. www.draeger.com

Das Magazin für die Sicherheitstechnik Juni 2010

Drägerheft 385

Gasmesstechnik

Das Labor im Rohr

Unter Tage

Sicherheit durch Fluchtkammern

und innovativen Atemschutz

Nanotechnologie

Kleine Helfer groß im Kommen

Wenn Wälder brennen

Konzepte gegen die heiße Gefahr

Das Magazin für die Sicherheitstechnik

Drägerheft

Wenn Wälder brennen

Konzepte gegen die heiße Gefahr

Gas Detection Laboratory in a tube

Mining Safety through rescue chambers

and respiratory equipment

Nanotechnology Tiny helpers with a big impact

When Forests Burn Concepts for fighting fire with fire

The Magazine for Safety Technology June 2010

Dräger Review 100

Gas DetectionLaboratory in a tube

MiningSafety through rescue chambers

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NanotechnologyTiny helpers with a big impact

When Forests BurnConcepts for fighting fire with fire

The Magazine for Safety Technology June 2010

Dräger Review100Dräger Review100Dräger ReviewDetección de gases Laboratorio en un tubo

Minería Seguridad gracias a refugios e innovadora protección respiratoriaNanotecnología

Pequeñas ayudas con gran efecto

Cuando los bosques arden Conceptos para combatir el fuego con fuego

La revista de la tecnología de seguridad Junio de 2010

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8 Drägerheft 385 | Juni 2010 Drägerheft 385 | Juni 2010

Was wie ein Brandstifter aussieht, ist tatsächlich ein

Feuerwehrmann, der eine Brandschneise legt.

08-13_Waldbrand_S 8 26.05.2010 8:05:03 Uhr

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Drägerheft 385 | Juni 2010 9Drägerheft 385 | Juni 2010

WeltbränDe FOKUS

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Feuer gegen Feuer feuer wird auch heute noch oft und erfolgreich mit FeUer beKämpFt – zur Vorbeugung und als letztes Mittel.

Waldbrand? Da denkt man an Griechenland, Portugal, Aus-tralien und Kalifornien. Dass

es auch in nördlichen Breiten im Som-mer oft brennt, entzieht sich oft unserer Wahrnehmung. Russland etwa: In den 800 Millionen Hektar Nadelwald, die größte zusammenhängende Waldfläche der Welt, brennt es zwischen 20.000 und 35.000 Mal im Jahr. In jedem Sommer steht die Feuerwehr dort vor der unge-heuerlichen Aufgabe, Feuer auf einer Fläche fast so groß wie die USA bekämp-fen zu müssen.

Und sogar das nasse Deutschland ist ein Waldbrandland. „2009 registrier-ten die Behörden etwa 1.000 Waldbrän-de“, sagt Detlef Maushake, Ausbildungs-leiter für Waldbrandbekämpfung bei der deutschen Hilfsorganisation „@fire“, die Lösch- und Bergungshilfe leistet in der europäischen Nachbarschaft, aber kürz-lich auch zu einem Hilfseinsatz nach Hai-ti aufbrach, nach den verheerenden Erd-beben dort. „Flächenbrände werden von der Statistik nicht erfasst. Wir schätzen, dass die Gesamtzahl etwa vier bis fünf Mal über den gemeldeten Fällen liegt.“ Und die Zahl der Brände steigt: Im Mit-telmeerraum hat sich die durchschnitt-liche jährliche Waldbrandfläche seit den 1960er Jahren vervierfacht.

mensch ist brandursache Nr. 1

Ist der Klimawandel Ursache dieser enor-men Zahlen? Maushake seufzt, diese Frage wird ihm oft gestellt, doch er kann keine abschließende Antwort darauf geben. For-scher vermuten, dass sich die Zahl der Brände in den menschenleeren Weiten

Sibiriens, der USA oder Kanadas durchaus erhöhen könnte, bedingt durch Trocken-heit und höhere Temperaturen. Das dabei frei gesetzte Treibhausgas Kohlendioxid könnte dann dazu beitragen, dass sich die Atmosphäre noch schneller erhitzt – ein Teufelskreis. Im dicht besiedelten Europa aber ist für Experten wie Maushake der Mensch Brandursache Nummer eins. Und nicht nur dort: Schätzungsweise 95 Prozent aller Brände weltweit werden von Men-schen verursacht. Manchmal steckt Fahr-lässigkeit dahinter, etwa ein Grillfeuer in heiklem Terrain oder auch ein Pkw mit hei-ßem Katalysator, der über trockenem Laub abgestellt wurde. Oft finden die Fachleu-te aber auch Hinweise auf Brandstiftung, angetrieben von Boshaftigkeit, Pyromanen-tum, Versicherungsbetrug, Bodenspekula-tionen, um vermeintlich nutzlosen Wald in ergiebiges Weide- oder teures Bauland zu verwandeln oder als Arbeitsbeschaffungs-maßnahme. In Spanien, Portugal und Grie-chenland werden die meisten Feuerwehr-leute nach Bedarf eingestellt. Den schaffen sie sich mitunter selbst.

Die Folgen der Zündelei lassen sich inzwischen fast das gesamte Jahr über im Fernsehen betrachten. Immer brennt es irgendwo, und wenn die Waldbrandsaison in Südeuropa gerade vorbei ist, beginnt sie auf der Südhalbkugel, etwa in Australien oder in Afrika. Weltweit brennt es in jedem Jahr auf einer Fläche von über dreihun-dert Millionen Hektar. Tausende von Men-schen müssen vor den Flammen fliehen. „Wir sehen die Tendenz, dass in vielen Regionen die Feuer nicht nur an Fläche zunehmen, sondern auch in ihren Auswir-kungen sehr viel schwerwiegender wer-

Was wie ein brandstifter aussieht, ist tatsächlich ein

Feuerwehrmann, der eine brandschneise legt.

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10 Drägerheft 385 | Juni 2010

FOKUS WeltbränDe

Drägerheft 385 | Juni 2010

den“, hat der Feuerökologe Johann Georg Goldammer beobachtet, er leitet das Glo-bal Fire Monitoring Center in Freiburg und bewertet seit vielen Jahren das Wald-brandgeschehen auf der ganzen Welt.

Feuerspringer: Hilfe vom Himmel

Wenn nicht gerade ein Blitzschlag die Ursache war, beginnt ein Waldbrand immer als Bodenfeuer. Solange sie noch nicht in die Wipfel gesprungen sind, las-sen sich die Brände einfach löschen. Mit Schaufel, Feuerpatsche, Kettensäge, Reisig - Ästen, einem Werkzeug namens Pulaski, das auf der einen Seite eine Axt und auf der anderen eine Hacke ist – manchmal kämpfen die Löschtruppen sogar mit bloßen Händen gegen die Flammen.

In den Nadelwaldweiten Russlands und der USA haben sich die Feuerspringer (Smokejumpers) als wirkungsvollste Ein-satztruppe gegen das Feuer erwiesen. Am Fallschirm springen sie aus Flugzeugen oder klettern aus einem Hubschrauber ins bedrohte Waldgebiet und beginnen den manchmal tagelangen Kampf gegen die Flammen. Erfunden wurde diese Art der Brandbekämpfung im Russland der 1920er Jahre. Die fliegende Feuerwehr existiert dort noch heute unter ihrem Namen Awialessoochrana, zu Deutsch etwa „Luftbewachung der Wälder“: 1930 kletterten die ersten Feuerwehrleute der Awialessoochrana auf die Tragflächen ihrer Transportmaschine, sprangen über einem vom Feuer eingekreisten Dorf ab.

Zwei Wege gibt es, einen Brand zu stop-pen: Luftentzug, etwa durch Sand. Oder man entfernt alles brennbare Material aus dem Weg der Flammen. Bereits ein 30

Zentimeter schmaler Graben im Erdreich kann ein Bodenfeuer stoppen. Zur Not legen die Löschkräfte ein kleines kontrolliertes Gegenfeuer, um dem eigentlichen Feuer die Nahrung zu nehmen. „Ein gutes Inst-rument, um gerade in unwegsamen oder durch Munition belastetem Gelände, wo Fahrzeuge nicht hinkommen, oder in ent-legenen Regionen, die Flammen zu stop- pen“, sagt Detlef Maushake. In Deutsch-land ist der Wald durch die Bewirtschaf-tung meist so gut erschlossen, dass die Forststraßen solche Verteidigungslinien bilden können. Ganz anders sieht es in der dichten Macchia („Dickicht, Gebüsch“) in südeuropäischen Ländern aus.

Noch heute unterscheidet sich die Vor-gehensweise der Smokejumper kaum von der Arbeit der Gründerväter. Zwar lassen sich die Fallschirme präziser steuern, es gibt Satellitennavigation und Funktele-fone. Doch wenn die Einsatzkräfte erst einmal abgesprungen sind, sind sie völlig auf sich gestellt, bis entweder das Feuer gelöscht ist und sie zur nächsten Straße marschieren, um sich einsammeln zu las-sen, oder sie von einem Helikopter evaku-iert werden. Zumindest die amerikanische Luftfeuerwehr verfügt heute über bessere Schutzkleidung als die Altvorderen.

Lernen von den USA

Die Hilfskräfte in den USA und auch die Freiwilligen von der deutschen „@fire“-Gruppe tragen statt dem Dunkelblau der normalen Feuerwehren ein schrilles Gelb. „Das heizt sich in der Sonne weniger auf“, erklärt Maushake. Die Schutzkleidung der Waldbrandlöscher ist auch weniger stark gepolstert als die der Gebäudelöschein-

heiten. „Bei der anderen Kleidung ist die Schutzwirkung größer, die für drau-ßen muss aber leicht sein, das gilt auch für den Helm (Anm. d. Red.: siehe auch Nachrichten Seite 6), denn wir müssen auch bei großer Hitze einige Tage damit unterwegs sein können und mit der Hitze klarkommen.“ Pflicht für seine Leute ist auch ein Schutzzelt, das zu einem hand-lichen Paket verpackt immer dabei ist. Es besteht aus einem feuerfestem Spezial-gewebe, das mit einer Aluminiumschicht bedampft ist, die bis zu 95 Prozent der Hitzestrahlung reflektiert. „Das ist wie ein Airbag im Auto“, sagt Maushake, „man will das lieber nicht benutzen. Aber es ist sicherer, eines dabeizuhaben.“

Der Berufsfeuerwehrmann hatte sich selbst bislang zehn Fortbildungsreisen in die USA verordnet, um von den Kollegen das Löschen von Wald- und Buschbrän-den zu lernen. „Der größte Unterschied zwischen einem Flächen- und einem Gebäudebrand ist die Dynamik des Feu-ers“, erklärt Maushake. „Draußen gibt es mehr Einflussfaktoren. Schon eine Wolke vor der Sonne kann den Brand dämpfen. Waldbrände bewegen sich, es ist wie beim Schach: Man muss vorausdenken!“

Wenn die Flammen ganze Bäume erfasst haben, können die Mannschaften am Boden kaum noch etwas ausrichten. Dann ist die Stunde der Löschflugzeu-ge gekommen. Speziell für diese Zwecke entwickelt wurde die Maschine CL-415 vom kanadischen Unternehmen Cana-dair. Das Amphibienflugzeug kann seine Wasserfracht bei 120 Stundenkilometern im Tiefflug über einem Gewässer aufneh-men – 6.000 Liter in zwölf Sekunden.

Beim Abwurf wird das Wasser mit brand-hemmenden Chemikalien vermischt, um die Löschwirkung zu verstärken. Nur 30 Meter über den brennenden Baum-wipfeln drehen die Piloten die vier Ven-tile ihrer Löschtanks auf, entweder fein dosiert oder auf einen Schlag, damit die Wassermassen selbst durch dichtes Laub-dach brechen. Bislang weltweit einzigar-tig ist die zum Löschflugzeug umgebaute Boeing 747-200, die die Evergreen Inter-national Airline bei Bedarf an Regierun-gen vermietet. Der „Lösch-Jumbo“ kann bis zu 77.600 Liter aufnehmen und kam zum ersten Mal bei Waldbränden in Spa-nien im Juli 2009 zum Einsatz.

Feuerplanet Erde

Wenn man von der totalitären Zerstö-rungskraft von Vollfeuern absieht, die es ohne menschliches Zutun aber kaum gibt, stört sich die Natur selbst weit weni-ger an den Flammen als wir Menschen glauben. Viele Ökosysteme brauchen sogar die Kraft der Flammen, um existie-ren zu können. Computersimulationen haben gezeigt, dass in einer Welt ohne Feuer zwar ein Drittel mehr Wald wach-sen würde – viele artenreiche Landschaf-ten wie Heide-Gebiete aber gingen dauer-haft verloren, wenn nicht regelmäßig ein Feuer darüber striche.

Seit Pflanzen die Landflächen der Erde bevölkern, gibt es großflächige Brän-de auf dem Planeten. Als älteste Belege dafür fanden Geologen 420 Millionen Jah-re alte verkohlte Pflanzenreste in tiefen Gesteinsschichten verborgen. „Wir leben auf einem Feuerplaneten“, sagt Feuer-ökologe Goldammer, der sich dafür ein-

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Einmal abgesprungen, ist der Smokejumper völlig auf sich gestellt

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Drägerheft 385 | Juni 2010 11Drägerheft 385 | Juni 2010

WeltbränDe FOKUS

heiten. „Bei der anderen Kleidung ist die Schutzwirkung größer, die für drau­ßen muss aber leicht sein, das gilt auch für den Helm (Anm. d. Red.: siehe auch Nachrichten Seite 6), denn wir müssen auch bei großer Hitze einige Tage damit unterwegs sein können und mit der Hitze klarkommen.“ Pflicht für seine Leute ist auch ein Schutzzelt, das zu einem hand­lichen Paket verpackt immer dabei ist. Es besteht aus einem feuerfestem Spezial­gewebe, das mit einer Aluminiumschicht bedampft ist, die bis zu 95 Prozent der Hitzestrahlung reflektiert. „Das ist wie ein Airbag im Auto“, sagt Maushake, „man will das lieber nicht benutzen. Aber es ist sicherer, eines dabeizuhaben.“

Der Berufsfeuerwehrmann hatte sich selbst bislang zehn Fortbildungsreisen in die USA verordnet, um von den Kollegen das Löschen von Wald­ und Buschbrän­den zu lernen. „Der größte Unterschied zwischen einem Flächen­ und einem Gebäudebrand ist die Dynamik des Feu­ers“, erklärt Maushake. „Draußen gibt es mehr Einflussfaktoren. Schon eine Wolke vor der Sonne kann den Brand dämpfen. Waldbrände bewegen sich, es ist wie beim Schach: Man muss vorausdenken!“

Wenn die Flammen ganze Bäume erfasst haben, können die Mannschaften am Boden kaum noch etwas ausrichten. Dann ist die Stunde der Löschflugzeu­ge gekommen. Speziell für diese Zwecke entwickelt wurde die Maschine CL­415 vom kanadischen Unternehmen Cana­dair. Das Amphibienflugzeug kann seine Wasserfracht bei 120 Stundenkilometern im Tiefflug über einem Gewässer aufneh­men – 6.000 Liter in zwölf Sekunden.

Beim Abwurf wird das Wasser mit brand­hemmenden Chemikalien vermischt, um die Löschwirkung zu verstärken. Nur 30 Meter über den brennenden Baum­wipfeln drehen die Piloten die vier Ven­tile ihrer Löschtanks auf, entweder fein dosiert oder auf einen Schlag, damit die Wassermassen selbst durch dichtes Laub­dach brechen. Bislang weltweit einzigar­tig ist die zum Löschflugzeug umgebaute Boeing 747­200, die die Evergreen Inter­national Airline bei Bedarf an Regierun­gen vermietet. Der „Lösch­Jumbo“ kann bis zu 77.600 Liter aufnehmen und kam zum ersten Mal bei Waldbränden in Spa­nien im Juli 2009 zum Einsatz.

Feuerplanet Erde

Wenn man von der totalitären Zerstö­rungskraft von Vollfeuern absieht, die es ohne menschliches Zutun aber kaum gibt, stört sich die Natur selbst weit weni­ger an den Flammen als wir Menschen glauben. Viele Ökosysteme brauchen sogar die Kraft der Flammen, um existie­ren zu können. Computersimulationen haben gezeigt, dass in einer Welt ohne Feuer zwar ein Drittel mehr Wald wach­sen würde – viele artenreiche Landschaf­ten wie Heide­Gebiete aber gingen dauer­haft verloren, wenn nicht regelmäßig ein Feuer darüber striche.

Seit Pflanzen die Landflächen der Erde bevölkern, gibt es großflächige Brän­de auf dem Planeten. Als älteste Belege dafür fanden Geologen 420 Millionen Jah­re alte verkohlte Pflanzenreste in tiefen Gesteinsschichten verborgen. „Wir leben auf einem Feuerplaneten“, sagt Feuer­ökologe Goldammer, der sich dafür ein­ >

Aus der Luft bekämpfen Löschflugzeuge und – wie hier – in bergigem Gebiet auch Helikopter das Feuer.

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FOKUS WeltbränDe

Drägerheft 385 | Juni 2010

die Überwachung der Landflächen, aber auch Aufklärungskampagnen und Trai­nings, um der Bevölkerung das kontrol­lierte Brennen beizubringen. „Integrier­tes Feuermanagement“ nennt das Held, nur etwa zehn Prozent davon sind Feuer­unterdrückung, der Rest wirkt präventiv. Lieber kontrolliert brennen

In weiten Teilen Afrikas hat das kontrol­lierte Brennen lange Tradition. Die Land­besitzer legen viele kleine, aber keine destruktiven Feuer, die das tote Pflanzen­material zersetzen, das lebende aber unbe­schädigt lassen. Aus der Luft betrachtet, sehen manche Regionen aus wie Schach­brettmuster. Dort, wo die Technik rich­tig angewendet wird, kommt es kaum zu Katastrophen. „Die Leute brennen früh im Jahr, wenn die Pflanzen noch grün sind und die Luft feucht ist. Unter diesen Bedingungen gehen die Feuer nachts ohne menschliches Zutun wieder aus“, erklärt Held. Eine ähnliche Strategie empfiehlt er auch europäischen Brandmanagern. „Es wird ohnehin brennen, dann lieber kontrolliert und schonend für die Vegeta­tion und den Boden.“ Die Bekämpfung von Bränden hält er für ein hoffnungs­loses Unterfangen. „Griechenland hat die meisten Flugzeuge, und trotzdem brennt es alle zwei Jahre gewaltig.“

Doch das Bild wandelt sich: „Immer mehr Länder trauen sich, Feuer gegen Feuer einzusetzen“, sagt Held. Und er fordert noch mehr Mut, um neue Wege beim Feuermanagement zu gehen: „Es ist schwierig zu vermitteln, dass es am besten wäre, im Frühjahr rund um Athen 1.000 kleine Feuer zu legen.“ Hanno Charisius

Oktober 1825: im großen Miramichi-feuer im kanadischen bundes - staat new brunswick sterben 160 Menschen, viele von ihnen sind insassen eines gefäng-nisses. 16.000 Quadrat- kilometer Wald werden vernichtet.

August 1936: Die russische holzfällerstadt Kursha-2 brennt in einem feuersturm nieder. 1.200 Menschen sterben.

August 1975: brand in der lüneburger heide, 74 Quadratkilo-meter vernichtet. fünf feuer wehrleute sterben.

Zwischen 1997 und 1998 brennen in indo - ne si en 97.000 Quadrat-kilometer regenwald ab und setzen 2,6 giga- tonnen des treib haus-gases Kohlendioxid frei.

Juli 2005: in der spanischen Provinz guadalajara brennen 130 Quadratkilometer Wald nieder. elf brand- bekämpfer sterben.

Juli/September 2007: in ganz griechenland brennt es. Mehr als 3.000 einzelne feuer vernichten 2.700 Quadratkilometer Wald und Plantagen. 84 Menschen sterben.

Februar 2009: im australischen bundes-staatVictoria vernich- ten 400 einzelne brände 4.500 Quadratkilo- meter buschland. 173 Menschen sterben in den flammen, 414 werden verletzt.

August/Oktober 2009: Das „Station fire“ wütet am Stadtrand von los Angeles. es zerstört 89 häuser, vernichtet 650 Quadratkilometer busch-land und Wald, mitten- drin der tujunga Canyon, ein bedeutsames naherholungsgebiet und touristen attrak tion. ermittlungen ergeben, dass ein brandstifter das feuer entfacht hatte. Zwei feuerwehrleute sterben im einsatz. es wird Mordanklage gegen den unbekannten täter erhoben.

Waldbrandkatastrophen

> setzt, dem Feuer wieder mehr Raum zu geben. So verbreitet sich seit einigen Jah­ren eine auf den ersten Blick kuriose Stra­tegie unter den Waldbrandbekämpfern: Sie gehen dazu über, Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Ihr Ziel ist es nicht, Flammen zu löschen, sondern zu verhindern oder wenigstens zu beherrschen.

Brände können überhaupt nur gefähr­lich werden, weil zu viel brennbares Mate­rial im Wald liegt. Das tote Pflanzenma­terial aus dem Vorjahr bleibt liegen, und sobald der Schnee geschmolzen ist und die Sonne zwei Tage geschienen hat, brennt das Zeug wie Zunder. Das war früher anders, als die Landbevölkerung jeden noch so kleinen Zweig aufklaubte, um damit den heimischen Herd zu hei­zen. Feuerexperte Goldammer vergleicht die Wirkung eines schwachen, kontrollier­ten Bodenfeuers in einem Wald mit einer leichten Durchforstung durch den Men­schen – schwächere Bäume verschwin­den, gesunde bleiben erhalten und junge können nachwachsen, weil sie am Boden mehr Licht bekommen. So könnte man den gefährlichen heißen Feuern vorbeu­gen, die von einem Wald nichts übrig las­sen außer ein paar verkohlten Stümpfen.

Integriertes Feuermanagement

„Wir sollten nicht den Brand verhindern, sondern seine Intensität mindern“, sagt Alexander Held vom Beratungsunterneh­men Working on Fire, ein international anerkannter Feuermanager. Wenn er von der „Feuerindustrie“ spricht, meint er unter anderem Serviceleistungen, die etwa sein Unternehmen für Regierungen oder Großgrundbesitzer anbietet. Dazu gehören

Der Sprung ins oft Ungewisse: Ein Smokejumper schwebt in

das Brandgebiet, um das Feuer vom Boden zu bekämpfen.

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WeltbränDe FOKUS

die Überwachung der Landflächen, aber auch Aufklärungskampagnen und Trai­nings, um der Bevölkerung das kontrol­lierte Brennen beizubringen. „Integrier­tes Feuermanagement“ nennt das Held, nur etwa zehn Prozent davon sind Feuer­unterdrückung, der Rest wirkt präventiv. Lieber kontrolliert brennen

In weiten Teilen Afrikas hat das kontrol­lierte Brennen lange Tradition. Die Land­besitzer legen viele kleine, aber keine destruktiven Feuer, die das tote Pflanzen­material zersetzen, das lebende aber unbe­schädigt lassen. Aus der Luft betrachtet, sehen manche Regionen aus wie Schach­brettmuster. Dort, wo die Technik rich­tig angewendet wird, kommt es kaum zu Katastrophen. „Die Leute brennen früh im Jahr, wenn die Pflanzen noch grün sind und die Luft feucht ist. Unter diesen Bedingungen gehen die Feuer nachts ohne menschliches Zutun wieder aus“, erklärt Held. Eine ähnliche Strategie empfiehlt er auch europäischen Brandmanagern. „Es wird ohnehin brennen, dann lieber kontrolliert und schonend für die Vegeta­tion und den Boden.“ Die Bekämpfung von Bränden hält er für ein hoffnungs­loses Unterfangen. „Griechenland hat die meisten Flugzeuge, und trotzdem brennt es alle zwei Jahre gewaltig.“

Doch das Bild wandelt sich: „Immer mehr Länder trauen sich, Feuer gegen Feuer einzusetzen“, sagt Held. Und er fordert noch mehr Mut, um neue Wege beim Feuermanagement zu gehen: „Es ist schwierig zu vermitteln, dass es am besten wäre, im Frühjahr rund um Athen 1.000 kleine Feuer zu legen.“ Hanno Charisius

setzt, dem Feuer wieder mehr Raum zu geben. So verbreitet sich seit einigen Jah­ren eine auf den ersten Blick kuriose Stra­tegie unter den Waldbrandbekämpfern: Sie gehen dazu über, Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Ihr Ziel ist es nicht, Flammen zu löschen, sondern zu verhindern oder wenigstens zu beherrschen.

Brände können überhaupt nur gefähr­lich werden, weil zu viel brennbares Mate­rial im Wald liegt. Das tote Pflanzenma­terial aus dem Vorjahr bleibt liegen, und sobald der Schnee geschmolzen ist und die Sonne zwei Tage geschienen hat, brennt das Zeug wie Zunder. Das war früher anders, als die Landbevölkerung jeden noch so kleinen Zweig aufklaubte, um damit den heimischen Herd zu hei­zen. Feuerexperte Goldammer vergleicht die Wirkung eines schwachen, kontrollier­ten Bodenfeuers in einem Wald mit einer leichten Durchforstung durch den Men­schen – schwächere Bäume verschwin­den, gesunde bleiben erhalten und junge können nachwachsen, weil sie am Boden mehr Licht bekommen. So könnte man den gefährlichen heißen Feuern vorbeu­gen, die von einem Wald nichts übrig las­sen außer ein paar verkohlten Stümpfen.

Integriertes Feuermanagement

„Wir sollten nicht den Brand verhindern, sondern seine Intensität mindern“, sagt Alexander Held vom Beratungsunterneh­men Working on Fire, ein international anerkannter Feuermanager. Wenn er von der „Feuerindustrie“ spricht, meint er unter anderem Serviceleistungen, die etwa sein Unternehmen für Regierungen oder Großgrundbesitzer anbietet. Dazu gehören

„Es ist ein Lebensstil“JOHn TwISS, 63, ist Präsident der nordamerikanischen national Smokejumper Association. Zwischen 1967 und 1976 sprang er selbst aus flugzeugen über Waldbränden ab und blieb oft tage, bis alle flammen gelöscht waren. er lebt in Custer, South Dakota.

Erinnern Sie sich an Ihren ersten Fallschirmsprung aus einem Flugzeug in einen brennenden wald? Aber sicher! Das war vor mehr als 30 Jahren. Durch das training war ich gut vorbereitet, doch gerade deshalb ist es aufregend: weil man genau weiß, was auf einen zukommt. wie klingt ein waldbrand?ein kleines feuer macht nicht viel lärm. ein großes, das ganze bäume verschlingt, kann ziemlich laut werden, wie ein Zug. Wenn man dieses geräusch hört, weiß man aber auch, dass man in der Klemme steckt und schleunigst von dort weg kommen sollte. was geht einem durch den Kopf auf dem Luftweg zum Einsatzort?Wenn es ein langer flug ist, dann schläft man normalerweise, sammelt Kräfte. bei einer kurzen reise bis zu drei Stunden quatscht man mit den Kollegen, prüft die Ausrüstung und studiert die Karten vom Absprunggebiet. was ist das Erste, was ein Smokejumper nach der Landung tut? falls er in einem baum gelandet ist, muss er zusehen, dass er auf den boden kommt. Das nächste ist, nach dem gepäck mit den Werkzeugen, nahrung und trinkwasser zu schauen, das direkt nach ihm abgeworfen wurde. Dann wird das feuer gelöscht, alles wieder zusammengepackt und in richtung des vereinbarten Sammelpunktes marschiert. wie lange dauert so ein Einsatz? Man bleibt so lange, bis das feuer gelöscht ist oder man von der Zentrale zu einer anderen Stelle beordert wird. Das kann zwei, drei tage dauern, so lange reicht der Proviant. Und wenn der Proviant aufgebraucht ist? Dann isst man, was man findet oder auch mal nichts. Wenn man länger draußen ist, wird oft nahrung und Wasser von einem flugzeug abgeworfen.Klingt nach einem entbehrungsreichen Beruf. früher lag das optimale Alter für einen Smokejumper unter 30 Jahre. heute treffen sie aktive Springer, die über 50 Jahre alt sind. was hat sich noch verändert? Die fallschirme lassen sich heute besser lenken. So kann man besser an felsen und bäumen vorbeisteuern. und ich finde es gut, dass Smokejumper heute auch für das kontrollierte Ausbrennen von brennbarem Material in waldbrandgefährdeten gebieten eingesetzt werden – vermutlich wird das in Zukunft häufiger passieren. weiter im Internet: www.draeger.com/385/feuerwehr

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14 Drägerheft 385 | Juni 2010 Drägerheft 385 | Juni 2010

Im Bauch des Berges Sichere Orte unter tage und innovative Atemschutzausrüstungen sind zeitgemäße Lösungen im Berg- und tunnelbau. Auf ihnen basieren aktuelle Rettungskonzepte in aller Welt – die Anforderungen an notfallpläne für gruben und Baustellen in mehreren hundert Meter tiefe haben sich indes verschärft.

Hochbetrieb unter Tage braucht höchste Sicherheit – das gilt für den Schacht Konrad im nieder-

sächsischen Salzgitter ebenso wie für die Olympic Dam-Mine auf der anderen Seite des Erdballs, in Australien. Dabei unter-scheiden sich beide Gruben erheblich in ihrer Nutzung: In Deutschland entsteht im Bergwerk ein Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle, während in der größten Untertageanlage Australiens neue Lagerstätten für den Abbau von Erzen erschlossen werden. Beide verbin-det hingegen ihre Sicherheitsaus stattung, mit Rettungskammern und Schutzräu-men, die im internationalen Vergleich ein sehr hohes Niveau erreicht hat.

Wie wichtig die Verbesserung der Sicherheit unter Tage in vielen Ländern noch immer ist, zeigen Berichte über Grubenunglücke. Allerdings verändert sich diese Situation zum Besseren: Wäh-rend Minen und Verkehrstunnel in den vergangenen Jahren immer größer wur-den, haben sich die Anforderungen an die Sicherheit im Berg- und Tunnelbau welt-weit verschärft. „Und die Gesetzgeber for-dern immer höhere Standards ein“, sagt Norbert Poch, Leiter des Bereichs Atem-luftversorgungssysteme bei Dräger. Inno-vative Schutz- und Rettungstechnik für den Bergbau stand deshalb auch auf der International Mines Rescue Con ference im Herbst 2009 in Tschechien im Mittel-punkt (siehe Interview Seite 17).

Individuelle Rettungskonzepte

Wegen der unterschiedlichen Bedingun-gen unter Tage setzen sichere Rettungs-konzepte auf individuelle Lösungen. Zu ob schacht konrad oder olympic Dam: „Down under“ sind die Risiken überall ähnlich. Die Rettungskammer ist gasdicht: Im Inneren kann aufgeatmet werden.

Diese autonome Rettungskammer bietet schutz vor Rauch und partikeln.

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BergBau RepoRt

Im Bauch des Berges Sichere Orte unter tage und innovative atemschutzausrüstungen sind zeitgemäße Lösungen im Berg- und tunnelbau. auf ihnen basieren aktuelle Rettungskonzepte in aller Welt – die anforderungen an notfallpläne für gruben und Baustellen in mehreren hundert Meter tiefe haben sich indes verschärft.

deren wichtigsten Elementen gehören Atemschutzausrüstungen zur Selbstret-tung und „sichere Häfen“ wie Rettungs-kammern und Schutz räume. „Die ver-schiedenen Varianten beider Systeme ergänzen sich dabei“, erklärt Norbert Poch und verweist darauf, „dass heutige Rettungskonzepte oft eine Kombination aus Schutzräumen, Rettungskammern und persönlicher Atemschutz ausrüstung enthalten.“

Flucht nach draußen

Schutzräume und Rettungskammern bieten sehr gute Überlebenschancen, selbst bei Explosionen, Bränden oder dem Austritt schädlicher Gase. Schutz-räume sind stationär ausgelegt. Meist wird dazu ein Blindstollen durch Mauern und eine Schleuse von der Grube abge-trennt. In diesen Räumen kann eine grö-ßere Anzahl von Menschen über einen längeren Zeitraum auf die Fremdret-tung warten. Rettungskammern sind dagegen meist als mobile Container aus-geführt und auch als Zwischenstation für die Selbstrettung gedacht. „Denn, wo immer möglich, sollte die Selbstret-tung durch Flucht nach draußen ange-strebt werden“, sagt Dietmar Diercks, Produktspezialist bei Dräger.

Wegweisend ist dabei innovative Atem-schutztechnik: Drägers Charge Air bietet ein System mit Atemluft-Nachfüllstatio-nen für die Selbstrettung über weitere Strecken. Charge Air kommt heute vor allem in Kohlebergwerken zum Einsatz, wo die Flucht aus der Grube (Selbstret-tung) aufgrund der Schlagwetter- und Feuerproblematik absoluten Vorrang >ob schacht konrad oder olympic Dam: „Down under“ sind die Risiken überall ähnlich. Die Rettungskammer ist gasdicht: Im Inneren kann aufgeatmet werden.

Diese autonome Rettungskammer bietet schutz vor Rauch und partikeln.

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im Vergleich zu Rettungsraumkonzep-ten hat. Charge Air erlaubt das schnel-le Wiederauffüllen von Pressluftatmern: „In 45 bis 70 Sekunden kann eine 9-Liter- Flasche von 50 auf 300 bar befüllt werden, ohne die Atemluftversorgung zu unterbrechen“, erklärt Stefan Reiling von Dräger, der das System in Australien betreut. Das entspricht einem Atemluft-vorrat für 60 Minuten. Nachgefüllt wird mit einem rein pneumatisch gesteuerten sequentiellen Kaskadensystem, das – im Vergleich zur Direktbefüllung – den Luft-vorrat effizienter ausnutzt. Dräger bietet standardmäßig die Charge Air-Anlagen zum Auffüllen von 20 oder 40 Atemluft-flaschen an. Mit Charge Air sind länge-re Evakuationswege als mit Sauerstoff-selbstrettern möglich, bei angenehmerer Atemluft. Oaky Creek Coal in Queens-land, Australien, ist zurzeit mit mehr als 80 Systemen im Einsatz der größte Kun-de für diese Technik.

Mitten im Outback, rund 600 km nörd-lich von Adelaide, liegt die derzeit größ-te Untertageanlage des roten Kontinents. Olympic Dam ist eine Welt für sich: Jeden Tag sind hier mehrere hundert Bergleute in den Gängen unterwegs, in voller Mon-tur mit Atemschutzmaske am Gürtel und Grubenlampe am Helm. Täglich werden neue Tunnel eröffnet, einer sieht aus wie der andere, auf mehreren hundert Kilo-metern zieht sich ein Gewirr von Straßen und Stollen durch den Granit.

Bis zu 36 Stunden Schutz

Von Dräger stammt der neue Schutz-raum, in dem bis zu 100 Personen bis zu 36 Stunden Schutz und Sicherheit finden sollen. Ein leichter Überdruck gegen-über der Atmosphäre im Bergwerk, ein Luftschleiergerät und eine Luftschleu-se sollen schädliche Gase draußen hal-ten. Die Regeneration übernimmt die Abscheidung von Kohlendioxid aus der

> die Evakuierung müsste über Schacht Konrad 2 abgewickelt werden.

Dass außerdem Rettungskammern in Deutschland direkt vor Ort beim Auffahren der Einlagerungskammern eingesetzt werden, entspricht den Vorschriften der „Allgemeinen Bergver-ordnung über Untertagebetriebe, Tage- baue und Salinen“ (ABVO; siehe Kasten Seite 16). Demnach sind Streckenvortrie-be ab einer Länge von 400 Meter durch Rettungskammern zu sichern, wenn kei-ne zweite Verbindung zu anderen Gruben-bauen besteht und den Bergleuten somit der Fluchtweg durch einen Brand ver-sperrt werden kann. „In diese Kammern flüchtet sich bei Gefährdung lediglich die Vor-Ort-Belegschaft“, erklärt Ingo Sand-mann, der bei Dräger den hier zuständi-gen Vertriebsbereich Nord in Deutschland verantwortet.

Auch Tunnel sorgen für Nachfrage

Der Bedarf an Sicherheits- und Rettungs-technik für Arbeiten unter Tage steigt weiter: Neben Bergwerken sorgen bei-spielsweise auch Baustellen für Tun-nel mit großer Länge, wie etwa der Gotthard-Basistunnel in den Schweizer Alpen, für Nachfrage (siehe auch Dräger-heft 381; Seite 32 ff.). Aber die Sicherheit tief unten im Bauch des Berges ist nicht der einzige Einsatz für Schutzräume und Rettungskammern: Ähnliche Lösungen werden auch auf Offshore-Bohrinseln eingesetzt. Peter Thomas

Richtlinien und VorschriftenWeltweit werden die rahmenbedingungen für den einsatz von rettungs- und flucht- kammern durch richtlinien und Vorschriften vorgegeben. in Deutschland ist hier- für neben der „Allgemeinen Bergverordnung über untertagebetriebe, tagebaue und Salinen“ (ABVO) der „Leitfaden für Planung und umsetzung eines Sicherheits- und gesundheitsschutzkonzeptes auf untertagebaustellen“ des Deutschen Ausschusses für unterirdisches Bauen (DAuB) maßgeblich. Zu entsprechenden inter nationalen regelungen zählen zum Beispiel die final rule (2008) „refuge Alter natives for under- ground Coal Mines“ der uS Mine Safety and health Administration (MShA), die „Mining and Quarrying Safety and health regulation 2001“ von Queensland und die richtlinie „refuge Chambers in underground Metalliferous Mines“ des Depart- ment of industry and resources von Westaustralien.

Atemluft im klimatisierten Schutzraum und führt entsprechend dosiert Sauer-stoff zu. Gasmesstechnik überwacht kontinuierlich schädliche Gase in der Schleuse sowie die Konzentrationen von Sauerstoff, Kohlendioxid und Kohlen-monoxid im Raum.

Ein Schutzraum soll auch zur Sicher-heitsausstattung von Schacht Konrad gehören, wo der Erzbergbau bereits im Jahr 1976 eingestellt wurde. Mehr als drei Jahrzehnte später laufen hier die Arbeiten, um das Bergwerk in Salzgitter für seine künftige Aufgabe als Endlager radioaktiver Abfälle mit vernachlässig-barer Wärmeentwicklung zu ertüch-tigen. Zu den ersten Schritten des Umbaus gehört die Installation von Rettungskammern sowie eines Schutz-raumes. Diese Räume dienen vor allem während der Umrüstphase als Rück-zugsort. „Denn die Risiken bei Auffah-rungen und Versatz unterscheiden sich kaum von jenen in einem aktiven Erz-bergwerk“, sagt Dr. Thorsten Rebehn von der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfall stoffe mbH (DBE). Die Umrüstphase soll von 2010 bis 2014 dauern.

Der Schutzraum (für bis zu 150 Per-sonen) wird vor dem Extremszenario ent-wickelt, dass ein Brand im 1957 abgeteuf-ten Schacht Konrad 1 entsteht. Dieser ist der „einziehende Schacht“ der Grube, durch den die Frischwetter einströmen, weshalb er als Weg bei einer eventuel-len Evakuierung bevorzugt wird. Im Fall eines Brandes im einziehenden Schacht könnte die gesamte Grube mit schäd-lichen Gasen beaufschlagt werden, und

Die Rettungskammer lässt sich flexibel konfigurieren und kann bis zu 20 Personen mehrere Tage lang Schutz bieten.

Charge Air: für das schnelle Wiederbefüllen von Pressluftatmern – ein Plus für die Sicherheit.

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Weiter im internet, dort unter anderem: Produktinformationen

www.draeger.com/385/bergbau

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Drägerheft 385 | Juni 2010 17Drägerheft 385 | Juni 2010

BergBau RepoRt

die Evakuierung müsste über Schacht Konrad 2 abgewickelt werden.

Dass außerdem Rettungskammern in Deutschland direkt vor Ort beim Auffahren der Einlagerungskammern eingesetzt werden, entspricht den Vorschriften der „Allgemeinen Bergver-ordnung über Untertagebetriebe, Tage- baue und Salinen“ (ABVO; siehe Kasten Seite 16). Demnach sind Streckenvortrie-be ab einer Länge von 400 Meter durch Rettungskammern zu sichern, wenn kei-ne zweite Verbindung zu anderen Gruben-bauen besteht und den Bergleuten somit der Fluchtweg durch einen Brand ver-sperrt werden kann. „In diese Kammern flüchtet sich bei Gefährdung lediglich die Vor-Ort-Belegschaft“, erklärt Ingo Sand-mann, der bei Dräger den hier zuständi-gen Vertriebsbereich Nord in Deutschland verantwortet.

Auch tunnel sorgen für Nachfrage

Der Bedarf an Sicherheits- und Rettungs-technik für Arbeiten unter Tage steigt weiter: Neben Bergwerken sorgen bei-spielsweise auch Baustellen für Tun-nel mit großer Länge, wie etwa der Gotthard-Basistunnel in den Schweizer Alpen, für Nachfrage (siehe auch Dräger-heft 381; Seite 32 ff.). Aber die Sicherheit tief unten im Bauch des Berges ist nicht der einzige Einsatz für Schutzräume und Rettungskammern: Ähnliche Lösungen werden auch auf Offshore-Bohrinseln eingesetzt. peter thomas

Grubenrettung in tschechien VáclAV poštA ist unter anderem Direktor des grubenrettungswesens in der tschechischen republik. Die dortigen Bergwerke setzen seit rund 100 Jahren geräte von Dräger ein.

Herr pošta, worauf sind Sie besonders stolz, wenn Sie auf Ihre jahre lange tätigkeit beim tschechischen Grubenrettungs dienstes zurückblicken?Vor allem darauf, dass im Zeitraum von 31 Jahren – unter meiner direkten Leitung der havarienbekämpfung – kein grubenwehrmann ums Leben kam.Was waren die wichtigsten entwicklungen für die Bergwerkssicherheit in tschechien der vergangenen zehn Jahre?Wir haben vor allem in ausbildung und ausrüstung der Belegschaft investiert: So wurden allein in den vergangenen zwei Jahren für rund 20 Millionen euro Schuhe, arbeits- bekleidung mit reflektoren, Selbstretter, grubenlampen und gasmessgeräte mit Mess-wertspeicherung gekauft. Parallel hierzu hat die Ostrauer Bergbaugesellschaft OKD die ausrüstung weiter vereinheitlicht. So arbeitet jeder Bergmann mit dem gleichen Selbstretter und gasmessgerät. und in die innovation der abbau- und Vortriebstechnik hat die OKD ag während der beiden vergangenen Jahre weiter mehr als 330 Millionen euro investiert. auch das trägt zur Sicherheit bei.Wie ist die Minenrettung für die verschiedenen oKD-Bergwerke organisiert? neben der hauptstelle für das grubenrettungswesen gibt es sieben gruben rettungs-stellen. hier kümmern sich fast 800 freiwillige und hauptberufliche grubenwehrmänner um die Sicherheit oder die rettung der Bergleute. Sind Sie ausschließlich für Sicherheit und Rettung in den Bergwerken zuständig?Oh nein. Der Bergbau steht natürlich im fokus unserer arbeit. aus den derzeit vier gruben fördert OKD rund 13 Millionen tonnen Kohle pro Jahr. aber unsere arbeit reicht noch weiter. So kommt die grubenrettung auch bei Bauarbeiten mit bergmännischen Verfahren zum einsatz – etwa beim tunnel- und dem unterirdischen Leitungsbau. außerdem haben wir Vereinbarungen mit der feuerwehr und dem integrierten rettungssystem der tschechi-schen republik für den einsatz im Zivilbereich getroffen: Bei einem hochhausbrand können wir etwa für die Personenevakuierung 300 Selbstretter zur Verfügung stellen. War die 4. International Mines Rescue conference (IMRc), die im Herbst 2009 in tschechien stattfand, ein leuchtturmprojekt für Sie? auf jeden fall. neben dem aufbau der grubenrettungsausstellung in Ostrava waren die Sitzung des international Mines rescue Body und die 4. internationale Konferenz der grubenrettungsdienste im Jahr 2009 herausragende ereignisse, durch die unsere arbeit auch in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird.Das vollständige Interview ist im Internet abrufbar.

Atemluft im klimatisierten Schutzraum und führt entsprechend dosiert Sauer-stoff zu. Gasmesstechnik überwacht kontinuierlich schädliche Gase in der Schleuse sowie die Konzentrationen von Sauerstoff, Kohlendioxid und Kohlen-monoxid im Raum.

Ein Schutzraum soll auch zur Sicher-heitsausstattung von Schacht Konrad gehören, wo der Erzbergbau bereits im Jahr 1976 eingestellt wurde. Mehr als drei Jahrzehnte später laufen hier die Arbeiten, um das Bergwerk in Salzgitter für seine künftige Aufgabe als Endlager radioaktiver Abfälle mit vernachlässig-barer Wärmeentwicklung zu ertüch-tigen. Zu den ersten Schritten des Umbaus gehört die Installation von Rettungskammern sowie eines Schutz-raumes. Diese Räume dienen vor allem während der Umrüstphase als Rück-zugsort. „Denn die Risiken bei Auffah-rungen und Versatz unterscheiden sich kaum von jenen in einem aktiven Erz-bergwerk“, sagt Dr. Thorsten Rebehn von der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfall stoffe mbH (DBE). Die Umrüstphase soll von 2010 bis 2014 dauern.

Der Schutzraum (für bis zu 150 Per-sonen) wird vor dem Extremszenario ent-wickelt, dass ein Brand im 1957 abgeteuf-ten Schacht Konrad 1 entsteht. Dieser ist der „einziehende Schacht“ der Grube, durch den die Frischwetter einströmen, weshalb er als Weg bei einer eventuel-len Evakuierung bevorzugt wird. Im Fall eines Brandes im einziehenden Schacht könnte die gesamte Grube mit schäd-lichen Gasen beaufschlagt werden, und

charge Air: für das schnelle Wiederbefüllen von pressluftatmern – ein plus für die Sicherheit.

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Weiter im internet, dort unter anderem: Produktinformationen

www.draeger.com/385/bergbau

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RepoRt thema

Drägerheft 385 | Juni 2010

satztaucher ist an Meditation und Ruhe nicht zu denken. Ob Strömung, eiskal-tes oder trübes Wasser: Wenn der Ein- satz kommt, sind sie zur Stelle. „Nimm eine Lampe mit, dann bist du nicht allein“, heißt es in Taucherkreisen, und selbst die müssen sich Tauchprofis von Polizei- und Spezialeinsatzkräften oft verkneifen.

So gesehen ist ein Test von Tauchge-räten bei Optimalbedingungen in einer Indoor-Tauchanlage eher ungewöhnlich. Dennoch bot sich für Einsatztaucher ver-

Blasenfrei abtauchen mit drei millionen Litern Wasserinhalt steht in Siegburg bei Köln die größte indoor-tauchanlage europas. ideale Bedingungen für taucher – und das DRägeR LAR 5000.

schiedener NATO-Länder und Spezial-einheiten Anfang März die Gelegenheit, Tauchgeräte von Dräger unter „Labor-bedingungen“ auszuprobieren. Während Sporttaucher mit einem offenen Tauch-system und Pressluftflasche abtauchen, brauchen Einsatztaucher häufig eine völlig andere Ausrüstung.

Im Mittelpunkt stehen geschlosse-ne (CCR) beziehungsweise halb offene Kreislauf-Tauchsysteme (SCR) wie das Dräger LAR 5000. Geschlossene Tauch-geräte erzeugen keine Luftblasen beim Ausatmen. Eine Eigenschaft, die Einsatz-taucher zu schätzen wissen. Technisch gesehen, wird bei einem geschlossenen Kreislaufsystem die Ausatemluft durch einen Kalkfilter geführt, der das ausge-atmete CO2 absorbiert. Der in der Ausa-

computer lässt sich die Tauchdauer in verschiedenen Tiefen abmessen und ein Multileveltauchen realisieren.

Ins dunkle Blau

Unterhalb der ringförmigen Plattform in sieben Metern gibt es nur noch den Ein-stieg in den Tauchtrichter – dort geht es hinab ins dunkle Blau, bis auf 20 Meter Tiefe. „Beim Tauchen kann man seine Ruhe finden“, sagt Orth. „Für viele ist das auch eine Art Medita tion.“ Doch für Ein-

Indoor-Tauchanlagen liegen im Trend: Die 20 Meter Wassertiefe bietende Anlage in Siegburg ist mit 26 Grad

Wassertemperatur angenehm warm. „Im Frühjahr üben hier Sporttaucher für die neue Saison und prüfen ihre Ausrüs- tung“, konstatiert Stefan Orth, Tauch- lehrer an der Anlage Dive4Life. Der rie-sige Tauchtank enthält eine Unterwas-serlandschaft, die sich erkunden lässt. Bei vier, fünf und sieben Metern gibt es Plattformen. Zusammen mit dem Tauch-

proben für den einsatz: geschlossene Kreislauf-tauchsysteme erzeugen

keine Luftblasen.

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Drägerheft 385 | Juni 2010 19Drägerheft 385 | Juni 2010

tauchen RepoRt

satztaucher ist an Meditation und Ruhe nicht zu denken. Ob Strömung, eiskal-tes oder trübes Wasser: Wenn der Ein- satz kommt, sind sie zur Stelle. „Nimm eine Lampe mit, dann bist du nicht allein“, heißt es in Taucherkreisen, und selbst die müssen sich Tauchprofis von Polizei- und Spezialeinsatzkräften oft verkneifen.

So gesehen ist ein Test von Tauchge-räten bei Optimalbedingungen in einer Indoor-Tauchanlage eher ungewöhnlich. Dennoch bot sich für Einsatztaucher ver-

Blasenfrei abtauchen Mit drei Millionen Litern Wasserinhalt steht in Siegburg bei Köln die größte indoor-tauchanlage europas. ideale Bedingungen für taucher – und das DRägeR LAR 5000.

schiedener NATO-Länder und Spezial-einheiten Anfang März die Gelegenheit, Tauchgeräte von Dräger unter „Labor-bedingungen“ auszuprobieren. Während Sporttaucher mit einem offenen Tauch-system und Pressluftflasche abtauchen, brauchen Einsatztaucher häufig eine völlig andere Ausrüstung.

Im Mittelpunkt stehen geschlosse-ne (CCR) beziehungsweise halb offene Kreislauf-Tauchsysteme (SCR) wie das Dräger LAR 5000. Geschlossene Tauch-geräte erzeugen keine Luftblasen beim Ausatmen. Eine Eigenschaft, die Einsatz-taucher zu schätzen wissen. Technisch gesehen, wird bei einem geschlossenen Kreislaufsystem die Ausatemluft durch einen Kalkfilter geführt, der das ausge-atmete CO2 absorbiert. Der in der Ausa-

temluft noch enthaltene Sauerstoffanteil wird mit frischem Atemgas gemischt und wieder eingeatmet. So wird Atemgas ein-gespart, Tauchgerät und Atemgas flaschen werden kleiner und leichter. „Mit 15 bis 17 Kilogramm ist das LAR 5000 spürbar leichter als ein Druckgas-Tauchgerät“, erläutert Dräger-Portfoliomanager Oliver Schirk. „Zudem ist das Atemgas beim Kreislauf-Tauchgerät deutlich wär-mer, der Temperaturverlust im Körper dadurch geringer.“ Durch die Verwen-dung von Sauerstoff oder Nitrox verrin-gert sich der Anteil des für den berüch-tigten Tiefen rausch verantwortlichen Stickstoffs im Atemgas. Dadurch lassen sich längere Tauchzeiten erzielen.

Flexibilität ist trumpf

Mit einem geschlossenen Kreislauf-Tauchgerät wie dem LAR 5000, im Jargon auch „Rebreather“ genannt, kann man mit reinem Sauerstoff als Atemgas etwa auf zehn Meter Tiefe gehen. Für größere Tiefen werden Mischgase ver wendet – etwa Nitrox, ein Atemluftgemisch mit höherem Sauerstoffanteil. Bei Nitrox mit einem Sauerstoffanteil von 60 Prozent erreichen Taucher Tiefen von 24 Meter und können selbst nach längeren Tauch-gängen schneller an die Oberfläche kom-men, weil die Dekompressionsphasen ver-kürzt werden. Für Spezialeinsatzkräfte unter Wasser macht vor allem die Flexi-bilität der Ausrüstung den Unterschied: „Es gibt Operationen, da müssen die Tau-cher aus einem U-Boot aussteigen. Damit das U-Boot unsichtbar bleibt, kommt man auf eine Ausstiegstiefe von 20 Metern. Für reinen Sauerstoff ist das zu tief“, erklärt

Oliver Schirk. Also verwenden die Tau-cher zum Ausstieg Nitrox und arbeiten mit dem halbgeschlossenen System. Ein Teil der Ausatemluft wird nach außen abgegeben, es entstehen vergleichswei-se wenig Atemblasen. „Ab einer Tiefe von zehn Metern erfolgt dann ein Wechsel von Nitrox auf Sauerstoff im geschlossenen, völlig blasenfreien Modus.“

Bei Berufs- und Feuerwehrtauchern sind solche Rebreather-Systeme noch nicht sehr verbreitet. Doch, so schätzt Dräger-Experte Schirk, hat die Technik auch hier noch Potenzial: „Die Feuerwehrtaucher in New Orleans haben nach dem Hurri-kan Katrina die Erfahrung gemacht, dass trotz Vollmaske der Blasenvorhang im Mas-kenbereich hygienische Probleme mit sich bringt.“ Geringe Wassereinbrüche lassen sich nicht ganz vermeiden. Bei Wasser, in dem Tierkadaver und Fäkalien lauern, kei-ne angenehme Vorstellung.

Ein Polizeitaucher des New York Poli-ce Departments hätte sich vielleicht bei der Notwasserung eines Airbus A320 im Januar 2009 auf dem Hudson River auch ein LAR 5000 gewünscht: Mit einem kon-ventionellen Druckluft-Tauch gerät half er erst an der Wasseroberfläche den Fluggästen im kalten Fluss. Später soll- te er noch alle Sitzreihen der havarier-ten US-Airways-Maschine kontrollieren. Wäre das Flugzeug gesunken, hätte er für den Wiederaufstieg wahrscheinlich nicht mehr genügend Luft in den Fla-schen gehabt. Mit einem offenen Tauch-system reicht diese für etwa eine Stunde – bei einem geschlossenen Kreislaufsystem wie dem LAR 5000 sind hingegen bis zu vier Stunden möglich. Mario gongolsky

Wie in einer Kathedrale fallen die Sonnen strahlen

durch das klare Wasser des tauchturms.

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RepoRt BranDsimulation

Drägerheft 385 | Juni 2010

Zimmerbrand in einem Einfamili-enhaus: Unter Atemschutz dringt ein Angriffstrupp in die Räume

vor. Die zwei jungen Feuerwehrmänner bringen ein C-Rohr mit drei Schlauch-längen und einer Hohlstrahldüse in Posi-tion. Rauch quillt durch den Flur. Der eine geht mit dem Strahlrohr rechts an der Türangel in Hockstellung, der andere steht an der Türklinke, zieht sei-nen Handschuh aus und prüft mit dem Handrücken die Temperatur der Tür von unten nach oben: Sie ist heiß.

Ein Blickkontakt genügt, und die zwei Feuerwehrleute wissen, was zu tun ist. Ein Sicherungsband wird um die Tür-klinke gelegt, auf „drei“ soll es losgehen. Der Mann an der Klinke zählt an und schlägt die Tür auf. Der Kamerad am Schlauch feuert drei Sprüh stöße Wasser ins Zimmer, in dem es lichterloh brennt. Über das Sicherungsband wird die Tür zurück in die Schloss falle gezogen. Noch zwei Mal wiederholt sich die Prozedur, um die Temperatur im Brandraum zu verringern, dann müssen sie das Feuer unter Kontrolle bringen. Die Tür geht ein letztes Mal auf: einen Sprühstoß Was-ser nach rechts und links, anschließend wird ein Wasserstoß in Form einer lie-genden Acht im Zimmer verteilt. Jetzt wagen sich die beiden Männer in das brennende Schlafzimmer. Der Mann an der Löschdüse kniet ganz tief und gibt einen Sprühstoß senkrecht in die Luft. Das Wasser prasselt auf seinen Helm nieder – ein Test für die Lufttem-peratur. Käme das Wasser nicht herun-ter, wäre es vorher in der Hitze verduns-tet. Das aber wäre gefährlich. Das Bett Die Simulation ist so gut, dass die Feuerwehrleute sich in manchen Momenten wie im echten einsatz fühlen.

Flammendes Inferno auf KnopfdruckDas training für den ernstfall kennen die meisten feuerwehrleute als Brandcontainer oder Brandhaus. Das, was die feuerwehrschule im nordwest-französischen Départment Calvados in Vire anbietet, ist kein haus, sondern eher eine ganze stadt – und die gRöSSte BRanDSIMulatIonSanlage der Welt.

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BranDsimulation RepoRt

Zimmerbrand in einem Einfamili-enhaus: Unter Atemschutz dringt ein Angriffstrupp in die Räume

vor. Die zwei jungen Feuerwehrmänner bringen ein C-Rohr mit drei Schlauch-längen und einer Hohlstrahldüse in Posi-tion. Rauch quillt durch den Flur. Der eine geht mit dem Strahlrohr rechts an der Türangel in Hockstellung, der andere steht an der Türklinke, zieht sei-nen Handschuh aus und prüft mit dem Handrücken die Temperatur der Tür von unten nach oben: Sie ist heiß.

Ein Blickkontakt genügt, und die zwei Feuerwehrleute wissen, was zu tun ist. Ein Sicherungsband wird um die Tür-klinke gelegt, auf „drei“ soll es losgehen. Der Mann an der Klinke zählt an und schlägt die Tür auf. Der Kamerad am Schlauch feuert drei Sprüh stöße Wasser ins Zimmer, in dem es lichterloh brennt. Über das Sicherungsband wird die Tür zurück in die Schloss falle gezogen. Noch zwei Mal wiederholt sich die Prozedur, um die Temperatur im Brandraum zu verringern, dann müssen sie das Feuer unter Kontrolle bringen. Die Tür geht ein letztes Mal auf: einen Sprühstoß Was-ser nach rechts und links, anschließend wird ein Wasserstoß in Form einer lie-genden Acht im Zimmer verteilt. Jetzt wagen sich die beiden Männer in das brennende Schlafzimmer. Der Mann an der Löschdüse kniet ganz tief und gibt einen Sprühstoß senkrecht in die Luft. Das Wasser prasselt auf seinen Helm nieder – ein Test für die Lufttem-peratur. Käme das Wasser nicht herun-ter, wäre es vorher in der Hitze verduns-tet. Das aber wäre gefährlich. Das Bett

wird abgelöscht, kurze Zeit später ist das Feuer aus. „Prima, das sah gut aus!“, ruft eine Stimme.

Joël Bucher von Dräger Frankreich steht im Flur und hält eine Fernbedie-nung in seiner Hand. Die macht ihn zum Chef über das Feuer und entscheidet über Löscherfolg und zuschaltbare Komplika-tionen. Wäre der Raum nicht vorgekühlt worden und hätte man die Lufttempera-tur nicht geprüft, ließe sich auf Knopf-druck auch ein „Flashover“ aktivieren. In der Realität handelt es sich dabei um eine plötzliche Durchzündung von Verbrennungsgasen (Pyrolysegasen) in Decken nähe: „Das ist etwas, was man in der Realität besser nie zu sehen bekom-men sollte“, sagt einer der beiden Feuer-wehrleute, die alle 32 Brandstellen der Simulations anlage ausprobiert haben.

Feuer – vom Keller bis aufs Dach

Einige Monate haben die Ingenieure bei Dräger in Lübeck die Anlage realitäts-nah bis ins Detail geplant – und dabei eng mit dem Kunden zusammengear-beitet. Einer der Höhepunkte ist das sechsgeschossige Apartmenthaus. „Da kann fast alles brennen, vom Keller bis zum Dach“, versichert der zweite Feuer-wehrmann. Schon am Tag zuvor hatten sich die beiden Feuerwehrleute bis in die dritte Etage vorgearbeitet. Mit die-sem Haus steht das gesamte Spektrum an Gebäudebränden zur Verfügung. In der „Hotelsituation“ können hier Ret-tungs- und Feuerwehrkräfte gemeinsam üben, beispielsweise kombinierte Außen- und Innenlöschangriffe oder den Einsatz über eine Drehleiter und vieles mehr.

In der vierten Etage bereitet ein franzö-sischer Techniker von Dräger die nächs-te Übungssituation vor: In einer Küche brennt das Fett in einer Fritteuse. Der Mann zeigt auf die Dunstabzugshaube: „Die kann auch brennen – sie entzündet sich passiv, wenn sie lange genug in Flam-men stand.“ Es ist recht dunkel in dem Raum. Der Mann verstärkt das spärliche Licht durch seine Stirnlampe. „Schauen Sie mal hier“, weist er auf eine besonde-re Komplikation hin. Der Deckel der Frit-teuse hakt an der aus Stahl angedeuteten Neonröhrenhalterung. Sie lässt sich nicht schließen. Die schnellste und sicherste Methode, einen Fettbrand zu löschen, steht somit nicht zur Verfügung.

Als die zwei Feuerwehrleute in die Küche kommen, brennen nicht nur die Fritteuse und die Dunstabzugs haube, auch das Fett ist übergelaufen, und Feuer verteilt sich zusehends über den Küchenboden. Die Luft ist stechend heiß und nass. „Die Nässe wird zum Problem“, erklärt der eine Feuerwehr-mann. „Aus einem Liter Löschwasser entstehen 1.700 Liter Wasserdampf. Durchnässt die Schutzkleidung, bietet sie keinen ausreichenden Schutz mehr gegen die 100 Grad heiße Luft, die ein-fach durchbricht.“

Und doch immer in Sicherheit

In tatsächlicher Gefahr waren die beiden Männer aber zu keiner Zeit: „Sicherheit ist ein entscheidendes Merkmal aller Dräger-Brandsimulationsanlagen. Hier gibt es nicht nur den Trainer mit der Fernsteuerung – zusätzlich ist in jedem Brandraum am Türrahmen in geringer >Die Simulation ist so gut, dass die Feuerwehrleute sich in manchen Momenten wie im echten einsatz fühlen.

Nur realitäts­nahes Üben

bereitet auf die praxis vor. Des­halb sieht auch

die Cafeteria so aus, als könnte man auf einen

Café au Lait platz nehmen – doch

bald fegt das Feuer durch den

Gastraum.

Flammendes Inferno auf KnopfdruckDas training für den ernstfall kennen die meisten feuerwehrleute als Brandcontainer oder Brandhaus. Das, was die feuerwehrschule im nordwest-französischen Départment Calvados in Vire anbietet, ist kein haus, sondern eher eine ganze stadt – und die GRöSSte BRaNDSIMULatIoNSaNLaGe der Welt.

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RepoRt BranDsimulation

Drägerheft 385 | Juni 2010

fast transparent wirkende Stichflam-me schießt mit Getöse rund vier Meter in die Luft. Nicht minder spektakulär: der Flansch- und Flächenbrand am Gefahrgutlaster. Aus einem Siloflansch entweicht Flüssigkeit. „Wumpf!“, und plötzlich brennt eine Fläche von neun Quadratmetern.

Wirklich warm hier

Die Simulation eines Flüssigkeitsbrandes in einer Gassimulation ist ein kniffliges Unterfangen. Damit hat Dräger bereits Erfahrung: In Thailand gibt es eine Flugzeugbrandsimulation mit einem Flächenbrand auf 750 m2. Als die Ein-satzkräfte dort ihre erste Übung durch-geführt hatten und plötzlich der große Flächenbrand losging, hätten die Män-ner nur zu gern alles fallen gelassen, um möglichst schnell wegzurennen. Die Außenbrandanlagen bestehen aus Stahl und werden durch ein Sprinklersystem mit Wasser gekühlt. Dies geschieht, um die Lebensdauer der Installationen zu erhöhen. Bei den hohen Brandtempera-turen würden sonst selbst die Stahlbau-ten zu schnell spröde.

Nach einem Übungstag in Vire sind die beiden Feuerwehrleute ganz schön erschöpft. Mehr als fünf Liter Wasser haben die jungen Männer getrunken. Der Flashover hinterließ bei ihnen den stärksten Eindruck. „Durch das einge-schränkte Sichtfeld, bedingt durch die Schutzausrüstung, hatte ich das am Anfang erst gar nicht gesehen“, schil-dert einer der beiden. Doch dann kam diese unvorstellbare Hitze: „Ich wusste gar nicht, wie klein ich mich machen

Aus einem Siloflansch entweicht Flüssigkeit – und plötzlich brennt eine Fläche von neun Quadratmetern

Brand und Rauch: Im französischen Vire bereiten sich Feuerwehrleute auf den ernstfall vor.

Kontrollraum: Von hier aus startet der trainer auf Knopfdruck. Und Sicherheit hat priorität.

Höhe ein gut ertastbarer Notausschalter angebracht“, beruhigt Joël Bucher. Alle Brandsimulationen werden mit 90-pro-zentigem Propangas durchgeführt. „Das verbrennt schadstoffarm, macht eine eindrucksvolle Flamme und erzeugt mächtig Hitze.“

Vom Kontrollraum im Erdgeschoss aus wird die Anlage komplett überwacht. Die einzelnen Brandsituationen wer-den von dort freigeschaltet. Der Trainer startet die Zünder der jeweiligen Brand-stelle von einer Schalttafel in der Nähe des Brandraumes. Die Simulation wird dann mit der Fernsteuerung gestartet. Die Hitze in einem Meter Höhe wird in allen Brandräumen grundsätzlich auf 250 Grad Celsius begrenzt. Zusätzlich gibt es Sensoren an der Decke, die dem elektronisch gesteuerten Flashover bei 650 Grad Celsius Einhalt gebieten kön-nen. Das schreibt nicht einmal die DIN 14097 vor, es erhöht jedoch zusätzlich die Sicherheit der Anlage. Zur weiteren Sicherheit messen Sensoren in Boden-nähe die Gaskonzentration. Wird hier ein kritischer Wert überschritten, schal-ten sich Feuer und Anlage sofort ab, zugleich geht die Notbeleuchtung an, und die leistungsstarke Entrauchungs-anlage lüftet mit einer Gesamtleistung von bis zu 71.000 m3 je Stunde.

Flüssigkeitsbrand aus Gas

Übungssituationen gibt es aber auch auf dem Freigelände, beispielsweise einen Brand im Gasflaschenlager. Gelingt es nicht, die umliegenden Flaschen schnell herunterzukühlen, gibt es einen hefti-gen Knall, ein lautes Pfeifen, und eine

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Drägerheft 385 | Juni 2010 23Drägerheft 385 | Juni 2010

fast transparent wirkende Stichflam-me schießt mit Getöse rund vier Meter in die Luft. Nicht minder spektakulär: der Flansch- und Flächenbrand am Gefahrgutlaster. Aus einem Siloflansch entweicht Flüssigkeit. „Wumpf!“, und plötzlich brennt eine Fläche von neun Quadratmetern.

Wirklich warm hier

Die Simulation eines Flüssigkeitsbrandes in einer Gassimulation ist ein kniffliges Unterfangen. Damit hat Dräger bereits Erfahrung: In Thailand gibt es eine Flugzeugbrandsimulation mit einem Flächenbrand auf 750 m2. Als die Ein-satzkräfte dort ihre erste Übung durch-geführt hatten und plötzlich der große Flächenbrand losging, hätten die Män-ner nur zu gern alles fallen gelassen, um möglichst schnell wegzurennen. Die Außenbrandanlagen bestehen aus Stahl und werden durch ein Sprinklersystem mit Wasser gekühlt. Dies geschieht, um die Lebensdauer der Installationen zu erhöhen. Bei den hohen Brandtempera-turen würden sonst selbst die Stahlbau-ten zu schnell spröde.

Nach einem Übungstag in Vire sind die beiden Feuerwehrleute ganz schön erschöpft. Mehr als fünf Liter Wasser haben die jungen Männer getrunken. Der Flashover hinterließ bei ihnen den stärksten Eindruck. „Durch das einge-schränkte Sichtfeld, bedingt durch die Schutzausrüstung, hatte ich das am Anfang erst gar nicht gesehen“, schil-dert einer der beiden. Doch dann kam diese unvorstellbare Hitze: „Ich wusste gar nicht, wie klein ich mich machen

École des Sapeur Pompier Département 14Auf einem gesamtareal von 25 hektar, etwas außerhalb der Stadt Vire in der normandie, steht die feuerwehrschule des Département Calvados, mit Dräger-Brand-simulationsanlagen, einer unfallstraße, Schulungsräumen und unterkünften. täglich üben Kräfte der feuerwehr dort Löschen, retten und Bergen. Auf dem gelän de gibt es eine feuerwache, in der mehrere tanklöschfahrzeuge, eine Drehleiter sowie ein rüst- und rettungswagen Platz finden.

für die Personenrettung aus fahrzeugen steht ein kleines Sortiment aus ran gier ter Kleinwagen zur Verfügung. françois fontaine, Direktor der unternehmensgruppe Défense & Sécurité, ist vom Konzept der Anlage überzeugt: „für die Ausbildung haben wir hier optimale Bedingungen geschaf fen. Die Anlage dient in erster Linie den feuer-wehrkräften des Département 14, aber auch gäste aus benachbarten Départements haben hier schon trainiert. 2009 haben wir an der Schule 5.000 Mann-tage Schulun-gen angeboten, 2010 sollen es 7.000 werden“, sagt er und weist darauf hin, dass das Aus bil dungs angebot sich auch an privat organisierte Werksfeuerwehren richtet.

Die Baukosten der feuerwehrschule in höhe von rund 22 Millionen euro wurden durch private investoren erbracht.

Kein Kaufhaus in der Banlieu, sondern ein Übungsobjekt in Vire.

kann“, sagt er. „Dieser Spezialeffekt kann hier auf Knopfdruck trainiert wer-den – im Deckenbereich herrschen mit-unter bis zu 600 Grad Celsius“, erläutert Joël Bucher. Seine Stirnleuchte beleuch-tet das zuständige Gasdüsensystem, das erst bei genauem Hinsehen zu erkennen ist: „Damit wird es wirklich warm hier“, warnt er.

Ein MANV im Supermarkt

Doch das ist längst nicht alles, was die Anlage bei Vire zu bieten hat. Ein Ein-kaufszentrum neben dem Apartment-hochhaus gehört auch dazu: eine kom-plette Passage mit Apotheke, Wäscherei,

Bistro und einem Supermarkt mit Regalen. Das Feuer im Supermarkt bietet endlose Möglichkeiten zur Darstel-lung von Schadenslagen, die mit einem „Massenanfall Verletzter (MANV)“ ein-hergehen. Die Suche nach Glutnestern oder vermissten Personen mithilfe einer Wärmebildkamera bietet sich hier gera-dezu an. Die Einkaufszeile beweist ganz nebenbei Liebe zum Detail: An der Außenwand der Apotheke hängt sogar ein Kondomautomat. Mario Gongolsky

Höhe ein gut ertastbarer Notausschalter angebracht“, beruhigt Joël Bucher. Alle Brandsimulationen werden mit 90-pro-zentigem Propangas durchgeführt. „Das verbrennt schadstoffarm, macht eine eindrucksvolle Flamme und erzeugt mächtig Hitze.“

Vom Kontrollraum im Erdgeschoss aus wird die Anlage komplett überwacht. Die einzelnen Brandsituationen wer-den von dort freigeschaltet. Der Trainer startet die Zünder der jeweiligen Brand-stelle von einer Schalttafel in der Nähe des Brandraumes. Die Simulation wird dann mit der Fernsteuerung gestartet. Die Hitze in einem Meter Höhe wird in allen Brandräumen grundsätzlich auf 250 Grad Celsius begrenzt. Zusätzlich gibt es Sensoren an der Decke, die dem elektronisch gesteuerten Flashover bei 650 Grad Celsius Einhalt gebieten kön-nen. Das schreibt nicht einmal die DIN 14097 vor, es erhöht jedoch zusätzlich die Sicherheit der Anlage. Zur weiteren Sicherheit messen Sensoren in Boden-nähe die Gaskonzentration. Wird hier ein kritischer Wert überschritten, schal-ten sich Feuer und Anlage sofort ab, zugleich geht die Notbeleuchtung an, und die leistungsstarke Entrauchungs-anlage lüftet mit einer Gesamtleistung von bis zu 71.000 m3 je Stunde.

Flüssigkeitsbrand aus Gas

Übungssituationen gibt es aber auch auf dem Freigelände, beispielsweise einen Brand im Gasflaschenlager. Gelingt es nicht, die umliegenden Flaschen schnell herunterzukühlen, gibt es einen hefti-gen Knall, ein lautes Pfeifen, und eine

Weiter im internet, dort unter anderem: Brandstellen in Vire

www.draeger.com/385/ausbildung

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Drägerheft 385 | Juni 2010 23Drägerheft 385 | Juni 2010

fast transparent wirkende Stichflam-me schießt mit Getöse rund vier Meter in die Luft. Nicht minder spektakulär: der Flansch- und Flächenbrand am Gefahrgutlaster. Aus einem Siloflansch entweicht Flüssigkeit. „Wumpf!“, und plötzlich brennt eine Fläche von neun Quadratmetern.

Wirklich warm hier

Die Simulation eines Flüssigkeitsbrandes in einer Gassimulation ist ein kniffliges Unterfangen. Damit hat Dräger bereits Erfahrung: In Thailand gibt es eine Flugzeugbrandsimulation mit einem Flächenbrand auf 750 m2. Als die Ein-satzkräfte dort ihre erste Übung durch-geführt hatten und plötzlich der große Flächenbrand losging, hätten die Män-ner nur zu gern alles fallen gelassen, um möglichst schnell wegzurennen. Die Außenbrandanlagen bestehen aus Stahl und werden durch ein Sprinklersystem mit Wasser gekühlt. Dies geschieht, um die Lebensdauer der Installationen zu erhöhen. Bei den hohen Brandtempera-turen würden sonst selbst die Stahlbau-ten zu schnell spröde.

Nach einem Übungstag in Vire sind die beiden Feuerwehrleute ganz schön erschöpft. Mehr als fünf Liter Wasser haben die jungen Männer getrunken. Der Flashover hinterließ bei ihnen den stärksten Eindruck. „Durch das einge-schränkte Sichtfeld, bedingt durch die Schutzausrüstung, hatte ich das am Anfang erst gar nicht gesehen“, schil-dert einer der beiden. Doch dann kam diese unvorstellbare Hitze: „Ich wusste gar nicht, wie klein ich mich machen

École des Sapeur Pompier Département 14Auf einem gesamtareal von 25 hektar, etwas außerhalb der Stadt Vire in der normandie, steht die feuerwehrschule des Département Calvados, mit Dräger-Brand-simulationsanlagen, einer unfallstraße, Schulungsräumen und unterkünften. täglich üben Kräfte der feuerwehr dort Löschen, retten und Bergen. Auf dem gelän de gibt es eine feuerwache, in der mehrere tanklöschfahrzeuge, eine Drehleiter sowie ein rüst- und rettungswagen Platz finden.

für die Personenrettung aus fahrzeugen steht ein kleines Sortiment aus ran gier ter Kleinwagen zur Verfügung. françois fontaine, Direktor der unternehmensgruppe Défense & Sécurité, ist vom Konzept der Anlage überzeugt: „für die Ausbildung haben wir hier optimale Bedingungen geschaf fen. Die Anlage dient in erster Linie den feuer-wehrkräften des Département 14, aber auch gäste aus benachbarten Départements haben hier schon trainiert. 2009 haben wir an der Schule 5.000 Mann-tage Schulun-gen angeboten, 2010 sollen es 7.000 werden“, sagt er und weist darauf hin, dass das Aus bil dungs angebot sich auch an privat organisierte Werksfeuerwehren richtet.

Die Baukosten der feuerwehrschule in höhe von rund 22 Millionen euro wurden durch private investoren erbracht.

Kein Kaufhaus in der Banlieu, sondern ein Übungsobjekt in Vire.

kann“, sagt er. „Dieser Spezialeffekt kann hier auf Knopfdruck trainiert wer-den – im Deckenbereich herrschen mit-unter bis zu 600 Grad Celsius“, erläutert Joël Bucher. Seine Stirnleuchte beleuch-tet das zuständige Gasdüsensystem, das erst bei genauem Hinsehen zu erkennen ist: „Damit wird es wirklich warm hier“, warnt er.

Ein MANV im Supermarkt

Doch das ist längst nicht alles, was die Anlage bei Vire zu bieten hat. Ein Ein-kaufszentrum neben dem Apartment-hochhaus gehört auch dazu: eine kom-plette Passage mit Apotheke, Wäscherei,

Bistro und einem Supermarkt mit Regalen. Das Feuer im Supermarkt bietet endlose Möglichkeiten zur Darstel-lung von Schadenslagen, die mit einem „Massenanfall Verletzter (MANV)“ ein-hergehen. Die Suche nach Glutnestern oder vermissten Personen mithilfe einer Wärmebildkamera bietet sich hier gera-dezu an. Die Einkaufszeile beweist ganz nebenbei Liebe zum Detail: An der Außenwand der Apotheke hängt sogar ein Kondomautomat. Mario Gongolsky

Höhe ein gut ertastbarer Notausschalter angebracht“, beruhigt Joël Bucher. Alle Brandsimulationen werden mit 90-pro-zentigem Propangas durchgeführt. „Das verbrennt schadstoffarm, macht eine eindrucksvolle Flamme und erzeugt mächtig Hitze.“

Vom Kontrollraum im Erdgeschoss aus wird die Anlage komplett überwacht. Die einzelnen Brandsituationen wer-den von dort freigeschaltet. Der Trainer startet die Zünder der jeweiligen Brand-stelle von einer Schalttafel in der Nähe des Brandraumes. Die Simulation wird dann mit der Fernsteuerung gestartet. Die Hitze in einem Meter Höhe wird in allen Brandräumen grundsätzlich auf 250 Grad Celsius begrenzt. Zusätzlich gibt es Sensoren an der Decke, die dem elektronisch gesteuerten Flashover bei 650 Grad Celsius Einhalt gebieten kön-nen. Das schreibt nicht einmal die DIN 14097 vor, es erhöht jedoch zusätzlich die Sicherheit der Anlage. Zur weiteren Sicherheit messen Sensoren in Boden-nähe die Gaskonzentration. Wird hier ein kritischer Wert überschritten, schal-ten sich Feuer und Anlage sofort ab, zugleich geht die Notbeleuchtung an, und die leistungsstarke Entrauchungs-anlage lüftet mit einer Gesamtleistung von bis zu 71.000 m3 je Stunde.

Flüssigkeitsbrand aus Gas

Übungssituationen gibt es aber auch auf dem Freigelände, beispielsweise einen Brand im Gasflaschenlager. Gelingt es nicht, die umliegenden Flaschen schnell herunterzukühlen, gibt es einen hefti-gen Knall, ein lautes Pfeifen, und eine

Weiter im internet, dort unter anderem: Außenbrandstellen in Vire

www.draeger.com/385/brand

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24 Drägerheft 385 | Juni 2010 Drägerheft 385 | Juni 2010

Wenn man sich die Unzahl brennbarer Gase und Dämpfe einmal vor Augen führt, wird

man feststellen, dass nur ganz wenige die-ser Substanzen anorganischen Ursprungs sind. Zu ihnen zählen insbesondere Was-serstoff, Ammoniak, Kohlenstoffmonoxid, Schwefelkohlenstoff und Cyanwasserstoff sowie die Stoffklasse der „Hydride“ (Was-serstoffverbindungen), zu denen auch der Schwefelwasserstoff gehört.

Alle anderen brennbaren Gase und Dämpfe (einschließlich der im Dräger-heft 383 erwähnten brennbaren Lösemit-tel) sind organische Substanzen, deren Moleküle stets Kohlenstoff-Wasserstoff-Bindungen enthalten, weshalb sie auch als „Kohlenwasserstoffe“ bezeichnet wer-den. Und genau diese CH-Bindungen sind es, die aufgrund ihrer infrarot-optischen Eigenschaften die Grundlage der Infra-rot-Detektion brennbarer Gase bilden.

Das Infrarot-Messprinzip

Das Messprinzip ist einfach: So wie gewisse, mit weißem Licht durchstrahl-te Substanzen bestimmte Wellenlängen des Lichts absorbieren und dadurch im Durchlicht eine für uns wahrnehm-bare Farbe annehmen, so ist es auch im nahen Infrarot-Bereich. Auch Gasmo-leküle absorbieren bestimmte Wellen-längen des einfallenden Infrarots. Misst man in diesem Wellenlängenbereich die Strahlungsintensität, kann man sehen, dass diese sich in Abhängigkeit von der Gaskonzentration verringert: Je mehr Gasmoleküle, umso „dunkler“ wird das empfangene Infrarot (IR). Und hell und dunkel lassen sich mit einem IR-Detek-

tor in ein elektrisches Signal umsetzen. Ohne näher auf die physikalischen Hin-tergründe einzugehen, lassen sich fol-gende Gesetzmäßigkeiten festlegen: u Die IR-Absorption hängt von der Mole-külstruktur ab – es gibt stark und schwach absorbierende Gase und Dämpfe.u Die IR-Absorption hängt vom optischen Weg ab – je länger die vom IR durch-setzte Strecke, umso größer die Absorp-tion (Lambertsches Gesetz).u Die IR-Absorption hängt von der Anzahl der absorbierenden Moleküle entlang dieser Strecke ab, ist also abhängig von der Gaskonzentration (Beersches Gesetz).

Demnach kann die Konzentration eines vorgegebenen Gases dadurch be stimmt werden, dass man eine IR-Strahlungsquelle verwendet, deren Strah-lungsintensität nach Passieren eines gasgefüllten Volumens mit bekannter Absorptionsstrecke gemessen wird, und zwar zunächst nur mit reiner Luft (Sau- er stoff und Stickstoff absorbieren kein IR) und dann mit dem zu messenden Gas-Luft-Gemisch. Die Absorption des Gases ergibt sich aus der Differenz, sie ist ein Maß für die Gaskonzentra tion. Soweit die Theorie. Die Praxis sieht etwas anders aus: Im Gegensatz zu IR-Analysengeräten sind die IR-Messgeräte der stationären Gasmesstechnik Feldge-räte, die ohne Wartung und Bedienung über einen langen Zeitraum zuverlässige Konzentrationsmessungen gewährleis-ten – und das kontinuierlich, bei zum Teil sehr widrigen Umgebungsbedin-gungen. Bei solchen Feldgeräten wird die IR-Strahlungsintensität in der Luft nur einmal bestimmt (Nullpunkt-Kali-

Gase messen mit Infrarotim ersten und zweiten teil wurde die Detektion brennbarer flüssigkeiten sicherheitstechnisch betrachtet und das thermo-katalytische Messverfahren eingehend erläutert (siehe Drägerheft 383 und 384). Dieser abschließender teil steht im Zeichen einer Messmethode, die auf der infrarot-Absorption vieler gase und Dämpfe beruht, und allgemein als zukunftsweIsenDe technoloGIe angesehen wird.

einer der härtesten Arbeits plätze der welt: Auch auf einer Bohrinsel ist die zuverlässige warnung vor ge fähr lichen Gasen lebensnotwendig.

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Drägerheft 385 | Juni 2010 25Drägerheft 385 | Juni 2010

explosionsschutz H intergrund

Wenn man sich die Unzahl brennbarer Gase und Dämpfe einmal vor Augen führt, wird

man feststellen, dass nur ganz wenige die-ser Substanzen anorganischen Ursprungs sind. Zu ihnen zählen insbesondere Was-serstoff, Ammoniak, Kohlenstoffmonoxid, Schwefelkohlenstoff und Cyanwasserstoff sowie die Stoffklasse der „Hydride“ (Was-serstoffverbindungen), zu denen auch der Schwefelwasserstoff gehört.

Alle anderen brennbaren Gase und Dämpfe (einschließlich der im Dräger-heft 383 erwähnten brennbaren Lösemit-tel) sind organische Substanzen, deren Moleküle stets Kohlenstoff-Wasserstoff-Bindungen enthalten, weshalb sie auch als „Kohlenwasserstoffe“ bezeichnet wer-den. Und genau diese CH-Bindungen sind es, die aufgrund ihrer infrarot-optischen Eigenschaften die Grundlage der Infra-rot-Detektion brennbarer Gase bilden.

das infrarot-Messprinzip

Das Messprinzip ist einfach: So wie gewisse, mit weißem Licht durchstrahl-te Substanzen bestimmte Wellenlängen des Lichts absorbieren und dadurch im Durchlicht eine für uns wahrnehm-bare Farbe annehmen, so ist es auch im nahen Infrarot-Bereich. Auch Gasmo-leküle absorbieren bestimmte Wellen-längen des einfallenden Infrarots. Misst man in diesem Wellenlängenbereich die Strahlungsintensität, kann man sehen, dass diese sich in Abhängigkeit von der Gaskonzentration verringert: Je mehr Gasmoleküle, umso „dunkler“ wird das empfangene Infrarot (IR). Und hell und dunkel lassen sich mit einem IR-Detek-

tor in ein elektrisches Signal umsetzen. Ohne näher auf die physikalischen Hin-tergründe einzugehen, lassen sich fol-gende Gesetzmäßigkeiten festlegen: u Die IR-Absorption hängt von der Mole-külstruktur ab – es gibt stark und schwach absorbierende Gase und Dämpfe.u Die IR-Absorption hängt vom optischen Weg ab – je länger die vom IR durch-setzte Strecke, umso größer die Absorp-tion (Lambertsches Gesetz).u Die IR-Absorption hängt von der Anzahl der absorbierenden Moleküle entlang dieser Strecke ab, ist also abhängig von der Gaskonzentration (Beersches Gesetz).

Demnach kann die Konzentration eines vorgegebenen Gases dadurch be stimmt werden, dass man eine IR-Strahlungsquelle verwendet, deren Strah-lungsintensität nach Passieren eines gasgefüllten Volumens mit bekannter Absorptionsstrecke gemessen wird, und zwar zunächst nur mit reiner Luft (Sau- er stoff und Stickstoff absorbieren kein IR) und dann mit dem zu messenden Gas-Luft-Gemisch. Die Absorption des Gases ergibt sich aus der Differenz, sie ist ein Maß für die Gaskonzentra tion. Soweit die Theorie. Die Praxis sieht etwas anders aus: Im Gegensatz zu IR-Analysengeräten sind die IR-Messgeräte der stationären Gasmesstechnik Feldge-räte, die ohne Wartung und Bedienung über einen langen Zeitraum zuverlässige Konzentrationsmessungen gewährleis-ten – und das kontinuierlich, bei zum Teil sehr widrigen Umgebungsbedin-gungen. Bei solchen Feldgeräten wird die IR-Strahlungsintensität in der Luft nur einmal bestimmt (Nullpunkt-Kali-

brierung) und als Referenzwert gespei-chert. Ähnlich verfährt man bei der Emp-findlichkeitskalibrierung. Man füllt das Mess volumen mit dem Messgas und spei-chert die gemessene IR-Strahlungsinten-sität als Referenzwert für die Empfind-lichkeit. Der Rest ist Hard- und Software. Jeder von einem IR-Detektor gemesse-ne Rückgang der Strahlungsintensität wird von nun an mit im Messgerät hin-terlegten Kennlinien oder berechneten Zahlenwerten verglichen und in eine Gaskonzentra tion umgerechnet.

Kompensation und Optimierung

Unangenehm ist nur, dass der Rückgang der Strahlungsintensität auch durch andere Umstände als durch ein Gas erfol-

gase messen mit infrarotim ersten und zweiten teil wurde die Detektion brennbarer flüssigkeiten sicherheitstechnisch betrachtet und das thermo-katalytische Messverfahren eingehend erläutert (siehe Drägerheft 383 und 384). Dieser abschließender teil steht im zeichen einer Messmethode, die auf der infrarot-Absorption vieler gase und Dämpfe beruht, und allgemein als zuKunftsweisende tecHnOlOgie angesehen wird.

zuverlässigkeitgeräte der stationären gasmesstechnik sind Automaten. sie werden kontinuierlich betrieben und sind über lange zeiträume sich selbst überlassen. Daher ist sicher zu stellen, dass im fall einer gefährdenden gaskonzentration auch tatsächlich die gefor derte sicherheitsfunktion ausgelöst wird und diese dann nicht durch einen unbemerkten fehler verhindert wird. Detektierbare fehler sind aus sicherheitstechnischer sicht unpro-blematisch, da sie das überwachte system stets in einen sicheren zustand überführen können. im rahmen einer fehleranalyse wird daher für ein gerät ermittelt, wie hoch die mittlere eintrittswahrscheinlichkeit für einen nicht-detektierbaren fehler innerhalb des prüfintervalls (normalerweise ein Jahr) ist. Auch das Verhältnis der Ausfallraten, verursacht durch nicht-detektierbare fehler im Verhältnis zu allen anderen fehlern, spielt bei der Beurteilung der zuverlässigkeit eine große rolle. für systeme mit sicher heits-funktion gemäß sil2 muss dieses Verhältnis unter 10 % liegen.

um nicht nur hardwarefehler, sondern auch softwarefehler weitgehend ausschließen zu können, muss die komplette entwicklung eines solchen gerätes nach Vorgaben der norm en 61508 kontinuierlich durch eine unabhängige prüforganisation überwacht werden. Bisher sind weltweit nur wenige gasmessgeräte bezüglich ihrer zuverlässigkeit nach en 61508 zertifiziert worden – der Dräger pir 7000 ist eines davon.

gen kann. Solche nicht durch Gas verur-sachte Signale lassen sich aber durch das Zweistrahlverfahren kompensieren. Die IR-Strahlung wird durch einen Strahl-teiler in zwei Wellenlängenbereiche aufgeteilt, wobei die vorgegebenen Gase in nur einem dieser Bereiche absorbie-ren. Wenn nun aber die den beiden Wel-lenlängen zugeordneten IR-Detektoren zugleich eine Intensitätsverringerung feststellen, kann Gas nicht der Verursa-cher sein, sondern nur Verschmutzung oder ein Rückgang der Intensität des Strahlers. Durch die auswertende Elek-tronik wird daher der Quotient der bei-den Signale gebildet, so dass sich solche Einflüsse einfach herauskürzen. Mit dem „Vierstrahlverfahren“ lässt sich sogar >

genormte zuverlässigkeit: der tÜV bestätigt in einem zer tifikat,

dass die normen schon während der ent wicklung des dräger Pir 7000 angewendet wurden.

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26 Drägerheft 385 | Juni 2010 Drägerheft 385 | Juni 2010

u Als rein physikalisches Messverfahren kommt die Messung ganz ohne Sauerstoff aus, so dass nicht nur inertisierte Atmo-sphären überwacht werden können. Für bestimmte Gase, wie etwa Methan, sind auch Konzentrationsmessungen bis zu 100 Vol-% möglich. u Das Messsignal ist „fehlersicher“ („fail-safe“), denn ein Ausfall des Strah-lers oder eine Verschmutzung der Optik über eine vorgegebene Toleranzschwel-le hinaus (allgemein: die „Nichtbereit-schaft des Messgerätes“) kann durch entsprechende elektronische Maßnah-men rasch erkannt werden. Hierdurch steigt die Zuverlässigkeit („Safety Integri-ty“; siehe auch Drägerheft 378), denn die Wahrscheinlichkeit des Auftretens nicht erkennbarer Fehler ist erheblich verrin-gert (siehe Infokasten).

Leider aber gibt es keine Faust-regeln und keine Vorhersagbarkeit von Messempfindlichkeiten gegenüber noch nicht vermessenen Substanzen, und auch deren IR-Spektren sind bestenfalls

qualitativ verwendbar. Ausschließlich durch Vermessung mit definierten Kon-zentrationen solcher Substanzen kann ein IR-Messgerät messtechnisch cha-rakterisiert werden. Im Dräger-Anwen-dungslabor sind solche Messdaten für weit mehr als hundert verschiedene Gase und Dämpfe ermittelt worden, und mit jeder Anfrage und Vermessung wächst dieser Fundus an messtechni-scher Erfahrung weiter an.

Verschiedene Messwellenlängen

Sollen beispielsweise in einem Lösemit-tellager sehr viele unterschiedliche Flüs-sigkeitsdämpfe detektiert werden, ist es sehr wichtig zu wissen, um welche Sub-stanzen es sich handelt und wie das vor-gesehene IR-Messgerät darauf reagiert. Denn stets gilt die Regel, dass bei einer ganzen Gruppe unterschiedlicher Sub-stanzen auf die Substanz kalibriert werden muss, auf die das Messgerät am unempfindlichsten reagiert. Hier-durch rückt diese Substanz im Kenn-

linien-Diagramm auf die 45°-Gerade, alle weiteren Kennlinien liegen darü-ber. Die resultierende Empfindlich-keitsspreizung allerdings kann beim IR-Messgerät erheblich größer sein als beim Wärmetönungssensor (siehe Dia-gramme), ja so groß, dass beispielsweise eine Alarmschwelle von 20 % der unte-ren Explosionsgrenze (UEG) schon bei tatsächlich viel geringeren Konzentra-tionen überschritten wird.

Je nach Anwendungsfall sollten daher IR-Messgeräte eingesetzt werden, die sich in ihrer Messwellenlänge im Infraroten unterscheiden: Die Mitten-wellenlänge des Typs 334 beispielswei-se liegt bei 3,34 Mikrometern, die des Typs 340 bei 3,4 Mikrometern. Die Mess-empfindlichkeiten beider Typen sind sehr unterschiedlich, es gibt sogar Sub-stanzen, die nur jeweils einer der beiden Typen detektieren kann: Beispielsweise detektiert Ethylen, Butadien, Benzol- oder Styroldämpfe nur der Typ 334, wäh-rend nur der Typ 340 Dämpfe von Cyclo-hexan aufspürt.

Größere Moleküle

Eigentlich sollte man vermuten, dass die IR-Absorption mit der Anzahl der CH-Bindungen in einem Molekül zunimmt. Das ist auch so – bis zu einem gewissen Grad. Messgeräte zur Detektion brenn-barer Gase und Dämpfe sind in % UEG skaliert, und die UEG selbst sinkt mit zunehmender Molekülgröße, so dass die Vermutung nur bedingt richtig ist. Zumindest aber sind IR-Messgeräte in der Lage, auch noch solche Substanzen mit ausreichender Empfindlichkeit zu

InfrarotDie Wellenlänge des sichtbaren Lichts reicht von etwa 0,4 (blau) bis 0,8 (rot) Mikrometer. nur wenig langwelliger – aber schon unsichtbar – strahlen die Leucht dioden in fernbedienungen der unterhaltungselektronik, nämlich mit etwa 0,9 bis 1 Mikrometer. Der für die gasmesstechnik interessante Wellenlän-gen bereich ist knapp viermal so groß, er liegt bei etwa 3,3 bis 3,5 Mikrometern. für solche Wellenlängen sind gerade noch herkömmliche Strahlungsquellen (glüh lampen) einsetzbar, während die Atemalkohol-Messtechnik im Bereich um 10 Mikrometer schon auf spezielle Strahlungsquellen zurückgreifen muss. Die infrarot-Messtechnik folgt den gesetzen der Optik, daher wird oftmals auch von „verschmutzter Optik“, Spiegeln und ir-optischen Messgeräten gesprochen.

noch ein altersbedingter Rückgang der Messempfindlichkeit beider IR-Detek-toren kompensieren.

Kombiniert mit nicht-abbildender Optik und beheizten Reflektoren sind heutzutage IR-Messgeräte wie der Drä-ger PIR 7000 mit vielen Features ausge-stattet, die ein stabiles Messsignal über lange Zeiträume gewährleisten. Und das für eine große Anzahl unterschiedlicher Substanzen, wie sie in einer „Gase-Bi-bliothek“ in Form einer internen gas-spezifischen Mini-Datenbank hinterlegt sind. Das einfache Umschalten auf ein vorgegebenes Bibliothekgas dient nicht allein der Kennlinien-Linearisierung, sondern optimiert die messtechnischen Eigenschaften des IR-Messgerätes für diese Substanz in vielerlei Hinsicht.

In der Anwendung

Die Infrarot-Messtechnik hat gegenüber der Wärmetönungs-Messtechnik Vorteile:u Die zu überwachende Atmosphäre, die durchaus auch korrosive Komponenten enthalten kann, hat keinen direkten Kon-takt zu den empfindlichen IR-Detekto-ren, denn diese sind durch IR-durchläs-sige Fenster vom gasgefüllten Messraum, der „Küvette“, getrennt. Insbesondere gibt es beim IR-Messverfahren auch kei-ne Sensorvergiftung, so dass Wartungs- bzw. Kalibrierintervalle erfahrungsba-siert auf ein Jahr ausgedehnt werden können.u Bei geeigneter Länge der Küvette (Ab- sorptionsstrecke) lassen sich für bestimmte Gase und Dämpfe Messbereichs endwerte von weniger als 1000 ppm bei hervorra-gender Messqualität realisieren.

Wärmetönung und Infrarot ergänzen einander

Nase aus Edelstahl: links das optische System des im Einsatz mit Spritzschutz versehenen IR-Transmitters Dräger PIR 7000 (rechts).

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Drägerheft 385 | Juni 2010 27Drägerheft 385 | Juni 2010

explosionsschutz H intergrund

qualitativ verwendbar. Ausschließlich durch Vermessung mit definierten Kon-zentrationen solcher Substanzen kann ein IR-Messgerät messtechnisch cha-rakterisiert werden. Im Dräger-Anwen-dungslabor sind solche Messdaten für weit mehr als hundert verschiedene Gase und Dämpfe ermittelt worden, und mit jeder Anfrage und Vermessung wächst dieser Fundus an messtechni-scher Erfahrung weiter an.

Verschiedene Messwellenlängen

Sollen beispielsweise in einem Lösemit-tellager sehr viele unterschiedliche Flüs-sigkeitsdämpfe detektiert werden, ist es sehr wichtig zu wissen, um welche Sub-stanzen es sich handelt und wie das vor-gesehene IR-Messgerät darauf reagiert. Denn stets gilt die Regel, dass bei einer ganzen Gruppe unterschiedlicher Sub-stanzen auf die Substanz kalibriert werden muss, auf die das Messgerät am unempfindlichsten reagiert. Hier-durch rückt diese Substanz im Kenn-

linien-Diagramm auf die 45°-Gerade, alle weiteren Kennlinien liegen darü-ber. Die resultierende Empfindlich-keitsspreizung allerdings kann beim IR-Messgerät erheblich größer sein als beim Wärmetönungssensor (siehe Dia-gramme), ja so groß, dass beispielsweise eine Alarmschwelle von 20 % der unte-ren Explosionsgrenze (UEG) schon bei tatsächlich viel geringeren Konzentra-tionen überschritten wird.

Je nach Anwendungsfall sollten daher IR-Messgeräte eingesetzt werden, die sich in ihrer Messwellenlänge im Infraroten unterscheiden: Die Mitten-wellenlänge des Typs 334 beispielswei-se liegt bei 3,34 Mikrometern, die des Typs 340 bei 3,4 Mikrometern. Die Mess-empfindlichkeiten beider Typen sind sehr unterschiedlich, es gibt sogar Sub-stanzen, die nur jeweils einer der beiden Typen detektieren kann: Beispielsweise detektiert Ethylen, Butadien, Benzol- oder Styroldämpfe nur der Typ 334, wäh-rend nur der Typ 340 Dämpfe von Cyclo-hexan aufspürt.

größere Moleküle

Eigentlich sollte man vermuten, dass die IR-Absorption mit der Anzahl der CH-Bindungen in einem Molekül zunimmt. Das ist auch so – bis zu einem gewissen Grad. Messgeräte zur Detektion brenn-barer Gase und Dämpfe sind in % UEG skaliert, und die UEG selbst sinkt mit zunehmender Molekülgröße, so dass die Vermutung nur bedingt richtig ist. Zumindest aber sind IR-Messgeräte in der Lage, auch noch solche Substanzen mit ausreichender Empfindlichkeit zu

detektieren, die beim Wärmetönungs-sensor schon einen viel zu geringen ther-mokatalytischen Effekt hervorrufen. So werden beispielsweise langkettigere Koh-lenwasserstoffe wie n-Dekan oder Unde-kan problemlos von IR-Messgeräten (vor-zugsweise Typ 340) erfasst, ohne dass sie noch mit Wärmetönungssensoren detek-tierbar wären.

Wärmetönung oder infrarot?

Es zeigt sich sehr deutlich, dass der Ein-satz von IR-Messgeräten ohne die Kennt-nis des Messverhaltens, ohne Anwen-dungslabor und ohne Kundenberatung, oftmals nicht möglich ist, denn stets muss eine sicherheitstechnisch fun-dierte Kalibriervorgabe erarbeitet wer-den. Diese, und somit die Sicherheit, steht und fällt mit der Qualität der Stoff-liste der gelagerten Substanzen. Ein IR-Messgerät ist in dieser Anwendung im Vergleich zum Wärmetönungssensor sicherlich das langlebigere und weni-ger wartungsintensive Produkt, aus der Sicht des Betreibers aber dürfte – über einen gewissen Zeitraum gemittelt – die Summe aus Betriebs- und Beschaffungs-kosten in etwa gleich sein.

Die oft diskutierte Frage „Wärme-tönung oder Infrarot?“ lässt sich nicht grundsätzlich beantworten. Beide Ver-fahren haben ihre Daseinsberechti-gung, sie ergänzen einander sogar. Die Produktpalette der stationären Gasmess-technik wäre nicht vollständig, wenn zur Detektion brennbarer Gase und Dämpfe nicht weiterhin beide Messverfahren unterstützt und kontinuierlich verbes-sert würden. dr. Wolfgang Jessel

infrarotDie Wellenlänge des sichtbaren lichts reicht von etwa 0,4 (blau) bis 0,8 (rot) Mikrometer. nur wenig langwelliger – aber schon unsichtbar – strahlen die leucht dioden in fernbedienungen der unterhaltungselektronik, nämlich mit etwa 0,9 bis 1 Mikrometer. Der für die gasmesstechnik interessante Wellenlän-gen bereich ist knapp viermal so groß, er liegt bei etwa 3,3 bis 3,5 Mikrometern. für solche Wellenlängen sind gerade noch herkömmliche strahlungsquellen (glüh lampen) einsetzbar, während die Atemalkohol-Messtechnik im Bereich um 10 Mikrometer schon auf spezielle strahlungsquellen zurückgreifen muss. Die infrarot-Messtechnik folgt den gesetzen der optik, daher wird oftmals auch von „verschmutzter optik“, spiegeln und ir-optischen Messgeräten gesprochen.

Wärmetönung und infrarot ergänzen einander

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Ein auf Propan kalibrierter Wärmetönungssensor zeigt hinsichtlich seiner Messempfindlichkeit gegenüber typischen Lösemitteln ein ganz anderes Bild als ein IR-Transmitter Typ 340 oder ein bis auf die Messwellenlänge praktisch identischer IR-Transmitter vom Typ 334:rot: Propan (UEG = 1.7 %V/V), braun: Ethanol (UEG = 3.1 %V/V), gelb: Ethylacetat (UEG = 2.0 %V/V), grün: Methyl-i-butylketon (UEG = 1.2 %V/V), blau: 1-Methoxy-2-propanol (UEG = 1.8 %V/V), violett: Toluol (UEG = 1.1 %V/V)

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In respect to its measuring sensitivity for different solvents catalytic bead sensors calibrated for propane show a completely differentdiagram compared to IR-transmitters type 340 or IR-transmitters type 334 which are identical except for their measuring wavelength: red: Propane (LEL = 1.7 %v/v), brown: Ethanol (LEL = 3.1 %v/v), yellow: Ethyl acetate (LEL = 2.0 %v/v), green: Methyl-i-butylketone (LEL = 1.2 %v/v), blue: 1-Methoxy-2-propanol (LEL = 1.8 %v/v), violet: Toluene (LEL = 1.1 %v/v)

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Ein auf Propan kalibrierter Wärmetönungssensor zeigt hinsichtlich seiner Messempfindlichkeit gegenüber typischen Lösemitteln ein ganz anderes Bild als ein IR-Transmitter Typ 340 oder ein bis auf die Messwellenlänge praktisch identischer IR-Transmitter vom Typ 334:rot: Propan (UEG = 1.7 %V/V), braun: Ethanol (UEG = 3.1 %V/V), gelb: Ethylacetat (UEG = 2.0 %V/V), grün: Methyl-i-butylketon (UEG = 1.2 %V/V), blau: 1-Methoxy-2-propanol (UEG = 1.8 %V/V), violett: Toluol (UEG = 1.1 %V/V)

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In respect to its measuring sensitivity for different solvents catalytic bead sensors calibrated for propane show a completely differentdiagram compared to IR-transmitters type 340 or IR-transmitters type 334 which are identical except for their measuring wavelength: red: Propane (LEL = 1.7 %v/v), brown: Ethanol (LEL = 3.1 %v/v), yellow: Ethyl acetate (LEL = 2.0 %v/v), green: Methyl-i-butylketone (LEL = 1.2 %v/v), blue: 1-Methoxy-2-propanol (LEL = 1.8 %v/v), violet: Toluene (LEL = 1.1 %v/v)

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Ein auf Propan kalibrierter Wärmetönungssensor zeigt hinsichtlich seiner Messempfindlichkeit gegenüber typischen Lösemitteln ein ganz anderes Bild als ein IR-Transmitter Typ 340 oder ein bis auf die Messwellenlänge praktisch identischer IR-Transmitter vom Typ 334:rot: Propan (UEG = 1.7 %V/V), braun: Ethanol (UEG = 3.1 %V/V), gelb: Ethylacetat (UEG = 2.0 %V/V), grün: Methyl-i-butylketon (UEG = 1.2 %V/V), blau: 1-Methoxy-2-propanol (UEG = 1.8 %V/V), violett: Toluol (UEG = 1.1 %V/V)

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%UEG Propan - IR-Transmitter Typ 334

In respect to its measuring sensitivity for different solvents catalytic bead sensors calibrated for propane show a completely differentdiagram compared to IR-transmitters type 340 or IR-transmitters type 334 which are identical except for their measuring wavelength: red: Propane (LEL = 1.7 %v/v), brown: Ethanol (LEL = 3.1 %v/v), yellow: Ethyl acetate (LEL = 2.0 %v/v), green: Methyl-i-butylketone (LEL = 1.2 %v/v), blue: 1-Methoxy-2-propanol (LEL = 1.8 %v/v), violet: Toluene (LEL = 1.1 %v/v)

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die diagramme zeigen die Mess em pfind­lichkeit gegenüber typischen Lösungs­mitteln bei drei unterschiedlichen und jeweils auf Propan kalibrierten Sensoren. Oben ein Wärme tönungssensor, in der Mitte ein ir­transmitter typ 340, unten ein bis auf die Messwellenlänge praktisch identischer ir­transmitter vom typ 334. rot: Propan (ueg = 1.7 %V/V), Braun: ethanol (ueg = 3.1 %V/V), gelb: ethylace­tat (ueg = 2.0 %V/V), grün: Methyl­i­butylketon (ueg = 1.2 %V/V), Blau: 1­Methoxy­2­propanol (ueg = 1.8 %V/V), Violett: toluol (ueg = 1.1 %V/V).

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Drägerheft 385 | JUNI 2010

Wo Gase Farbe bekennen Dräger-röhrchen sind ein klassisches Instrument, um gase zu analysieren und ihre Konzentration zu bestimmen – nur eine sorGFältiGe Produktion sichert ihre hohe Zuverlässigkeit. ein grund, weshalb Dräger sie seit mehr als 70 Jahren im eigenen hause fertigt.

Der erste Schrei eines Neugebore­nen ist der Schritt ins Leben: Es atmet. Sauerstoff ist vital – fehlt

er nur wenige Minuten, kann es kritisch werden. Der Mensch ist darauf angewie­sen, dieses Lebenselixier unverfälscht zu inhalieren. Giftigen Gasen ist er schutzlos ausgeliefert und kann allenfalls fliehen, wenn diese – wie Schwefelverbindungen (z. B. Mercaptane) – schon in geringer Konzentration stark riechen. Doch nicht jede Gefahr kündigt sich an: Kohlenstoff­monoxid etwa ist geruchlos. Strömt ein­mal Gas aus, ist es bald allgegenwärtig. Die Gesetze der Thermodynamik sorgen für die Verteilung.

rund 250 röhrchentypen

Ein Nachweissystem muss auf verschie­dene Gase sicher ansprechen, ihre Art identifizieren und ihre Konzentration in der Umgebungsluft messen. „Das Spek­trum der Dräger­Röhrchen ist vielfältig“, sagt Bernd Wittfoth, der bei Dräger die­sen Bereich leitet. „Die ‚Renner‘ unter unseren etwa 250 Röhrchentypen für bis zu 500 Gase“, fügt er hinzu, „sind bei­spielsweise solche für die Offshore­Indus­trie, wo es um den Nachweis von Schwe­felwasserstoff geht.“ Damit lenkt Wittfoth zugleich die Aufmerksamkeit auf die Vor­teile, die eine zudem schnelle Analysen­technik vor Ort bietet, die ohne Strom und somit ohne mögliche Funkenbil­dung auskommt.

Die Messung selbst ist einfach. Im Prinzip öffnet man das Glasröhrchen an beiden Seiten mit einem Gerät, das wie ein Bleistiftanspitzer aussieht und setzt es in die mechanisch betriebene Hand­Wer kennt die Farben, nennt

die namen der Gase? Für gut 500 Gase gibt es das geeignete röhrchen, des sen indikator sich in typischer Weise verfärbt. D

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MobIle gasMesstechNIk Schulterblick

Wo Gase Farbe bekennen Dräger-röhrchen sind ein klassisches Instrument, um gase zu analysieren und ihre konzentration zu bestimmen – nur eine SorGFältiGe Produktion sichert ihre hohe Zuverlässigkeit. ein grund, weshalb Dräger sie seit mehr als 70 Jahren im eigenen hause fertigt.

Der erste Schrei eines Neugebore­nen ist der Schritt ins Leben: Es atmet. Sauerstoff ist vital – fehlt

er nur wenige Minuten, kann es kritisch werden. Der Mensch ist darauf angewie­sen, dieses Lebenselixier unverfälscht zu inhalieren. Giftigen Gasen ist er schutzlos ausgeliefert und kann allenfalls fliehen, wenn diese – wie Schwefelverbindungen (z. B. Mercaptane) – schon in geringer Konzentration stark riechen. Doch nicht jede Gefahr kündigt sich an: Kohlenstoff­monoxid etwa ist geruchlos. Strömt ein­mal Gas aus, ist es bald allgegenwärtig. Die Gesetze der Thermodynamik sorgen für die Verteilung.

rund 250 röhrchentypen

Ein Nachweissystem muss auf verschie­dene Gase sicher ansprechen, ihre Art identifizieren und ihre Konzentration in der Umgebungsluft messen. „Das Spek­trum der Dräger­Röhrchen ist vielfältig“, sagt Bernd Wittfoth, der bei Dräger die­sen Bereich leitet. „Die ‚Renner‘ unter unseren etwa 250 Röhrchentypen für bis zu 500 Gase“, fügt er hinzu, „sind bei­spielsweise solche für die Offshore­Indus­trie, wo es um den Nachweis von Schwe­felwasserstoff geht.“ Damit lenkt Wittfoth zugleich die Aufmerksamkeit auf die Vor­teile, die eine zudem schnelle Analysen­technik vor Ort bietet, die ohne Strom und somit ohne mögliche Funkenbil­dung auskommt.

Die Messung selbst ist einfach. Im Prinzip öffnet man das Glasröhrchen an beiden Seiten mit einem Gerät, das wie ein Bleistiftanspitzer aussieht und setzt es in die mechanisch betriebene Hand­

pumpe „accuro“ ein. Durch sie strömt die Umgebungsluft in genau dosierter Weise durch das Röhrchen. Ist ein entsprechen­des Gas in der Luft vorhanden, reagiert es mit der Indikatorfüllung. Diese che­mische Reaktion führt zu einem deut­lich sichtbaren Farbumschlag. Auf einer Skala lässt sich zudem der Gehalt dieses Gases in der Luft in „millionstel Anteilen“ ablesen: ppm – parts per million, also bei­spielsweise Milliliter je Kubikmeter. Die­ses colorimetrische Verfahren wurde 1919 in den USA patentiert. Seit Dräger 1937 nach diesem Prinzip sein erstes Röhrchen für den Nachweis von Kohlenstoffmono­xid vorstellte, hat das Unternehmen mit mehreren Millionen Dräger­Röhrchen für den Schutz von Menschen gesorgt. Heute werden sie – mit einer aus Quali­tätsgründen außerordentlich hohen Ferti­gungstiefe – größtenteils vollautomatisch in Lübeck gefertigt.

Doch wie funktioniert ein so unschein­bar wirkendes Glasröhrchen von etwa 125 Millimeter Länge und rund 7 Millimeter Durchmesser eigentlich? Im Zentrum stehen etwa zwei Gramm eines körni­gen Substrats, das den chemischen Indi­kator enthält. „Die Trägersubstanz“, erklärt Bernd Wittfoth, „sind Körnchen mit einem Durchmesser von 0,2 bis 1,2 Millimeter. Ihre genaue Größe richtet sich nach ihrem Verwendungszweck.“ Insgesamt werden zwölf verschiedene Trägermaterialien genutzt. „Das Silica­ oder Kieselgel kennt man aus den klei­nen Tüten, die als Trocknungsmittel oft elektronischen Geräten beiliegen“, fährt Wittfoth fort. Dieses Material ist porös und nimmt daher größere Mengen einer >

Indikatorsubstanz auf. Signalisieren jedoch schon geringe Indikatormengen bestimmte Gase, so dienen kleine Glas­körnchen als Trägermaterial. Sie wer­den in der benötigten Fein­ und Reinheit aus Quarzglasbruch in einer hauseige­nen Glasmühle gewonnen. „Wir sind ein Chargenbetrieb und produzieren indivi­duell nach Auftrag“, erläutert Wittfoth. So bleibt das Lager klein und die Ware reak­tionsfähig. „Die Röhrchen haben ab Aus­lieferung eine chemische Haltbarkeit von 24 Monaten“, sagt Wittfoth und ergänzt, dass man auch während der Haltbarkeits­zeit regelmäßig Stichproben der Charge überprüft.

laufende tests

Parallel dazu haben Chemielaboranten nach Rezept den Indikator gemischt – gut 400 Grundstoffe stehen zur Komposition des Reagenzsystems zur Verfügung. „Jede Charge wird ganz individuell gemischt. Schon die Luftfeuchtigkeit kann unge­wünschte Reaktionen hervorrufen. Ein Rezept hierfür lässt sich also nur bedingt

herr der röhrchenfertigung: bernd Wittfoth

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wiederholen“, weiß Wittfoth. Daher fertigt man für eine Vorprüfung bis zu 70 kom-plette Teströhrchen, mit denen – direkt nach Fertigstellung des Präparates – die Einhaltung der Spezifikation überprüft wird. Ist die Kombination von Trägersub-stanz (Silikalgel oder Glaskörnchen) und Indikator individuell abgestimmt, muss dieses Material innerhalb der kommenden sechs Wochen verar beitet werden. Sonst beginnt die Prüfprozedur von neuem.

Der zukünftige Inhalt der Dräger-Röhrchen wird in Steilbrustflaschen von 20 Liter Fassungsvermögen abgefüllt, die ein eingeschliffener Glasstopfen her-metisch verschließt. Nicht nur die che-mischen, auch die physikalischen Eigen-schaften des Materials können sehr unterschiedlich sein: „Manche sind fast klebrig wie Honig“, sagt Bernd Wittfoth, „während andere so trocken sind, dass sie sich beim Befüllen der Röhrchen sta-tisch aufladen und an der Glaswand haf-ten bleiben, würden wir diese Reibungs-elektrizität nicht gezielt ableiten.“ Das ist immer dann wichtig, wenn in ein Röhr-chen nacheinander verschiedene Sub-stanzen geschichtet werden müssen – bis zu acht Schichten können es sein.

Die Röhrchen selbst bestehen aus Glas, die Sorte wechselt je nach Verwen-dungszweck. Häufig verwendet werden hochwertige Laborgläser wie „Duran“ oder das Borosilikatglas „Durobax“, wenn eine außergewöhnliche chemische Wider-standsfähigkeit erforderlich ist. Angelie-fert werden meist bereits an einem Ende zugeschmolzene Röhren, die wie eine unten verschlossene Pipette aussehen. Nach einer Prüfung auf eventuelle Fehler

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Bei manchen der rund 250 Röhrchentypen ist noch Handarbeit notwendig (links). Der Test rechts arbeitet automatisch. Denn 2000 Mal mit immer gleich präziser und vierfacher Erdbeschleunigung gegen die Röhrchen klopfen, das kann nur eine Maschine.

Abschließend macht die Hitze des Gasbrenners das offene Ende des Glasröhrchens zunächst plastisch, bevor es zugeschmolzen wird (links). Das dabei entstehende Mini-Vakuum ist Teil des Prozesses. Der wird an jeder Stelle kontrolliert und dokumentiert.

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Ein glasklarer Prozess legt die Basis für eine sichere Erkennung von Gasen

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Drägerheft 385 | JUNI 2010 31Drägerheft 385 | JUNI 2010

MobIle gasMesstechNIk Schulterblick

wiederholen“, weiß Wittfoth. Daher fertigt man für eine Vorprüfung bis zu 70 kom-plette Teströhrchen, mit denen – direkt nach Fertigstellung des Präparates – die Einhaltung der Spezifikation überprüft wird. Ist die Kombination von Trägersub-stanz (Silikalgel oder Glaskörnchen) und Indikator individuell abgestimmt, muss dieses Material innerhalb der kommenden sechs Wochen verar beitet werden. Sonst beginnt die Prüfprozedur von neuem.

Der zukünftige Inhalt der Dräger-Röhrchen wird in Steilbrustflaschen von 20 Liter Fassungsvermögen abgefüllt, die ein eingeschliffener Glasstopfen her-metisch verschließt. Nicht nur die che-mischen, auch die physikalischen Eigen-schaften des Materials können sehr unterschiedlich sein: „Manche sind fast klebrig wie Honig“, sagt Bernd Wittfoth, „während andere so trocken sind, dass sie sich beim Befüllen der Röhrchen sta-tisch aufladen und an der Glaswand haf-ten bleiben, würden wir diese Reibungs-elektrizität nicht gezielt ableiten.“ Das ist immer dann wichtig, wenn in ein Röhr-chen nacheinander verschiedene Sub-stanzen geschichtet werden müssen – bis zu acht Schichten können es sein.

Die Röhrchen selbst bestehen aus Glas, die Sorte wechselt je nach Verwen-dungszweck. Häufig verwendet werden hochwertige Laborgläser wie „Duran“ oder das Borosilikatglas „Durobax“, wenn eine außergewöhnliche chemische Wider-standsfähigkeit erforderlich ist. Angelie-fert werden meist bereits an einem Ende zugeschmolzene Röhren, die wie eine unten verschlossene Pipette aussehen. Nach einer Prüfung auf eventuelle Fehler

wird damit eine Abfüllmaschine bestückt, deren Konstruktion drei Jahre dauerte.

Die Maschine befüllt das Röhrchen zunächst mit einer kleinen Keramikschei-be, die drei Millimeter dick ist und bis zu elf Bohrungen von jeweils 0,2 Millimeter aufweist, durch die dann später die Luft streichen kann. „Das ist für uns der Null-punkt für die Befüllung“, erläutert Witt-foth. Diese Keramikscheibe sorgt auch dafür, dass bei sachgemäß geöffnetem Röhrchen das Material nicht herausrie-selt. Nun können die Materialien in defi-nierter Reihenfolge und Menge eingefüllt werden, was eine Videokamera mit jedem einzelnen Röhrchen als Hauptdarsteller auf einen Kontrollschirm überträgt.

Den Abschluss des Analysensystems bildet zunächst eine Schicht Glasgewe-be, das in Kreisform aus einem Band her-ausgeschnitten wird. Für den sicheren Sitz der Körnchen sorgt dann etwas, das blumig, aber durchaus feinsinnig „Tul-pe“ genannt wird: eine ebenfalls kreis-rund aus Nirostagewebe mit 0,2 Millime-ter Maschenweite gestanzte Ronde, durch einen Dorn zum Kelch geformt. Die dabei entstehenden Falten sorgen für die Halt gebende Spannung.

2000 Mal klopfen

Hält das wirklich? Die Antwort bietet ein Kasten, der 2000 Mal mit vierfacher Erdbeschleunigung auf das Röhrchen klopft. In diesem darf sich dabei nichts über Gebühr verschieben. Und durch die Löcher in der Keramikscheibe darf „Unterkorn“ nur in höchstens homöo-pathischen Dosen fallen. Diese qualitäts-sichernde Maßnahme kann natürlich

erst erfolgen, nachdem das Röhrchen automatisch zugeschmolzen wurde. Das offene Röhrchenende passiert zunächst eine Anzahl kleinerer Gasflammen, die das Glas nicht nur plastisch machen, son-dern auch die Luft soweit erhitzen, dass sich beim Abkühlen des zugeschmolzenen Röhrchens ein Mini-Vakuum bildet.

Die noch heißen Röhrchen werden in einer Holzkiste gesammelt (Plastik würde schmelzen, bei Berührung mit Metall das Glas platzen). Für jede produzierte Char-ge wird eine individuelle Skale angefer-tigt. Hierfür werden während der laufen-den Produktion Proben entnommen, die Röhrchen an unterschiedlich definierten Gaskonzentrationen vermessen und aus diesen Werten chargenspezifische Kali-brierkurven erzeugt. Sogar eine Alterung der Röhrchen wird simuliert, um die che-mische Haltbarkeit zu gewährleisten. Die Skale ist auf die Feuchtseite einer Klebe-folie gedruckt, mit der das Röhrchen umwickelt wird. Das gibt zugleich mecha-nischen Schutz. „Die Skale muss nicht nur stimmen, der Anteil des nachgewiesenen Gases in der Umgebungsluft, beispiels-weise in ppm, muss sich auch gut able-sen lassen“, erklärt Bernd Wittfoth.

Unter Umständen sind auch Vorröhr-chen erforderlich, die das zu messende Gas erst aufspalten, um es analysefähig zu machen. Besonders stolz ist man bei Dräger auf den Nachweis von Sulfurylfluo-rid, für den die Luft in einem Vorröhrchen auf etwa 900 Grad Celsius erhitzt werden muss. Wie funktioniert das ohne Strom? Mit einer chemischen Verbindung, die an der Luft Energie freisetzt.

Ist Chemie nicht alles, was riecht? „Nur, wenn wir mal mit Buttersäure arbeiten, dann riecht man das“, rümpft Wittfoth die Nase. Ist es nicht gefährlich, jene Röhrchen zu testen, die giftige Gase detektieren? „Nein, denn auch in diesem Bereich arbeitet entsprechend qualifizier-tes Personal unter strengsten Sicherheits-vorschriften.“ Dass die Elektronik bald die Dräger-Röhrchen verdrängen wird, bezweifelt der Experte. „Denn sie sind zuverlässig, preiswert, schnell und arbei-ten ohne Strom.“ Nils Schiffhauer

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bei manchen der rund 250 röhrchentypen ist noch handarbeit notwendig (links). Der test rechts arbeitet automatisch. Denn 2000 Mal mit immer gleich präziser und vierfacher erdbeschleunigung gegen die röhrchen klopfen, das kann nur eine Maschine.

Abschließend macht die hitze des Gasbrenners das offene ende des Glasröhrchens zunächst plastisch, bevor es zugeschmolzen wird (links). Das dabei entstehende Mini-Vakuum ist teil des Prozesses. Der wird an jeder Stelle kontrolliert und dokumentiert.

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Ausblick nanotechnologie

Drägerheft 385 | Juni 2010

Seit der japanische Chemiker Sumio Iijima sie 1991 erstmals zweifelsfrei nachweisen konnte,

sind Kohlenstoff-Nanoröhren, salopp auch „Nanotubes“ genannt, zu Ikonen der neu- en Technik geworden. Dies verdanken sie zum einen ihrer ungewöhnlichen Gestalt. In ihnen sind Ebenen aus Kohlenstoff-Atomen, die in regelmäßigen Sechsecken angeordnet sind, zu Röhren aufgerollt.

Diese ästhetische Laune der Natur macht sie enorm vielseitig: Die bis zu mehrere Mikrometer langen Röhrenmo-leküle sind fester als Stahl, leiten Strom besser als Kupfer und Wärme besser als Diamant. Zugleich können sie, je nach

Verlauf der Kohlenstoff-Sechsecke, metal-lisch oder halbleitend sein. Und sie eignen sich als Messfühler für neue Sensoren.

sechsecke, die strom leiten

„Der entscheidende Vorteil von Nanoröh-ren ist ihre Sensitivität“, sagt Todd Krauss, Chemiker an der University of Rochester im US-Bundesstaat New York. Die rührt daher, dass in den hohlen Röhrenmolekü-len der Strom nur durch die Oberfläche fließen kann. Die Elektronen jagen aus-schließlich durch die Kohlenstoff-Sechs-ecke. „Jede Veränderung in der Umge-bung der Röhren“ – also ein Molekül, das sich an ihnen anlagert – „beeinflusst den

Messfühler im Nanokosmos nanotechnologie hantiert mit atomen und Molekülen wie mit winzigen legosteinen, die – geschickt ange- ordnet – Dinge mit verblüffeNdeN eigeNschAfteN ermöglichen. allen voran: Kohlenstoff-nanoröhren.

Elektronentransport in ihnen“, so Krauss. Dessen Veränderung lässt sich nun elek-trisch oder optisch nachweisen und ver-rät damit die Anwesenheit von Substan-zen, denen man auf der Spur ist.

Eine clevere Anwendung hat etwa die Gruppe um den Chemiker Nicholas Kotov an University of Michigan entwickelt: Die Forscher funktionierten Textilien zu einem flächigen Sensor um. Sie tauch-ten Baumwollfasern in eine Lösung aus dem Polymer Nafion und Nanoröhren, auf deren Oberfläche Antikörper sitzen, die nur mit dem menschlichen Blutei-weiß Albumin reagieren. Das Nafion sorgt dafür, dass die Nanoröhren an den Fasern

spannend wie hitchcocks „vertigo“: kohlenstoff- Nanoröhren.

haften. Benetzt nun Blut das Gewebe, ver-binden sich die Antikörper mit dem da rin enthaltenen Albumin und lösen sich von den Nanotubes. Dadurch verringern sich die Abstände der Röhrenmoleküle, was wiederum ihren elektrischen Wider-stand senkt, wenn man eine Spannung an das Textil anlegt. Im Experiment fiel der Widerstand eines derart präparier - ten Baumwollfadens schlagartig von 60 auf 20 Kilo-Ohm, nachdem die For-scher ihn in mit Wasser verdünntes Blut getaucht hatten. Auf Rinderblut hingegen reagierte die Mixtur nicht – weil das darin enthaltene Bluteiweiß eine andere chemi-sche Struktur hat, die nicht zu dem ver-wendeten Antikörper passt. Ein solches Sensorgewebe könnte augenblicklich Ver-letzungen mit Blutverlust signalisieren, etwa bei Einsatzkräften. Einziger Schön-heitsfehler: Die Fasern sind nur einmal verwendbar. Wäscht man sie, entfernt man auch die Nanotube-Imprägnierung. f

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Drägerheft 385 | Juni 2010 33Drägerheft 385 | Juni 2010

nanotechnologie Ausblick

Messfühler im Nanokosmos nanotechnologie hantiert mit atomen und Molekülen wie mit winzigen legosteinen, die – geschickt ange- ordnet – Dinge mit verblüffeNdeN eigeNschAfteN ermöglichen. allen voran: Kohlenstoff-nanoröhren.

Elektronentransport in ihnen“, so Krauss. Dessen Veränderung lässt sich nun elek-trisch oder optisch nachweisen und ver-rät damit die Anwesenheit von Substan-zen, denen man auf der Spur ist.

Eine clevere Anwendung hat etwa die Gruppe um den Chemiker Nicholas Kotov an University of Michigan entwickelt: Die Forscher funktionierten Textilien zu einem flächigen Sensor um. Sie tauch-ten Baumwollfasern in eine Lösung aus dem Polymer Nafion und Nanoröhren, auf deren Oberfläche Antikörper sitzen, die nur mit dem menschlichen Blutei-weiß Albumin reagieren. Das Nafion sorgt dafür, dass die Nanoröhren an den Fasern

haften. Benetzt nun Blut das Gewebe, ver-binden sich die Antikörper mit dem da rin enthaltenen Albumin und lösen sich von den Nanotubes. Dadurch verringern sich die Abstände der Röhrenmoleküle, was wiederum ihren elektrischen Wider-stand senkt, wenn man eine Spannung an das Textil anlegt. Im Experiment fiel der Widerstand eines derart präparier - ten Baumwollfadens schlagartig von 60 auf 20 Kilo-Ohm, nachdem die For-scher ihn in mit Wasser verdünntes Blut getaucht hatten. Auf Rinderblut hingegen reagierte die Mixtur nicht – weil das darin enthaltene Bluteiweiß eine andere chemi-sche Struktur hat, die nicht zu dem ver-wendeten Antikörper passt. Ein solches Sensorgewebe könnte augenblicklich Ver-letzungen mit Blutverlust signalisieren, etwa bei Einsatzkräften. Einziger Schön-heitsfehler: Die Fasern sind nur einmal verwendbar. Wäscht man sie, entfernt man auch die Nanotube-Imprägnierung.

Nach demselben Prinzip hat Kotov gemein-sam mit chinesischen Wissenschaftlern auch ein Nanotube-beschichtetes Papier entwickelt, das Cyanobakterien nach- weisen kann, die in vielen Ländern Trink-wasser belasten. In diesem Fall reagieren die Antikörper auf ein Toxin, das die Bak-terien produzieren. „Zu unserer großen Überraschung war die Sensitivität so hoch wie bei den besten biochemischen Tests“, berichtet Kotov – „und das in einem Bruch- teil der Zeit, die sonst bis zum Ergebnis verstreicht. Das Konzept ist so weit gedie-hen, dass es in Entwicklungsländern ein-gesetzt werden könne“, fügt Kotov hinzu.

immer gut für überraschungen

Einen ähnlich empfindlichen Sensor hat die Gruppe von Zhenan Bao, Chemikerin an der Stanford University, entwickelt. Er basiert allerdings auf Nanotube-Transis-toren. In denen verbinden etliche Röh-renmoleküle zwei Elektroden auf einem

Chip, der Veränderungen in der elektri-schen Leitfähigkeit registriert. In Versu-chen gelang es den Forschern, Konzen-trationen des Sprengstoffs TNT sowie eine Variante des Nervengifts Sarin von nur >

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Nanofahrplan2010 2011 2012 2013 2014 2015

Ausgangsbasis für VerstärkungsfasernElektrisch leitfähige KunststoffeMembranen, FilterBrennstoffzellen-ElektrodenLi-Ionen-Batterie-ElektrodenFE-Hintergrundbeleuchtung für LCDsFeldemissions-Displays, großWärmeleitung (Kühlung) in ElektronikNahinfrarot-Photolumineszenz für SensorikNanoelektronik/FETsTherapeutische Verfahren (Drug-Delivery)

Grundlagenforschung Angewandte Forschung Erste Produkte Marktdurchdringung

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34 Drägerheft 385 | Juni 2010

Ausblick nanotechnologie

2 ppb (Moleküle pro Milliarden Moleküle einer Flüssigkeit) nachzuweisen.

Die Änderung der elektrischen Eigen-schaften ist nur eine Möglichkeit, Nano-röhren als Messfühler zu nutzen. Eine zweite ist ihre Fähigkeit, Licht einer bestimmten Wellenlänge abzustrahlen, wenn sie zuvor mit Licht beschienen wur-den („Photolumineszenz“). „Ummantelt man eine Nanoröhre mit kurzen DNA-Seg-menten, führt dies zu einer nachweisba-ren Verschiebung der Photolumineszenz-Energie“, erläutert Achim Hartschuh, Physiker an der Ludwig-Maximilians-Uni-versität in München. Die Farbe des abge-strahlten Lichts ändert sich also. Die-ser Effekt tritt auch auf, wenn sich an die DNA-Ummantelung ein biologisches Molekül anlagert. Die Gruppe um Michael Strano vom Massachusetts Institute of Technology hat mit diesem Ansatz Proto-typen für Sensoren entwickelt, die eines Tages für präzise medizinische Diagnosen genutzt werden könnten: „Im Vergleich zu elek trischen Messgrößen sei die Photolu-mineszenz empfindlicher“, sagt Strano. Anhand der Veränderungen des Lichts sei es sogar möglich, auf die Anzahl der Mole-küle zu schließen, die sich an eine präpa-rierte Nanoröhre angelagert haben.

Während derart ausgeklügelte Nano-sensoren den Sprung auf den Markt noch schaffen müssen, haben die Röhren-moleküle als Zusatzstoffe bereits ihren Weg in Alltags- und Industrieprodukte gefunden: Sie machen beispielsweise Akkus leistungsfähiger, Fahrradrahmen oder Tennisschläger stabiler. Nano tubes werden uns auch in Zukunft weiter überraschen. Niels boeing

Mit Nanotechnik könnten sich biosensoren bauen lassen

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Schnelle Rettung – mit langem AtemBis zu vier Stunden lang bietet das Kreislauf-Atemschutzgerät PSS BG 4 plus – die Gehäuseschale ist hier abgenommen – seinem Träger saubere Atemluft. 400 Liter Sauerstoff sind dafür unter 200 bar Druck in der zwei Liter fassenden Flasche 1 komprimiert, aus der bei geöffnetem Ventil 2 über den Druckminderer 3 durchschnittlich 1,66 Liter Sauer-stoff je Minute in den Einatemzweig strömen. Bei Bedarf wird automa-tisch über das Minimumventil 4 eine höhere Sauerstoffmenge zur Ver-fügung gestellt. Über den Schlauch 5 gelangt der Sauerstoff zur Maske 6 , deren Richtungsventil sich beim Einatmen leichtgängig öffnet.

Die mit CO2 angereicherte Ausatemluft wird über den Ausatem-schlauch 7 durch den mit 2,7 Kilogramm Atemkalk bestückten Absor-

ber 8 geleitet, der das schädliche Gas bindet. Der Atembeutel 9 mit seinem Fassungsvermögen von 5,5 Litern nimmt als „Gegenlunge“ die gereinigte Luft auf und führt sie über ein Kühlsystem 10 wieder dem Kreislauf zu. Darin sorgt z. B. eine Kühlkerze aus Wassereis dafür, dass die wieder in den Einatemkreislauf eingespeiste Luft unter einer Tem-peratur von 35 °C bleibt. Die Federn 11 erzeugen über die Brücke 12 eine defi nierte Kraft auf den Atembeutel, wodurch sich ein leichter Über-druck ergibt, der das Gerät zusätzlich gegen Schadgase schützt.

Die Switchbox 13 warnt über das „Bodyguard 2“ 14 , wenn das Flaschenventil nicht geöffnet wurde. Auf diesem Monitor ist u. a. die noch verfügbare Einsatzzeit abzulesen.

EINBLICK KREISLAUF-ATEMSCHUTZ

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