Dr langs kleine vwl
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Kleine Volkswirtschaftslehre für Jedermann (Entwurf 10/2011) von
Gerhardus Lang, Bearbeitungsstand 10. 1. 2014, Gerhardus Lang
Kleine Volkswirtschaftslehre für Jedermann (Entwurf 10/2011) von
Gerhardus Lang 5
Druckdatum: 16.01.12, 07:57:04, 118878 Zeichen, 94 Seiten, 17942 Wörter / letzter Bearbeiter: PB
ca. 1950 Zeilen, ergibt ca. 80 Normseiten
Standort: C:\Users\petra\AppData\Local\Temp\Kleine 10
Volkswirtschaftslehre !_12 16-1-2012.doc auf Laptop „Maniola“
Kleine Volkswirtschaftslehre für Jedermann
Von Dr. Gerhardus Lang
15
Schriftenreihe des Vereins REGIO-MARK e.V. Roth-Schwabach
Herausgeberin: Petra Bergermann
Impressum: 20
Erste Auflage 2012
© 2012 by Dr. Gerhardus Lang
© für diese Ausgabe: Petra Bergermann, Herausgeberin Nr. 2 der Schriftenreihe des Vereins REGIO-MARK e.V., Roth-
Schwabach 25
im Selbstverlag Umschlaggestaltung und Satz Tobias Preiss, Nürnberg
Druck ???
ISBN ??? 30
Wirtschaftslehre für Jedermann von Gerhardus Lang Bearbeitungsstand Januar 2014, Gerhardus Lang
Seite von 94 2
Kleine Wirtschaftslehre für Jedermann
35
Von Dr. Gerhardus Lang
40
Motto
„Die Menschen verdrießt’s, dass das Wahre so einfach ist; sie sollten
bedenken, dass sie noch Mühe genug haben, es praktisch zu ihrem Nutzen anzuwenden.“ (Goethe) 45
„Wir sollten uns nicht so gebärden, als ob das Erkennen volkswirtschaftlicher Zusammenhänge nur den Gralshütern
vorbehalten bliebe, die auf der einen Seite wissenschaftlich, auf der
anderen Seite demagogisch ihre verhärteten Standpunkte vortragen. 50
Nein, jeder Bürger unseres Staates muss um die wirtschaftlichen
Zusammenhänge wissen und zu einem Urteil befähigt sein, denn es
handelt sich hier um Fragen unserer politischen Ordnung, deren Stabilität zu sichern uns aufgegeben ist.“ (Ludwig Erhard, 1962)
55
„Die Welt schuldet keinem von uns einem Lebensunterhalt, aber wir alle schulden einander den Lebensunterhalt“ (Henry Ford, Philosophie
der Arbeit))
Vorwort 60
Ich bin von Beruf praktischer Arzt. Ich bin in einem Dorf auf dem Lande tätig, war auch Geburtshelfer, und übe meinen Beruf immer
noch aus, jetzt als homöopathischer Arzt ohne so genannte
Kassenzulassung. Diese habe ich nach 30ig-jähriger Tätigkeit 65
abgegeben. Da ich mein Geld genauso wie andere Leute durch meine
persönliche Tätigkeit in Form von Dienstleistungen verdiene, weiß
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ich, was ich meinen Patienten schuldig bin, wenn ich erwarte, dass sie
meine Rechnungen auch bezahlen. Ich kenne alle wirtschaftlichen
Vorgänge, die einem während des Lebens als Selbstständiger 70
begegnen, aus der täglichen Erfahrung. Als Student musste ich einen
Teil meines Studiums selbst finanzieren, so dass ich auch die Arbeit
eines nicht Selbstständigen als Hilfsarbeiter in der Fabrik, auf dem Bau und in der Landwirtschaft kennen lernte mit der Lohntüte am
Ende der Woche, die immer den schmalen Streifen der Abrechnung 75
aus der Lohnbuchhaltung des Betriebes enthielt, wo die am Ende
stehende Zahl mit dem in der Tüte enthaltenen Bargeldbetrag
übereinstimmen musste, was man immer gleich überprüfte.
Durch Erwerb und Bau eines eigenen Hauses kam ich mit den Banken 80
zusammen, die mir die Finanzierung ermöglichten. Das war in den 70-iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, in denen die Wirtschaft
Vollbeschäftigung hatte und Millionen von Gastarbeitern aus vielen
Ländern auch „Kunden“ meiner Praxis waren. Dadurch „verdiente“ ich so viel Geld, dass ich die hohen Zins- und Tilgungsraten, 85
Annuitäten genannt, auch ohne Not zahlen konnte, denn ererbt hatte
ich nichts, und Ersparnisse konnte ich bei der schlecht bezahlten Krankenhaustätigkeit vor der Niederlassung nicht bilden.
Ich begann meine Tätigkeit durch die Übernahme einer kleinen 90
Landpraxis mit Geburtshilfe, musste eine fairen Preis für die
Übernahme der Patienten bezahlen und finanzierte meinen Umzug
durch die eintausend D-Mark Ersparnisse aus der Krankenhaustätigkeit. Ich war seit dem Ende des Studiums
verheiratet, hatte eine kleine Tochter, und meine Frau war meine erste 95
und einzige Sprechstundenhilfe. Ich hatte meinen ersten Neuwagen mitgebracht, einen Citroen 2CV, den ich mit Hilfe von Wechseln
finanziert hatte. Er diente mir einige Jahre als Praxisauto, etwas
ungewöhnlich für die Leute hier im Schwabenland, wo der Arzt „normal“ mit einem „Daimler“ (hier für ein Auto der Marke 100
Mercedes) fuhr, wie auch der Metzger ihn hatte.
Also mit dem Geld hatte ich einigen Umgang, ich hatte die
Kassenabrechnungen und die Rechnungen für die Privatpatienten zu
Seite von 94 4
erstellen und auch eine Buchführung mit der Hilfe eines 105
Steuerberaters zu verfertigen. Das Finanzamt kam bald und wollte
eine Einkommensteuererklärung, die ich natürlich ohne fremde Hilfe nicht fertigen konnte.
So lernte ich den Umgang mit wirtschaftlichen Prozessen im 110
praktischen Leben, wie fast alle Bürger auch. In der Schule hatten wir
davon gar nichts gehört, denn die Lehrer waren alle Gehaltsempfänger oder gar Beamte. Die interessierten sich weiter kaum für den
wirtschaftlichen Alltag, als dass sie uns das beigebracht hätten, was
man dafür wenigstens im Groben wissen sollte. 115
Andererseits war ich seit meiner Jugend an politischen Dingen sehr
interessiert. Als der letzte Krieg 1945 zu Ende war, wurde ich gerade 14 Jahre alt und war noch am 20. April in die „Hitler-Jugend“
übernommen worden. Eine Woche später waren die englischen 120
Soldaten nach vorangegangenem Artilleriebeschuss in unserem bei Bremen liegenden Dorf einmarschiert. Da konnte ich sehen, welche
Unmenge an „Material“ diesen Soldaten zur Verfügung stand, das
alles aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten geliefert worden war. Diese Material stand dann bei uns in Mengen herum, 125
Munitionskästen, Granathülsen mit Pulver gefüllt, Panzerfäuste der
Wehrmacht, Feldtelefone, massenhaft Kabel usw. Wir Buben bedienten uns nach Belieben und veranstalteten kleine Feuerwerke,
die bestehenden Gefahren wohl abwägend. Es passierte uns zum
Glück nichts Schlimmes. 130
Ich musste dann in der väterlichen Gärtnerei und kleinen
angeschlossenen Landwirtschaft die Rolle des nun „befreiten“ polnischen jungen Mannes, der uns als Zwangsarbeiter zugeteilt
worden war, übernehmen: Kühe melken, Holz machen für den 135
Küchenherd, Heu einbringen und Korn ernten usw. Ich wollte auch Landwirt werden, denn es machte mir große Freude, zu sehen, was
man mit seiner Hände Arbeit leisten konnte. In der Zeit lernte ich
systematisch arbeiten, meine Zeit einteilen und den wirtschaftlichen Wert meiner Arbeit einschätzen. Ich hatte außer „freier Station“ 140
keinen Lohn, vermisste denselben auch gar nicht.
Seite von 94 5
Als Ende 1945 die Schulen wieder aufmachten, beendete ich meine
landwirtschaftliche Laufbahn und studierte nach dem Abitur Medizin Aber mein Interesse an der Politik und besonders der Wirtschaft 145
bestand weiter sehr intensiv, zumal ich noch die Umstellung der
Wirtschaft von der totalen Planwirtschaft auf die Marktwirtschaft nach der Währungsreform 1948 hautnah beim väterlichen Betrieb studieren
konnte. Denn da hatte sich der Markt von einem Tag auf den anderen total ins Gegenteil verkehrt. Aus dem „Verkäufer-Markt“ war durch 150
das neue Geld ein „Käufer-Markt“ geworden. Der Kunde wurde
König und der vorher allmächtige Verkäufer wurde zum dienstwilligen Bittsteller bei den Kunden.
Mein Vater, der vorher die planwirtschaftliche Verteilung seiner 155
begehrten Produkte gerecht durchgeführt hatte, fand sich in einem
ruinösen Wettkampf wieder, den er durch die hohen Pachtzahlungen
nicht durchhalten konnte. Er gab den Betrieb auf und wurde erstmalig ein angestellter Gärtner.
160
Neben meinem Medizinstudium las ich Schriften, die sich mit der sozialen Frage beschäftigten, wozu ja die Wirtschaft den wichtigsten
Beitrag liefert. In der Waldorfschule, die ich nach dem Krieg bis zum
Abitur besuchte, hatte ich einen Klassenlehrer, der ein Anhänger der Dreigliederungslehre von Rudolf Steiner war. Dessen Schrift 165
„Kernpunkte der sozialen Frage“, die 1919 erschienen war, las ich
immer wieder, verstand aber vieles nicht richtig.
Nach meiner Niederlassung in Bad Boll lernte ich andere Ärzte
kennen, die sich ebenfalls zusammen mit einem Freundeskreis mit der 170
„sozialen Frage“ beschäftigten. Denen schloss ich mich an und lernte
dabei viele grundlegende Dinge über die Wirtschaft und das
Staatswesen kennen. Im Mittelpunkt stand die ordoliberale Schule des Freiburger Ökonomen Walter Eucken, aus der auch Ludwig Erhard
stammte, dem Vater der berühmten Währungsreform von 1948 in der 175
damaligen Trizone (so wurden die vereinigten Besatzungszonen der Westmächte genannt). Diese Persönlichkeiten hatten sich in der
Nachfolge eines Teiles der „Aktionsgemeinschaft soziale
Seite von 94 6
Marktwirtschaft“ zum „Seminar für freiheitliche Ordnung“, Bad Boll
e.V. zusammengeschlossen. Dieser Zusammenarbeit verdanke ich die 180
Ideen, die in der vorliegenden Schrift verarbeitet sind.
185
Einleitung
Leider gibt es bis heute in unseren Schulen keinen Unterricht in einem Fach, das im wirklichen Leben eine große Rolle spielt, nämlich in der 190
Wirtschaftslehre. Alles Mögliche wird den Jugendlichen beigebracht:
Gesundheitslehre, Hauswirtschaftslehre, handwerkliches Können, Mathematik, Physik, Englisch usw. Aber die einfachsten Regeln für
wirtschaftliches Handeln und den Umgang mit Geld werden den
Erfahrungen des Alltags überlassen. Es gibt in der Bevölkerung kaum 195
ein Wissen über die elementaren Vorgänge der Wirtschaft und des
Geldwesens, obwohl sie im täglichen politischen Geschehen eine
überragende Rolle spielen.
Dabei sind die Vorgänge gar nicht so schwierig zu verstehen. Aber es 200
wird uns immer erzählt, dass nur Fachleute die Dinge der Wirtschaft, insbesondere des Geld- und Finanzwesens, verstehen könnten. Das
stimmt gar nicht, aber offensichtlich besteht ein mächtiges Interesse
daran, die „normalen“ Menschen in dem Glauben zu lassen, dass alles nicht so einfach zu verstehen sei. 205
Ich selbst habe meine Kenntnisse aus eigenem Interesse erworben, ohne akademisches Studium der Wirtschaftslehre. Mein Ziel war stets,
die Dinge so zu verstehen, dass sie mir selbst vollständig
einleuchteten und ich sie jederzeit einem interessierten Zeitgenossen 210
erklären konnte.
Seite von 94 7
Bei der Wirtschaft handelt es sich nämlich um ganz einfache Sachen,
die eigentlich jeder weiß. Niemand denkt aber richtig darüber nach,
warum die Dinge so und nichts anders ablaufen und ob es damit 215
immer seine Richtigkeit hat.
Die Arbeit
220
Jeder weiß, dass der Mensch seinen Lebensunterhalt durch Arbeit
schaffen muss. In einfachen Verhältnissen schaffen die Menschen
arbeitend alles das selbst, was sie für den täglichen Bedarf benötigen. Auf einen grünen Zweig kommen sie dabei nicht, denn sie müssen
praktisch ihre ganze verfügbare Zeit der Arbeit opfern. Das ändert sich 225
erst in fortgeschrittenen Gesellschaften, die durch Arbeitsteilung eine Spezialisierung ermöglichen. Da werden dann in zunehmendem Maß
in der Arbeit Dinge produziert, die der Arbeitende nicht für sich selbst
herstellt, sondern für andere Menschen. Diese Anderen verfahren genau so und tauschen anschließend ihre Produkte aus. Das nennt man 230
eine Tauschwirtschaft oder auch Barter-Wirtschaft. Ob es diese
wirklich einmal gegeben hat, ist nicht erwiesen, da die Arbeitsteilung schon sehr früh in der Menschheitsentwicklung nachzuweisen ist und
dafür eine entsprechende Wirtschaft vorhanden, die mit gegenseitigen
Schuldverhältnissen arbeitete. Barterwirtschaften entwickelten sich 235
immer dann, wenn die Geldwirtschaft nicht funktionierte, z.B. in
Zeiten der Planwirtschaften, z. B. vor, während und nach dem letzten
Krieg.
240
Das Produkt und die Produktion
• Arbeit ist ein Zusammenspiel von körperlicher Tätigkeit, Vernunft
und Verstand.
• Ernsthafte Arbeit ist eine solche, die zweckmäßig ausgeführt wird, 245
wobei der Arbeitende ein Ziel vor Augen hat, das es zu erreichen
Seite von 94 8
gilt.
• Das Ergebnis der Überlegungen des Arbeitenden und seiner
Tätigkeit nennt man „Produkt“.
• Die Tätigkeit des Hervorbringens solcher Produkte nennt man 250
deshalb eine „Produktion.“
Dabei müssen die Produkte nicht immer sichtbare, körperliche Dinge
sein, sondern zur menschlichen Produktion gehören auch Gedanken und daraus folgende Handlungen, z.B. die Tätigkeit eines Arztes oder 255
Rechtsanwaltes.
Produkte sind also Ergebnisse menschlicher Arbeit.
260
Die Hilfsmittel der Produktion
Werkzeuge und Maschinen produzieren nicht von sich aus und allein, sondern sie sind Hilfsmittel des produzierenden Menschen. Gleiches
gilt für alle Naturkräfte und auch für Tiere, die in diesem 265
Zusammenhang immer nur Hilfsmittel der menschlichen Arbeiter sind, aber selbst keine Arbeit verrichten.
Wir verwenden in unseren Betrachtungen nicht den Begriff „Arbeit“ aus der Physik, die dort nur sehr eingeschränkt für eine bestimmte 270
Form der Kraftentwicklung benutzt wird (Arbeit = Kraft x Weg).
Die Arbeitsteilung
275
Seit dem Altertum haben sich die Menschen die für das persönliche
Wohl anfallenden und notwendigen Arbeiten geteilt, weil die
Erfahrung zeigt, dass das Können der Menschen sehr unterschiedlich ist. Der Nutzen für alle ist am größten, wenn jeder das arbeitet und
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schafft, was er am besten kann. Hinzu kommt noch ein Effekt durch 280
das gemeinsame Arbeiten, der von Proudhon formuliert wurde: Einer
schafft in 10 Stunden nicht, was 10 in einer Stunde gemeinsam schaffen = Fähigkeiten bzw. Spezialisierung + kollektive Kraft.
285
Der Kauf und der Verkauf und der allgemeine Gewinn aus
der Arbeitsteilung
Der eigene Bedarf an dem von einem jeden hergestellten Produkt ist
sehr begrenzt. Deshalb bietet der vernünftige Mensch sein Können 290
und seine von ihm hergestellten Produkte den anderen Mitgliedern der
Menschengemeinschaft zum Kauf an. Er verkauft seine Produkte und
kauft die Produkte anderer, weil sie er selber nicht herstellen kann oder herstellen will. Es ist auch so, dass jeder am Besten fährt, wenn
er seine eigene Produktion vollständig nur für andere leistet und er 295
selbst seine Bedürfnisse nur durch die Produktionen anderer befriedigt.
Das gegenwärtig so häufige „Alles-selber-machen“, sei es sein Haus zu bauen oder einen eigenen Garten bestellen, bedeutet 300
volkswirtschaftlich gesehen, den allgemeinen Gewinn aus der
Arbeitsteilung zu vergeuden. Als Freizeitbeschäftigung das „do it yourself“ keine Arbeit in unserem Sinn. Solche Tätigkeiten haben den
gleichen volkswirtschaftlichen Wert wie ein Marathonlauf. Sie dienen
nur dazu, sich zu vergnügen. 305
Rudolf Steiner hat aus diesen Verhältnissen ein Hauptgesetz
formuliert: „Das Heil einer Gesamtheit von Menschen ist am Größten, wenn jeder von den Erträgen der Arbeit der anderen lebt und er
selber die Erträge seiner Arbeit vollständig für die anderen leistet.“ 310
Der Ertrag meiner Arbeit ist das von mir hergestellte Produkt. Wir
sehen also, dass die Arbeitsteilung von selbst zu sozialem Verhalten
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erzieht. Denn wenn ich etwas für die anderen Nützliches herstellen
will, muss ich mich ganz auf deren Bedürfnisse einstellen. Was mir 315
gefällt, muss anderen noch lange nicht gefallen.
Ich werde als Produzent also ganz von mir absehen und sehr
aufmerksam den anderen ihre Bedürfnisse ablauschen. Wenn ich
dieses unterlasse, sind die anderen nicht bereit, meine Produkte zu kaufen, d.h. sich bei mir zu verschulden, welche Schuld sie mit ihrem 320
teuer erworbenen Geld begleichen müssten.
Der Markt
In den Lehrbüchern der Wirtschaft wird gelehrt, dass sich 325
die Menschen mit ihren Produkten schon früh zu bestimmten Zeiten
an bestimmten Plätzen einfanden, auf denen ein „Austausch“ von Produkten stattfand. Dort habe jeder die größte Chance gehabt, das
von ihm Benötigte zu finden. Umgekehrt habe er dort genügend
Interessenten gefunden, die sein Produkt suchten. 330
Wahrscheinlich entstanden die Märkte erst mit der Einführung des
Geldes, weil man auf dem Markt alles Mögliche kaufen konnte. Beim
Kauf ging man immer ein Schuldverhältnis ein, welches am Besten durch das allgemein akzeptierte Schuldentilgungsmittel Geld getilgt
werden konnte. Dazu dienten meistens Orte, in denen Tempel 335
standen, später auch Kirchen, um die herum historisch belegt auch immer Märkte abgehalten wurden, und wo sich wegen der
Begleichung der Schulden auch immer die Geldwechsler befanden,
ohne die man nicht das Geld hatte, um seine Schulden begleichen zu können. 340
Solche Plätze hat man Marktplätze oder auch Märkte genannt.
Diese Entwicklungsgeschichte wird zwar heute angezweifelt, da sie
nicht wirklich belegt ist. Aber den Namen „Markt“ haben diese Plätze 345
jedenfalls seit Langem bis heute behalten, nur ihr Ursprung ist nicht
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sicher. Da sich auf ihnen der Handel abwickelte, ist der Name sicher
vom Gott Merkur abgeleitet, der bekanntermaßen der Gott der
Händler oder Kaufleute ist, nebenbei auch der Ärzte und - schrecklich zu sagen - sogar der Diebe. Diese drei Berufe haben eines gemeinsam: 350
Sie schaffen das, was sich zu viel an einem Ort angesammelt hat,
dorthin, wo zu wenig ist. Dieser Vorgang spielt sich auch in der Natur überall dort ab, wo wir es mit Flüssigkeiten zu tun haben, welche die
Tendenz haben, von der Höhe zur Tiefe zu fließen, um erst dann zur Ruhe zu kommen, wenn sich alles auf gleicher Höhe befindet. Bei den 355
Kaufleuten fließt es von den Stätten der Produktion, wo es sich
anhäuft zu den Stätten des Verkaufs, wo es durch den Verkauf immer weniger wird. Bi den Dieben ist es ganz ähnlich und wird von jedem
Verstanden, der einmal von einem Dieb heimgesucht worden ist. Wo
vorher Reichtum herrschte, ist nun Mangel. Und die Ärzte schaffen im 360
Grunde auch nicht anders: Wer ins Krankenhaus kommt, bekommt
sofort auch ungefragt eine Infusion, weil man bei der Krankheit
immer einen Mangel annimmt, zum mindesten an Gesundheit. Deshalb fragt der Arzt auch ganz Routine mäßig: „ Was fehlt Ihnen
denn?“ Deshalb ist auch das Metall Quecksilber, lateinisch Mercurius 365
genannt, flüssig, und wenn einer schlechte Geschäfte gemacht hat, ist er dann auch nicht mehr flüssig, d.h. „insolvent“, und muss das dem
Amtsrichter sagen, weil er sonst behandelt wird wie ein Dieb.
In der ganzen Wirtschaft spricht man auch immer in Ausdrücken der 370
Wissenschaft von den Flüssigkeiten: Warenströme, Geldströme,
Liquidität (= man ist jederzeit zahlungsfähig), illiquide (= insolvent = zahlungsunfähig), Umlaufgeschwindigkeit (des Geldes) usw.
Heute wird vom „Markt“ ganz allgemein gesprochen. Es gibt 375
unterschiedliche Märkte: Warenmärkte, Finanzmärkte, Arbeitsmarkt,
Flohmarkt, Grundstücksmarkt usw., die nur noch gelegentlich an
bestimmten Plätzen stattfinden.
380
Seite von 94 12
Die Produkte, die Waren und die Güter
Wenn Produkte am Markt zum Kauf angeboten werden, bezeichnet man sie als „Ware“. Nur was am Markt zum Kauf angeboten wird,
bezeichnet man als Ware. Nach dem Verkauf wird aus der Ware ein 385
„Gut“, das benutzt und dabei verbraucht wird.
Der Arbeitsmarkt, die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer, die
Arbeitsplätze und der Lohn. 390
Den so genannten „Arbeitsmarkt“ gibt es in Wirklichkeit nicht. Das
Wort »Arbeitsmarkt« bezeichnet die allgemeinen Verhältnisse, denen
die Arbeitenden unterworfen sind, wenn sie von einem so genannten »Arbeitgeber« angestellt werden, um in dessen Firma zu arbeiten. 395
Dort befinden sich die „Arbeitsplätze“ für diese als „Arbeitnehmer“
bezeichneten nicht Selbstständigen. Die Charakterisierung als »Markt« ist insofern berechtigt, als dort die menschliche Arbeit wie
eine Ware angesehen wird. Das ist noch ein Rest des Denkens aus
dem Altertum, als man den ganzen Menschen als eine Ware auf dem 400
„Sklavenmarkt“ handelte. Heute muss der Mensch auf dem
Arbeitsmarkt seine Arbeitskraft anbieten. Da diese nicht ohne ihn
wirksam werden kann, „vermietet“ oder „verkauft“ sich der Arbeitnehmer für eine bestimmte Zeit ganz und gar und arbeitet unter
gewissen Bedingungen in dieser Zeit. Für diese Tätigkeit bekommt er 405
pro Zeiteinheit ein vereinbartes „festes Angestellten-Gehalt“ oder einen Betrag pro gefertigtes Stück (Stücklohn) oder pro gearbeitete
Stunde (Stundenlohn) in Form von Geld.
Eine modernere Anschauung der Wirtschaft würde diesen 410
Arbeitsmarkt als mit der menschlichen Würde nicht vereinbar
ansehen. Sie würde das Verhältnis der arbeitenden Menschen als Vertragsverhältnis zwischen Arbeitenden betrachten, wobei der eine
Vertragspartner mehr leitende Funktionen hat und der andere
Vertragspartner mehr die der eigentlichen Herstellung von Sachen 415
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betreibt. Das gemeinsam hergestellte Produkt wird auf dem Markt
verkauft. Das so eingenommene Geld teilen sich die an der Produktion
Beteiligten in einem vorher vertraglich ausgemachten Verhältnis, dessen Ergebnis in dem Lohn besteht.
420
Aber das sind wissenschaftliche Erkenntnisse, die erst in der Zukunft zu erwarten sind. Wir müssen uns vorerst bequemen, den
Arbeitsmarkt heutigen Stils zur Kenntnis zu nehmen. Das darf uns aber nicht daran hindern, die allgemeine Verletzung der
Menschenwürde in diesen Verhältnissen immer im Bewusstsein zu 425
haben. Wir müssen uns bemühen, sie zum Verschwinden zu bringen. Denn gerade die Verletzung der menschlichen Würde des nicht
selbstständigen Arbeiters durch die Notwendigkeit, seine Arbeitskraft
auf einem Markt verkaufen zu müssen, ist der Ursprung der sozialistischen Bestrebungen, die in Karl Marx ihren Verkünder 430
gefunden haben.
Das Geld als Schuldentilgungsmittel
435
Um den Kauf, der auf dem Markt stattfindet, zu erleichtern, benutzten
die Menschen schon sehr früh Geld (was immer auch sie als Geld
benutzten: Muscheln, Nutztiere, Edelmetalle, Eisen, Zigaretten etc.), d.h. das allgemeine Mittel, um eingegangene Schulden zu tilgen.
440
Was ist Geld? Es ist ein Mittel, um Schulden zu tilgen. Es ist ein Mittel zum Zweck. Der Zweck ist die Schuldentilgung, und das
Mittel, um diesen Zweck möglichst einfach zu erreichen, ist das Geld.
445
Das Geld als Werkzeug
Das Geld ist ein „Werkzeug“, das gebraucht wird, wie der
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Handwerker das seine gebraucht. Ich erkläre das nun an einem
Beispiel: Der Zimmermann braucht einen Hammer und einen 450
Zollstock, um tätig zu werden. Er wird niemals sagen, dass der Hammer und der Zollstock der Zweck seiner Tätigkeit seien, sondern
er benötigt den Hammer, um die Nägel an der richtigen Stelle
einzuschlagen und den Zollstock, um die richtige Stelle zu finden. All dieses macht er nach einem vorher ausgedachten Plan, um seinen 455
Zweck zu erreichen, nämlich einen Dachstuhl zu bauen. Dabei wird er immer den gleichen Hammer benutzen, um die zahllosen Nägel im
Laufe seiner Arbeitszeit einzuschlagen. Er nimmt auch immer den
gleichen Zollstock, um die unterschiedlichen Maße aus dem Plan auf die Balken zu übertragen. 460
Das Geld zum Kauf der Waren ist wie der Hammer und der Zollstock: immer dasselbe Werkzeug, das weder seine Form, noch seinen Wert
oder sein Maß ändert. Geht das Werkzeug durch die Benutzung
kaputt, so wird es durch ein gleichwertiges Werkzeug ersetzt. 465
Der Kaufgegenstand
Der Gegenstand, der gekauft wird, ist aber immer ein anderer, so wie 470
der Nagel, den der Hammer einschlägt, immer ein anderer Nagel ist. Mit dem Hammer kann ich immer wieder einen neuen Nagel
einschlagen. Aber ich kann den einmal eingeschlagenen Nagel nicht
noch einmal einschlagen. Sein Zustand »eingeschlagen« ist endgültig: der Nagel ist verbraucht worden. 475
Das Kaufmittel
Nach sehr einfachen Vorgängern, wie Muscheln, Getreide, Vieh etc.
hat sich „das Geld“ als das beste Kaufmittel herausgestellt. Es wurde 480
nur in Zeiten einer schlechten Geldverfassung gelegentlich verlassen,
wie z.B. in Deutschland nach dem letzten Krieg, als das Geld nicht
Seite von 94 15
mehr viel wert war. Damals nahm man an Stelle des schlechten
Geldes unter anderem Zigaretten als Kaufmittel. Die Zigaretten
konnten zwar von Rauchern verbraucht werden, aber hauptsächlich 485
wurden sie als Kaufmittel benutzt und eben nicht ihrem eigentlichen
Zweck, geraucht zu werden, zugeführt.
Das früher viel genutzte Gold und Silber zur Herstellung von Geld
wurde außerdem auch zu vielen Dingen des Lebens verarbeitet. 490
Geld muss bestimmte Eigenschaften haben:
• Es muss leicht zu teilen sein, und zwar in gleiche Teile oder Einheiten.
• Es muss haltbar sein. 495
• Es muss von allen Teilnehmern der Gesamtheit als Kaufmittel anerkannt sein.
• Es darf nicht beliebig vermehrbar sein.
• Es muss fälschungssicher sein.
500
Das Geld
Über den Ursprung des Geldes gibt es unterschiedliche Meinungen.
Ehe Münzen als Geld geprägt wurden, gab es schon lange Handel 505
unter den Menschen und unter den Völkern, auch über weite Strecken
hinweg. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass man schon
früh eine Art von Warenwechsel benutzte, um Schulden zu bezahlen. Als man das Geld als allgemeines Schuldentilgungsmittel erfand,
wurde es oft von der Obrigkeit ausgegeben, damit es auch überall 510
angenommen wurde. Daneben hat es aber bestimmt auch andere Formen von Geld gegeben, um die mehr lokalen Kaufvorgänge zu
ermöglichen.
Seite von 94 16
In alten Zeiten nahm man für die Herstellung von Geld edle Metalle, 515
die relativ selten waren, die sich kaum abnutzten, nicht rosteten, leicht
zu teilen waren und nicht viel Platz wegnahmen. Sie bekamen einen bestimmten Wert durch das festgesetzte Gewicht oder durch
Prägungen bestimmter Zeichen und Zahlen.
520
Die Geschichte des Geldes ist sehr interessant und ihr Beginn liegt
weit zurück. Das Geld als Kaufmittel funktionierte aus vielen Gründen oft mehr schlecht als recht, und immer wieder hat man
Verbesserungen für das Geld erfunden.
525
Das Papiergeld
Schon früh hat man gesehen, dass man für das Geld nicht unbedingt
einen Gegenstand benutzen muss, der als solcher einen Wert hat. So 530
erfanden die Chinesen schon in alten Zeiten das Papiergeld, dessen Erfindung bei uns erst in der Neuzeit stattfand.
Papier ist relativ billig herzustellen. Man kann darauf jedes beliebige Bild und jede gewünschte Zahl drucken und den Geldwert in kleine 535
Teile einteilen. Heute verwendet man aus praktischen Gründen auch
noch Metallmünzen aus minderwertigem Metall, um damit kleine Beträge leicht abzählen zu können.
540
Das heutige Geld
Heute wird das Geld allgemein von einer gesetzlich beauftragten Stelle herausgegeben, die unabhängig vom Staat arbeitet. Jeder kennt
unser heutiges Geld, wie wir es jeden Tag ganz selbstverständlich 545
verwenden. Jeder weiß im täglichen Verkehr damit umzugehen, denn es ist „kinderleicht“ zu benutzen. Wir können schon kleine Kinder ab
Seite von 94 17
einem bestimmten Alter zum Einkaufen schicken und stellen ihnen ein
Taschengeld zum selbstständigen Gebrauch zur Verfügung.
550
Jedes Kind weiß, dass man mit Geld alle Waren kaufen kann, die von
den verschiedenen Leuten angeboten werden. Man muss nur immer
genug Geld zur Verfügung haben, dann kann man im Prinzip alles erwerben. Geld ist einfach eine geniale Erfindung, die nicht mehr
wegzudenken ist. 555
Die Geldmenge
Es zeigt sich immer wieder, dass man stets nur eine begrenzte Menge 560
des „Wundermittels“ zur Verfügung hat. Denn was würde passieren, wenn die Obrigkeit jedem so viel Geld zur Verfügung stellen würde,
wie sich jeder wünscht? Das kann man sich leicht ausmalen: Keiner
würde sich mehr Mühe geben, beim Kauf seines Produktes am Markt das erforderliche Geld vorher zu verdienen, sondern jeder würde nur 565
noch herumgehen und die Läden leer kaufen, die bald ausgeräumt
wären. Vorher würden die Preise wegen der zunehmenden Knappheit der Waren kräftig in die Höhe gehen.
Im Jahr 2011 passierte genau dies in Weißrussland: Das dort gültige 570
Geld wurde sehr plötzlich und gänzlich unerwartet um die Hälfte
abgewertet. Sofort begannen die Leute, sich auf alles am Markt
Angebotene zu stürzen. Sie kauften alle Läden im Handumdrehen leer. Der tägliche Handel brach zusammen. Die Leute hoben ihre
Guthaben bei den Banken ab und sehr schnell trat große, weit 575
verbreitete Not ein. Die Menschen hatten das Vertrauen in ihr Geld verloren.
Die Geldausgabe 580
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Das Geld wird heute entweder vom Staat oder von einer vom Staat
dafür ermächtigten Stelle ausgegeben. Bei uns ist es die vom Staat
unabhängige Europäische Zentralbank (EZB), die unter sich noch die nationalen Notenbanken der dem Euro angeschlossenen Länder als 585
ausführende Organe besitzt. In den USA ist es die private Federal
Reserve Bank (FED), die den Dollar nach gesetzlichen Vorgaben herstellt und in Umlauf bringt. In der Schweiz ist es die private
Nationalbank, die den Franken herausgibt.
590
Wie kommt das Geld in Umlauf?
Als nach dem Krieg die „Währungsreform“ stattfand und die
Deutsche Mark (D-Mark) eingeführt wurde, bekam jeder Bürger 40 595
Mark und jeder Betrieb für jeden Beschäftigten 40 Mark. Das war am
20. Juni 1948. Am Monatsende mussten die Betriebe die vereinbarten
Löhne bezahlen, die Mieter die Mieten, die Pächter die Pachten usw.! Wie sollte das gut gehen mit dem wenigen Geld? Es ging sehr gut, wie
die Organisatoren der Währungsreform vorausgesagt hatten. Denn das 600
ausgegebene Geld wurde sofort für die plötzlich reichlich vorhandenen Waren ausgegeben, weil der Nachholbedarf ungeheuer
war. Das wenige Geld lief in großer Geschwindigkeit um und
bewältigte so unvorstellbare Umsätze.
605
In der Folgezeit wurde die umlaufende Geldmenge laufend
entsprechend dem Wirtschaftswachstum erhöht. Wie dieses technisch genau passiert, muss hier nicht ausführlich geschildert werden. Ein
ideales Verfahren gibt es auf diesem Gebiet bis heute nicht, da die
Geldmenge nicht ständig in der gleichen Geschwindigkeit umläuft. 610
Jeder Geldbesitzer kann nämlich die in seinem Besitz befindliche
Geldmenge ohne Verlust beliebig lange halten. Aus dem Grund
verlangsamt sich dann die Umlaufgeschwindigkeit. Wenn die Leute ihr Geld nicht so lange halten, erhöht sie sich wieder. Aus diesem
Grund ist die im folgenden Grundlagenteil besprochene Methode der 615
aus dem Wirtschaftsprozess entstehenden (endogenen) Geldschöpfung
Seite von 94 19
verbunden mit der Zinssteuerung besser, als die von außen bewirkte
Geldschöpfung über die reine Menge und die damit verbundene
Mengensteuerung durch Vermehrung der ausgegebenen Zentralbank-Geldmenge. Die Zinssteuerung wird ja auch schon von den 620
Notenbanken praktiziert, es fehlt nur die Weiterentwicklung über den
negativen Zins, der auch schon diskutiert wird. Dadurch soll verhindert werden, dass die Banken das nicht als Darlehen
weitergegebene Geld bei der Zentralbank „parken“.
625
Das von der Notenbank in Umlauf gegebene Geld wird nämlich nicht
an die normalen Bürger ausgegeben, sondern nur an die Geschäftsbanken. An diese wird es gegen einen Zins, den
Basiszinssatz (früher Diskont) und als Darlehen gegen Hinterlegung
von Pfändern (Wertpapiere) herausgegeben. Damit refinanzieren die 630
Banken ihre Ausgaben, die sie nicht über Kundeneinlagen finanzieren
können. Sie geben diese Darlehen der Notenbank so schnell wie
möglich zurück, um die Zinsen zu vermeiden.
Alles Geld der Notenbank wird so als Darlehen den Banken zur 635
Verfügung gestellt. Die Zentralbank kann durch ihre Zinspolitik die Geldmenge bis zu einem gewissen Grad steuern. Wenn die
Geschäftsbanken aber keine Kredite bei der Zentralbank aufnehmen,
kann diese nur noch über den Ankauf von Wertpapieren (z.B. Staatsobligationen) die Geldmenge vermehren, um das zu langsam 640
umlaufende Geld zu ersetzen (quantitative Geldpolitik). Da die
jeweiligen Besitzer des Bargeldes dasselbe nicht immer sofort weitergeben, nachdem sie es verdient haben, können die vielen
Geldbesitzer durch ihr Verhalten die Umlaufgeschwindigkeit des
Geldes ständig und unberechenbar beeinflussen. 645
Wenn die Notenbank eine Haltegebühr auf das herausgegebene
Bargeld erheben würde, könnte sie eine Verstetigung der Umlaufgeschwindigkeit erreichen, wodurch die Geldmenge stabil
gehalten und nur so weit vergrößert oder verkleinert werden müsste, 650
wie für die Geldwertstabilität nötig wäre. Eine solche Haltegebühr
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gibt es noch nicht. Die Überwindung der Null-Zinsgrenze wird derzeit
durchaus als vorübergehende Maßnahme diskutiert, aber noch nicht
als Dauereinrichtung, um die Verlangsamung der Umlaufgeschwindigkeit gänzlich zu vermeiden, um diese immer 655
gleich zu halten (sie zu verstetigen), was zu einer Dauerkonjunktur der
Wirtschaft und Beendigung der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit führen würde.
Die Zentralbank 660
In Deutschland war nach dem Ersten Weltkrieg die Deutsche Reichsbank eine private Aktiengesellschaft, die vom Staat das
Banknotenmonopol verliehen bekommen hatte und die Reichsmark
einführte. Daran sieht man, dass es nicht unbedingt der Staat ist, der 665
das Geld herausgibt, wie es ja bei uns heute auch der Fall ist: Die
Europäische Zentralbank (EZB) ist eine nicht staatliche Einrichtung,
die ihre Tätigkeit nahezu völlig unabhängig von den Staaten der Europäischen Union ausübt. Sie ist allerdings an Gesetze gebunden,
die in Verträgen der EU- Staaten vereinbart wurden. 670
Wie funktioniert das Geld als Kaufmittel?
Das Geld, das man beim Kauf von Waren ausgibt, wird vom 675
Empfänger des Geldes verwendet: Der kauft sich wiederum Waren am
Markt, die er für seinen Bedarf benötigt. Er kann aber nur das Geld ausgeben, das er zuvor für seine Waren erhielt, also durch den
Verkauf „verdient“ oder „eingenommen“ hat..
680
Vor der Einführung des Geldes bekam man gegen Herausgabe seiner Ware die von seinem Handelspartner angebotene Ware direkt
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ausgehändigt. (Tauschhandel) Damit war der Handel beendet: Ware 685
gegen Ware, Wert gegen Wert, der Handel war perfekt. (Ob es
überhaupt einen derartigen Tauschhandel in größerem Stil gab, ist nicht belegt und eigentlich auch kaum zu erwarten.)
Beim normalen Handel schiebt sich das Geld dazwischen, das einem 690
vielfältige Umstände erspart, um an den begehrten Gegenstand zu
kommen: Jemand verkauft eine Ware und nimmt dafür das Geld des Käufers. Nun kann er bei anderen Anbietern das kaufen, was er selber
benötigt. Das muss er aber nicht sofort machen, sondern er wird sich
u.U. Zeit lassen, bis er das von ihm gewünschte Produkt findet. Der 695
Handel wird also durch das Geld in zwei Akte aufgeteilt, die
nacheinander stattfinden: „Verkauf“ und „(An)Kauf “.
Der Umsatz 700
Dieses beim Verkauf verdiente Geld wandert bei jedem Kauf (und
Verkauf) von einer Hand zur anderen und kann so schon an einem Tag
mehrfach den Besitzer wechseln, wenn der Handel gut läuft. Jedes Mal findet ein „Umsatz“ von Waren statt. So bezeichnet man den 705
Vorgang, der durch die Vermittlung des Geldes stattfindet. Genauso,
wie es im Sprichwort heißt: „Taler, Taler, du musst wandern, von der einen Hand zur andern.“ Es gibt es bei der Geldwirtschaft gar
keinen Tausch, sondern nur „Kauf“ und „Verkauf“.
710
Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes
Jedes Geldstück, jeder Geldschein „erlebt“ im Laufe seines Daseins
viele solcher Kaufvorgänge und vermittelt die damit verbundenen 715
Umsätze, die zusammen ein unendliches Vielfaches seines eigenen Wertes ausmachen. Wir können sehen, dass man nur relativ wenig
„Geld,“ d.h. reale Geldstücke oder Geldscheine benötigt, um große
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„Umsätze“ möglich zu machen. Je häufiger im Laufe der Zeit das
Geld den Besitzer wechselt und auf diese Weise Kaufvorgänge 720
begleitet, umso mehr Umsätze finden statt. Man bezeichnet die Schnelligkeit der „Geldwanderung“ auch als Umlaufgeschwindigkeit
des Geldes.
725
Das Geld und die Währung
Die Wanderung des Geldes erinnert uns wieder an den Hammer des
Zimmermanns: Dieser eine Hammer kann Tausende von Nägeln einschlagen und ist doch immer derselbe Hammer. Niemand käme auf 730
den Gedanken, darin etwas Unverständliches zu sehen. Beim Geld
machen wir uns meistens nicht klar, dass dieses Kauf-Mittel nicht verbraucht wird, so wenig, wie der Hammer durch das Einschlagen
der Nägel „verbraucht“ wird. Er hat eine lange Lebensdauer, wie auch
der Geldschein, der sich zwar durch den häufigen Wechsel von Hand 735
zu Hand rascher abnutzt, als der Hammer, seinen Zweck jedoch stets
unverändert erfüllt. Dazu muss gewährleistet sein, dass der Geldschein
seinen ihm aufgedruckten Wert „während“ seiner „Lebenszeit“ unverändert beibehält, weshalb man auch von „Währung“ spricht,
dass eben der Wert lange Zeit „währet“ und »bewahrt«, also erhalten 740
bleibt. Der Hammer muss ja auch seine Eigenschaften behalten, während er zum Einschlagen der Nägel benutzt wird.
Hinzu kommt, dass der Hammer um so viele Male häufiger einen Nagel einschlägt, wie der Zimmermann schneller damit arbeitet. Die 745
„Arbeits-/Umlaufgeschwindigkeit“ seines Hammers kann also
unterschiedlich sein. Dadurch wird klar, dass die Geldmenge kleiner gehalten werden kann, wenn die Umlaufgeschwindigkeit höher ist,
und umgekehrt größer, wenn sie sich verlangsamt. Das alles gilt unter
der Voraussetzung, dass der Geldwert sich nicht ändert und ich heute 750
genau so viel für mein Geld kaufen kann wie in 5 Jahren.
Ersetzen wir den Zimmermann aus unserem Beispiel durch jeden
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Menschen, der Geld einnimmt und ausgibt, d.h. immer vorübergehend
den Hammer ( = Geld) eine Weile „besitzt“, ehe er ihn weitergibt, und 755
die Nägel durch die Waren, die durch die Hände der Menschen gehen, so haben wir das Bild des realen Marktes vor uns, auf dem ständig
Waren gegen Geld und Geld gegen Waren gewechselt werden. Es
findet Kauf und Verkauf statt, indem das Kaufmittel, das Geld, das dem Hammer entspricht, immer von Hand zu Hand wandert, aber in 760
jeder Hand sozusagen dem aktuellen Zimmermann dazu dient, seinen aktuellen Nagel einzuschlagen.
Wir Marktteilnehmer sind alle zusammen der Zimmermann und die vielen Geldscheine sind zusammen der Hammer, das Mittel zum 765
Zweck. Die Nägel sind die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen,
die nach dem „Einschlagen“ verbraucht sind, auch wenn sie immer noch einen Wert für den Erwerber oder auch Verbraucher haben.
Sie haben nämlich nur den wirklichen, sachlichen Wert, den sie für 770
den Verbraucher haben, für die er sein Geld hergegeben hat. Dieser
Wert ist immer ein ganz individueller: Jeder kauft nur das, was für ihn
einen ganz bestimmten Wert hat, z.B. ein Buch. Der Mathematiker wird sich ein gelehrtes Buch über Mathematik kaufen und der
Teenager einen Liebesroman. Auch wenn sie beide gleich viel kosten 775
würden, haben sie nur für den bestimmten Käufer überhaupt einen Wert. Dieser Wert lässt sich nicht in Geld ausdrücken, sondern hier ist
es schon ein ideeller Wert. Der Geldwert spielt nur vor dem
Kaufvorgang eine Rolle.
780
Der Preis und der Wert
In den Geschäften oder auf dem Markt sind die dort angebotenen
Waren mit einem Preis ausgezeichnet. Der Verkäufer gibt damit kund, 785
wie viel er für seine Ware haben will. Der Käufer überlegt nun, ob
ihm die angebotene Ware so viel Geld wert ist, wie der Verkäufer
verlangt. Meistens wird er dafür einige persönliche Überlegungen
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anstellen: Er „wägt ab“, denn viele persönliche Umstände
beeinflussen seine spätere Entscheidung: 790
Wie viel Geld besitzt er überhaupt, um es auszugeben? Was muss er sonst noch (unbedingt) kaufen?
Gibt es für ihn einen Gegenstand, der den gleichen Zweck erfüllt und
billiger ist? Muss ich den teuren Kamelhaarmantel kaufen, wenn es doch auch ein mit Kunststofffutter versehener Popelinemantel aus 795
dem Supermarkt tut? Ein kleines Fiat-Auto bringt mich genau so zu meinem Ziel wie ein teurer Mercedes.
Der Preis wird oft verhandelt und ist nur ausnahmsweise fixiert.
Preise für die gleichen Sachen ändern sich ständig.
800
Man merkt es auch daran, dass man ein Gut, was man gerade gekauft
hat, nur sehr schlecht und weit unter dem gezahlten Preis verkaufen kann, den man selbst dafür bezahlt hat. Weil eben nicht jeder dasselbe
Buch gleich hoch schätzt, weil es für jeden einen ganz individuellen
Wert hat. 805
Der Wert
Als Produzent einer zukünftigen Ware muss ich vorher kalkulieren,
was ich einsetzen will, um beim Verkauf so viel zu verdienen, dass ich 810
auf meine Kosten komme. Diese Kosten setzen sich zusammen aus den notwendigen Materialien, den erforderlichen Produktionsmitteln
(Maschinen, Gebäude, Werkzeuge, Mitarbeiterlöhne, Mieten etc.) und
meinem eigenen Verdienst für die von mir geleistete Arbeit. Durch alle diese Faktoren entsteht für mich ein „Wert“ des Produktes. Aus 815
diesen Überlegungen haben bestimmte Wissenschaftler die
„Arbeitswertlehre“ abgeleitet. Der Produzent habe deshalb ein „Recht“ auf ein Entgelt in Höhe des Arbeitswertes, der ihm auch
noch garantiert werden müsse.
820
Aber diese Lehre ist eigentlich eine überflüssige Angelegenheit. Denn
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sie hat nur eine Bedeutung für die Kalkulation des Produzenten. Er
mag ja noch so rational und preiswert produzieren, aber er muss
immer den zukünftigen Kunden an erster Stelle sehen, bevor er nur einen Handschlag ausführt. Denn wenn der zukünftige Kunde das 825
Produkt gar nicht benötigt oder weil er nicht so viel Geld dafür
ausgeben will, es deshalb auch nicht kaufen wird, ist es am Vernünftigsten, die Finger davon zu lassen.
Der Wert eines Produktes spielt nur für den Käufer eine Rolle. Der 830
bestimmt letztlich auch den Preis. Es wird nur der Preis bezahlt, den
der Kunde für gerechtfertigt hält, denn er soll ja durch das Produkt einen Gewinn machen, einen Vorteil haben, denn zu dem Zweck hat
der Produzent ja vorher geforscht, ob einer das von ihm ausgedachte
Produkt auch wirklich haben will und was er dafür ausgeben will, weil 835
es ihm das wert ist.
Das Eigentum und der Besitz von Geld
840
Früher war es klar, dass der Geldschein dem jeweiligen Besitzer nur vorübergehend zur Verfügung stand, denn er war und blieb Eigentum
der ausgebenden Notenbank, was auch aufgedruckt war. Man durfte
deshalb einen solchen Geldschein nicht vernichten, weil er kein Eigentum des Besitzers war. Besitzer war der jeweilige Inhaber des 845
Geldscheines, aber er wurde niemals Eigentümer. Dass das heute von
der Rechtsprechung anders gesehen wird, ist mir bekannt. Heute glaubt man, dass der Geldschein ein Eigentum des Besitzers sei, mit
dem er tun und lassen kann, was er will. Das ist ein bedauerlicher
Mangel, wie wir noch sehen werden. 850
Der Hammer und der Zimmermann
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Was würde passieren, wenn dem Zimmermann der Hammer in den 855
Fluss fallen würde, über den er gerade eine Brücke baut, und weit und
breit wäre kein Ersatzhammer zu finden? Das Mittel zum Einschlagen der vielen Nägel würde fehlen und die Brücke könnte nicht weiter
gebaut werden. Der Bau würde eingestellt, bis ein neuer Hammer
geliefert wird. 860
Es könnte aber auch sein, dass der Zimmermann glaubt, zu wenig Lohn zu erhalten. Dann arbeitet er mit seinem Hammer nicht mehr,
sondern „streikt“. Niemand kann ihn ersetzen, weil nur er einen
Hammer besitzt. Also hat der Zimmermann durch den Hammerbesitz 865
eine einzigartige Stellung, die man auch als Monopol bezeichnen
kann. Er hat als Einziger das „Mittel“ zum Zweck des Einschlagens
der Nägel, ohne das die Brücke nicht weitergebaut werden kann.
Nach einer Weile bequemt sich der Bauherr der Brücke, dem Druck 870
des Zimmermanns nachzugeben, der nun pro eingeschlagenen Nagel einen Cent zusätzlich bekommt. Nun hämmert er wieder munter
drauflos. Diese „Erhöhung des Lohnes“ pro Nagel ist eine Art
Erpressung, die den bestehenden Vertrag bricht, nämlich den Hammer unausgesetzt zum Einschlagen der Nägel zu benutzen. 875
Der Zimmermann ist in unserer Parabel nicht ein Arbeiter im üblichen Sinn, der Lohn für seine Arbeit bekommt, sondern er ist wie ein Teil
eines funktionierenden Räderwerks. Der Ausfall eines Rades ruft den
Stillstand des ganzen Werkes hervor. Übersetzt heißt das, dass der 880
Hammer ununterbrochen genutzt werden muss, was aber natürlich
kein Mensch alleine leisten kann.
Der Vergleich mit dem Zimmermann und seinem Hammer stimmt
insofern, als es jedes Mal ein Mensch ist, der das Geld, und somit den 885
Hammer, in die Hand bekommt und so die Rolle des Zimmermanns vorübergehend einnimmt. Das geht so lange, bis er sein Geld
ausgegeben bzw. den Hammer dem nächsten Teilnehmer am Spiel der
Wirtschaft übergeben hat. Wenn er ein Spielverderber ist, behält er
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den Hammer unnötig lange und verhindert so mindestens für eine 890
Weile, dass die anderen auch ihre Nägel einschlagen können.
Von den Gewerkschaften stammt der Arbeiterspruch: „Alle Räder
stehen still, wenn dein starker Arm es will.“ Das passiert, wenn die
Arbeiter die Arbeit bei einem Streik niederlegen. 895
Was passiert aber, wenn die jeweiligen Geldbesitzer ihr Geld nicht weitergeben? Dann werden die Produkte, die der Arbeiter herstellt,
nicht mehr verkauft und der Arbeiter verliert seinen Arbeitsplatz. Im
Stillen heißt es deshalb für die Geldbesitzer (Kapitalisten): 900
„Alle Arbeit wird unmöglich, wenn das Geld wird unbeweglich.“
Damit niemand den Hammer unnötig lange bei sich behält und er
dadurch nicht zum Einschlagen von weiteren Nägeln benutzt werden kann, muss dem Hammer eine Eigenschaft anhaften, die für den
aktuellen Besitzer des Hammers eine Belastung (Kosten) bedeutet. Er 905
wird den Hammer nach dem Einschlagen seines Nagels, also nach dem erfolgten Verkauf seines Produktes, schleunigst dem Nächsten
übergeben, damit der auch einen Nagel einschlagen kann, nämlich
sein Produkt verkaufen.
910
Das Mittel und die Macht
Wir sehen weiter, dass der Besitzer eines Mittels, das einem einzigen
Zweck dient, eine Machtstellung innehat: Er kann verhindern, dass der 915
Zweck erreicht wird, indem das Mittel einfach nicht angewendet wird.
Beim Geld haben wir ebenfalls ein Mittel, das einem einzigen Zweck dienen soll, nämlich die unendlich vielen Kaufvorgänge am Markt
leicht abzuwickeln. Wir haben gesehen, dass jedes Geldstück sehr 920
viele Kaufvorgänge ermöglicht, wenn es immer wieder zügig zu diesem Zweck verwendet wird.
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Wird nun ein solches Geldstück nicht sofort weiter gegeben, sondern
z.B. im Sparstrumpf aufbewahrt, dann werden alle Kaufvorgänge, die 925
sonst mit diesem Geldstück vorgenommen worden wären, nicht ausgeführt. Das bedeutet, dass alle diejenigen am Markt, deren Waren
mit diesem Geldstück gekauft worden wären, nun auf ihren Waren
sitzen bleiben würden. Die Waren haben ihnen Kosten durch die Herstellung verursacht und verursachen jetzt weitere Kosten durch die 930
Lagerung.
Alle Warenbesitzer würden natürlich versuchen, durch Senken der
Preise ihre Waren doch noch los zu werden. Aber das würde bedeuten, dass sie nun auch weniger „verdient“ hätten und dann auch wieder 935
weniger am Markt ausgeben könnten.
Wir sehen also, dass der Besitzer von Geld durch dasselbe Macht
besitzt.
940
Die Wertaufbewahrung durch das Geld.
Hinzu kommt noch eine zweite Eigenschaft des Kaufmittels Geld: Es
bewahrt für den jeweiligen Besitzer den „Wert“ auf, den er durch den 945
Verkauf seines Gutes auf dem Markt erworben hat. Wenn er jetzt keinen Bedarf hat, wird er das Geld nicht ausgeben, bis er wieder
einen eigenen Bedarf befriedigen will. Er „hält“ also das Geld (fest),
er behält es bei sich. Er wird zum „Geldhalter“.
950
Die Wertaufbewahrungs-Eigenschaft des Geldes ist eine sehr wichtige
Funktion. Sie kann leicht dazu führen, dass das Geld zu lange (fest-) gehalten wird, und so weitere Tauschvorgänge mit diesem Geld am
Markt für die Zeit des „Haltens“ unmöglich werden.
955
Man kann das mit der Funktion eines Güterwaggons der Eisenbahn
vergleichen: Der Waggon ist in erster Linie dafür gedacht, Güter zu
Seite von 94 29
transportieren. Während des Transportes ist der Waggon ein Lagerort
für die Güter. Am Ziel angelangt, soll er so schnell wie möglich
entladen werden, damit dann wieder andere Güter transportiert werden 960
können. Wird der Waggon nicht zügig entladen, werden für die
Zeitverzögerung Gebühren fällig. Wie beim Parkplatz wird das
Anhalten und Festhalten des Waggons kostenpflichtig wie der Aufenthalt des Autos auf dem Parkplatz. Solche Kosten entstehen für
die Nutzung von Eigenschaften, die dem Nutzer einen Nutzen 965
bringen, der andere Interessenten für diese Zeit von dem Nutzen
ausschließt.
Der notwendige Nutzen der Wertaufbewahrung durch das Geld
verursacht ein großes Problem für das Geld als Kaufmittel. Als 970
Kaufmittel soll es so häufig wie nur möglich einen Kauf vermitteln. Das wird nur geschehen, wenn man den jeweiligen Besitzer des
Kaufgeldes veranlasst, das Geld weiterzugeben, entweder selbst etwas
zu kaufen oder das Geld an jemanden als Kredit weiterzugeben, was man als Sparen bezeichnet. Dadurch erwirbt der Kreditgeber ein 975
Vermögen oder Anrecht auf Rückgabe zu einem vereinbarten Termin.
Die Wertaufbewahrung und das Kaufmittel
980
Nicht jedes Gut wird sofort nach der Produktion verkauft und
verbraucht, sondern viele Güter werden vor oder nach dem Verkauf
„gelagert“. Lagerung verursacht in jedem Fall Kosten. Deshalb wird der Kauf meistens so geplant, dass man möglichst erst dann kauft,
wenn die Ware wirklich gebraucht wird. Um sich Lagerkosten zu 985
ersparen, zögert man den eigenen Kauf so lange wie möglich hinaus. Der Gewinn durch eingesparte Lagerkosten fällt heute dem
Geldbesitzer gratis in den Schoß.
Um das schädliche Horten von Geld zu unterbinden, muss dem Geld 990
eine Haltegebühr auferlegt werden, damit das Kaufmittel Geld nicht
von seiner eigentlichen Funktion durch die Geldhalter ferngehalten
Seite von 94 30
wird.
Wir haben oben von den wirtschaftlichen Prozessen den Vergleich mit
den Prozessen von Flüssigkeiten gesprochen. Das Halten von Geld 995
verhindert den ungehemmten Fluss desselben. Wenn das durch viele
„Haltungen“ sich steigert, treten rasch die gleichen Wirkungen auf, die
man bei Unterbrechungen von Flüssen beobachten kann: Überschwemmungen auf der Einen Seite mit ihren Zerstörungen und
Austrocknung auf der anderen Seite mit ihren Mangelerscheinungen. 1000
Die Deflation
Man sieht, dass durch Stilllegen bzw. Festhalten von Geld der sich 1005
selbst verstärkender Prozess eintritt, dass immer mehr Waren am Markt nicht gekauft werden. Das sind die Erscheinungen, die wir bei
der Deflation („Entblähung“) beobachten. Bei Deflation erhöht die
ausgebende Zentral-Bank absichtlich z.B. wegen drohender Inflation den Zins für die Kredite an die Geschäftsbanken zu stark, um „einer 1010
Überhitzung der Konjunktur“ vorzubeugen oder eine solche zu
bekämpfen. Deflation kann also Folge der Bekämpfung einer (erwarteten) Inflation sein, wenn nämlich die Geldmenge nicht
genügend erhöht wird durch Kreditaufnahme der Geschäftsbanken bei
der Zentralbank bei wachsender Wirtschaftstätigkeit. 1015
Der gleiche Effekt entsteht auch, wenn die jeweiligen Geldbesitzer ihr
überflüssiges Geld nicht langfristig anlegen, was eine Verminderung
der Umlaufgeschwindigkeit für die Gesamtgeldmenge bewirkt. Das passiert heute regelmäßig, weil wir die oben besprochene Haltegebühr
für das Geld noch nicht eingeführt haben. 1020
Einschub:
Hortung selbst führt eigentlich nicht zu Deflation, sondern es geht nur 1025
Seite von 94 31
darum, dass die Möglichkeit zur Hortung ein Zinsniveau für die
Hergabe von Spargeldern verlangt, das zu hoch für Vollbeschäftigung
ist. Der Zins ist ja das Mittel, welches die Hortungen ins Sparen lockt. Aber der notwendige Zins, um das zu erreichen, ist zu hoch, um von
der Produktion erwirtschaftet zu werden und gleichzeitig 1030
Vollbeschäftigung aufrecht zu erhalten. Bei zu hohem Zinsniveau für langfristige Kredite sind die Gewinne der Produktion zu gering, um
genügend Leute beschäftigen zu können. Die Hortung selbst ist aber kein Problem, denn sie kann im endogenen Geldsystem abgefedert
werden: Indem die Produzenten Kredite bei der Geschäftsbank 1035
aufnehmen, welche bei der Zentralbank refinanziert werden. Dadurch können die gehorteten Gelder ersetzt werden.
Das eigentliche Problem ist die keynesianische Diagnose der mangelnden effektiven Nachfrage aufgrund einer mit steigendem 1040
Einkommen steigenden Sparquote. Das hat aber nicht direkt etwas mit
Hortung zu tun; denn Hortung ist der Sparentscheidung nachgelagert und zinsabhängig (während das Sparen einkommensabhängig und
zinsunabhängig ist).
1045
Was bedeutet das? Sparen können die Menschen nur, wenn sie mehr
als das Notwenige verdienen. Je mehr sie verdienen, umso mehr
sparen sie prozentual von ihrem Einkommen. Bei wachsendem allgemeinem Wohlstand wächst die Sparquote (= der Anteil am
Einkommen, der gespart wird) insgesamt. Das für das Sparen 1050
abgezweigte Geld wird als Kredit zur Verfügung gestellt, und zwar abhängig von den erzielbaren Zinsen. Fallen die Zinsen z.B. durch
wachsendes Angebot an Ersparnissen, so wird ein zunehmender Teil
der Ersparnisse nicht mehr für langfristige Kredite zur Verfügung gestellt, sondern im kurzfristigen Bereich gehalten, wodurch die 1055
Umlaufgeschwindigkeit immer langsamer wird. Trotz reichlich
vorhandenem Spargeld tritt eine Deflation ein, als ob die Geldmenge sich verringern würde. Die Geldmenge ist relativ hoch und kann
sogar wachsen, aber sie bewirkt keine Nachfrage an den Märkten.
1060
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Das zu hohe Sparvolumen drosselt die Nachfrage und löst
deflationäre Tendenzen aus. Daher muss klar sein, dass die
Entscheidung des Geldbesitzers nur zwischen Sparen oder Konsumieren liegen darf
Soll konsumiert statt gespart werden, hilft eine Geldhaltegebühr nicht, 1065
da die Sparentscheidung eben nicht zinsabhängig ist sondern Einkommens abhängig ist. Wenn aber langfristig angelegt statt
gehortet werden soll, hilft eine Umlaufsicherung. Aber unmittelbar wird so nicht mehr nachgefragt. Erst mittelbar über eine Senkung des
Zinssatzes für Investitionen und damit zusätzlicher Schaffung von 1070
Einkommen, das nun durch das vermehrte Angebot von Krediten am Markt die Zinssenkung bewirkt. Die Zinssenkung ergibt sich also nicht
aus dem wachsenden Sparvolumen, sondern durch das vermehrte
Angebot an langfristigen Krediten.
Wir haben das jetzt im Jahre 2014 deutlich vor uns, indem die Zinsen 1075
für angebotene Kredite auf einem nie gekannten niedrigen Niveau
angelangt sind. Infolgedessen senkt auch die Notenbank den Refinanzierungssatz, um zu verhindern, dass trotz reichlichem
Angebot Kredite nicht an die produzierende Wirtschaft ausgereicht
werden, weil die Notenbank als Parkplatz für überschüssiges Geld 1080
benutzt wird aus Angst vor Verlusten durch Kreditvergabe. An den
Notenbanken wird deshalb schon eine negative Verzinsung des dort
liegenden Geldes diskutiert, um der Gefahr der Deflation zu begegnen. Leider ist die negative Verzinsung noch nicht verwirklicht
was eine abnehmende Inflationsquote bewirkt bzw. zunehmende 1085
Deflation.
Der „Geldstreik“
1090
Wenn nun aber viele ihr „ eingenommenes“ Geld nicht zügig
weitergeben, entweder für Konsum, was die notwendige Nachfrage am Markt bewirkt oder in langfristige Sparanlagen geht, dann kann
sehr schnell der ganze Handel am Markt durch die zunehmende
Deflation zusammenbrechen. Diese Erscheinungen mit hoher 1095
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Arbeitslosigkeit verbunden zeigen sich jetzt 2014 in den Krisenstaaten
am Mittelmeer.
Der Zins 1100
Um das Geld aus den Sparstrümpfen und Panzerschränken
herauszulocken, verspricht die Sparkasse oder Bank ein „Aufgeld“, um diese Ersparnisse in ihre Kasse zu bringen. So wird ein Geldstreik
vermieden. Das Aufgeld ist das Mittel, mit dem man verhindern will, 1105
dass das Geld festgehalten wird.
Dieses Aufgeld nennt man seit alten Zeiten den Zins. Den hatte auch der Zimmermann erpresst, und er musste ihm notgedrungen gegeben
werden, um dessen „Hammer-Streik“ zu beenden, damit der 1110
Brückenbau weitergehen kann. Man musste ihm pro Nagel einen Cent bezahlen. Das ist so wie ein Zins, den man dem Geldhalter gibt, der
darauf verzichtet, sein Geld zuhause zu horten und es dadurch vom
Markt fernzuhalten.
1115
Der Kredit
Die Sparkasse oder Bank behält das den Leuten durch den Zins
abgelockte Geld nicht in ihrer Kasse, sondern stellt es als Kredit 1120
jemand Anderem zur Verfügung, der diesen Kredit nun verwendet,
um Waren oder Investitionsgüter am Markt zu kaufen. Dieser neue
Geldnutzer wird vielleicht Material für den Bau eines Hauses kaufen oder gar für die Ausrüstung einer neuen Fabrik. Er muss dann der
Bank Zins zahlen, den diese an ihren Sparer weitergibt. Er muss auch 1125
noch die Bankgebühr zusätzlich bezahlen, denn die Bank oder Sparkasse kann ihre Vermittlungsdienste nicht ohne „Verdienst“
anbieten.
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1130
Der Gläubiger und der Schuldner
Bei der Geldwirtschaft bekommt natürlich nur ein solcher Mensch
einen Kredit, dem man etwas „glaubt“. Kredit kommt nämlich von dem lateinischen Wort credere = glauben, weshalb der Verleiher des 1135
Geldes auch „Gläubiger“ heißt, der dem „Schuldner“ nämlich „glaubt“, dass er eines festgesetzten Tages den Kredit auch wieder
zurückzahlen wird.
Jemand, der sein Geld für die Zukunft „zurücklegen“, also sparen will, 1140
hat gute Gründe dafür. Er will vielleicht für sein Alter etwas
zurücklegen, wenn er gebrechlich ist und nichts mehr herstellen kann, was er am Markt zum „Verdienen“ von Geld anbieten kann.
Ihm ist also sehr „gedient“, wenn er jemanden findet, der jetzt an 1145
seiner Stelle am Markt als Käufer auftritt. Zusätzlich hat das den
notwendigen Effekt, dass am Markt keine Stockung (Geldstreik)
auftritt.
Denn derjenige, der seine Waren losgeworden ist und dafür Geld 1150
eingenommen hat, hat nun ein Mittel in der Hand, seine Schulden zu tilgen. Er schuldet irgendjemandem etwas oder geht neue Schulden
ein, indem er etwas kauft, welche Schuld er durch die Weitergabe des
Geldes sofort tilgt. Nun hat der nächste das Schuldentilgungsmittel Geld in der Hand usw. Er kann es zur Tilgung der eigenen Schulden 1155
ausgeben oder es an jemanden Anderen geben, der damit seine
Schulden tilgt und der sich damit gleichzeitig bei dem
Darlehensgeber (Kreditgeber) verschuldet und so weiter.
Wichtig ist nur, dass dieser Prozess der Schuldentilgung nicht 1160
unterbrochen wird, sonst bekommen immer mehr Marktteilnehmer
keine Möglichkeit, die von ihnen durch ihre Produktion
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eingegangenen Schulden zu tilgen, weil sie ihre Waren nicht
verkaufen konnten, um das allgemeine Schuldentilgungsmittel Geld
einzunehmen. 1165
Das Problem der Schulden und „die Einkünfte“.
Die Menschen haben unterschiedliche „Einkünfte“. Wir wollen
darunter alles verstehen, was der jeweilige Mensch an Geldeinnahmen 1170
hat: Lohn, Einkommen, Schenkungen, Rente, Zinsen,
Pachteinnahmen, Mieteinnahmen, Erbschaften, Lotteriegewinne und
was sonst noch sein könnte. Daraus entstehen sehr unterschiedliche Einkünfte, und je höher sie sind, desto mehr wird der Mensch sie nicht
für seine Bedürfnisse ausgeben müssen, sondern sie übrig haben. 1175
Was machen Menschen mit „übrigem“ Geld? Sie werden es sparen
und es zu ihrer „Spar“- Kasse (oder Bank) bringen. Sie bekommen
dafür ein Sparbuch. Darin stehen die Summen, die der Sparer dort eingezahlt oder abgehoben hat. Hinzu kommen noch die üblichen 1180
Zinsen. Jederzeit kann der Sparer feststellen, wie viel Geld er auf
seinem Sparbuch hat.
Das Sparkonto und das Giro-Konto.
1185
Das eingezahlte Geld bleibt nun nicht bei der Sparkasse (oder Bank),
sondern die macht das gleiche, was der Sparer getan hat: Der hat
nämlich sein Geld der Bank nicht zur Aufbewahrung in einem Tresor gegeben, sondern er hat es ihr nur für eine festgelegte Mindestzeit
geliehen. Er ist also der „Gläubiger“ der Sparkasse oder Bank, die ihm 1190
das im Sparbuch eingetragene Guthaben schuldet. Das wird dem Sparer immer dann klar, wenn er sein Geld zurückhaben will: Dann
muss er das Sparguthaben nämlich kündigen. Er bekommt es erst nach
einer vorher ausgemachten Zeit wieder. Nur wenn er sein Geld nicht auf ein Sparkonto, sondern auf ein Giro-Konto eingezahlt hat, kann er 1195
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zu jedem Zeitpunkt darüber verfügen. Deshalb bekommt er für dieses
Geld auf dem Girokonto auch (meist) keine Zinsen. Er kann sogar
froh sein, dass ihm die Bank für das ständige Bereithalten dieses Geldes nicht eine Gebühr berechnet.
1200
Da das auf einem Girokonto gehaltene Geld jeden Tag in bares Geld umgewandelt werden kann, wird die Bank dieses Geld wie bares Geld
mit den jeweiligen Kosten für bares Geld belasten, Kosten, die durch die Zinspolitik der Notenbank anfallen. Wenn der negative Zinssatz
der Notenbank hoch genug ist, werden die Leute möglichst wenig auf 1205
dem Girokonto halten, Sie werden das Geld so schnell wie möglich zur Zahlung von Schulden benutzen oder das dann noch übrige Geld
gleich als Darlehen für längere Zeit zur Verfügung stellen.
Die Bank gibt das Geld an einen Kreditnehmer weiter, den der 1210
Einzahlende gar nicht kennt. Das Risiko des Gläubigers trägt nun ganz
und gar die Bank. Seiner Bank oder Sparkasse „glaubt“ der Sparer als Gläubiger, dass sie ihm sein Geld in voller Höhe nach der Kündigung
zurückgibt und die vereinbarten Zinsen dazu. Die Bank aber glaubt
ihrem Kreditnehmer nicht so schnell, sie überprüft peinlich genau 1215
seine „Bonität“, ob er auch in der Lage sein wird, den Kredit
zurückzuzahlen und zu „bedienen“. Denn so bezeichnet man die
Tätigkeit der Zinszahlung.
Es kann passieren, dass die Sparkasse oder Bank das Geld an einen 1220
Schuldner gegeben hat, der unter Umständen das Geld und die Zinsen nicht mehr bezahlen kann, weil seine Geschäfte nicht den erhofften
Erfolg hatten. Dann hat die Sparkasse ein Problem: Ihr fehlt das Geld,
um es laut Vertrag an den Sparer zurückzuzahlen. Wenn es sich da um große Summen handelt, oder wenn viele Betriebe als Schuldner 1225
bankrott gehen, dann kann auch die Bank nicht mehr auszahlen und
muss selbst „Insolvenz“ anmelden.
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Die Insolvenz 1230
Das Wort Insolvenz kommt aus dem Lateinischen und heißt: Man ist „nicht mehr flüssig“ (solvere = lösen, flüssigmachen) oder
umgangssprachlich ausgedrückt: Man ist pleite. Man ist
zahlungsunfähig und kann seine Rechnungen, Löhne, Steuern, Mieten 1235
usw. nicht mehr bezahlen. Es passiert immer wieder, dass auch
Banken davon betroffen sind, und dagegen helfen weder die Versprechungen der Politiker noch eine „Einlagensicherung“. Sie
greift nur bis zu einer gewissen, relativ niedrigen Höhe und auch nur
dann, wenn nicht allzu viele Banken gleichzeitig pleite gehen. 1240
Das Wachstum der Sparguthaben und die Rezession
Nehmen die Sparguthaben insgesamt immer mehr zu, was bei einer 1245
florierenden Wirtschaft schnell passiert, dann tritt irgendwann eine Sättigung des Bedarfs an Krediten ein. Die Kreditnehmer, denen man
„glauben“ kann, werden immer weniger, weil alle gut verdienenden
Menschen sich nun unter den Kreditgebern der Banken befinden. Sie können ihren Bedarf aus den laufenden Einnahmen bezahlen und 1250
haben trotzdem noch Geld „übrig“. Die Banken wehren sich gegen
das zunehmende Angebot von Spargeldern durch immer geringere Zinszahlungen, und die Darlehensnehmer müssen immer weniger
Zinsen für ihre Darlehen bezahlen. Unter einen bestimmten Zinssatz
gehen die Banken und die Sparer heute allerdings nicht, weil sie es 1255
dann lieber „in der Kasse“ oder auf dem Giro-Konto halten (relativer
Geldstreik).
Wenn aber die Notenbank für das Zentralbankgeld laufende Gebühren oder Steuern erheben würde, würde dieses Geld in die langfristigen
Anlagen gehen 1260
Wir haben oben schon gesehen, dass jeder Euro, der nicht
weitergegeben wird, verhindert, dass mit ihm Umsätze getätigt
werden. Wenn immer mehr Leute ihr Geld weder ausgeben, noch es
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verleihen oder gar verschenken, dann kommt es zu einer „Rezession“ 1265
der Wirtschaft mit der damit verbundenen Deflation. Die Preise
sinken, die Produktion wird zurückgefahren, die Arbeiter werden entlassen oder schlechter bezahlt. Der Konsum geht zurück, weil die
Leute weniger Geld haben, die Produktion sinkt weiter. Wir haben
dann Zustände wie vor Hitlers Machtergreifung 1933 oder wie seit 1270
Dezember 2011 anhaltend bis heute in Griechenland, wo eine
Arbeitslosigkeit von 30% herrscht, also schlimmer als vor Hitlers Machtergreifung 1933 in Deutschland.
Um dem vorzubeugen, lässt z.B. die Europäische Zentralbank (EZB) 1275
eine Inflation, d.h. Geldentwertung von „nahe 2%“ zu. Sie will nicht,
dass eine Deflation eintritt, die mit den üblichen Instrumenten der
Zentralbanken nicht zu überwinden ist. Sie hofft, dass durch die bei der Inflation eintretende ständige leichte Geldentwertung die
Menschen ihr Geld leichter ausgeben. Aber bei einer so geringen 1280
Inflation merken es die Leute gar nicht und der gewünschte Effekt bleibt weitgehend aus. Hinzu kommt, dass ständig vor einer Inflation
gewarnt wird. Vor der viel gefährlicheren Deflation warnt niemand,
obwohl die Geschichte deren Gefahr gelehrt hat: Hitler kann nur durch die Folgen einer starken Deflation an die Macht. 1285
Der Staat als Retter vor der drohenden Deflation
Kommt es zu einem Geldstau, weil die Banken zu wenig oder gar 1290
keine Zinsen wegen des großen Angebots zahlen, oder weil die Gelder
auf Null-Zins-Konten gehalten werden, dann waren bisher die Staaten
immer bereit, jede Menge Geld zu borgen. Dafür haben die Staaten in aller Welt Schuldscheine „verkauft“, die nach einer festgelegten Zeit
gegen Rückgabe des Geldes zurückgekauft wurden. In der Laufzeit 1295
erbrachten sie einen vereinbarten Zins. Sie galten immer als „sicher“, sogar als »mündelsicher«.
Staaten werden von Politikern geführt, die ihren Wählern immer alles
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Mögliche versprochen haben und ihre Versprechungen dann auch 1300
einhalten, nämlich ihre Wähler oder auch Klienten mit
kostenträchtigen Wohltaten zu versorgen.
Das hat inzwischen in allen Staaten der Welt zu ungeheuren Schulden
der Staaten geführt. Zusätzlich haben sich auch die Wirtschaft und 1305
viele Private enorm verschuldet, weil sie trotz Prüfung recht einfach
an Kredite gekommen sind. Sie sind alle bei jemandem verschuldet. Meist sind sie Schuldner einer Bank, die selbst in fast gleicher Höhe
verschuldet ist bei denen, die ihr Geld bei ihnen als Sparguthaben
stehen haben. 1310
Das Vermögen
Dem Kreditnehmer, dem Schuldner, „dient“ das Geld dazu, einen 1315
Bedarf zu befriedigen, den er anders nicht finanzieren kann. Dem Kreditgeber, also dem Gläubiger, „dient“ der Vorgang dazu, sein
„Vermögen“ zu erhalten, damit er es zu einem ihm genehmen
Zeitpunkt verwenden kann. Denn durch die „Geldanlage“ bei der Sparkasse erwirbt der Sparer ein „Vermögen“, das zwar in Geldwerten 1320
ausgedrückt wird und auch „geldwert“ ist, aber kein wirkliches Geld
darstellt.
Was heißt denn Vermögen (Potenz, Können)? Ich vermag etwas zu
tun, ich kann in der Zukunft etwas tun, was der nicht Vermögende, 1325
Vermögenslose, nicht „vermag“.
Das Geld-Vermögen
1330
Geld-Vermögen wird auch Geld-Kapital oder nur „das Kapital“ genannt im Gegensatz zum „Sach-Kapital“, das aus Sachwerten, wie
Häusern, Grundstücken, Gütern etc. besteht.
Seite von 94 40
Geld-Vermögen ist kein Geld im eigentlichen Sinn, sondern „nur“ ein 1335
Anrecht auf Geld zu einem vereinbarten Zeitpunkt. Je länger man sein Geld verleiht, umso „langfristiger“ ist die Festlegung oder auch
„Anlage“ des Geldes. Normalerweise bekommt man für eine längere
Anlage des Geldes wegen des höheren Risikos des Geldverlustes eine höhere Prämie (Zins), als für eine kurzfristige Anlage. Wenn also 1340
davon gesprochen wird, dass jemand ein vermögender Mann ist, dann hat der sein Vermögen nicht in Form von Bargeld im Tresor liegen,
sondern er hat dieses einst erhaltene Geld „angelegt“. Jedes Sparbuch
ist eine solche Geldanlage.
1345
Die Milliardäre
Die vielfach genannten Milliardäre könnten gar nicht so viel Bargeld
bei sich aufheben, denn so viel Bargeld gibt es gar nicht, dass alle 1350
„Vermögenden“ ihr Geld bar zuhause einlagern könnten. Sie alle
haben den allergrößten Teil ihres Vermögens irgendwo angelegt. Sie
haben meist weniger Bargeld in der Tasche oder im Haus, als mancher kleine Mann, denn sie bezahlen oft mit Kreditkarten oder Schecks.
Das Mitschleppen einer dicken Brieftasche ist lästig und riskant, weil 1355
sie ja auch gern einmal gestohlen wird.
Die Geldanlage als Geldvermögen.
1360
Eine Geldanlage kann auch darin bestehen, dass man sein Geld für ein
Haus ausgibt, womit man dann Sachvermögen sein Eigen nennen kann. Das Vermögen der Reichen besteht zum Teil aus Ersparnissen,
die man dann anderen ausgeliehen hat oder aus Sachen, an denen sie
Eigentum erworben haben. Das können Unternehmungen sein, von 1365
denen sie Teile in Form von z.B. Aktien besitzen.
Bargeld halten Reiche nur in geringen Mengen ihres Vermögens im
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heimischen Tresor. Sie besitzen meist erhebliche
Sachvermögenswerte, wie Häuser, Grundstücke, Bodenschätze, die
sich rentieren müssen. Sachvermögen soll möglichst den gleichen 1370
Zins abwerfen wie das Geldvermögen.
Die Summe der Geldvermögen ist natürlich um ein unendlich Vielfaches größer, als der Bestand an Bargeld. Diese Vermögen
können, wenn sie nicht in Geld umgewandelt werden, ständig 1375
wachsen, auch wenn die Bargeldmenge gleich bleibt.
Wir müssen uns darüber klar sein, dass die Billionen der Milliardäre und Millionäre und das Geld der vielen „kleinen“ Sparer immer an
Schuldner verliehen sind. Sie stellen ein Geldvermögen dar und sind 1380
nicht in Form von Geldscheinen irgendwo bei den Banken gelagert. Denen würde das viele bare Geld nur Umstände machen. Die Banken
und Sparkassen haben es vielmehr brav als Darlehen an Leute
weitergegeben oder in Fonds angelegt, damit es dort den erhofften Zins einbringt. 1385
Ein sehr großer Teil der Ersparnisse ist von den Banken, Versicherungen oder Fonds an Staaten weitergegeben worden, indem
sie Schuldscheine dieser Staaten gekauft haben. Die Staaten sind
immer Einrichtungen, die das so aufgenommene Geld wirklich 1390
ausgeben: Sie bauen Strassen, sie zahlen ihre Beamten und
Angestellten, sie geben es für Entwicklungshilfe an arme Länder, sie
halten eine mehr oder weniger große Armee, die große Kosten verursacht, sie führen Kriege in aller Welt, die Unsummen kosten, sie
finanzieren Forschung, Universitäten, Schulen, Krankenhäuser, sie 1395
lassen zum Mond fliegen usw. Insofern haben die Staaten heute eine sehr wichtige Funktion: Sie bringen das Geld der sehr Vermögenden,
von denen es immer mehr gibt, wieder in Umlauf und verhindern so
einen möglichen Geldstreik. Allerdings müssen die Staaten mit der zunehmenden Verschuldung auch immer mehr Zinsen zahlen. Diese 1400
Zinsen finanzieren sie häufig auch noch durch weitere Schulden.
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Es gibt natürlich eine gewisse, wenn auch sehr kleine Menge von
Leuten, die ihr ganzes Geldvermögen zuhause als Bargeld im
Sparstrumpf oder im Tresor halten. Manche bringen Bargeld im 1405
Köfferchen in die Schweiz und legen es dort in einen
kostenpflichtigen Tresor, weil sie es vielleicht schwarz verdient
haben, oder weil es aus einer kriminellen Tätigkeit stammt. Das sind meistens keine wirklich Reichen, denn diese halten ihr Geldvermögen
auf festgelegten Geld-Konten, die zu einem vereinbarten Zins verzinst 1410
werden, oder in staatlichen oder privaten Schuldverschreibungen.
Die Aktien
1415
Aktien sind in diesem Sinn kein Geldvermögen, sondern Eigentumsanteile an einem Betrieb, am sachlichen und Geld-
Vermögen desselben und anderes mehr. Sie sind eigentlich Waren, die
auf Märkten gehandelt werden, die man „Börsen“ nennt. Analog gibt es auch andere Börsen, an denen andere Waren gehandelt werden. 1420
„Nur Bares ist Wahres“
Ein Geldvermögen kann man natürlich jemandem anderen überlassen, 1425
der einem dafür vielleicht sein Haus überlässt, wenn das Vermögen
groß genug ist. Man kauft dann mit seinem Vermögen oder einen Teil
desselben ein Produkt, nämlich das Haus.. Aber der Verkäufer des Hauses wird sehr vorsichtig sein, ehe er auf diese Weise ein Geschäft
abwickelt, denn der Nachweis des Wertes eines Vermögens ist nie so 1430
sicher wie das bare Geld. Deshalb heißt es auch zu Recht: „Nur Bares ist Wahres!“
Die Umstände kennt jeder, der bei einer Zwangsversteigerung ein
Haus mit einem Scheck bezahlen wollte. Der Gerichtsvollzieher will immer nur Bares oder zur Not noch einen von der Notenbank 1435
beglaubigten Scheck. Denn der Käufer hat kein Bargeld in der Hand.
Das hatte er vor einiger Zeit der Bank geliehen, damit sie es weiter
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verleiht. Er hat der Bank gegenüber nur einen Anspruch auf Geld, der
vielleicht sofort in Geld umgewandelt werden kann, wenn es als
Guthaben auf einem Giro-Konto liegt. Der Versteigerer kann nicht 1440
sicher sein, dass die Bank wirklich zahlungsfähig ist, sie also das
Bargeld sofort herausgeben würde, wenn er es fordert. Deshalb
verlangt er den Notenbank-Scheck oder es gilt:
„Nur Bares ist Wahres!“
Bei einem Hauskauf, der nicht bei einer Zwangsversteigerung erfolgt, 1445
kann man meistens auch mit einem normalen Bankscheck bezahlen
oder den Kaufpreis von seinem Girokonto überweisen. Meistens hat
der Käufer des Hauses bereits genügend Beweise für seine „Bonität“ erbracht, dass man ihm vertrauen kann. Die Eintragung ins
Grundbuch, d.h. der wirkliche Eigentumswechsel, erfolgt jedoch erst, 1450
wenn der Notar sich davon überzeugt hat, dass die Übertragung des Geldguthabens vereinbarungsgemäß wirklich „an Zahlung statt“
erfolgt ist.
1455
Funktionen des Zinses
Der Zins ist seit der Erfindung des Geldes ein Problem. Er führte
immer wieder dazu, dass Menschen, die einen Kredit aufnehmen
mussten, um z.B. eine Notlage zu überbrücken, nachher durch die oft 1460
sehr hohen Zinszahlungen nicht mehr in der Lage waren, ihren Kredit
zurückzuzahlen. Die bestehenden Bräuche und Gesetze führten solche
Schuldner oft in die Leibeigenschaft, so dass unhaltbare Zustände eintraten. Aus diesem Grund hat der Zins einen schlechten Ruf. Die
Religionsgemeinschaften haben ihn immer wieder verboten und im 1465
Islam ist das auch heute noch der Fall.
Für die Kreditgeber stellt der Zins eine ständige Einnahmequelle dar.
Der Zins wird von der Bank, bei der das Sparguthaben „angelegt“ ist, in der Regel nicht in bar laufend ausgezahlt, sondern dem 1470
Sparguthaben zugeschlagen. Dadurch entsteht ein zusätzlicher Zins,
der so genannte „Zinseszins“. Der führt zu einem noch schnelleren
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Wachstum des Vermögens als durch den Zins allein. Es gibt ein
Sprichwort unter Reichen: „Das ist ein Lump. Der lebt vom Zins!“
Also nur der Zinseszins darf nach deren Philosophie verbraucht 1475
werden, nicht der Zins. Einer sehr reichen Erbin wird nachgesagt, dass
sie es als ihre Lebensaufgabe betrachtet, das ererbte Vermögen nicht
nur zu erhalten, sondern es zu vermehren.
1480
Die Nachfrage nach Krediten
Der Zins hat eine wichtige Funktion: Sein Vorhandensein zeigt an, dass eine Nachfrage nach einem Kredit vorhanden ist. Der Nachfrager
ist sogar bereit, für die Laufzeit des Kredits den Zins zu entrichten, 1485
weil der Vorteil durch den Kredit größer ist als der Nachteil durch den sonst jetzt nicht möglichen Kauf der gewünschten Güter. Man sagt
dann auch, dass der Zins dafür sorgt, dass der Kredit bei demjenigen
landet, der den größten Nutzen daraus zieht. Das ist nicht nur ein Vorteil für den glücklichen Kreditnehmer, der auf diese Weise vor 1490
anderen Kreditsuchenden bevorzugt wird, sondern es ist für die
gesamte Volkswirtschaft ein Vorteil, wenn ihre Mittel bestmöglich genutzt werden.
1495
Die Lenkungsfunktion des Zinses
Der Zins hat also eine wichtige Lenkungsfunktion, weshalb man ihn nicht verbietet. Er hat die gleiche Lenkungsfunktion wie die Preise,
die auf einem Markt gezahlt werden. Die Käufer werden immer 1500
danach streben, die gewünschte Ware zu einem Preis zu erwerben, der im besten Verhältnis zum gewünschten Nutzen des gekauften Gutes
steht. Jeder stellt in Gedanken und im Gefühl fest, ob der Nutzen des
Gutes für ihn selbst dem geforderten Preis entspricht. Er stellt also für sich eine so genannte Kosten-Nutzen-Rechnung auf. 1505
Seite von 94 45
Der Zins ist der Preis, den der Kreditnehmer für den Nutzen zahlt, der
für ihn durch den Kredit entsteht.
Bei den Waren am Markt wissen wir, dass bei hohen Preisen für ein 1510
Produkt sofort eine Mehrproduktion erfolgt, um von dem hohen Preis
zu profitieren. Durch das so entstehende Mehrangebot sinken die Preise für das Produkt so weit, bis die Mehrproduktion auf ein Niveau
gefallen ist, dass sich die Produktion gerade noch „lohnt“. Unter einem solchen Preis wird niemand produzieren, denn er würde ein 1515
Verlustgeschäft machen.
Beim Geld ist es auch so. Wenn viele Ersparnisse gemacht werden
und als Kredite angeboten werden, dann sinken die Preise = Zinsen für
den Kredit und erreichen theoretisch den 0% - Wert. Dann sollte der 1520
Nutzen für den Kreditgeber durch das Verleihen gleich groß sein wie
der Nutzen für den Kreditnehmer durch die Aufnahme der Schuld.
Heute können die Zinsen bei zunehmendem Wohlstand und immer
reichlicher vorhandenen Ersparnissen in Form von Geldkapital zum 1525
Leidwesen der Geldbesitzer (Kapitalisten) nicht mehr in der früheren Höhe erzielt werden. Der große englische Nationalökonom Keynes
hat deshalb realistisch vorausgesagt, dass bei der immer größer
werdenden Schaffenskraft der Wirtschaft durch Erfindungen und Rationalisierung die Ersparnisse, also das Geldkapital, so groß werden 1530
würden, dass der Zins „in einem Meer von Geldkapital“ ertrinken
würde. Leider ist das bis heute nicht eingetreten, und wir werden noch sehen, warum dieses zum Bedauern all derer so ist, die einen Kredit
aufnehmen müssen.
1535
Der Zins ist immer dann am höchsten, wenn die Menschen große
Bedürfnisse haben, aber noch keine Ersparnisse bilden konnten. Die
Ersparnisbildung wird durch die möglichen Zinsgewinne angeregt und es wird vermehrt Geldkapital gebildet. Das geschieht immer nach
Kriegen oder großen Katastrophen, wenn alles neu aufgebaut werden 1540
muss, wie es z.B. nach dem letzten Krieg in Deutschland war. Damals
Seite von 94 46
waren die erzielbaren Zinsen sehr hoch, z. B. Für Baugelder bis 12%
und mehr jährlich. Dass die Menschen trotzdem Kredite aufnahmen,
lag daran, dass die Wirtschaft im Wachstum begriffen war und die Einkünfte aller Arbeitenden ständig zunahmen. 1545
Heute, im Jahre 2011, bietet die Deutsche Bank jeden Abend im Fernsehen Kredite für Baugelder mit 3,29% an, und Ersparnisse auf
Sparbüchern erzielen nur noch Zinsen unter 2%. Große Firmen verschaffen sich immer häufiger Kredite, indem sie nicht bei den 1550
Banken vorsprechen, sondern so genannte Anleihen ausgeben, die
derzeit nur mit 1,3% verzinst werden und 15 Jahre Laufzeit haben. Die Nachfrage nach Krediten liegt derzeit erheblich unter dem
Angebot des Geldkapitals.
1555
Die Kreditklemme
Geldkapital wird unter Umständen nicht mehr hergegeben, wenn der
Zinssatz unter 2% für das „Anlegen“ von Ersparnissen einbringt. Die 1560
Geldbesitzer warten dann ab und hoffen auf bessere Zeiten. Sie geben ihr Geld nicht aus und verleihen es auch nicht. Sie meinen, dass es
sich nicht lohnt, das Risiko des Verleihens einzugehen, wenn so wenig
Zins bezahlt wird. Das führt dann regelmäßig zu Stockungen in der Wirtschaft, die man als Wirtschaftsdepression bezeichnet. Man sagt 1565
dann auch, dass die Konjunktur einbricht.
Zu ganz bösen Folgen kann die Kreditklemme dann führen, wenn die
Banken sich untereinander kein Geld mehr ausleihen. Das tritt ein,
wenn der Verdacht besteht, dass sich die Banken bei Ihren „Anlagen“ 1570
verspekuliert haben und sie für die ausgegebenen Kredite mit
Verlusten rechnen müssen. Das kann bei großen Summen, wie im Jahr
2011 durch die Abwertung von Staatsanleihen z.B. von Griechenland, zu so großen Verlusten führen, dass Banken insolvent werden. Wenn
keine Bank von den anderen genau weiß, wie viele faule Kredite sie 1575
besitzen, geben sie sich keinen Kredit mehr, weil sie ihr Geld nicht
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verlieren wollen. Da einige Banken zu groß scheinen, als dass man sie
pleite gehen lassen will, greifen die Staaten hilfreich ein. Das ist sehr
problematisch für eine freie Marktwirtschaft.
1580
Der Geldmarkt
Leider funktionieren die Gesetze des Marktes beim Geld nur bis zu einem gewissen Punkt. Alle Waren, die nicht zügig abgesetzt werden, 1585
verursachen Kosten und damit Verluste für den Hersteller und
Händler. Deshalb sinken die Preise bei einem relativen Überangebot von Waren so weit, bis die überschüssige Produktion eingestellt wird.
Beim Geld sollte das auch so funktionieren. Da aber der Besitzer von
Geld heute keine Kosten durch den „Nicht-Verkauf“ seines Geldes als 1590
Kredit hat, muss er sein Geld nicht verleihen. Es ist „wertbeständig“,
wenn man von der anhaltenden Inflation von knapp unter 2% absieht,
die von der Notenbank EZB wissentlich beibehalten wird.
1595
Die Geldhaltegebühr (auch Demurrage genannt)
Anders als die Waren ist das Geld ein Mittel für den Kauf. Es wurde
für diesen Zweck geschaffen, und deshalb muss ihm eine Eigenschaft eingebaut werden, die bewirkt, dass es weitergegeben wird, auch 1600
wenn es keinen Zins mehr abwirft. Das Geld darf aber gegenwärtig
seinen Wert nicht in gleicher Weise verlieren, wie es bei den produzierten Waren der Fall ist, die ab dem Moment der
Fertigstellung ständig an Wert verlieren. Es gibt heute von dieser
Regel nur wenige Ausnahmen, die aber wirtschaftlich nicht ins 1605
Gewicht fallen.
Ein Parkplatz behält seinen Wert für den zeitweiligen Besitzer. Verlangt man aber eine Parkgebühr, so verlässt der Besitzer den
Parkplatz, sobald eine längere Parkzeit mehr Kosten als Nutzen bringt. 1610
Seite von 94 48
In gleicher Weise muss Geld gestaltet werden. Das vorübergehende
Behalten von Geld als Wertaufbewahrungsmittel zum Zweck des Kaufes hat einen Nutzen: Man kann den günstigsten Zeitpunkt für die
Ausgabe des Geldes abwarten. Wenn dabei keine Kosten entstehen, 1615
wie beim gebührenfreien Parkplatz, dann behält der Besitzer des Geldes dasselbe beliebig lange, so wie der Autofahrer den nicht
gebührenpflichtigen Parkplatz beliebig lange besetzt hält. Diese Unsitte wird immer häufiger durch Parkgebühren erfolgreich
bekämpft. 1620
Beim Geld könnte man das ebenso regeln, denn es ist ein öffentliches
Mittel zum allgemeinen Gebrauch, das eben auch so lange einen Preis
haben sollte, wie es dem jeweiligen Besitzer die Vorteile des Geldbesitzes zum Werterhalt bietet. Das kann wie beim Parkplatz 1625
ganz einfach nach der Zeit des jeweiligen Besitzes berechnet werden.
Durch eine „Haltegebühr“ wird das Geld wirklich so schnell wie
möglich weitergegeben und die Umlaufgeschwindigkeit stabilisiert
sich oder, wie die Fachleute sagen: Die Umlaufgeschwindigkeit 1630
„verstetigt“ sich.
Abgesehen davon bringt der Gebrauch des Geldes dem jeweiligen Besitzer neben der Wertaufbewahrungs-Eigenschaft einen weiteren
Nutzen, weil Geld der „Joker“ der Volkswirtschaft ist. Ein Joker kann 1635
im Kartenspiel an jeder beliebigen Stelle eingesetzt werden, im Gegensatz zu allen anderen Karten. Ebenso kann das Geld für den
Erwerb jeder Ware genutzt werden, im Gegensatz zu der Ware, die
immer erst ihren Käufer finden muss.
1640
Diese Joker-Eigenschaft des Geldes ist der eigentliche Sinn des
Geldes, wofür es eingerichtet worden ist. Für die Einrichtung selbst muss von allen ganz allgemein etwas bezahlt werden. Aber dann darf
der eigentliche Gebrauch nichts mehr zusätzlich kosten. Nur das (Fest-
) Halten des Geldes soll etwas kosten, damit es zügig weitergegeben 1645
Seite von 94 49
wird.
Solche Überlegungen wurden immer wieder angestellt und es gab immer wieder auch erfolgreiche Experimente mit einer solchen
„Durchhalte-Gebühr“ (z.B. in Wörgl in Tirol Anfang der 30iger Jahre 1650
bei der großen Depression der Wirtschaft). Der vernünftige Nutzen einer solchen Einrichtung wurde bisher von der Volkswirtschaftslehre
nicht anerkannt und infolgedessen auch nicht empfohlen. Weil das so ist, kommt es immer wieder zu Wirtschaftskrisen mit einem
Zusammenbruch der Konjunktur. 1655
Die Konjunktur und die „Vollbeschäftigung“
Das Wort leitet sich aus dem lateinischen Wort „conjungere“ ab, das 1660
„verbinden, zusammenführen“ heißt. In einer gut laufenden Wirtschaft
„verbinden“ sich Käufer und Verkäufer, die man auch als „Nachfrage“ und „Angebot“ bezeichnet, dauernd und ohne Unterbrechung. Dann
herrscht Dauerkonjunktur, ein anzustrebender Idealzustand. Eine
solche Situation führt dazu, dass alle Waren und Leistungen am 1665
Markt gekauft werden, so dass jeder seine Arbeit hat oder bekommt,
und es zur Dauer-Vollbeschäftigung kommt.
Wir hatten solche Verhältnisse in der Bundesrepublik in der Zeit ab
1958 bis Ende der 1970iger Jahre. Damals waren so viele 1670
Arbeitskräfte zusätzlich notwendig, dass Millionen „Gastarbeiter“ ins Land geholt werden mussten, um die wachsende Produktion der
Wirtschaft zu ermöglichen. Die Vollbeschäftigung löste die nach dem
Krieg herrschende Arbeitslosigkeit ab. Durch das „Neue Geld“, die Deutsche Mark, wurde nach der Währungsreform die primitive Plan- 1675
und Schwarzmarktwirtschaft abgelöst, und die nach dem Kriege
eingetretene Arbeitslosigkeit wurde mit zunehmender Geschwindigkeit abgebaut.
Seite von 94 50
Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich 1952, als ich begann zu 1680
studieren, in den Semesterferien immer sofort eine Arbeit auf dem
Bau fand, obwohl ich als Student nicht einmal für Hilfsarbeiten irgendwelche Fertigkeiten vorzeigen konnte. Man wurde an der
Baustelle sofort als vollwertige Arbeitskraft eingeteilt und durfte
Ziegel von Hand ohne Handschuhe abladen und Beton von der 1685
Mischmaschine zur Baugrube mit der Schubkarre fahren, die damals
noch keine Gummiräder hatte. Abends konnte man dann auch gleich einen Vorschuss im Büro anholen, damit man sich etwas zu essen
kaufen konnte. Es gab ja noch kein Bafög, und das Geld von zuhause
reichte gerade für die Zimmer-Miete und die Studiengebühren. Das 1690
war Vollbeschäftigung, keiner musste zum Arbeitsamt gehen, der
gesund und kräftig war. Auf den Baustellen wurde auch noch deutlich
deutsch gesprochen und auch verstanden. Für die Stunde gab es DM -.70, in der nahen Schweiz sogar SFr 1.30, bar auf die Hand in der
Lohntüte jede Woche. 1695
Das zunächst sehr knapp bemessene Geld wurde so dringend
nachgefragt, dass Ersparnisse nur gegen hohe Zinsen als Kredite zur
Verfügung standen. Das vorhandene Geld wurde deshalb nicht gehortet, sondern lief sehr schnell um. Durch die hohen Zinsen bildete 1700
sich rasch zusätzliches Geldkapital, das auch durch die ausgegebenen
Kredite sofort wieder als Nachfrage am Markt auftrat. Alle angebotenen Waren fanden Absatz und die Betriebe konnten die
Nachfrage oft nur nach langen Wartezeiten befriedigen.
1705
Ich habe 1970 mein Haus, in dem ich noch wohne, kaufen können. Ich
musste es sanieren und zusätzlich eine Praxis bauen. Ich hatte keine
eigenen Ersparnisse und nichts geerbt. Aber ich verdiente als Kassenarzt so viel, dass mir die Bank eine ganze Million DM als
Kredit gab zu dem horrenden Zinssatz von 11%. Die einzige 1710
Sicherheit war die Immobilie, die ich erworben hatte und mein wachsendes, sicheres Einkommen. Die Finanzierung lief über 20
Jahre. Ich war vierzig Jahre alt. Das kann man sich heute nicht mehr
vorstellen, dass das möglich war. Der Direktor der Sparkasse suchte
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mich höchst persönlich abends nach Feierabend auf, und zusammen 1715
mit einem sachverständigen Freund handelten wir an einem Abend die
Verträge aus.
Die Betriebe begannen in dieser Zeit des „Wirtschaftswunders“
Arbeitskräfte zu „horten“, um jederzeit die steigende Nachfrage 1720
befriedigen zu können. Dadurch konnten die abhängig Beschäftigten
leicht höhere Löhne verlangen, die oft über den von den Gewerkschaften ausgehandelten Tariflöhnen lagen. Die Arbeiter traten
zunehmend aus den Gewerkschaften aus, weil sie auch ohne
Lohnkämpfe und Streiks ihre Löhne und Arbeitsbedingungen 1725
verbessern konnten.
Das alles war eine automatische Folge der Dauerkonjunktur, die ungefähr 10 Jahre anhielt, bis der Nachholbedarf nach dem Krieg
einigermaßen befriedigt war. Hinzu kamen die umfangreichen 1730
Rationalisierungen und der technische Fortschritt in der Produktion, dass man mit zunehmend weniger Arbeitskräften ein mengenmäßig
immer größeres Produktionsvolumen schaffte.
Die Vollbeschäftigung ließ aber dann plötzlich nach, und die erstmals 1735
auftretenden „Krisen“ führten zum Einbruch der Nachfrage und damit
zu Entlassungen oder ganzen Firmenzusammenbrüchen. Die über Jahre nicht gekannte Massenarbeitslosigkeit trat wieder auf.
Wenn man den Gründen dafür nachgeht, so findet man immer, dass 1740
die dem investierten Geldkapital über die hohen Zinsen zufließenden
Mittel die notwendige Nachfrage am Markt nicht mehr bewirkte. Die
Binnennachfrage verringerte sich, weil das erwirtschaftete Geld nicht sofort als Nachfrage am Markt auftrat, sondern eine möglichst hohe
Rendite durch Investitionen erwartend sich dem Wirtschaftskreislauf 1745
entzog. Erst mit erheblicher Verzögerung wurden Investitionen vollzogen. In zunehmendem Maße vergrößerte sich der Handel mit
Geldern, Währungen und Wertpapieren und bildete einen separaten
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Markt, Finanzmarkt genannt. Dieses Geld stammte aus den
Überschüssen der Einkünfte der Betriebe, die nicht als Löhne an die 1750
Produzierenden ausgeschüttet wurden. So trat dieses Geld nicht als Nachfrage am Warenmarkt auf oder erst mit gewaltiger Verzögerung.
Insgesamt ließ die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes nach, was die gleiche Wirkung hat, wie eine Geldverknappung. Diesen Zustand 1755
nennt man Deflation, der sich in Erwartung sinkender Preise selbst verstärkt. Die Konjunktur bricht ein. Da hat nun der Staat durch
Darlehensaufnahme bei den Geldbesitzern, die man heute auch
„Finanzmärkte“ nennt, in Form von Staatspapieren (Bundesschätzchen) die Nachfrage ersetzt, und indem er diese Gelder 1760
durch Subventionen oder Staatsausgaben wieder als Nachfrage auf
den „Markt“ brachte, kam die Konjunktur wieder etwas in Gang. Aber alle diese Maßnahmen waren immer nur vorübergehend wirksam
und führten in der Folge zu immer höheren Staatsschulden. Aus den
Konjunkturkrisen gingen die Schuldenkrisen hervor, in denen wir 1765
heute feststecken. Denen kann auch nur durch eine Geldreform
abgeholfen werden.
Der Wohlstand für alle 1770
Die wichtigste Funktion einer Volkswirtschaft ist, dass alle
Arbeitwilligen und Arbeitsfähigen an der Produktion der notwendigen
Güter und Leistungen mitarbeiten (können). Sonst kann der allgemeine Wohlstand – das ist nämlich der Wohlstand für alle, 1775
wonach Ludwig Erhard sein Buch genant hatte - nicht erreicht und
aufrechterhalten werden. Wenn also alle mitarbeiten, herrscht Vollbeschäftigung. Das bedeutet nicht, dass alle jetzt 48 Stunden oder
noch mehr in der Woche arbeiten. Wenn alle nachgefragten Waren
und Leistungen auch mit einer durchschnittlich viel geringeren 1780
Arbeitszeit hergestellt werden können, so kann auch
Vollbeschäftigung bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 20
Wochenstunden herrschen.
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Es kann und muss so weit kommen, dass jeder das Maß seiner Arbeit 1785
selbst bestimmen kann, z.B. wenn er mit geringeren Ansprüchen zufrieden ist auch weniger arbeitet.
Um nun eine Dauer-Vollbeschäftigung zu erreichen, muss auch bei einer zunehmenden Sättigung der Bedürfnisse das verdiente Geld die 1790
nun noch immer produzierten Güter auch vollständig nachfragen, damit keine Arbeiter entlassen werden müssen und keine eigentlich
gesunden Betrieb schließen müssen.
Das kann nur durch die Geldreform mit der Haltegebühr (Demurrage) 1795
erreicht werden und ist auch der eigentliche Sinn der ganzen Sache.
Die Geld- und Bodenreform hat keinen anderen Sinn, als durch die Mobilität von Geld und Boden allen Menschen zu ermöglichen, ihren
Wohlstand und damit den Wohlstand aller zu vermehren.
1800
EINSCHUB:
Wie muss in einer modernen Volkswirtschaft die Geldschöpfung
funktionieren, damit die jetzt bestehenden und nicht zu behebenden 1805
Probleme von Währungs-, Finanz- und Konjunkturkrisen ein Ende
haben?
Dazu gibt es ganz neue wissenschaftliche Überlegungen, die ich im
Folgenden darstellen will. Sie beruhen auf früheren Versuchen für die 1810
Behebung der Probleme, die mit der Einführung des Geldes als
Kaufmittel in der Wirtschaft eingetreten waren. Diese Probleme habe
ich schon beschrieben, auch einzelne Schritte, diese zu beheben. Eine umfassende Theorie mit wissenschaftlichen Begründungen fehlte aber
bisher. Ich verzichte jetzt auf die wissenschaftliche Begründung, die in 1815
der angegebenen Literatur nachgelesen werden kann. Aber ich
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versuche nun, diese wissenschaftliche Theorie so darzustellen, dass
sie auch der Nicht-Fachmann verstehen kann:
Wie entsteht das Geld 1820
Meine folgenden Ausführungen basieren auf den Erkenntnissen, die Ferdinand Wenzlaff in einer Veröffentlichung vorgestellt hat. Sie
sollen ein funktionierendes Geldwesen gewährleisten, welches das bisherige Geldsystem an vielen Stellen entscheidend verbessert. Die 1825
wichtigste Feststellung von Wenzlaff ist aber die, dass Geld immer in
der Wirtschaft selbst (endogen) entsteht und auch wieder vergeht, je nach Bedarf. Das Geld wird nicht von außen in die Wirtschaft
hineingetragen, sondern entsteht durch die Produktion, ohne die kein
Geld entstehen kann. Denn nur die Produktion macht das Geld 1830
notwendig, damit ihre Produkte vernünftig gehandelt werden können.
Einen anderen Sinn hat das Geld nicht.
Wenn früher jemand etwas für andere herstellte, so machte er es auch
wie heute: Er glaubte, dass der andere etwas braucht, weil er ihn 1835
beobachtet hatte, oder weil er gehört hatte oder weil der Betreffende ihn sogar darum gebeten hatte. Heute bestellt man manchmal so
etwas bei jemandem, ob das nun ein Handwerker ist, ein Autohändler,
ein Arzt oder der Versandhandel. Alle, die glauben, dass der betreffende das auch wirklich abnehmen wird und den Gegenwert 1840
leisten wird, schaffen ein marktfähiges Produkt. Der Hersteller oder
Dienstleistende ist also ein Gläubiger, bei dem sich der Abnehmer dann verschuldet, wenn er kauft. Man kann auch sagen: der Hersteller
gibt dem Abnehmer einen Kredit (indem er glaubt, dass der
Betreffende die Ware auch bestimmt abnehmen wird), wodurch dieser 1845
dessen Schuldner wird. Erst durch die Tilgung der Schuld durch die
Bezahlung der abgenommenen Leistung wird dieses Verhältnis wieder
aufgehoben.
Der Gläubiger (Fabrikant, Dienstleister) kann nun vom Schuldner 1850
verlangen, dass er ihm einen Schuldschein unterschreibt, auf dem steht, wann er die Schuld begleichen will (so wie es heute noch bei der
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Bezahlung durch einen Handelswechsel geschieht). Seit der Erfindung
des Geldes wird diese Schuld in Geld ausgedrückt. Dieser
Schuldschein kann nun vom Gläubiger wie Geld verwendet werden, 1855
wenn er Leute findet, die an seine Stelle als Gläubiger treten. Wenn
man nun einen allgemein gültigen Schuldschein einführt, der alle
individuell ausgestellten Schuldscheine ersetzt, hat man das Geld eingeführt. An dieses glauben dann eben alle, dass der Inhaber damit
seine eigenen Schulden bezahlen kann, weil jeder Gläubiger eben 1860
glaubt, dass das allgemein gültige Geld diese Funktion erfüllt.
Noch einmal: Jeder Geldinhaber ist ein Schuldner, jeder Produzent ist ein Gläubiger. Das klingt paradox, entspricht aber den Tatsachen.
Nur wird den Leuten die Sache anders erklärt, was insgesamt zu 1865
falschen Vorstellungen führt.
Unser alltägliches Geld wird den Geschäftsbanken von der
Zentralbank (EZB) als Kredit zur Verfügung gestellt. Von dort findet dann das neu geschöpfte Geld seinen Weg unter das Volk, indem 1870
Produzenten Kredite bei der Bank aufnehmen. Auf diese Weise
verschulden sie sich bei der Bank. Der Schuldner verpflichtet sich jedoch, das geliehene Geld fristgerecht zurückzuzahlen, womit das
geschöpfte Geld wieder an die Bank zurückfließt. Diese gibt dieses
zurückgezahlte Geld entweder an andere Leute weiter, die sich auch 1875
verschulden oder sie zahlt es bei der Zentralbank ein, wodurch das
Geld aus dem Kreislauf verschwindet, indem die Bank ihre Schuld bei
der Zentralbank tilgt. Bei der Zentralbank wird also ständig neues Geld geschöpft und anderes Geld auch wieder vernichtet, weshalb
einmal jemand gesagt hat, dass eine Zentralbank nur eine 1880
Notenpresse und einen Feuerofen haben müsste, um gut zu funktionieren.
Auch wir Besitzer von Bargeld spielen immer ein wenig „Notenbank“ und verringern (vernichten) die umlaufende Geldmenge 1885
(vorübergehend), indem wir Geld einnehmen und es damit aus dem
Wirtschaftskreislauf ziehen, so lange wir es nicht für Konsum ausgeben oder als Spargeld anlegen, und wir „schöpfen“ es quasi
neu, wenn wir es ausgeben oder bei der Bank einzahlen, die es dann
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entweder an andere ausleiht oder bei der Zentralbank einzahlt, um die 1890
eigenen Schulden bei derselben zu verringern.
Geld entsteht also allgemein als Kredit und dient dazu, Schulden zu
begleichen. Ich kaufe ein und bin dann dem Verkäufer etwas schuldig.
Ich entledige mich dieser Schuld, indem ich bezahle. Wenn ich Geld 1895
bekomme, begleicht mir jemand seine Schuld, die er bei mir hat. Nun
bin ich ein Inhaber von Geld, das nur dazu dient, Schulden begleichen zu können. Wenn ich aber konkret keine Schulden bei jemandem
bestimmten habe, so kann ich das Geld jemandem anderen ausleihen,
der Schulden bezahlen muss. Ich bin nun Gläubiger, weil ich glaube, 1900
dass der andere mir das Geld wieder zurückzahlen wird. Ich habe
dann als Gläubiger ein Vermögen durch das Versprechen, dass der
Schuldner mir mein Geld zurückzahlen wird, aber ich habe dadurch kein Geld. Der Schuldner hat nun Geld und Schulden. Das Geld gibt
er gleich aus an jemanden, dem er etwas schuldet. Er tilgt dort seine 1905
Schuld, indem er sich bei mir verschuldet usw.
Es macht also nichts, wenn Geld nur dazu da ist, Schulden zu
bezahlen („Der einzige Sinn des Geldes ist, es auszugeben“, (eben zur Tilgung von Schulden!) Thomas von Aquin). 1910
In der Zukunft könnte die Geldschöpfung verbessert folgendermaßen laufen, damit die heutigen Probleme von Arbeitslosigkeit und die
damit verbundenen Wirtschaftskrisen nicht mehr auftreten:
1915
Die Notenbank (hier EZB) gibt als allein gültiges Zahlungsmittel das
frisch geschöpfte Bargeld zinslos an die Geschäftsbanken, wie die es
haben möchten. Diese geben es dann als Kredit weiter an Produzenten, die damit ihre Lieferanten und Mitarbeiter bezahlen,
ferner alle sonstigen Abgaben und Kosten, die mit der Produktion 1920
zusammenhängen. Natürlich werden die Geschäftsbanken sich ihre Schuldner genau ansehen und entsprechende Sicherheiten etc,
verlangen, wie es heute üblich ist.
Gleichzeitig aber besteuert die Notenbank das geschöpfte und als 1925
Kredit an die Geschäftsbanken herausgegebene Geld so lange mit
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einer auf Zeit laufenden Steuer, bis es wieder bei ihr eingezahlt wird.
Damit wird verhindert, dass das umlaufende Geld gehortet wird. An
anderer Stelle habe ich an der Stelle des Begriffs der Besteuerung den der Umlaufsicherung oder Demurrage genommen. 1930
Mit der hier vorgenommenen Darstellung und den daraus abgeleiteten Steuerungsmaßnahmen der gesetzlichen Notenbank (eine vom Staat
völlig unabhängige Einrichtung!) werden alle heute anhaltend bestehenden Probleme der Geldordnung nach klaren Gesichtspunkten 1935
für jedermann verständlich eingerichtet. Die Folge wäre eine
vernünftige Geldmenge, die sich optimal den wirtschaftlichen Notwenigkeiten anpasst, weil sie sich nicht nach statistischen Indices
bestimmen muss, sondern die produzierende Wirtschaft bringt das
notwendige Geld immer selbst durch Kreditaufnahme in Umlauf, und 1940
zwar nur so viel, wie zur Abnahme der Produktion erforderlich ist.
(Das bedeutet die Erfüllung des Say’schen Theorems, dass jede
Produktion sich seine eigene Nachfrage schafft).
Unter solchen Bedingungen kann weder Inflation noch Deflation 1945
entstehen. Eine weitere Folge wäre die Vollbeschäftigung, die darin besteht, dass jeder, der sich an der Produktion beteiligen will, den
notwendigen Kredit auch bekommt, wenn er die allgemeinen
Voraussetzungen für eine Kreditgewährung bietet: vernünftige Produkte, entsprechende Fähigkeiten, kreditwürdiges Verhalten usw, 1950
alles Dinge, die heutzutage selbstverständlich sind.
Jedem Interessierten ist dringend empfohlen, den im
Literaturverzeichnis aufgeführten Artikel von F. Wenzlaff zu
studieren. Dort werden auch alle zu erwartenden positiven Folgen 1955
einer so vorgestellten Geldordnung ausführlich begründet. Wenzlaff
spricht zu Recht von einem neuen Paradigma in der Geldwirtschaft:
Kredit = Geld entsteht nicht durch vorangegangene Ersparnisbildung, sondern er entsteht durch die Wert schöpfende Tätigkeit der
Wirtschaftenden. 1960
Literatur:
Seite von 94 58
Wenzlaff, F., Zeitschrift für Sozialökonomie Nr. 164/165, April 2010,
S. 23 ff. 1965
Der Finanzmarkt
Wenn der Zins durch das überreichliche Angebot von Ersparnissen 1970
(Geldkapital) unter ein bestimmtes Niveau sinkt, wird das Geld nicht mehr in Häusern oder Fabriken angelegt. Findige Leute verkaufen den
„Übrig-Geld-Besitzern“ jetzt allerhand ausgetüftelte „Wertpapiere“,
bei denen es sich oft um undurchschaubare Vermögenswerte handelt und eben nicht um Geld! Diese „Wertpapiere“ werden dann wieder 1975
gehandelt und sollen angeblich hohe „Renditen“ abwerfen, d.h. einen
hohen, geldlichen Gewinn beim Wiederverkauf erzielen. Das sind jedoch reine Glaubensdinge. Wir sahen ja schon beim Begriff des
Gläubigers, dass er einen festen Glauben daran haben muss, sein Geld
wiederzubekommen, nachdem es in der Zwischenzeit in seiner Anlage 1980
„gearbeitet“ hat.
Das „arbeitende“ Kapital
1985
Es taucht immer wieder der Begriff auf, dass man „sein Geld oder sein Kapital arbeiten lässt.“ Damit ist natürlich nicht gemeint, dass die
ausgeliehenen Gelder im wahrsten Sinn des Wortes „arbeiten“, denn
gemäß unserer Definition kann nur der persönliche Mensch arbeiten. Die Leihgelder (Kredite) kosten den Schuldner die verlangten Zinsen, 1990
die dem Geldverleiher überwiesen werden und dessen schon
vorhandenes Vermögen vermehren. Das versteht man unter „man lässt sein Kapital arbeiten“. Der Vermögensbesitzer hat durch den Verleih
seines Geldes ein Einkommen, aber er „verdient“ es nicht im
eigentlichen Sinn. 1995
Heute werden bei dem hohen Stand der Verschuldung von Staaten,
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Wirtschaft und Privaten sehr hohe Summen an Zinsen bezahlt, die den
Gläubigern in die Tasche fließen. Im Jahre 2011 in Deutschland sind
es täglich (!) mehr als eine Milliarde Euro, die in den Preisen aller 2000
Waren und Dienstleistungen in Form von mehr als 30 % Zinsen
enthalten sind und von jedem Käufer bezahlt werden müssen.
Der Gewinn 2005
Bei allen Käufen, die am Markt stattfinden, versucht jeder der
Marktteilnehmer für seine Ware einen möglichst hohen Preis zu erzielen, und umgekehrt versucht jeder Abnehmer der Ware, diese für
einen möglichst niedrigen Preis zu bekommen. Am Markt stehen sich 2010
entgegen gesetzte Interessen scheinbar unüberbrückbar gegenüber. Warum gehen aber alle Marktteilnehmer trotzdem immer wieder auf
den Markt? Sie tun dies, weil jeder Marktteilnehmer von dem
beabsichtigten Handel einen möglichst hohen Gewinn für sich selbst erhofft. Seltsamerweise scheinen sich diese Hoffnungen jeden Tag 2015
aufs Neue zu erfüllen, sonst würden wir später am Tag nicht so viele
Leute mit glücklichen Gesichtern aus den „Super-Märkten“ nach Hause wandern sehen.
2020
Der Sinn des Geldes
Mit Geld an sich kann man nichts anfangen. Man kann es nicht essen, nichts darauf schreiben, nichts darin einwickeln, nicht damit
umherfahren usw., weil es nämlich nur für einen einzigen Zweck 2025
geschaffen wurde, den der berühmte Thomas von Aquin kurz und sinnvoll so beschrieb:
„Der einzige Zweck des Geldes ist es auszugeben!“
2030
Geld ist nur dafür geeignet, etwas dafür zu kaufen, d.h. die bei einem
Seite von 94 60
Kauf eingegangene Schuld mit dem Schuldentilgungsmittel Geld zu
begleichen oder es jemandem als Kredit zu überlassen, der damit seine
Schulden bezahlen kann. Deshalb gehen die Menschen in den Supermarkt, um dort alles das zu kaufen, was sie sättigt, kleidet oder 2035
was sie sonst benötigen: Bücher, Fernseher, Computer, Schreibzeug,
Möbel, Betten, Autos usw. Wenn sie das für sie Passende gefunden haben, strahlen ihre Gesichter vor Glück: Sie zogen aus ihrem
Geldbesitz den bestmöglichen Gewinn, indem sie ihr Geld nach ihren persönlichen Vorstellungen vernünftig ausgaben. 2040
Sie versuchen durch Verhandlungen immer einen möglichst geringen Preis zu zahlen, der aber nie so niedrig sein wird, dass sie gar nichts
bezahlen. Kunden schätzen den Wert des erwünschten Gutes gerade
so hoch ein, wie es ihnen als gerecht erscheint. Sie zahlen den 2045
geforderten oder ausgehandelten Preis, weil sie alle ein
Gerechtigkeitsgefühl besitzen und wissen, dass der Verkäufer und der
Produzent der Ware ja auch leben und die dafür notwendigen Mittel verdienen müssen.
2050
Bei Tauschhandel ohne Geld macht jeder der Tauschenden einen sofort einsehbaren Gewinn. Er wird einen Gegenstand los, den er
anbietet und selbst nicht braucht und er gewinnt den Gegenstand, den
er benötigt und umgekehrt. Das ist immer der eigentliche Gewinn bei jedem Tausch, der genau so beim Kauf eintritt. 2055
Diese Gewinnmöglichkeit besteht also auch beim durch das Geld ermöglichten Kauf. Nur wird er da nicht so unmittelbar erlebt, denn
das Geld ist als ein für alle Zwecke dienstbares Kaufmittel natürlich
eine ungeheure Versuchung. Man kann es gerade nicht nur ausgeben, 2060
sondern auch anlegen. Dann wird der Erwerb von Geld höher
geschätzt, als der Gewinn an Lebensmöglichkeiten durch den Kauf
eines erwünschten Gutes. Das Geld ist dann nicht mehr Mittel, sondern es wird selbst Zweck.
2065
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Der Gewinn der Arbeit
Was ist denn der Gewinn unserer wirtschaftlichen Tätigkeit oder unserer Arbeit? Wozu arbeitet der Mensch überhaupt? Die Antwort ist 2070
ganz einfach: Der Mensch strebt durch seine Arbeit nach einem
besseren Dasein. Dieses bessere Dasein ist der erwünschte Gewinn, sonst eigentlich nichts. Denn der Geldgewinn bei einer
wirtschaftlichen Tätigkeit ist ja nicht der eigentliche Zweck meiner Tätigkeit, sondern mit dem „verdienten“ Geld verschaffe ich mir nur 2075
das „Vermögen“, die Fähigkeit, die Potenz, etwas zu bekommen, das
mein Dasein gewinnbringend verbessert.
Dieses Vermögen kann auch in dem Machtzuwachs bestehen, den ich
durch unser heutiges Geld gewinne, eine für alle Menschen 2080
übermächtige Verführung.
Das Geld und die Macht
Das Geld in meinem Besitz möchte jeder gerne haben, der seine 2085
Produkte loswerden will. Das verleiht mir eine gewisse Macht über die vielen Verkäufer. Dieser Versuchung der Macht erliegt auch ein
jeder von uns bis zu einem gewissen Grade. Jedenfalls möchte man
sich das Gefühl der zeitweiligen Macht so lange wie möglich erhalten, weil es doch eine schöne Verstärkung des manchmal geringen 2090
Selbstwertgefühls bewirkt.
Je mehr Geld jemand besitzt, umso mehr Macht hat er über die vielen
Anbieter von Waren und Dienstleistungen, und um ihn herum
vollführt jeder einen kleinen Tanz um das mehr oder weniger große 2095
„Goldene Kalb,“ das in der Geldbörse oder auf dem Konto des
Wohlhabenden schlummert.
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Der Tanz ums Goldene Kalb 2100
Ich bitte um Verzeihung, wenn ich an dieser Stelle nicht der Versuchung widerstehen kann, einen kleinen historischen Exkurs
einzuflechten, der nicht so sehr volkswirtschaftliche Abläufe erklärt,
aber doch ein Licht darauf wirft, was hinter menschlichem Handeln 2105
als wahrer Hintergrund steckt. Da das Problem der Gerechtigkeit im
Zusammenhang mit der Frage nach Armut und Reichtum ein Dauerthema ist, gehören die Betrachtungen der irdischen und der
„höheren“ Werte in eine jede Volkswirtschaftslehre.
2110
Der Tanz ums Goldene Kalb wurde im Alten Testament erstmalig
beschrieben, und er wird jeden Tag neu veranstaltet, im Kleinen wie
im Großen. Er war schon damals sehr verlustreich für das Volk Israel, denn ein Drittel musste dafür über die Klinge springen. Bei Wikipedia
heißt es dazu: 2115
»Das Goldene Kalb war laut biblischer Überlieferung ein Götzenbild,
das die Israeliten nach dem Auszug aus Ägypten gemeinsam mit
Aaron schufen, während Moses auf dem Berg Sinai die Zehn Gebote erhielt.“ 2120
„Als aber das Volk sah, dass Mose ausblieb und nicht wieder von dem Berge zurückkam, sammelte es sich gegen Aaron und sprach zu ihm:
Auf, mach uns einen Gott, der vor uns hergehe! Denn wir wissen
nicht, was diesem Mann Mose widerfahren ist, der uns aus 2125
Ägyptenland geführt hat. Aaron sprach zu ihnen: Reisset ab die
goldenen Ohrringe an den Ohren eurer Frauen, eurer Söhne und eurer
Töchter und bringt sie zu mir. Da riss alles Volk sich die goldenen Ohrringe von den Ohren und brachte sie zu Aaron. Und er nahm sie
von ihren Händen und bildete das Gold in einer Form und machte ein 2130
gegossenes Kalb. Und sie sprachen: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat!“ (2. Mose 32,1–4)
Hiervon abgeleitet wird die gängige Redensart vom „Tanz ums
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Goldene Kalb“ als Sinnbild für eine Verehrung von Reichtum und 2135
Macht. Man findet das Kalb auch vor der Frankfurter Börse
ausgewachsen als Stier, der das Steigen der Börsenkurse symbolisiert.
Moses zerschlug nach seiner Rückkehr den Götzen und die
mitgebrachten Gesetzestafeln; anschließend ließ Mose von den 2140
abgefallenen Anhängern JHWHs (Jahwes, Jehowahs) 3000 Menschen
erschlagen:
„Als nun Mose sah, dass das Volk zuchtlos geworden war – denn
Aaron hatte sie zuchtlos werden lassen zum Gespött ihrer Widersacher 2145
–, trat er in das Tor des Lagers und rief: »Her zu mir, wer dem
HERRN angehört!« Da sammelten sich zu ihm alle Söhne Levi. Und
Moses sprach zu ihnen: »So spricht der HERR, der Gott Israels: ‚Ein jeder gürte sein Schwert um die Lenden und gehe durch das Lager hin
und her von einem Tor zum andern und erschlage seinen Bruder, 2150
Freund und Nächsten‘«. Die »Söhne Levi taten, wie ihnen Mose gesagt hatte; und es fielen an dem Tage vom Volk dreitausend Mann.“
(Exodus 32,25–28).
Unsere Verluste heute sind sicher ähnlich hoch. Sie fallen nur indirekt 2155
an als so genannte Kollateralschäden des Geldsystems, welches uns
einen anhaltenden darwinistischen Dauerkrieg aller gegen alle beschert.
Heute nimmt der Tanz um diesen Schatz in jedem Geldbeutel immer 2160
schlimmere Ausmaße an. Wir werden ständig von Werbung
überflutet, die uns suggestiv beeinflussen will, unser Geld für alle
möglichen Produkte auszugeben. Jeder Produzent oder Händler ist gezwungen, bei diesem Werbeaufwand mitzumachen, denn „wer nicht
wirbt, der stirbt.“ Zur Werbung gehört auch, dass die Geschäfte immer 2165
länger geöffnet haben und die Mitarbeiter sich das lange Wochenende oder den normalen Feierabend oft aus dem Kopf schlagen müssen.
Ich kenne einen erfolgreichen Geschäftsmann, der 15% seines
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Umsatzes für Werbung ausgeben muss. Letztendlich müssen die 2170
Kunden diese Kosten im Preis bezahlen, denn woher soll der
Geschäftsmann das Geld sonst bekommen?
Der Verkäufer von Produkten muss besondere Schulungen
durchlaufen, um die Technik zu lernen, wie man die Kunden zum 2175
Kauf bewegt. Er muss immer freundlich sein, oft gute Miene zum
bösen Spiel machen, darf gegenüber Unverschämtheiten nicht empfindlich sein. Er wird an seinem Umsatz gemessen, sein Lohn
wird danach berechnet und er muss jede Tätigkeit annehmen, um
seinen Arbeitsplatz nicht zu verlieren. Alles hängt davon ab, dass die 2180
Kunden ihr oft sauer verdientes Geld überhaupt ausgeben und wenn,
dann bitte möglichst bei mir, dem freundlichen, immer höflichen, zu
allen Zeiten bereiten und dienstbeflissenen Verkäufer.
Das alles ist eine Folge der Macht, die das Geld dem jeweiligen 2185
Besitzer verleiht. Nirgendwo sind wir (scheinbar!) so frei in unseren Entscheidungen, wie beim Geldausgeben. Wir müssen uns immer
darüber klar sein, dass wir diese Macht, ohne es zu wollen, immer
teuer bezahlen. Ein guter Teil der Verschwendung von Rohstoffen und Energie und natürlich menschlicher Arbeitskraft findet nur statt, die 2190
Leute dazu zu bringen, ihr Geld auszugeben.
Wir wollen jetzt verstehen, warum das Geld uns so viel Macht
verleiht. Und wir wollen uns darüber klar werden, wie wir diese für
uns alle schädliche Macht so klein wie möglich machen. Eines der 2195
wichtigsten Mittel dazu ist die vorhin schon beschriebene Haltegebühr
(Demurrage) für das Von der Zentralbank ausgegebene Geld
Der Profit 2200
Man liest immer wieder, ein Betrieb habe „Gewinne“ gemacht. Je
höher der Gewinn sei, umso „profitabler“ sei der Betrieb. Was hat es
mit diesem „Profit“ auf sich? Wir hatten oben den Gewinn als etwas
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bezeichnet, das durch den Kauf eines begehrten Gutes entsteht. Eine 2205
solche Definition des Gewinnes kennt man in der „gültigen“
Volkswirtschaftslehre nicht. In dieser gilt als Gewinn nur, was nach Abzug aller Kosten durch den Verkauf der Produkte des Betriebes
übrig bleibt. Der Lohn für die Arbeiter, Angestellten und Manager
zählt heute zu den Kosten. Diese müssten nach unseren Vorstellungen 2210
zum Gewinn gezählt werden, weil sie ja für die im Betrieb arbeitenden
den geldlichen Gewinn aus ihrer Arbeit darstellen.
Heute wird als Gewinn angesehen, was nach Abzug aller Sachkosten
und Löhne übrig bleibt. Für wen bleibt denn etwas übrig? Das sind die 2215
Leute, die dem Betrieb das Kapital gegeben haben, damit er überhaupt
anfangen konnte. Das können die Eigentümer sein, z.B. eine Familie.
Viele mittelständige Betriebe sind solche Familienbetriebe. Aber es können auch so genannte Investoren sein, die das Geld für eine
Neugründung hergeben oder die einen Betrieb kaufen, wenn er 2220
angeboten wird. Diese wollen nur einen möglichst hohen Gewinn für das von ihnen eingesetzte Kapital.
Wir wollen nach unseren Vorstellungen den berechtigten und notwendigen „Gewinn“ vom „Profit“ unterscheiden. Letzterer dient 2225
nur den „Anlegern“, die für ihr eingesetztes Kapital einen möglichst
hohen Zins herausholen wollen. Dafür bezahlen sie die sehr teuren Manager, damit sie die Kosten so niedrig wie möglich halten. Zu den
Kosten zählen auch die Löhne. So dreht sich heute alles um diesen
Profit des eingesetzten Kapitals, den »shareholder value« (Teilhaber-2230
Gewinn), der möglichst hoch sein soll.
Hier wirkt sich die Übermacht, die das heutige Geld dem jeweiligen Besitzer verleiht, besonders schädlich aus. Die Wirtschaft verkommt
durch die Umkehrung ihres wirklichen Zwecks, nämlich allen 2235
Menschen Wohlstand zu ermöglichen. Wirtschaft dient heute
hauptsächlich dazu, dem eingesetzten Kapital eine möglichst hohe
Rendite zu verschaffen. Dies wird sogar oft als ihr einziger Zweck
angesehen.
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2240
Exkurs: Der Kapitalismus. Die Orientierung der Wirtschaft am Profit des eingesetzten Kapitals
nennt man gemeinhin „Kapitalismus“. Seine Geschichte begann mit 2245
der Neuzeit, als durch die zunehmende Geldwirtschaft sich in den Händen geschickter Kaufleute relativ große Summen anhäuften. Diese
Gelder wurden dann Zins bringend verliehen, vor allem auch an
Könige und Kaiser, die das Geld benötigten, um ihre Söldner bezahlen zu können. Sie bezahlten auch mit Privilegien verschiedener Art, die 2250
zu den ersten Monopolen führten, z.B. das Post-Monopol der Thurn
und Taxis Familie, Quecksilber-Monopol der Rothschilds u.a.
Mit der Industrialisierung wurden für die technischen Einrichtungen
bald große Geldsummen notwendig, um innerhalb großer Fabriken 2255
die Fertigungsgänge rationell aneinanderreihen zu können. In der
aufkommenden Montage von massenhaft gefertigten Maschinen und
Fahrzeugen entstanden große Komplexe, welche die Produktionsschritte in einer Hand versammelten. Es begann eine
interne Arbeitsteilung nach festen Plänen, sozusagen kleine 2260
Planwirtschaften, die am Ende der Produktionskette das fertige Produkt lieferten, das nun von dem Unternehmer mehr oder weniger
Gewinn bringend am Markt verkauft wurde. Der erlöste Gewinn
wurde nach Abzug der Produktionskosten an die Eigentümer-Geldgeber als Profit ausgeschüttet. 2265
Jeder Unternehmer hatte bald Konkurrenten, die am Markt durch bessere oder billigere Produkte versuchten Fuß zu fassen. Durch
geschickte Manipulationen verschiedener Art versuchte nun jeder, die
Konkurrenz „auszuschalten“, was durchaus erfolgreich war und 2270
immer wieder zu einer Alleinherrschaft bei bestimmten Produkten
führte, was man dann ein Monopol nannte. So ein Monopol bedeutete
oft große wirtschaftliche Macht, die sich zunehmend auch in die Politik übertrug, um dort durch günstige Gesetze oder politische
Entscheidungen seine Geschäfte zu befördern. Vor allem die 2275
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militärische Rüstung bot dafür gute Voraussetzungen. Hinzu kamen
auch Abschottungen gegen ausländische Konkurrenz, oder gar der
Antrieb für kriegerische Auseinandersetzungen, um die Geschäfte zu fördern.
2280
Nachdem nun entsprechende, schlechte Erfahrungen in den beiden großen Weltkriegen der Neuzeit gemacht worden waren, wurde nach
Beendigung des letzten Kriege überlegt, wie man eine bessere Wirtschaftsordnung herstellen könnte, als sie die durch den Krieg
bedingte Planwirtschaft, die in allen Krieg führenden Ländern 2285
eingeführt worden war, darstellte. Die alte kapitalistische Ordnung der mächtigen Monopole sollte abgelöst werden, indem man die
Bildung von wirtschaftlicher Macht so gut wie möglich zu verhindern
suchte. Man zerschlug in Deutschland die großen Stahl-, Kohle- und Chemie-Monopole und führte eine Anti-Kartell-Gesetzgebung ein. 2290
Daran wirkte vor allem eine Ökonomen-Schule mit, die so genannte
Freiburger Schule von Walter Eucken und Franz Böhm, aus der unter Ludwig Erhard die als „Soziale Marktwirtschaft“ bekannte
Wirtschaftsordnung hervorging. Sie versuchte, die „Bildung privater
Macht in einer freien Gesellschaft“ durch die Einrichtung der 2295
Ordnung der „Vollständigen Konkurrenz“ zu verhindern. Zusätzlich
sollte der „Sozialstaat“ sich um die unvermeidbaren Opfer dieser
vollständigen Konkurrenz kümmern.
Leider wurden die primären Monopole, die im Boden-Besitz und im 2300
Geld-Besitz liegen, nicht wirklich erkannt und neutralisiert. So kam es zur Restauration des Kapitalismus alter Prägung, der lediglich durch
eine umfangreiche Sozial-Gesetzgebung und eine starke
Interventionstätigkeit des Staates bei den periodischen Einbrüchen der Konjunktur für die Benachteiligten abgemildert wurde. Der Aufruf 2305
„Wohlstand für Alle“, den Ludwig Erhard werbewirksam ausgelöst
hatte, war nur in den Zeiten der Vollbeschäftigung ab 1958 bis Mitte der 70-iger Jahre gültig, ab da begannen die „Reichen“ immer
reicher und die Nicht-Reichen immer ärmer zu werden.
2310
Dieser ungebrochen anhaltenden Tendenz kann man nicht durch
spätere Umverteilung von Vermögen über Steuern abhelfen, sondern
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nur durch Einrichtung einer funktionierenden Geld-Wirtschaft und
einer Rückführung des Grund und Bodens in Allgemeingut, damit er
dann nur noch gegen entgeltliches Nutzungsrecht vergeben werden 2315
kann.
Wir fahren nun fort in der Schilderung weitere Einzelheiten der Ökonomie.
2320
Die Aktien
Eine Aktiengesellschaft wird als Gesellschaft der Aktionäre gebildet. Jeder Aktionär verpflichtet sich, eine bestimmte Summe in die
Firmenkasse einzuzahlen. Mit diesem Geld kauft die Firma alle 2325
Dinge, die der Betrieb benötigt. Dann wird die Produktion aufgenommen und jeder Aktionär ist nun Eigentümer eines Teils der
Firma. Dieser Teil wird durch die Aktie dokumentiert, die auf einen
bestimmten Geldbetrag lautet. Das kann der Betrag sein, den der Aktionär am Anfang eingezahlt hat, der so genannte Nennwert. Die 2330
Aktie repräsentiert also einen bestimmten Wert, der je nach dem
Aktienkurs schwanken kann und überhaupt nicht mit dem Nennwert übereinstimmt. Er zeigt, wie hoch der Wert der Firma an der
Aktienbörse eingeschätzt wird. Er kann also weit über oder unter dem
Nennwert liegen. Die Aktie kann man an der Aktienbörse kaufen und 2335
verkaufen.
Aktionäre sind also Leute, die am Beginn einer Betriebsgründung ihr Geld für die Anschaffung der Realkapitalien, als da sind Grundstücke,
Häuser, Maschinen usw., hergegeben haben. Dafür bekommen sie 2340
Anteilscheine am gesamtem Sach- und Geldvermögen der Firma in Form von Aktien, die man auch verkaufen kann. Ein Preis bildet sich,
der ebenso schwankt, wie andere Warenpreise. Zu diesem Preis
werden die Aktien gehandelt, das ist ihr „Kurs“. Sie bringen ihrem Inhaber auch einen Anteil an der jährlichen Gewinnausschüttung, der 2345
so genannten Dividende. Dividere (lat.) heißt „teilen“ und bedeutet
hier: Ein Anteil am betriebswirtschaftlichen „Gewinn“ wird jedem
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Aktionär zugeteilt. Solche Betriebe heißen „Aktiengesellschaften“
(AG), die Inhaber der Aktien sind „Aktionäre“. Der Preis der Aktien
schwankt je nach allgemeiner Wirtschaftslage mehr oder weniger 2350
stark. Er ist auch stark abhängig von der Stellung des Betriebes am
Markt: Z.B. die Stromlieferanten, die ihren Strom in Atomkraftwerken
hergestellt haben, sind Aktiengesellschaften. Der Kurs ihrer Aktien ist mit dem „Atom-Ausstieg“ stark gefallen. Dabei erleiden die Aktionäre
herbe Verluste in ihren Vermögensbeständen. Umgekehrt entstehen 2355
bei guter Entwicklung einer Aktiengesellschaft unter Umständen
große Kursgewinne. Am Durchschnittskurs bestimmter
Aktiengesellschaften (z.B. der DAX) kann man gut die allgemeine Stimmung ablesen, die die Aktienbesitzer über die Wirtschaftslage
haben. Die Probleme der Aktiengesellschaften spielen aber bei den 2360
Geldfragen nur eine sehr untergeordnete Rolle. Sie ziehen durch die ständigen, täglichen Berichte in den Medien eine unangemessene
Aufmerksamkeit auf sich.
2365
Die Staatsanleihen
Sie sind momentan ins Gerede gekommen, da sich viele Staaten in
großer Höhe verschuldet haben. Die „Anleger“ haben Angst, dass die
Anleihen nicht zurückgezahlt werden können oder dass der 2370
Schuldendienst, wie man die Zinszahlungen nennt, nicht mehr
gewährleistet ist. Andererseits haben die Anleger Probleme, noch
genügend „solvente“ Schuldner zu finden. Deshalb reagieren „die Märkte“, womit die Gesamtheit der „Anleger“ gemeint ist, sehr nervös
auf alle die verschiedenen Meinungen, Nachrichten und Voraussagen. 2375
Das Kaufmittel Geld und seine Verbesserung
Bei einem Mittel, das für die Ausführung eines bestimmten Zweckes 2380
hergestellt wird, muss man immer darauf achten, dass es seinen
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Zweck richtig erfüllt. Beim Geld handelt es sich um ein Mittel, das
hauptsächlich für den Zweck des möglichst leichten Kaufes von
Produkten und Dienstleistungen geschaffen wurde.
2385
Wenn wir mit jemandem im Streit liegen, weil unsere Interessen sich
widersprechen, dann versuchen wir, durch die Vermittlung eines Dritten den Streit zu beenden. Wir suchen eine Person, die von beiden
Seiten als unparteiisch angesehen wird, die also neutral dem Streit gegenübersteht. Der Vermittler soll die gegenteiligen Interessen zum 2390
Ausgleich bringen. Das kann er nur, wenn er keine Interessen einer
Partei stärker vertritt als die der anderen Partei. Vor allem darf er als Vermittler keine eigenen Interessen vertreten.
Wie ist das nun beim Mittler der Kauffunktionen, dem Geld? Einer 2395
der beiden Kontrahenten hat das Geld, der andere bietet seine Waren
an. Sind beide in der gleichen Ausgangsposition? Oder hat der
Besitzer des Kaufmittels Vorteile gegenüber dem Anbieter von Produkten?
2400
Das heutige Geld hat folgende Eigenschaften, die ihm z.T. per Gesetz eingeräumt werden:
• Es soll seinen Wert immer behalten.
• Es soll also im Laufe der Zeit keine Wertminderung erleiden, sondern eine stabile Währung sein. 2405
• Niemand soll ohne Berechtigung in den Besitz von Geld gelangen
können.
• Niemand soll Geld selber herstellen können.
• Das Geld soll leicht zu transportieren sein.
• Das Geld soll geringe Lagerkosten haben. 2410
• Man soll bargeldlos zahlen können, wenn man ein entsprechendes
Guthaben auf einem sofort verfügbaren Giro-Konto hat.
Die zum Verkauf anstehenden Produkte haben dagegen folgende
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Eigenschaften: 2415
• Sie haben Kosten durch die Herstellung verursacht.
• Sie kosten wegen Lagerung, Versicherung, Werbung usw. weiterhin Geld.
• Sie verlieren vom ersten Tag der Fertigstellung an ständig an Wert.
• Manche „Produkte“ entstehen gar nicht erst, wenn sie nicht gleich 2420
verbraucht werden, nämlich die Leistungen von Geistesarbeitern,
wie Ärzten und Rechtsanwälten. Wenn der Klient zum Termin nicht erscheint, hat der Anwalt einen hundertprozentigen
Sofortverlust!
2425
Daraus folgt, dass der Besitzer des Kaufmittels »Geld« große Vorteile
in der Hand hat, denn ihm entstehen alle die Kosten und Verluste
nicht, die dem Anbieter von Produkten immer entstehen. Diese Vorteile genießt er kostenlos auf Grund der Gesetzeslage. Die in
normalen Zeiten bestehende ungleiche Ausgangsposition beim Kauf 2430
verliert sich erst dann, wenn das Geld durch zu starke Vermehrung der Geldmenge durch die Notenbank (Inflation) laufend an Wert verliert.
Dann kann der Anbieter von Produkten aufatmen, denn die Käufer
wollen der laufenden Preissteigerung dadurch entgehen, dass sie Ihre Käufe so rasch wie möglich realisieren, bevor nämlich die 2435
Preissteigerung ihnen vermehrte Kosten aufbürdet.
Wenn sich allerdings durch ungeschickte Geldordnung die Menge des
für die Wirtschaft zur Verfügung stehenden Geldes vermindert, dann
wächst die Übermacht des Geldbesitzers übermäßig und die Anbieter 2440
von Produkten haben es von Tag zu Tag schwerer, ihre Waren
loszuwerden (Deflation). Denn jeder Besitzer von Geld kann ohne
Probleme abwarten, bis die Preise weiter fallen oder die Arbeitenden bereit sind, für immer weniger Lohn zu arbeiten. Das Gleiche passiert,
wenn das von der Zentralbank ausgegebene Geld zurückgehalten 2445
wird, wenn also die Umlaufgeschwindigkeit sinkt. Das ist heute ein großes Problem.
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Die „Haltegebühr“ 2450
(oder Demurrage, ein Ausdruck, der aus der Handelsschifffahrt
stammt für die „Liegegebühr“ der Handelsschiffe im Hafen, die nach der Länge der Liegezeit berechnet wird).
Wenn wir also einen neutralen Kaufvermittler einrichten wollen, 2455
müssen wir demselben die gleichen „Nachteile“ der Produkt-Anbieter
einbauen, damit der Kauf und Verkauf (Jeder Kauf ist mit einem Verkauf verbunden!) unter neutralen oder gerechten Bedingungen
stattfindet.
2460
Das könnte dadurch eingerichtet werden, dass der Geldbesitzer für die
Benutzung des vom Staat oder der von ihm legitimierten Einrichtung
herausgegebenen Geldes eine Haltegebühr bezahlen muss, die während der Dauer des von ihm in der Kasse oder auf dem Giro-
Konto gehaltenen Geldes anfällt. Es ist wie die Nutzungsgebühr für 2465
einen öffentlichen Parkplatz (Parkgebühr), deren Zweck es ist, dass der Parknutzer diese Nutzung so schnell wie möglich aufgibt, um sich
unnötige Kosten zu ersparen.
Die praktische Durchführung einer solchen Neuerung wäre heutzutage 2470
kein Problem mehr durch elektronische Buchung der Minderung. Es
wäre wie ein negativer Zins auf das umlaufende Geld, den der jeweilige Inhaber (Besitzer) des Geldes bezahlen muss. Hier zeigt sich
auch, dass es unsinnig ist, jemanden zum Eigentümer des Geldes zu
erklären. Auch der Parkplatzbenutzer wird ja nicht Eigentümer des 2475
Parkplatzes auf Zeit, während sein Auto da steht..
Weil die Einrichtung »Haltegebühr« noch nicht besteht, entstehen beim Handel auf dem Markt automatisch ungerechte Folgen des
Ungleichgewichtes durch Vorteile beim Geld und Nachteile bei den 2480
angebotenen Waren. Eine dieser Folgen ist die oben beschriebene Macht, die der Geldbesitzer gegenüber den Waren- und Leistungs-
Anbietern hat.
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Die Notenbanken haben bisher kein Mittel, um zu verhindern, dass ein 2485
beträchtlicher Teil des ausgegebenen Bargeldes gehortet wird oder in
kurzfristigen Anlagen gehalten wird und somit nicht oder nur sehr verhalten umläuft. Das ist vor allem bei „Leitwährungen“ der Fall, wie
beim Dollar oder beim Euro. Besonders die großen Scheine werden
gerne in Tresoren und Verstecken aufbewahrt, nicht zur Bank gegeben 2490
und für den Zweck der Steuervermeidung und der Schwarzarbeit
(zurück-)„gehalten“.
Damit keine Deflation entsteht, weil das ausgegebene Geld nicht
weitergegeben wird, behelfen sich die Zentralbanken durch 2495
Neuherausgabe von Geld, dessen Menge sie „diskretionär“, d.h. quasi
heimlich vermehren unter Beobachtung des allgemeinen Preisniveaus.
Wenn all das herausgegebene Geld plötzlich für Käufe verwendet würde, träte eine enorme Preissteigerung aller Waren (Inflation) ein.
Aber auch die Geldvermehrung durch die Notenbanken hilft nicht 2500
zuverlässig, wie die Zustände in Japan beweisen. Dort geben die Leute ihr Geld nicht aus, sondern sie horten es oder lassen es auf
unverzinslichen Konten liegen, wogegen die Notenbank in Japan
machtlos ist. Eine solche „Stagnation“ fürchten alle Notenbanken wie der Teufel das Weihwasser, weshalb die EZB eine jährliche Inflation 2505
von „nahe“ 2% ganz bewusst einrichtet. Aber diese geringe
Inflationsrate erfüllt den Zweck nur sehr unvollkommen. Auf die Idee der Haltungsgebühr verfallen die Notenbanken leider nicht oder
dürfen es nicht, weil die volkswirtschaftlichen Dogmen heiliger sind
als die des Papstes! (Siehe auch das Zitat von Ludwig Erhard am 2510
Beginn unserer Schrift!)
So werden wir noch eine Weile mit einigen Phänomenen leben müssen, wie sie sich jetzt in den Ländern mit den hohen
Staatsschulden (Griechenland, Portugal, Spanien, Italien) und hoher 2515
Arbeitslosigkeit infolge mangelnder Konjunktur vorfinden..
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Die heutigen Schulden-Krisen
2520
Jeden Tag können wir in der Zeitung lesen, dass die Staaten (und auch die Leute) ungeheure Schulden haben. Allein die Bundesrepublik
Deutschland hat über 2 Billionen Staatsschulden, das sind 2000
Milliarden oder 2 Millionen Millionen Schulden. Wer hat ihr so viel Geld gegeben? Nun, ganz einfach solche Leute, die es sich erspart 2525
hatten, und es nicht jetzt ausgeben wollten oder mussten, sondern die es für spätere Zeiten „sicher anlegen“ wollten.
Während der Laufzeit der Anlage bekommen sie Zinsen, so dass sich das Vermögen und die dagegen stehenden Schulden laufend 2530
vergrößern, z.B. bei 9 % Zinsen verdoppelt sich die Schuld alle 8
Jahre, wenn man die Zinsen immer wieder dem gesparten Kapital zuschlägt. Jemand, der sein Haus durch Bau-Darlehen finanziert, zahlt
außer der Rückzahlung des Darlehens im Schnitt noch zwei
zusätzliche Häuser für den Darlehensgeber. Die Bundesrepublik 2535
Deutschland hat während der letzten Jahre immer neue Schulden
gemacht, weil die anfallenden Zinsen nicht bezahlt wurden. Für diese
Zinsen gab sie dann neue Schuldscheine an die Leute heraus, denen sie die Zinsen schuldig war und für die dann auch wieder Zinsen
bezahlt werden müssen (Zinseszins). 2540
Nun ist es so, dass sowohl der Staat als auch die anderen Leute an die
Geldgeber die Zinsen zahlen müssen, die am „Kapitalmarkt“ erzielbar
sind. Jeder von uns zahlt diese Zinsen in den Preisen von Gütern und Leistungen an die Produzenten, Händler und auch an den Staat. Sie 2545
müssen diese Zinsen an die Gläubiger weitergeben. Diese Zinsen
machen im Schnitt mehr als 30 % aller Preise aus mit wachsender Tendenz. Wie schon gesagt, zahlen alle jeden Tag für die gekauften
Waren und Dienstleistungen ca. eine Milliarde Euro Zinsen, die in den
Preisen enthalten sind. 2550
Viele Leute besitzen ein Sparbuch, einen Bausparvertrag, eine
Lebensversicherung, Bundesschatzbriefe, Aktien usw., wodurch sie
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auch zu denen gehören, die Zinsen kassieren. Aber erst, wenn man ein
Zins bringendes Geld-Vermögen von über 500 000 Euro sein Eigen 2555
nennt, erhält man mehr Zinsen, als man offen und verdeckt bezahlt. Unter diesem Betrag ist man bei den Verlierern. Nur etwa 10%
unserer Mitbürger profitieren von dem Zins, der auf alle Schulden
erhoben wird, der Rest zahlt immer drauf.
2560
Durch diesen Zins, der auch noch auf den nicht ausgezahlten Zins (Zinseszins) erhoben wird, entstehen ab einer gewissen
Vermögensgröße bald unvorstellbare Summen von Geldvermögen.
Dies können durch geschickte Umschichtungen und Spekulationen zu den riesigen Vermögen relativ weniger Personen führen. 2565
Diese Reichen versuchen ständig, ihr wachsendes Vermögen anzulegen, also Schuldner zu finden, die ihnen einen möglichst hohen
Zins bezahlen. Gleichzeitig sollen sie aber sichere Kandidaten für die
laufende „Bedienung“ der ausgeliehenen Gelder sein, wie man die 2570
Zinszahlungen vornehm nennt. Sie sollen auch sicher im Hinblick auf
eine Rückzahlung der eingegangenen Schulden sein. Meist möchte
man aber gar keine Rückzahlung, denn dann muss man aufs Neue einen zuverlässigen Schuldner finden.
2575
Am zuverlässigsten schienen in den vergangenen Jahren Staaten zu sein. Man glaubte, das Geld in vollem Vertrauen in Staatsanleihen
anlegen zu können. Aber die Geschichte zeigt, dass Staaten eigentlich
immer irgendwann zahlungsunfähig wurden und ihre Schulden nicht zurückbezahlt haben. Wir in Deutschland haben das bitter erfahren 2580
müssen. Trotzdem genießt derzeit die Bundesrepublik großes
Vertrauen bei den Vermögenden, obwohl die bezahlten Zinsen unter 3% gesunken sind. Im Zweifelsfall ist den Anlegern die Sicherheit der
Rückzahlung wichtiger als ein hoher Zinsertrag.
2585
Die so genannten Schuldenkrisen haben ihre Ursache in dem heute
überreichlichen Angebot von Geldkapital (Ersparnisse!). Wenn die
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Staaten sich dieses Geld nicht mehr leihen, dann würde der Zins noch
schneller „in einem Meer von Geld-Kapital ertrinken“, wie Keynes es 2590
erhofft hatte. Aber die interessierten Kreise haben die Staaten, die durch die machthungrigen Parteien dominiert werden, immer dazu
gebracht, für alles Mögliche das Geld bei ihnen zu leihen, damit sie
sich als Gläubiger durch ihre „Staatsschätzchen“, die „sichere“ Anlagen sind, gut aufgehoben fühlen konnten. 2595
Auch jetzt dienen die „Rettungsschirme“ für die praktisch insolventen,
d.h. zahlungsunfähigen Staaten, hauptsächlich dazu, die Inhaber von
deren Staatsschuldscheinen vor herben Verlusten zu schützen. Einem Privatmann würde man einer solchen Insolvenzverschleppung, wie sie 2600
sich die verschuldeten Staaten leisten, längst durch Einlieferung ins
Gefängnis den richtigen Riegel vorgeschoben haben.
Es ist scheinbar widersprüchlich, wenn auf der einen Seite
überreichlich Geldkapital vorhanden ist und andererseits Finanzkrisen 2605
entstehen, bei denen niemand mehr Geld geliehen bekommt. Selbst
die Banken leihen sich in der Krise untereinander kein Geld mehr,
weil jeder misstrauisch ist, ob er sein Geld auch zurückbekommt. Keiner „glaubt“ dem anderen mehr, denn keiner will am Ende der
geprellte „Gläubiger“ sein. 2610
Was für die Banken gilt, stimmt genauso für Privatpersonen, die in der
Krise auch kein Geld mehr hergeben. Im Gegenteil, sie heben ihr Geld
sogar bei der Bank ab und halten es bar zuhause Das führt zu einem raschen Nachlassen aller Kaufvorgänge am Markt, weil keiner mehr 2615
sein Geld ausgibt. Das nennt man eine Rezession (aus dem
Lateinischen = Rückgang).
Arm und Reich 2620
Die großen und immer größer werdenden Unterschiede zwischen
«Reich« und »Arm, aber fleißig« haben ihre Ursache zum einen in der
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Möglichkeit, für die Hergabe von Ersparnissen den Zins erheben zu
können. Nur auf diese Weise kann man so riesige Vermögen 2625
anhäufen, wie sie sich heute vorfinden. „Von der Arbeit allein ist noch niemand reich geworden“, sagt der Volksmund ganz richtig.
Es gibt aber zusätzlich noch zwei weitere Möglichkeiten, um reich zu werden: 2630
• Besitz von Grund und Boden, wozu auch die Bodenschätze gehören
• Besitz von Patenten
Beides sind vom Staat geschützte Monopole, die den Inhabern 2635
Vorrechte (Privilegien) gewähren, die große Einkünfte ermöglichen.
Der Boden und die Bodenschätze
2640
Grund und Boden und die damit verbundenen Bodenschätze sind
keine Güter, die durch menschliche Arbeit entstanden sind. Sie stehen
den Menschen wie von Gott gegeben ohne Arbeit zur Verfügung. Man muss sie sich nur aneignen und kann sie dann fast unbegrenzt
ausbeuten. 2645
Betrachten wir zunächst den Boden, der für den Bau von Häusern
notwendig ist. Kein Mensch kann auf dieser Erde leben, wenn er nicht
den Platz hat, wo er seine Füße hinstellen kann und wo er sich niederlegen kann, wenn er schlafen möchte. Jeder Mensch ist 2650
unbedingt auf Grund und Boden angewiesen.
Er ist letztlich auch darauf angewiesen, seine Ernährung durch den
Anbau von Früchten und das Halten von Tieren zu ermöglichen. Auch
für die Ausübung seiner Arbeit benötigt er den notwendigen Platz. 2655
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Wenn der Mensch geboren wird, so kommt er entweder bei jemandem
an, der zufällig Eigentümer des von ihm bewohnten Grundes,
vielleicht auch noch Eigentümer seines Arbeitsplatzes und des notwendigen Ackers und der Wiesen für die Tiere ist, wie wir das 2660
früher bei einem freien Bauern vorfanden. Ein solches Kind hat schon
einmal erhebliche Vorteile durch diese bestehenden Vorrechte vor einem Kind, das nicht in so glückliche Verhältnisse hineingeboren
wurde. Der Umfang von solchem „vorgefundenen“ Grund kann sehr unterschiedlich sein. 2665
Woher haben nun die Eltern und die weiteren Vorfahren diesen Grund? Es kann gut sein, dass sie in irgendeiner Generation einfach
durch Aneignung Eigentümer geworden sind. In den USA konnten die
Einwanderer den vorhandenen Boden einfach durch einen Zaun als 2670
den ihrigen bestimmen. So wurde er dann auch in den neu erstellten
Grundbüchern eingetragen. Alle Nachfolger auf so einem Grundstück
hatten es entweder ohne Kosten geerbt oder mussten es für Geld erwerben. Die Neuankömmlinge hatten es auch insofern einfach, als
die vorher dort lebenden Indianer kein Eigentum an Grund und Boden 2675
kannten. Diese Aneignung von Grund und Boden nannten die Römer „privare“, zu Deutsch „rauben“. Privatbesitz von Grund und Boden ist
deshalb vom Ursprung her „Raub“, was den französischen
Philosophen Proudhon zum Titel eines berühmten Buches machte: „Eigentum ist Diebstahl!“ 2680
Die Grundrente
So ist es auch heute noch: Die einen erben und sind fein raus und die 2685
anderen müssen es kaufen und sind arm dran. Oder aber sie können
mangels Geld kein Grundstück kaufen und müssen eine
Nutzungsgebühr an den Eigentümer bezahlen, die man als Pacht oder Miete bezeichnet. Die nennt man auch Miet-Zins, weil die
Nutzungsgebühr wie beim Zins für die laufende Zeit des Besitzes 2690
bezahlt werden muss.
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Dem Eigentümer des Bodens fließt so ein ständiges Einkommen zu,
für das er nicht arbeiten muss, nämlich die „Grundrente“. Nutzt er den Grund selber, so erspart er sich diese Zahlungen an andere, was sich 2695
für ihn auch in diesem Fall wie ein Zusatzeinkommen auswirkt, denn
um dieses ist der Gewinn am Verkauf seinen Waren höher, als der Konkurrenz, die Pacht und Miete zahlen muss.
Viele Bauern müssen heute Land dazu pachten von Leuten, die dieses 2700
Land geerbt haben und selber keine Landwirtschaft mehr betreiben.
Denen ist meistens die Pacht lieber als ein Verkauf des Landes, weil sie auf den Verkauf nicht angewiesen sind. Sie haben so ein hübsches
Zusatzeinkommen, und das Land wird wegen der natürlichen
Knappheit nach aller Erfahrung immer teurer. 2705
In den Mieten der Häuser und Wohnungen ist dieser Zins für den
benutzten Boden enthalten und bringt dem Eigentümer des Grundes ein zusätzliches Einkommen. Der Rest der Miete wird völlig zu Recht
für die Nutzung des Hauses bezahlt, das sonst nicht gebaut worden 2710
wäre.
Es bezahlen also alle Nichtbesitzer von Grund und Boden Gebühren
(Zins) an die Eigentümer desselben, die dadurch ein Privileg innehaben. Denn der Boden ist nicht vermehrbar, er kann nicht neu 2715
hergestellt werden, wie andere Waren. Boden vergeht nicht, nutzt sich
nicht ab, bleibt für immer erhalten. Grundbesitzer haben auch die Chance, dass ihr Grund eines Tages für öffentliche Nutzungen
benötigt wird, wie Straßenbau, Eisenbahn und andere öffentliche
Einrichtungen. Das ganz große Los haben die gezogen, deren Grund 2720
vom Gesetzgeber zu Bauland umgewidmet wird. So sind manche
Bodenbesitzer in der Umgebung von Städten zu Millionären
geworden, ohne eine Hand rühren zu müssen, falls sie den Boden von ihren Vorfahren ererbt oder früher billig eingekauft hatten.
2725
Wer das Glück hat, viel Land zu besitzen, und zusätzlich mit den
Seite von 94 80
zugehörigen Bodenschätzen gesegnet ist, der kann sehr reich werden.
Dafür gibt es Beispiele genug, man denke nur an die Erdölquellen-
Besitzer in den USA oder an die arabischen Länder, wo selbstverständlich das dort geförderte Öl dem Eigentümer des 2730
Grundstücks gehört. Das dadurch eingenommene Geld wird dann zum
größten Teil Zins bringend angelegt, so dass wachsender Reichtum „alternativlos“ ist.
Hier wirkt sich eine Rechtsordnung aus, die in unseren Landen nicht 2735
immer so war. Früher war der Boden als Gemeineigentum im Besitz
der Landesherrschaft, die es den Bewohnern gegen entsprechende Gegenleistungen zu Lehen gab. Im Gegenzug sorgte die Herrschaft für
die Rechtsordnung und die Sicherheit. Das wurde später missbraucht,
indem das Gemeineigentum willkürlich als persönliches Eigentum der 2740
Landesherrschaft betrachtet wurde, die es dann gegen Geld verkaufte,
um damit Kriege oder einen aufwändigen Lebensstil zu finanzieren.
Die Geldhaltegebühr und die Grundrente 2745
Sollte die Haltegebühr für das Geld eingeführt werden, dann fiele das
„Neue Geld“ als Grundlage für ein Zins bringendes Einkommen
weitgehend weg und nur der Boden bliebe übrig. Da er nicht vermehrbar ist, würden sofort die Bodenpreise bzw. die 2750
Nutzungsgebühren für den Boden (Pachten, Mieten) steigen, denn
kein Mensch würde noch Boden verkaufen, der so ein Goldesel ist.
Die Bodenreform 2755
Deshalb muss man sich Gedanken über eine Reform des Bodenrechtes
machen. Eine Möglichkeit wäre die, welche man auch zur Behebung der Parkplatznot anwendet: Man erhebt von jedem Bodeneigentümer
eine je nach Lage zu bestimmende Nutzungsgebühr (die heute 2760
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erhobene Grundsteuer ist wesentlich niedriger als die erzielbaren
Pachten, wodurch dem Grundbesitzer die Einnahme kaum
geschmälert wird), die für die Dauer der Nutzung erhoben wird. Diese Gebühren würden in einen Topf fließen, der dann pro Kopf der
Bevölkerung zu gleichen Teilen verteilt wird. Auf diese Weise 2765
bekommen alle Nutzer von Grund einen Teil der von ihnen bezahlten Gebühren zurück, die einen mehr, als sie selber zahlen mussten, weil
sie wenig Grund benutzten oder weil der von ihnen benutzte Grund weniger wert war. Die anderen bekämen weniger zurück, weil sie ein
teures Grundstück benutzen oder weil es sehr groß ist. 2770
Jeder Bodeneigentümer, der keinen Nutzen aus seinem Grundstück
zieht, würde schnell seinen Boden abgeben, da er ihm nur Kosten
verursachen würde, ohne ihm einen Nutzen zu bringen. Auf diese Weise würden die „Immobilien“ (die Unbeweglichen) immer mobiler, 2775
d.h. man hätte häufiger die Möglichkeit, ein passendes Grundstück
gegen die fällige Gebühr zu pachten.
Es gibt einige Möglichkeiten, das Bodenproblem praktisch zu lösen:
Am Beginn müsste Einigkeit hergestellt werden über die 2780
Notwendigkeit einer Bodenreform. Das wird sehr schwierig sein, denn
es wird sich der massive Widerstand der jetzigen Bodenbesitzer
erheben. Obwohl die Mehrheit der Menschen keine Bodenbesitzer sind, wird es noch lange dauern, bis sich hier etwas ändern lässt.
2785
Sollte vor einer allgemeinen Einigung für eine wirklich gründliche Lösung des Problems etwas getan werden, so würde eine langsame
Anhebung der Grundsteuer bei gleichzeitiger Abschaffung der
Grunderwerbssteuer einiges bewirken. Die Grunderwerbssteuer ist eine Beteiligung des Staates an dem Besitzwechsel der 2790
Grundeigentümer. Da die Steuer bei jedem Wechsel anfällt, wirkt sie
hemmend auf den Besitzwechsel. Vor allem eine Trennung der Grundsteuer von dem Wert der darauf errichteten Gebäude ist
erforderlich. Die Gebäude zu besteuern ist unvernünftig, weil sie ein
Verbrauchsgut sind und im Laufe der Zeit an Wert verlieren. 2795
Werterhaltung kostet Geld und solche Investitionen dürfen nicht
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steuerlich behindert werden.
Da die Grundsteuer ständig erhoben wird, wirkt sie wie eine Bodennutzungssteuer. Nur hat sie derzeit keinen optimalen Effekt, 2800
weil sie die Bodennutzung nicht dem zuführt, der den Boden am
besten nutzt.
Grund und Boden sollte der Gemeinschaft der Menschen gehören und von einer öffentlichen Einrichtung verwaltet werden, ähnlich der 2805
unabhängigen Notenbank. Wäre der gesamte Grundbesitz in
öffentlicher Hand (nicht in Staatseigentum!), so könnte die Vergabe der Nutzung gegen eine Pacht erfolgen. Die Höhe der Pacht müsste in
einem Versteigerungsverfahren an den Meistbietenden ermittelt
werden. Wer am meisten bietet, erhält den Zuschlag. Ein Wechsel des 2810
Pächters erfolgt immer dann, wenn ein Nutzer seinen Pachtvertrag
kündigt, was er jederzeit mit relativ kurzen Fristen tun könnte. Bei
einer solchen Versteigerung der Pacht an einen neuen Pächter würde nicht das auf dem Grund errichtete Gebäude mit versteigert. Das muss
der neue Pächter dem bisherigen Besitzer abkaufen, wenn er die Pacht 2815
ablösen will. Bei einer Steigerung oder Minderung des Bodenwertes durch öffentliche Maßnahmen erfolgte eine Anpassung der Pacht.
Durch das heute herrschende Eigentumsrecht am Boden wird man nicht umhin kommen, eine Enteignung des Bodens mit voller 2820
Entschädigung der derzeitigen Eigentümer nach dem Verkehrswert
des Bodens durchzuführen. Es würde keine Barzahlung der Ablöse geben, sondern die Ausgabe von handelbaren, inflationsgesicherten,
nicht verzinslichen Schuldscheinen, die von dem Grundstücksamt aus
den Einnahmen der Pachten nach und nach zurückgekauft würden. 2825
Erst nach dem Rückkauf der letzten Schuldscheine könnte mit einer
Verteilung der eingenommenen Gelder begonnen werden, wie es oben
beschrieben wurde.
Wenn die Bodenfrage auf diese Weise möglichst weltweit gelöst 2830
würde, wären viele Gründe für Streitigkeiten der Menschen
Seite von 94 83
untereinander nicht mehr vorhanden. Das beginnt mit den
unerfreulichen Streitereien unter den Erben von Grundstücken und
Immobilien und endet mit den Kriegen, die wegen Landbesitz und Fundstätten von Rohstoffen entstehen. Die Einnahmen aus den 2835
Verpachtungen würden pro Welt-Einwohner zu gleichen Teilen
verteilt. Zusammen mit der gleichen Verteilung aus den Einnahmen der Geldnutzungsgebühr würde das bereits ein gewisses
Grundeinkommen für jedermann ergeben.
2840
Silvio Gesell, einer der frühen Bodenreformer, hatte die fabelhafte
Idee, die eingehende Grundrente den Müttern pro Kopf ihrer Kinder zuzuteilen. Damit wären die Mütter unabhängig vom Verdienst Ihrer
Männer, die leicht dazu neigen, die Macht, die das Geld jedem
Menschen verleiht, gegenüber ihren Frauen zu missbrauchen. 2845
Obendrein ging er von der Überlegung aus, dass die nachwachsenden
Kinder die Garantie für das Entstehen der Grundrente sind: Gäbe es
keine oder immer weniger Kinder, dann würde automatisch die Nachfrage nach Grund und Boden nachlassen und die Höhe der
Grundrente abnehmen. 2850
Die Patente
Eine weitere Quelle für Einnahmen verschafft das Patentrecht. Patente 2855
werden auf Erfindungen angemeldet, die jemand gemacht hat. Will
jemand diese Erfindung nutzen, so muss er sich mit dem Patentinhaber über eine Nutzungsentschädigung einigen.
Erfindungen werden immer auf den Erkenntnissen vieler 2860
vorangegangener Denker aufgebaut. Insofern profitiert der Erfinder
immer von der Geistestätigkeit anderer Menschen, deren Ergebnisse
er ohne Kosten nutzen kann. Insofern sollten die neuen Erkenntnisse auch allen Menschen zum Nutzen zur Verfügung stehen, da dadurch
die allgemeine Wohlfahrt am meisten gefördert wird. Durch die 2865
Patente erzielt der Inhaber für einen begrenzten Zeitraum von heute 20
Seite von 94 84
Jahren eine Monopolrente. Das wäre noch zu rechtfertigen. Aber
leider wird das Patentrecht von mächtigen Wirtschaftsbetrieben
ausgenutzt, denen nicht daran gelegen ist, dass ihre altmodischen Fertigungstechniken durch modernere und preiswertere Verfahren 2870
ersetzt werden. Sie kaufen Patente auf und legen sie still. Die
Erfindung ist für die Menschheit während der Schutzfrist verloren. Der Fortschritt wird so aus egoistischen Motiven aufgehalten. Eine
vollständige Abschaffung des Patentrechtes wäre die beste Lösung.
2875
Mit der Abschaffung des Patentrechtes könnten keine neuen Patente
mehr erteilt werden. Die einmal erteilten laufen noch die verbliebene Zeit, man muss sie nicht abschaffen. Sie wurden rechtsgültig erteilt
und müssten bei einer vorzeitigen Beendigung entsprechend
entschädigt werden. Ein unnötiges und aufwändiges Verfahren, das 2880
man sich ersparen kann.
Um zukünftige Entwicklungen wird man sich nicht sorgen müssen. Hat einer eine Erfindung gemacht, und diese zur Produktionsreife
entwickelt, so hat er immer einen erheblichen Vorsprung vor der 2885
Konkurrenz. Bei einer blühenden Wirtschaft mit Vollbeschäftigung hat es niemand nötig, sich Patente anzuschaffen, um einen Monopol-
Vorteil zu genießen.
2890
Die Finanzierung des Staates
Wenn der Staat in vernünftiger Weise auf die Tätigkeiten beschränkt
würde, die Aufgabe des Staates sind, würden die dafür notwendigen
Mittel gering sein und könnten im besten Fall durch eine gleiche 2895
Steuer pro Steuerpflichtigen erhoben werden. Diese Aufgaben sind:
• Pflege der Rechtsordnung durch die Schaffung nur der wirklich
notwendigen Gesetze (Legislative)
• Erhaltung der Rechtsordnung durch die Rechtsprechung
(Judikative) 2900
Seite von 94 85
• Durchsetzung der Rechtsordnung durch die Ordnungsorgane
(Exekutive),
Da der Staat prinzipiell für alle Staatsbürger in gleicher Weise tätig
ist, entspricht auch die gleiche Steuer für alle dem Gleichheitsprinzip 2905
des Staates.
Alle heute vom Staat betriebenen Unternehmungen müssten von den Bürgern selbst betrieben werden. Das gilt vor allem für die gesamten
Einrichtungen der Bildung (z.B. Schulen, Universitäten, Theater, 2910
Museen). Dort herrscht heute eine solche Gängelung von kulturellen Initiativen, dass auf diesem so wichtigen Gebiet die Forderung des
Grundgesetzes nach dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit
am meisten gehindert wird.
2915
Die Finanzierung der Bildungseinrichtungen sollte von den Bürgern
möglichst direkt geleistet werden. Wenn der Staat von diesen Aufgaben entbunden würde, könnten die nun nicht mehr notwendigen
Steuern die Mittel frei machen, die von den Bürgern in eigener
Entscheidung dort eingesetzt werden, wo sie es für richtig halten. Sie 2920
hätten die volle Verantwortung und hätten alle Folgen ihrer
Entscheidungen selbst zu tragen. In dem Maße, wie sie Verantwortung
tragen, werden sie sich auch die dafür notwendige Bildung aneignen. Die Bevormundung durch den Staat in einer der wichtigsten
Funktionen des Bürgers würde endlich vorbei sein. 2925
Für die Erziehung der Kinder sind zunächst die Eltern und von ihnen
vor allem die Mütter für die Vorschulzeit verantwortlich. Die Kosten
sollten durch ein unbedingtes Grundeinkommen für die nachwachsende Generation gewährleistet sein. Dasselbe würde ohne 2930
Prüfung der Einkommensverhältnisse bis zum Beginn der
eigenständigen Erwerbsarbeit gewährt. Das würde für Schüler, Lehrlinge und Studenten gleichermaßen gelten. Man könnte es bis
zum 25. Lebensjahr vorsehen. Davon sind dann allerdings auch die
Kosten für die den häuslichen Aufwand einschließlich der Entlohnung 2935
Seite von 94 86
der Mütter, die Schule, die Universität und den Lehrbetrieb zu
bezahlen.
Gerade die Ausbildung für die nicht akademischen Berufe dürfte keinesfalls bereits einem Erwerbsberuf gleichen. Es wäre vielmehr an
die alte Tradition der früheren Lehrlings- und Gesellenzeit 2940
anzuknüpfen, die eine Bildung der Jugend durch Wanderungen bis weit in fremde Länder ermöglichte. Das könnte in moderner Weise
durchgeführt werden, indem auch nicht akademische Berufe die Möglichkeit hätten, in fremden Ländern ihre Ausbildung zu ergänzen.
Das wird von den akademischen Studenten jetzt schon weitgehend 2945
genutzt.
Die für dieses bedingungslose Grundeinkommen der Jugend
erforderliche Geld würde wie bisher durch allgemeine gleiche Abgaben aller aufgebracht und müsste wieder von einer 2950
staatsunabhängigen Einrichtung analog der heutigen Rentenkasse
verwaltet werden. Es wäre nur erforderlich, dass nicht mehr der Staat als Unternehmer im Bereich von Universität und Schule auftritt,
sondern lediglich die allgemeine rechtliche Aufsicht darüber führt,
wie es auch im Grundgesetz vorgesehen ist. Schulen und 2955
Universitäten sind als freie Unternehmungen der Lehrenden zu führen
und müssten von den Einkünften existieren, welche ihnen von den
Studierenden und Schülern zukommen würden. Sie stünden untereinander im Wettbewerb und wären genötigt, sich um die
Ausbildungsgänge selbst zu kümmern. Sie hätten die volle 2960
Verantwortung für die Abschlüsse, die sie durch Zeugnisse bescheinigen. Diese hätten keinen berechtigenden Charakter mehr,
sondern nur einen empfehlenden. Die Lehrenden wären nicht mehr
Angestellte des Staates oder gar Beamte. Sie wären dann auch nicht mehr an Anweisungen des Staates gebunden. 2965
Die Wissenschaft müsste von den Lehr-Betrieben völlig getrennt werden. Sie müsste von den freiwilligen Zuwendungen der an den
Wissenschaften Interessierten finanziert werden. Das müsste nicht
daran hindern, dass Lehrende sich auch wissenschaftlich betätigen je 2970
Seite von 94 87
nach Begabung und Berufung. Aber die dazu notwendigen
Einrichtungen sollten getrennt bleiben.
Kulturelle Einrichtungen und solche von Weltanschauungen müssten
gleichermaßen von den freien Zuwendungen der daran Interessierten 2975
getragen werden. Aus solchen Tätigkeiten darf kein Rechtsanspruch entstehen, der nur aus deren Vorhandensein abgeleitet wird.
Damit wären die vollkommen veralteten Machtpositionen des Staates
am Ende und die Vielfalt des Geisteslebens könnte sich endlich 2980
fruchtbar entwickeln. Es wäre ähnlich der Entwicklung nach der historischen Währungsreform 1948, wo das Potential menschlichen
Erfindungsreichtums wenigsten im wirtschaftlichen Bereich sich
vollständig entfalten konnte, nachdem das nivellierende Prinzip der Planwirtschaft abgeschafft wurde. Diese bis heute herrschende 2985
Planwirtschaft im Bildungsbereich muss nun auch endlich der
Vergangenheit angehören. Wenn die Verbesserungen der Geldordnung sich durchgesetzt haben, wird auch die freie
Finanzierung der Bildungs- und sonstigen Kultureinrichtungen, wie
Theater und andere Künste, durch Schenkungen der Bürger kein 2990
Mangelzustand mehr sein wie bisher.
Das gleiche gilt für das so genannte Gesundheitswesen. Auch dieses geht mit eine unwürdigen Entmündigung des selbst bestimmten
Bürgers einher. Hier ist das Recht auf freie Entfaltung der 2995
Persönlichkeit fast vollständig aufgehoben. Gerade weil es sich hier um die intimsten Angelegenheiten eines freien Menschen handelt,
sind die gegenwärtigen Einrichtungen unbedingt völlig zu
reformieren. Sie führen heute zu einer unglaublichen Machtbildung durch die Bürokratie. Aber auch die von einer solchen 3000
Monopolisierung herrührende Missbrauch und Betrug führen zu einer
Ausbeutung gerade der hilfsbedürftigen Menschen. Die Würde des Menschen ist das höchste Gut. Sie wird im heutigen
Gesundheitswesen massiv beschädigt.
Ein vernünftiges Versicherungswesen nach dem Prinzip der 3005
Seite von 94 88
gegenseitigen Hilfe lässt sich auch durch Übereinkunft an Stelle des
heutigen Zwangssystems herstellen.
Ein weiteres wirtschaftliches Problem ist die Versorgung der
Menschen nach Beendigung der Erwerbstätigkeit, die so genannte 3010
Rente. Der Begriff Rente stammt aus einer Zeit, als ein Rentner derjenige war, der Einkünfte vor allem aus Verpachtungen von Grund
und Boden und anderen Nutzungsrechten, wie Wald, Jagd oder Fischereigründen bezog. Man kann das in den Erzählungen von
Balzac nachlesen, in denen ständig von solchen Renten die Rede ist. 3015
Es waren die Einkünfte einer mit Vorrechten ausgestatteten Schicht, deren einzige Leistung die Verwaltung ihrer Pfründen war. Es war
also ein weitgehend leistungsloses Einkommen.
Ein solches Einkommen sollte durch die Sozialgesetzgebung auch den 3020
nicht mehr berufstätigen oder berufsunfähigen Bürgern zukommen,
für die man nicht den Begriff eines bedingungslosen Grundeinkommens anwendet, sondern eben den feudalistischen
Begriff der Rente.
3025
Heute werden die Mittel für diese Rente im Umlageverfahren
beschafft, indem die Berufstätigen (allerdings nur die in Abhängigkeit
beschäftigten!) Beiträge einzahlen, die sofort als Renten an die Berechtigten weitergegeben werden. Dafür ist sowohl bei der
Erhebung der Beiträge als auch bei der Ermittlung der Höhe der Rente 3030
eine aufwändige Bürokratie erforderlich, die ähnlich wie bei der heutigen gesetzlichen Krankenversicherung erhebliche Kosten
verursacht. Es wäre deshalb vernünftig, der alten Generation genauso
ein bedingungsloses Grundeinkommen gleicher Höhe zu gewähren, das ein würdiges und sorgenfreies Alter ermöglicht. Wer sich dann 3035
zusätzlich durch Ersparnisse usw. ein zusätzliches Einkommen im
Alter sichern will, kann das nach eigenem Ermessen tun.
Da schon heute die Rente im Umlageverfahren finanziert wird, würde
sich nur das Verfahren für die „Berechtigung“ total vereinfachen. 3040
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Niemand müsste noch Beitragsnachweise sammeln, sondern alle
Berufstätigen einschließlich der heute nicht Versicherungspflichtigen
würden durch Einzahlungen eines bestimmten Prozentsatzes ihres Einkommens diese Umlage finanzieren.
3045
Durch diese Einrichtung und das Grundeinkommen für die Kinder würde das Interesse am „Kinderkriegen“ wieder ein normales Maß
erreichen. Denn was man auch macht, ohne eine nachwachsende Generation wird es keine ausreichende Altersversorgung geben.
3050
Straßen, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung etc. sind Gemeinschaftsleistungen der Gemeinden, Städte und Länder, die aber
gar nicht zwingend von staatlichen Behörden hergestellt und betrieben
werden müssten. Sie könnten von den untersten politischen Ebenen in eigener Regie nach dem Subsidiaritätsprinzip ohne übergeordnete 3055
Behörden gelöst werden. Unternehmungen der Bürger müssten als
Versorger vorherrschen, wobei die Entscheidung über die notwendigen Mittel immer von denen getroffen werden müssen, die
die Mittel aufbringen.
3060
Wir sind der Staat!
Damit möchte ich schließen: Das Volk in fast allen „Demokratien“
betrachtet immer noch wie in den Zeiten der Königreiche den Staat als 3065
eine Sache der Obrigkeit, „die Gewalt über ihn hat“. In Wirklichkeit ist es schon lange an der Zeit, dass wir als Volk die Sache des Staates
zu unserer eigenen Sache machen und nicht den Parteien und anderen
Mächtigen die Regierung überlassen. Solange das nicht geschieht, werden die Verhältnisse immer unerfreulicher werden. Wir müssen 3070
uns darüber klar werden, dass alles, was wir nicht selber tun, dann von
anderen getan wird, die es für ihre Zwecke nutzen und missbrauchen.
Um aber die „Herrschaft des Volkes über sich selbst“ (Demokratie) zu
verwirklichen, ist es notwendig, dass sich eine genügend große 3075
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Anzahl von Bürgern in den Angelegenheiten auskennt, die im
Gemeinwesen geregelt werden müssen. Bei unseren Betrachtungen
über die Wirtschaft gehe ich davon aus, dass immer mehr Bürger sich sachkundig machen, damit sie eine gute Grundlage an Wissen haben,
wenn sie dann selbst die Entscheidungen treffen müssen. 3080
Denn für die Verbesserung der heutigen Verhältnisse sind einige
wichtige Änderungen in der Rechtsordnung notwendig. Es müssen einige Gesetze geändert werden. Unsere gesetzgebende Versammlung
ist das Parlament. Wenn die dort versammelten Abgeordneten keine 3085
Ahnung von der Wirtschaft haben, dann können sie sich auch kein Urteil über den Sinn der zu ändernden Gesetze bilden. Sie beauftragen
damit so genannte Sachverständige. Aber gerade denen muss man auf
die Finger schauen. Sie müssen gezwungen werden, ihre Theorien so zu begründen, dass sie jedermann einleuchten. Es muss unter ihnen 3090
ein völlig offener Wettbewerb über die besten Ideen stattfinden.
Welche Ideen dann verwirklicht werden, sollte durch Übereinkunft derjenigen erfolgen, die den Nutzen haben und die die Lasten tragen
müssen.
3095
Es wird auch zunehmend so sein müssen, dass nicht mehr nur die
Parteien und die von ihnen aufgestellten und dann gewählten
Kandidaten uns Bürgern die Entscheidungen abnehmen. Wir müssen uns nicht ein „Mitspracherecht“ gnädig zuteilen lassen, sondern wir
müssen uns so verhalten, wie es das Grundgesetz von uns verlangt. 3100
Dort heißt es nämlich, dass „alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht“ und ihm nicht nur eine Mitsprache eingeräumt wird. Im Grundgesetz
steht auch, dass den Parteien von uns, „dem Volk“ nämlich, eine
„Mitwirkung“ oder auch „Mitsprache“ eingeräumt wird. Mehr aber auch nicht! Dabei soll es nicht nur bleiben, sondern dazu muss es 3105
endlich kommen.
Lasst uns endlich in den Chor einstimmen, den die Bürgerrechtler in
der ehemaligen DDR einst anstimmten: „Wir sind das Volk!“
3110
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Bad Boll, den 24. Juni 2013
Dr. med. Gerhardus Lang, Klinge 10, 73087 Bad Boll, e-mail:
[email protected] 3115
Literaturverzeichnis:
Gesell, Silvio, Die natürliche Wirtschaftsordnung, ISBN-13: 978-3120
3879989713
Creutz, Helmut, Das Geldsyndrom, ISBN-13: 978-3928493468
Steiner, Rudolf, Die Kernpunkte der Sozialen Frage und andere
Werke
Humboldt, Wilhelm v., Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der 3125
Wirksamkeit des Staates zu bestimmen
Zeitschriften
Christen für gerechte Wirtschaftsordnung, Rundbrief, Christen für
gerechte Wirtschaftsordnung e.V., Rudeloffweg 12, 14195 Berlin 3130
Fairconomy, Herausgeber: INWO Deutschland e.V., Wüstefeld 6,
36199 Rotenburg an der Fulda
Fragen der Freiheit, Herausgeber: Seminar für freiheitliche Ordnung e.V. Badstr. 35, D - 73087 Boll
Humane Wirtschaft, Herausgeber: Förderverein Natürliche 3135
Wirtschaftsordnung e.V., Schanzenweg 86, 42111 Wuppertal
Mehr Demokratie, Herausgeber: Mehr Demokratie e.V., Greifswalder
Str. 4, 10405 Berlin
Zeitschrift für Sozialökonomie (ZfSÖ). Herausgeber: Stiftung für Reform der Gel- und Bodenordung in Zusammenarbeit mit der 3140
Sozialwissenschaftlichen Gesellschaft 1950 e.V..Verlag: Gauke
GmbH, Verlag für Sozialökonomie, Hofholzallee67, 24109 Kiel
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Inhaltsverzeichnis
Kleine Volkswirtschaftslehre für Jedermann ....................................... 1
Impressum: .......................................................................................... 1
Vorwort .............................................................................................. 1 Einleitung ............................................................................................ 2
Die Arbeit............................................................................................ 2 Das Produkt und die Produktion .......................................................... 2
Die Arbeitsteilung ............................................................................... 3
Der Tausch und der Gewinn aus der Arbeitsteilung ............................ 3 Der Markt ............................................................................................ 4
Die Produkte, die Waren und die Güter ............................................... 4
Das Tauschmittel ................................................................................. 5 Das Tauschmittel als Werkzeug .......................................................... 5
Der Tauschgegenstand ........................................................................ 6
Welche Tauschmittel gibt es? .............................................................. 6 Das Geld ............................................................................................. 6
Das Papiergeld .................................................................................... 7
Das heutige Geld ................................................................................. 7 Die Geldmenge ................................................................................... 7
Die Geldausgabe ................................................................................. 8
Wie kommt das Geld in Umlauf? ........................................................ 8 Die Zentralbank ................................................................................... 9
Wie funktioniert das Geld als Tauschmittel? ....................................... 9
Was ändert sich am Tausch durch das Geld? ....................................... 9 Der Umsatz ....................................................................................... 10
Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ............................................ 10
Das Geld und die Währung ............................................................... 10 Der Preis und der Wert ...................................................................... 11
Das Eigentum und der Besitz von Geld ............................................. 12
Der Hammer und der Zimmermann .................................................. 12 Das Mittel und die Macht .................................................................. 13
Die Wertaufbewahrung durch Geld. .................................................. 14
Die Wertaufbewahrung und das Tauschmittel ................................... 14 Die Deflation ..................................................................................... 15
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Der „Geldstreik“................................................................................ 15
Der Zins ............................................................................................ 16
Der Kredit ......................................................................................... 16 Der Gläubiger und der Schuldner ...................................................... 16
Das Problem der Schulden und „die Einkünfte“. ............................... 17
Die Konten: das Sparkonto und das Giro-Konto. .............................. 17 Die Insolvenz .................................................................................... 18
Das Wachstum der Sparguthaben ...................................................... 18 Das Vermögen................................................................................... 19
Das Geld-Vermögen .......................................................................... 19
Die Milliardäre .................................................................................. 20 Die Geldanlage. Das Geldvermögen. ................................................ 20
Funktionen des Zinses ....................................................................... 22
Die Nachfrage nach Krediten ............................................................ 22 Die Lenkungsfunktion des Zinses ..................................................... 22
Die Kreditklemme ............................................................................. 23
Der Geldmarkt................................................................................... 24 Die Geldhaltegebühr ......................................................................... 24
Was heißt denn eigentlich Konjunktur?............................................. 25
Der Finanzmarkt................................................................................ 26 Das „arbeitende“ Kapital ................................................................... 26
Der Gewinn ....................................................................................... 26
Der Sinn des Geldes .......................................................................... 27 Der Gewinn der Arbeit ...................................................................... 27
Das Geld und die Macht .................................................................... 28
Der Tanz ums Goldene Kalb ............................................................. 28 Der Profit .......................................................................................... 30
Die Aktien ......................................................................................... 30
Staatliche Schuldverschreibungen oder Anleihen. ............................. 31 Das Mittel und seine Verbesserung ................................................... 31
Die „Haltegebühr“ ............................................................................. 33
Die heutigen Schulden-Krisen ........................................................... 34 Die Schuldenkrisen ........................................................................... 35
Arm und Reich .................................................................................. 35
Der Boden und die Bodenschätze ...................................................... 36 Die Grundrente .................................................................................. 37
Die Geldhaltegebühr und die Grundrente .......................................... 38
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Die Bodenreform ............................................................................... 38
Die Patente ........................................................................................ 40
Finanzierung des Staates ................................................................... 40 Literaturverzeichnis:.......................................................................... 44
Zeitschriften ...................................................................................... 44
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