Väter in Balance! – Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Väter
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Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Neue Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie
FAMILIENZEITPOLITIK: WARUM UND WIE?
Dr. Karin Jurczyk
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Zeitpolitik – was ist das?
… beeinflusst gezielt die zeitlichen Rahmenbedingungen im Alltag und im Lebensverlauf
… macht diese zum Gegenstand von demokratischem Handeln vieler Akteure
… entwickelt Strategien und Instrumente
… zielt auf die Verbesserung der Lebensqualität –„Zeitwohlstand“ als ergänzender Wohlstandsindikator
Deutsche Gesellschaft für Zeitpolitik (www.zeitpolitik.de)
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Zeit - Grundbedingung für Zusammenleben
Gemeinsame Zeit konstituiert Familie als Gruppe
Zeit ist Voraussetzung für Bindung, Beziehungen und Fürsorge
…für Wohlbefinden und Lebensqualität
…für gesellschaftlich unverzichtbare Leistungen!
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Familienzeitpolitik
…zielt auf
hinreichend gemeinsame Zeit und Eigenzeit (Dauer)
Zeit zum „richtigen Zeitpunkt“ – Koordination (Lage/Passung)
Gleiche Verwirklichungs-/Teilhabechancen an Beruf, Bildung und Familie (Gerechtigkeit)
Verfügung über Zeit (Selbstbestimmung)
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Warum Familienzeitpolitik?
„Zeitmangel ist das Problem, das Familien quer durch alle Bevölkerungsschichten am meisten belastet.“
(Familienbericht NRW 2015)
Zeitnot und Zeitstress für fast alle
Strukturelle Ursachen - gesellschaftlicher Wandel und fehlende Passung der Taktgeber
Frauen stehen als Zeitressource und Zeitpuffer der Familie nicht mehr selbstverständlich zur Verfügung
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Nichtangepasste Infrastrukturen und
Zeittakte
Wenn nichts mehr passt - „doppelte Entgrenzung“
• Müttererwerbstätigkeit• Flexibilität • Mobilität• Verfügbarkeit • Intensivierung der Arbeit• Prekäre Arbeit
• Neue Partnerschaftlichkeit • Vielfalt von Familienformen• Trennungen, Multilokalität• Anforderungen an
„verantwortete“ Elternschaft• steigende Pflegebedarfe
Familie Arbeitswelt
Überforderung Zeitdruck
Erschöpfung
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Verteilung der Familienformen mit minderjährigen Kindern 1996, 2005 und 2011
Quelle: Statistisches Bundesamt https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevölkerung/HaushalteFamilien/Tabellen/Familienformen.html
1996 2005 20110%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
81.4 74.8 71.2
4.87.7 9.2
13.8 17.6 19.7
AlleinerziehendeNELEhepaare
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Erosion des Ernährermodells
Erwerbstätigenquote nach Geschlecht an der Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 65 Jahren, 1959 bis 2012
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Veränderte Leitbilder
Quelle: Land OÖ/Familienreferat und © Land OÖ / upart
Quelle: DGB-Projekt „Familienernährerinnen“
„Supermütter“
„neue Väter“
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Teilzeitquoten nach Kindesalter
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Elterngeldquoten von Vätern
32% der Väter nutzen das Elterngeld (09/2015)
80% aber nur für 2 Monate
45% sehen eine eigene Elterngeldnutzung als „Karrierekiller“
siehe auch Possinger 2013
Quelle: Statistisches Bundesamt 2014
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
An Sonn- und Feiertagen erwerbstätige Mütter und Väter, 1996 und 2009
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Infrastrukturelle Angebote - lückenhaft oder nicht bedarfsgerecht
Nachholbedarfe in Quantität und Qualität der Kindertagesbetreuung (z.B. Gruppengrößen)
Zu kurze bzw. unflexible Öffnungszeiten
Mangelnde Vereinbarkeit von Schulkindern und Beruf (fehlende Ganztagsschulen)
Eltern als Nachhilfelehrer_innen
Verfügbarkeit eines Elternteils wird vorausgesetzt
Zu wenig passfähige familiennahe Dienstleistungen
Wohnen, Erwerb, Dienstleister, Bildung – entfernt, nicht getaktet
Infrastruktur mit Mängeln
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Überforderungen im Privaten
Entgrenzungen schaffen prinzipiell neue Freiräume… Neue Anforderungen (Intensivierung, Flexibilisierung von Zeiten,
Grenzmanagement) verengen sie Vereinbarkeitsmanagement statt „gutem Leben“ Kinder im Zentrum, Mütter/Eltern „am Limit“ Prekäre Selbstsorge: Stress, Erschöpfung, zunehmender Burnout von
Müttern (Müttergenesungswerk 2012/13/14)
Doppelte Doppelbelastung: Männer mit Vereinbarkeitsproblemen Kaum Platz für Pflege bei steigender Lebenserwartung
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Frauen erledigen 2/3 der gesamten unbezahlten Arbeit (StBA 2015)
70% der Mütter erledigen anfallende Haus- und Familienarbeit allein (Vorwerk Familienstudie 2012)
61 % der alleinerziehenden erwerbstätigen Mütter erleben oft/fast immer in den letzten 4 Wochen Zeitdruck
56% der Vollzeit erwerbstätigen Mütter fühlen sich an Arbeitstagen müde, matt und erschöpft (Böckler Impuls 04/2014)
72% der Hauptpflegepersonen sind Frauen (Schmidt/Schneekloth 2011)
Mütter/Frauen – besonders belastet
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
21 20
55
65
55
4439
43
60 59
…zu wenig Zeit für die Kinder
…zu viel Zeit für den Beruf
…zu wenig Zeit für den Partner
…zu wenig persönliche
Freizeit
…zu wenig Zeit für die Freunde
Mütter Väter
Quelle: AID:A-Survey/DJI 2009
Eltern unter Zeitdruck
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Zunahme der Erwerbsarbeitszeit bei Männern und Frauen/Müttern (seit 2001/2) - aber mehr Zeit für Kinder!
Mütter reduzieren Hausarbeit, Männer Gartenarbeit etc.
Väter verbringen etwas mehr Zeit mit ihren Kindern
Einbußen bei Regeneration, Partnerschaft, Sport, Ehrenamt
38% der Eltern wünschen sich eine partnerschaftliche Arbeitsteilung, nur 6% leben sie (Forsa 2013)
Mütter wünschen sich etwas längere, Väter etwas kürzere Arbeitszeiten
Zeitbudgets im 10-Jahrestrend undWünsche heute
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Familie als Betrieb, „Qualitätszeiten“
Keine Zeit für Partnerschaft
Keine Zeit für Erholung
Chronische Gewissensbisse
Zunehmende Erschöpfungskrankheiten
Verzicht auf (weitere) Kinder
Eltern am Limit?
Quelle: Danielle Guenther Photography
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
WAS KANN DIE POLITIK TUN ?
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
• Zeitnot • Veränderte
Leitbilder• Doppelte
Erwerbstätigkeit• Vereinbarkeit für
Mütter und Väter
• Entgrenzung Arbeitszeiten
• Leistungsdruck• Mobilität• Verfügbarkeit• Traditionelle
Gendernormen
Familie Arbeitswelt
• Fehlende Angebote• Keine Passung von Zeiten• Lange Wege• Verfügbarkeitserwartungen
Infrastruktur
Wenn nichts mehr passt…
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Handlungsfelder und Akteure derZeitpolitik
Handlungsfelder Familie Arbeitswelt Infrastruktur
Akteure Bund und Länder als Gesetzgeber und Modellprogramm-Gestalter Arbeitgeber und Sozialpartner Kommunen Freie Träger und Zivilgesellschaft
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Zeitpolitische Handlungsfelder
Quelle: BMFSFJ 2014
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Ziel Instrumente• Verlässliche, bedarfsgerechte und
bezahlbare Angebote U3 und Ü6
• Bedarfsgerechte Öffnungszeiten
• Ganztagesangebote
• Ferienbetreuung und Notfallbetreuung
Ausbau entsprechender Angebote
Engagement Ehrenamtlicher (z.B. Wunschgroßeltern)
Zentrale Anlaufstellen zur Transparenz des Angebots
Bsp.: Handlungsfeld Bildung/Betreuung
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
• Verlängerung der Partnermonate im Elterngeld• Subventionierte Familienarbeitszeit• Absicherung von Pflegezeiten
Geld
• Rückkehrrecht in Vollzeit• Vollzeit „light“• Arbeitszeitkultur• Familienbewusste Personalpolitik
Zeit•Quantität + Qualität der Kinderbetreuung/Bildung
•Pflegeinfrastruktur
•Abgestimmte Zeitttakte, weniger Wegezeiten
•Zentrale Anlaufstellen für Familien
•Unterstützung durch Familienbildung
Infrastruktur
Nachhaltige Familienzeitpolitik
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Lebensverlaufspolitik
„Familienarbeitszeit“: 32-Stundenwoche für Sorgepersonen? Lineares Modell Carezeitbudgets im Lebensverlauf – Gesamtkonzept statt Stückwerk „Atmende Lebensverläufe“ – eine neue Normalität für alle Geschlechter Gewährleistung von Optionen mit Recht auf Arbeit und Recht auf Care:
Geschlechtergerechtes Zweiverdiener-Zweiversorger-Modell (BMFSFJ 2006)
Carezeitbudgets (5-8 J.) durch Unterbrechungen und/oder befristete Verkürzung der Erwerbsarbeit (Dialog Zukunft 2012)
Langfristziel sozial abgesicherte Optionszeiten steuerfinanziert für Sorgetätigkeit arbeitgeberfinanziert für Fortbildungen eigenfinanziert für Individualinteressen
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Die Länderebene
z.B. ….
„Familienbericht Saarland“ mit Schwerpunkt Zeit Länderspezifische Erweiterung eines partnerschaftlichen Elternzeit/-
geldmodells Länderprogramm mit Geld für Kommunen, die eine zentrale Anlaufstellen zu
Familienzeit einrichten Die Etablierung und Kommunikation eines Leitbildes „Saarland –
familienbewust“ Gezielte Allianzenbildung mit Arbeitgebern und Gewerkschaften für
familiengerechte Arbeitswelt/Arbeitszeiten
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
Väter in PaarHH
Mütter in PaarHH
Alleinerziehende
Alle Haushalte
Väter in PaarHH
Mütter in PaarHH
Alleinerziehende
Alle Haushalte
Väter in PaarHH
Mütter in PaarHH
Alleinerziehende
Alle Haushalte
Sum
me
Infra
stru
ktur
Sum
me
Zeit
Sum
me
Gel
d
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
64.8%
71.5%
85.2%
69.5%
81.8%
91.1%
91.0%
86.9%
70.6%
70.0%
81.9%
71.2%
Zustimmung zu familienpolitischen Maßnahmen in den Bereichen Infras-truktur, Zeit und Geld
(insgesamt und nach Haushaltstypen Zustimmungswerte "eher dafür" + "sehr dafür")
Quelle: Ravensburger Elternsurvey 2009, alle Befragten, gewichtet
Zeit
Geld
Infra-struktu
r
Dr. Karin Jurczyk 1. Saarländischer Familienkongress in Saarbrücken 12. Oktober 2015
email: [email protected]ötter, Martina/Jurczyk, Karin/Lange, Andreas/Meier-Gräwe, Uta (Hrsg.) (2009): Zeit für Beziehungen? Zeit und Zeitpolitik für Familien. Opladen/Farmington Hills: Barbara Budrich.
Jurczyk, Karin/Michaela Schier/Peggy Szymenderski/Andreas Lange/G. Günter Voß 2009: Entgrenzte Arbeit – Entgrenzte Familie. Grenzmanagement im Alltag als neue Herausforderung. Berlin: edition sigma.
Jurczyk, Karin/Klinkhardt, Josefine (2014): Vater, Mutter, Kind? Acht Trends in Familien, die Politik heute kennen sollte. Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung
Jurczyk, Karin/Lange, Andreas/Thiessen, Barbara (2014): Doing Family - Familienalltag heute. Warum Familienleben nicht mehr selbstverständlich ist. Weinheim: Beltz/Juventa
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