DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger...

16
Veranstaltungsort: neues theater Halle, KammerGroße Ulrichstraße 51 06108 Halle (Saale) Schulabonnement, Kartenreservierung und Verkauf: Karin Preuk Tel. 0345 5110-776 Fax 0345 5110-781 [email protected] SCHAUSPIEL DJIHAD PARADISE von Anna Kuschnarowa | Uraufführung BEGLEITMATERIAL FÜR PÄDAGOGINNEN UND PÄDAGOGEN Alter: ab 14 Jahre neues theater / Kammer

Transcript of DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger...

Page 1: DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganz offensichtlich stark euphorisierende Wirkung

Veranstaltungsort:neues theater Halle, KammerGroße Ulrichstraße 51

06108 Halle (Saale)

Schulabonnement,Kartenreservierung und Verkauf:

Karin PreukTel. 0345 5110-776Fax 0345 5110-781

[email protected]

SCHAUSPIEL

DJIHAD PARADISEvon Anna Kuschnarowa | Uraufführung

BEGLEITMATERIALFÜR PÄDAGOGINNEN UND PÄDAGOGEN

Alter: ab 14 Jahre

neues theater / Kammer

Page 2: DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganz offensichtlich stark euphorisierende Wirkung
Page 3: DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganz offensichtlich stark euphorisierende Wirkung

DJIHAD PARADISEvon Anna Kuschnarowa| Premiere am 28. Mai 2016

DAUER2h, 10 min., eine Pause

BESETZUNG

Regie: RONNY JAKUBASCHKAusstattung: ANNEGRET RIEDIGERMusik:  BASTIAN BANDTDramaturgie: SOPHIE SCHERER

DARSTELLER: PAUL SIMON (Julian), MARIE SCHARF (Romea, MAX RADESTOCK (Murat), LENA ZIPP (Susanne Achenbach, Romeas Mutter/Shirin, Lehrerin), FLORIAN STAUCH (Michael Achenbach, Romeas Vater/Lehrer/Imam/Samir/ Amir), KARL-FRED MÜLLER (Tom Engelmann, Julians Vater / Abdel Raman / Richter), FRANK SCHILCHER (Ice / Saad / Omar / Taxifahrer / Eshanulla) 

1

Foto: Anna Kolata

Page 4: DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganz offensichtlich stark euphorisierende Wirkung

INHALT: Romea Achenbach stammt aus wohlhabendem Elternhaus, das sie jedoch ver-nachlässigt. Sie ist eine gute Schülerin, spricht mehrere Sprachen, speilt Geige, geht Kick- Boxen und möchte Meeresbiologin werden. Julian Engelmann ist 18 Jahre alt, zweimal sitzen geblieben und im Drogenmilieu aufgewachsen. Seine Mutter hat die Familie verlassen, sein Vater sitzt den ganzen Tag untätig auf dem Sofa, trinkt ein Bier nach dem nächsten und häuft Schulden an. Um diese Schulden zu begleichen verkauft Julian Pillen und Gras und zweigt einen Teil des Geldes, das er mit seinen krummen Geschäften macht ab, um die Miete der Wohnung zu bezahlen. Er glänzt in der Schule nur durch Abwesenheit, bis Romea in seine Klasse kommt und er sich in sie verliebt. Nach anfänglicher Abfuhr werden die beiden ein Paar. Julian kann sein Glück kaum fassen, kommt wieder häufiger zum Unterricht und beschließt aus der Drogenszene auszusteigen. Doch dieser Ausstieg missglückt. Julian zieht in eine eigene Wohnung, gerät in Geldprobleme und beginnt wie-der mit krummen Geschäften. Auf der gemeinsamen Flucht mit Romea nach Barcelona wird er ge-fasst und muss ins Gefängnis. Sein Zellengenosse Murat ist Muslime, betet mehrmals täglich und zitiert aus dem Koran. Zunächst findet er Murats Verhalten befremdlich, doch dann findet er Halt in der Religion und ist bereit sein bisheriges bedeutungsloses Leben für den Glauben und die Ideo-logie aufzugeben. Aus dem Gefängnis entlassen zieht er in eine WG mit Murat. Romea ist zunächst skeptisch gegenüber Murat und der neuen Religion ihres Freundes. Sie bricht die Schule ab und haut von zuhause ab um Julian von der Religion abzubringen. Ihre Ablehnung ist bald verflogen und auch sie beschließt zum Islam zu konvertieren. Die drei ziehen in eine Glaubensgemeinschaft, und legen ihr Glaubensbekenntnis ab und Julian und Romea heiraten. Julian, der schon lange den Wunsch hat Arabisch zu lernen, bekommt die Chance gemeinsam mit Murat in eine Koranschule in Ägypten zu gehen. Nach ihrem dreimonatigen Aufenthalt in der »Sprachschule« in Alexandria gehen die beiden nach Pakistan in ein ent legenes Bergdorf und werden zu Gotteskriegern ausge-bildet. Zurück in Deutschland geht Julian mit einem Sprengstoffgürtel bewaffnet in ein Einkaufzent-rum auf dem Berliner Alexanderplatz und ist bereit, sich und alle Ungläubigen auszulöschen. Doch dann sieht er Romea und sein Leben läuft noch einmal vor ihm ab.

ANNA KUSCHNAROWA: Anna Kuschnarowa wurde am 11. November 1975 in Würzburg geboren und hat russisch-ukrainisch-kubankosakisch-hugenottische Wurzeln. Sie stu-dierte Ägyptologie, Prähistorische Archäologie und Germanistik in Leipzig, Halle (Saale) und Bre-men. Danach unterrichtete sie an den Universitäten in Jena und Leipzig altägyptische Sprache und Geschichte. 2011 gründete sie gemeinsam mit einer Kollegin die Seschat Schule für Ägyptologie. In dieser Schule vermittelt sie Laien mittels Kursen, Seminaren und Reisen altägyptische Sprache und Kultur. Anna Kuschnarowa ist in Leipzig als freie Autorin, Fotografin und Dozentin tätig und ver-öffentlichte bereits mehrere Bücher für Jugendliche wie »Spielverderber« (2008), »Schattensom-mer« (2010), »Junk Girl« (2011), »Kinshasa Dreams« (2014) und »Das Herz von Libertalia« (2015). Sie erhielt für mehrere ihrer Bücher Auszeichnungen. Seit 2013 ist Anna Kuschnarowa Schule-oh-ne-Rassismus/Schule-mit-Courage-Patin an der Theresia-Gerhardinger-Realschule Weichs und Mitglied im Friedrich-Bödecker-Kreis, über den sie unter anderem auch für Lesungen an Schulen zur Verfügung steht. Homepage: www.anna-kuschnarowa.de

2

Page 5: DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganz offensichtlich stark euphorisierende Wirkung

INTERVIEW MIT ANNA KUSCHNAROWA

»AUFKLÄRUNG IST DAS ENTSCHEIDENDE«Anna Kuschnarowa über die Entstehung ihres Romans »Djihad Paradise«, die Hinwendung Jugendlicher zur Religion und die Möglichkeiten einer Gesellschaft,religiöser Radikalisierung vorzubeugen

Liebe Frau Kuschnarowa, seit wann ist der Djihad denn ein Paradies? Der Djihad ist natürlich kein Paradies. Djihad wird meist im Sinn von »Heiliger Krieg« verwendet –wobei meiner unmaßgeblichen Meinung nach die Kombination von »heilig« und »Krieg« eineUnmöglichkeit ist. Egal, wofür gekämpft wird - Krieg ist eine verdammt schmutzige Angelegenheit.Er trifft immer und vor allem diejenigen, die sich nicht wehren können. Es gibt aber auch noch eine andere Interpretation des Djihad-Begriffes, und zwar in dem Sinn, dass es sich dabei um die eigene Anstrengung auf dem Weg hin zu Allah handelt. Nach dieser Auffassung stehen sich Djihad und Paradies dann schon etwas näher. Aber der Grund, weshalb ich diesen Titel gewählt habe, ist der, dass Julian und Murat in ihrer Verblendung die fatale Gleichung aufstellen, dass terroristische Handlungen, die sie als Djihad interpretieren, sie umgehend ins Paradies führen werden, und dies ist auch der Ansatz von IS und ähnlichen Gruppierungen.

Schließen sich allein deshalb immer mehr Jugendliche dem sogenannten »IS« an? Dafür gibt es sicherlich verschiedene Gründe. Einer dürfte der sein, dass es heute recht schwierig ist, seine Eltern zu provozieren. Der Hauptgrund liegt aber wohl darin, dass unsere Welt aktuell sehr komplex und unübersichtlich geworden ist und es für manche Menschen ungeheuer attraktiv ist, wenn sie auf jemanden stoßen, der behauptet, er wüsste, was der Sinn des Lebens, was Gut und Böse und wie das Leben richtig zu bestreiten ist. Dazu kommt sicherlich auch ein gewisser jugendlicher Idealismus, der Traum für eine vermeintlich starke Sache zu kämpfen und als »Held« zu sterben. Aber auch die Aufnahme und Zugehörigkeit zu einer Gruppe und die Abgrenzung von anderen dürften starke Faktoren sein.

Was können wir da tun? Ich denke, dass Aufklärung das Entscheidende ist. Wenn sich jemand erst einmal radikalisiert hat, ist es nahezu unmöglich, noch mit Argumenten an ihn oder sie heranzutreten. Dann kann man nur hoffen, dass der- oder diejenige eines Tages selbst wieder zur Vernunft kommt. Gut wäre eventuell auch, wenn es an mehr Schulen islamischen Religionsunterricht geben würde, denn was radikale Gruppen lehren, hat wenig mit dem eigentlichen Islam zu tun. Großartig wäre esnatürlich auch, wenn geläuterte Rückkehrer von ihren Erfahrungen berichten würden, was aber sehr viel Mut erfordert und für sie nicht ganz ungefährlich ist.

Zurück zum Roman: Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee?Ich bin selbst sehr religiös erzogen worden, habe mich aber als Jugendliche davon distanziert, weil ich viele Regeln als rückständig und durch keine Realität für begründbar gehalten habe.Für mich war dies ein Akt der Befreiung. Umso mehr erstaunt es mich, dass es mittlerweile soviele Jugendliche gibt, die sich wieder den Religionen zuwenden. Ich möchte dies auch nicht negativ werten, aber ich denke, man sollte sich mit jeder Religion kritisch auseinandersetzen.

3

Page 6: DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganz offensichtlich stark euphorisierende Wirkung

Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganzoffensichtlich stark euphorisierende Wirkung auf junge Menschen. Es hatte Züge einer spontanen Gehirnwäsche. Dieses Thema hat mich schon vor einigen Jahren sehr bewegt, und aus diesem Grund habe ich mit den ersten Recherchen begonnen. »Djihad Paradise« erzählt einerseits die Geschichte einer Radikalisierung, aber auch die einer Liebe, die an religiöser Wahnhaftigkeit zerbricht.

Ist es nicht ein Klischee, dabei auch zerfallenden Familien die Schuld zu geben? Für eine Radikalisierung kann es viele Gründe geben. Im Fokus meiner Kritik stehen eigentlich weniger die Familien, sondern eher die Art unseres Wirtschaftens. Die Spaltung der Gesellschaft schreitet voran, die Mittelschicht wird europaweit immer dünner. Es kommt zu einer zunehmen-den Entsolidarisierung unter den Menschen. Gleichzeitig sind aber ökonomische und emotionale Sicherheit Grundbedürfnisse des Menschen. Und im globalen Rahmen ist zu beobachten, dass Armut tatsächlich ein starker Radikalisierungsfaktor ist. Wir ernten nun, was unter anderem die Folgen des europäischen/nordamerikanischen Kolonialismus dort gesät haben.

Ist dieser Stoff nicht zu hart für jugendliche Leser? Ich halte nicht viel davon, die realen Gegebenheiten allzu sehr abzuschwächen, nur weil sich ein Text an ein jugendliches Publikum richtet. Im Gegenteil – eine Verharmlosung würde ich für un-verantwortlich halten. In Anbetracht des Wütens des sogenannten »Islamischen Staats«, den es in dieser Form, wie wir es heute täglich erfahren, noch nicht gab, als ich den Roman geschrieben habe, erscheint mir mein Buch inzwischen sogarbeinahe harmlos.

Der Roman wirkt dennoch sehr authentisch. Hatten Sie Kontakt zu Djihadisten? Ich hatte zwei indirekte Kontakte, die in Pakistan von den Taliban erpresst wurden, die aberfliehen konnten, und ich kenne jemanden, den man in Ägypten versucht hatte, als »Gotteskrie-ger« anzuwerben, der sich dem aber entzogen hat. Aber über Gespräche hinaus gibt es ja sehr viele weitere Möglichkeiten zu recherchieren. Ich habe mich auf etlichen Djihadistenblogs umge-sehen, um mit der Diktion vertraut zu werden, es gibt zahlreiche, gute journalistische Reportagen und Dokumentationen, und ich kenne auch einige Arabisten.

Wollen Sie mit Ihrem Roman den Islam kritisieren?Nein. Deshalb habe ich den Roman auch aus zwei Perspektiven geschrieben. Weil ich mitmeinem Buch dieses unselige Vorurteil Islam = Terrorismus nicht befeuern wollte. Romea ist praktisch das Korrektiv und die Antithese zu Julians religiösen Wahnvorstellungen. Sie bleibtaus nachvollziehbaren Gründen Muslima.

Aber ist das schnelle Verlieben dieser unterschiedlichen Menschen glaubwürdig?Also mir ist das aus meiner eigenen Vita bekannt… Aber es gibt sicherlich vernünftigereMenschen, denen eine solche Amour fou nie unterlaufen würde.

Was ist Ihnen beim Schreiben am schwersten gefallen?Mich in Julians Radikalisierung hineinzuversetzen, denn in dieser Entwicklung steht er meinen eigenen Überzeugungen genau um hundertachtzig Grad entgegen.

4

Page 7: DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganz offensichtlich stark euphorisierende Wirkung

Welche Stelle mögen Sie am liebsten?Den Beginn und den Schluss, weil ich irgendwann so tief in die Figur des Julian hineingekrochen bin, dass es mir plötzlich ganz leicht fiel, wie er zu denken. Außerdem – ich gestehe es – habe ich ein Faible für Dramatik.

Der Schluss Ihres Romans steht jedenfalls ganz vorne…Es ist ja noch nicht ganz das Ende, aber es hat wohl damit zu tun, dass ich gerne die psycholo-gische Entwicklung meiner Figuren darstelle. Dies braucht aber Zeit und ist zunächst meist nicht sehr dramatisch. Mit einer fulminanten Ausgangsszene am Anfang kann man den Leser gleich ins Thema hineinwerfen und eine gewisse Grundspannung erhalten, auch wenn man sich danach erst einmal Zeit für die Psyche der Protagonisten nimmt.

Inwiefern beziehen Sie die Namen der Protagonisten auf »Romeo und Julia«?Eigentlich ganz direkt. Der Hauptunterschied besteht lediglich darin, dass es bei »Romeo und Julia« die Fehde der Elternhäuser ist, die die beiden auseinanderbringt bzw. in den Tod treibt. Bei »Julian und Romea« ist es dagegen Julians pseudoreligiöse Wahnhaftigkeit, die die beiden trennt und letztlich auch tötet.

Und warum haben Sie sich für diese vielen Motto entschieden?Wahrscheinlich kommt hier die Germanistin durch. Ich bin ein großer Fan von intertextuellen Be-zügen. Dadurch wird eine weitere Bedeutungsebene eröffnet, die vielleicht auch Anlass für eine weitergehende Diskussion bieten könnte.

Könnten Sie sich vorstellen, Ihre Geschichte zu einem Drehbuch umzuarbeiten? Würde ein Film zu diesem Thema Jugendliche noch mehr ansprechen?Ja, das könnte ich mir gut vorstellen. Im Mai 2016 kommt »Djihad Paradise« aber erst einmal ins Theater. Ob ein Film Jugendliche mehr ansprechen würde, würde wohl vor allem von der Umset-zung abhängen.Aber natürlich ist es bequemer, sich einen Film anzusehen als ein ganzes Buch zu lesen.

5

Foto: Anna Kolata

Page 8: DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganz offensichtlich stark euphorisierende Wirkung

QUIZ ZUM THEMA RELIGION

1. Wie viele Weltreligionen gibt es?

2. Was versteht man unter a) aktiver und b) passiver Religionsfreiheit?

3. Was ist eine Offenbarungsreligion? Welche gibt es?

4. Welche Bedeutung hat Jerusalem für Juden, Christen und Muslime? Welche Gebäude in Jerusalem symbolisieren diese Bedeutung?

5. Worin besteht der Kern des Konflikts zwischen Juden und Muslimen bezüglich des Heiligen Landes?

6. Mit welchem Initiationsritus erfolgt die Aufnahme in die Religionsgemeinschaft im Judentum, im Christentum, im Islam?

7. Welche Bedeutung hat Jesus für das Christentum, welche für den Islam?

8. Was bedeutet die Inschrift »INRI« über den am Kreuz hängenden Jesus?

9. Was bedeuten die folgenden Begriffe? a) Dekalog b) Trinität c) Exodus d) Messias e) Scharia f) Thora g) Dogma h) Hadith i) Sure j) Konvertiert

10. Welche großen Glaubensspaltungen gibt es im Christentum und welche im Islam?

11. Welche Bedeutung hat Buddha für den Buddhismus?

12. Was versteht man unter »Säkularisierung«?

13. Was sind die Symbole der Weltreligionen?

6

Page 9: DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganz offensichtlich stark euphorisierende Wirkung

TERRORISMUS ALLGEMEINE INFORMATIONEN

TERRORISMUS – politische, ökonomische, moralische oder religiöse Ziele– Sammelbegriff politisch motivierter Gewalttaten extremistischer Organisationen,Gruppierungen oder Einzelpersonen in Form von gezielten, direkten Aktionen gegen hoheFunktionsträger in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft oder gegen symbolträchtige Einrichtungen und Institutionen– Bereit zur Androhung und Anwendung von Gewalt gegen Regierung, aber auch gegenUnbeteiligte

ZIELE VON TERRORISMUS– durch Androhung und Anwendung von Gewalt Angst und Schrecken verbreiten– Schaffung eines Klimas der Verunsicherung– Bedrohung der bestehenden politischen und gesellschaftlichen Ordnung– Bloßstellung des Staates und seiner Institutionen wie Regierung und Sicherheitsapparat – Loyalität der Bürger gegenüber dem Staat soll geschwächt, Volksaufstände oder ein Umstürzen der politischen Verhältnisse herbeigeführt werden– der Staat soll als hilflos bloßgestellt werden– aufmerksam machen auf gesellschaftliche Verhältnisse– beeinflussen von Meinungen und Handlungen– ABER niemals längerfristig ein großes Territorium im militärischen Sinne mit eigenen Leuten besetzen

MITTEL DES TERRORISMUS– physische Gewalt– Anschläge auf öffentliche Gebäude und Einrichtungen– Entführung prominenter Funktionsträger, Flugzeugen oder öffentlichen Verkehrsmitteln– ohne Rücksicht auf Opfer in der Zivilbevölkerung– viele verschiedene Aktionsformen (Einzelanschläge bis zum Guerillakrieg)– nutzt neue Technologien für »Infowar«, »Cyberwar« und »Cyberterrorismus« und richtet inhochgradig computerabhängiger ziviler und militärischer Infrastruktur hohen Schaden an

BEWEGGRÜNDE, WARUM MENSCHEN TERRORISTEN WERDENPOLITISCH:– Forderung nach Veränderung in politischen oder sozialen Strukturen, mit einer Ideologie, die der jeweils herrschenden widerspricht– Bedürfnis ethnischer oder politischer Minderheiten, sowie unterdrückter Völker nach einem eigenen Staat oder einer politischen/kulturellen Autonomie

RELIGIÖS:– Religiöse oder pseudoreligiöse Motive

IDEOLOGISCH:– geistig verwirrte Einzeltäter mit bestimmten Missionen planen und führen Anschläge ohne Netzwerke und Gruppen aus

7

Page 10: DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganz offensichtlich stark euphorisierende Wirkung

8

WELCHE MENSCHEN SIND FÜR TERRORISTISCHES GEDANKENGUT EMPFÄNGLICH:– Arme Bevölkerung in Slums großer Städte– Menschen mit Hass für die Weltmacht USA und deren Verbündeten– Rache für Demütigungen der arabischen Welt– Reinigung der muslimischen Seele– Fanatiker

TERRORISTISCHE GRUPPEN– nicht staatlich legitimiert oder im Besitz der Macht– politisch, ideologisch oder religiös motiviert – längerfristige Ziele– operieren heimlich oder als Zusammenschluss mehrerer Kleingruppen– größtenteils hierarchisch geordnet oder funktional gegliedert– Feind ist immer von ihr selbst definiert– bei Anschlägen auf den Feind wird der Tod Unbeteiligter geplant oder billigend in Kauf genommen– Bekennen zu durchgeführten Anschlägen– Anschläge werden massenmedial geplant und sollen die breite Öffentlichkeit erreichen,um langfristig Angst zu verbreiten – Terrorgruppen verfügen über eine gut strukturierte Logistik und Finanzierungsquellen

Foto: Anna Kolata

Page 11: DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganz offensichtlich stark euphorisierende Wirkung

9

DJIHAD [; arab. >Bemühen<] der, -, Dschihad, im Islam der allumfassende Einsatz für die Sa-che Gottes (Allahs); beinhaltet für den Muslim die Pflicht, nach seinen Möglichkeiten zur Verbrei-tung des Islam beizutragen (Sure 9, 41) und dessen Herrschaftsgebiet (Dar al-Islam) zu verteidigen oder zu vergrößern; wird in diesem Sinn besonders als heiliger Kampf, auch Krieg gegen die Gegner des Islam verstanden, wobei der Koran zwischen den Ungläubigen (Polytheisten) und den Empfän-gern der göttlichen Offenbarung (Juden und Christen) unterscheidet; diese dürfen im Gegensatz zu Ersteren nicht zwangsbekehrt werden (...) Außer im Verteidigungsfalle ist nicht jeder einzelne Muslim verpflichtet, am Djihad teilzunehmen. Da militärische Auseinandersetzungen unter Musli-men verboten sind, stellt der Djihad die einzige legale Form des Krieges dar. Seine mobilisierende Wirkung wurde in den nationalen Befreiungskriegen im 20. Jh. öfter genutzt (Mudjahedin), aber auch in Konflikten mit politischen und ideologischen Gegnern missbraucht.Quelle: Dr. Karlheinz Dürr: Themenblätter im Unterricht; Terror und Rechtsstaat; 1. Auflage, Oktober 2001, Bundeszentrale für politische Bildung

»DSCHIHAD IM KINDERZIMMER« von Arnfried Schenk, erschienen in »DIE ZEIT«, 2016

ZAHLREICHE JUGENDLICHE GLEITEN IN DIE ISLAMISTISCHE SZENE AB.WARUM – UND WIE SCHÜTZT MAN SIE DAVOR?DIE SALAFISTEN LOCKEN MIT DEM GEFÜHL, WICHTIG ZU SEIN, TEIL EINER GROSSEN SACHE

Safia ist 15 Jahre alt, als sie am 26. Februar dieses Jahres am Hauptbahnhof von Hannover ein Messer zückt und es einem Bundespolizisten in den Hals sticht. Er überlebt schwer verletzt. Zwei Monate zuvor war die Gymnasiastin nach Istanbul geflogen, um sich dem »Islamischen Staat« an-zuschließen. Bevor sie die Grenze zu Syrien überschreiten konnte, holte ihre Mutter sie zurück nach Hannover. Im Internet sind Filme von Safia zu sehen, wie sie als Grundschülerin neben dem Salafistenprediger Pierre Vogel sitzt und Koran-Suren rezitiert. Im Hidschab, kein Haar schaut dar-unter hervor – als Achtjährige. Ihre Mutter hat sie so erzogen.Am 16. April explodiert in Essen vor einem Sikh-Tempel eine Bombe. Während einer Hochzeitsfeier. Ein Priester und zwei Gäste werden verletzt. Die beiden Täter sind 16 Jahre alt. Einer von ihnen ist bereits im Visier des Verfassungsschutzes, auf Facebook verbreitet er islamistische Propaganda, nennt sich »Kuffar Killer« – »Mörder der Ungläubigen«. Wegen Körperverletzung und Einbruch ist er aktenkundig. Sein Komplize hatte an Koran-Ver teilungsaktionen von Islamisten teilgenommen.

Das sind nur die jüngsten Beispiele von deutschen Jugendlichen, die in ein gewaltbereites islamis-tisches Milieu abgerutscht sind. Über 8600 Muslime rechnet der Verfassungsschutz zur salafisti-schen Szene. Angesichts der vier Millionen Muslime in Deutschland eine winzige Minderheit. Aber eine, die beständig wächst. Vor fünf Jahren waren noch keine 4000 Anhänger erfasst. Rund 800 von ihnen verließen Deutschland und gingen als Dschihadisten nach Syrien, 130 wurden getötet, 20 davon bei Selbstmordanschlägen, 260 sind zurückgekehrt. Salafisten werben vor Schulen, in Jugendzentren, im Internet. Besonders eifrig ist dabei der Konvertit Pierre Vogel, der als Open-Air- Prediger durch die Städte zieht und in Hunderten YouTube-Videos seinen Islam erklärt.

Page 12: DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganz offensichtlich stark euphorisierende Wirkung

10

Trotzdem bleibt die Frage, warum so viele Jugendliche in die Fänge der Salafisten geraten. Und: Wie kann man sie davor bewahren? Auf die erste Frage gibt es viele Antworten. »Mögliche Antwor-ten«, sagt Michael Kiefer. Er ist Islamwissenschaftler an der Universität Osnabrück und versucht derzeit im Auftrag des Bundesjugend ministeriums herauszufinden, warum sich Jugendliche radi-kalisieren. Kiefer und ein Mitarbeiter führen Interviews mit Islamisten, deren Bekannten, Freun-den, Geschwistern, Eltern. Für Michael Kiefer sind salafistische Gruppen ein Auffangbecken für die Verunsicherten, für die Chancenlosen, für die, die sich an den Rand gedrängt fühlen, mit Schule oder Familie nicht klarkommen, die in einer Identitätskrise stecken. Die Salafisten locken sie nicht nur mit religiösen Inhalten, sondern auch mit dem Gefühl, wichtig zu sein, Teil einer großen Sache – und besser als die anderen.Wer hingegen eine gute Ausbildung habe und sich trotzdem radikalisiere, so Kiefer, sei oft von einem Gerechtigkeitsmotiv getrieben, überzeugt davon, Muslime seien die Opfer der Weltpolitik, für die man kämpfen müsse. Möglicherweise fällt Safia in dieses Raster. Salafisten sind fundamen-talistische Muslime, die einen Gottesstaat anstreben. Für sie zählt die Scharia, nicht das Grund-gesetz. Alle Fragen des menschlichen Zusammenlebens regeln der Koran und die Überlieferungen des Propheten Mohammed. Wer sich daran hält, wird mit dem Paradies belohnt, auf die anderen wartet die Hölle. Zwar ist, wer sich zum Salafismus bekennt, noch lange kein Terrorist, der im Na-men des Islams Anschläge verübt oder nach Syrien in den Dschihad zieht. Es gibt Salafisten, die einfach ein gottgefälliges Leben führen wollen, es gibt welche, die zwar einen islamischen Staat anstreben, Gewalt jedoch ablehnen. Aber: Alle, die in die radikalislamistische Szene abgedriftet sind, hatten zuvor Kontakt zu salafistischen Gruppen.Vielen, die sich dem Salafismus anschließen, fehlt ein religiöses Grundwissen. Der Salafismus lockt sie mit ein fachen Regeln, die die Welt in Gut und Böse einteilen. Allerdings gebe es noch große Wissenslücken, wie sich die Szene genau zusammensetze, sagt Kiefer. Lange hatte Deutsch-land entsprechende Forschung und Prävention vernachlässigt. Gelder flossen vor allem in Rich-tung Verfassungsschutz. Das hat sich geändert. 2015 hat das Bundesjugendministerium 5,8 Milli-onen Euro für Präventionsmaßnahmen gegen gewaltbereiten Islamismus ausgegeben. Dieses Jahr sollen es 7,5 Millionen Euro werden.

Es hat sich viel getan, aber noch fehlt es an flächendeckenden Angeboten. Erst spät haben einige Bundesländer damit begonnen, Präventionsnetzwerke aufzubauen. Vieles ist noch unkoordiniert, es fehlt eine Gesamtstrategie, ein gegenseitiger Austausch. Es gibt zahlreiche einzelne Projekte, die meisten in Ballungsgebieten, nur wenige auf dem Land – doch auch dort radikalisieren sich Jugendliche. Was funktioniert, was nicht? Das ist bisher nicht geklärt. Deshalb ist auch die zweite Frage – wie bewahrt man die Jugendlichen vor Islamismus? – noch offen.Michael Kiefer kann zumindest die Richtung vorgeben. »Prävention«, sagt er, »muss früh ansetzen, und es müssen alle zusammenarbeiten: Lehrer, Eltern, Sozialarbeiter, Imame, Vereinstrainer. Die müssen miteinander reden, sobald ihnen an einem Jugendlichen etwas auffällt. Das muss institu-tionalisiert werden.«

Einer, der früh ansetzt, ist Nadim Gleitsmann. Er arbeitet bei Ufuq (arabisch für Horizont), einem Berliner Verein, der bundesweit Lehrer und Jugendarbeiter über Salafismus aufklärt und mit Ju-gendlichen in Workshops über Islam und Demokratie diskutiert. Gleitsmann geht in Hamburg in Berufsschulen genauso wie in Gymnasien, zu Achtklässlern wie zu Abiturienten. Er kommt, wenn die Lehrer sich nicht mehr zu helfen wissen. Wenn Schüler Mädchen als Ungläubige beschimpfen, weil sie kein Kopftuch tragen, Osama bin Laden als Helden feiern oder die Charlie Hebdo-Attentä-ter als »Ehrenbrüder« bezeichnen. Was ist bloß Provokation, was ist Überzeugung? Gleitsmann

Page 13: DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganz offensichtlich stark euphorisierende Wirkung

11

redet mit den Schülern über Islam, Islamismus und Islamfeindlichkeit. Er zeigt kurze Filme, in denen Theologen erklären, wie ein Begriff wie »Dschihad« eigentlich zu verstehen ist. Den Schü-lern, die radikale Ansichten verbreiten, muss die Anführerrolle abspenstig gemacht werden, sagt Gleitsmann, der selbst Muslim ist und Islamwissenschaften studiert hat. Ziel sei es, die Jugendli-chen gegen die Ideologie der Salafisten zu impfen. Dazu müsse man nicht unbedingt über Religi-on sprechen, sondern die Frage in den Mittelpunkt stellen: Wie wollen wir leben?

Auch die Bundeszentrale für politische Bildung ist in der Islamismus-Prävention aktiv. Sie setzt seit einigen Monaten auf YouTube-Filme. »Begriffswelten Islam« heißt ihre Aufklärungskampag-ne. Darin erklären Islamwissenschaftler etwa, was Kalifat bedeutet. Der salafistischen Islam-Inter-pretation soll so etwas entgegengesetzt werden. Damit das bei der Jugend ankommt, moderieren YouTube-Stars wie LeFloid die Videos. Die Klickzahlen sind mit 130.000 Aufrufen vielversprechend.Die Bundeszentrale fördert auch die Arbeit von Patrick Frankenberger. Der Politologe ist bei Jugend-schutz.net Projektleiter für Islamismus im Internet. Seine Aufgabe ist es, das Netz von islamisti-scher Propaganda zu säubern, dazu zählen auch die Gräuelvideos des »Islamischen Staates«. Fast täglich bekommt er Videos zu sehen, in denen Menschen gefoltert, geköpft, verbrannt, aus nächs-ter Nähe erschossen werden. Manchmal, als wäre der Horror nicht schon groß genug, von zwölfjäh-rigen Jungen. Die Videos des IS kursieren auf Facebook, Twitter, YouTube, in WhatsApp-Gruppen. Und gelangen so auch auf die Pausenhöfe deutscher Schulen. Aufwendig inszeniert, mit einer Dramaturgie des Schreckens, die Filmschnitte rhythmisch der Musik angepasst. Als ob Profis am Werk seien, sagt Frankenberger. Die »Rechtfertigung« für die Hinrichtungen wird mitgeliefert, es habe sich um Ungläubige gehandelt, jüdische Spione oder Soldaten Assads.Auf viele Jugendliche wirkten die Videos zwar abschreckend, sagt Frankenberger. »Aber auf die gewaltaffinen können sie einen Sog ausüben.«Die Propaganda der Islamisten beschränkt sich nicht auf Gräuelvideos. Fotos werden aus ihrem Kontext gerissen: Sie zeigen etwa Erdbebenopfer aus Tibet, in dem dazugehörigen Text heißt es aber: »Hier sieht man, wie Muslime in Burma abgeschlachtet wurden.« Wut soll geschürt wer-den. In vielen Videos wird der militante Dschihad auch zum großen Abenteuer, der Kämpfer aus Deutschland zum Helden stilisiert, der »Islamische Staat« als ein geradezu paradiesisches Land beworben. Die Internet-Propaganda der Islamisten hat vor allem Jugendliche im Visier. Sie ver-öffentlichen Videos von verfremdeten Computerspielen, Call of Duty wird so zu Call of Jihad, der Spieler, der dabei zu sehen ist, kämpft als Dschihadist und verübt Attentate. Oder SpongeBob ruft zur Vernichtung Israels auf. In über tausend Fällen sind Frankenberger und seine Kollegen auf isla-mistisches Propagandamaterial gestoßen. Sie wenden sich dann an die Betreiber der Plattformen, um die Filme löschen zu lassen. Gelöscht werden muss alles, was gegen den Jugendmedienschutz verstößt, dazu gehören Volksverhetzung, Gewaltdarstellungen, Kriegsverherrlichung.

Thomas Mücke, Pädagoge und Politologe, arbeitet mit denen, die durch die noch weiten Maschen der Prävention gerutscht sind. Mit Syrien-Rückkehrern. Mücke ist einer der Geschäftsführer des Berliner Violence Prevention Network (VPN). Neben Beratungsstellen in mehreren Bundesländern kümmert sich VPN um die »Deradikalisierung im Strafvollzug«, unter anderem in Gefängnissen in Berlin, Hessen und Niedersachsen. »Die, die zurückkehren, sind verunsichert«, sagt Mücke. Sie stellten Fragen: »In Syrien töten Muslime Muslime. War das islamisch, was ich dort erlebt habe?« Von einem Syrien-Rückkehrer stamme der Satz »Ich bin lieber in Deutschland im Gefängnis als in Syrien in Freiheit.« Die Zweifel der Rückkehrer bieten Mücke die Ansatzpunkte für seine Arbeit. »Sie sollen wieder anfangen, ihren Kopf einzuschalten«, sagt er. »In den Islamistenkreisen zählt nur eines: folgen, nicht fragen. Die haben da ihren Verstand abgegeben.« Einmal die Woche trifft

Page 14: DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganz offensichtlich stark euphorisierende Wirkung

12

er sich mit ihnen, die leichteren Fälle in der Gruppe, die Härtefälle in Einzelgesprächen. Die Vorar-beit haben da schon muslimische Mitarbeiter geleistet. Sie versuchen, Vertrauen aufzubauen. Sie reden über die Religion, zeigen auf, dass die Sichtweise der Islamisten nicht die einzige und nicht die richtige ist. »Man muss ihnen klarmachen, dass der Islam seinen Platz in der Gesellschaft hat«, sagt Mücke, »der Islamismus aber nicht.« Mücke und seine Mitarbeiter begleiten die Jugendlichen auch nach der Haft, helfen ihnen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Deradikalisierung im Knast ist gleichzeitig Präventionsarbeit. Ein Rückfall droht immer, Gefängnisse sind schon lan-ge ein bevorzugtes Jagdrevier radikaler Salafisten. Prävention kann keine Garantien geben. Und sie braucht Zeit. Das zeigte sich jüngst in Nordrhein-Westfalen: Einer der beiden Bombenleger aus Essen war seit über einem Jahr in einem freiwilligen Aussteigerprogramm. Ein Anruf beim Innen-ministerium ergibt: Die Landesregierung will das Programm dennoch weiter ausbauen. Was wäre auch die Alternative?

Wie kompliziert es ist, die Dynamiken in der Szene zu erfassen, zeigt das Beispiel des prominen-testen deutschen Salafistenpredigers Pierre Vogel. Auch wenn Vogel sich bei seinen Auftritten rou-tiniert vom Terror distanziert – für viele Jugendliche ist er ein Lotse in den Islamismus. Da mutet es bizarr an, dass er selbst nun ins Fadenkreuz von Islamisten gerät: In der jüngsten Ausgabe des englischsprachigen IS-Propagandamagazins wird er als Abtrünniger bezeichnet. Titel des Artikels: Tötet die Imame der Ungläubigen des Westens. Vogel hatte die Anschläge von Paris und Brüssel als eine Sünde bezeichnet. Ganz routiniert.

Foto: Anna Kolata

Page 15: DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganz offensichtlich stark euphorisierende Wirkung

13

THEATERPÄDAGOGISCHE ANREGUNGENDISKUSSIONSGRUNDLAGENQuelle: Dr. Karlheinz Dürr: Themenbätter im Unterricht; Terror und Rechtsstaat; 1. Auflage, Oktober 2001, Bundeszentrale für politische Bildung

WIE REAGIEREN SIE AUF DIE NACHRICHT VON TERRORANSCHLÄGEN?

[ ] Mich lässt das total kalt. (Gleichgültigkeit)[ ] Es macht mir nicht sehr viel aus. (geringes Interesse)[ ] Ich bin betroffen, entsetzt, erschrocken. (Betroffenheit)[ ] Ich habe Angst vor Anschlägen. (Angst)[ ] Ich bin wütend. (Wut)[ ] geschieht den Amerikanern ganz recht (Israelis/Deutschen/Spaniern ect.) ganz Recht (Genugtuung)[ ] Ich kann verstehen, warum Terroristen das tun. (Verständnis)[ ] Ich finde es richtig was Terroristen tun. (Billigung)

WAS MEINEN SIE ZU FOLGENDEN BEHAUPTUNGEN?

Behauptung

»Flugzeuge, Flughäfen, Kernreaktoren, hochgiftige Chemiewerke, Hochhäuser, Riesenstädte kann man nicht gegen Terror schützen.«

»Wer Terror ausübt, dem muss man mit Terror antworten.«

»Menschen, die mit Todesverachtung aus dem Hinterhalt zuschlagen, sollte man hinrichten.«

»Terrorismus ist die Gegenwehr der Armen und Schwachen und deshalb berechtigt.«

»Der Terrorismus ist der Krieg des 21. Jahrhunderts.«

stimme zu stimme teilweise zu stimme nicht zu

Page 16: DJIHAD PARADISE - buehnen-halle.de · Besonders beunruhigt haben mich die Auftritte einiger salafistischer Hassprediger und ihre ganz offensichtlich stark euphorisierende Wirkung

ÜBERLEGEN SIE, WAS MAN IN UNSERER DEMOKRATIE GEGEN TERRORISMUS TUN DARF.

Das zu tun, ist in Deutschland…

Rasterfahndungen durchführen

Sicherheit erhöhen

Recht auf Religionsfreiheit abschaffen

Kontrollen verstärken

Telefone abhören

Videokameras an öffentlichen Plätzen aufstellen

Wohnungen ohne Durchsuchungsbefehl durchsuchen

Attentäter hinrichten

Täter vor Gericht stellen

persönliche Daten beliebig weiter geben

Rache üben

DENKE UND DISKUTIERE!1. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 herrschte Endzeitstimmung am Broadway: viele Theater machten dicht, weil die Zuschauer aus Pietät oder aus Angst vor weiteren Angriffen zuhau-se blieben. In Deutschland überlegte man, das Oktoberfest abzusagen. »Bild« veröffentlichte derweil »100 Gründe Amerika (gerade jetzt) zu lieben«. Grund Nr. 68: »Weil Jenifer Lopez so einen tollen Po hat.« Im deutschen Fernsehen wurden eine Reihe von Filmen abgesetzt und eine Woche lang keine Comedy-Sendungen ausgestrahlt.Wie finden Sie das? Diskutieren Sie darüber!Soll man – kann man – darf man nach einem solchen Ereignis »normal« weitermachen oder nicht?

2. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 kursierte folgender Witz:»Bush und Bin Laden spielen Schach. Wer verliert? – Antwort: Bush. Ihm fehlen beide Türme.«Wie finden Sie das?Sind Witze über die Anschläge schlicht makaber, oder darf man sich nach einer solchen Tragödie mit Humor, Sarkasmus oder Zynismus Erleichterung verschaffen?

möglich nicht möglich weiß nicht

14