Diplomarbeit Raffaela Hackl-2
Transcript of Diplomarbeit Raffaela Hackl-2
Diplomarbeit
Resistenzentwicklungen bei Bakterien und therapeutische Strategien
dagegen
Sind unsere Antibiotika überhaupt noch wirksam? Welche Alternativen bzw.
Handlungsmöglichkeiten gibt es bei dem zunehmenden Problem der
Resistenzentwicklung?
eingereicht von
Raffaela Vanessa Hackl
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktorin der gesamten Heilkunde
(Dr. med. univ.)
an der
Medizinischen Universität Graz
ausgeführt am
Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie
unter der Anleitung von
Univ.-Prof.i.R. Mag.pharm. Dr. Eckhard Beubler
Univ.-Prof. Dr.med.univ. Josef Donnerer
Graz, am 14.06.2016
i
Eidesstattliche Erklärung:
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde
Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den
benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich
gemacht habe.
Graz, am 14.06.2016 Raffaela Hackl eh
ii
Vorwort
Die vorliegende Diplomarbeit behandelt im Rahmen einer Literaturrecherche
Resistenzentwicklungen bei Bakterien und therapeutische Strategien dagegen.
Sie entstand im Zeitraum von Dezember 2015 bis Juni 2016 am Institut für Experimentelle
und Klinische Pharmakologie.
Antibiotika werden in unserer Gesellschaft in gewisser Weise als „Allheilmittel“
angesehen, doch werden sie in Zukunft überhaupt noch wirksam sein? Die
Resistenzentwicklungen nehmen aus verschiedenen Gründen, die in dieser Diplomarbeit
ausführlich erläutert werden, stetig zu. Gibt es Handlungsmöglichkeiten, um diese zu
stoppen oder wenigstens zu reduzieren? Sind wir bereit unseren Umgang mit Antibiotika
zu verändern?
Da ich als künftige Medizinerin ständig mit Antibiotika konfrontiert sein werde,
beschäftigen mich diese Fragen enorm.
Durch die zunehmende Medienpräsenz von resistenten Erregern, wie beispielsweise
MRSA, kam mir in den Sinn, mich mit dieser Thematik im Rahmen meiner Diplomarbeit
auseinanderzusetzen.
Ich werde versuchen das Gebiet von Grund auf zu erarbeiten. Beginnend mit der
Bakteriologie werde ich zur Antibiotikatherapie überleiten. Danach werden die
Resistenzentwicklungen mit den wichtigsten resistenten Erregern behandelt. Des Weiteren
werden die geläufigsten Substanzen zur Bekämpfung dieser resistenten Keime aufgeführt.
Abschließend wird sich diese Arbeit mit den Ursachen, Gegenmaßnahmen, Prävention und
Strategien im Umgang mit multiresistenten Erregern beschäftigen.
Ziel meiner Diplomarbeit ist es, den lesenden Personen einen guten Überblick über dieses
weitreichende und höchst aktuelle Themengebiet zu geben.
iii
Danksagungen
An erster Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei meinem Betreuer, Herrn Univ.-Prof.i.R.
Mag.pharm. Dr. Eckhard Beubler bedanken, der mir mit seiner fachlichen Expertise bei der
Erstellung dieser Diplomarbeit immer zur Seite stand, wenn es von Nöten war.
Des Weiteren möchte ich mich auch recht herzlich bei meinem Zweitbetreuer, Herrn
Univ.-Prof. Dr.med.univ. Josef Donnerer bedanken.
Großer Dank gilt selbstverständlich auch meinen Eltern, die mir mein 6-jähriges
Medizinstudium finanzierten und mich stets in meinen Vorhaben unterstützt haben.
Zuletzt möchte ich noch meinen lieben Freunden und Studienkollegen großen Dank
aussprechen, mit denen ich eine tolle Studienzeit in Graz verbringen durfte.
iv
Zusammenfassung
Grundlagen: Resistenzentwicklungen bei Bakterien sind unbestritten auf dem Vormarsch
in unserer oftmals zu sehr medikamentenorientierten Gesellschaft. Die zunehmende
Unwirksamkeit von antibiotischen Substanzen stellt immer häufiger ein schwerwiegendes
Problem im Gesundheitswesen dar. Die antiinfektive Therapie stößt somit teilweise an ihre
Grenzen oder versagt sogar gänzlich.
Momentan werden zur Therapie resistenter Keime die sogenannten Reserveantibiotika
eingesetzt. Hierbei handelt es sich um Substanzen, die bei banalen Infekten nicht
verschrieben werden, um Resistenzbildungen zu vermeiden. Reserveantibiotika sind im
Kampf gegen resistenztragende Bakterien sozusagen unser letztes Ass im Ärmel.
Material und Methoden: Bei der vorliegenden Diplomarbeit handelt es sich um eine
Literaturübersichtsarbeit. Zur Literaturrecherche wurden Fachliteratur, PubMed sowie
Internetquellen herangezogen um einen systematischen Überblick über das weitreichende
Gebiet der Bakteriologie, Antibiotika, Resistenzmechanismen und therapeutische
Strategien gegen Resistenzen zu bekommen.
Ergebnisse: Da vorhandene Resistenzen nicht mehr rückgängig gemacht werden können,
liegt das Hauptaugenmerk auf der Erforschung neuer Substanzen und der Prävention um
neue Resistenzentwicklungen zu verhindern.
Im Vordergrund stehen der zielgerichtete sowie sparsame Verbrauch von Antibiotika in
Human- und Veterinärmedizin, Landwirtschaft und Tiermast und die konsequente
Einhaltung von Hygienemaßnahmen. Die Erforschung neuer Substanzen läuft, jedoch
gestaltet sie sich problematisch, da neue Angriffspunkte bei Bakterien schwierig zu finden
sind und große Pharmaunternehmen die Antibiotikaforschung häufig als unrentabel
ansehen. Durch „Antibiotic stewardship“ soll die Qualität der Antibiotikatherapie
verbessert werden.
Diskussion: Es bleibt zu hoffen, dass die ergriffenen Präventionsmaßnahmen und die
unternommenen Forschungsanstrengungen Früchte tragen werden, um die Behandelbarkeit
bakterieller Infektionen auch für unsere nachfolgenden Generationen gewährleisten zu
können.
Schlüsselwörter: Antibiotic resistance, MRSA, Methicillin-Resistant Staphylococcus
aureus, Staphylococcus aureus, methicillin resistance, antibiotic stewardship, multidrug
resistant bacteria, vancomycin resistance, VRE, antimicrobial resistance
v
Abstract
Background: It is incontestable that the increasing emergence of antibiotic-resistant strains
of bacteria is a major threat worldwide. The fact that pathogenic bacteria are able to require
resistance to multiple antimicrobial agents is a huge public health problem, because there
are fewer, or sometimes no, effective antibiotics to therapy infections, caused by these
“superbugs“. Thus, antiinfective therapy is stretched to its limits.
At the moment we have the so-called “drugs of last resort” to treat such infections. They
are reserve antibiotics that are used after all other pharmaceuticals have failed. As a
salvage therapy they seem to be our last ace in the hole.
Materials and methods: This study is a systematic review of specialized literature
concerning the huge topic of bacteriology, antibiotics, mechanisms of resistance and
strategies to fight them. PubMed, medical books and web pages were used to search for
relevant articles.
Results: To control the global problem of the increasing prevalence of antimicrobial-
resistant bacteria, the focus should be given to prevention to inhibit the development of
new resistances and research to find new therapeutics that are not affected by mechanisms
of resistance.
On the one hand, priority has to be given to the sparingly use of antibiotics in human and
veterinary medicine and agriculture, on the other hand to the strict compliance with
hygiene regulations.
Discussion: It is to be hoped that preventive measures and research will be successful to
ensure the treatment of bacterial infections for our next generations.
Key words: Antibiotic resistance, MRSA, Methicillin-Resistant Staphylococcus aureus,
Staphylococcus aureus, methicillin resistance, antibiotic stewardship, multidrug resistant
bacteria, vancomycin resistance, VRE, antimicrobial resistance
vi
Inhaltsverzeichnis
Vorwort..........................................................................................................................................ii
Danksagungen...........................................................................................................................iii
Zusammenfassung.....................................................................................................................iv
Abstract..........................................................................................................................................v
Inhaltsverzeichnis.....................................................................................................................vi
GlossarundAbkürzungen......................................................................................................ix
Abbildungsverzeichnis............................................................................................................xi
Tabellenverzeichnis...............................................................................................................xii
1 Einleitung...............................................................................................................................11.1 AllgemeineBakteriologie.......................................................................................................1
1.1.1 Genetik....................................................................................................................................................21.1.2 Zytoplasma............................................................................................................................................61.1.3 ZytoplasmatischeMembran...........................................................................................................71.1.4 Zellwand.................................................................................................................................................81.1.5 SystematikderBakterien................................................................................................................9
1.2 GrundlagenderantibiotischenTherapie......................................................................111.2.1 Allgemeines.........................................................................................................................................111.2.2 Wirkungsspektrum..........................................................................................................................131.2.3 LeitsätzederAntibiotikatherapie..............................................................................................131.2.4 EinteilungderSubstanzklassen.................................................................................................151.2.5 Wirkungsmechanismen.................................................................................................................18
2 MaterialundMethoden..................................................................................................19
3 Resistenz..............................................................................................................................203.1 Allgemeines..............................................................................................................................203.2 GeschichtlicheEntwicklung................................................................................................213.3 ArtenderAntibiotikaresistenz.........................................................................................21
3.3.1 PrimäreResistenz(NatürlicheResistenz).............................................................................223.3.2 SekundäreResistenz.......................................................................................................................223.3.3 GenetikderResistenz.....................................................................................................................233.3.4 Kreuzresistenz...................................................................................................................................243.3.5 Parallelresistenz................................................................................................................................25
vii
3.3.6 Multidrug-Resistenz,Extensively-Drug-Resistenz,Pandrug-Resistenz...................253.4 Resistenzmechanismen.......................................................................................................26
3.4.1 Verringerung oder gänzlicher Verlust der Affinität des Antibiotikums zur
Zielstruktur.........................................................................................................................................................263.4.2 DirekteModifikationendesAntibiotikums...........................................................................273.4.3 Behinderung oder gänzliche Unterdrückung des Durchflusses zum Zielort –
VerhinderungderAufnahme......................................................................................................................283.4.4 ZusammenhangzwischenantimikrobiellerResistenzundVirulenz.........................30
3.5 Resistenzbestimmung..........................................................................................................313.5.1 Allgemeines.........................................................................................................................................313.5.2 Methoden.............................................................................................................................................32
3.5.2.1 MHK–Bestimmung..................................................................................................................................323.5.2.2 Agardiffusionstest....................................................................................................................................33
3.5.3 InterpretationvonResistenzprüfungen.................................................................................343.6 BeispieleresistenterBakterien........................................................................................35
3.6.1 Methicillin-resistenterStaphylococcusaureus(MRSA)..................................................353.6.1.1 Allgemeines,Epidemiologie.................................................................................................................353.6.1.2 HA-MRSA......................................................................................................................................................383.6.1.3 CA-MRSA......................................................................................................................................................383.6.1.4 LA-MRSA.......................................................................................................................................................393.6.1.5 Resistenzmechanismus..........................................................................................................................393.6.1.6 Diagnostik....................................................................................................................................................403.6.1.7 Risikofaktoren............................................................................................................................................413.6.1.8 Dekolonisierung,Therapie...................................................................................................................413.6.1.9 PrimäreSubstanzenzurMRSA-Therapie......................................................................................42
3.6.2 Vancomycin-resistenteEnterokokken(VRE)......................................................................433.6.2.1 Allgemeines,Epidemiologie.................................................................................................................433.6.2.2 Resistenzmechanismus..........................................................................................................................443.6.2.3 Therapie.......................................................................................................................................................44
3.6.3 Extended-Spectrum-Beta-Lactamase-bildende Bakterien (ESBL-bildende
Bakterien)............................................................................................................................................................453.6.3.1 Allgemeines,Resistenzmechanismus..............................................................................................453.6.3.2 Epidemiologie............................................................................................................................................453.6.3.3 Therapie.......................................................................................................................................................46
3.7 Wichtige Substanzen zur Bekämpfung von resistenten Erregern:
Reserveantibiotika...........................................................................................................................463.7.1 Vancomycin.........................................................................................................................................483.7.2 Teicoplanin..........................................................................................................................................48
viii
3.7.3 Colistin/Polymyxin..........................................................................................................................483.7.4 Tigecyclin.............................................................................................................................................483.7.5 Fosfomycin..........................................................................................................................................493.7.6 Linezolid...............................................................................................................................................493.7.7 Clindamycin........................................................................................................................................493.7.8 Daptomycin.........................................................................................................................................503.7.9 Tobramycin.........................................................................................................................................503.7.10 Imipenem/Cilastatin....................................................................................................................503.7.11 Meropenem.......................................................................................................................................513.7.12 Ciprofloxacin....................................................................................................................................513.7.13 Rifampicin.........................................................................................................................................51
3.8 Ursachen,Prävention,Strategien.....................................................................................513.8.1 Ursachen...............................................................................................................................................513.8.2 Prävention,StrategiengegenResistenzentwicklungen...................................................53
3.8.2.1 HygienemaßnahmenamBeispielvonMRSA...............................................................................543.8.2.2 Problembewusstsein...............................................................................................................................543.8.2.3 Aktionsplan, Schlüsselmaßnahmen zur erfolgreichen Bekämpfung der
Antibiotikaresistenz....................................................................................................................................................553.8.2.4 Antibioticstewardship...........................................................................................................................573.8.2.5 AlternativenzuAntibiotika..................................................................................................................583.8.2.6 NeuentwicklungvonAntibiotika.......................................................................................................59
4 Diskussion...........................................................................................................................61
5 Literaturverzeichnis........................................................................................................63
ix
Glossar und Abkürzungen
A.baumannii....................................................................................Acinetobacter baumannii
CA-MRSA................................. Community-acquired bzw. Community-associated-MRSA
CLSI....................................................................Clinical and Laboratory Standards Institute
DHFS..............................................................................................................Dihydrofolsäure
ECDC...................................................European Centre for Disease Prevention and Control
E.coli...............................................................................................................Escherichia coli
EMA...........................................................................................European Medicines Agency
EUCAST................................European Commitee for Antimicrobial Susceptibility Testing
FDA........................................................................................Food and Drug-Administration
GAS................................................................................................ Gruppe-A-Streptokokken
GBS................................................................................ β-hämolysierende-B-Streptokokken
GDS................................................................................................ Gruppe-D-Streptokokken
HCA............................................................................. Hospital associated community onset
HA-MRSA..................................... Healthcare-acquired bzw. Healthcare-associated-MRSA
ICD-10....................................................International Classification of Diseases,Version 10
IL-1......................................................................................................................Interleukin-1
IMP .....................................................................................................................Imipenemase
kbp.................................................................................................................Kilo-Basenpaare
K.pneumoniae..................................................................................... Klebsiella pneumoniae
KPC .......................................................................................K.pneumoniae Carbapenemase
LA-MRSA................................................................................. Lifestock-associated-MRSA
LPS.............................................................................................................Lipopolysaccharid
MBK...............................................................................minimale bakterizide Konzentration
MHK..................................................................................... ...minimale Hemmkonzentration
MRE....................................................................................................Multiresistente Erreger
MRSA..............................................................Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus
NCCLS............................................. National Committee for Clinical Laboratory Standards
NMD...............................................................................Neu-Delhi Metallo-Beta-Laktamase
OXA.................................................................................................................... Oxacillinase
PABS..................................................................................................... p-Aminobenzoesäure
P.aeruginosa.....................................................................................Pseudomonas aeruginosa
PBP...............................................................................................Penicillinbindendes Protein
x
R-Plasmid....................................................................................................Resistenz-Plasmid
S................................................................................................................Svedberg-Einheiten
S.aureus................................................................................................Staphylococcus aureus
S.pyogenes.........................................................................................Streptococcus pyogenes
spp................................................................................................................................Spezies
THFS..........................................................................................................Tetrahydrofolsäure
TNF- α.................................................................................................Tumornekrosefaktor- α
VIM...............................................................Verona integron encoded metallo β-Laktamase
VRE..............................................................................Vancomycin-resistente Enterokokken
xi
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1a: Aufbau einer Bakterienzelle 2
Abbildung 1b: Elektronenmikroskopische Aufnahme eines grampositiven
Stäbchenbakteriums (Listeria monocytogenes), das sich gerade teilt 2
Abbildung 2: Aufbau bakterieller Zellwände und der darunter liegenden
Zytoplasmamembran 8
Abbildung 3: Übersicht über die humanmedizinisch bedeutsamsten Bakterien
10, 11
Abbildung 4: Angriffspunkte der Antibiotika bei Bakterien 18
Abbildung 5: Resistenzmechanismen 29
Abbildung 6: Agardiffusionstest zur Resistenzbestimmung 33
Abbildung 7: MRSA (rasterelektronenmikroskopische Aufnahme) 35
Abbildung 8: MRSA Nord-Süd-Gefälle 37
Abbildung 9: Vancomycin-resistente Enterokokken 43
Abbildung 10: Einfluss von Antibiotika auf die Umwelt 53
xii
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Unterschiede zwischen der Organisation des menschlichen (eukaryontischen)
und des bakteriellen (prokaryontischen) Genoms 4
Tabelle 2: Betalaktamantibiotika 15,16
Tabelle 3: Weitere Antibiotikagruppen 16,17
1
1 Einleitung
1.1 Allgemeine Bakteriologie
Bakterien sind Mikroorganismen und haben einen zellulären (einzelligen) Aufbau.
Bakterienzellen sind jedoch verglichen mit Zellen höherer Lebewesen einfacher
strukturiert.
Bakterien gehören zur Gruppe der sogenannten Prokaryonten. Prokaryonten (griechisch:
Vorkernige) und Eukaryonten (griechisch: Echtkernige) unterscheiden sich jedoch
keineswegs nur durch das Fehlen oder Vorhandensein eines Zellkerns. Es ist nur eines von
vielen Merkmalen, welches diese beiden Gruppen unterscheidet.
Beispielsweise besitzen Bakterien im Vergleich zu eukaryonten Zellen keine
Kernmembran. Des Weiteren sind bei Bakterien Nukleolus, endoplasmatisches Retikulum,
Mitochondrien, Lysosomen, Golgi-Apparat, Chloroplasten und Mikrotubuli nicht
vorhanden.
Im Gegenzug besitzen Bakterien jedoch eine komplexe Zellhülle über die Eukaryonten
nicht verfügen.
Die Größe der meisten Bakterien liegt zwischen 0,2 und 2 µm (bezogen auf den kleineren
Durchmesser). (1,2,3)
Typische Eukaryonten, zu welchen Protisten, Pilze, Pflanzen und Tiere sowie der Mensch
gehören, haben Größen von 10-100 µm, allerdings mit erheblichen Abweichungen. (4)
2
Abbildung 1a: Aufbau einer Bakterienzelle (nach Kayser FH et al.: Medizinische
Mikrobiologie. Thieme; 2010) (1)
Anmerkung: Hierbei handelt es sich um eine schematische Darstellung. Nicht immer sind
alle hier aufgeführten Merkmale bei einem Bakterium vorhanden.
Abbildung 1b: Elektronenmikroskopische Aufnahme eines grampositiven
Stäbchenbakteriums (Listeria monocytogenes), das sich gerade teilt. (1)
1.1.1 Genetik
Bei Bakterien ist die gesamte genetische Information auf einem einzigen, ringförmigen
Chromosom (Nukleotid) in Form doppelsträngiger DNA gespeichert.
Es gibt wenige Ausnahmen: Ein lineares Chromosom liegt beispielsweise bei Helicobacter
pylori, Borrelia burgdorferi und einigen anderen Bakterien vor. Neisserien können einen
doppelten Chromosomensatz haben.
Bei ringförmigen Chromosomen sind keine Telomere zur Replikation notwendig. (1)
3
Die DNA-Kette ist relativ kurz. Sie ist nur ca. 1 mm lang und beinhaltet etwa 5x106
Basenpaare mit etwa 5000 Genen.
Das menschliche Genom ist im Vergleich dazu etwa 2 m lang und enthält 3x109
Basenpaare mit etwa 25 000 Genen.
Beim großen menschlichen Genom liegen einige Gene mehrfach vor. Man spricht von der
sogenannten Redundanz. Bakterielle Gene sind üblicherweise singulär, wobei es auch hier
ein paar Ausnahmen gibt.
Bei Ausfall eines singulären Gens ist keine Kompensation möglich, wobei
Punktmutationen bis zu einem gewissen Grad ausgebessert werden können.
Bakterien haben keinen richtigen Zellkern. Stattdessen verfügen sie über ein sogenanntes
Kernäquivalent. Die bakterielle DNA liegt hierbei ohne Kernmembran und ohne Schutz
von Histonen frei im Zytoplasma. (1)
Da die DNA in gestreckter Form viel zu lang für eine Bakterienzelle wäre, muss sie
kompakt verknäuelt werden. Dies geschieht mit Hilfe der enzymatischen Aktivität der
sogenannten Gyrasen. Bei Eukaryonten wird dieser Schritt von der Topoisomerase II
übernommen.
Dieses Enzym unterscheidet sich jedoch so stark von den bakteriellen Gyrasen, sodass
diese selektiv gehemmt werden können. Dies bildet die Grundlage von Gyrasehemmern
als Antiinfektiva. (1)
Auf der Bakterien-DNA sind ausschließlich Exons und keine Introns vorhanden. Das
Genom ist zum größten Teil in sogenannte Operons gegliedert, welche Regulator- und
Strukturgene beinhalten. (1)
4
Mensch Bakterien
Anzahl an Basenpaaren ca. 3x109 ca. 5x106
Anzahl an Genen ca. 25 000 ca. 5 000
Chromosomensatz diploid haploid
Anzahl an Chromosomen 46 (meist nur) 1
Telomere ja nein
Kopienzahl der Gene doppelt (meist nur) einfach
Struktur linear (meist) zirkulär, auch linear
möglich
Introns sehr viele keine
Histone ja nein
Plasmide nein Häufig, teilweise auch
verschiedene
Zellkernmembran ja nein
Aufbau der Ribosomen 80S-Ribosomen (60S- und
40S-Untereinheiten)
70S-Ribosomen (50S-und
30S-Untereinheiten)
Mitochondrien viele keine
Zytoplasmatische Membran Cholesterin Kein Cholesterin
Starre Zellwand nein Ja, Peptidoglykansacculus
Tabelle 1: Unterschiede zwischen der Organisation des menschlichen (eukaryontischen)
und des bakteriellen (prokaryontischen) Genoms (1)
Zusätzlich zu den originären Genen können Bakterien über fremde Gensequenzen bzw.
ganze Gene oder Gen-Cluster verfügen. (1)
Transposon: Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes „springendes“ Gen.
Im Erbmaterial vieler Bakterien gibt es Segmente, die ihren Platz ändern können. Sie sind
in der Lage sich in Nukleotidsequenzen einzuschieben. Es handelt sich hierbei um
sogenannte Insertionssequenzen.
Nach Annäherung zweier Bakterien und deren Konjugation (Zell-zu-Zell-Kontakt) wird
das Transposon von einer Donor-Zelle auf eine Rezeptor-Zelle übertragen. (1,2)
5
Auf derartigen Genabschnitten können beispielsweise Antibiotikaresistenzen codiert sein.
Durch die gleichzeitige Anwendung mehrerer Antibiotika können sich Transposons, die
Gene für Antibiotikaresistenzen tragen, in einer DNA ansammeln.
Aus diesem Grund verfügen Resistenztransferfaktoren meist über mehrere Resistenzgene.
(1,2)
Bakteriophagen: Als Bakteriophagen werden die Viren der Bakterien bezeichnet. Wie
alle Viren sind sie lediglich genetische Information (in Form von DNA oder RNA), die
von einer Proteinhülle umgeben sind. Sie können sich nicht selbstständig replizieren. Für
ihre Vermehrung sind sie auf den DNA- und Proteinsyntheseapparat einer Bakterienzelle
angewiesen.
Nach Anheftung an das Bakterium und dessen Penetration wird die Phagen-DNA in die
Zelle eingeschleust und kann sich unter Umständen sogar in das Bakteriengenom
integrieren. Diesen Vorgang bezeichnet man als Transduktion.
Neben den eigentlichen viralen Gensequenzen können am Genom von Bakteriophagen
auch zusätzliche Gene lokalisiert sein, welche häufig Informationen für Toxine tragen. Als
Beispiele möchte ich hier das Diphterietoxin von Corynebakterium diphteriae, das
Scharlachtoxin von Streptococcus pyogenes, das Botulinumtoxin von Clostridium
botulinum und das Pantoin-Valentin-Toxin von Staphylococcus aureus erwähnen. Die
Pathogenität des Trägerstammes kann durch diesen Vorgang beeinflusst werden. (1,2)
Transformation: Hierbei handelt es sich um die Aufnahme von freier DNA durch
Bakterien. Dabei wird gereinigte DNA durch physikalische oder chemische Prozesse durch
die Zellwand in die Bakterienzelle übertragen. Die Transformation ist neben der
Konjugation und der Transduktion eine weitere Möglichkeit für Bakterien DNA
untereinander auszutauschen. Sie wurde zum ersten Mal 1928 vom britischen Mediziner
und Bakteriologen Frederick Griffith beobachtet und 1944 vom kanadischen Mediziner
Oswald Theodore Avery wissenschaftlich untersucht und belegt. (1,5)
Plasmide: Die Mehrzahl der Bakterien enthält zusätzlich zur chromosomalen DNA auch
noch zirkuläre, doppelsträngige, extrachromosomale Erbmaterialien, sogenannte Plasmide.
(1,2)
Die Größe und Anzahl der Plasmide pro Bakterium ist sehr variabel. Die kleinsten
bekannten Plasmide umfassen nur etwa 800 Basenpaare, die größten sogar bis zu 300kbp.
6
Hierbei zu erwähnen ist, dass große Plasmide häufig nur in einer bis zu wenigen Kopien
pro Bakterienzelle vorliegen. Kleine Plasmide können im Gegensatz dazu in bis zu 100, in
wenigen Ausnahmefällen, bis zu 1000 Kopien vorhanden sein.
Häufig tragen Plasmide gewisse Gene, die Bakterien in einer feindlichen Umgebung einen
Selektionsvorteil gegenüber plasmidfreien Bakterien verleihen. (2)
Plasmidgene können kodieren:
Resistenz gegen Antibiotika
Resistenz gegen Schwermetalle
Fähigkeit zur Produktion von Toxinen
Fähigkeit auf ungewöhnlichen chemischen Verbindungen zu wachsen und diese in weiterer
Folge abzubauen
Virulenzeigenschaften um in Wirten bzw. in einer bestimmten Umgebung besser zu
überleben (2)
Wenn eine Bakterienart zu Beginn einer antibiotischen Therapie eine plasmidcodierte
Resistenz gegenüber diesem Antibiotikum besitzt, können durch den Vorgang der
Konjugation auch andere Bakterienarten, die sich im selben Wirt befinden, resistent
werden. (1)
Gene können durch horizontalen Gentransfer harmlosen Bakterien Virulenz verleihen und
sie in tödliche Krankheitserreger verwandeln, beispielsweise E. coli. (4)
Aufgrund von Mutationen müssen einzelne Stämme einer Bakterienart untereinander
bezüglich ihres Erbmaterials nicht völlig identisch sein. (1)
1.1.2 Zytoplasma
Das Zytoplasma einer Bakterienzelle enthält viele in Wasser gelöste Stoffe, RNA und etwa
20 000 Ribosomen. Mitochondrien und Chloroplasten sind jedoch nicht vorhanden. (1,2)
Die Enzyme der biologischen Oxidation sind bei Bakterienzellen Bestandteil der
Zytoplasmamembran. (2)
7
Die prokaryontischen Ribosomen unterscheiden sich von eukaryontischen Ribosomen
deutlich in ihrem Proteinaufbau. Bakterielle Ribosomen sind kleiner (70S) als Ribosomen
menschlicher Zellen (80S).
Dies hat man sich bei der Wirkungsweise einiger Antibiotika zu Nutze gemacht. Die
selektive Wirkung von beispielsweise Makroliden, Clindamycin, Chloramphenicol,
Tetrazyklinen oder Aminoglykosiden beruht darauf, dass sie die Funktion bestimmter
ribosomaler Proteine der Bakterienzelle hemmen, ohne jedoch die Proteinsynthese des
Wirtes zu stören. (1)
1.1.3 Zytoplasmatische Membran
Eine Phospholipiddoppelschicht bildet die Struktur der Zytoplasmamembran von
Bakterienzellen. Zahlreiche Membranproteine sind in diese Doppelschicht eingelagert. Sie
können die Membran entweder durchqueren (Transportproteine), oder ihr aufgelagert sein.
Wie bereits erwähnt ist die zytoplasmatische Membran für die Energieproduktion von
Bakterien verantwortlich, da sie keine Mitochondrien besitzen. (1,2)
Auch andere Enzymsysteme sind mit der Zytoplasmamembran assoziiert, beispielsweise
Enzyme für die Synthese der für Bakterien wichtigen Zellwand.
Bedeutende Enzyme für die Synthese der Zellwand sind die sogenannten Transpeptidasen.
Sie nehmen Vorstufen auf und befördern sie während des Wachstums und der Vermehrung
an den Ort der Neusynthese der Zellwand.
Diese Transpeptidasen werden auch als Penicillinbindende Proteine (PBP) bezeichnet, da
sie eine sehr hohe Affinität für β-Laktam-Antibiotika aufweisen.
Für die antibakterielle Wirkung der β-Laktam-Antibiotika müssen sie in der Lage sein,
stabile, kovalente Komplexe mit den PBP zu bilden. Dadurch kommt es zu einer
dauerhaften Blockierung der PBP und somit zu einer Hemmung der Transpeptidierung
sowie zu Fehlern in der Zellwandbiosynthese und –morphogenese. Aufgrund dieser Fehler
kommt es zum penicillinbedingten Tod der Bakterien. (1,2)
Die Resistenz gegenüber β-Laktam-Antibiotika kann also neben der Bildung von
sogenannten β-Laktamasen auch dadurch zustande kommen, dass Bakterien veränderte
PBP mit geringerer Affinität gegenüber β-Laktam-Antibiotika bilden. (2)
8
Durch diesen Mechanismus können beispielsweise MRSA und penicillinresistente
Pneumokokken eine β-Laktam-Resistenz entwickeln. (2)
1.1.4 Zellwand
Fast alle Bakterien schützen ihre Zelle durch eine Zellwand. Sie schließt sich der
Zytoplasmamembran außen an. (1,2)
Bakterien können nach ihrer Gram-Färbung (benannt nach Hans Christian Gram, dänischer
Pharmakologe) in grampositive und gramnegative klassifiziert werden. Die Gram-Färbung
dient zur Darstellung von Bakterien unter dem Lichtmikroskop, wobei grampositive
Bakterien violett, gramnegative rot gefärbt sind.
Das Verhalten bei der Gram-Färbung stellt ein wichtiges taxonomisches Merkmal dar. (6)
Grampositive Bakterien besitzen eine dicke Hülle aus Peptidoglykan (Murein),
gramnegative Bakterien hingegen verfügen lediglich über eine dünne Mureinschicht, der
sich jedoch die äußere Membran anschließt. (1,2)
Abbildung 2: Aufbau bakterieller Zellwände und der darunter liegenden
Zytoplasmamembran (PBP: Penicillinbindendes Protein; LPS: Lipopolysaccharid) (2)
Grampositive Bakterien: Das Murein kann bis zu 40 Schichten dick sein und 30-70 %
des Trockengewichts des Bakteriums ausmachen. Sie verfügen im Gegensatz zu
gramnegativen Bakterien über keine zusätzliche äußere Membran.
9
Lipoteichonsäure ist ein funktionell bedeutsamer Bestandteil der Zellwand. Sie spielt
sowohl bei der Adhärenz von Bakterienzellen, als auch bei der Komplementaktivierung
zur Induktion einer Entzündungsreaktion eine bedeutende Rolle. (1,2)
Gramnegative Bakterien: Die Zellwand gramnegativer Bakterien zeigt einen
mehrschichtigen Aufbau. Sie besteht aus einer dünnen Mureinschicht und einer äußeren
Membran, welche der Mureinschicht aufgelagert ist.
In der äußeren Membran sind Lipopolysaccharide verankert, welche auch als Endotoxine
bezeichnet werden. Sie werden erst frei, wenn die Bakterienzelle zerfällt. Im Wirt wirkt es
stark toxisch, in erster Linie durch seinen Lipid A-Anteil.
Endotoxine wirken extrem proinflammatorisch. In Makrophagen wird die Produktion von
IL-1 und TNF-α angeregt. Sie sind endogene Pyrogene und für den Fieberanstieg
verantwortlich.
Des Weiteren befinden sich sogenannte Porine in der äußeren Membran gramnegativer
Bakterien. Sie sind bedeutsam für die selektive Permeabilität. (1,2)
Weitere Zellwandbestandteile: Bakterien können Kapseln, Geißeln, Pili, Fimbrien und
Sekretionssysteme besitzen. Außerdem sind manche Bakteriengattungen in der Lage
Sporen zu bilden. (2)
1.1.5 Systematik der Bakterien
Bakterien können in Familien, Gattungen, Spezies und Varietäten eingeteilt werden.
Bakterienspezies stimmen in möglichst vielen stabilen morphologischen, kulturellen,
biochemischen und genetischen Eigenschaften überein. Varietäten einer Spezies können je
nach untersuchter Eigenschaft als Biovare (biologische Gemeinsamkeiten), Pathovare
(pathogenetische Gemeinsamkeiten), Serovare (serologische Gemeinsamkeiten) etc.
bezeichnet werden. (7)
Beispiel:
Familie: Enterobacteriaceae
Gattung: Escherichia
Art (Spezies): E. coli
Varietät: z.B.: Pathovar: EHEC (7)
10
Die in der folgenden Abbildung aufgelisteten Bakterien wurden nach deren Morphologie,
Gramverhalten sowie der Art ihres Stoffwechsels eingeteilt. (7)
11
Abbildung 3: Übersicht über die humanmedizinisch bedeutsamsten Bakterien (spp.:
Spezies, GAS: Gruppe-A-Streptokokken, GBS: β-hämolysierende-B-Streptokokken, GDS:
Gruppe-D-Streptokokken) (7)
1.2 Grundlagen der antibiotischen Therapie
1.2.1 Allgemeines
Der Begriff „antimikrobielle Chemotherapie“ beschreibt die Bekämpfung
vermehrungsfähiger, krankheitserregender Mikroorganismen mit selektiv angreifenden
Arzneimitteln.
Chemotherapeutika sind im engeren Sinne antimikrobielle Substanzen, die chemisch-
synthetisch hergestellt werden.
Antibiotika sind laut ihrer ursprünglichen Definition biosynthetisch gewonnene
Naturstoffe, die eine antibakterielle Wirksamkeit besitzen.
Die meisten Antibiotika, die heute auf dem Markt sind, leiten sich von Pilzen und
Bakterien ab, jedoch können mittlerweile einige Antibiotika auch völlig chemisch
synthetisiert werden.
12
Penicillin G ist das bekannteste natürliche Antibiotikum. 1928 entdeckte Alexander
Fleming, dass Substanzen, die von bestimmten Schimmelpilz-Arten (beispielsweise
Penicillium spp.) produziert werden, antibakterielle Wirkung zeigten. Penicillin G konnte
jedoch erst viele Jahre später in ausreichender Menge gewonnen werden um es als
Medikament einzusetzen. (8,9)
Antibakterielle Substanzen haben die Aufgabe Bakterien abzutöten (Bakterizide) bzw. in
ihrem Wachstum zu hemmen (Bakteriostatika). Der Wirt soll dabei so weit wie möglich
unversehrt bleiben. (9,10)
Antibiotika zählen weltweit zu den häufigsten verschriebenen Medikamenten. In
Österreich bilden sie mit einem Marktanteil von 13% den größten Einzelbereich im
Arzneimittelverbrauch.
In den letzten Jahrzehnten wurden zahlreiche antimikrobielle Stoffe entwickelt. Sie werden
in der Human- und Veterinärmedizin, aber auch in der Produktion tierischer Lebensmittel
genutzt.
Deren Verwendung hat in hohem Maße zur Verbesserung der Gesundheit und somit zu
einer signifikanten Erhöhung der Lebenserwartung beigetragen. Aufgrund einer exzessiven
und unkritischen Verwendung, konnten mit der Zeit jedoch gewisse Mikroorganismen
Resistenzen gegen Antibiotika entwickeln. (9)
Zu Beginn ist es wichtig das Verhältnis zwischen Makroorganismus (Wirt) und
Mikroorganismus zu verstehen.
Wenn Bakterien Haut oder Schleimhäute besiedeln, hat dies für den Wirt keine
gesundheitlichen Konsequenzen, solange ein Gleichgewicht besteht. Wird dieses
Gleichgewicht jedoch gestört, sei es durch zunehmende Virulenz der Erreger,
Translokation in ein anderes Kompartiment oder durch eine geschwächte Immunabwehr
des Wirts, können fakultativ pathogene Keime eine Infektionskrankheit im
Wirtsorganismus auslösen. (10)
13
1.2.2 Wirkungsspektrum
Antibiotika können verschiedene Wirkungsspektren haben. Unterschieden werden hierbei
Antibiotika mit schmalem, mittlerem, breitem und sehr breitem Wirkungsspektrum.
Penicillin G wäre beispielsweise ein Schmalspektrum-Antibiotikum. Es eignet sich zur
gezielten antiinfektiösen Therapie mit bekanntem Erreger.
Zur ungezielten Therapie von Infektionen mit einem großen Spektrum an Erregern oder bei
Mischinfektionen eignen sich Antibiotika mit breitem oder sehr breitem
Wirkungsspektrum.
Antibiotika mit mittlerem Wirkungsspektrum wie z.B. Amoxicillin können aufgrund von
Wirkungslücken zur Selektion resistenter Keime führen. (11)
1.2.3 Leitsätze der Antibiotikatherapie
Grundsätzlich sollten Antibiotika so oft wie notwendig und so selten wie möglich zur
Anwendung kommen. Sie wirken nämlich nicht nur gegen pathogene Erreger, sondern
auch gegen die natürliche Bakterienflora unserer Haut und Schleimhäute. (12)
Antibiotika bedürfen einer strengen Indikationsstellung.
Die Anwendung von Antibiotika ist bei banalen Infekten zu vermeiden, weil dadurch die
Selektion resistenter Mikroorganismen im Körper und in der Umgebung der Patientin/des
Patienten vermindert werden kann.
Eine sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung ist unverzichtbar, da auch unerwünschte
Wirkungen bzw. diverse Interaktionen mit anderen Arzneimitteln auftreten können.
Des Weiteren ist eine gezielte Therapie mit Substanzen, die ein möglichst schmales
Spektrum haben (Auswahl des Antibiotikums nach vorliegendem Antibiogramm)
effektiver und ungefährlicher als eine Behandlung mit einem Breitspektrum-Antibiotikum.
Es ist darauf zu achten, dass eine ausreichend hohe Dosis verabreicht wird. Bei
eingeschränkter Nierenfunktion muss einen Dosisanpassung erfolgen.
Minimale Hemmkonzentration (MHK): niedrigste Antibiotikumkonzentration, ab der eine
bakteriostatische Hemmung des Inokulums eintritt. (unter standardisierten In-vitro-
Bedingungen) (8,13)
14
Minimale bakterizide Konzentration (MBK): niedrigste Antibiotikumkonzentration, ab der
die Bakterizidie von mindestens 99,9% der inokulierten Bakterien einsetzt. (unter
standardisierten In-vitro-Bedingungen)
Therapiedauer: bis 3-5 Tage nach Entfieberung; Therapiedauer ≥ 7-10 Tage nur begründet.
Antibiotika nicht zu häufig umstellen. Auch die beste Antibiotikakombination erzielt erst
nach 2-3 Tagen eine Entfieberung.
Bei Gabe von Antibiotika mit geringer therapeutischer Breite (z.B. Vancomycin,
Aminoglykoside) sollten Spiegelbestimmungen erfolgen.
Vor Gabe eines Antibiotikums müssen Kontraindikationen (z.B. Allergien) ausgeschlossen
werden.
Meist können Lokalantibiotika durch Antiseptika ersetzt werden (z.B. Betaisodona)
Wenn sich herausstellt, dass die Antibiotikatherapie unnötig ist, sofort absetzen, denn je
länger Antibiotika gegeben werden, umso größer ist die Gefahr von Nebenwirkungen,
Toxizität und Selektion der resistenten Keime. (8,13)
Häufige Fehler bzw. Gründe für Therapieversagen:
Verwendung eines Breitspektrum-Antibiotikums, obwohl ein Schmalspektrum-
Antibiotikum ausreichend wäre
Falsche Dosierungen (zu niedrig)
Zu schneller Wechsel des Therapieregimes
Ungeeignete Applikation: mangelnde enterale Absorption
Intravenöse Therapie, wenn eine orale Therapie gleich effektiv wäre
Schlechte Penetration zum Infektionsort
Keine Umstellung des Antibiotikums, wenn ein Antibiogramm verfügbar ist
Einleiten einer Kombinationstherapie, obwohl ein Antibiotikum ausreichend wäre
Antagonismus von Antibiotikakombinationen
Fehlerhafte Resistenz- bzw. MHK-Bestimmung
Fehlende Kenntnis der aktuellen Resistenzsituation (Gabe des falschen Antibiotikums)
Induzierbare Resistenzmechanismen (13,14)
15
1.2.4 Einteilung der Substanzklassen
Antibiotika können nach ihrer chemischen Struktur in Substanzklassen eingeteilt werden.
Eine weitere Möglichkeit der Unterteilung bietet die Produktionsart. Sie können in
biosynthetische (Bakterien und Pilze), halbsynthetische (Substitution des
Betalaktamringes) oder vollsynthetische (Chemotherapeutika) Antibiotika unterteilt
werden.
Des Weiteren wird zwischen bakteriostatisch (Hemmung des Bakterienwachstums) und
bakterizid (irreversible Abtötung des Bakteriums) unterschieden.
Antibiotika können aufgrund ihrer Pharmakokinetik und Pharmakodynamik in zwei große
Gruppen unterteilt werden, nämlich konzentrationsabhängige und zeitabhängige
Antibiotika.
Der Pharmakokinetik wird wesentlich vom Applikationsmodus beeinflusst.
Lokale/topische Antibiotika sind bis auf wenige Ausnahmen obsolet, da sie zu einer
Sensibilisierung von Patienten, zu Wundheilungsstörungen sowie zur vorzeitigen
Resistenzentwicklung führen können. (15)
Substanzklassen:
Betalaktamantibiotika:
Gruppe Untergruppe Wichtige Substanzen
Penicilline Benzylpenicillin Penicillin G
Phenoxymethylpenicillin Penicillin V
Aminopenicilline Amoxicillin
Ampicillin
Penicilline mit
β-Laktamase-Hemmer
kombiniert
Amoxicillin/Clavulansäure
Piperacillin/Tazobactam
Ampicillin/Sulbactam
Isoxazolylpenicilline Flucloxacillin
Amidinopenicillin Pivmecillinam
Cephalosporine 1. Generation Cefazolin
2. Generation Cefamandol
Cefuroxim
16
3.Generation Cefotaxim
Ceftazidim
Ceftriaxon
4.Generation Cefepim
Oralcephalosporine
1.Generation
Cefalexin
Oralcephalosporine
2.Generation
Cefuroxim/Axetil
Oralcephalosporine
3.Generation
Cefixim
Carbapeneme Imipenem/Cilastatin
Meropenem
Monobactame Aztreonam
Tabelle 2: Betalaktamantibiotika (16)
Weitere Antibiotikagruppen:
Gruppe Untergruppe Wichtige Substanzen
MLS-Gruppe Makrolide Azithromycin
Clarithromycin
Erythromycin
Lincosamide Clindamycin
Streptogramine Quinupristin/Dalfopristin
Aminoglykoside Gentamicin
Amikacin
Streptomycin
Tetracyclin-Gruppe Tetracycline, Glycylcycline Doxycyclin
Minocyclin
Tetracyclin
Tigecyclin
Gyrasehemmer
(Chinolone)
Neuere Gyrasehemmer
Gruppe 1
Norfloxacin
17
Neuere Gyrasehemmer
Gruppe 2
Ofloxacin
Neuere Gyrasehemmer
Gruppe 3
Levofloxacin
Neuere Gyrasehemmer
Gruppe 4
Moxifloxacin
Oxazolidinone Linezolid
Nitroimidazole Metronidazol
Lokalantibiotika Bacitracin
Tyrothricin
Andere Antibiotika Chloramphenicol-Gruppe Chloramphenicol
Polymyxine Colistin
Sulfonamid-Kombinationen Trimethoprim/Sulfamethoxazol
Epoxyd-Antibiotika Fosfomycin
Fusidinsäure Fusidinsäure
Rifamycine Rifaximin
Trimethoprim Trimethoprim
Fidaxomicine Fidaxomicin
Glykopeptid-Antibiotika Vancomycin
Teicoplanin
Lipopeptid-Antibiotika Daptomycin
Ethambutol
Tuberkulostatika Isoniazid (INH)
Pyrazinamid
Tabelle 3: Weitere Antibiotikagruppen (16)
18
1.2.5 Wirkungsmechanismen
Antibiotika besitzen in Bakterien spezifische Angriffsorte, an denen sie mit den
Mikroorganismen in Wechselwirkung treten. (8)
Zellwandsynthese: β-Laktam-Antibiotika, Glykopeptide, Fosfomycin
Zytoplasmamembran: Colistin, Polymyxin B, Daptomycin
DNA-Replikation: Chinolone, Nitrofurane, Nitroimidazole
RNA-Synthese: Rifampicin
Ribosomale Proteinsynthese:
inhibierend: Chloramphenicol, Streptogramine, Makrolide, Azalide, Ketolide,
Tetracycline, Glycylcycline, Lincomycine, Oxazolidinone
fehlsteuernd: Aminoglykoside
Folsäuremetabolismus: Sulfonamide, Trimethoprim (8)
Abbildung 4: Angriffspunkte der Antibiotika bei Bakterien (PABS: p-Aminobenzoesäure,
DHFS: Dihydrofolsäure, THFS: Tetrahydrofolsäure (8)
19
2 Material und Methoden
Bei meiner Diplomarbeit handelt es sich um eine Literaturübersichtsarbeit.
Zur Literaturrecherche wurden Fachliteratur, PubMed sowie Internetquellen herangezogen
um einen systematischen Überblick über das weitreichende Gebiet der Bakteriologie,
Antibiotika, Resistenzmechanismen und therapeutische Strategien gegen Resistenzen zu
bekommen.
In der medizinischen Datenbank PubMed wurden zur Literatursuche nur Studien
ausgewählt, die über die Medizinische Universität Graz frei zugänglich waren.
In PubMed wurde nach folgenden Schlüsselwörtern/Keywords gesucht:
Antibiotic resistance, MRSA, Methicillin-Resistant Staphylococcus aureus,
Staphylococcus aureus, methicillin resistance, antibiotic stewardship, multidrug resistant
bacteria, vancomycin resistance, VRE, antimicrobial resistance
20
3 Resistenz
3.1 Allgemeines
In den vergangenen Jahren sind multiresistente Erreger (MRE) nicht nur zu einem rein
medizinischen Problem geworden, sondern auch zu einem großen gesellschaftlichen
Thema avanciert. Sie stellen ein zunehmendes therapeutisches und sozioökonomisches
Problem im Gesundheitswesen dar. (17)
Antibiotika sind unsere wichtigste Waffe zur Behandlung bakterieller Infektionen. Sie
werden jedoch häufig routinemäßig verschrieben, teilweise sogar dann, wenn keine
Indikation dafür vorliegt.
Immer öfter kommen Antibiotika auch in der Viehzucht und in der Aquakultur zum
Einsatz. Sie werden hier zur Therapie, zur Krankheitsprävention und vor allem zur
Wachstumsförderung der Tiere verwendet. Dies führt zu einem Selektionsdruck sowohl
der kommensalen, als auch der pathogenen Mikroorganismen, welche durch direkten
Kontakt, über die Nahrungskette oder indirekt über Umweltverschmutzung durch
Abwässer auf den Menschen übertragen werden können. Durch den wahllosen Einsatz
dieser wichtigen Medikamentengruppe sind im Laufe der Zeit durch Mutationen oder
Akquisition mobiler genetischer Elemente, die Resistenzgene tragen, Resistenzen
entstanden, weshalb ihre Wirksamkeit stark gefährdet ist. (18,19)
Die Zahl von Infektionen mit resistenten Bakterien steigt. Sie sind sehr schwer zu
behandeln, manchmal sogar unheilbar. Nach Schätzungen der WHO sterben jedes Jahr
allein in der Europäischen Union etwa 25 000 Menschen an schweren Infektionen mit
resistenten Keimen, die in einer Gesundheitseinrichtung erworben wurden (nosokomiale
Infektionen). Die Erforschung neuer, wirksamerer Antibiotika ist jedoch sehr kostspielig
und zeitaufwändig. Des Weiteren entwickeln sich häufig Resistenzen bereits kurze Zeit
nach der Markteinführung eines neuen Antibiotikums. (18)
21
3.2 Geschichtliche Entwicklung
Die therapeutische Ära der Antibiotika begann mit der Entdeckung des Penicillins durch
Alexander Fleming und seiner Erstbeschreibung 1929. Die moderne Medizin wurde
dadurch entscheidend geprägt und verändert. Parallel dazu begann aber auch die
Geschichte der Resistenzentwicklung von Erregern. Ursächlich dafür sind ihre genetische
Variabilität, multiple Modi des Genaustausches, intrinsische Resistenzmechanismen und
die kurze Generationszeit (rasche Selektion und Mikroevolution).
Erst in den 1940er Jahren konnte Penicillin klinisch zum Einsatz kommen. Für viele
Verwundete des Zweiten Weltkrieges war es die letzte Rettung, jedoch entwickelten sich
relativ rasch Staphylokokken aus, die Penicillinasen bildeten und Penicillin G unwirksam
machten.
1959 wurde die Substanz Methicillin eingeführt. Sie war im Gegensatz zu Penicillin G
stabil gegen Penicillinasen, jedoch traten bereits 1961 die ersten MRSA-Stämme
(Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) auf.
Das Glykopeptid-Antibiotikum Vancomycin wurde in den 1950er Jahren entwickelt und
war lange Zeit ein sogenanntes Reserveantibiotikum. Es war praktisch gegen alle
grampositiven Erreger wirksam, bis schließlich 1986 die ersten Berichte über VRE
(Vancomycin-resistente Enterokokken) erschienen. (17)
3.3 Arten der Antibiotikaresistenz
Die Entwicklung einer Resistenz gegenüber einem Antibiotikum ist ein natürliches
Phänomen. Die Evolution antimikrobieller Substanzen führte zur Entstehung von
Mechanismen, welche die Wirkung dieser Stoffe vermindern oder sogar ganz aufheben. (2)
Grob wird zwischen der primären Resistenz (natürliche Resistenz) und der sekundären
Resistenz (erworbene Resistenz) unterschieden. (20)
22
3.3.1 Primäre Resistenz (Natürliche Resistenz)
Die Resistenzeigenschaften beruhen auf einer natürlichen Wirkungslücke des
Antibiotikums. (20)
Es gibt kein Antibiotikum oder Chemotherapeutikum, das gegen alle Erreger wirksam ist.
Bei der primären Resistenz handelt es sich also um eine genetische Unempfindlichkeit
eines Erregers gegen ein bestimmtes Antibiotikum.
Ein Teil der Stämme einer Bakterienart (speziesbezogen) ist aufgrund chromosomaler
Resistenz unempfindlich. (21)
Wenn einer Bakterienspezies beispielsweise die Zielstruktur für ein bestimmtes
Antibiotikum fehlt, kann es auch nicht empfindlich sein. (20)
Beispielsweise sind Cephalosporine unwirksam gegen Enterokokken oder Penicillin G
gegen Pseudomonas aeruginosa. (2)
3.3.2 Sekundäre Resistenz
Hierbei handelt es sich um Resistenzeigenschaften, die durch Selektion, Mutation im
eigenen Genom oder horizontalen Gentransfer von anderen Bakterien entstanden sind. (20)
Ein Mikroorganismus war also ursprünglich sensibel für eine Substanz und hat sich die
Resistenzeigenschaften im Laufe der Zeit erst angeeignet. (22)
Ursächlich dafür kann die Selektion resistenter Stämme sein, welche in jeder
Bakterienpopulation, die groß genug ist, in geringer Zahl vorkommen. Des Weiteren
entstehen resistente Bakterien durch den Vorgang der Mutation oder durch Übertragung
von Resistenzgenen, welche durch das Einwirken des Antibiotikums in weiterer Folge
selektioniert werden.
Als Beispiel wäre hier die Induktion von β-Laktamasen unter β–Laktam-
Antibiotikatherapie zu nennen. Klinisch wäre ein Therapieversagen zu beobachten. Daraus
lässt sich folgern, dass die Wahrscheinlichkeit einer Resistenzentwicklung steigt, je öfter
ein bestimmtes Therapeutikum zum Einsatz kommt. (2)
23
3.3.3 Genetik der Resistenz
Chromosomale Resistenz:
Spontane Chromosomenmutationen finden sich mit einer Häufigkeit von 10-6 - 10-8 in einer
Bakterienpopulation. Sie können durch Punktmutation, Inversion, Insertion, Deletion,
Translokation oder Duplikation entstehen. (2)
Die Mutationen sind von verschiedenen Faktoren abhängig:
Die Häufigkeit und Möglichkeiten der Mutationen sind vom jeweiligen Antibiotikum
abhängig.
Die Häufigkeit von Mutationen ist bei den Bakterienspezies unterschiedlich.
Die Entstehung und Ausbreitung resistenter Keime ist vom Infektionsort abhängig. (Die
Wahrscheinlichkeit steigt, wenn sich die Erreger im Nasen-Rachen-Raum oder Darm
befinden.) (22)
Übertragbare Resistenz:
Die Resistenz entsteht durch die Aufnahme von DNA, welche einen Resistenzfaktor
kodiert. Dies geschieht durch Transformation, Transduktion oder Konjugation. (2)
Bei der Transformation wird vom Mikroorganismus freie DNA aus der Umgebung
aufgenommen. Sie kann nur von wenigen Spezies ausgeführt werden. (z.B. E. coli) und ist
von der Stabilität der freien DNA in der Umwelt abhängig. (20)
Bei der Transduktion wird die DNA, die eine Resistenz kodiert von Bakteriophagen
übertragen. (2)
Bei der Konjugation können Bakterien Plasmid-DNA oder Fragmente des Chromosoms
untereinander austauschen. Dies geschieht mithilfe eines sogenannten Sexpilus.
Plasmide tragen häufig neben der Information für die Resistenz auch die Information für
den Sexpilus. Sie werden Resistenztransferfaktoren genannt.
24
Diese Form der Übertragung kommt besonders häufig bei gramnegativen Bakterien vor.
Beispielsweise können durch den Vorgang der Konjugation Resistenzen von Salmonellen
gegen Sulfonamide, Chloramphenicol, Tetracycline und Streptomycin auf einen
empfindlichen E-coli-Stamm übertragen werden. Die Konjugation wurde auch zwischen
grampositiven und gramnegativen Bakterien beschrieben. (2,11)
3.3.4 Kreuzresistenz
Hierbei handelt es sich um die Unempfindlichkeit einer Bakterienart gegenüber zwei oder
mehreren Antibiotika, die den gleichen Wirkungsmechanismus oder eine chemisch
ähnliche Struktur besitzen. Aus der Resistenzentwicklung gegen ein Antibiotikum folgt die
Resistenz gegen ein anderes, obwohl es mit dem Wirkstoff vorher nicht in Berührung
gekommen ist. (23)
Beispielsweise kann eine Kreuzresistenz zwischen Penicillinen und Cephalosporinen
(beide zählen zu den Betalaktamantibiotika) bestehen, wenn die Penicillinresistenz durch
eine veränderte Zielstruktur entstanden ist (PBP). (2)
Kreuzresistenz kann sich auf eine Antibiotikagruppe begrenzen (z.B. Aminoglykosid-
modifizierende Enzyme können eine Resistenz gegen mehrere Vertreter der
Aminoglykoside bewirken). (25)
Des Weiteren sind auch Kreuzresistenzen innerhalb der Chinolone bekannt. (26)
Kreuzresistenz kann aber auch aufgrund überlappender Zielstrukturen zwischen
verschiedenen Gruppen auftreten (z.B. zwischen Makroliden und Lincosamiden). (25)
Zu einer schnellen Verbreitung kann es insbesondere dann kommen, wenn die Gene für die
Antibiotikaresistenz auf Plasmiden lokalisiert sind. Dies stellt vor allem in Krankenhäusern
ein großes Problem dar (Hospitalismus). (23)
25
3.3.5 Parallelresistenz
Gleichzeitig beobachtete Resistenzen gegenüber Vertretern unterschiedlicher
Wirkstoffgruppen beruhen auf unterschiedlichen Resistenzgenen, welche jedoch häufig auf
demselben mobilen genetischen Element (z.B. Plasmid) lokalisiert sind und daher
gemeinsam verbreitet werden. (24)
3.3.6 Multidrug-Resistenz, Extensively-Drug-Resistenz, Pandrug-Resistenz
In der medizinischen Literatur gibt es verschiedene Definitionen für diese drei Begriffe.
Deshalb initiierten das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) und
die Centers for Control and Prevention (CDC) insgesamt drei Kongresse (2008, 2009 und
2011) mit Experten, um das Wirrwarr der Definitionen zu beseitigen und eine
standardisierte internationale Terminologie einzuführen, mit welcher die erworbenen
Resistenzprofile von Staphylococcus aureus, Enterococcus spp., Enterobacteriaceae
(abgesehen von Salmonellen und Shigellen), Pseudomonas aeruginosa, und Acinetobacter
spp. beschrieben werden können. All diese Bakterienspezies sind häufige Auslöser einer
Infektion und sehr anfällig für die Resistenzentwicklung. Die folgenden Definitionen sind
dazu gedacht, epidemiologische Daten international besser vergleichen zu können und den
Informationsaustausch zwischen Medizinern, Gesundheitsbehörden und politischen
Entscheidungsträgern zu erleichtern. (27)
Ein multiresistenter Erreger hat demnach definitionsgemäß eine Unempfindlichkeit
gegenüber mindestens einem Wirkstoff in drei oder mehr Antibiotikagruppen. (27)
Ein Resistenz-Plasmid (R-Plasmid) kann mehrere Antibiotikaresistenzgene tragen.
Beispielsweise verleiht Plasmid R100 Enterobakterien eine Resistenz gegen Sulfonamide,
Fusidinsäure, Tetracyclin, Streptomycin, Spectinomycin und Chloramphenicol. (20)
Der wohl bekannteste multiresistente Erreger ist MRSA, welcher im Folgenden noch
ausführlich thematisiert wird.
26
Ein extensively-drug-resistenter Erreger besitzt nur mehr eine Empfindlichkeit gegenüber
einer oder zwei Antibiotikagruppen. Gegenüber allen anderen ist er unempfindlich. (27)
Ein pandrug-resistenter Keim hat eine Unempfindlichkeit gegenüber allen Wirkstoffen in
allen Antibiotikagruppen. (27)
3.4 Resistenzmechanismen
Die Entstehung von Resistenzen basiert auf unterschiedlichen Resistenzmechanismen,
welche im Folgenden erläutert werden.
3.4.1 Verringerung oder gänzlicher Verlust der Affinität des Antibiotikums zur
Zielstruktur
Veränderung der Zielstruktur:
Durch Mutation, Modifikation oder Gentransfer kann die Zielstruktur so verändert
werden, dass das Antibiotikum nicht mehr binden kann. (20)
Beispiel 1: β-Laktam-Antibiotika entfalten ihre Wirkung auf Staphylococcus
aureus durch Bildung einer kovalenten Bindung zu PBP. MRSA ist in der Lage
zusätzlich zu den vier normalen PBP ein weiteres, nämlich PBP2a, zu
synthetisieren. Hierbei handelt es sich um eine Transpeptidase, die eine sehr
geringe Affinität zu β-Laktam-Antibiotika besitzt. Durch dieses PBP2a ist der
Methicillin-resistente Staphylococcus aureus also in der Lage Zellwandsynthese
und Umbau trotz Blockade der normalen PBP weiterzuführen. (28)
Beispiel 2: Bei allen Enterokokken ist das PBP5 verändert. Cephalosporine können
deshalb nicht mehr wirken. Man spricht von sogenannten „Enterokokkenlücke“.
(1)
Beispiel 3: E.coli ist dazu in der Lage eine Aminosäure im 30S-Ribosom
auszutauschen, sodass Streptomycin (ein Aminoglykosid) nicht mehr binden kann.
(20)
27
3.4.2 Direkte Modifikationen des Antibiotikums
a.) Inaktivierung des Antibiotikums durch vom Erreger gebildete Enzyme:
Die enzymatisch katalysierte Modifikation von Antibiotika ist einer der
Hauptmechanismen bei der Resistenzentwicklung. Mittlerweile wurden tausende
Enzyme identifiziert, welche bestimmte Antibiotikaklassen modifizieren und
abbauen können. Zu den betroffenen Antibiotikaklassen gehören: β-Laktame,
Aminoglykoside, die Chloramphenicol-Gruppe und Makrolide. (29)
Des Weiteren gibt es bestimmte Subgruppen von Enzymen, die verschiedene
Antibiotika innerhalb derselben Antibiotikaklasse abbauen können. Beispielsweise
können β-Laktam-Antibiotika wie Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme und
Monobactame von verschiedenen β-Laktamasen hydrolysiert werden. (29)
Gegen gewisse β-Laktamasen sind bereits Inhibitoren verfügbar, die sogenannten
β-Laktamase-Inhibitoren. Sie werden meist als fixe Kombination verabreicht,
beispielsweise Amoxicillin/Clavulansäure, Ampicillin/Sulbactam und
Piperacillin/Tazobactam. Jedoch werden nicht alle β-Laktamasen durch β-
Laktamase-Inhibitoren inhibiert. Ausgenommen sind z.B Carbapenemasen und
AmpC- β-Laktamasen. (1)
Neben β-Laktamasen gibt es auch die sogenannten Extended-Spectrum-β-
Laktamasen (ESBLs). Hierbei handelt es sich um Enzyme, die Penicilline,
Cephalosporine (auch jene mit erweitertem Spektrum wie die der 3. oder 4.
Generation) und Monobactame zerstören können. Der klinische Einsatz von
Carbapenemen ist in den letzten Jahren stark gestiegen, da diese normalerweise
stabil gegenüber ESBLs bleiben. (28,29)
Wenn jedoch von bestimmten Bakterien diverse ESBLs, Carbapenemasen,
inklusive IMP (Imipenemasen), VIM (Verona integron encoded metallo β-
Laktamase), K. pneumoniae Carbapenemase (KPC), Oxacillinase (OXA) und
NMD Enzyme (Neu-Delhi Metallo-Beta-Laktamase) in gramnegativen Bakterien
wie K.pneumoniae, E. coli, P.aeruginosa und A.baumannii getragen werden, kann
es zum Auftreten von Isolaten kommen, die gegen alle β-Laktam-Antibiotika
resistent sind. Dies hat massive Auswirkungen auf die Therapie von schweren
Infektionen, insbesondere bei hospitalisierten Patienten. (28,29)
28
b.) Inaktivierung des Antibiotikums durch Transfer einer chemischen Gruppe:
Einige bakterielle Enzyme sind in der Lage, chemische Gruppen an vulnerable
Stellen des Antibiotikum-Moleküls hinzuzufügen. Die Antibiotikaresistenz entsteht
dadurch, dass das Antibiotikum aufgrund der sterischen Hinderung nicht mehr an
die Zielstruktur binden kann. Es können zahlreiche verschiedene chemische
Gruppen transferiert werden, z. B. Acyl-, Phosphat- oder Nukleotidylgruppen.
Aminoglykoside sind aufgrund ihrer großen Molekülstruktur besonders
empfindlich für solche Modifikationen. Ihre angreifbaren Stellen sind Hydroxyl-
und Amidgruppen. (29)
Sogenannte Aminoglykosid-modifizierende Enzyme werden beim Transport des
Wirkstoffs durch die Zellwand wirksam. Es kommt dabei zu einer
Phosphorylierung, Acetylierung oder Adenylierung des Aminoglykosids. In Folge
dessen wird das Antibiotikum unwirksam. (1)
3.4.3 Behinderung oder gänzliche Unterdrückung des Durchflusses zum Zielort –
Verhinderung der Aufnahme
Der Zugang des Wirkstoffes zur Zielstruktur kann durch Permeabilitätsschranken und
aktiven Transport versperrt werden. (30)
a.) Permeabilitätsschranke (verminderte Penetration):
Hier beruht die Verhinderung der Aufnahme des Antibiotikums auf einem
Influxmechanismus durch eine Permeabilitätsbarriere der Zellwand oder
Porinkanäle. (30)
Beispiel 1: Penicillin G kann die äußere Membran gramnegativer Bakterien nicht
durchdringen und die Zielstruktur (Peptidoglykangerüst) nicht erreichen. Dies führt
zur natürlichen Resistenz der Bakterien gegenüber Penicillin G. (20,30)
Beispiel 2: Mykobakterien besitzen aufgrund des lipidreichen Zellwandaufbaus
eine natürliche Resistenz gegenüber den meisten Antibiotikaklassen. (30)
29
Beispiel 3: Ein typischer Resistenzmechanismus bei Pseudomonas aeruginosa ist
der Verschluss von Porinkanälen, die sich in der äußeren Membran befinden. (28)
b.) durch aktiven Efflux: sogenannte Effluxpumpen schleusen das Antibiotikum durch
membran-assoziierte Transportproteine aus der Zelle, sodass die Antibiotika-
Konzentration innerhalb der Zelle immer niedrig genug gehalten werden kann, um
sie nicht zu schädigen. Beispiel: Tetracycline können energieabhängig von
Enterobakterien als Kation-Tetracyclin-Komplex im Austausch gegen ein Proton
aus der Zelle geschleust werden. (20,28)
Abbildung 5: Resistenzmechanismen (Levy/Marshall, 2004) dargestellt an einem
Staphylococcus aureus. High-level Resistenzwege sind mit blauen Pfeilen gekennzeichnet.
Low-level Resistenzwege sind mit grünen Pfeilen gekennzeichnet. (31)
30
Low-level Resistenz: Hierbei handelt es sich um Mutationen im Bakteriengenom, welche
Resistenzen vermitteln. Sie treten zuerst nur in einem Bakterienstamm auf und können nur
an ihre Nachkommen, aber nicht an andere Bakterien weitergegeben werden. (31)
High-level Resistenz: Diese Resistenz ist „gefährlicher“ als die Low-level Resistenz, da
sich die Gene, welche die Resistenz vermitteln, auf einem mobilen genetischen Element
befinden. Normalerweise handelt es sich bei dem mobilen genetischen Element um ein
Plasmid oder Transposon.
Bei der High-level Resistenz werden genetischen Informationen sehr häufig zwischen
Bakterien ausgetauscht. In Folge dessen kommt es zu einer raschen Verbreitung von
Genen, die für Antibiotika-abbauende oder -modifizierende Enzyme kodieren. (31)
3.4.4 Zusammenhang zwischen antimikrobieller Resistenz und Virulenz
Der Zusammenhang zwischen antimikrobieller Resistenz und bakterieller Virulenz hängt
von vier Hauptfaktoren ab. (32)
1. Manche Bakterienspezies entwickeln schneller Resistenzmechanismen als andere.
Beispielsweise sind P.aeruginosa und A.baumannii sehr schnell in der Lage
Abwehrmechanismen gegen Antibiotika zu entwickeln, S. pyogenes z. B. eher
weniger. Demzufolge wird die Virulenz bei Bakterien der ersten Gruppe mehr von
der Resistenzentwicklung beeinflusst.
2. Spezifische Virulenz- und Resistenzmechanismen der Bakterien
3. Umwelt und ökologische Nische: Externe Stimuli beeinflussen sowohl die
Virulenz, als auch die Resistenz von Keimen.
4. Wirt (Immunsystem): Der Wirt kann die Virulenz des Keims zwar nicht
beeinflussen, jedoch ist bei der Entstehung einer Infektion die Interaktion zwischen
Wirt und Pathogen entscheidend. Deshalb kann auch hier ein Zusammenhang
zwischen dem Resistenzerwerb und der Virulenz festgestellt werden. (32)
31
3.5 Resistenzbestimmung
3.5.1 Allgemeines
Die Testung der antibiotischen Empfindlichkeit von Krankheitserregern ist unverzichtbar.
Eine möglichst genaue Bestimmung soll Aufschluss darüber geben, mit welchen
Substanzen ein Therapieerfolg am wahrscheinlichsten ist.
Es werden alle pathogenen Keime, bei denen die antibiotische Empfindlichkeit nicht
vorhersehbar ist, auf ihre Resistenz geprüft. (33)
Das Ergebnis der Antibiotika-Resistenzbestimmung von Krankheitserregern nennt man
Antibiogramm. (34)
Die Resistenzbestimmung hat zwei wesentliche Ziele. Einerseits dient sie der Absicherung
der antibakteriellen Chemotherapie, andererseits soll sie rechtzeitig Information über
Auftreten und Verbreitung von Resistenzen geben.
Erworbene Resistenzen werden durch Resistenzbestimmung detektiert, während natürliche
Resistenzen aus der Speziesbestimmung abgeleitet werden. (35)
Als Ausgangsmaterial für Resistenzprüfungen werden Reinkulturen von Erregern
verwendet, welche zuvor aus Patientenproben isoliert worden sind, oder von Laboratorien
eingeschickt wurden. (33)
Da aus Kosten- und Kapazitätsgründen nicht alle Antibiotika getestet werden können,
richten sich die getesteten Antibiotika nach den im jeweiligen Klinikum geführten
Substanzen. Für externe Laboratorien werden gegebenenfalls zusätzliche Antibiotika
getestet. Die Auswahl richtet sich grundsätzlich nach der Eignung zur Therapie.
Da bestimmte Resistenzmechanismen zur Unempfindlichkeit des Bakteriums gegen alle
Präparate einer bestimmten Substanzklasse führen, ist es ausreichend, wenn einzelne
Antibiotika prototypisch getestet werden. (35,36)
Derjenige Wirkstoff, der stellvertretend für alle anderen getestet wird, wird dabei als
„Leitsubstanz“ bezeichnet. (24)
Im Resistenzbefund müssen auch alternative Antibiotika angegeben werden, da der
Patient/die Patientin eine Unverträglichkeit auf das vorliegende Medikament oder starke
Nebenwirkungen haben kann. (37)
Zu berücksichtigen ist, dass verschiedene Institutionen in Europa und den USA
unterschiedliche Richtlinien und Empfehlungen zur Resistenzbestimmung haben.
32
Die Problematik darin besteht, dass die Grenzwerte bezüglich der Resistenz nicht zu
vergleichen sind.
Seit dem Jahre 2000 werden in Österreich die sogenannten NCCLS-Richtlinien
angewandt, welche vom National Committee for Clinical Laboratory Standards
herausgegeben werden. (37)
3.5.2 Methoden
3.5.2.1 MHK –Bestimmung
Wie bereits im Abschnitt „Leitsätze der Antibiotikatherapie“ erwähnt, ist die minimale
Hemmkonzentration die niedrigste Antibiotikumkonzentration, ab der unter
standardisierten In-vitro-Bedingungen eine bakteriostatische Hemmung des Inokulums
eintritt. (8)
Sie ist also ein Maß für die Empfindlichkeit eines Erregers gegenüber dem jeweiligen
Antibiotikum. (38)
Sie wird in Konzentrationseinheiten von Milligramm Antibiotikum pro Liter (mg/l) oder
Mikrogramm Antibiotikum pro Milliliter (µg/ml) angegeben. Somit ist ein direkter
Vergleich mit erreichbaren Serumkonzentrationen des jeweiligen Antibiotikums möglich.
(33,37)
Im sogenannten Bouillondilutionstest werden Lösungen des Antibiotikums mit
absteigenden Konzentrationen hergestellt. Danach werden sie mit der gleichen
Bakterienanzahl geimpft. Nach einer 24-stündigen Inkubationszeit, ist zu erkennen, dass
sich Bakterien in der Wachstumskontrolle (ohne antibiotische Substanz), sowie bei
niedrigen Antibiotika-Konzentrationen vermehren können und eine Trübung der Lösung
verursachen. Bei hohen Konzentrationen können sich die Bakterien nicht vermehren, die
Lösung bleibt klar. Für jede Substanz und jedes Bakterium gibt es klar definierte
Breakpoints, welche der Bewertung des Testergebnisses dienen. (1)
Eine weitere Möglichkeit die minimale Hemmkonzentration zu bestimmen bietet der
sogenannte Epsilon-Test (E-Test). Hierbei handelt es sich um einen Diffusionstest unter
Verwendung von MHK-Testreihen.
33
Zahlreiche Studien belegen, dass die Ergebnisse des E-Tests eine hohe Übereinstimmung
mit den MHK-Ergebnissen im Bouillondilutionstest haben. (35,37)
3.5.2.2 Agardiffusionstest
Dieses Verfahren ist am weitesten verbreitet, aufgrund der Komplexität jedoch
fehlerbelasteter als die Bestimmung der MHK. (35)
Eine Agarplatte wird mit einem zu testenden Bakterienstamm beimpft. Danach werden
Blättchen mit Antibiotika auf diese Agarplatte aufgelegt. In Folge dessen diffundiert das
Antibiotikum radial und formt einen ringförmigen Konzentrationsgradienten in den Agar.
Die Bakterien wachsen während der Bebrütung zu einer Art Bakterienrasen zusammen.
Um die Antibiotikaplättchen formen sich je nach Empfindlichkeit der antibiotischen
Substanz kreisförmige Zonen, sogenannte Hemmhöfe. Der Durchmesser jedes Hemmhofes
kann exakt gemessen werden und steht in einem gewissen Verhältnis zur minimalen
Hemmkonzentration. (1,33)
34
Abbildung 6: Agardiffusionstest zur Resistenzbestimmung
a) empfindlicher Keim: große Hemmhöfe um alle Testblättchen signalisieren eine gute
Antibiotikawirksamkeit (In-vitro)
b) multiresistenter Erreger: nur bei zwei Antibiotika vergleichsweise kleine Hemmhöfe
erkennbar
c) Prinzip des Agardiffusionstests (schematische Darstellung): je größer der Abstand zum
Testplättchen, desto geringer ist die Antibiotikum-Konzentration; großer Hemmhof:
höhere Empfindlichkeit des zu testenden Erregers; S: sensibel, I: Intermediär, R: resistent
(39)
Weitere Methoden: Automatisierte Verfahren (z.B. VITEK), genotypische Verfahren (z.B.
Resistenzgen-Nachweis mittels PCR) (35,37)
3.5.3 Interpretation von Resistenzprüfungen
Die Klassifizierung der Antibiotika-Resistenz erfolgt traditionell in drei Kategorien:
1. Sensibel (S): hohe Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolgs
2. Intermediär (I), mäßig empfindlich: unsichere Wahrscheinlichkeit eines
Therapieerfolgs
3. Resistent (R): geringe Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolgs (33,34)
In der Regel werden die neuesten Empfehlungen des „European Commitee for
Antimicrobial Susceptibility Testing“ (EUCAST) zur Klassifizierung herangezogen. Diese
werden durch die Richtlinien des „Clinical and Laboratory Standards Institute“ (CLSI)
ergänzt. (33)
35
3.6 Beispiele resistenter Bakterien
3.6.1 Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA)
Abbildung 7: MRSA, rasterelektronenmikroskopische Aufnahme
(WIKIMEDIA COMMONS, JANICE HANEY CARR, CDC) (42)
3.6.1.1 Allgemeines, Epidemiologie
Staphylococcus aureus ist ein ubiquitäres Bakterium. Ca. 20-30% aller Menschen werden
von diesem Keim kolonisiert, die meisten davon sind jedoch asymptomatische Träger.
Dieses fakultativ pathogene Bakterium kann aber auch zahlreiche Infektionen auslösen,
wie beispielsweise Infektionen der Haut und des Weichteilgewebes, Knochen- und
Gelenksinfektionen, Septikämien und das Toxic-Schock-Syndrom. (40)
Das Genom von S.aureus konnte 2001 zum ersten Mal vollständig sequenziert werden. Es
besteht aus einem „Core genome“, einer Art Grundgerüst, welches in allen Stämmen
vorhanden ist. Ein Teil der Gene dieses Grundgerüstes ist hoch konserviert, während der
andere Teil aus sogenannten hypervariablen Genen besteht. Sie weisen strukturelle
Unterschiede auf und haben eine andere Verteilung. Bisher konnten ca. 700 verschiedene
hypervariable Gene beschrieben werden. (17)
36
MRSA ist ein antibiotisch resistenter Stamm des S.aureus. Sowie S.aureus kann auch
MRSA Menschen besiedeln. Ca. 5-10% der Bevölkerung sind MRSA-Träger.
Bevorzugte Kolonisationsareale sind: Nasenvorhöfe, Rachen, Achselhöhlen, Leiste,
perianal, perineal, Wunden und Hautdefekte, wobei die Nasenvorhöfe das primäre
Reservoir sowohl für S.aureus, als auch für MRSA darstellen. (43,44)
MRSA stellt bezogen auf die Inzidenz und die Schwere der damit verbundenen Infektionen
einer der wichtigsten bakteriellen Pathogene dar. (41)
Die Verbreitung von S.aureus und somit auch von MRSA ist durch die Verbreitung
klonaler Stämme charakterisiert. (17)
1959 wurde die Substanz „Methicillin“ auf den Markt gebracht, da seit der Einführung des
Penicillins in den 1940er Jahren immer mehr S.aureus-Stämme das Enzym β-Laktamase
produzierten und somit gegen Penicillin resistent wurden. Methicillin (und auch Oxacillin)
besitzen nämlich einen β-Laktamase-resistenten β-Laktam-Ring.
In den frühen 1960er Jahren wurden in Großbritannien erstmals MRSA-Stämme
beobachtet. Sogar in Polen gab es eine MRSA-Prävalenz von 10 %, obwohl dort
Methicillin nicht einmal erhältlich war. Dies zeigt das Ausbreitungspotenzial dieses
Erregers. Seit 1975 kam es durch die Ausbreitung weniger MRSA-Klone zu einer
deutlichen Zunahme von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus-Stämmen mit
weltweiter Verbreitung.
Die Prävalenz von MRSA weist eine geographische Regionalität auf. Es ist ein deutliches
Nord-Süd-Gefälle erkennbar. (28,41)
MRSA wird grundsätzlich eher in großen Spitälern mit Intensivstationen beobachtet, als in
kleinen Krankenhäusern, da Schwerstkranke häufig sehr breit mit Antibiotika therapiert
werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass MRSA selektiert werden, ist dadurch viel höher.
(28,41)
37
Abbildung 8: MRSA Nord-Süd-Gefälle, ECDC, 2012 (72)
MRSA-Stämme konnten aber vor allem in den letzten 30 Jahren auch bei
Patienten/Patientinnen entdeckt werden, die keine Grunderkrankung bzw. keinen Kontakt
zu medizinischen Einrichtungen hatten. Bei ihnen handelt es sich somit nicht um
nosokomiale Infektionen durch MRSA. Des Weiteren können auch Tiere von MRSA
besiedelt, bzw. infiziert werden, wobei vor allem Schweine und Kälber gefährdet sind. (28)
In diesem Zusammenhang haben sich drei Begriffe etabliert:
Healthcare-acquired bzw. Healthcare-associated-MRSA (HA-MRSA)
Community-acquired bzw. Community-associated-MRSA (CA-MRSA)
Lifestock-associated-MRSA (LA-MRSA) (17)
Die Verbreitung von MRSA wird durch unkontrollierte Antibiotikatherapie und mangelnde
Hygiene gefördert. (28)
38
3.6.1.2 HA-MRSA
Hierbei handelt es sich um MRSA-Stämme, die bei Patienten/Patientinnen bzw. Personen,
welche im medizinischen Bereich tätig sind, gehäuft auftreten. Oftmals kommen sie auch
erst nach der Entlassung im häuslichen Umfeld zum Vorschein, sei es als reine Besiedler,
oder als Erreger von Infektionen. Der Begriff HCA (Hospital associated community onset)
wurde deshalb eingeführt. (17)
Die höchsten HA-MRSA Raten werden aus Nordamerika, Südamerika und Asien berichtet.
Hier liegt die Prävalenz bei über 50%.
China, Australien, afrikanische Länder und manche europäische Länder wie Spanien und
Italien haben mittlere HA-MRSA Raten, die zwischen 25-50% liegen. Die niedrigsten
Raten findet man in nordeuropäischen Ländern. (41)
Die Verbreitung des HA-MRSA erfolgt vorwiegend über Gesundheitseinrichtungen. (28)
3.6.1.3 CA-MRSA
Im Vergleich zum klassischen HA-MRSA, infizieren CA-MRSA-Linien gesunde,
immunkompetente Menschen.
Definitionsgemäß hatten die Patienten/Patientinnen im Jahr vor der CA-MRSA Infektion
noch keine andere MRSA Infektion oder Kolonisation, keinen Krankenhausaufenthalt,
wurden nicht operiert, tragen keinen Dauerkatheter, wurden nicht dialysiert und haben
keine perkutanen Geräte. (17,41)
Dieser Erreger gilt seltener als Besiedler asymptomatischer Träger und wird hauptsächlich
mit Weichteil- und Gewebsinfektionen in Verbindung gebracht. (17)
Die ersten CA-MRSA Isolate wurden Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre in
Australien entdeckt. Am Anfang des 21. Jahrhunderts stieg die Zahl an detektierten CA-
MRSA Isolaten global rapide an.
CA-MRSA wurde in den USA innerhalb kurzer Zeit zu einem der häufigsten Verursacher
ambulant erworbener pyogener Infektionen.
Die Verbreitung von CA-MRSA erfolgt hauptsächlich über soziale Kontakte. (28)
39
3.6.1.4 LA-MRSA
Hierbei handelt es sich um MRSA-Stämme, die durch Tierkontakt auf den Menschen
übertragen werden können. Mitte 2000 gab es in den Niederlanden eine Häufung von
MRSA-Besiedelungen, die vor allem bei Tieren aus der Schweinemasthaltung und den
Besitzern bzw. Angehörigen solcher Betriebe aufgetreten sind. Danach wurde LA-MRSA
auch in Dänemark, Deutschland und Österreich beschrieben. (17,28)
Neben Mastschweinen sind auch Legehennen, Masttruthähne, Milchkühe und Mastkälber
betroffen.
Im Vergleich zu CA-MRSA haben LA-MRSA ein anderes Pathogenitäts- und
Virulenzprofil. (17)
Aufgrund der enormen Nachfrage, wird immer mehr Viehzucht betrieben. Die Tiere
werden oftmals auf engstem Raum gehalten und mit Wachstumsförderern und Antibiotika
gefüttert. Dadurch können sich Antibiotika-resistente Organismen ausbilden, die in
weiterer Folge auf den Mensch übertragen werden können. Außerdem stellt Fleisch das
häufigste Reservoir für tierische Pathogene dar, welche sich durch die Globalisierung des
Handels auf die ganze Welt ausbreiten können. (45)
Die Verbreitung von LA-MRSA erfolgt deshalb vorwiegend über die Tier- bzw.
Fleischverarbeitungsindustrie. (28)
3.6.1.5 Resistenzmechanismus
MRSA ist in der Lage ein modifiziertes PBP zu exprimieren, nämlich PBP2a. Diese
Transpeptidase zeigt eine sehr geringe Affinität zu Betalaktamantibiotika und behält
dadurch seine zellwandbildende Aktivität.
PBP2a wird vom sogenannten mecA-Gen kodiert, welches sich auf einem mobilen
genetischen Element befindet. Diese Element wird auch „staphylococcal cromosomal
cassette“ (SCCmec) genannt. Hierbei handelt es sich um ein Strukturgen, welches bei
empfindlichen Stämmen nicht vorhanden ist.
Die mec-Region scheint auch eine geeignete Stelle für weitere Resistenzgene zu sein. Aus
diesem Grund sind MRSA-Stämme auch häufig gegen andere Antibiotika resistent.
Beispielsweise sind Stämme mit eingeschränkter Glykopeptidempfindlichkeit
(Vancomycin, Teicoplanin) bekannt. (17,28)
40
Des Weiteren bestehen auch Ko-Resistenzen. Über 90% der HA-MRSA Stämme besitzen
eine Chinolon-Resistenz, zwei Drittel sind gegen Makrolide und Clindamycin
unempfindlich.
CA-MRSA weist weniger Ko-Resistenzen auf als HA-MRSA. CA-MRSA ist meist
sensibel gegenüber Clindamycin und Cotrimoxazol. (17)
Neben diesem mecA-Gen wurde auch ein sogenanntes mecC-Gen detektiert. Es wurde
erstmals in bovinen MRSA-Isolaten gefunden und weist starke Sequenzunterschiede zu
den bisher bekannten mecA-Clustern auf. Das mecC-Gen wurde bereits von Menschen,
Vieh, und Haustieren isoliert und stellte anfangs eine große diagnostische Herausforderung
dar, weshalb neue Tests entwickelt wurden, die auch mecC detektieren können. (17,28)
3.6.1.6 Diagnostik
Der größte Teil der MRSA-Träger/Trägerinnen weist eine asymptomatische Besiedlung
auf und keine Infektion. Jedoch haben kolonisierte Patienten/Patientinnen ein deutlich
erhöhtes Risiko einer Infektion. Des Weiteren gelten sie als Hauptreservoir für MRSA in
Gesundheitseinrichtungen. Die Übertragung kann sowohl über direkten Kontakt, als auch
über indirekten Kontakt wie Oberflächen von Statten gehen. MRSA kann aufgrund seiner
hohen Tenazität bis zu Wochen und Monate auf unbelebten Oberflächen überleben.
Unter bestimmten Umständen ist ein Screening solcher potenziellen MRSA-
Träger/Trägerinnen erforderlich.
Ein risikoadaptiertes Screening erlaubt in weiterer Folge gezielte hygienische Maßnahmen
zur Infektionsprävention, eine gezielte Dekolonisation und ist außerdem wichtig für die
Erhebung epidemiologischer Daten. In erster Linie wird der kulturelle Nachweis von
MRSA angestrebt, da eine Spezifität von nahezu 100% erzielt werden kann. Ein großer
Nachteil ist jedoch der Zeitaufwand, da die Bebrütungszeit bis zu 48h in Anspruch nimmt.
Daher werden auch molekularbiologische Verfahren eingesetzt, die den Vorteil einer
hohen Sensitivität haben und weniger Zeit in Anspruch nehmen. Sie haben jedoch eine
geringe Spezifität und sind teurer als der kulturelle Nachweis. Außerdem kann nicht
festgestellt werden, ob der Keim noch lebensfähig oder bereits abgestorben ist. Die
Ergebnisse eines molekularbiologischen Nachweises sind deshalb nur als vorläufig zu
betrachten und müssen mit einem kulturellen Nachweis verifiziert werden.
41
Es sollte mindestens ein Nasenabstrich, eventuell ein Rachenabstrich und gegebenenfalls
ein Abstrich einer Wunde vorgenommen werden. Wenn eine Anamnese bezüglich MRSA
vorliegt, müssen zusätzlich die ehemals positiven Lokalisationen untersucht werden. Um
eine besonders hohe Sensitivität erreichen zu können, müssen sogenannte Abstrichserien
gemacht werden. (17,44)
3.6.1.7 Risikofaktoren
Erhöhtes Risiko einer bestehenden MRSA-Kolonisation bzw. erhöhtes Infektionsrisiko für
den Patienten/die Patientin:
Bekannte MRSA Anamnese
Menschen aus Regionen/Einrichtungen mit hoher MRSA Prävalenz
Dialysepatienten/Dialysepatientinnen
Stationärer Krankenhausaufenthalt länger als 3 Tage in den zurückliegenden 12
Monaten
Menschen, die regelmäßig Kontakt zu MRSA haben (beispielsweise Personen in
der Viehzucht von Schweinen, Rindern, Geflügel)
Menschen mit chronischer Pflegebedürftigkeit
Menschen mit chronischen Hautläsionen
Menschen, die während eines stationären Aufenthalts Kontakt mit MRSA-Trägern
hatten
Antibiotikatherapie in den letzten 6 Monaten
Liegende Katheter (46)
3.6.1.8 Dekolonisierung, Therapie
Dekolonisierung: Ziel der Dekolonisierung ist zum Einen das Infektionsrisiko für den
Träger/die Trägerin zu reduzieren, zum Anderen soll die Transmission auf andere
Menschen im Gesundheitssystem verhindert werden. (17)
Die Kolonisierung von MRSA kann transient, intermittierend oder persistent für Monate
bzw. Jahre sein. Persistente Träger/Trägerinnen stellen eine größere Gefahr für die
Transmission dieses Keims dar.
42
Die Sanierung besteht darin, MRSA von Haut und Schleimhäuten zu entfernen. Im
Vordergrund stehen topische Antibiotika und Antiseptika.
Die systemische Gabe von Antibiotika ist mit Vorbehalt zu sehen, da sie wiederum zur
Entwicklung von Resistenzen führen kann.
Die Sanierung der Nase erfolgt entweder mit Mupirocin oder alternativ mit einer
Octenidin-hältigen Nasensalbe 3 mal täglich über 5 bis 7 Tage.
Die Sanierung des Mund-Rachen-Raums erfolgt mittels Octenidin-Mundspüllösung, die
der Haare mittels Octenisan Waschlotion und die von Wunden mittels Octenisept.
Darüber hinaus sind supportive Maßnahmen wie Händedesinfektion, Dekontamination der
Umgebung und der Kleidung nötig, um eine erneute Kolonisierung zu vermeiden.
Eine permanente Dekolonisierung bzw. Eradikation von MRSA ist trotz der genannten
Maßnahmen nicht garantiert. Die initiale Dekolonisierungsrate beträgt zwar bis zu 90%,
jedoch kommt es häufig zu einer Rekolonisation, vor allem bei Menschen, die im
Gesundheitswesen tätig sind (bis zu 75%).
In nur ca. 60% gelingt eine permanente Eradikation von MRSA. (17,47)
Therapie: Die Auswahl der Substanz, die gegen MRSA wirksam ist, richtet sich nach
verschiedenen Aspekten.
Auschlaggebend sind Lokalisation der Infektion, Gewebegängigkeit der Substanz,
Verträglichkeit, Interaktionen mit anderen Medikamenten und bei einer Langzeittherapie
die Oralisierbarkeit. (14)
3.6.1.9 Primäre Substanzen zur MRSA-Therapie
Hierbei handelt es sich um sogenannte „Reserveantibiotika“. Erläuterungen zu den
gebräuchlichsten Substanzen finden Sie im Abschnitt „Reserveantibiotika“.
Vancomycin: Therapie der Wahl für schwere MRSA-Infektionen
Tigecyclin
Teicoplanin
Telavancin
Linezolid
Fosfomycin (nur in Kombination)
43
Rifampicin in Kombination mit Vancomycin
Daptomycin
Ceftarolin
Ceftobiprol (14,48)
3.6.2 Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE)
Abbildung 9: Vancomycin-resistente Enterokokken (49)
3.6.2.1 Allgemeines, Epidemiologie
Enterokokken sind grampositive, kugelförmige Erreger, die hauptsächlich im
Gastrointestinaltrakt von Menschen und Tieren vorkommen. Die klinisch relevantesten
Enterokokkenspezies sind E.faecalis und E.faecium.
Sie können unter anderem Harnwegsinfektionen und Endokarditiden hervorrufen, wobei es
bis zu einer Enterokokkensepsis kommen kann, welche mit einer extrem hohen Mortalität
einhergeht. Enterokokken haben eine natürliche Resistenz gegenüber Clindamycin,
Penicillin G und Cephalosporinen (Enterokokkenlücke). Häufig sind auch erworbene
Resistenzen gegen Erythromycin, Chloramphenicol und Tetracycline. (17,50)
Klinisch bedeutsame VRE wurden erstmals 1988 in Frankreich beschrieben. Beim
überwiegenden Teil der nachgewiesenen VRE handelt es sich um E.faecium-Stämme.
44
Bisher galten die Glykopeptidantibiotika Vancomycin und Teicoplanin als
Reserveantibiotika für Enterokokkeninfektionen, jedoch kam es in den letzten Jahren zu
einer deutlichen Zunahme von VRE, insbesondere im angloamerikanischen Raum.
Häufig existiert keine einheitliche wirksame Therapie mehr zur Bekämpfung dieser
Erreger. Präventionsmaßnahmen, wie die strikte Einhaltung von Hygienemaßnahmen, sind
daher essentiell. (50)
3.6.2.2 Resistenzmechanismus
Die Resistenz gegenüber Glykopeptiden wird in verschiedene Resistenztypen eingeteilt.
Klinische bedeutsam sind vor allem der VanA-und der VanB-Resistenztyp.
VanA zeigt eine Kreuzresistenz gegenüber Vancomycin und Teicoplanin, bei VanB liegt
eine Resistenz gegenüber Vancomycin, jedoch eine Empfindlichkeit gegenüber
Teicoplanin vor. (17)
Normalerweise bindet das Glykopeptid-Antibiotikum Vancomycin an das D-Alanyl-D-
Alanin Ende von Vorläufern des Peptidoglykans. Somit wird der Aufbau der Zellwand
verhindert. Der Resistenzmechanismus kommt durch eine Strukturveränderung der
Vancomycin-Bindungsstelle zu Stande. Bei den Resistenztypen VanA und VanB wird das
letzte D-Alanin durch ein D-Laktat ausgetauscht, sodass Vancomycin nicht mehr an das
Substrat binden kann. (51)
Im Unterschied zu MRSA ist eine aktive und nachhaltige Dekolonisierung bei
Vancomycin-resistenten Enterokokken nicht möglich. (17)
3.6.2.3 Therapie
Im Wesentlichen stehen für die Behandlung von VRE-Infektionen die Reserveantibiotika
Linezolid, Tigecyclin und Daptomycin zur Verfügung. (14)
Linezolid wird am häufigsten zur Behandlung eingesetzt, für Tigecyclin liegen derzeit
noch wenig klinische Daten vor. (49)
45
Daptomycin, ein cyclisches Lipopeptid, verfügt über eine sehr schnelle bakterizide
Aktivität gegen ein weites Spektrum grampositiver Erreger. Studien belegen, dass es hoch
wirksam gegen VRE ist. (52)
3.6.3 Extended-Spectrum-Beta-Lactamase-bildende Bakterien (ESBL-bildende
Bakterien)
3.6.3.1 Allgemeines, Resistenzmechanismus
Die Entstehung von ESBL ist ein Phänomen der Multiresistenz gramnegativer Bakterien.
Vor allem Enterobakterien (z.B. E.coli und Klebsiella spp.) und Nonfermenter (z.B.
Pseudomonas aeruginosa und Acinetobacter baumannii) sind davon betroffen. (28, 53,54).
Wie schon erwähnt handelt es sich bei ESBLs um Enzyme, die fast alle β-
Laktamantibiotika zerstören können. Betroffen sind Penicilline, Cephalosporine (auch
jene mit erweitertem Spektrum wie die der 3. oder 4. Generation) und Monobactame.
Carbapeneme bleiben normalerweise stabil.
Häufig zeigen ESBL-bildende Keime auch eine Resistenz gegenüber einigen Chinolonen,
beispielsweise Ciprofloxacin (70-80% Resistenzrate bei ESBL-Bildnern). (28,54)
Bei folgenden Krankheitsbildern muss mit ESBL gerechnet werden: Harnwegsinfekt,
intraabdominelle Infektion, Haut-und Weichteilinfektion, Sepsis. (54)
3.6.3.2 Epidemiologie
Seit Ende der 1990er Jahre, hat sich die Zahl ESBL-bildender Keime deutlich erhöht und
stellt hinsichtlich der Therapie eine große Herausforderung dar. ESBLs können sowohl
innerhalb, als auch außerhalb von Gesundheitseinrichtungen beobachtet werden.
Die Verbreitung ESBL-bildender Keime ist regional unterschiedlich. Österreich liegt mit
einer Prävalenz von 5-10% im europäischen Mittelfeld. In Frankreich, Italien und Portugal
beträgt sie ca. 20-30%, in Skandinavien ist sie deutlich geringer. (vgl. Prävalenz von
MRSA)
46
Mögliche Gründe sind der hohe Einsatz von β-Laktamantibiotika (vor allem orale
Cephalosporine) mit konsekutiver Selektion der Bakterien, und die Transmission über
Nutztiere, Lebensmittel und Umwelt. (28,54)
3.6.3.3 Therapie
Carbapeneme (Nachteil: relativ teuer)
Pivmecillinam
Fosfomycin-trometamol (bei Harnwegsinfekt oder ESBL-Urosepsis als Monotherapie, bei
kritischen Patienten/Patientinnen in Kombination mit einem Carbapenem)
Nitrofurantoin
Aminoglykoside
β-Laktamantibiotika mit β-Laktamaseinhibitoren (sollten jedoch nicht primär eingesetzt
werden; nur bei klinischem Ansprechen bei gering exprimierenden ESBL-Bildern) (28,54)
3.7 Wichtige Substanzen zur Bekämpfung von resistenten Erregern:
Reserveantibiotika
Wenn unsere „Standard-Antibiotika“ versagen, kommen die sogenannten
Reserveantibiotika zu Einsatz. Um Resistenzbildungen zu vermeiden, werden sie nicht zur
Therapie banaler Infektionen verwendet. Reserveantibiotika sind jedoch nicht „besser“ als
die anderen Antibiotika. Häufig sind sie sogar weniger wirksam und weisen deutlich mehr
Nebenwirkungen auf. Sie stellen jedoch für bestimmte resistente Keime die letzte
Therapiemöglichkeit dar.
Da bereits auch Resistenzen gegen manche Reserveantibiotika existieren, wie
beispielsweise die Vancomycin-Resistenz, ist es unabdingbar, nach neuen Strukturklassen
von Antibiotika zu forschen. Die Regierung industrialisierter Länder sollte dafür den
Zugang auch für private Pharmaunternehmen erleichtern und Anreize für neue
Forschungsarbeiten bieten. (55)
Vor allem nosokomiale Infektionen, die von multidrug-und extensively-drug- resistenten
Keimen verursacht werden, stellen eine zunehmende Bedrohung dar.
47
Die sogenannten „ESKAPE“ Mikroorganismen sind dabei am häufigsten. Der Ausdruck
„ESKAPE“ entsteht durch die Initialen der jeweiligen Erreger. (56)
E: Enterococcus faecium
S: Staphylococcus aureus
K: Klebsiella pneumoniae
A: Acinetobacter baumannii
P: Pseudomonas aeruginosa
E: Enterobacter spp. (56)
Im Mai 2016 erreichte uns eine erschreckende Meldung aus den USA. In Pennsylvania
wurde erstmals ein multiresistenter E-coli Stamm im Harn einer 49-jährige Patientin, die
an einem Harnwegsinfekt erkrankte, gefunden. Er war resistent gegenüber dem
Reserveantibiotikum Colistin, welches normalerweise gegen besonders gefährliche
multiresistente Keime wirksam ist.
Die Patientin konnte mit einem anderen Reserveantibiotikum zwar erfolgreich behandelt
werden, die Befürchtung liegt aber darin, dass das Colistin-Resistenzgen (mcr-1) auf
Bakterien übertragen werden kann, die bereits über andere Resistenzen verfügen, und es
künftig keine wirksamen Antibiotika gegen entstandene panresistenten Keime mehr geben
wird.
Dr. Tom Frieden (Direktor von „Centers for Disease Control and Prevention) drückte dies
mit folgenden Worten aus: „It is the end of the road for antibiotics unless we act urgently“.
(57,58)
Im Folgenden wird eine Auswahl wichtiger Reserveantibiotika zur Therapie resistenter
Erreger dargestellt.
Glykopeptid-Antibiotika stellen wichtige Reserveantibiotika gegen multiresistente
S.aureus- und Enterokokkenstämme dar. Die Vertreter Vancomycin und Teicoplanin
hemmen den Aufbau der Zellwand bei grampositiven Bakterien.
Wie bereits erwähnt wird durch die spezifische Bindung an D-Alanyl-D-Alanin-Reste die
Peptidoglykan-Synthese blockiert. (8)
48
3.7.1 Vancomycin
Dieses trizyklische Glykopeptid gilt derzeit als Therapie der Wahl bei schweren MRSA-
Infektionen, jedoch ist sie toxischer und möglicherweise weniger effektiv als
Betalaktamantibiotika bei empfindlichen S.aureus-Stämmen.
Vancomycin hat einen relativ langsamen bakteriziden Effekt gegen Staphylokokken. Des
Weiteren gibt das Auftreten von Vancomycin-Resistenz in MRSA-Stämmen und
Vancomycin-resistenten Enterokokken Anlass zur Sorge. (48)
Der Wirkstoff Avoparcin, welcher eine chemische Ähnlichkeit zu Vancomycin aufweist,
ist zwar heutzutage verboten, wurde jedoch in der Vergangenheit (seit 1975) in der
Tiermast verwendet und begünstigte Resistenzen gegenüber Glykopeptid-Antibiotika. (8)
3.7.2 Teicoplanin
Dieses Antibiotikum wird zur Behandlung von MRSA und in Einzelfällen oder als
Kombinationspartner bei VRE vom VanB-Typ eingesetzt. Im Rahmen der Therapie mit
Teicoplanin wurden Thrombozytopenien, Nierenversagen und Ototoxizität beobachtet. (8)
3.7.3 Colistin/Polymyxin
Colistin ist ein zyklisches Polypeptid und wurde 1947 entdeckt. Es wird von Bacillus
polymyxa produziert. Diese Substanz kam 1958 auf den Markt, wurde jedoch ab den
1970er Jahren nicht mehr verwendet, da Fälle von Nephro- und Neurotoxizität bekannt
wurden. Aufgrund von multiresistenten gramnegativen Erregern wurde es wieder
zugelassen, da es eine gute Wirkung zeigte. In der Regel wird es als Kombinationstherapie
mit einem Carbapenem, Aminoglykosid oder Tigecyclin verabreicht.
Colistin ist ein Kationendetergenz und wirkt bakterizid, da es die Struktur und Funktion
der Zytoplasmamembran und der äußeren Membran gramnegativer Bakterien stört. (14,56)
3.7.4 Tigecyclin
Hierbei handelt es sich um ein Glycylcyclin-Antibiotikum. Es besitzt eine bakteriostatische
Wirkung, die durch die Hemmung der Translation bei der bakteriellen Proteinsynthese zu
Stande kommt. In sehr hohen Dosen wurde auch eine leichte Bakterizidität beobachtet.
49
Im Vergleich zu Tetracyclinen kann es den aktiven Efflux und ribosomalen Schutz von
Bakterien überwinden. Es kommt bei komplizierten Haut-und Weichteilinfektionen sowie
bei schweren intraabdominellen Infektionen zum Einsatz. Des Weiteren wird es off Label
zur Behandlung ESBL-produzierender Keime und multiresistenter gramnegativer
Bakterien eingesetzt. (14,56)
3.7.5 Fosfomycin
Fosfomycin ist wie Colistin ein „altes“ Antibiotikum, das wiederentdeckt wurde. Es ist ein
Strukturanalog des Phosphoenolpyruvats und wurde 1969 in Spanien entdeckt.
Es inhibiert ein Enzym namens Phosphoenolpyruvat-Transferase und hemmt somit die
Zellwandsynthese. Fosfomycin wirkt vorwiegend bakterizid.
Oral wird es bei Harnwegsinfekten eingesetzt, deren Verursacher multiresistente
gramnegative Erreger sind. Intravenös wird es als Kombinationspartner bei MRSA und
multiresistenten gramnegativen Erregern eingesetzt. (14,56)
3.7.6 Linezolid
Linezolid gehört zur Gruppe der Oxazolidinone und wird zur Therapie von Infektionen,
welche durch grampositive Erreger verursacht wurden, eingesetzt. Es hemmt die
bakterielle Proteinsynthese indem es an die 50S-Untereinheit der bakteriellen Ribosomen
bindet und konsekutiv verhindert, dass ein funktionstüchtiger Initialkomplex zur
Translation gebildet werden kann. Es wird bei nosokomialen sowie ambulant erworbenen
Pneumonien, schweren Haut- und Weichteilinfektionen, MRSA und VRE eingesetzt.
(8,14)
3.7.7 Clindamycin
Clindamycin ist ein Lincosamid-Antibiotikum und wird halbsynthetisch hergestellt. Es
wirkt bakteriostatisch indem es an 50S-Untereinheit der bakteriellen Ribosomen bindet und
somit die Proteinsynthese des Bakteriums gestört wird. Viele MRSA-Stämme sind gegen
Clindamycin resistent, ein paar jedoch sensibel. Bei ihnen kommt Clindamycin als
Kombinationspartner zum Einsatz. (8,14)
50
3.7.8 Daptomycin
Daptomycin ist ein zyklisches Lipopeptid, welches ausschließlich gegen grampositive
Erreger wirksam ist. Es führt durch die Bindung an die Bakterienmembran zu einer
Depolarisation mit konsekutiver Hemmung der DNA-, RNA- und Proteinsynthese.
Aufgrund dessen wirkt es bakterizid.
Indikationen für dieses Medikament sind komplizierte Haut-und Weichteilinfektionen
S.aureus-Bakteriämie, S.aureus-Endokarditis, MRSA und VRE (bei VRE nur in hoher
Dosierung, kein Medikament erster Wahl). Hervorzuheben ist, dass Daptomycin durch
Surfactant inaktiviert wird und somit unwirksam bei der Therapie einer Pneumonie. (14)
3.7.9 Tobramycin
Tobramycin gehört zur Gruppe der Aminoglykoside. Seine bakterizide Wirkung kommt
durch die Hemmung der bakteriellen Proteinsynthese zu Stande. Es ist sowohl im
grampositiven, als auch im gramnegativen Bereich wirksam, wobei Anaaerobier eine
natürliche Resistenz gegenüber dieser Substanz zeigen. Es wird bei Infektionen, die durch
Pseudomonas aeruginosa hervorgerufen werden, in Kombination mit einem Penicillin,
Cephalosporin, Carbapenem oder Gyrasehemmer gegeben. Weitere Anwendungsgebiete
sind: Peritonitis, Sepsis, komplizierte Harnwegsinfektionen und Kombinationspartner bei
sensiblen MRSA-Stämmen sowie bei multiresistenten gramnegativen Erregern. Es kann
abhängig von der Therapiedosis und der Therapiedauer nephro- und ototoxisch wirken.
(14,59)
3.7.10 Imipenem/Cilastatin
Imipenem ist ein Carbapenem der Gruppe 1. Es hemmt die bakterielle Zellwandsynthese
durch Bindung an PBPs bei grampositiven und gramnegativen Erregern und zeigt eine
bakterizide Wirkung. Cilastatin ist ein reversibler, kompetitiver Hemmer der renalen
Dehydropeptidase-I und der Leukotrien D4 Dipeptidase. Da die Dehydropeptidase-I
Imipenem metabolisiert und inhibiert, wird es zur Wirkungsverstärkung mit Cilastatin
kombiniert. Es wird bei drei multiresistenten Erregern sowie als Kombinationspartner mit
Colistin bei vier multiresistenten Erregern eingesetzt. (14,60)
51
3.7.11 Meropenem
Meropenem ist wie Imipenem ein Carbapenem der Gruppe 1 und hat daher dieselben
MRE-Indikationen wie Imipenem. (14)
3.7.12 Ciprofloxacin
Ciprofloxacin ist ein Fluorchinolon der Gruppe II. Es hemmt die Enzyme Topoisomerase
II (DNS-Gyrase) und Topoisomerase IV und wirkt bakterizid.
Diese antibiotische Substanz besitzt eine Bioverfügbarkeit von etwa 70% und zeigt eine
sehr gute Wirksamkeit bei resistenten Pseudomonas aeruginosa-Stämmen. Des Weiteren
wird es als Kombinationspartner zur Therapie sensibler MRSA-Stämme verwendet. (8,14)
3.7.13 Rifampicin
Rifampicin gehört zu den Ansamycinen und wird halbsynthetisch hergestellt. Durch
Bindung an die bakterielle RNA-Polymerase hemmt es die bakterielle Proteinsynthese.
Auf proliferierende Keime hat es eine bakterizide Wirkung. Bei ruhenden Keimen zeigt es
deutlich weniger Aktivität.
Rifampicin zeigt eine sehr gute Wirksamkeit gegenüber Mycobacterium tuberculosis,
Staphylokokken, Enterokokken, Streptokokken, Gonokokken, Meningokokken,
Legionellen, Hämophilus influenzae und Chlamydien. Es wird bei allen Formen der
Tuberkulose eingesetzt (Voraussetzung: Erregerempfindlichkeit gegen Rifampicin) und als
Kombinationspartner bei sensiblen MRSA-Infektionen (insbesondere bei Infektionen von
Endoprothesen und Versuch des Erhalts der Prothese, durch verbessertes Eindringen in den
Biofilm). (14,61)
3.8 Ursachen, Prävention, Strategien
3.8.1 Ursachen
Es gibt verschiedene Risikofaktoren für Resistenzentwicklungen, welche grob in Selektion,
Wirtsfaktoren und Verbreitung eingeteilt werden können. (17)
52
Selektion:
- Übermäßiger Einsatz weniger Antibiotikagruppen
- Unkritischer Einsatz von Breitbandantibiotika
- Subtherapeutische Dosierungen
- Inadäquate Substanzen und Therapiezeiten
Wirtsfaktoren:
- Mehr Risikopatienten /Risikopatientinnen (Alter, Diabetes, Multimorbidität)
- Mehr invasive und immunsuppressive Therapien
Verbreitung:
- Unzureichende Infektionskontrolle und Hygiene
- Intra- und Interspeziestransfer von Resistenzfaktoren (17)
Die Entdeckung von antimikrobiellen Substanzen war zweifelsohne der größte
medizinische Triumph des 20. Jahrhunderts. Durch deren Anwendung, unsachgemäßen
Gebrauch und Zweckentfremdung stehen wir heute vor dem Problem der
Resistenzentwicklungen bei Bakterien mit der konsekutiven Unwirksamkeit vieler
Substanzen.
Es besteht ein Zusammenhang zwischen Resistenzentwicklungen und den erhöhten Einsatz
von Antibiotika sowohl in der Human- und Veterinärmedizin, als auch bei Tiermast und
lebensmittelproduzierenden Tieren. Dadurch wird eine bessere Energieverwertung und
Gewichtszunahme bei den Tieren erreicht, indem die Darmflora verändert wird und
Stoffwechselprozesse angekurbelt werden. Das große Problem dabei ist, dass für diesen
gewünschten Effekt Antibiotika in subtherapeutischen Dosen eingesetzt werden und
Gefahr von Resistenzentwicklungen durch Selektion extrem hoch ist.
In der Tiermast werden Antibiotika häufig als Wachstumsförderer eingesetzt.
Die Verbreitung resistenztragender Keime wird dadurch erleichtert, dass Menschen
heutzutage häufiger in ferne Länder reisen und so die Keime verschleppen können. (17,62)
53
Die Verbreitung von Resistenzgenen ist sehr komplex. Die Übertragung erfolgt zwischen
Menschen untereinander und zwischen Menschen und Tieren. Über deren Ausscheidungen
können sie schließlich in die Umwelt gelangen (Boden, Wasser, Abwasser, via Dünger:
Nahrungsmittel) und wieder auf Mensch und Tier übertragen werden. Die folgende
Abbildung dient der Verdeutlichung der Komplexität der potentiellen Ausbreitung
resistenztragender Keime. (17)
Abbildung 10: Einfluss von Antibiotika auf die Umwelt (62)
3.8.2 Prävention, Strategien gegen Resistenzentwicklungen
Resistenzentwicklungen bei Bakterien stellen ein globales Problem dar. Es ist notwendig
ihnen international, national und lokal entgegenzuwirken. Da bestehende Resistenzen nicht
mehr rückgängig gemacht werden können, liegt das Hauptaugenmerk auf
Präventionsmaßnahmen.
54
In diesem Zusammenhang sind vier Punkte besonders wichtig, nämlich die
Gesamtreduktion der Antibiotikaverordnungen, ein rationaler Einsatz dieser
Medikamentengruppe, konsequente Hygienemaßnahmen um die Verschleppung von
resistenztragenden Keimen zu unterbinden und eine intensive Forschungsarbeit zur
Entwicklung neuer antibiotischer Substanzen.
3.8.2.1 Hygienemaßnahmen am Beispiel von MRSA
Wenn Patienten/Patientinnen MRSA–Träger/Trägerinnen oder mit MRSA infiziert sind,
müssen entsprechende Isolierungsmaßnahmen getroffen werden. Im Idealfall sollten sie
einzeln untergebracht werden, es ist jedoch auch möglich mehrere MRSA-positive
Menschen gemeinsam unterzubringen. Man spricht dann von der sogenannten
Kohortenisolierung. Bei Patientenkontakt und Kontakt mit kontaminierten Gegenständen
muss eine hygienische Händedesinfektion erfolgen. Das medizinische Personal hat
entsprechende Schutzkleidung zu tragen (langärmeliger Einmalkittel, Mund-Nasen-Schutz,
Einmalhandschuhe), welche nach Verlassen des kontaminierten Zimmers entsorgt werden
muss. Das kontaminierte Zimmer muss in jedem Fall gekennzeichnet sein und Besucher
müssen im Umgang mit Infizierten geschult werden. (63)
3.8.2.2 Problembewusstsein
In einigen Teilen der Welt hat man bereits erkannt, dass der Kampf gegen
Antibiotikaresistenzen aufgenommen werden muss. Seit Kurzem beginnen auch Länder
wie China und Indien ein größeres Bewusstsein für dieses Problem zu entwickeln, was
aufgrund der Größe der Bevölkerung und dem dort bestehenden Missbrauch von
Antibiotika, von großer internationaler Bedeutung ist.
Das Problem der Antibiotikaresistenzen kann nicht alleine gelöst werden. Eine
internationale Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Wissenschaft und Industrie wird
dazu nötig sein. (64)
55
3.8.2.3 Aktionsplan, Schlüsselmaßnahmen zur erfolgreichen Bekämpfung der
Antibiotikaresistenz
Aus dem oben genannten Grund veröffentlichte die europäische Kommission am 17.
November 2011 einen 5-Jahres-Aktionsplan zur Abwehr der steigenden Gefahr der
Antibiotikaresistenz. (65)
Laut der EU-Kommission handelt es sich bei der Antibiotikaresistenz um ein europäisches
und weltweit gesellschaftliches Problem, das die Bereiche Human-und Veterinärmedizin,
Tierhaltung, Landwirtschaft, Umwelt und Handel betrifft. Ein ganzheitliches Konzept ist
von Nöten, um dieses Problem zu lösen, bzw. zumindest einzudämmen. (65)
Angemessener Einsatz von Antibiotika: Antibiotika sollten in der Human-und
Veterinärmedizin nur zum Einsatz kommen, wenn es wirklich notwendig ist. Es muss eine
klare Indikation vorhanden sein und die Patienten/Patientinnen werden dazu aufgefordert,
das Medikament sachgemäß einzunehmen (Dosis, Einhalten der Therapiedauer). Ein
umsichtiger Einsatz im Veterinärbereich wird durch enge Zusammenarbeit von der
Tierarzneimittelbranche, Tierärzten und Landwirten gefördert. (65)
Prävention von mikrobiellen Infektionen und deren Ausbreitung: Nosokomiale Infektionen
sollen durch entsprechende Hygienemaßnahmen in Gesundheitseinrichtungen vermieden
werden. (65)
Bei landwirtschaftlichen Nutztieren liegt der Fokus auf Infektionsschutz- und
Infektionsbekämpfung. Hierfür müssen neue strengere Gesetze geschaffen werden. (65)
Entwicklung neuer Antibiotika, Impfstoffe und Diagnoseinstrumente in Human-und
Veterinärmedizin (65)
Eindämmung der Verbreitung von Resistenzen durch Handel und Reiseverkehr durch
internationale Abkommen (65)
56
Stärkere Überwachung des Antibiotikaverbrauchs und der Resistenzentwicklung in der
Humanmedizin sowie im Veterinärbereich (65)
Förderung von Forschungsprojekten zum besseren Verständnis von
Resistenzentwicklungen und Interaktionen zwischen Wirt und Pathogenen (65)
Kommunikation, Aufklärung und Schulung: Die Öffentlichkeit muss ein stärkeres
Bewusstsein für dieses Problem entwickeln. Aufklärungskampagnen sollen gestartet
werden, um die Menschen für dieses Thema zu sensibilisieren. (65)
Im letzten Jahrzehnt kam es zu einem dramatischen Anstieg an bakteriellen Pathogenen,
welche eine Resistenz gegen zahlreiche antibakterielle Substanzen entwickelten. Im
November 2013 veranstaltete deshalb die sogenannte B-Debate (International Center for
Scientific Debate Barcelona) mit dem Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal) in
Zusammenarbeit mit der European Society of Clinical Microbiology and Infectious
Diseases (ESCMID) und dem Spanish Network for Research in Infectious Diseases
(REIPI) ein Treffen mit zahlreichen Experten, welche die wesentlichen Interessensgruppen
(politische Entscheidungsträger, Gesundheitsbehörden, Pharmaunternehmen etc.)
vertreten. Ziel war es die globale Bedrohung der Antibiotikaresistenzen einzuschätzen und
koordinierte Strategien dagegen zu erarbeiten. (19)
Im Mittelpunkt standen drei große Themengebiete:
Antimikrobielle Resistenz bei Tieren und der Nahrungskette, in der Umwelt und der
Gesellschaft allgemein. Außerdem wurde der Mangel an therapeutischen Optionen
diskutiert.
Zusammenfassend können folgenden Maßnahmen getroffen werden, um das Auftreten und
die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen weltweit zu verhindern bzw. einzudämmen:
Rationale Verwendung von Antibiotika in allen Anwendungsbereichen
Implementierung von Kontrollmaßnahmen im Gesundheitsbereich
Entwicklung von Strategien zur Eindämmung des Risikos durch Umweltbelastung
Entwicklung von schnellen diagnostischen Tests
Förderung der Forschung (19)
57
Steigerung der generellen Achtsamkeit der Gesellschaft bezüglich des
Antibiotikaverbrauchs und des steigenden Risikos der Resistenzentwicklung (19)
Die Wissenschaftsakademien der G7-Mitgliedsstaaten erarbeiteten 2015 auf Schloss Elmau
vier Empfehlungen zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen:
1.) Forschung und Herstellung von neuen antimikrobiellen Substanze, Impfstoffen und
Diagnostika
2.) Schließung von Wissenslücken bezüglich Infektionskrankheiten
3.) Globales Monitoring von Infektionskrankheiten
4.) Sensibilisierung der Bevölkerung für den verantwortungsvollen Umgang mit
Antibiotika und für die Gefahren von Infektionskrankheiten (66)
Im Februar 2016 fand in Amsterdam zum Thema Antibiotikaresistenzen eine EU-
Ministerkonferenz statt, um die nächsten Schritte zur Resistenzbekämpfung voranzutreiben
und die globalen Vorgaben der WHO umzusetzen. (67)
3.8.2.4 Antibiotic stewardship
Durch „Antibiotic stewardship“ soll die Qualität der Antibiotikatherapie verbessert
werden. Unter diesem Begriff werden alle Maßnahmen zusammengefasst, welche die
Antibiotikaverordnungspraxis sowohl im stationären, als auch im ambulanten Bereich
verbessern. Ein multidisziplinäres „Antibiotic stewardship“ Team besteht aus
Facharzt/Fachärztin, Fachapotheker/in, Krankenhaushygiener/in und Mikrobiologen/in.
(17)
58
Die Kernstrategien lauten wie folgt:
Lokale Behandlungsleitlinien
Schulung, Fortbildung
Antiinfektiva-Visiten bzw. Verordnungsanalysen
Qualitätsindikatoren
Therapiedauer
Deeskalation
Dosisoptimierung
Oralisierung
Spezielle Regeln für das Management von Patienten/Patientinnen mit
multiresistenten Erregern
Spezielle Regeln bei der Mitteilung mikrobiologischer Befunde
Computerunterstütze Informationstechnologie (z.B. Abfragen des
Antibiotikaverbrauchs assoziiert mit infektiologischen ICD-10-Diagnosen) (17)
3.8.2.5 Alternativen zu Antibiotika
Das Auffinden von neuen nicht-antibiotischen Substanzen ist grundlegend sowohl für die
Prävention, als auch für den Schutz gegen infektiöse Erkrankungen.
Dabei konzentrieren sich Forschungsarbeiten unter anderem auf die Entwicklung von
Impfungen, Phagentherapie, Immunstimulanzien, adjuvanten Medikamenten, Probiotika,
Toxin-Antidote und Kombinationstherapien.
Bisher war die Erforschung von antibakteriellen Impfungen nur mäßig erfolgreich. Der
therapeutische Ansatz ist jedoch vielversprechend, deshalb verdient er noch weitere
intensive Forschungsanstrengungen. (55)
Auch der Einsatz von Probiotika wird zunehmend wichtiger, da die Beeinflussung des
menschlichen Mikrobioms jetzt schon und in Zukunft höchstwahrscheinlich noch mehr
Therapiemöglichkeiten bieten wird.
Beispielsweise werden mittels fäkaler Mikrobiota-Therapie sämtliche Bakterien eines
gesunden Darms in einen erkrankten verpflanzt. Man nutzt dies bei schwer therapierbaren
bakteriellen Darmerkrankungen, die durch Clostridium difficile oder multiresistente
gramnegative Bakterien, z.B. multiresistente Klebsillen, verursacht wurden. (55,17)
59
Liposomen statt Antibiotika
2014 wurde im Fachmagazin Nature Biotechnology eine Studie veröffentlicht, aus der
neue Hoffnung für den Kampf gegen resistente Bakterien geschöpft werden kann. Das
Forschungsteam um Priv.-Doz. Dr. Babiychuk und Prof. Draeger der Universität Bern
entwickelte spezielle Liposomen, die zur Behandlung bakterieller Infektionen eingesetzt
werden können. Im Tierversuch überlebten Nager eine sonst tödlich verlaufende Sepsis,
ohne dass Antibiotika eingesetzt wurden.
Bei Liposomen handelt es sich um Nanopartikel, die aus Phospholipiddoppelschichten
bestehen. Sie werden bereits in der Onkologie eingesetzt, wo sie als Vesikel für Wirkstoffe
dienen, die zum Zielort gebracht werden sollen.
Diese neu entwickelten Liposomen sind in der Lage bakterielle Toxine einzufangen und zu
neutralisieren, ohne dass Schäden an den Wirtszellen entstehen. Im Versuch wurden
Mäuse mit einer tödlichen Erregerdosis von Streptococcus pneumoniae bzw. S.aureus
infiziert. Die Gruppe, der Liposomen verabreicht wurden, überlebte, die Kontrollgruppe
verstarb 24 bis 33 Stunden nach der Infektion.
Das Besondere an diesem Ansatzpunkt der Infektionsbekämpfung ist, dass Bakterien keine
Resistenzen entwickeln können, da sich die Liposomen nicht gegen das Bakterium selbst,
sondern gegen dessen produzierte Toxine richtet.
Derzeit wird mit CAL02, so der Name des neu entwickelten Medikaments, eine klinische
Studie an Menschen geplant, die an einer schweren durch Streptokokken ausgelösten
Pneumonie erkrankt sind. (68)
3.8.2.6 Neuentwicklung von Antibiotika
Die Forschung an neuen Antibiotika gestaltet sich problematisch, da neue Angriffspunkte
sehr schwer zu finden und die Mechanismen bewährte Strukturen zu modifizieren nahezu
ausgereizt sind.
Die EMA (European Medicines Agency) und die US-amerikanische Food and Drug-
Administration (FDA) haben seit dem Jahr 2000 über zahlreiche Anträge für neue
Substanzen entschieden. Nur vier, der bis Oktober 2012 zugelassenen Medikamente
basieren auf neuen Antibiotika-Klassen, jedoch entfalten sie ihre Wirkung nur bei
grampositiven Erregern. (69)
60
Diese Substanzen lauten:
Oxazolidinone (Linezolid)
Lipopetide (Daptomycin)
Mutiline (Retapamulin)
Lipiarmycine (Fidaxomicin) (69)
Der Großteil der neu entwickelten Antibiotika befindet sich erst in einer frühen
Entwicklungsphase. (70)
Eine große Problematik ist auch, dass sich große pharmazeutische Unternehmen aufgrund
mangelnder Rentabilität durch hohe Kosten und unsichere Ertragsaussichten aus der
Forschung für Antibiotika weitestgehend zurückgezogen haben. Die Entwicklungskosten
für ein Medikament betragen nämlich etwa eine Milliarde US-Dollar. (71)
Demzufolge müssen finanzielle Anreize für Pharmaunternehmen geschaffen werden.
Abschließend soll nochmals betont werden, dass gesundheitspolitische Weichenstellungen,
koordinierte Forschungsanstrengungen, Sensibilisierung sowie Aufklärung der
Gesellschaft und Schulung des medizinischen Personals zur Eindämmung des globalen
Problems der Resistenzentwicklung unabdingbar sind. Der zielgerichtete sowie sparsame
Verbrauch von Antibiotika in Human- und Veterinärmedizin, Landwirtschaft und Tiermast
und die konsequente Einhaltung von Hygienemaßnahmen sind Grundvoraussetzungen für
die Prävention von Resistenzentwicklung bei Bakterien. (17)
61
4 Diskussion
Seit der klinischen Einführung von Penicillin in den 1940er Jahren stellen Antibiotika
einen wichtigen Grundpfeiler der modernen Medizin dar und spielen eine
ausschlaggebende Rolle in der Therapie und Prävention infektiöser Krankheiten. (71)
Durch deren übermäßige Anwendung und inadäquaten Gebrauch bzw. Missbrauch stehen
wir heute vor dem Problem der Resistenzentwicklungen bei Bakterien mit der
konsekutiven Unwirksamkeit vieler Substanzen. (17,62)
Die zunehmenden bakteriellen Resistenzentwicklungen gegen antibiotische Substanzen
stellen heutzutage ein globales Problem in unserem Gesundheitssystem dar, welches auf
internationaler Ebene gelöst werden muss.
Eine enge Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Wissenschaft und Industrie wird dazu
von Nöten sein. (64)
Es ist höchste Zeit um endlich zu handeln um noch Schlimmeres zu verhindern und die
bereits entstandenen Schäden einzudämmen.
Im letzten Jahrzehnt konnte ein dramatischer Anstieg an resistenten Keimen beobachtet
werden. (19)
Dieser Umstand hat neben der steigenden Anzahl an Todesfällen auch ökonomische
Konsequenzen. (55)
Durch Antibiotikaresistenzen entstehen nämlich längere Krankenhausaufenthalte, mehr
Todesfälle durch Therapieversagen und deutlich höhere Behandlungskosten. In Europa
erkranken jährlich ca. 400 000 Menschen an einer Infektion, die von multiresistenten
Erregern verursacht wurde. Etwa 25 000 Menschen versterben an den Folgen einer solchen
Infektion. Die europäische Gesundheitsbehörde ECDC (European Centre for Disease
Prevention and Control) schätzt die Gesamtkosten durch Infektionen mit resistenten
Erregern auf ca. 1,5 Milliarden Euro/Jahr. (55,69)
Es besteht ein kausaler Zusammenhang zwischen dem erhöhten Verbrauch von Antibiotika
in Human-und Veterinärmedizin, in der Viehzucht, der fortschreitenden Industrialisierung
und der erhöhten Prävalenz von resistenztragenden Erregern. (62)
62
Der Erforschung neuer wirksamer Antibiotika läuft, gestaltet sich jedoch schwierig.
Wie das Beispiel der neu entwickelten Liposomen zeigt, wird unter anderem die neue
Strategie verfolgt, Substanzen zu entwickeln, welche sich gegen die vom Bakterium
produzierten Toxine richten und den Angriffspunkt nicht direkt am Bakterium selbst
haben. Der große Vorteil hierbei ist, dass sich keine Resistenzen gegen solche Substanzen
ausbilden können.
Verschiedene Institutionen, wie beispielsweise die europäische Kommission, haben
bereits erste Schritte eingeleitet um der steigenden Gefahr neuer Resistenzentwicklungen
entgegenzutreten. Auch in den Medien wird immer öfter über Antibiotikaresistenzen
berichtet, um die Bevölkerung für diese zunehmende Problematik zu sensibilisieren.
Es bleibt zu hoffen, dass die ergriffenen Präventionsmaßnahmen und die unternommenen
Forschungsanstrengungen Früchte tragen werden, um die Behandelbarkeit bakterieller
Infektionen auch für unsere nachfolgenden Generationen gewährleisten zu können.
63
5 Literaturverzeichnis
1. Hof H, Dörries R, et al. Medizinische Mikrobiologie. 5.Auflage. Duale Reihe.
Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 2014.
2. Suerbaum S, Hahn H, Buchard GD, Kaufmann SHE, Schulz TF. Medizinische
Mikrobiologie und Infektiologie. 7. Auflage. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag;
2012
3. Cypionka H. Grundlagen der Mikrobiologie. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag;
1999
4. Campbell NA, Reece JB, Urry, Cain, Wasserman, Minorsky, Jackson. Biologie.
8.Auflage. München: Pearson Studium, Imprint der Pearson Education Deutschland
GmbH; 2009
5. URL: http://flexikon.doccheck.com/de/Transformation (aufgerufen am 14.05.2016)
6. Fuchs G. begründet von Schlegel HG. Allgemeine Mikrobiologie. 8.Auflage.
Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag, 2007
7. Groß U. Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 2.Auflage.
Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 2009
8. Aktories K, Förstermann U, Hofmann FB, Starke K. Allgemeine und spezielle
Pharmakologie und Toxikologie. Begründet von W. Forth, D. Henschler, W.
Rummel. 10. Auflage. München: Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH; 2009.
9. Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Nationaler Aktionsplan zur
Antibiotikaresistenz. NAP-AMR. 1.Auflage. Wien: BMG; 2014
10. Lüllmann H, Mohr K, Hein L, Wehling M. Pharmakologie und Toxikologie.
Arzneimittelwirkungen verstehen – Medikamente gezielt einsetzen. 17.Auflage.
Stuttgart: Thieme Verlag; 2010
11. Stille W, Brodt HR, Groll AH, Just-Nübling G. Antibiotika-Therapie. Klinik und
Praxis der antiinfektiösen Behandlung. 11.Auflage. Stuttgart, New York:
Schattauer; 2006
12. Bundesministerium für Gesundheit (BMG).
URL:
http://bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Krankheiten/Antibiotikaresistenz/Behandlung
_mit_Antibiotika_Information_fuer_Patientinnen_und_Patienten (aufgerufen am
18.05.2016)
64
13. Daschner F, Frank U. Antibiotika am Krankenbett. 16.Auflage. Berlin, Heidelberg:
Springer Verlag; 2013
14. Schulz-Stübner S, Mattner F, Meyer E, Mahlberg R. Antibiotika bei Infektionen
mit multiresistenten Erregern. Berlin: Springer Verlag; 2015.
15. Österreichische Ärztezeitung. Thalhammer F. Antibiotika. DFP-Literaturstudium.
2011
URL:
http://www.aerztezeitung.at/fileadmin/PDF/2011_Verlinkungen/StateAntibiotika.p
df (aufgerufen am 20.05.2016)
16. Österreichische Gesellschaft für antimikrobielle Chemotherapie
URL: http://www.infektionsnetz.at/TabelleEinteilungAntibiotika.phtml#tabelle2
(aufgerufen am 20.05.2016)
17. Schulz-Stübner S, Dettenkofer M, Mattner F, Meyer E, Mahlberg R.
Multiresistente Erreger: Diagnostik-Epidemiologie-Hygiene-Antibiotika-
"Stewardship". 1. Auflage. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag; 2016
18. Weltgesundheitsorganisation. Regionalbüro für Europa.
URL: http://www.euro.who.int/de/health-topics/disease-prevention/antimicrobial-
resistance/antibiotic-resistance (aufgerufen am 22.05.2016)
19. Roca I, Akova M, Baquero F, Carlet J et al. The global threat of antimicrobial
resistance: science for intervention. New Microbes and New Infections. Elsevier.
2015 Jul; 6: 22–29. doi: 10.1016/j.nmni.2015.02.007
20. Universität Duisburg, Essen. 2011.
URL: https://www.uni-due.de/imperia/md/content/water-
science/ws1112/1652_ws1112_sem__antibiotika_-_resistenzmechanismen_.pdf
(aufgerufen am 22.05.2016)
21. Adam D, Doerr HW, Link H, Lode H. Die Infektiologie. Berlin, Heidelberg:
Springer Verlag; 2004
22. Knothe H in Frey R et al. Antibiotika. Ein Leitfaden für die Therapie in Praxis und
Klinik. 2.Auflage. München, Lugano: Aesopus Verlag GmbH; 1974
23. Eisenbrand G, Schreier P. RÖMPP Lexikon Lebensmittelchemie. 2.Auflage.
Stuttgart: Thieme Verlag; 2006
24. Deutsche veterinärmedizinische Gesellschaft:
URL: http://www.dvg.net/avid/22tag/34-Werckenthin.pdf
(aufgerufen am 24.05.2016)
65
25. Lowy F. Columbia University in the City of New York.
URL:
http://www.columbia.edu/itc/hs/medical/pathophys/id/2009/antibresiNotes.pdf
(aufgerufen am 26.05.2016)
26. Sanders CC. Mechanisms Responsible for Cross-Resistance and Dichotomous
Resistance among the Quinolones. Oxford Journals. Clinical Infectious Diseases.
2001. 32 (Supplement 1): S1-S8. doi: 10.1086/319369
27. Magiorakos AP, Srinivasan A, Carey RB, Carmeli Y et al. Multidrug-resistant,
extensively drug-resistant and pandrug-resistant bacteria: an international expert
proposal for interim standard definitions for acquired resistance. Clinical
Microbiology and Infectious Diseases. 2012. Epub 2011; 18(3):268-81.
doi: 10.1111/j.1469-0691.2011.03570.x.
28. Aspöck C, et al. MRSA und ESBL. 1.Auflage. Bremen, London, Boston: UNI-
MED Science; 2012.
29. Blair JM, Webber MA, Baylay AJ, Ogbolu DO, Piddock LJ. Molecular
mechanisms of antibiotic resistance. Nature Reviews Microbiology. 2015
Jan;13(1):42-51. doi: 10.1038/nrmicro3380.
30. Ganten D, Ruckpaul K. Immunsystem und Infektiologie. Handbuch der
molekularen Medizin. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag; 1999
31. Brückner A, Spengler M. Studienprojekt HighChem des Fachbereichs Chemie der
Technischen Universität Darmstadt.
URL: http://archiv.aktuelle-wochenschau.de/2013/w20/w20.html (aufgerufen am
26.05.2016)
32. Beceiro A, Tomás M, Bou G. Antimicrobial Resistance and Virulence: a Successful
or Deleterious Association in the Bacterial World? Clinical Microbiology Reviews.
2013 Apr; 26(2): 185–230. doi: 10.1128/CMR.00059-12
33. Universität Zürich. Institut für Medizinische Mikrobiologie.
URL:
http://www.imm.uzh.ch/services/eVademecum/bacteriology/bakteriologie3.html
(aufgerufen am 27.05.2016)
34. Gressner AM, Arndt T. Lexikon der medizinischen Laboratoriumsdiagnostik. 2.
Auflage. Berlin, Heidelberg. Springer Verlag; 2013
66
35. Witte W, Strommenger B, Klare I, Werner G. Bakterielle Erreger von
Krankenhausinfektionen mit besonderen Resistenzen und Multiresistenzen. Teil I:
Diagnostik und Typisierung. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung –
Gesundheitsschutz. Leitthema: Krankenhaushygiene. April 2004. 47:352–362.
doi: 10.1007/s00103-004-0810-y
36. Universitätsklinikum Heidelberg. Medizinische Mikrobiologie und Hygiene.
URL: https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Antibiogramm.9048.0.html
(aufgerufen am 28.05.2016)
37. Österreichische Gesellschaft für antimikrobielle Chemotherapie
URL: http://www.infektionsnetz.at/TextExtResistenzuntersuchung.phtml
(aufgerufen am 28.05.2016)
38. Universitätsklinikum Ulm. Med. Mikrobiologie und Hygiene.
URL: http://www.uniklinik-ulm.de/index.php?id=5032 (aufgerufen am 29.05.2016)
39. Baumann B, Nolte O. Diagnostik multiresistenter Erreger - Viele Wege führen zum
Ergebnis. 2014.
URL: https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/de/fachbeitrag/aktuell/diagnostik-
multiresistenter-erreger-viele-wege-fuehren-zum-ergebnis/ (aufgerufen am
29.05.2016)
40. Monecke S, Coombs G, Shore AC et al. A Field Guide to Pandemic, Epidemic and
Sporadic Clones of Methicillin-Resistant Staphylococcus aureus. PLoS One. 2011;
6(4): e17936. doi: 10.1371/journal.pone.0017936
41. Figueiredo AM, Ferreira FA. The multifaceted resources and microevolution of the
successful human and animal pathogen methicillin-resistant Staphylococcus aureus.
Memorias do Instituto Oswaldo Cruz. 2014 Jun; 109(3): 265–278.
doi: 10.1590/0074-0276140016
42. The Scientist. 2012
URL:
http://www.the-scientist.com/?articles.view/articleNo/31657/title/Antimicrobial-
Cross-Resistance-Risk/ (aufgerufen am 01.06.2016)
43. MRSA Topic. URL: http://mrsatopic.com/2010/09/mrsa-colonization-vs-infection/
(aufgerufen am 01.06.2016)
44. MRSA-net. URL: http://www.mrsa-net.nl/de/personal/screening/screening-
patienten/514-wie-und-wie-oft-muss-ich-bei-einem-mrsa-patienten-einen-abstrich-
nehmen (aufgerufen am 01.06.2016)
67
45. Pantosti A. Methicillin-Resistant Staphylococcus aureus Associated with Animals
and Its Relevance to Human Health. Frontiers in Microbiology. 2012; 3:127.
doi: 10.3389/fmicb.2012.00127
46. Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
(KRINKO) beim Robert Koch-Institut. Empfehlungen zur Prävention und
Kontrolle von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus-Stämmen (MRSA) in
medizinischen und pflegerischen Einrichtungen. Bundesgesundheitsblatt. 57:696–
732, Springer-Verlag Berlin Heidelberg; 2014
doi:10.1007/s00103- 014 -1980 –x
URL:
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloa
ds/MRSA_Rili.pdf?__blob=publicationFile (aufgerufen am 05.06.2016)
47. Bradley SF. Eradication or Decolonization of Methicillin-Resistant Staphylococcus
aureus Carriage: What Are We Doing and Why Are We Doing It? Oxford Journals.
Clinical Infectious Diseases. 2007; 44 (2): 186-189. doi: 10.1086/510395
48. Simor AE, Loeb M, CIDS/CAMM Guidelines Committee. The management of
infection and colonization due to methicillin-resistant Staphylococcus aureus: A
CIDS/CAMM position paper. The Canadian Journal of Infectious Diseases. 2004
Jan-Feb; 15(1): 39–48.
49. Thieme. Innere Medizin. 2015. URL: https://www.thieme.de/de/innere-
medizin/vancomycin-resistente-enterokokken-67839.htm (aufgerufen am
02.06.2016)
50. Constanze Wendt C, Rüden H, Edmond M. Vancomycin-resistente Enterokokken.
Epidemiologie, Risikofaktoren und Prävention. Deutsches Ärzteblatt. 1998; 95(25)
51. Simon A, Gröger N, Engelhart S, Molitor G, Exner M et al. Vancomycin-resistente
Enterokokken (VRE) – Übersicht zu Bedeutung, Prävention und Management in
der Pädiatrie. Hygiene & Medizin. 2004; 29 [7/8]: 259–275
52. Sujatha S, Praharaj I. Glycopeptide Resistance in Gram-Positive Cocci: A Review.
Interdisciplinary Perspectives on Infectious Diseases. 2012; 2012: 781679.
doi: 10.1155/2012/781679
53. Universitätsklinikum Tübingen. URL: http://www.medizin.uni-
tuebingen.de/uktmedia/EINRICHTUNGEN/Institute/Institut+fuer+Medizinische+
Mikrobiologie+und+Hygiene/PDF_Archiv/Hygiene/Hygieneplan+11_08_2009/Inf
ektionen_ESBL-port-10011-p-21080.pdf (aufgerufen am 03.06.2016)
68
54. Graninger W. Österreichische Gesellschaft für Antimikrobielle Chemotherapie.
URL: http://www.infektionsnetz.at/AktuellesESBL.phtml (aufgerufen am
03.06.2016)
55. Bush K, Courvalin P, Dantas G, Davies J, et al. Tackling antibiotic resistance.
Nature Reviews Microbiology. 2011 Dec; 9(12): 894–896.
doi:10.1038/nrmicro2693
56. Karaiskos I, Giamarellou H. Multidrug-resistant and extensively drug-resistant
Gram-negative pathogens: current and emerging therapeutic approaches. Expert
Opinion on Pharmacotherapy. 2014 July ; 15(10): 1351–1370.
doi: 10.1517/14656566.2014.914172
57. Sun LH, Dennis B. The Washington Post. The superbug that doctors have been
dreading just reached the U.S; 26.05.2016.
URL: https://www.washingtonpost.com/news/to-your-health/wp/2016/05/26/the-
superbug-that-doctors-have-been-dreading-just-reached-the-u-s/ (aufgerufen am
04.06.2016)
58. The Guardian. US reports first case of bacteria resistant to antibiotic of last resort.
26.05.2016.
URL: http://www.theguardian.com/society/2016/may/27/us-reports-first-case-of-
bacteria-resistant-to-antibiotic-of-last-resort (aufgerufen am 04.06.2016)
59. Österreichische Gesellschaft für antimikrobielle Chemotherapie
URL: http://www.infektionsnetz.at/AntibiotikaTobramycin.phtml (aufgerufen am
05.06.2016)
60. URL: http://www.drugbank.ca/drugs/DB01597 (aufgerufen am 05.06.2016)
61. Österreichische Gesellschaft für antimikrobielle Chemotherapie
URL: http://www.infektionsnetz.at/test/antibiotika/rifampicin.htm (aufgerufen am
05.06.2016)
62. Cantas L, Shah SQ, Cavaco LM et al. A brief multidisciplinary review on
antimicrobial resistance in medicine and ist linkage tot he global environmental
microbiota. Frontiers in Microbiology. 2013; 4: 96. doi:10.3389/fmicb.2013.00096
63. Trambacz J. Präventionsmaßnahmen gegen Methicillin-resistente Staphylococcus-
aureus-Stämme (MRSA) in deutschen Krankenhäusern. München: Grin Verlag;
2012.
64. Van den Brink R. Das Ende der Antibiotika: Sieg der Bakterien über ein
Allheilmittel. Norderstedt: Books on Demand, 1. Auflage; 2015.
69
65. Europäische Kommission. Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat.
Aktionsplan zur Abwehr der steigenden Gefahr der Antibiotikaresistenz; Nov. 2011
URL:
http://ec.europa.eu/dgs/health_food-
safety/docs/communication_amr_2011_748_de.pdf (aufgerufen am 10.06.2016)
66. Hacker J, Kumm S. Antibiotika und Antibiotikaresistenzen: Vorkommen und
Perspektiven Deutsches Ärzteblatt 2015; 112(23): A-1046 / B-874 / C-848
67. Pharma Fakten. EU-Ministerkonferenz in Amsterdam. Politik bündelt Kräfte im
Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen
URL: https://www.pharma-fakten.de/news/details/325-politik-buendelt-kraefte-im-
kampf-gegen-antibiotika-resistenzen/ (aufgerufen am 11.06.2016)
68. Pharmazeutische Zeitung online. Bakterielle Infektionen: Liposomen statt
Antibiotika; 2014.
URL: http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=54938 (aufgerufen am
11.06.2016)
69. Akademie der Wissenschaften in Hamburg, Deutsche Akademie der Naturforscher
Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften –. Antibiotika-Forschung:
Probleme und Perspektiven. Stellungnahme. Berlin/Boston: Walter de Gruyter
GmbH; 2013
70. Hamad B. The antibiotics market. Nature Reviews Drug Discovery 9: 675–676;
2010. doi:10.1038/nrd3267
71. White AR. Effective antibacterials: at what cost? The economics of antibacterial
resistance and its control. Oxford Journals. Journal of Antimicrobial
Chemotherapy; 2011. doi:10.1019/jac/dkr260
72. Miphidic. Personal infectious diseases blog. Control of Healthcare-Associated
MRSA;2014
URL: https://miphidic.wordpress.com/2014/11/04/control-of-healthcare-associated-
mrsa/ (aufgerufen am 11.06.2016)