Die Stadt von der anderen Seite sehen - Schauspiel Köln · Dieser Aufforderung des Schauspiel...

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Seite 1 von 1 Mülheimer Freiheit, 02.03.16 Die Stadt von der anderen Seite sehen Mülheim - Köln muss besser werden. Es braucht neue Ideen und eine Vorstellung davon, wie diese Stadt in Zukunft aussehen soll. Es braucht eine Vision vom Zusammenleben der Menschen und davon, wie unterschiedliche Kulturen aufeinandertreffen und sich begegnen. Damit das möglich ist, braucht es Bewegung statt Stillstand, Mut statt Verzagtheit, Offenheit statt Klüngel und Hinschauen statt selbstbesoffener Lokalpatriotismus. Zwei Jahre lang wird das Schauspiel Köln deshalb mit Workshops, Führungen, Inszenierungen und Interventionen auf die Stadt schauen. Hier von Mülheim aus, wo derzeit Wandel in Echtzeit passiert, und gemeinsam mit vielen Künstlern und Stadtentwicklern. Die Auftakt- Veranstaltung ist am Samstag, den 05.03.16 um 14h im Depot 2 und ganz Mülheim, Teilnahmegebühr 10 Euro inkl. Verpflegung. Quelle (Abruf: 02.03.16 | 11:06): http://www.muelheimer-freiheit.net/nachrichten.php?ID=10979

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Mülheimer Freiheit, 02.03.16

Die Stadt von der anderen Seite sehen

Mülheim - Köln muss besser werden. Es braucht neue Ideen und eine Vorstellung davon, wie diese Stadt in Zukunft aussehen soll. Es braucht eine Vision vom Zusammenleben der Menschen und davon, wie unterschiedliche Kulturen aufeinandertreffen und sich begegnen.

Damit d a s möglich ist, braucht es Bewegung statt Stillstand, Mut statt Verzagtheit , Offenheit statt Klüngel und Hinschauen statt se lbs tbesof fener Lokalpatriotismus. Zwei J ah re lang wird d a s Schauspiel Köln d e s h a l b mit Workshops, Führungen, Inszenierungen und Interventionen auf d ie Stadt schauen .

Hier von Mülheim aus, wo derzei t W a nde l in Echtzeit passiert , und g e m e in s a m mit vielen Künstlern und Stadtentwicklern. Die Auftakt- Veranstaltung ist a m Sam stag , de n 05.03.16 um 14h im Depot 2 und ganz Mülheim, Te i ln ahmegebühr 10 Euro inkl. Verpflegung.

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Die Stadt von der anderen Seite sehen

Dieser Aufforderung des Schauspiel Köln folgen wir gerne und reisen aus der Südstadt nach Müiheim. Hier sehen wir die Stadt von der anderen Seite (des Rheins), und, wie es das Schauspiel in einem zwei Spielzeiten übergreifenden Mitmach- Projekt an regen will „aus anderer Perspektive". Kunst meets Stadtentwicklung ist, kurz zusammengefasst, das Thema und kann Inspiration sein zum Beispiel auch für die Entwicklungen in der Parkstadt Süd.

Eva Maria Baumeister, Kölner Regisseurin und Isabel Finkenberger, Stadtplanerin aus Köln-Zollstock, sind von Thomas Laue, dem leitenden Dramaturgen des Schauspiels engagiert worden, um Formate der Beteiligung und ein künstlerisches Konzept für den Prozess in den zwei Jahren zu entwickeln. Ihre Grundfrage, auf den Stadtteil Mülheim bezogen, ist: Wie kann Kunst, wie können Künstler sich in Stadtentwicklung einbringen?

In der ersten Phase des Projektes haben die beiden eine Art Bestandsaufnahme gemacht: Unzählige Gespräche mit den Bewohnern und Beschäftigten in Mülheim haben sie geführt, sich den Stadtteil und die dort Hegenden Entwicklungsflächen erwandert, Diskussions-Salons veranstaltet,Kooperationspartner für die Beteiligungs-Aktionen gesucht: Am kommenden Samstag (05.03.2016) dann starten sie durch und laden erstmals die breite Öffentlichkeit dazu ein, in einem spannenden Tag voller Workshops mit ihnen Orte im Stadtteil zu gestalten - eine abendliche Präsentation der Arbeitsergebnisse auf der Bühne vom Depot 2 inklusive.Wir haben die beiden zu einem Gespräch in ihrem Büro vom Schauspiel im Carlswerk getroffen.

M eine Südstadt: Das Schauspiel hat ja in den letzten Jahren sehr eng mit den Bewohnern

Mülheims, etw a aus der benachbarten Keupstraße, zusam m engearbeitet, Stichwort BIRLIKTE- Festival. Ist dieses Projekt jetzt d ie Fortsetzung davon?Eva M aria Baumeister: In gew isser W eise ja , es ist d ie Fortsetzung der Auseinandersetzung mit

d iesem Stadtteil. W ir haben hier in Mülheim ja eine besondere Situation, w ir erleben h ier W andel in

Echtzeit, w ie w ir es form uliert haben. Es passieren unglaubliche gesellschaftliche und räum liche Umbrüche. Es ist w ie ein Labor im Stadtraum und w ir w ollen erarbeiten, w ie Kunst sich da einmischen

kann.

Kunst im öffentlichen Raum ist doch ab er nicht neu, oder?Eva M aria Baumeister: Stimmt. A ber sie w ird gesehen und sie schafft Aufmerksamkeit. Und uns geht

es nicht nur darum, tem porär Kunst an bestim m te O rte zu bringen, sondern diesen Begriff zu erweitern: W as kann ein künstlerischer Prozess sein, w ie können w ir gem einsam in e iner G ruppe ganz versch iedener Leute etwas Künstlerisches in und für d ie Räume hier erarbeiten? Und d a m it sind alle

Künste gem eint, das Theater, d ie b ildende Kunst, d ie Baukunst, der Film...Ich finde so einen d idaktischen Ansatz schwierig, w ir wollen hier nicht für, sondern mit vielen Menschen e tw as gestalten... Isabel Finkenberger: ...und w ir hatten ja schon m ehrere Gesprächs-Salons zu Fragen w ie M obilitä t,

Jugendkultur u.ä. Da haben w ir gespürt: Die Leute w o llen immer mehr in ihr direktes Um feld eingreifen. Und unser Ziel ist eben d ie andere Perspektive, also auch räumlich. Dass sich d ie Bew ohner hier mal

als Zentrum em pfinden und das Linksrheinische eben mal als Peripherie betrachten zum Beispiel...

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Eva M aria Baumeister: Es ist ein Sensibilisierungsprozess mit den Mitteln der Kunst. Und man kann

sich ja am Samstag auch nicht für den „e inen W orkshop" anm elden, sondern nach der Einführung im Foyer werden d ie Leute in zehn „M issions"-G ruppen verte ilt und schwärmen aus. A lle angeführt von

„M issions"-Leitern, also den von uns dafür engag ierten Künstlern.

W as passiert denn dann beim Ausschwärmen in den Gruppen, abends soll ja auch auf der Bühne etw as präsentiert werden, wisst Ihr schon, dass ein „Produkt" entsteht?Isabel Finkenberger und Eva M aria Baumeister: (unsiono) Daaaaü!Isabel Finkenberger: ...aber d ie Bühnen-Performance steht im Hintergrund. Es ist v ie lm ehr das, was

d ie G ruppen an den unterschiedlichen Orten in M ülheim erarbeiten. Da w ird gebaut, da w erden Töne

aufgenom m en...Eva M aria Baumeister: ....wir sagen abe r noch nicht, was es alles geben können w ird - auf jeden Fall

Wenn Ihr einen

Ausblick w agt -

was wollt Ihr am

Ende derProjektzeit erreicht haben, gebt Ihr den Stadtplanern

für Mülheim etwas

mit auf den Weg?

IsabelFinkenberger: W ir

wissen natürlich

nicht, was genau 'rauskom m t und ganz bestimmt

geben w ir keine

Handlungsem pfehlungen. A ber w ir setzen Themen m it M itte ln der Kunst. Es soll e ine Art „S törung" sein.

Und je mehr Menschen w ir für ihren öffentlichen Raum sensibilisieren und m ite inander vernetzen, desto besser. Für den Diskurs über d ie Stadt der Zukunft. W ir wollen d ie Plattform sein und w ir können

Aufm erksam keit und eine kritische Masse hersteilen.

Vielen Dank für das Gespräch und einen spannenden Workshop(s)-Tag am Samstag!

Das „Mitgestaltungs-Labor" im öffentlichen Raum und den Baugebieten Mülheims ist natürlich nicht nur Müiheimerinnen Vorbehalten, sondern das Projekt richtet sich an alle, die „e ingreifen" wollen oder sich inspirieren lassen wollen, wie sie „eingreifen" könnten. Es ist im übrigen 1:1 übertragbar auf andere Gebiete in Köln, denen massiver Umbruch bevorsteht, etwa die Parkstadt Süd rund um den Großmarkt.

von Dudith Levold

Q uelle (Abruf: 03.03.16 | 10:34):http://ww w.m einesuedstadt.de/kultur/d ie-stadt-von-der-anderen-seite-sehen

KÜNSTLERKONFERENZSALONS

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Pipeline unterm RheinLe i t u n g e n Neue Tunnel sollen die beiden Flussseiten verbindenVON RAINER RUDOLPH

Sieben Brücken spannen sich auf Kölner Stadtgebiet über den Rhein - sie sind allerdings nicht die ein­zigen Bauwerke, die das linksrhei­nische mit dem rechtsrheinischen Köln verbinden. Tief unter dem Strom gibt es nämlich auch vier Tunnel, in denen Mensch und Ma­terial die Rheinseite wechseln können. In der Hauptsache dienen diese Anlagen dem Transport von Chemikalien und Fernwärme. Jetzt kommen zwei weitere soge­nannte Düker hinzu: Während die Betonröhre der Rhein-Energie südlich der Mülheimer Brücke schon fast fertig ist, beginnt der Betreiber des Chemieparks Lever­kusen heute mit dem Vortrieb von Ost nach West.

Die 16 Meter tiefe Grube, von der aus sich die Vortriebsmaschine von Leverkusen bis in die Nähe der Merkenicher Fährgasse Vorarbei­ten wird, ist schon ausgehoben. Drei Monate wird der gewaltige Bohrer für die 470 Meter unter dem Fluss brauchen. Auf Kölner Seite wird ein Ausstiegsbauwerk den Schacht im Naturschutzgebiet des Rheinvorlandes abdecken.

25 Meter nordwestlich vom Schacht entfernt wird die neue Pipeline an die bestehende Lei­tung niit dem alten Düker zwi­schen den Chemieparks Leverku­sen und Dormagen angeschlossen. Die alte Untertunnelung enthält zehn Rohre, an denen nach fast 50 Jahren Betrieb stellenweise Korro­sion festgestellt wurde. Da der Tunnel nicht begehbar ist und kei­ne Kapazitäten mehr hat, soll er durch den neuen Düker, ersetzt werden.

Die begehbare Röhre hat einen Innendurchmesser von 2,40 Meter und eine Wandstärke von 30 Zenti­

metern. Links und rechts des Mit­telgangs sind Regalsysteme instal­liert, auf denen die Rohrleitungen fest montiert sind. Während auf der einen Seite alle bereits betrie­benen Rohre mit Kohlenmonoxid, Erdgas, Ethylen, Sauerstoff, Stick­stoff und Wasserstoff liegen, wer­den auf der anderen Seite fünf neue Reserveleitungen verlegt.

Den Düker betreten darf nur Fachpersonal mit Schutzausrüs­tung, da von den transportierten Gasen Gefahren ausgehen. Der Zustand der Leitungen soll daher auch von einer Messwarte aus an 365 Tagen im Jahr überwacht wer-

99 30 Gestapo-Leute starben beim Einstürz des Abwasser-Tunnels

den. Einziger weiterer regelmäßi­ger Besucher im Tunnel wird ein „Molch“ sein, ein fahrbares Mini­labor, das in die Rohre eingesetzt werden kann und deren Zustand von innen überwacht.

Im Kölner Süden quert ein ande­rer Chemie-Riese gleich zweimal den Rhein. Die 3,8 Kilometer lan­ge „Connect“-Pipeline gehört Shell und verläuft vom linksrheini­schen Godorf unter dem Rhein bis in das rechtsrheinische Becken zwischen dem Kölner Stadtteil Langel und Niederkassel-Lüls­dorf. Von dort kehrt sie in einem Tunnel unter dem Rhein nach Wes­seling auf dem linken Rheinufer zurück.

Die 2013 fertiggestellte Leitung verbindet die beiden zusammen­gehörigen Werke der Rheinland Raffinerie in Godorf und Wesse­ling. So kann zum Beispiel das in Godorf destillierte Heizöl in Wes­seling entschwefelt werden. In den vier Rohren des Dükers werden

Gasöle, Propan/Butan, Kompo­nenten von Motorenbenzin und Hydrowax transportiert. Die Zwi­schenräume in dem Düker sind mit Leichtbeton verfällt.

Weniger gefahrenträchtig als die Chemieleitungen ist der Fernwär- metunnel der Rhein-Energie bei Stromkilometer 688,6. Das 1984 fertig gestellte Bauwerk in Höhe des Breslauer Platzes ist 461 Meter lang und verbindet das links- und rechtsrheinische Femwärmenetz. Als einziger Versorgungstunnel unter dem Rhein ist er öffentlich zugänglich und hat sich zum meistbesuchten Objekt der Rhein- Energie entwickelt. Jedes Jahr las­sen sich Tausende von Besuchern über klappernde Roste durch die drei Meter hohe Innenröhre führen und spüren wohligen Grusel, wenn sie daran denken, dass über ihren Köpfen schwere Schubverbände das Wasser durchpflügen.

Noch in diesem Jahr wird ein weiterer Tunnel der Rhein-Energie fertig. Er wird von dem Gelände zwischen Kuhweg und An der Schanz in Niehl 650 Meter unter dem Rhein bis zum Festplatz in Mülheim führen. In zwei Rohren wird Fernwärme aus dem Gas- und Dampfturbinenkraftwerk Niehl 3 transportiert. Außerdem wird der Tunnel, der mit Beton ver­fällt wird, eine Gasleitung und Leerrohre für 110-Kilovolt-Hoch- spannungskabel und Glasfaserka­bel aufnehmen.

Dramatisch ging die Geschichte des ältesten Dükers unterm Rhein zu Ende. Durch die Abwasserlei­tung flohen im März 1945 Nazi- Bürgermeister Robert Brandes und seine Mitarbeiter vor den ein­marschierenden Amerikanern. Am Tag darauf stürzte der Düker ein. Er soll 30 nachfolgenden Gestapo- Leuten das Leben gekostet haben.

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Der Femwärmetunnel der Rhein-Energie kann nach Anmeldung besichtigt werden. Foto: Worring

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Seit 2002 w ird in einer Rohrlei­tung zwischen den Chemieparks Dormagen und Leverkusen das hochgiftige, unsichtbare und ge­ruchlose Kohlenmonoxid trans­portiert. Weil eine bestehende Leitung genutzt wurde, musste Bayer den Transport der Kölner Bezirksregierung nur anzeigen. Dies entsprach der damaligen Ge­setzeslage. Jahrelang waren die Bewohner der linksrheinischen Rheindörfer daher ahnungslos, dass in ihrer Nähe Kohlenmon­oxid in der Leitung wabert.

Die Tatsache kam erst Ende 2013 durch diese Zeitung ans Licht.Auf der rechten Rheinseite w ur­de ebenfalls eine 67 Kilometer lange Kohlenmonoxid-Leitung nach Krefeld-Uerdingen verlegt, die aber wegen Widersprüchen aus der Bürgerschaft noch nicht in Betrieb ist. In Leverkusen ist beispielsweise die Coordination

gegen Bayer-Gefahren (CBG) seit Jahren aktiv, während sich im Linksrheinischen so gut w ie kein Widerstand aus der Bevölkerung gegen die Chemieindustrie regt.

Weil die Kohlenmonoxidleitungauch durch den neuen Rheindü­ker führen soll, steht sie nun auf dem Prüfstand, da die Gesetzesla­ge sich entscheidend geändert hat. Gefahrgutleitungen unterlie­gen je tz t der Genehmigungs­pflicht. Und laut Paragraf 20 des Umweltverträglichkeitsgesetzes müssen sie auch dann noch ein­mal neu genehmigt werden, wenn sich auch nur beim Trans­portsystem eine bauliche Verän­derung ergibt.

Bei der Bezirksregierung wurde im Sommer 2015 das Genehmi­gungsverfahren für diese CO-Lei- tung eröffnet - der Bescheid w ird im Frühjahr erwartet, (kaw)

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Ein starkes Stück GeschichteAuch Frauen stemmen Hanteln - die Jugend hält dem Sport meist nicht lange die Stange

VON RICARDO KLÜNTER

UND LUKAS WEBER

Köln-Mülheim. Mostafa Nassiri ist fokussiert. Die mit Schwielen ver­sehenen Handiimenflächen des Gewichthebers sind vom Magnesi­um weiß überzogen. Er klatscht sich ein letztes Mal motivierend auf die Oberschenkel, ehe er unbe­irrt zur am Boden liegenden Lang­hantel schreitet und überlegt mit seinen Händen zugreift. Er geht in die Hocke und holt nochmals tief Luft. Seinen Blick richtet er nach vorne. Begleitet von einem lauten Schrei und den Anfeuerungsrufen seiner Kollegen reißt der 85 Kilo­gramm schwere Iraner die Eisen­stange mitsamt dem Gewicht von

Eine Kooperation des ~

Kölner etflDt-51mriocrund des Instituts für

Kommunikations- und Medienforschung der Deutschen

Sporthochschule Köln

DeutscheSporthochschule KölnGerm an Sport U niversity Cologne

100 Kilogramm in einem Zug in die Höhe.

Die Anstrengung steht ihm ins Gesicht geschrieben, als er mit ge­streckten Armen die Endposition erreicht hat und noch kurz halten kann. Daraufhin lässt er das Ge­wicht etwas unsanft, aber dennoch kontrolliert, fallen. Der Aufschlag des Gewichts ist laut und erfüllt die komplette Halle. „Stark, Junge“ und „sehr gut“ rufen ihm die ande­ren Athleten zu.

Nassiris Versuch ist Teil des ganz normalen Trainingsalltags beim ältesten noch aktiven Ge­wichtheberverein der Welt, 'dem Kölner-Athleten-Club 1882(KAC). Hier ist die Sportart leben-

i dige Geschichte. Täglich wird in einer etwas kühl wirkehden Lager­halle, der alten Spulenfabrik in Köln-Mülheim, das Stoßen und Reißen von Gewichten trainiert.

Das ind die beiden Disziplinen des olympischen Gewichthebens. Die Atmosphäre innerhalb des Vereins ist jedoch alles andere als kalt - es geht hier sehr familiär zu. „Als ich nach Deutschland kam, hat mich der Ve'rein mit offenen Armen empfangen und tatkräftig unter­stützt“, berichtet Nassiri.

Die Wände der Trainingsstätte sind mit vielen Urkunden, Preisen und Zeitungsartikeln - allesamt akribisch sortiert - versehen. Es wird sofort deutlich, welche lange und erfolgreiche Tradition hinter dem Verein steckt und welchen Stellenwert diese für ihn hat. Per­sonen wie Heinrich Schneidereit, der 1906 im Gewichtheben Welt-, meister wurde, oder Altmeister Hans Ehlenz, der im Masterssport mit mehreren Weltmeister- und Europatiteln überaus erfolgreich war und mit seinen 80 Jahren im­mer noch ist, prägen die glorreiche Historie des Klubs ungemein. Aber auch aktuell ist der Verein durchaus gut aufgestellt.

In der dritthöchsten Liga

Die erste und derzeit einzige Mannschaft bestreitet ihre Wett­kämpfe in der Regionalliga, der dritthöchsten Liga in Deutschland. Außerdem hat der Verein mit Nas­siri, der von 2012 bis 2015 vier Jahre in Folge die Landesmeister­schaften in NRW gewonnen hat und 2014 bei den Deutschen Meis­terschaften Vierter in seiner Ge­wichtsklasse wurde, einen Athle­ten, der besonders heraussticht. Aktuell ist er das Aushängeschild des Vereins. „Meine persönlichen Bestleistungen im Stoßen und Rei­ßen sind 180 und 160 Kilo­gramm“, erzählt er stolz.

Allerdings besteht der KAC trotz der erfolgreichen Athleten aus Vergangenheit und Gegenwart nicht nur aus Männern. Denn unter den Kraftpaketen befinden sich auch einige wenige Athletinnen, die im vermeintlichen Männer­sport bestens integriert sind und gemeinsam mit den Herren trai­nieren.

Allerdings meint Hilal Qakmak, dass sich die Männer ebenfalls ei­niges von ihren Kolleginnen ab­schauen können, Sie selbst ist eine der Athletinnen beim KAC. Und im letzten Jahr konnte sie sich für die Deutschen Meisterschaften im

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Vom Boden in die Höhe: Mostafa Nassiri beim Training. Fotos: privat

Gewichtheben qualifizieren und damit ihren bis heute größten per­sönlichen Erfolg feiern. Darüber hinaus ist sie im erst kürzlich neu gewählten Vorstand des Vereins als zweite Vorsitzende vertreten und möchte hier natürlich gemeinsam mit den anderen Mitgliedern die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen, die sich selbst dem ältesten Gewichtheberverein der Welt stellen, meistern.

„Es ist nicht alles perfekt“, sagt Qakmak: „Gerade im Nachwuchs­bereich ist trotz des wahrnehmba­ren Interessenanstiegs in der jün­geren Vergangenheit ein Mangel an jungen nachrückenden Sport­lern vorhanden.“ Die meisten kä­men ein paar Mal zum Training und würden sich daraufhin beim Verein anmelden. „Letztlich besit­zen sie dann aber doch kein ausrei­chendes Stehvermögen, um die durchaus anspruchsvolle Technik zu erlernen, oder scheitern bereits an den vielfältigen konditioneilen Voraussetzungen“, sagt Cakmak. In den oberen Altersklassen sei der Verein jedoch weiter gut aufge­stellt, dennoch freue man sich im­mer über jeden Interessierten.

Athlet und TrainerIn nächster Zeit liegt also der Fo­kus des Mülheimer Klubs beson­ders darauf, neue junge Mitglieder zu gewinnen und mit Hilfe von neuen Sponsoren optimale Trai­ningsbedingungen für weitere Bestleistungen zu schaffen, um so die erfolgreiche Tradition des Ver­eins weiterhin auffechtzuerhalten und fortzuführen.

Auch „Mosti“, wie Mostafa Nassiri liebevoll von seinen Ver­einskollegen genannt wird, scheint mit seinem Versuch im Großen und Ganzen zufrieden zu sein, na­türlich ist das aber nicht bei jedem versuch der Fall. Es wird gegensei­tig abgeklatscht, man berät sich untereinander. Neben dem Athle- ten-Dasein ist Nassiri beim KAC auch Trainer für das olympische Gewichtheben. Während seiner ei­genen Übungspausen motiviert er die anderen Athleten und gibt ih­nen wichtige Tipps und Verbesse­rungsvorschläge, bis er sich dann wieder selbst hinter der Langhan­tel positioniert und einen weiteren Versuch wagt. Dieses Mal sind es statt 100 aber 110 Kilogramm.

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Der Verkehr - oberirdisch wie unterirdisch - rund um den Wiener Platz wird die Anwohner bis zum Abschluss der Sanierung der Mülheimer Brücke noch lange beschäftigen. Auch die Aufzüge zur KVB-Haltestelle geben imm er wieder Anlass zur Kritik.

KKMülheimer Brücke: Die ewige Baustelle «».«Kommende Woche wird eine Spur gesperrt - Dritte Gleisspur wird ins Gespräch gebrachtVON RENE DENZER

MÜLHEIM. In d e r k o m m en ­d e n W oche w ird e ine F ah rsp u r au f d e r M ülheim er B rücke g e­sp e rr t. Von M ontag b is F reitag, 7. bis H .-M ärz, w erd en a n d en Ü bergängen zw ischen F ah r­bah n u n d S tad tbahng le isen R e sta rb e ite n durchgeführt. D afür m uss die linke F ah rsp u r in F ah rtrich tu n g R iehl genu tz t w erden .

D en R e sta rb e ite n v o rausge­gan g en sind R e p a ra tu re n im D ezem b er 2015. D a h a tte das A m t fü r B rücken , Tunnel u n d S tad tb ah n b au au f d e r M ülhei­m e r B rücke S ch äd en a n den F ah rb ah n ü b e rg än g en zwi­sch en d e r rec h tsrh e in isch e n R am pe u n d d em eigen tlichen

Nur äußerst selten läuft der Verkehr über die M ülheim er Brücke so reibungslos wie hier. (Foto: Denzer)

B rü ck e n k ö rp e r behoben . An d en Ü bergängen m u ssten G leit- u n d S teu e ru n g sfe d em sowie so g en an n te L agerk issen e rn e u e r t w erden .

U m d ie B ee in träch tigungen fü r A u to fah re r je tz t so g ering w ie m öglich zu halten , h a t die b eau ftrag te F irm a eine G en eh ­m igung für d ie R esta rb e iten n u r fü r die N ach tstu n d en in

d e r Zeit zw ischen 21 U hr u iid 5 U hr e rha lten . F ür die S p u ren in F ah rtrich tu n g W iener P latz soll es k e in e E inschränkungen geben.

D as w ird voraussich tlich im S om m er n äc h ste n Ja h re s a n ­d e rs w erden . In d e r zw eiten von d re i B auphasen so llen die G leise fü r d en KVB-Betrieb g e­sp e rr t w erden . F ü r die D au e r

von 19 W ochen, so die V erw al­tung, w erd e e in S ch ienener­sa tzv e rk e h r m ittels B ussen e ingerich te t. A uf d e r lin k srh e i­n isch en S eite w ird im B ere ich d e r KVB-Haltestelle „Slaby- s tra ß e “ ein p rov iso rischer Bus­ersa tzb ah n h o f e ingerich tet. Die B eförderung d e r F ah rg äs­te d e r S tad tbahn lin ien 13 u n d 18 w ird von d iesem provisori­

sch en B usbahnhof linksrhe i­n isch bis zum W iener P latz rech tsrh e in isch u n d um ge­k e h r t erfolgen.

B eim E insatz des S ch ienen­e rsa tzv e rk e h rs s ieh t die F rak ­tion d e r G rü n e n in d e r B ezirks­v e rtre tu n g M ülheim s aller­dings ein Problem : „Die Busse w erd en im S tau s teck en ble i­b e n “, p ro p h eze ite F rak tions­

chef W infried S eldschopf in d e r jüngsten S itzung des B ezirks­grem ium s. Schon h eu te sei es in d e r R ush-H our schw ierig, m it dem Pkw ohne lange War­te ze it ü b e r die B rücke zu ko m ­m en. W enn d an n au ch n och die F ah rgäste d e r S tad tb a h n en in B ussen sich m it den a n d e re n V erk eh rste iln eh m ern ü b e r die B rücke quälen m üssten , se ien noch lä n g e ren W artezeiten p rog ram m iert.

S la b y stra ß e wird zum „B u sb ah n h of“

„In den 60er J a h re n h a t es bei e in e r S an ie ru n g e in d ritte s G leis au f d e r B rücke g eg eb en “, sag te Seldschopf. Eine Idee, die m a n se in e r M einung nach, ins A uge fassen könnte . So sol­len die KVB in d e r kom m enden S itzung d e r B ezirks V ertretung verdeu tlichen , w elche B uska­p az itä te n g ep lan t sind. Im m er­h in w ü rd e n m orgens und abends in d e n H au p tv e rk eh rs­ze iten d re i D oppelzüge p ro F ah rtrich tu n g innerha lb von zehn M inu ten verkeh ren .

A uch soll e rö r te r t w erden, w ie viele F ah rsp u ren in d er zw eiten B auphase fü r d en Er­sa tzv e rk eh r b e re it s tünden u n d wo sich die H alteste llen au f d em W iener P la tz befinden, wo die Busse auch w enden können .

Steuerungen werden erneuertAustausch an den Rolltreppen am Wiener Platz bereits in Planung

MÜLHEIM. A hm ed Bakis ist sauer. Oft, w enn e r m it d e r S tad tb ah n zum W iener P la tz fah re , u m sich m it e in em Be­k a n n te n au f e in en P lau sch zu treffen, se ien die R o lltreppen n ic h t in B etrieb. „Das ist ä rg e r­lic h “, sag t d e r 67-Jährige, d e r d u rc h e in en Unfall vor e in p a a r J a h re n n ich t m e h r so gut zu F uß u n d desw egen auf den ÖPNV angew iesen ist. „Sonst w ü rd e ich das R ad nehm en , um von R iehl au s ü b e r d ie M ülhei­m e r B rücke zu fahren . “

D er A ussage von Bakis ge­g en ü b e r s teh t eine S tellung­nah m e d e r S tad tverw altung, in d e r d en F ah rtre p p en e in „gu­te r tech n isch e r A llgem einzu­s ta n d “ beschein ig t w ird. Sie an tw orte t dam it in d e r jüngs­te n S itzung d e r B ezirk svertre­tu n g M ülheim au f eine A nfrage von F D P -B ezirksvertreter Torsten Tücks z u r S ituation von R o lltreppe u n d A ufzug am

Häufig herrscht Stillstand an den Rolltreppen am Wiener Platz und der Schaden muss behoben werden. (Foto: Belibasakis)

W iener P latz. Aus d e r S tellung­n ah m e geh t a llerd ings auch hervor, dass es im J a n u a r d ie­ses J a h re s a n d en s ieben F ahr­tre p p e n 59 A usfälle gegeben habe - d u rch S törungen , Van­dalism us u n d R ep ara tu ren .

D ie m e isten S tö rungen se i­e n au f alte, defek te H ard w are­ko m p o n en ten d e r F a h r tre p ­p e n s te u e ru n g zu rückzu füh ­ren . „Ein A ustausch d e r F ahr­trep p e n s te u e ru n g e n ist b e ­re its in P lan u n g “, so die Ver­w altung. Mit e in e r E rn eu eru n g d e r e rs te n S teu e ru n g w erde voraussich tlich noch in d iesem M onat b egonnen w erden .

Im Zuge d e r S teu e ru n g se r­n eu e ru n g w erd e die M eldelei­tu n g m it in stan d gesetz t, h e iß t es. In d e r Z w ischenzeit erfolge eine tägliche, rege lm äß ige K ontrolle d u rch KVB-Fachper- sonal. A m Tag d e r S itzung w ar übrigens eine R o lltreppe a u ­ß e r B etrieb, (rde)

Wechselautomat an der HaltestelleKVB-Fahrgäste sollen nicht mehr auf Münzen und Geldkarte angewiesen sein

MÜLHEIM. In d e r Zw ischen­ebene am W iener P latz sollen die KVB im R ahm en eines e in ­jäh rigen P ilo tp ro jek tes e inen A utom aten zum W echseln von B ankno ten in M ünzen au fste l­len. Das h a t d ie B ezirk sv ertre ­tu n g M ülheim einstim m ig in ih re r jü n g sten S itzung au f A n­tra g d e r FDP beschlossen.

„F ahrgästen ist es in den S tad tb ah n en u n d B ussen und an d en H alteste llen d e r KVB, en tgegen d e n G egebenheiten in a n d e re n G roßstäd ten , n ich t m öglich, ih re F ahrscheine m it G eldscheinen zu b ez ah len “, sag t A n trag ste lle r Torsten Tücks. D ieser Z ustand gelte auch fü r die 2014 n eu an g e ­schafften F ah rk a rten a u to m a­ten . An d e n e n könne n u r m it M ünzgeld sowie m it d em G eld­

karten -C h ip au f B an k k arten bezah lt w erden . D ies se i vor a l­lem fü r G elegenheitsfahrer, Touristen u n d M essegäste ä r­gerlich, die n ich t genug M ün­zen m it sich führten .

Sei d ies d e r Fall, m üsse m an G eldscheine in M ünzgeld w echseln können . D esw egen solle im R ah m en eines Pilot- proj ek ts a n d e r b e leb ten H alte­ste lle W iener P la tz ein solcher G eldw echse lau tom at aufge­ste llt w erden . „Das h a t was m it G astg eb e rm en ta litä t zu tu n “, so d e r FDP-Politiker.

N ach e in em J a h r soll d ann ausgew erte t w erden , inw ie­weit d as A ngebot von den K un­d en an g en o m m en w urde und au f an d e re KVB-Haltestellen im S tad tb ez irk ausgew eitet w erd en kann , (rde)

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m

. -■ -• • .Nur keine Berühningsängste: Aus diesem Lehmberg soll ein Modell Mülheims werden.

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Utopien aus Lehm und LegoS c h a u s p i e l K ö l n Auftakt des Stadtprojekts mit Künsdern, Stadtplanern und Bürgern

m guTlf’d i . ft d l ii.i* $‘i

Foto: cbo

V O N . C H R I S T I A N B O S

„Greift auch mal zu“, ruft Boris Sieverts vom „Büro für Städterei­sen“ den Menschen in den weißen Maleranzügen zu, „das ist ein Kin­derspaß.“ Ziegelsteingroße Lehm­blöcke haben sich auf einer Bühne aus Europaletten zu einem kleinen Berg aufgetürmt. Und es gibt noch mehr, insgesamt sind es mehr als vier Tonnen. Sieverts nimmt sich einen der feuchten Quader und wirft ihn gegen den Lehmberg. So­fort strömen die Menschen in den Maleranzügen heran. Jeder will mal werfen. Die harte Arbeit be­ginnt danach. Der Berg soll einge­ebnet werden, denn heute . muss hier, in der Kupferhalle auf dem Carlswerk-Gelände, Mülheim werden. Beziehungsweise ein vier­mal vier Meter großes, dreidimen­sionales Modell des Stadtteils. Das erinnerte, gedachte, mit bloßen Händen erschaffene Mülheim.

Das ist nur einer von zehn Work­shops, mit denen das Schauspiel Köln sein Stadtplanprojekt „Die Stadt von der anderen Seite sehen“ am Samstag der Öffentlichkeit vorstellt - und diese zugleich in den Planungsprozess miteinbe- zieht. Zu Beginn der Saison hatte das Schauspiel eine eigene Stadt­planerin angestellt. Weil, sagte In­tendant Stefan Bachmann, das spielerische Entwickeln von Visi­on auch zur Aufgabe eines Stadt­theaters gehöre. „Diese Stadt muss besser werden.“ Und so machten sich knapp 200 Bürger einen Nachmittag lang unter Anleitung von Künstlern, Architekten und

Stadtentwicklern an die Arbeit. Im Schauspielstudio ist die Stimmung sehr viel zögerlicher, als bei den Lehmbauem. „Ich gehe sonst nie in die Keupstraße, da will ich jetzt nicht mit einer großen Gruppe da einfallen“, gibt eine Frau zu Be­denken. Renee Tribble und Volker Katthagen von der Hamburger „PlanBude“ wollen ihre Work-

§ 3 Das spielerische Entwickeln von Visionen gehöre, so Stefan Bachmann, zur Aufgabe eines Stadttheaters

shop-Teilnehmer dazu bringen auszuschwärmen und die Anwoh­ner zum Thema Nachbarschaft zu befragen.

Im fünften Stock des Brainpool- Gebäudes ist die Stimmung we­sentlich aufgeräumter. Heiner Remmert und Elisa Hoftnann von „lunatiks production“ haben vier große Kisten voll Lego mitge­bracht. Denn dem Legostein woh­ne utopisches Potenzial inne. Vor­gegeben haben die lunatiks nur die Bahnlinie (rote Steine), die Brücke (gelb) und den Rhein (selbstre­dend blau), dazwischen sollen die Teilnehmer in Teams das Mülheim ihrer Träume bauen. Ob das Lego die verschüttete kindliche Fantasie freilegen wird? Leonie und Holly sind noch lange nicht erwachsen. Sie haben sich drei Kinos erklotzt, haben Radwege gebaut und die Mülheimer Brücke hochgelegt, damit unter ihr ein Grünstreifen mit Fußweg verlaufen kann. Spä­

ter, als die Gruppen die besten Ide­en zu einem Modell vereinen, sind die Träume noch mal gewachsen: Die Brücke ist weg, stattdessen verläuft ein Tunnel unterm Rhein. Und zwei fast vergessene Mülhei­mer Wasserwege, die Strunde und der Faulbach, wurden angehoben. Ein selbstbewusster Stadtteil braucht eigene Flüsse.

A uf dem Rhein, im Bootshaus des Mülheimer Wassersports e.V., haben Markus Ambach und Kay von Keitz ihre Gruppe durch einen Stadtteil geführt, der sich mit jeder Kreuzung neu zu erfinden scheint. Vom Gewusel der Keupstraße, zur Autokalypse des Clevischen Rings, durch ausgestorbene Wohngebiete, zum ehemaligen Sitz der Künstlergruppe Mülhei­mer Freiheit, an die Beinahe-Idyl- le des Rheinufers. Nun sollen die Teilnehmer auf eigene Faust los­ziehen und ein gefundenes oder er­worbenes Objekt mitbringen, an dem eine Geschichte hängt. Am Ende soll so eine Mülheimer Wun­derkammer entstehen. Ambach und von Keitz haben den Prospekt eines Schönheitssalons mitge-

Das ProjektZwei Jahre lang w ird das Schau­spiel Köln in seinem Projekt «Die Stadt von der anderen Seite" se­hen in Workshops, Führungen, Inszenierungen und Interven­tionen auf die Stadt schauen. Gemeinsam m it Künstlern und Stadtentwicklern sollen die Bürger Visionen entwickeln.

bracht, zu dessen Angeboten unter anderem „Partybrüste, haltbar bis zu 48 Stunden“ gehören. Nach ei­ner Stunde kehrt ein Teilnehmer mit einer Siegertrophäe des Rad­rennens „Der Große Preis von Köln-Mülheim“ zurück, in .einem Fenster entdeckt und ausgeliehen.

Andere Gruppen hatten die Ge­räuschkulisse des Wiener Platzes aufgenommen, sich in Moscheen und verlassenen Kirchtürmen ge­troffen. Sogar die jüngsten Teil­nehmer hatten ihre Mülheim-Visi­on aus Papier, Pappe und gefunde­nen Objekten verwirklicht. „Oh, und was ist das, ein Zeltplatz?“, wollte Thomas Laue von einer jun­gen Teilnehmerin wissen. „Nein, das ist ein Flüchtlingsheim“, ant­wortete diese dem Chefdramatur­gen mit großem Ernst. Andere Gruppen hatten versucht, Orte zum Wachsen bringen, hatten mit Zollstock, Klemmbrett und Stopp­uhr penibel den Verkehr vermes­sen, oder waren auf DB-Mieträ- dem mit Kameras losgestrampelt, um einen gänzlich unglamourösen Image-Film für Mülheim zu dre­hen, der sofort geschnitten und zum Abschluss der Veranstaltung präsentiert wurde. Da war es schon neun Uhr abends vorbei und die allgemeine Erschöpfung spürbar. Aber auch die Aufbruchstimmung, das Gefühl, sich seine Stadt erträu­men, ihr Leben einhäuchen zu können. Und nicht nur dem, frei­lich beeindruckenden, Lehmpano­rama, das mit Hilfe von Gabelstap­lern ins Depot 2 transportiert wor­den war, um dort mit kindlicher Freunde bestaunt zu werden.

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Y.kol.01% Sozialdezernat: Stadt schreibt Leitung aus

Die Stadt hat am Wochenen­de zwei strategisch wichtige Stellen ausgeschrieben. Bei d e r Suche nach einem Sozial- d ezem en ten geht es um die Nachfolge von H enriette Re- ker. Seit ih re r Wahl zur Ober­bürgerm eisterin ist die Positi­on frei. R eker wollte bei d e r Su­che keinen „H eadhunter“ ein­schalten, der Rat ha t jedoch anders entschieden. Die Aus­schreibung hat deshalb länger gedauert als geplant, erst m usste ein Personalbera- tungsun tem ehm en ausge­w ählt werden.

Zum anderen wird die Lei­tung des OB-Amtes und des „Referats Strategische S teue­ru n g “ neu besetzt. R eker hatte sich für diesen Job den selbst­ständigen B era ter Dr. R ainer Heinz gewünscht, der.sie schon bera ten hat. Voraussetzung für die Bewerbung als Beigeord­n e te r für Soziales, Integration und Umwelt ist laut Anzeige neben einem Studienab­schluss etwa m ehrjährige Be­rufserfahrung in e iner ver­gleichbaren Führungsposition, Fähigkeiten zur Steuerung kom plexer P lanungen oder Verhandlungsgeschick bei der „Umsetzung d e r Belange des G eschäftskreises“. Bewer­bungsschluss für beide Stellen ist d e r 24. März, (hap)

l/Sr/, oi-os.KSperrungen auf der Müiheimer BrückeAuf der Müiheimer Brücke w ird ab dem heutigen Montag, 7. März, bis Freitag, 11. März, jeweils zwischen 21 und 5 Uhr, die linke Fahrspur in Fahrtrichtung Riehl teilweise ge­sperrt. Grund sind Bauarbeiten im Bereich der Stadtbahngleise. Die Reparaturen erfolgen in Höhe der unter der Brücke liegenden Müihei­mer Freiheit, (cht)

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koeln.de, 06.03.16

Projekt „Die Stadt von der anderen Seite sehen“ ist gestartet

Schauspiel Köln erkundet seine Nachbarschaft

„Ein Stadttheater muss sich mit der Stadt auseinandersetzen, in der es arbeitet“, ist das Motto von Stefan

Bachmann, Intendant des Kölner Schauspiels. Mit drei Produktionen hat man sich schon mit seiner unmittelbaren

Nachbarschaft in Mülheim beschäftigt. Am Samstag startete „Die Stadt von der anderen Seite sehen“. Thema:

Ganz Mülheim.

Der Spaß am "Matschen" mit Lehm

hatte das Mülheimer Bezirksrathaus

im Großformat als Ergebnis samt

Mülheimer Brücke. (Foto: Jürgen

Schön)

Ziel ist, den Blick auf das reale

Mülheim mit möglichen Wünschen zu

verbinden. Dabei zu überprüfen, wie

der Blick von der „schäl Sick“ auf

das - vermeintliche? - Zentrum auf

der „richtigen“ Rheinseite ist - und

umgekehrt. 200 Kölnerinnen und Kölner hatten sich zu den neun Workshops am Samstag angemeldet. Vielleicht

jeder Zweite war ein Nicht-Mülheimer, der die Gelegenheit zu einer Expedition ins Unbekannte nutzte.

Geführt von Künstlern und Stadtplanern machte man sich auf die Suche. Erkundete das historische

Architekturgemisch. Sammelte Gegenstände, die eine „typische“ Mülheimer Geschichte erzählten. Dachte über

Nachbarschaft nach.

Ein ganzer Stadtteil aus Lehm

Konkret und „handfest“ wurde es in zwei Arbeitsgruppen: In der einen wurde Mülheim mit Legosteinen

nachgebaut, in der anderen mit vier Tonnen Lehm. In beiden wurden Utopien umgesetzt. Die achtjährige Leonie

baute sich ein Schwimmbad in Ufernähe, die Erwachsenen ersetzten die Mülheimer Brücke durch einen Tunnel.

Großer Streitpunkt: Kann die Straßenbahn durch Busse ersetzt werden.

Leonie (8) wünscht sich ein Schwimmbad in Mülheim, auch mehr Spielplätze

und einen Kletterpark. (Foto: Jürgen Schön)

In der anderen Gruppe bevölkerten statt Autos Radfahrer aus Lehm die

Straßen. Überdimensional am Ende das Bezirksrathaus am Wiener Platz:

architektonischer Mittelpunkt des Stadtteils, der alles andere überstrahlt. Ob

positiv oder negativ gesehen – das wäre zu diskutieren.

Mit den Theaterstücken „Carlswerk 1“ über die Geschichte der Kabelfabrik felten & Guilleaume, „Die Lücke“

über das Nagelattentat in der Keupstraße und – ganz aktuell – „Glaubenskämpfer“ über das Zusammenleben

der Religionen sowie seiner Teilnahme an den "Birlikte"-Kundgebungen bezog das Schauspiel schon explizit

Stellung. Was bei „Die Stadt von der anderen Seite sehen“ herauskommt, steht noch nicht fest. Das Projekt ist

auf zwei Jahre angelegt. Aus der Abschlussdiskussion vom Samstag werden jetzt die weiteren Aktionen

entwickelt.

Von Jürgen Schön

Quelle (Abruf: 07.03.16 | 10:42):

http://www.koeln.de/koeln/schauspiel-koeln-erkundet-seine-nachbarschaft_989400.html

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Kulturtussi, 07.03.16

Schauspiel Köln sieht die Stadt

Das Schauspiel Köln und sein Engagement in

Mülheim ist bemerkenswert. Ein Highlight ist

das Urban Gardening. Man zeigt sich im

Stadteil und pflegt den Austausch. Obwohl es

sich dort nur um eine Interims-Spielstätte

handelt. Aber man interessiert sich auch für die

Sorgen und Ängste der Menschen vor Ort. Um

die Ecke ist die Keupstraße und da kann man

einfach nicht abgehoben im Elfenbeinturm

hocken.

Am Samstag lud das Schauspiel zu einer

Auftaktveranstaltung ein, der ein zweijähriger

Prozess der Bürgerbeteiligung folgen soll. Die

Stadt von der anderen Seite sehen – das hat mich sofort angesprochen und ich habe mich

angemeldet. Es erwartete mich ein spannender Nachmittag und ein etwas zu lang geratener Abend.

Ich bin großer Fan von künstlerischen Interventionen auch und vor allem für Partizipations-Projekte.

Mein Eindruck von der Veranstaltung habe ich mit ein paar Überlegungen für zukünftige

Veranstaltungen dieser Art garniert.

Das war die Ausgangssituation

“Zwei Jahre lang wird das Schauspiel Köln deshalb mit einem großen Projekt aus Workshops,

Führungen, Inszenierungen und Interventionen auf die Stadt schauen. Von Mülheim aus, wo derzeit

Wandel in Echtzeit passiert, und gemeinsam mit vielen Künstlern und Stadtentwicklern.

Und natürlich mit Ihnen, den Bürgern dieser Stadt. Denn die Stadt neu zu sehen, heißt auch, Sie aus der

Perspektive ihrer Bewohner zu betrachten und neu zu erfinden. Zum öffentlichen Projektauftakt laden

wir Sie deshalb ein, einen ersten Nachmittag lang gemeinsam mit Planern, Künstlern und lokalen

Experten die Zukunft der Stadt in Mülheim selbst zu gestalten. Schwärmen Sie mit Labor Fou, subbotnik,

Boris Sieverts, lunatiks Produktion LEGOtopia und vielen anderen Experten in den Stadtteil aus,

entdecken Sie mit uns neue Orte und gestalten Sie in 10 Workshops die Stadt. Lassen Sie uns

gemeinsam der Frage nachgehen: Wie machen wir Köln zu der Stadt, in der wir zukünftig leben

wollen.”

Es waren noch ein paar mehr Künstlerkollektive in den Workshops aktiv. Da das Schauspiel

angekündigt hat, den gesamten Nachmittag zu dokumentieren, kann man das sicher bald auf der

Projekt-Seite nachlesen.

Vor Ort waren schätzungsweise ca. 200 interessierte Bürger. Wie ich später hörte, war nur ein geringer

Prozentsatz Mülheimer dabei. Ein Großteil der Teilnehmer war sicher aus professionellem Interesse da.

Von einigen bekam ich mit, dass sie selbst in der Stadtplanung tätig sind. In meiner Gruppe waren

gleich zwei Designerinnen und eine Sozialarbeiterin. Und dann gab es natürlich auch viele

Kulturschaffende wie mich. Alle waren hoch motiviert und neugierig!

Wir wurden in neun Gruppen (es gab auch eine 10. für Kinder) aufgeteilt, die jeweils eine eigene

Aufgabe bekamen, mit der dann in Mülheim ausgeschwärmt wurde. Es war leider nicht das optimalste

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Wetter für so etwas. Das schmälerte aber nicht den Tatendrang und die gute Laune. Es gab dazu noch

eine nette Verpflegungstasche mit auf den Weg!

Mülheim vermessen

Das war die Mission meiner Gruppe: messen und zählen, was auf der Straße los ist. Zu fünft zogen wir

zum zugewiesenen Standort. Die Mülheimer Freiheit vor dem Café Jakubowski. Ein bisschen dauerte

es, bis wir miteinander warm wurden. Zügig verteilten wir die Aufgaben: zwei messen, eine notiert,

eine weitere Teilnehmerin und ich zählten Passanten und Autos. Jede in eine Richtung.

Weil wir doch recht schnell fertig waren, überredete ich die Truppe, ins Café einzukehren. Dort kamen

dann unsere Missions-Paten auch kurz vorbei, um zu schauen, ob wir noch Impulse bräuchten. Wir

hatten aber schon alle Daten erhoben und schon dabei, Ideen für die Zukunft zu entwickeln. Irgendwie

herrschte ein bisschen Verwirrung darüber, ob wir das überhaupt sollten.

Beim anschließenden Gestalten der Standort-Poster haben wir dann auch unserer Ideensammlung

eingefügt- und waren damit die einzigen. Die anderen haben allerdings auch fantastische Schaubilder

erstellt (ich glaube, der Anteil der Designer in den einzelnen Gruppen war ziemlich hoch). Unsere

Ideen bezogen sich auf die Vorstellung, wie man die Aufenthaltsqualität auf dieser Straße verbessern

könnte. Dazu kamen Vorschläge von identitätsstiftenden Schilderbäumen, Straßentatoos und natürlich

Sitzbänken.

Ich bin sehr gespannt, ob und wie unsere

Erkenntnisse in die weiteren

Veranstaltungen einfließen werden. Und

hoffe mal, dass es nicht nur um die

gezählten Verkehrsmittel gehen wird. Da

es ja erst der Anfang eines langen

Prozesses war, bin ich sicher dass der

kreative künstlerische Ansatz zur Standort-

Bestimmung noch zum Zuge kommt.

In einer kleinen Pause habe ich mich mit

den beiden Jungs vom Labor fou

unterhalten und sie zeigten mir ein

fantastisches Projekt, was sie jüngst in München umgesetzt hatten. Von solchen quergedachten

Projekten könnte Köln unbedingt auch einige vertragen! Ich fand zwar auch die Perspektive der

Stadtplaner, die von Thomas Knüvener in unsere Gruppe eingebracht wurde, spannend. Aber das

kreative Intervenieren im Stadtraum reizt mich deutlich mehr.

Was ich sonst noch dachte

Ich habe mal vor vielen Jahren an einem Workshop zum Leitbild der Stadt Köln teilgenommen. Da

wurde auch sehr viel gemeinsam gedacht und erarbeitet. Dann hat das am Ende jemand in einer

Broschüre zusammengeschrieben – und das war es. Die Publikationen dümpeln bestimmt noch in dem

ein oder anderen städtischen Büro herum.

Ich wünsche dem Projekt hier, dass es anders läuft. Und ich denke, dass vor allem die Auslegung auf

zwei Jahre und die langfristige Zusammenarbeit mit den einzelnen Kreativen auf jeden Fall nachhaltig

gedacht ist. Es ist ja schon irre, was an nur einem Nachmittag herausgekommen ist!

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Kreative Prozesse anzuleiten, das ist eine Herausforderung. Da machen sich viele Menschen richtig

Gedanken. Dann kommen viele motivierte Teilnehmer zusammen und es entsteht eine summende

fantastische Atmosphäre. Jetzt gilt es, diese auch festzuhalten. Dass nicht alles wieder verpufft. Und

das macht natürlich richtig viel Arbeit.

Es geht meiner Meinung nach an dieser Stelle auch um das Thema Community-Building. Das

Schauspiel setzt sehr auf die unmittelbare Nachbarschaft und ist am Austausch interessiert. Schade,

dass man dies nicht auch im digitalen Raum einlöst. Ich bin überzeugt, dass man mit der Offenheit und

Zugewandtheit, wie man sie im Analogen auslebt, in den sozialen Netzwerken in einem größeren

Radius Leute ansprechen könnte.

Warum nicht das Konzept der Partizipation erweitern. Ich hätte es klasse gefunden, wenn außer mir

und Claudia noch ein paar mehr Perspektiven ihren Weg von der Veranstaltung ins Netz gefunden

hätte. (Den Hashtag #stadtneusehen wurde ja vom Schauspiel gesetzt. Das hätte man vielleicht zum

Auftakt noch mal deutlich sagen sollen und die Teilnehmer aktiv auffordern, ihre Eindrücke darüber

mitzuteilen.) Zumal einige sehr interessierte Theater-Spezis draußen an den Geräten auf Infos gespannt

waren. Auf Twitter haben wir darüber dann eine kleine Diskussion gehabt. Ich bin mal gespannt, ob es

eine Reaktion vom Schauspiel Köln geben wird.

Ein Wort noch zum Abend. Da wurden die Ergebnisse der einzelnen Workshops auf der Bühne

vorgestellt. Unblaublich tolle Sachen waren dabei. Mülheim aus Lehm gebaut, Utopien aus Lego und

Pappe, Soundcollagen und sogar ein auf die Schnelle zusammengeschnittener Film. Wow!! Mein

absoluter Favorit war die “Wunderkammer Mülheim”, die Kai von Keitz und Markus Ambach (Der

urbane Kongress) angeleitet hatten!

Aber ganz ehrlich: wir waren seit 14.00

Uhr unterwegs. Hatten in Kleingruppen

und etwas größeren Runde überlegt,

Ideen entwickelt und diskutiert. Dann ging

es um 19.00 Uhr noch zwei Stunden weiter

und jede Gruppe hat ihre eigenen

Prozesse vor dem Publikum dargelegt.

Das war too much. Solche Präsentationen

sollten auf die Ergebnisse fokussiert sein

und sich auf einige wenige prägnante

Merksätze beschränken.

Auch wenn ich viel Spannendes gehört

und gesehen habe – ich konnte das alles am Ende gar nicht mehr würdigen. Zur Party in der Grotte

fehlte mir dann wirklich die Energie. Wahrscheinlich ist das Theatervolk da einfach trainierter von den

langen Proben und so. Ich zog auf jeden Fall sehr glücklich mit dem Liebsten zur Keupstraße und

genoss ein richtig gutes Döner!! Ach, Mülheim ist schon klasse!!

von Anke von Heyl

Quelle (Abruf: 09.03.16 | 10:01):

http://www.kulturtussi.de/schauspiel-koeln/

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Köln Nachrichten, 07.03.16

Schauspiel sucht in einer Mitmach-Aktion einen neuen Blick auf Mülheim

„Die Stadt von der anderen Seite sehen“ gestartet

Erst mal vier Tonnen Lehm platt stampfen – und dann daraus

Mülheim erschaffen. (Foto: ehu)

Was ist an Mülheim Realität, wie wird es wahrgenommen

– und was könnte verbessert werden? Darum geht es in

dem Schauspiel-Projekt „Die Stadt von der anderen Seite

sehen“, das nach halbjähriger Vorbereitung am Samstag

seinen öffentlichen Mitmach-Auftritt hatte.

Gut 200 Menschen – waren der Einladung gefolgt,

angelockt auch von der Neugier, welche neuen Wege gerade das Theater findet, sich in die

öffentliche Diskussion einzumischen. Aufgeteilt auf neun Workshops und mit einem spendierten

Lunchsack behängt, machten sie auf, den rechtsrheinischen Stadtteil zu erkunden und zu vermessen.

Die „einheimischen“ Teilnehmer taten dies meist „mit den Händen“, sie kannten ihren Stadtteil ja

schon. Die Nicht-Mülheimer meist per Fuß oder Rad – für sie eine Expedition ins unbekannte Köln.

Geführt und angeleitet wurden sie von Künstlern und Experten wie dem Theaterkollektiv „Subbotnik“,

dem Architekten Reinhard Angelis oder Kay von Keitz und Markus Ambach, die in Köln schon das

„Stadtlabor“ organisierten.

Für viele Nicht-Mülheimer war es eine Expedition in einen unbekannten Stadtteil

Ein Riese im kleinen Mülheim: Ganz links die Mülheimer Brücke und

das Bezirksrathaus am Wiener Platz. (Foto: ehu)

Für Schauspiel-Intendant Stefan Bachmann ist dieses

Projekt Teil einer Auseinandersetzung mit der

Nachbarschaft: „Ein Stadttheater muss sich mit der Stadt

auseinandersetzen, in der es arbeitet” – auch um die

Stadt ein Stückchen besser zu machen. Mit dem

Theaterstück „Carlswerk 1“ hat es angefangen: Ein Stück

über die Geschichte Kabelfabrik Felten & Guilleaume, in deren ehemaligen Werkshallen die Kreativ-

Industrie eingezogen ist und auch das Schauspiel seine Interim-Spielstätte gefunden hat.

Es folgte „Die Lücke“ über das Nagelattentat in der benachbarten Keupstraße und – ganz aktuell –

„Glaubenskämpfer“ über das Zusammenleben der Religionen, bei dem auch wieder Bewohner der

Keupstraße auf der Bühne stehen. Auch an den „Birlikte“-Kundgebungen nahm das Schauspiel teil. Der

„Carlsgarten“ mit seinen Blumen und Gemüsebeeten vor der Spielstätte im Depot hat sich mittlerweise

zum einem „Ausflugsziel“ der Nachbarschaft entwickelt und zumindest zu den drei genannten

Theaterstücken fand die köln-türkische Gemeinde den Weg.

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Wo ist der Mittelpunkt und wo die Peripherie der

durch den Rhein geteilten Stadt?

Zwei Angler in lehmiger Idylle an der Einfahrt zum Mülheimer Hafen.

(Foto: ehu)

Wie also wird Mülheim wahrgenommen – von den

Bewohnern des Rechtsrheinischen und von denen, die im

„Mittelpunkt“ der Stadt auf der anderen Rheinseite

wohnen. Und wie ist der Blick umgekehrt von der „schlechten“ Stadtseite, die ja für die dort lebenden

Menschen der Mittelpunkt ist auf die „Peripherie“ rund um den Dom?

Während die einen Geräusche sammelten, kurze Image-Videos drehten, sich auf die Suche nach der

Idee der Nachbarschaft machten, vom Architektur-Mix verzaubern ließen oder Objekte fanden, die

eine Geschichte aus Mülheim erzählten, wurde in zwei Workshops Mülheim nachgebaut – Wünsche

inklusive.

Mülheim mit vier Tonnen Lehm auf 15 Quadratmetern nachgebaut

Die einen matschten äußerst vergnügt mit vier Tonnen Lehm. Sie statteten ihr gut 15 Quadratmeter

großes Modell liebevoll mit vielen Details aus. Da räkelte sich jemand im Liegestuhl, an der Einfahrt

zum Mülheimer Hafen saßen Angler – vor allem aber: kein Auto auf den Straßen, dafür jede Menge

Radfahrer. Mehr Radwege: Der Wunsch wartet genau so auf seine Erfüllung wie ein S-Bahnhof an der

Berliner Straße.

Knuffelig die Mülheimer Brücke, riesengroß das Bezirksrathaus am Wiener Platz. Da brach sich wohl

latente Kritik an einem Architekturmonster Bahn. Auf dem ehemaligen Güterbahnhof ließ es die

Mülheimerin Renate Paulsen wild Wuchern: „Das ist der Dschungel der vielen Ideen davon, was hier

entstehen könnte.“.

Die Teilnehmer eines anderen Workshops hatten sich in einem Zimmer der Brainpool-Studios über

einen Haufen Lego-Steine hergemacht. Ihre Modelle waren kleiner, nüchterner. Die Erwachsenen

ersetzten die Brücke durch einen Tunnel, die Kinder bauten kurzerhand ein Schwimmbad in Ufernähe,

wünschten sich mehr Spielplätze und einen Kletterpark.

Was nun aus den Wünschen und Entdeckungen wird, die am Abend noch gemeinsam vorgestellt und

diskutiert wird, steht noch nicht fest. Das Projekt ist auf zwei Jahre angelegt.

von Erich Huppertz

Quelle (Abruf: 08.03.16 | 9:37):

http://koeln-nachrichten.de/lokales/stadtteile/die-stadt-von-der-anderen-seite-sehen-gestartet/

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K S T 4 ,0 > .03.11IM D SC H U N G E L DER PARAGRAFEN BLEIBT SO MANCHES BAUVORHABEN STECKEN - BEISPIELE AUS DEM BEZIRK MÜLHEIM

;:Buchh'ei'm/v■ F ra n k fu r ten ^ tr . / / 'J- ^ 7 . - v ' ? /

W o h n g e b ie t . -11.

'K - ä t S w i i t o H s t r : : r- •

Buchheim

: X\AeWAcla-Werke

Wohngebiet

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Ehemaliger Baumarkt darf wegen Emissionsschutz

nicht genutzt werden TTTT------------ —

BAUMARKT DARF NICHT GENUTZT WERDEN

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genutzt vonFlüchtlingen •5?'«

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HABERLAND-HAU5

Immer wieder w ird das Ulrich-Ha- berland-Haus im Stammheimer Schlosspark, das seit mehr als zehn Jahren leer steht, als Flüchtlingsun­te rkun ft ins Gespräch gebracht. Die Stadt hält das Gebäude fü r nicht geeignet. Grund seien die Geruchs­belästigung durch das nahe Groß­klärwerk und die Lärmbelästigung durch Flugzeuge. Außerdem sei der Umbau zu teuer. M it denselben Ar­gumenten lehnt die Verwaltung auch seit Jahren jeden Versuch ab, das Haus in ein Altersheim umzu­wandeln.

Das Ulrich-Haberland-Haus in Stammheim Foto: Goyert

Forderungen, den ehemaligen Max- Bahr-Baumarkt in Buchheim zur N otunterkunft für Flüchtlinge um­zuwandeln, sind mehrfach laut ge­worden. Die Stadt lehnte das Ge­bäude jedoch wegen der Nähe zu den Acla-Werken ab. Dass Hunder­te von Menschen seitJahrzehnten in der Nachbarschaft des Chemie- Unternehmens leben, dass nahebei eine Schule und ein Kindergarten liegen und nur einige hundert Me­ter weiter eine Turnhalle m it Flüchtlingen belegt ist, zählt für die

Verwaltung nicht. «Die umliegende Wohnbebauung hat Bestands­schutz", sagt der zuständige Woh­nungsamtsleiter Josef Ludwig. Neue Gebäude oder die Umnut­zung eines früheren Baumarkts da­gegen seien in der Nähe eines Stör­fallbetriebs wie den Acla-Werken nicht genehmigungsfähig. Grund: Für neue Vorhaben, auch wenn sie nur provisorisch sind, gelten die ak­tuellen Bauvorschriften. Und die sind wesentlich schärfer, als es frü ­her der Fall war.

GELÄNDE IN MÜLHEIM

Private Eigentümer hatten der Ver­waltung ein brachliegendes Ge­werbegelände d irekt am Rhein an der Domagkstraße angeboten. Die Stadt war zunächst interessiert, es gab sogar schon einen Vertragsent­w u rf zur Anmietung. Container für bis zu 60 Flüchtlinge hätten auf dem Areal Platz gefunden. Doch dann konnten sich beide Seiten nicht auf einen Mietpreis einigen. Die Eigentümer forderten mindes­tens 1,50 Euro pro Quadratmeter, die Stadt w o llte nur 40 Cent zahlen - im Monat also 440 Euro. Zum Ver­gleich: Für die Unterbringung eines einzigen Flüchtlings im Hotel zahlt die Stadt monatlich etwa 750 Euro.

GEBÄUDE IN BUCHHEIM

An der Piccoloministraße besitzt die Stadt ein Gebäude, das te ilw ei­se von einer Firma genutzt w ird. In die leerstehenden Etagen könnten Flüchtlinge einziehen. Die Stadt lehnt dies jedoch ab, weil in der Nä­he zwei Gastanks der Rheinenergie stehen. Zudem gebe es eine erheb­liche Belastung durch Verkehrs­lärm. M it der gleichen Begründung dürfte die Verwaltung auch den brachliegenden Sportplatz dane­ben als Standort für Unterkünfte ablehnen. Für die Anwohner ist das schwer verständlich: Schließlich wurde d o rt jahrzehntelang Fußball gespielt, Hunderte Menschen ar­beiten im nahen Gewerbegebiet:

BÜRGERHAUS MÜTZE ALS UNGEEIGNET EINGESTUFT

Das Bürgerhaus „M ütze" an der Ber­liner Straße wollte in einem leer­stehenden Werkstattgebäude min­derjährige Flüchtlinge unterbrin­gen und hatte eine soziale Betreu­ung der Jugendlichen angeboten. Die Verwaltung bemängelte den

„Werkstatt-Charakter", eine man­gelnde Belüftung, zu wenige Fens­ter und Sanitäranlagen. Der Umbau würde zu teuer. Auf dem privaten Wohnungsmarkt ließen sich die ho­hen loftartigen Räume wohl fü r gu­tes Geld vermieten.

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koelnarchitektur.de, 08.03.16

Die Freiheitsstatue von Mülheim

"Die Stadt von der anderen Seite sehen" – das Schauspiel Köln startet mit einem Workshop-Tag sein

Projekt zur städtebaulichen Entwicklung Mülheims. Die "Freiheitsstatue von Mülheim" in einer

Lego-Vision aus einem der Workshops (Foto:

Vera Lisakowski)

Eine überdimensionale Figur mit

geringeltem Hemd steht direkt am

Rhein, noch vor dem Ort, wo heute

die Mülheimer Brücke ist. Die ist

inzwischen abgerissen und durch

einen Tunnel ersetzt worden. Die

Flächen am Rhein sind saftig grüne

Parks, durchzogen von Radwegen.

Diese erschließen auch das restliche Mülheim und führen zu völlig durchmischten Vierteln, wo sich

Wohnen, Arbeit und Kultur ergänzen. So sieht eine der Zukunftsvisionen aus, die am 5. März bei den

zehn Workshops des Projektes “Die Stadt von der anderen Seite sehen” vom Schauspiel Köln

herausgekommen ist. Noch ist sie aus Lego –

und an den Feinheiten muss gearbeitet

werden: “Man könnte auch denken, die Figur

warnt ‘Vorsicht Mülheimer’, also dass sie

Workshop-Leiter Elisa Hofmann und Heiner Remmert

betrachten die ersten Lego-Entwürfe (Foto: Vera

Lisakowski)

gefährlich sind”, erklärt die kleine Urheberin

bei der Präsentation. Man einigt sich aber

dann schnell auf eine positive Besetzung und

erklärt sie zur “Freiheitsstatue von Mülheim”.

Der kindliche Blick, der diesen Workshop mit

Erwachsenen ergänzt, ist vielleicht genau der

richtige. “Man muss frei werden für neue Ideen.

Manchmal ist das schwer, wenn man sich so

lange mit einer Sache beschäftigt hat”, sagt Elisa

Hofmann, die den Lego-Workshop mit leitet,

Workshop-Leiter Boris Sieverts erklärt zu Beginn, was mit

den viereinhalb Tonnen Lehm passieren soll (Foto: Vera

Lisakowski)

“aber wir wollen das ‘nee, das geht nicht’ aus

den Köpfen kriegen”. Und so mussten die

Gruppenmitglieder aus ihren ersten Entwürfen, die sich noch stark an der Realität orientierten, die

besten Ideen zusammenführen und sollten bewusst reale Gegebenheiten außer Acht lassen.

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Wo ist der Rhein?

Die Realität finden musste zunächst die Gruppe, die aus viereinhalb Tonnen Lehm Mülheim formen

sollte. “Man kommt sich vor wie am ersten Tag der Schöpfung”, entfährt es einem der Teilnehmer, als

sie beginnen, den Lehm platt zu stampfen. Andere sind schon weiter und diskutieren, wie genau der

Bogen des Rheins auf dem zehn Quadratmeter großen Palettenboden verlaufen soll. Nach nicht

einmal vier Stunden ist Mülheim inklusive Brücke in dem beeindruckend großen Modell gut zu

erkennen, auch wenn die Dimensionen nicht ganz stimmen: “Es ist bezeichnend, wie monumental der

Wiener Platz ausgefallen ist – und dass es mir nur ein bisschen verzerrt vorkommt”, stellt Boris Sieverts,

einer der Leiter des Workshops, mit Blick auf das fertige Modell fest. Auch welche Liebe ins Detail die

Teilnehmer investieren, zeigt die Wichtigkeit bestimmter Orte. “Reine Wohngebiete sind fast nicht

abgebildet”, erklärt Sieverts, “es sei denn, jemand wohnt genau dort, sonst finden sie im Modell nicht

statt.” Vier Stunden harter körperlicher Arbeit. Die Teilnehmer sehen erschöpft aus, sind aber sehr

angetan vom Ergebnis, in dem sich auch erste visionäre Elemente finden. “Ich finde die Utopien am

besten, die sich an der Realität abarbeiten”, erläutert Sieverts seine Idee – und ist auch zufrieden mit

der Dynamik innerhalb der Gruppe: “es war ja für jeden genug zu tun, das ist immer die Hauptsache”.

Das fertige Lehm-Modell von Mülheim wird mit

einem Gabelstapler ins Depot 2 gebracht (Foto:

Vera Lisakowski)

Den Nachbarn ansprechen

In der Workshop-Gruppe, die

Mülheimer als Nachbarn des

Schauspiels befragen sollte, regt sich

hingegen gleich zu Beginn Widerstand.

Als Vertreter des Schauspiels

aufzutreten ist den Teilnehmern

unangenehm, dies in der sensiblen

Umgebung der Keupstraße zu tun, umso

mehr. Einen Einfluss darauf, in welchen Workshop sie kamen, hatten die Teilnehmer nicht, sie wurden

zufällig eingeteilt. Überhaupt hatten die beiden Projektleiterinnen, die Regisseurin Eva-Maria

Baumeister und die Stadtplanerin Isabel Finkenberger, im Vorfeld bewusst wenig über die einzelnen

Workshops verraten. Offen für Neues zu sein wurde hier auch von den Teilnehmern erwartet. Auch für

die Befragung in der Nachbarschaft fand sich letztlich ein Kompromiss und die Ergebnisse der

Befragung zu dem was Nachbarschaft ist und was sie sein könnte sind durchaus bemerkenswert:

Schon in der Gegend direkt hinter dem ehemaligen Güterbahnhof ist kaum bekannt, dass das

Schauspiel seit nunmehr knapp drei Jahren in Mülheim ist. Die Definition von Nachbarschaft ist bei den

Befragten weniger räumlich orientiert als sozial: Die Familie wird als Nachbarschaft gesehen oder die

Freunde. Die wirklichen Nachbarn? Da reicht es, wenn sie die Pakete annehmen. Ein Bedürfnis,

darüber zu reden, haben die Bewohner aber offenbar doch: “Als wir angefangen haben zu fragen, ist

ein riesengroßes Tor aufgegangen”, berichtet Volker Katthagen, einer der Workshop-Leiter. Und einer

der Teilnehmer erzählt: “Alle Befragten waren außerordentlich freundlich und wollten mir alle hinterher

sogar die Hand geben”.

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Pläne zum Projekt "Die Stadt von der anderen Seite

sehen" des Schauspiels Köln (Foto: Vera Lisakowski)

Die Sicht auf den Ort verändern

Um direkten Kontakt mit der Nachbarschaft

geht es auch beim Workshop “Mülheimer

Wunderkammer”. Nach einem Rundgang

durch den Stadtteil sollen die Teilnehmer

Objekte in Mülheim sammeln und die

Geschichten dahinter erzählen. “Man kann

in vielen Orten, die von außen nicht so gut

aussehen, mit der eigenen Phantasie oder

einer erhöhten Wahrnehmung viel machen”, erläutert Workshop-Leiter Markus Ambach das Konzept.

Die zusammengetragene Sammlung, die am Abend präsentiert wird, reicht von Gegenständen aus

einem Abbruchhaus, das womöglich “warm saniert” wurde über einen Pokal von einem Radrennen bis

zu einer lebenden Person: Eine der Teilnehmerinnen hat zufällig eine Schulfreundin aus der Eifel

getroffen, die seit einigen Jahren in Mülheim lebt und dort als Deutsche mal in einer türkischen

Backstube gearbeitet hat. Eine Offenheit, die für sie auch für Mülheim stehe.

Schilder der Workshop-Gruppen beim

Projekt "Die Stadt von der anderen Seite

sehen" des Schauspiels Köln (Foto: Vera

Lisakowski)

Projekt gegen “Kölner Fatalismus”

Etwa 200 Teilnehmer hat dieser

erste Workshop-Tag zu dem auf

zwei Jahre angelegten Projekt des

Schauspiels Köln angezogen. Es

war nicht das klassische

Schauspiel-Publikum, sondern ein

völlig gemischtes aus allen

Stadtteilen Kölns. Oft Menschen,

die sich schon lange Jahre

beruflich oder privat mit Stadtentwicklungs- oder Nachbarschaftsprojekten beschäftigen, aber auch

Mittzwanziger, die es auf Facebook gelesen haben und “einfach interessant” fanden. Sie alle haben

“sehr ernsthaft gespielt”, wie der Leiter des Kölner Schauspiels Stefan Bachmann seine Beobachtung

aus den Workshops schildert. “Unser Lebensraum muss unbedingt besser werden”, umreißt er die

Motivation seines Hauses zu diesem Projekt, “der Kölner Fatalismus ärgert mich sehr, denn ‘et kütt wie

et kütt’ heißt im Umkehrschluss auch: es bleibt, wie es ist.”

von Vera Lisakowski

Quelle (Abruf: 08.03.16 | 10:38):

http://www.koelnarchitektur.de/pages/de/news-archive/14021.htm

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Blick in Mülheimer WunderkammerProjekt „Stadt von der anderen Seite se h e n “ bringt Kölnern Stadtteil näher

Beim Workshop wurde neu über die Domstadt und ihre Veedel nachgedacht. (Foto: Meisenberg)

VON JULIA SCHULTE

Wie sieht d e r Ort aus, an dem wir leben und wie soll der Ort aussehen, an dem wir in Zukunft leben wollen? Diese beiden Fragen liegen dem Pro­jekt „Die Stadt von der ande­ren Seite sehen“ des Schau­spiels Köln zugrunde. Mit ver­schiedenen Workshops und Exkursionen durch Mülheim sta rte te das auf' anderthalb Jah re angelegte Projekt am Sam stag im Depot 2 in Mül­heim. „Theater und S tadtent­wicklung passt auf den ersten Blick eigentlich nicht zusam ­m en “, m eint Thomas Laue, lei­ten d er D ram aturg am Schau­spiel Köln, „wir als S tadtschau­spiel setzen uns bei unserer Ar­beit aber im m er auch mit der Stadt auseinander und schau­en, aus welcher Perspektive wir auf die Stadt blicken.“ Dem Schauspiel Köln ist dabei nicht nu r die M einung der eigenen Schauspieler und A ngestellten am Theater wichtig, sondern auch die der Bevölkerung. „Wir wollen uns auch m it dem exter­nen Blick beschäftigen. In ei­nem ersten Schritt haben wir Jugendliche gefragt, was sie an M ülheim spannend finden und uns in der Nachbarschaft um ­

gesehen“, berichtet Isabel Fin­kenberger, am T heater be­schäftigte S tadtplanerin und eine d er beiden Projektleite­rinnen. Rund 200 Interessierte und Bewohner aus Mülheim und anderen Stadtteilen ka­

m en zum Projektauftakt und brachten in den verschiedenen Workshops, die von Künstlern, P lanern und A rchitekten ge­leitet wurden, ihre Ideen ein, wie Mülheim in Zukunft ausse­henkönnte. Beispielsweise gab

es den Workshop „Mülheimer W underkam m er“ bei der die Teilnehm er auf kleinen Expe­ditionen durch den Stadtteil Gegenstände sam m eln sollten, die die typischen Geschichten aus Mülheim zusammenführt.

„Ich erhoffe mir, dass die Teil­nehm er ein realitätsnäheres Bild von M ülheim bekom m en und nicht n u r die Klischees w ahrnehm en“, erk lärt Kay von Keitz, Autor und Kurator, der seine G ruppe zuvor von der Schanzenstraße zum Rhein geführt hat. Zur gleichen Zeit stand die G ruppe „Am ersten Tag erschaffen wir M ülheim“ in weißen Schutzanzügen vor ei­nem riesigen, 1000 Kilo schwe­ren Lehmhaufen aus dem sie ein Stadtmodell form en woll­ten. „Es geht nicht darum , die Stadt eins zu eins abzubilden. Das Modell darf ruhig lebendig sein und erst bei d e r Arbeit w erden wir uns über unsere gem ischten Umwelt-Vorstel­lungen und verschiedenen in-

■ neren Landkarten bew usst“, berichtet Künstler Boris Sie­verts.

Mit Zollstöcken und Bleistif­ten m achte sich die Gruppe

. „Mülheim verm essen“ gem ein­sam mit den Künstlern von „La- borFou“ aufdenW egundinder G ruppe von Filmemacherin Gesine Danckwart „Neue Tou­rismus-Initiative M ülheim“ wurde schließlich gem einsam ein Werbevideo über den rechtsrheinischen Stadtteil er­stellt.

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100 Millionen Euro fir die Mülheimer BrückeBauvorhaben Stadt informiert über Explosion- der Kosten - Jedes zweite Großprojekt teurerV O N A N D R E A S D A M M durch die Sanierung der Oper des

Schauspielhauses belastet. Hatte Die Sanierung der Mülheimer der Rat anfangs rund 250 Millio- Brücke wird zu einem der teuers- nen genehmigt, so gehen die Büh- ten Bauvorhaben der Stadt. Nach nen mittlerweile davon aus, dass jüngsten Berechnungen sollen die bis zu 460 Millionen Euro benötigt Arbeiten mehr als 100 Millionen werden. Ob Generalsanierung der Euro kosten. Im Vergleich zu der Flora, Bau der Deutzer Ufertreppe ersten Schätzung im Jahr 2010 oder Brandschutzarbeiten in Stra- werden die Ausgaben damit um ßentunneln - regelmäßig weichen 156 Prozent steigen. Damals war die Rechnungen in Millionenhöhe die Verwaltung noch von 39 Mil- von der Planung ab. lionen Euro ausgegangen. Nach Angaben des Presseamtes

Die Zahlen stammen aus einer beträgt die durchschnittliche Kos- Mitteilurig des Baudezernenten tensteigerung bei Großbauprojek- Franz-Josef Höing an den Stadtrat; ten rund 6,5 Prozent. Die Zahl damit beantwortet er eine Anfrage wirkt allerdings geschönt, denn sie der Linken zur Entwicklung der T , .. , ,Kosten großer Bauprojekte mit ei- ̂̂ Jedes Bauvot haben nem Wert von mehr als zehn Mil- ist mit Unwägbarkeiten lionen Euro. Für die gewaltige verbunden Kostensteigerung der Brückensa­nierung nennt Höing mehrere Stadtsprecherin Gründe. „Im Zuge der weiterge- Inge Schürmann henden Planungen hat sich für alleBauwerksbereiche und insbeson- lässt die Ausgaben für die Bühnen dere für die rechtsrheinische Ram- unberücksichtigt. Die enormen pe eine deutliche Verschlechte- Summen für die Sanierungsarbei- rung des Bauwerkszustandes ge- ten am Offenbachplatz lassen die zeigt“, teilt der Dezernent den Po- durchschnittliche Kostensteige- litikem mit. Die ursprüngliche Sa- rung auf bis zu 22 Prozent steigen, nierungsplanung habe nichts mehr „Zu den Ursachen für die Kos- mit der aktuellen Planung gemein, tensteigerungen gehören neben „Das Bauwerk wird nicht nur ge- der bundesweiten Erhöhung des neralemeuert, sondern darüber Baupreisindex um durchschnitt- hinaus den zukünftigen verkehrli- lieh 1,5 bis 2,5 Prozentpunkten pro chen Anforderungen - inklusive Jahr auch gewünschte Umplanun- Erhöhung der Tragfähigkeit für gen, Insolvenzen bei Zulieferern, höhere Lastenklassen - edtspre- aber auch archäologische Funde chend verstärkt.“ Die Rampe auf im Baugrund“,'so das Presseamt, der Mülheimer Seite müsse kom- „Darüber hinaus ist jedes Bauvor- plett abgebrochen und neu gebaut haben mit Unwägbarkeiten ver- werden. bunden, die trotz sorgfältigster

Die geplanten oder bereits be- Planung zu einer Kostenerhöhung gonnenen großen Bauvorhaben führen können.“ Von Kostenerhö- der Kommune haben ein Volumen hungen sei „maximal jedes zweite von mehr als einer Milliarde Euro. Großbauvorhaben mit entspre- Am stärksten wird die Stadtkasse chend langer Bauzeit betroffen“.

Die Sanierung der Mülheimer Brücke wird erheblich teurer. Foto: ch

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350 Menschen gedachten Ali Kurts vv ;,nSpendenlauf am Rheinufer zwischen Mülheim und Stammheim fand große ResonanzVON ROBERT CHERKOWSKI

MÜLHEIM. Aria 15. M ärz 2014 h a tte Ali K urt versucht, zwei e r tr in k e n d e M ädchen aus dem R hein zu re tten . D abei w urde d e r V ater von d re i K indern von d e r S tröm ung ab g e trieb en u n d starb . A uch zw ei J a h re n ach d em trag isch e n Tod des 47- Jäh rig en . n eh m en viele M en­sch en A nteil an d e r Tragödie. Zum G ed e n k en a n Ali K urt und se ine m utige Tat fanden sich S tam m h eim er u n d M ülheim er B ürger zum zw eiten G edenk- u n d S p en d en lau f au f d em F est­p la tz im. S ch atten d e r M ülhei­m e r B rücke ein.

„Viele d e r Leute h ie r k a n n ­ten ihn se h r g u t“, sag t Teilneh­m e r K adim Turgut. „Die Fam i­lien u n d B ek an n ten k re ise sind eng v ern e tz t u n d b e freu n d e t u n d m an ist sich au f F eiern o d er au f e r S tra ß e öfter ü b e r d en Weg gelaufen. U n sere Kin­d e r k a n n te n sich aus d em Fuß­ballverein . Es w ar schon ein

ec h te r Schock, als w ir von se i­n em Tod e rfah ren haben . Die G edenk läufe sind e ine M ög­lichkeit, se in e r tap fe ren Tat zu gedenken , a b e r auch S o lidari­tä t rm d M itgefühl m it d e r Fam i­lie zu zeigen .“ So p ran g te auf d e r B rust d e r T eilnehm er ein Foto m it K urts Antlitz.

Z ehn Euro k o ste te die offizi­elle T eilnahm e am Lauf, d e r am FesJ;platz se in en A nfang n ah m u n d d en R hein en tlan g bis zum S tam m h eim er S ch losspark u n d w ied er zu rück führte . H in­te r d en L äufern ging e in Zug an S paziergängern ,d ie a u f h a lb e r S treck e eine R ast an j e n e r S te l­le m ach ten , an d e r sich das U n­glück ere ignete .

O rg an isa to r Engin O lguner e r lä u te r t die E ckpfeiler des Spendenlaufes: „M ehrereP u n k te s te h en h eu te im Z en­trum . N atü rlich geh t es darum , sich a n Ali K urt zu e rin n e rn u n d d e r Fam ilie u n d den F re u n d en zu zeigen, wie seh r m a n se ine T apferkeit schätzt.

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U nvergessen soll die selbstlose Hilfe von Ali Kurt bleiben- der Lauf soll dazu beitragen. (Foto: Cherkowski)

N ebenbei k an n m an a b e r auch eine S ensib ilisie rung fü r die G efah ren des R heins schaffen, au f dass sich ein so lches U n­glück n ich t w iederholt. A uch

das ist uns s e h r w ichtig .“ U m k le in e E inm aleins d e r e rs te n d ies zu u n te rs tre ich e n , w aren Hilfe wie ü b e r den D ialog m it au ch M ita rb e ite r des R oten den zus tän d ig en In stitu tionen K reuzes u n d d e r F eu erw eh r au fk lärten , d e r im Ernstfall b e ­vor O rt, d ie sowohl ü b e r das b en re tte n kann . O lguner: „Ein

w e ite re r A spek t sind die S pen­den, die w ir h ie r h eu te erlaufen u n d d e re n Zw eck im D ialogm it d en A ngehörigen bestim m t w u rd e n .“ D ie S p en d en in Höhe von 7200 Euro, die an diesem Tag von d en 350 Teilnehm ern erlau fen w u rd en o d er abseits d e r T eilnehm erkasse d u rch Er­trä g e beim V erkauf von S pei­sen rm d G e trä n k en eingingen, kom m en u n te r an d e re m d er K inderkrebshilfe , dem T rauer­beg leitungsverein „TrauBe K öln“ u n d d em k ran k h e itsb eg ­le ite n d en „L ebensdurst-ich“ zugute.

Z urück am S ta rtp u n k t e in ­getroffen, b eg an n eine S tunde sp ä te r d e r form elle Teil m it zah lre ich en G ästen. B egrüßt von M odera to rin N azan Eckes ließ en es sich die p ro m in en ten G äste wie B ü rgerm eiste rin H en rie tte R e k e r u n d d e r tü rk i­sche G enera lkonsu l H üseyin E m re Engin n ich t nehm en , Ali K urt, dem „H elden vom R h ein “, ih re n R esp ek t zu erw eisen.

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Planung für die Zeit ohne BrückeBaustelle Mülheims Bezirksveiti'eter befürchten Verkehrskollaps in der Saniemngszeit bis 2018VO N U W E SCHÄFER

Mülheim. Die Sanierung der Mül- heimer Brücke soll laut Planung der Stadt Ende des Jahres begin­nen. Ein Vorhaben, das bereits jetzt seinen Schatten vorauswirft. Bei der jüngsten Sitzung der Be­zirksvertretung Mülheim bean­tragten Ursula Schlömer und Win­fried Seldschopf (beide Grüne), die Modalitäten des Ersatzver­kehrs zu klären, die während der Sperrung des Stadtbahnverkehrs auf der Brücke gelten sollen.

Nachdem in den vergangenen Monaten bereits kleinere Arbeiten ausgeführt wurden, etwa der Aus­tausch von Federn und Lagerkis­sen am Übergang zwischen den Rampen und dem Brückenkörper, stehen dann die aufwendigeren Sa­nierungsarbeiten an: Die rechts­rheinische Rampe wird vollkom­men neu gebaut. Die Strombrücke - der eigentliche Baukörper - und die Flutbrücke über dem tiefer ge­legenen Gelände am linken Rhein­ufer werden dagegen instandge-

kmzsWä

Stau au f der Brücke. Im nächsten Jahr reihen sich die Schienenersatzbusse in den Verkehr 'ein. Fotos: a e f

n Wir reißen große Teile der Rampen ab und bauen sie neu. Da kann man kein weiteres Gleis für Ersatzverkehr verlegenGerd Neweling, Amt für Brücken iund Stadtbahnbau

setzt. Außerdem steht die Sanie­rung der linksrheinischen Deich­brücke an. Der Fahrbahnbelag so­wie Rad- und Fußwege sollen er­neuert sowie gleichzeitig verbrei­tert werden, sodass Radfahrer zu­künftig auf beiden Seiten der Brü­cke in zwei Richtungen fahren können.

Ein Austausch der Entwässe­rungseinrichtungen, Korrosions-

, schütz sowie die Sanierung der Schweißnahtrisse sind außerdem

Teil des Projekts. Während der Ar­beiten wird abwechselnd je eine Fahrtrichtung für den Verkehr ge­sperrt, die Brücke wird auf der je ­weils anderen Seite darum zeitwei­se nur einspurig befahrbar sein.

Zwischen den Oster- und den Sommerferien im Jahr 2018 sollen dann die Straßenbahnverbindun­gen der Stadtbahn-Linien 13 und 18 für rund 19 Wochen unterbro­chen werden. Ersatzbusse verkeh­ren in dieser Zeit zwischen den Stationen „Wiener Platz“ und „Slabystraße“. „Nach Abstim­mungen mit dem Amt für Brücken und Stadtbahnbau kann auf eine Unterbrechung des Bahnverkehrs für die Dauer von 19 Wochen nicht verzichtet werden“, sagt KVB- Sprecher Matthias Pesch.

„Wir können uns nicht vorstel­len, dass Ersatzbusse eine gute Lö­sung sind - vor allem bei den Staus im Berufsverkehr, die wir jetzt schon ohne große Baustellen ha­ben“, äußerte dagegen Winfried Seldschopf seine Zweifel. Er be­zweifelt, dass in der Hauptver­kehrszeit die Fahrgäste von drei Doppelzügen in zehn Minuten auf Busse umsteigen und schnell auf die andere Rheinseite gelangen können: „Die Busse verschlim­mern nur die Staus, und die Fahr­zeiten über die Brücke werden noch länger als jetzt.“ Für die Bus­se sollten darum wenigstens eige­ne Fahrspuren eingerichtet oder.

angelehnt an die Sanierung der Brücke in den 1960er Jahren, ein drittes Gleis für die KVB-Fahrzeu- ge angelegt werden. Seldschopf schlägt vor, das Verkehrsunterneh­men solle auch dieses Mal eine solche Variante prüfen.

„Heute haben wir einen viel dichteren Verkehr als in den 60er Jahren - und vermutlich eine ge­ringere Toleranz der Bürger für ei­ne so umfassende Einschränkung des Verkehrs“, entgegnet Pesch. Seldschopf bemängelte zudem, dass es Probleme mit der Barriere- ffeiheit geben werde. Die Halte­stelle Slabystraße stelle mit ihren Treppen für gehbehinderte Men­schen eine fast unüberwindliche Hürde dar.

Die Grünen wollten bei der Ver­waltung in Erfahrung bringen, an welcher Stelle neue Bushaltestel­len geplant seien und wie die gro­ßen Fahrzeuge wenden sollen.

BRÜCKE

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Pesch verwies darauf, dass die Pla­nung für den Ersatzverkehr noch nicht abgeschlossen sei. Links­rheinisch sollen die Busse nach heutigem Stand auf einer eigens hergerichteten Fläche wenden, in Mülheim vom Wiener Platz über die Danzier- sowie die Schleier­macherstraße eine Wendefahrt ab­solvieren. Eine eigene Busspur sei aufgrund der Enge zwar unmög­lich, es sei jedoch geplant, mit Sig­nalanlagen jeweils vor der Brücke den Verkehr so zu regeln, dass auf der Brücke weniger Stau entsteht. „Wir denken auch darüber nach, den Takt der Stadtbahn-Linie 4 zwischen Keupstraße und Innen­stadt zu verdichten, um den Fahr­gästen eine Alternative zu bieten“, erläutert Matthias Pesch.

Gerd Neweling, Chef des Amts für Brücken und Stadtbahnbau, äu­ßerte sich ebenfalls vor den Be­zirksvertretern. „Wir reißen große Teile der Rampen ab und bauen sie neu. Dabei kann man kein weiteres Gleis verlegen“, sagte er. Alle Be­tonteile der rechtsrheinischen Rampe würden entfernt, noch die Metallträger und der Trog der Stadtbahn blieben noch übrig. Au­ßerdem treibe laut Neweling eine solche Maßnahme Bauzeit und Kosten massiv in die Höhe. Die fehlende Barrierefreiheit an der Slabystraße sei ihm aber bewusst. Neweling: „Bis zur Sommerpause bieten wir dafür Lösungen an.“

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Verdächtiger Koffer auf der KeupstraßeWegen eines verdächtigen Koffers vor einem Cafö hat die Polizei am M ittwochnachm ittag die Keup­straße in Mülheim ab 14.45 Uhr für etwas mehr als eine halbe Stunde gesperrt. Der Besitzer hatte den schwarzen Aktenkoffer offenbar in dem Lokal vergessen. Er war leer, ein Entschärferteam musste nicht anrücken, (ts)

K u ntfü ' O u ii u ii ü m ii

Fehlalarm!Keup­straßekurz­fristig

gesperrtKöln - Kurzer Schock in M ül­heim: W egen ei­nes herrenlosen Koffers sperrte die Polizei d ie Keu­pstraße gestern Nachm ittag gegen 15 Uhr ab . Nach einer halben Stun­de g ab es bereits w ieder Entwar­nung: Den Koffer hatte ein C afe ­besitzer schlicht- w eg vergessen, die Sperrung wur­d e w ieder au fg e­hoben.

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Bilder: E. Landschoof Q*>Az* ^ 0 2 . ^ 1 (i

/ \ r G 3 -lEin spannendes, ; >■; Cr ̂ t -flir' •o.: ; ..:;.4>J.Xidi

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Im Mülheimer Hafen entsteht in den kommenden Jahren ein urbanes Quartier

D e r M ü lheim er Hafen ist ein in te ressan­te s G e b ie t. Auf d e r e inen Seite ein p a a r

exk lusive G e sch äfte mit d e n a lten Fabrikhal­len, Büros von Design- und M ed ien ag en tu ren , K ünstlerateliers, k leinere In d u strieb e trieb e und v iele lee r s te h e n d e G e b äu d e , d ie teilw eise un­t e r D enkm a lschutz s teh en . Auf d e r an d eren Se ite d e r H afen. Und viel G rün. „Für d a s h eu te teils b rach l ie g e n d e und n u r noch partiell g e ­w erblich-industrie ll g e n u tz te G e b ie t östlich d e s H afens e rg ib t sich nun d ie e inm a lige C hance, sich zu e inem u rbanen Q u artie r m it W ohnnut- zu n g w eiterzuentw icke ln , w äh ren d d ie Flächen d e s H a fen g e län d e s w eiterhin d ie Funktion e in es S chutzhafens erfü llen", h e iß t e s v o nse iten d e r S tad t Köln. „D iese C hance ist zu nutzen ."

KULISSE DER ANRHEINER. D as Areal m it d e n ro­ten B ackste inbauten w urde 1989 bis 1996 im m er

w ied er von Teens aufgesucht, den n hier w ohnte d ie Kelly Family auf ihrem H ausboot. In d iesem Februar w ar d e r D ortm under Tatort do rt. Und bis 2013 b ild e te d ie H afenstraße d ie Kulisse für d ie W D R -Fernsehserie „Die A nrheiner". W o d ie b e ­lieb te Serie g e d re h t w urde, ist h e u te G rünfläche, je tz t B estandteil d e s R heinbou levards.

FÜR GESCHICHTE. „D as W erksta ttverfahren 2013 b ra ch te viel für d a s G e b ie t" , s a g t Eva Rusch, G eschäftsführerin d e r icon K om m uni­kation fü r Kultur und W irtschaft G m bH . Sie ist M itg lied d e r G esch ich tsw erksta tt M ü lheim und w eiß viel ü b e r d ie H istorie rund um d e n Mül­h e im er H afen. Sie ist n icht nur an d e r w eiteren Entwicklung in teressiert, so n d e rn e n g a g ie r t sich z u d em für d a s Areal. „Ich finde d ie Entwicklung sp a n n e n d und h a b e e inen B log e in g e rich te t" , s a g t sie. Das sei e in e m o d e rn e Form , bei d e r

Infos veröffentlicht u n d d azu in te rag ie rt w e rd en könne. Als Logo für d e n In tern e tau ftritt s ta n d d ie 180 M e ter lan g e F u ß g ä n g e rb rü c k e Pate.

-ygj w w w .m ue lheim erhafen .com

Inform ationen

Mülheimer Nacht

Am 16. April findet zum siebten Mal die Mülheimer Nacht statt. An zahlreichen Orten wird ein buntes Programm ge­boten. Fester Bestandteil der Aktionen sind Veranstaltungen in der Lindgens Kantine. Dort sind unter anderem Bilder von Eva Rusch zu sehen.

vg w w w .m ue lhe im ernach t.de

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MenschenwürdigesZuhauseDer Verein „Kunst hilft Geben“ plant ein Haus für Wohnungslose und Flüchtlinge

E s g ib t nichts G u tes, a u ß e r man tu t es": Für d en Kölner Verein

„K unst hilft G e b e n " ist d ie k luge L ebensw eisheit Erich Kästners M ot­to und M otivation zug leich. Der Verein um d en Vorsitzenden Dirk Kästel p lan t aus d e m Erlös von bis­he r 17 B enefiz-K unstausstellungen und S p en d en d as Leuchtturm -Pro- jek t „C asa C o lonia" um zusetzen. Auf e in e r F läche von etw a 400 bis 500 Q u ad ra tm ete rn sollen W oh­n ung s lo se , F lüchtlinge, Künstler und S tu d en ten in Köln ein m en ­schenw ürd iges Z uhause finden, d o rt leb en und arbeiten . „Das Herzstück soll im E rdgeschoss ein ART-Cafe o d e r Bistro sein, in d e m ju n g e M en­schen m it körperlichem , geistigem o d e r sozialem H andicap bis 27 J a h ­

Bild: privat

re e in e A usbildung und Beschäfti­gun g finden", erzäh lt Kästel. Sogar ein ART-Hostel mit 50 Zimmern o d e r A p p artem en ts für Köln-Besu­cher sei gep lan t.

GELD DURCH SPENDEN. Das G eld kom m e zum ü b erw iegenden Teil durch Kunstverkäufe und Spenden zusam m en, sa g t er. Die W erke wur­d en von Künstlern se lbst, a b e r auch von Sam m lern zur Verfügung g e ­stellt. Vor fünf Jah ren g ing d e r Ver­ein als Privatinitiative an d e n Start, um Kapital für das ehrgeizige Pro­jekt zu sam m e ln. Schnell kam en ers­te Kunstwerke zusam m en. Bereits ein Ja h r sp ä te r fand d ie e rs te Bene­fiz-Ausstellung in d e r Industrie- und H ande lskam m er Köln statt. Früh g e ­

..-•So könnte das geplante

Gebäude aussehen

lang e s Kästel, nam hafte zeitgenös­sische Künstler - wie etw a G erhard Richter, Markus Lüpertz, HA Schult, O d o Rumpf, Klaus Staeck, C andida Höfer o d e r Rosem arie Stockei - für se ine Idee zu gew innen. Fotogra­fische A rbeiten, Editionsblätter, Skizzen, Druckwerke, ab e r auch handsign ierte Bilder und Skulpturen w erden seitdem in den A usstellun­g en g eze ig t und verkauft.

GEPLANTER START. U nterstü tzung findet d a s Projekt u n ter a n d e re m durch Hedw ig N even D uM ont, J e a ­ne Baronin von O p p en h e im , G ü n te r Wallraff, R ichter a. D. M anfred Rich­ter, Pfarrer Franz M eurer u n d viele K unstsam m ler und Firm en. „C asa C o lonia" ist ein Projekt d e s geför­d e rte n W o h n ungsbaus u n d soll e tw a 1,8 Millionen Euro kosten .

up) vvw w .kunst-hilft-geben.de

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Vom Profi den Blick geschärft bekommenFotografin Ulla Lohmann unterstützt Schüler bei Fotoaktion „Mülheimart“VON MARKUS FREY

M Ü LH E IM /B U C H H EIM . Dieeigene Heimat neu entdecken, durch einen Perspektivw ech­sel einen anderen Blick auf die Geschehnisse d er unm itte lba­ren Umgebung werfen. Und das mit dem Sucher oder dem „Zoom“ der eigenen Kamera, um Menschen, Momente, Ge­schichten oder A rchitektur auf- D auer im Bild festzuhalten. „Euer Veedel, Eure Szene, Euer Foto“, lautet die Überschrift zur diesjährigen Fotoaktion „M ülheimart“. Nach der gelun­genen Prem iere im Vorjahr soll sie w ieder Jugend liche aus dem ganzen Stadtbezirk an­sprechen, kreativ tätig zu wer­den und ausgerüstet m it Foto­appara t und wachsam em Au­ge auf Motivsuche zu gehen.

Überall im Bezirk wird die­ser Tage w ieder „geknipst“, was die Brennweite hergibt. An vielen Orten, in Institutionen wie den örtlichen Jugendzent­ren, Schulen, Vereinen und OTs finden derzeit Fbtosemi- nare, Workshops und- Mit- m achaktionen u n te r d er Ägide von „mülheimart“ statt, die von zah lreichen Kooperations­partnern wie d er Bezirksju­gendpflege der Stadt, d er Köl­n er Diakonie und der „Stiftung Kultur“ d er Rhein-Energie un­terstützt wird.

„Zeigt uns eu er Mülheim, wie ihr es seht! Eure Plätze, eu­re Orte, eure Kunst, eure Kul­

tur! Arbeitet als G ruppe und ladet eure Mülheim-Fotos 2016 auf www.mülheimart.de hoch! “ lautet die Aufforderung an alle Teilnehmer. M itm achen kön­nen Jugend liche zwischen 10 und 18 Jahren, die im M ülhei­m er Stadtbezirk wohnen. Hier­bei arbeiten sie entw eder allei­ne oder mit U nterstützung ih­re r w eiterführenden Schule, ih res 'V ereins oder ih re r Ju ­gendgruppe.

Auf Wunsch erfahren die Teilnehm er fototechnische Un­

terstü tzung durch Experten und Profifotografen. Wie die Expeditionsfotografin- und Fil­m em acherin U lla Lohmann, die im Rahm en eines Foto- Workshops>gemeinsam m it ei­n e r G ruppe Schü ler des Mül­heim er Hölderin-Gymnasiums kürzlich auf Entdeckungsreise im Stadtteil ging. Die erfahre­ne Fotografin, die die m eiste Zeit des Jahres für Zeitschrif­ten wie „Stern View“ „Geo“ oder „National Geographie“ überall auf d er Welt spektaku­

läre Aufnahmen von Mensch und N atur macht, will die Mül­heim er Schü ler für ihre Passi­on begeistern und zeigte sich von deren Einsatz und Experi­m entierlust h in ter dem Objek­tiv äußerst angetan. Gem ein­sam w aren sie über den Wiener P latz gezogen, hatten diesen aus verschiedenen P erspekti­ven neu betrachtet, h a tten im Veedel B ildreportagen zu ver­schiedenen Them en erstellt oder gezielt M enschen in Ge­schäften und auf d e r S traße an-

Ein Gruppenfo­to als Erinne­rung: Die Schü­ler des Hölder­lin-Gymnasi­ums m it Ulla Lohmann (grauer Kapu­zenpulli, 4. v. re.) und Lehrer Michael Wage- ner (I.). Foto: Frey)

gesprochen, ob sie diese por­trä tie ren dürften. Anschlie­ßend kam die Gruppe im Buch- heim er Jugendhaus „Treffer“ zum gem einsam en Erfah­rungsaustausch zusammen.

„Die Schü ler w aren m it ganz viel Begeisterung bei d er Sa­che. Das hat mich beeindruckt. Das Schöne dabei ist nicht nur, dass m an mit den Jugend li­chen etwas gem einsam m a­chen und seine Erfahrungen w eitergeben kann. Sondern auch die Tatsache, dass einige

ih re r Bilder später in einem Katalog veröffentlicht werden, dass auch viele andere sie se­hen können“, betonte die W orkshop-Patin aus der Nähe von München. Am Hölderlin- Gymnasium hatte Lohmann abends zuvor einen mit beein­druckenden Bildern angerei­cherten Vortrag über ihre Ar­beit gehalten. „Die Idee der „m ü lheim art“ hat mich beein­druckt und ich fand es wichtig, m ich .h ier zu engagieren. Ich finde es toll, wenn m an m it re ­lativ wenig so viel erreichen kann“, erk lärte Lohmann. „Ein gutes Bild muss im m er ein Ge­fühl transportieren oder eine Geschichte erzäh len “, verrie t die Expertin.

Erfahrungen sammeln im Veedel

Alle d er knapp 20 Teilneh­m er im A lter zwischen 13 und 16 Jahren, zu denen sich im Laufe des Workshops auch noch jugendliche Besucher des „Treffer“ gesellten, hatten von sich aus die Initiative ergriffen. „Die Teilnahme w ar freiwillig und seitens der Schule nicht vorgeschrieben", bestätigt K unstlehrer Michael Wagener. „Am schönsten w ar es immer, den gleichen Ort aus verschie­denen Perspektiven zu foto­grafieren“, fand Schülerin Ni­na.

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Staugefahr in den Osterferien w.«0«Baustellenmanagement nutzt die verkehrsarmere Zeit für größere BaumaßnahmenVON INGO SCHMITZ

Thomas Weil freu t sich auf die Osterferien. Nicht, dass der Bauste llenm anager sich zu­rück lehnen will. Nein, e r will mal den Schreibtisch etwas ab- räum en - was in seinem Falle heißt: In d er verkehrsarm eren Ferienzeit w erden Baustellen eingerichtet. Es wird an d er In­frastruk tur Kölns gearbeitet. H ier die M aßnahm en m it der größten verkehrlichen Auswir- kung:

Rheinufertunnel

Morgen Abend wird der R heinufertunnel vollständig gesperrt. Ab 2 0 U hr ist der Tun­nel dicht, bis Montag, den 2 1 . M ärz um 5 Uhr. D er Grund: Auf der Rheinuferstraße wird zwi­schen Filzengraben, und Gold­gasse in beiden Richtungen die Fahrbahn erneuert. Betroffen sind besonders die R am penbe­reiche an den Ein- und Aus­fahrten des Rheinufertunnels. Die nörd liche Seite wird etwa bis Höhe Goldgasse, die südli­che Seite etwa bis Höhe Filzen­graben saniert. Das alles soll dieses W ochenende in einem Rutsch passieren. Um leitun­gen führen im W esentlichen über die Nord-Süd-Fahrt und sind ausgeschildert.

An der M ülheim er Brücke

2014 w urde die S traße An der Schanz zwischen Bolten- s tem straße und M ü lheim er

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Umleitung.

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Bald wieder staugefährdet: Auf der M ülheim er Brücke weisen stadteinwärts schon Schilder auf die Bauarbeiten hin. (Foto: Rosenbaum)

Brücke saniert. A llerdings w urden die Dehnungsfugen n u r provisorisch ausgeführt. Nun sollen vollwertige Fugen folgen. Dafür wird zwischen 18. März und 4. April die Überfüh­rung d er R ieh ler Straße über die B o ltenstem straße in beide Richtungen gesperrt.

Oberländer Ufer

Die R heinuferstraße Höhe M arienburg m uss nochmals aufgerissen w erden. Bereits 2015 w ar dort für rund ein ha l­bes Jah r eine Baustelle. Der Abwasser- und der Regenwas­serkana l w urden erneuert. Da­

bei entdeckte m an illegale Hausansch lüsse (die R und­schau berichtete), die nun re ­gelgerecht angesch lossen wer­den. In den O sterferienwochen geht es darum n u r einspurig an d er Baustelle vorbei. Die Ma­rienburger S traße m uss zeit­weise gesperrt werden.

Cäcilienstraße

D er U ntergrund zwischen d er Hohe Straße und d er Nord- Süd-Fahrt muss untersucht werden. Dafür wird in den N achtstunden in beiden Rich­tungen die Fahrbahn bis zum 24. M ärz verengt.

Innere Kanalstraße

Zwischen der Subbelrather S traße und der Venloer Straße wird vom 21. M ärz bis zum 1. April an der Fahrbahn gear­beitet. Auf der Inneren Kanal­straße fällt darum die rechte Fahrspur weg.

Riehler Straße

Auch h ier hat d er stetige Verkehr tiefe Spuren in der Fahrbahn hinterlassen. Das soll vom 29. M ärz bis zum 1. April zwischen Hüchelra- th e r S traße und Schillingstra­ße ausgebessert werden. Eine Fahrspur fällt weg, die anderen w erden verengt.

Neumarkt

Die Kölner Verkehrs-Betrie­be erneuern Gleise und Wei­chen am Neum arkt. Die alten sind verschlissen. Die Bahnen können w ährend der Bauar­beiten ungehindert fahren. Aber zeitweise wird es Ein­schränkungen für A utofahrer und Fußgänger geben. Gear­beitet wird ab dem 19. März und in m eh reren Abschnitten bis zum 8 . April. Zeitweise m uss die Umfahrt für die Auto­fahrer gesperrt werden. Sie m üssen dann bis zur Nord- Süd-Fahrt fahren, um zu wen­den. Phasenw eise wird ein pro­visorischer Holzsteg angelegt, auf dem die Passan ten den ausgeschachteten Gleisbe­reich überqueren können.

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Utopie auf Bacht a n z Dreiteiliger Abend des Ballett am RheinVON NICOLE STRECKER

Ein Jahr lang hat Martin Schläpfer kein neues Stück choreografiert - ungewöhnlich für den „Balletto- holic“. Undjetzt präsentiert er sich nicht zu großer Sinfonie und Or­chester, sondern zum Ein-Mann- Sound von zwei Klavierwerken: Bachs Partita Nummer 6 und Beet­hovens „12 Variationen über das Menuett »a la Vigano«“. Eine Tanzmusik, die Beethoven einer Ballettkomödie entnommen hat: „Le nozze disturbate“ von Jakob Haibel. Beethoven also als tanzaf- finer, gut gelaunter Entertainer.

Z w ischen zw ei Klassikern

Das holt auch aus Martin Schläp­fer den Narren hervor, die Lust, wie schon in früheren Stücken den schweizerisch-volksnahen „Bal­letttrampel“ zu mimen. Tänzer fliegen wie Harlekine mit angezo­genen Beinen im Bogen durch die Luft, schütteln den Kopf wie ein Hund sein nasses Fell und sogar Momente auf Spitze sehen aus, als trügen die Damen klobige Haferl­schuhe.

Das ist naive Romantik wie einst in Schläpfers berühmtem „Forel­lenquintett“ - und Vorspiel zu Bachs Partita Nummer 6, feinsin­nig gespielt von Pianist Denys Proshayev. In blau-grauen und superengen Kostümen schwärmt das Ensemble wie eine betörende

Engelslegion aus, perfekt harmo­nisch und doch individuell.

Martin Schläpfer hat sich mit 1 seiner Uraufführung mutig mittig platziert zwischen zwei Meister­werken der Tanzgeschichte. George Balanchines herzzerrei­ßendes „Duo Concertant“ zur Komposition von Igor Strawinsky. Und: Der berühmte „Der Grüne Tisch“ vom Essener Folkwang- Schulen-Mitgründer Kurt Jooss. Ein Tanzdrama von 1932, das sich düster-ahnungsvoll und sehr kon­kret aufs Kriegs-Schlachtfeld be­gibt und den „Meister aus Deutschland“, den Tod, als Tanz- Allegorie alle Figuren in grandios­expressiven Tanzpassagen weg­metzeln lässt. Es mag auch an die­sem Ballettklassiker gelegen ha­ben, dass Martin Schläpfers lei­denschaftliche Eloge auf Bach gar nicht mal weltentrückt wirkt, son­dern wie ein Gegenentwurf zum Chaos des heutigen Politgesche- hens. Es ist, als zoome Bachs gnä­diger Gott mal kurz auf diese Tanz­bühne in eine Gemeinschaft, in der ganz harmonisch die Differenz und die freie Selbstentfaltung ge­feiert wird. Jeder Tänzer ein stol­zes, schrulliges, gefühlspralles und natürlich höchstattraktives Geschöpf. Auch so geht Utopie.

Weitere Vorstellungen am 26.März sowie 01., 03., 14., 22. und 29. April 2016 in der Oper Düsseldorf

K U , & . 3 .

Mehr als jfromme iPflichtJohannespassion m it Gürzenich-Chor

VON JOHANNES ZINK

Derzeit stehen Chöre und O rchester w ieder vor d er Her­ausforderung, die allfälligen Passionsm usiken vor dem C harakter from m er Pflicht­übung zu bewahren. Nun ha­ben sich d e r Gürzenich-Chor und das noch junge „Cölner Barockorchester“ u n te r Ge­sam tleitung von Gürzenich- Chorleiter Christian Jeub mit

■ Bachs Johannespassion zu Wort gemeldet.

Die hat durchaus ihre Tü­cken. So ist einiges an Spezial­instrum entarium gefordert von d er Oboe da caccia über Gambe und obligate Laute bis zu r Viola d'am ore. Mit Kontra­fagott w ar die Continuogruppe noch um eine aparte Extrava­ganz erweitert. Das fragile „Er- wäge“-Arioso litt zwar etwas un te r intonatorischer Unsau­berkeit der beiden d' amore-Vi- olen, was aber bei insgesam t gu ter O rchesterleistung allen­falls als Kleinigkeit anzum er­ken wäre.

Kein G rund zur Klage auch bei den Solisten. Tobias Hunger war ein Evangehst m it frischer Energie in d er hohen Tenorla-

S tr a h l t m it schlankem Sopran: Dorothee Mields. (Foto: Vielz)

ge und großer em otionaler Be­teiligung. Eine vom Bass Klaus M ertens betreu te Christuspar- tie-ist im m er noch fast autom a­tisch auf d er gestalterisch si­cheren Seite. Michael Dahm en kom m t als Petrus und Pilatus zwar se ltener zum Zuge, hat aber mit seinem sicher sitzen­den Bariton auf sich aufm erk­sam gemacht.

Die D am en m üssen sich in d e r Johannespassion mit der langen Pause zwischen ihren Einsätzen abfinden. Altistin Melanie Lang hätte „Passion“ ruhig ein bisschen m ehr im Sinne von „Leidenschaft“ deu­ten dürfen. D orothee Mields Sopran mit seiner schlanken Wendigkeit entfaltet sein Po­tenzial bei Bach aufs Beste.

Besonders erfreulich ist die gute Entwicklung des G ürze­nich-Chors un te r Christian Jeubs Leitung. Klare Diktion und Intonation ließen wenig W ünsche offen. Egal ob als H auptdarsteller der Turba- Szenen oder als subtiler Kom­m entato r im H intergrund der Bass-Arie „Mein teu re r Hei­land“, die stimmliche Präsenz

U 'U rv r’c \A r a r H iA Q P lh f t

Hänneschen bietet jetzt Gutscheine an

Im H änneschen beginnt am L April d e r K artenvorverkauf hm die Spielzeit 2016/17. Ab daim können auch Gutscheine tu r Stücke gekauft werden. Sie können n u r im T heater am Ei­senm arkt erworben und n u r dort eingelöst werden. Erst­mals gibt es die Möglichkeit, Karten für die Vörpremiere des W eihnachtsmärchens -Drei Krune för et Chressfess“ zu kaufen. Vorpremiere ist am Mittwoch, 23.11., 17.30 Uhr und Prem iere am D onnerstag 24.11., ebenfafts 17.30 Uhr. Die Karten für die Vorpremiere kosten für Kinder 8,50 und für Erwachsene 15 Euro. (EB1

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69 und kein bisschen leiseJazz-Musiker Dave Holland und Kollegen in der Kölner Philharmonie

ginn ein einfaches, singbares m anisch-dynam isch, als soll- Sie sind stets zu gleichen Tei- I^pIh'Thema, das Spiel des 69- ten die P hrasen e inander len in die Bewegungen d er Jährigen ist so m arkig-m us- überholen, erfreu t sich am Musik eingebunden, die stän- kulös wie ehedem . D er junge elektronischen G eheul seines dig zwischen leisen und ge- Schlagzeuger Obed Calvaire Instrum ents. Calvaire zeigt, rad ezu lodem d-energeti- saust dazu so behutsam und ft- dass e r h a rt und funky, gleich- sehen Passagen hin und h er ligran wie D eJohnette über die zeitig einfallsreich und präzi- schwingt, ein Flow ohne Pau- Becken, und G itarrist Kevin se zulangen kann, und Hol- se, d e r den Zuhörer in eine Art Eubanks spielt schwebende, land unterleg t alles m it kla- Trance versetzt. Eine „Reise“ federleichte Arpeggios auf d e r ren, sw ingenden K onturen. Ist fürwahr, wie Dave Holland an- Halbakustischen. im m er m it Im pulsen und gekündigt hatte, die lediglich

Doch dieses Trio ist ein ganz Ideen zur Stelle, w enn sich ein h ie r ünd da vom Szenen-Ap- anderes Biest als sein Vorläu- m usikalischer Bogen totge- plaus des begeisterten Publi- fer. Allmählich zieht das Tem- laufen hat, erlaubt sich auch kum s unterbrochen wird und po an, Eubanks baut einige den einen oder anderen vir- nach 75 M inuten zu Ende ist. j flinke Läufe ein, wechselt zu tuos vertrack ten Lauf. D anach spielt das Trio in d e r Irhjfthm isch-ekstatischem A ber die drei M usiker fol- Zugabe noch knapp an „Sum- jSpiel, w iederholt - wie einst gen nie d e r altbackenen The- m ertim e“ vorbei. G etanzt ha t j Jim i H endrix - rockige Riffs so ma-Solo-Thema-Schematik. allerdings niem and.

: VON HANS-WILLI HERMANS

KÖLN. Very British, höflich und ein wenig zurückgenom ­m en, begrüß t Dave Holland die Z uhörer in d er K ölner Philharm onie und bere ite t sie auf das K onzert seines Trios vor: „Wir w erden jetzt einige Kom positionen und Them en an e in an d erre ih en “, e rk lärt e r lächelnd. „Und nicht zu ver­gessen: „Wer m öchte, kann aufstehen und tanzen .“

D er Bassist gehört zu den bedeu tendsten englischen Jazz-M usikern, w urde Ende d e r 60er Ja h re von Miles Da­vis en tdeck t und nach New

York gelotst. Wo e r 1969 prom pt auf Davis* „In a Silent Way“ m itw irkte. Von da an spielte Holland in d e r ersten Liga, m achte in den Siebzi­gern als Mitglied des hochge­rühm ten Gateway-Trios an d er Seite des G itarristen John Ab­ercrom bie und des Schlag­zeugers Jack D eJohnette von sich reden: Unaufdringlich, subtil, lyrisch w ar diese Mu­sik, so ganz anders als die oft hektischen, w esentlich sim p­le r gestrick ten Fusion-Klänge jen er Jahre .

Als wollte e r Gateway wie­d er aufleben lassen, intoniert Dave Holland gleich zu Be-

Das Schenken steht im VordergrundF r e i z e i t Drei Frauen veranstalten in Mülheim eine„Klamotten-Tausch-und-Schenk-Party“VON CARINA EßERT sie mit nach Hause. „Beim Aus­

misten schafft man Platz im Klei- M ülheim . Was der einen nicht mehr derschrank - da ist es doch schön, gefällt, passt einer anderen viel- im Gegenzug das ein oder andere j leicht hervorragend. Auf dem Ge- Teil wieder mitbringen zu kön- j danken basiert das Konzept von nen“, sagte sie. Im Vordergrund Karen Bentfeld, Josie Kaiser und der Aktion stand der „Schenk-Ge- Annette Harder: Tauschen statt danke“, wie Organisatorin Karen Kaufen. Also haben die drei Köl- Bentfeld betonte: „Keiner ist hier, nerinnen kürzlich eine „Klamot- um das Mitgebrachte eins zu eins | ten-Schenk-und-Tausch-Party“ in gegen neue Sachen einzutauschen.! der Boule-Halle am Mülheimer Die meisten geben mehr ab, als sie Hafen organisiert. mitnehmen.“

Einen Nachmittag lang konnten Frauen dort für 2 Euro Eintritt ihre Einladungen über E-Mail-Verteiler ausgemusterten Klamotten mit- Was auf der Stange keinen Abneh- bringen und sich dafür am Sorti- mer gefunden hatte, kam einem ! ment bedienen.. Wenn etwas gefiel, guten Zweck zu Gute. „Alles, was wurde es einfach übergezogen übrig bleibt, wollen wir der Flücht­oder anprobiert hinter provisori- lingshilfe zukommen lassen“, so sehen Umkleidekabinen, die vorab Bentfeld. Früher habe sie solche aus gespannten Laken und Decken Tausch-Partys im privaten Kreis j in der Halle konstruiert wurden, gefeiert, mit 20 bis 30 Bekannten, j Dazu gab es Gratis-Kuchen und „Da hat die Idee Anklang gefun- ; andere Erfrischungen. den, so kamen wir auf die Idee, das

Kleider, Jacken, Blusen, Shirts Ganze mal etwas größer zu gestal- und Hosen - die Klamotten häuf- ten.“ Über ihren privaten E-Mail- ten sich auf Kleiderstangen, Wä- Verteiler hatte sie die Einladung scheieinen und Tischen. Neben gestreut, die sich über soziale Frauengarderobe fanden sich Ac- Netzwerke weiterverbreitet hatte, cessoires wie Handtischen oder „Dass dann so viele gekommen Schals ebenso wie Kinderklamot- sind, hat uns natürlich positiv über- ten. „Toll, was hier so alles zusam- rascht“, sagte sie. Bentfeld und ihr menkommt“, sagte Isabel Compes Team wollen künftig zweimal jähr-1 aus Sülz. Auch sie ist in der Halle lieh weitere „Klamotten-Tausch- hier schnell fündig geworden: Ein und-Schenk-Partys“ in Mülheim j neues Kleid für den Sommer nahm zu veranstalten.

Isabel Compes aus Sülz hat ein Kleidför sich entdeckt. Foto: Ebert |