Die Neuevangelisierung unter Migranten als … · Philosophisch-theologische Fakultät der Steyler...

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Philosophisch-theologische Fakultät der Steyler Missionare in Sankt Augustin Dissertation von P. Damian Cichy SVD unter dem Thema: Die Neuevangelisierung unter Migranten als missionarische Herausforderung im Europa des 21. Jahrhunderts Geschriebene unter der Leitung von Prof. Dr. Eugen Nunnenmacher SVD Ordnungsgemäß verteidigt am 09.07.2004. und zur Veröffentlichung erlaubt vom Provinzial der Norddeutschen Provinz SVD P. Dr. Bernd Werle SVD

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Philosophisch-theologische Fakultät

der Steyler Missionare in Sankt Augustin

Dissertation von P. Damian Cichy SVD

unter dem Thema:

Die Neuevangelisierung unter Migranten

als missionarische Herausforderung im

Europa des 21. Jahrhunderts

Geschriebene unter der Leitung von

Prof. Dr. Eugen Nunnenmacher SVD

Ordnungsgemäß verteidigt am 09.07.2004.

und zur Veröffentlichung erlaubt vom

Provinzial der Norddeutschen Provinz SVD

P. Dr. Bernd Werle SVD

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INHALTSVERZEICHNIS Vorwort ………………………………………………………………………….…………. 6 Einleitung…………………………………………………………….……………………. 7 Kapitel I: Ursachen, Verlauf und Umfang der europäischen Wanderungsprozesse des 20. Jahrhunderts….…………..…... 12

1. Erläuterung der Hauptbegriffe und Systematisierung des

Migrationsphänomens ……………………………………………………..……. 13 1.1. Von allgemeiner Mobilität zur Migration ………………………………………….. 13 1.2. Migration als eine Angelegenheit der Massen ……………………………………… 15 1.3. Abgrenzungen bei der Kategorisierung der Migranten ………………………...…. 17 1.4. Europa als Ort des Migrationsgeschehens …………………………………………. 20 1.4.1. Summarische Geschichte der Europaidee ………………………………………….. 20 1.4.2. Auf dem Weg zur Vollständigkeit des Ostens und Westens ………………....…….. 22 1.4.3. Heutige Grenzen der Staaten und Völker Europas …………………………………. 24 2. Wichtige Wanderungstendenzen im Europa des 20. Jahrhunderts ….. 26 2.1. Vom Aus- zum Einwanderungskontinent am Anfang des 20. Jahrhunderts …..... 27 2.1.1. Auswanderung nach Übersee ……………………………………………………..… 27 2.1.2. Innereuropäische Migrationen ……………………………………………………… 29 2.1.3. Einwanderungen von „Außen“ …………………………………………………….. 31 2.2. Flucht und Wanderungen nach dem Zweiten Weltkrieg …………………………. 36 2.2.1. Flucht vor dem Faschismus …………………………………………………………. 36 2.2.2. Ende des Zweiten Weltkrieges als Kulmination der Migrantenströme …………..….37 2.2.3. Aus- und Einwanderungen während des Kalten Krieges …………………………… 39 2.3. Neue Phase der Zu- und Abwanderungen nach der Wende ……………………… 44 2.3.1. Masseneinwanderungen von Mittel- und Osteuropa in EU-Staaten …………………44 2.3.2. Geringer Anteil der Immigranten in Skandinavien ………………………………...46 2.3.3. Großer Anteil der Einwanderer nach Südeuropa …………………………………….48 2.4. Migrationsbewegungen nach der Wende in Osteuropa ...…………………….……51 2.4.1. Mitteleuropa als neue Aufnahmeregion ……………………………………………51 2.4.2. Neue Migrationsströme an den Rändern Osteuropas ……………………………….. 53 2.5. Migrationssalden der Hauptregionen Europas am Ende des 20. Jahrhunderts .…56 2.5.1. Anteil Europas an der gemeinsamen Migrationswelt …………………………….… 56 2.5.2. Statistische Migrationslage in den Regionen Europas ……………………………….59

Schlussbemerkungen zum ersten Kapitel ……………………………………...…62

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Kapitel II: Aktuelle Präsenz der Immigranten und ihre Zukunft in der Europäischen Union .......................................................... 63

1. Der heutige Immigrant im Bereich der EU ...................................................... 64 1.1. Herkunfts- und Aufnahmeländer der Immigranten ................................................ 64 1.1.1. Die wichtigsten Herkunftsländer der Immigranten .....................................................64 1.1.2. Die wichtigsten Aufnahmeländer in den EU-Staaten ..................................................70 1.1.3. Gesamte Sicht ausländischer Wohnbevölkerung in der EU ........................................ 75 1.2. Entscheidende Faktoren der Migrationsbewegungen .............................................. 77 1.2.1. Schubfaktoren des Herkunftsgebietes (sog. Push-Faktoren) ...................................... 78 1.2.2. Sogfaktoren des Zielgebietes (sog. Pull-Faktoren) .................................................... 80 1.2.3. Intervenierende Faktoren ........................................................................................... 82 1.2.4. Persönliche Faktoren .................................................................................................. 84 1.3. Häufigste Sozialtypen der modernen Zuwanderer ................................................... 85 1.3.1. Postkoloniale Zuwanderer ...................................................................................... .... 85 1.3.2. Ethnische Zuwanderer ................................................................................................. 86 1.3.3. Arbeitsimmigranten .................................................................................................... 88 1.3.4. Eliten – Fachkräfte ...................................................................................................... 89 1.3.5. Flüchtlinge und Asylanten .......................................................................................... 90 1.3.6. Andere Gruppen von Immigranten ............................................................................. 92 2. Prognosen der Zuwanderung für die nächsten Dekaden ........................... 94 2.1. Im Licht der Bevölkerungsstruktur ........................................................................... 94 2.1.1. Weltweites Ausmaß .................................................................................................. 95 2.1.2. Europäisches Ausmaß ................................................................................................ 97 2.2. Im Licht der Migrationsprozesse ............................................................................... 99 2.2.1. Weltweites Ausmaß ................................................................................................... 99 2.2.2. Europäisches Ausmaß ............................................................................................... 104 3. Herausforderungen für die europäische Zuwanderungsgesellschaft ... 110 3.1. Bewertung und „Entmythologisierung“ der Zuwanderung .................................. 110 3.2. Garantie des Gleichgewichts zwischen Integrationsebenen ................................... 113 3.3. Koordinierung der globalen Migrationsprozesse ................................................... 118

Schlussbemerkungen zum zweiten Kapitel .............................................................. 122

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Kapitel III: Neuevangelisierung Europas im Licht kirchlich- theologischer Stellungnahmen ............................................... 124 1. Erläuterung der Begriffe und Systematisierung des Anliegens ............... 125 1.1. Ursprung der Idee und Bedeutung des Begriffes ´Neuevangelisierung` ............... 125 1.1.1. Erst-Evangelisierung bzw. Erstverkündigung ........................................................... 126 1.1.2. Evangelisierung bzw. Evangelisation ....................................................................... 127 1.1.3. Zweite bzw. Wieder- oder Re-Evangelisierung ........................................................ 129 1.1.4. Neue Evangelisierung bzw. Neuevangelisierung ..................................................... 130 1.2. Lateinamerikanische Hintergründe für eine Neuevangelisierung ........................ 133 1.2.1. Die sozialen, kulturellen und religiösen Belastungen aus der Vergangenheit .......... 133 1.2.2. Die befreiende und inkulturierte Evangelisierung .................................................... 137 1.3. Europäische Hintergründe für eine Neuevangelisierung ....................................... 143 1.3.1. Die Säkularisierung der Gesellschaften .................................................................... 143 1.3.2. Die kulturelle und religiöse Vielfalt .......................................................................... 146 2. Lehramtliche Äußerungen zur Neuevangelisierung in Europa ............. 149 2.1. Päpstliche Verlautbarungen zur Neuevangelisierung in Europa ......................... 150 2.1.1. Äußerungen zwischen 1979-1989 – geistliche Antwort auf das Soziokulturelle ..... 150 2.1.2. Äußerungen zwischen 1989-1993 – pastorale Wirkung in der Mission ................... 158 2.1.3. Äußerungen zwischen 1994-1999 – Vorbereitung auf das Millennium ................... 165 2.1.4. Äußerungen zwischen 2000-2003 – im Dienst an der Vereinigung Europas ........... 171 2.2. Andere Verlautbarungen zur Neuevangelisierung in Europa ............................... 177 2.2.1. Neuevangelisierungsidee in der Lehre der europäischen Synoden ........................... 177 2.2.2. Neuevangelisierungsidee nach der europäischen Bischofskonferenz ....................... 182 2.2.3. Neuevangelisierungsidee nach den Dokumenten anderer Lehrgremien ................... 187 3. Theologisch-pastorale Dimensionen von Neuevangelisierung ................ 192 3.1. Unwiderrufliche Quelle und Inhalt der Neuevangelisierung ................................. 192 3.1.1. Gott Vater, Gott Sohn und Gott Hl. Geist ................................................................. 192 3.1.2. Evangelium, Tradition, Lehramt ............................................................................... 195 3.2. Hauptziele und -aufgaben der Neuevangelisierung .................................................197 3.2.1. Die allgemeinen Tendenzen als Hauptziele .............................................................. 197 3.2.2. Die spezifischen Verpflichtungen als Hauptaufgaben .............................................. 200 3.3. Subjekte und Objekte der Neuevangelisierung ....................................................... 203 3.3.1. Subjekte bzw. Träger ................................................................................................ 203 3.3.2. Objekte bzw. Adressaten .......................................................................................... 208

Schlussbemerkungen zum dritten Kapitel ............................................................ 213

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Kapitel IV: Neuevangelisierung und Migrantenpastoral im

kirchlich-europäischen Kontext .............................................. 215

1. Stellenwert der Religion bei Ausländern und Inländern ........................... 216 1.1. Bewahrung der religiös-ethischen Identität von Einzelnen ................................... 217 1.1.1. Multikulturelle Zugehörigkeit und religiöse Freiheit ............................................... 217 1.1.2. Multireligiöse Zugehörigkeit und kulturelle Freiheit ............................................... 220 1.1.3. Religiös-kulturelle Identität im Licht der Neuevangelisierung ................................ 223 1.2. Aufbau der sittlichen bzw. religiösen Beziehungsfelder ........................................ 226 1.2.1. Einheimische und ausländische Europäer ................................................................ 227 1.2.2. Gläubige und nichtgläubige Europäer ...................................................................... 229 1.2.3. Toleranz und Dialog in der Neuevangelisierungsidee .............................................. 231 1.3. Europäer als potentielle Transformatoren des Religiösen .................................... 234 1.3.1. Der Fremde und seine Botschaft .............................................................................. 235 1.3.2. Der Einheimische und seine Botschaft ..................................................................... 238 2. Rolle multiethnischer Gruppierungen in der einen Kirche .................... 241 2.1. Etablierte Minderheiten als anerkannte Glaubenszellen der Kirche ................... 242 2.1.1. Theologisch-historische Leitlinien der Pastoral für die Menschen unterwegs ......... 243 2.1.2. Lehramtlich-rechtliche Leitlinien der Pastoral für die Menschen unterwegs ........... 246 2.2. Lebendige Mehrheiten als entscheidende Faktoren der Ortskirche ..................... 250 2.2.1. Gemeinsame Fundamente der regulären und außerordentlichen Pastoral ................ 251 2.2.2. Ethnische Vielfalt als Herausforderung für die missionarische Ortskirche .............. 253 2.3. Multiethnisches Zusammenleben im Geist der Neuevangelisierung .................... 256 2.3.1. Die Kirche als neue geistliche Heimat für alle ......................................................... 257 2.3.2. Von der Theorie zur Praxis des Gemeinsamen ........................................................ 259 3. Europäische Kirchen und Ordensgemeinschaften im Dienst an der

Neuevangelisierung unter Migranten ............................................................... 261 3.1. Aufgaben der Kirchen Europas ................................................................................ 262 3.1.1. Weckung des Glaubens und intensive Verkündigung .............................................. 262 3.1.2. Vertiefung der ´Communio` eines pluralistischen Kontinents ................................. 265 3.1.3. Erweiterung der interkulturellen Seelsorge .............................................................. 268 3.2. Beiträge der europäischen Ordensgemeinschaften ............................................... 271 3.2.1. Einsatz spezifischer Charismen für die Migrantenpastoral ...................................... 271 3.2.2. Bedeutung spezifischer Charismen für die Neuevangelisierung .............................. 275 3.3. Arbeitsanteil der Steyler Missionare in Europa ..................................................... 279 3.3.1. Herausforderung SVD-Prioritäten zur Neuevangelisierung ..................................... 280 3.3.2. Engagement der SVD für die Pastoral der Migranten .............................................. 287 3.3.3. Wissenschaftliche Unterstützung der evangelisatorischen Aufgaben ...................... 294

Schlussbemerkungen zum vierten Kapitel ........................................................... 300 Zusammenfassung der Arbeit....................................................................................... 302 Abkürzungsverzeichnis................................................................................................... 308 Bibliographie..................................................................................................................... 312 Abbildungen....................................................................................................................... 355

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VORWORT

Die Zahl der Menschen, die auf der Erde Zuflucht suchen nimmt immer stärker zu.

Wieder andere Menschen machen sich aus eigenem Antrieb auf den Weg, um mehr

Freizügigkeit zu genießen, und ihre Zahl wächst bei den neuen Kommunikationsmöglich-

keiten ständig. Als nicht wenig ´beweglicher` Steyler Missionar bin ich verschiedenen Typen

von mobilen Menschen in verschiedenen Ländern begegnet. Es waren u.a. Kriegsflüchtlinge

in Kroatien, Ökoflüchtlinge in Paraguay und eine Vielzahl von sog. ´Gastarbeitern` in

Deutschland. Es war spannend, sie begleiten zu dürfen und ihren Kampf für relativen Respekt

eigener Kultur und Religionsüberzeugung im Ausland zu beobachten. Im Herbst 1999 haben

mich die zuständigen Ordensoberen zu einer Mission gerade unter mobilen Menschen in

Europa überredet und zu einer wissenschaftlichen Bearbeitung dieses Themas eingeladen.

Maßgeblich dafür waren vor allem + P. Dr. Werner Prawdzik als Leiter der Norddeutschen

SVD-Provinz und P. Vizeprovinzial Dr. Heribert Bettscheider, der als Leiter des Steyler

Missionswissenschaftlichen Institutes dieses Projekt unterstützte.

Anfang des Jahres 2000 fand in diesem Institut das erste Treffen der Steyler

Migrantenseelsorger statt, bei dem sich klar gezeigt hat, wie wichtig eine tiefere Untersu-

chung sowohl der Migrationsprozesse als auch moderner missiologisch-pastoraler Fragen ist.

Die Neuevangelisierung unter Migranten erschien auf einmal als ein klares Zeichen der Zeit.

Dies führte zur raschen Herauskristallisierung des Themas und zum Engagement eines

professionellen Moderators dieser Dissertation. An dieser Stelle bedanke ich mich ganz

herzlich bei Prof. P. Dr. Eugen Nunnenmacher für seine ständige Ermutigung und konstrukti-

ve Unterstützung. Die heiße Thematik bzw. die Erfahrungen der Mulikulturalität spiegeln sich

in den Interessen der Steyler Theologischen Fakultät und des Missionspriesterseminars in

Sankt Augustin. Ihren Vorgesetzten, vor allem dem Leiter der Hochschule, Prof. P. Dr.

Joachim Piepke, und dem Rektor des Hauses, P. Dr. Josef Rieger, sage ich herzlichen Dank

für jede Hilfe im Rahmen ihrer Kompetenzen.

Während der Entstehung dieser Arbeit und beim Korrekturlesen der Entwürfe hat

mich als Ausländer, eine Reihe einheimischer Spezialisten beim Glätten sprachlicher

Unebenheiten unterstützt. Unter allen soll besonders Prof. P. Dr. hab. Eckhard Jaschinski

hervorgehoben werden, aber auch P. Dr. Heinrich Dumont, P. Bernhard Mensen, P. Franz

Günther Gessinger und Herr Peter Weiß. Dafür bin ich sehr dankbar und hoffe, dass ihre

Geduld mit mir sich zum Vorteil vieler europäischer Bürger und Gläubigen auswirken werde.

Sankt Augustin, den 26.03.2004. Damian Cichy SVD

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EINLEITUNG

01. Problemhorizont des Themas

Am Anfang des 21. Jahrhunderts leben wir in einem Augenblick der Geschichte, in

dem die praktische Globalisierungswirkung in allen Bereichen des Lebens zu spüren ist. Man

profitiert davon nicht nur in wirtschaftlichen oder politischen Kreisen, sondern auch im

Aufbau eines globalen Verantwortungsbewusstseins für die Natur (z.B. Gentechnik), für die

Kultur (z.B. Weltpatrimonium), für spirituelle Werte (z.B. Dialog der Religionen). Keiner

kann diesen Fragen ausweichen, ja sie rufen eine berechtigte Meinungsvielfalt hervor, die oft

auch gegen globale Lösungen steht. So entstehen gleichermaßen neue Gegentendenzen und

führen zur sog. ´Glokalisierung`, die sich auf charakteristische Elemente lokaler Natur, Kultur

und Religion konzentrieren. „Es besteht kein Zweifel, dass als Reaktion auf die fortschrei-

tende Globalisierung ein verstärktes Bedürfnis nach Identität entsteht; und aufgrund der

existenziellen Ängste, die derart unvermittelten Veränderungen mit sich bringen, auch ein

verstärktes Bedürfnis nach Spiritualität. Nun bietet aber nur die religiöse Zugehörigkeit eine

Antwort auf beide Bedürfnisse, zumindest versucht sie es“ (Maalouf 2000: 85). Die Mensch-

heit rückt also einerseits immer enger zusammen, aber anderseits verschärfen sich die

Spannungen, und der Mensch sucht Klarheit in seiner eigenen kulturell-religiöser Identität.

Die Vielfalt der europäischen Kulturen und Religionen war immer und ist auch heute

die Realität und „Urkraft Europas, aus der alles entstanden ist, was Europa auf gute Weise

groß und ansehnlich gemacht hat“ (Arnold 2003: 30). Es hat eine eigene Geschichte, ein

eigenes Territorium und vor allem eigene Bürger, die sich den o.g. Tendenzen nach immer

mehr einigen, aber auch differenzieren. Ihr menschliches Charakteristikum ist, die Erwartung

für alle auf diesem Kontinent, die volle kulturell-religiöse Freiheit genießen zu können. Ein

großer Teil dieser Bürger sind gläubige Menschen, deren religiöse Glaubensüberzeugung in

einer oder mehreren Kulturen verankert ist. Auf einem relativ kleinen Territorium wollen sie

nicht in anonymen Strukturen unwiderruflich verschmelzen. Sie bemühen sich darum, dass

Europa mit ihnen wächst und eine tolerante Verfassung bekommt, die ihre Freiheiten

garantieren wird. Obwohl am Anfang des Jahres 2004 dieses heikle Thema noch keine

Lösung gefunden hat, soll man schon heute nicht nur an die politischen Entscheidungen

warten, sondern auch an die zukünftige Kultur- und Glaubenspolitik der in Europa lebenden

Menschen denken.

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Eine der fundamentalen Ausdrucksformen des sozialen Charakters des Menschen ist

seine Mobilität. Seiner Natur nach bewegt er sich bzw. ´migriert` er etwas oder weiter durch

die Welt, wobei er aber meist einer ihm eigenen Heimat zugehört. Da es passieren kann, dass

er sich von dieser Heimat zeitlich oder dauerhaft abtrennen muss, droht ihm eine gewisse

Orientierungslosigkeit. Manchmal produziert solch eine Lage im Ausland auch die

Revitalisierung der eigenen religiösen Tradition. Verschiedenen Forschern nach werden durch

die Mobilität der Person bestimmte religiöse ´Archetypen` geweckt (vgl. Gabriel 1991: 9-27),

wobei jeder das Recht hat dort seine Heimat zu bestimmen, wo er will. Damit ist auch ein

anderes fundamentales Menschenrecht verbunden, nämlich das auf die unbeschränkte

Freizügigkeit bzw. Sesshaftigkeit. Spricht man über solche Rechte im europäischen Kontext,

sollte man bipolar die politische und religiöse Ethik des Einwanderungskontinents nachprüfen

(siehe: Rethmann 1996: 154-293). Dabei berufen sich die kirchlichen Lösungen im Umgang

mit den Fremden auf eine lange noch vorchristliche Tradition. In einem pluralistischen

Europa scheint das Problem einer Vergewisserung der christlichen Überlieferung höchst

relevant, ja sogar entscheidend zu sein.

Eine besondere Antwort auf die virulenten gesellschaftlichen Herausforderungen

scheint die 25 Jahre alte Neuevangelisierungsidee zu bieten. Sie antwortet vor allem auf die

gerade erwähnten Probleme des Menschen mitten in einem stark säkularisierten Europa. Sie

setzt offensichtlich praktische Ökumene unter den Christen und aufrichtigen Dialog mit allen

anderen voraus (vgl. Fuß 1993: 19-37; König 1993: 9-18). Sie mildert auch den dramatischen

Bruch zwischen Evangelium und moderner Kultur und setzt sich für einen christlich

geprägten Kontinent der wie immer gleichberechtigten Bürger ein. Doch, ihre herausragende

Wirkung im pastoralen Bereich überzeugt nur wenige. Die sozio-kulturellen Hintergründe

ihrer Entstehung, die theologischen Quellen und Ziele und vor allem die Schwerpunkte für

ihre Adressaten sind noch verhältnismäßig wenig bekannt. Die Neuevangelisierungsidee wird

eigentlich nur intuitiv aufgegriffen bzw. angewendet, und ihre innere Transformations-

potential und Akzentverschiebung der heutigen Situation werden kaum bemerkt. Der

Neuanfang und die immer noch sich auswirkende Fortsetzung des II. Vatikanums haben

bereits neue Bereiche erschlossen, in denen die sozio-theologischen Dimensionen der

Evangelisierung eine neue Qualität des Zusammenwirkens unter allen Menschen

ermöglichen. Sie leugnen die bisherigen pastoralen Anstrengungen nicht, sondern verweisen

neben den gebotenen ´Neuheiten` manchmal sogar auf die Notwendigkeit einer

Erstevangelisierung (vgl. EE 46). Nun ist es nicht zu übersehen, dass alle neuentstandenen

Herausforderungen im Europa der letzten Jahrzehnte alle auf diesem Kontinent lebenden

Menschen angehen.

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02. Fragestellung und Zielsetzung der Arbeit

Schon in der gebotenen Skizzierung des Problemhorizontes dieser Dissertation taucht

ein scheinbarer Widerspruch in der gleichzeitlichen Bearbeitung zweier verschiedener

Phänomene auf. Daraus ergibt sich als erste die Frage, ob die Mobilität der Migranten mit den

Hinweisen auf eine Neuevangelisierung in Europa etwas zu tun hat. Dass solch eine

Untersuchung nicht ohne Erwartung auf eine diesbezügliche positive Antwort bleibt,

beweisen schon die anfänglichen Verknüpfungspunkte dieser Phänomene. Man weist z.B.

darauf hin, dass beide Elemente in Europa begonnen, dass sie etwas mit der Bewahrung der

Menschenrechte zu tun haben, dass die migrierenden Menschen oft Gläubige sind, und

umgekehrt, dass die Kirchen versuchen in lebendigem Kontakt mit den Menschen unterwegs

zu bleiben. Bei diesen und weiteren Überschneidungen der sozialen und kirchlichen Bereiche

stellt sich die zweitwichtigste Frage: Wer ist eigentlich das Objekt bzw. das Subjekt der

Migrationsbewegung und der Neuevangelisierung? Es wird wichtig, in diesen weltgeschich-

tlichen und missionsgeschichtlichen Kontexten die humanen Maßstäbe anzulegen. Dieses

Studium will den Gegensatz oft recht abstrakter Realitäten wie etwa Mobilität-Stabilität (vgl.

Tebartz-van Elst 2001: 711ff) oder Eurozentrismus-Nationalismus möglichst vermeiden.

Stattdessen soll eine historisch-soziologische Auswertung der beiden Phänomene in

theologischer Perspektive dem lebendigen, mobilen bzw. suchenden Menschen gelten. Auch

wenn er formal sehr breit als ´Migrant` und ´Objekt` erscheint und in vielfältigen sog.

´weltlichen` (politischen, wirtschaftlichen, u.a.) Situationen dargestellt wird, bleibt er doch,

das humane Wesen, das uns zu weiteren Fragen herausfordert. So will man wissen: Wie und

warum Menschen in den letzten Jahrzehnten innerhalb Europas so viel hin und her wandern?

Was erwarten sie von der Gesellschaft und der Kirche, und wie werden diese Erwartungen

erfüllt? Unter welchen Bedingungen sind sie bereit, sich ´neu-evangelisieren` zu lassen?

Welche Rolle spielen die durch sie gestifteten Gemeinden im gegenwärtigen Europa? Um

diese und andere komplementäre Fragen beantworten zu können, müssen gewisse

Zusammenhänge der modernen Migrations- und Neuevangelisierungsgeschichte berücksich-

tigt werden. Dabei wird sich die vorliegende Arbeit nicht so sehr auf die sozio-politischen

oder ethisch-pastoralen Folgen konzentrieren. Es geht vielmehr um eine theologisch-

missiologische ´Relecture` dieser Phänomene, um über das allgemeine Kennen lernen des

fremden Menschen hinaus ein besseres christliches Zusammenleben aller heute und morgen in

Europa Lebenden zu erreichen.

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03. Eingrenzungen und Schwerpunkte der Arbeit

Schon bei der Formulierung des Titels bzw. Plans dieser Arbeit habe ich mich gefragt,

ob die Phänomene der Migration und der Neuevangelisierung nicht in einem breiteren

humanwissenschaftlichen Kontext bearbeitet werden könnten. Das schien aber viel zu

komplex zu sein, denn die soziologischen und die theologischen Wissenschaftsmethoden

unterscheiden sich erheblich. Weil die Neuevangelisierungsidee besonders Europa betrifft,

wird auch parallel dazu die Thematik der Migrationen auf diesen Kontinent begrenzt werden.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass alle sozio-politischen, wirtschaftlichen und rechtswissen-

schaftlichen Daten in Bezug auf die Migranten keinen Anspruch auf Vollständigkeit und noch

weniger auf neueste Aktualität erheben werden. Sie stammen zwar aus den vertrauenswürdi-

gen vorhandenen Quellen, wurden aber nur mit dem Ziel gesammelt ein allgemeines soziales

und missionarisches Engagement der Kirchen für die Menschen in Bewegung zu betonen.

Den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet also primär die Absicht eine sozio-theologische

Sichtweise des Migranten aufzuzeigen, deren Gültigkeit in Europa im Rahmen der

Neuevangelisierung näher untersucht werden soll. Der alte Kontinent bietet in sich selbst, d.h.

geographisch gesehen, eine weitere Eingrenzung. Unbeschadet mancher kartographischen und

statistischen Streitpunkte werden vor allem jene Aussagen über Migranten und

Neuevangelisierung gesucht, die sich fast ausschließlich auf europäische Verhältnisse

beziehen. Angesichts der oft stark emotionalisierten Debatten über das Verhalten den

Ausländern und der kirchlichen Mission in Europa gegenüber erscheint die Suche nach

ethischen Bewertungskriterien zwar sehr wünschenswert, steht aber in der missiologischen

Perspektive nur am Rande dieser Untersuchung. Es werden also häufigere Verweise auf die

pastoralen Konsequenzen der Migranten- und der Neuevangelisierungspräsenz in europä-

ischen Kirchen und Gemeinden gemacht. Ohne eine Empfehlung rein pastoraler Hinweise

oder Modelle zu wagen, wird jedoch ein weiterer Schwerpunkt gesetzt, der sich auf die

Untersuchung und Darstellung einer potenziellen pastoralen Symbiose der Migranten und

deren Evangelisierung bezieht. Zeigt sich diese als nützlich für Gesellschaft und Kirche,

können mehr konkrete Aufgaben mit den voraussichtlichen weiteren Herausforderungen

präzisiert werden. Damit komme ich zur allgemeinen Ausrichtung dieser Arbeit, nämlich

mehr in die Zukunft als in die Geschichte zu schauen. Eine solche Einstellung kann vielleicht

die offenkundig detaillierte Analyse der gegenwärtigen soziologischen Daten teilweise

rechtfertigen, denn ohne zu wissen, was uns umgibt und was nützlich sein kann, ist es schwer,

das richtige Tempo und die notwendigen Aufgaben für den Weg zu planen.

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04. Methodik und Aufbau der Arbeit

Schon auf Grund der bisher anvisierten Horizonte, Ziele und Schwerpunkte dieser

Arbeit lässt sich vorausahnen, dass der Aufbau einer thematischen Einheit von zwei so

komplexen Realitäten wie Migranten und Neuevangelisierung nicht leicht sein wird. Das

signalisieren auch die anfänglichen Erläuterungen (siehe: I.1; vgl. III.1.). Schließt man aber

eine künstliche Verschmelzung dieser verschiedenartigen Phänomene aus, so bleiben den

noch andere Möglichkeiten, ihre Interdependenz zu studieren. So werden die für das erste und

dritte Kapitel geplanten Abrisse der Migranten- und Neuevangelisierungsgeschichte zwei

erste Methoden in Anschlag bringen. „Die moderne Geschichtswissenschaft unterscheidet in

der Methodik zwischen Sinnverstehen {Hermeneutik} und empirischer Kausalerklärung

{Analytik}“ (Miotk 1999: 17). Die weitere Untersuchung wählt diesen Weg auch im zweiten

Kapitel und geht von einer phänomenologischen Beschreibung der Menschen aus, die von den

Menschen unterwegs im 20. Jahrhundert zu einer soziologisch unterstützten Darstellung des

Migranten als Person heute (siehe: II.1.) führt. Ja, die soziologischen Spekulationen über die

Präsenz der Ausländer in den europäischen Staaten (siehe: II.2.) werden nicht unwichtig für

einen weiteren pragmatischen Aufbau dieser Arbeit. Es ist nämlich anzunehmen, dass der

statistische Europäer, aber auch der engagierte Christ, ziemlich genau wissen möchte, warum

die Menschen quer durch Europa unterwegs sind. Wer ist als ´Gast` oder als zukünftiger

Nachbar zu erwarten? Welche Werte liegen den Fremden bzw. den Einheimischen nahe?

Diese und ähnliche Fragen werden mit Hilfe soziologischer Instrumentarien und Methoden

angegangen. Im darauf folgenden III. Kapitel soll es um die moderne Missionshistoriographie

(vgl. Altena 2003: 63f) der Neuevangelisierung gehen. Weit von apologetischen Missver-

ständnissen entfernt will man die heutige Mission der Kirchen in Europa als eine

´einheimische Mission` für alle Bürger dieses Kontinentes verstehen. Aus den Zitaten der

lehramtlichen Äußerungen zur Neuevangelisierung (siehe: III. 2.), soll systematisch, d.h. nach

methodologischer Analyse der Texte, eine bessere Interpretation dieses Phänomens und seiner

inneren, geschichtlich bedingten, Schwerpunkte herausgearbeitet werden. Erst dann kann man

ein lebens-theologisches Konzept der Anwendung all dieser Untersuchungen skizzieren

(siehe: IV.1-2.), wobei sowohl das Migrantenthema als auch die Neuevangelisierungsidee

nicht als ´Heilswerkzeuge` der bestehenden Pastoral gemeint sind, sondern die Rolle eines

´Heilszeichens für die Welt und die Kirche` (vgl. LG 1) erfüllen sollten. Das generalisierte

historisch-soziologische Erklärungsverfahren zur Migration soll durch die personalisierte

theologisch-missiologische Analyse der Neuevangelisierung ergänzt werden.

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ERSTES KAPITEL I. Ursachen, Verlauf und Umfang der europäischen Wanderungsprozesse des 20. Jahrhunderts

Die ständig zunehmenden Migrationsprozesse, mit denen sich der europäische

Kontinent des 21. Jahrhunderts konfrontiert sieht, darf man weder oberflächlich als eine der

heikelsten sozialpolitischen Frage der letzten Jahrzehnte noch als nur historische Realität

betrachten. Obwohl heutige Medien solche reduzierten Bilder gern verbreiten, ist es

notwendig, die Prozesse der Migration in ihrer Bewertung möglichst neutral als historisch

permanente, als in die Gesellschaft wirkende und in ihrem gesamten Ausmaß global wirkende

Lebenswirklichkeit zu sehen. Die Bewegung des Menschen von einem Ort zu einem anderen

gehört zu seiner Natur, von der er auch Gebrauch macht. Auf dieser Grundlage wird im

Folgenden eine phänomenologische Beschreibung und nüchterne Analyse der europäischen

Wanderungen veranschaulicht. Sie werden in neuzeitlich-historische, geographische und

sozio-politische Kontexte und Abschnitte eingeordnet, um den Blick für die gewaltigen

Herausforderungen einer de facto existierenden multikulturellen europäischen Gesellschaft zu

schärfen. Die präsentierten Daten, Zahlen und Tendenzen sollen in diesem Teil der

Dissertation keine ethisch-moralischen Wertungen darstellen. Als solche werden sie teilweise

in den nächsten Kapiteln (siehe: II; III.) bearbeitet. Zuerst geht es um eine sozialwissen-

schaftliche Betrachtung der heutigen Realität der Migrationsprozesse im europäischen

Kontext. Die immer größere menschliche Mobilität drängt die Wissenschaft dazu, die

Komplexität, die Widersprüchlichkeiten, die Interdependenz und die Perspektiven globaler

Wanderungsprozesse ernsthaft zu erforschen1. Somit bildet der erste Teil der Arbeit die

Grundlage für eine wissenschaftlich differenzierende, obwohl allgemeine Sicht der bisherigen

Migrationsphänomene und ihrer Folgen für die Neugestaltung Europas.

1 „Jeder kann sich an der Hand der reichlich gebotenen Fakten, Analysen und Prognosen selbst sein Urteil bilden. Im Zeitalter der Globalisierung empfiehlt es sich, vor globalen Trends nicht die Augen zu verschließen, sondern offenen Auges einer Zukunft entgegenzugehen, in der die Welt immer enger zusammenwächst“ (Natrop 1998: 7).

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1. Erläuterung der Hauptbegriffe und Systematisierung des Migrationsphänomens

1.1. Von allgemeiner Mobilität zur Migration

Der allgemeine Begriff ´Mobilität` (lat. mobilis = beweglich) bedeutet im weitesten Sinn

die „raum- zeitliche Beweglichkeit von Dingen und Lebewesen“ (Feldhaus 1998: 701). Jedes

´bewegliche` Objekt ändert seine Lage vom Punkt A zum Punkt B und manifestiert in dieser

Aktion etliche Flexibilitäten (Vitalität, Umwandlung) und steht dabei im Gegensatz zum

´Immobile` bzw. zum ´Stabile`. Eine solche rein theoretische Dichotomie wird nur selten zum

Forschungsobjekt, doch diese Begriffe haben im sozialwissenschaftlichen bzw. soziologi-

schen Bereich eine vielfältige Verwendung. Dort betreffen sie direkt die menschliche

Mobilität bzw. Person2, die Ursachen ihrer Aktivitäten, den Verlauf und die Konsequenzen.

Bewegt sich also ein Mensch, dann nimmt seine Mobilität in der Gesellschaft3 die konkrete

Gestalt an, die in diesem Zusammenhang als Wanderung, Umsiedlung oder Migration

bezeichnet wird. In der vorliegenden Arbeit werden diese drei Termini als Synonyme

verstanden und verwendet, denn alle drei beinhalten die gleichen fundamentalen Aspekte des

menschlichen Ortswechsels und der Bewegung. Allen dreien lassen sich auch entsprechende

Präfixe hinzufügen, die auf eine exakte Richtung der Bewegung hinweisen, und zwar die

Begriffe:

2 „Die Beschreibung einer Person als ´mobil` bedeutet hingegen, dass sie selbst körperlich-physisch ´beweglich`, ´schnell`, ´behände` oder ´gewandt` ist – der ´Mobile` im Gegensatz zum ´Immobilen` -, bzw. dass sie ´Bewegungsspielraum` und damit zugleich grundsätzlich ´Wahlmöglichkeiten` hat, ´über Raum verfügen` und sich ´frei bewegen` kann. Im übertragenen Sinne wird ´mobil sein` auch als eine den Menschen in spezifischer Weise auszeichnende charakterliche und geistig-psychische Eigenschaft verstanden“ (Feldhaus 1998: 701). 3 Die Bewegung zwischen gesellschaftlich definierten Positionen, Kategorien, Regionen, Klassen etc. wird in der Soziologie als ´Soziale Mobilität` bezeichnet. Jegliche Aktion in diesen Bereichen ist nicht neutral, sondern verursacht Veränderungen in der beweglichen Person selbst (Status) und in den Gruppen, in denen sie vorher und nachher lebte (Integration) (siehe: StL. Bd. 3. S. 1192-1194). Angesichts der Vielzahl von Bewegungs-vorgängen (siehe: Fuchs-Heinritz 1995: 443f) wird heute häufig nicht nur von mobilen ´Individuen und Gruppen innerhalb der Gesellschaft` gesprochen, sondern von ganzen ´mobilen Gesellschaften`. Siehe z.B. die Habili-tationsarbeit aus dem pastoraltheologischen Bereich von Tebartz-van Elst (2001), über christliche Gemeinden in mobiler Gesellschaft. Vgl. auch über neuere Tendenzen und Forschungsansätze des Begriffes ´Soziale Mobilität` (vgl. BENZ. Bd. 14. S. 699f).

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Aus- und Einwanderung,

Aus- und Ansiedlung sowie

Emigration und Immigration.

Die zahlreichen Definitionen4 dieser Begriffe und ihre Verwendung unterscheiden sich in den

jeweils ausschlaggebenderen Kriterien, wie z.B. der Herkunfts- und Zielpunkt, die Entfernung

und Dauer, die Qualität und Art der menschlichen Mobilität. Eine hochwissenschaftliche

Beschreibung solcher diversen Kriterien und der Versuch einer Systematisierung der

verschiedenen Formen der Mobilität (vgl. Tebartz-van Elst 2001: 53-356) lässt sich nicht

leicht finden. Basierend auf verschiedene Kriterien und Differenzierungen wird in der

vorliegenden Arbeit eine eigene Typologie der Mobilität bzw. Migration dargestellt (siehe:

Abb. 1.), wo in acht Gruppen höchst unterschiedliche Mobilitätsmöglichkeiten präsentiert

werden. Keine von ihnen darf jedoch als vollkommene bzw. ohne Interbeziehungen zu den

anderen betrachtet werden. Die hervorgehobene Flexibilität des Menschen (Lebendigkeit im

persönlichen und gesellschaftlichen Wirken) versucht zu beantworten, warum sich so viele

wissenschaftliche Disziplinen mit der Migration und den konkreten Migranten befassen5 und

warum Letztere eine so kontroverse Rolle bei ihrer Beweglichkeit spielen. Da die Mobilität

der Massen innerhalb des europäischen Kontinents und an seinem Rand längst Realität ist, die

jedoch ständig neue quantitative und qualitative Gestalten annimmt, wird sie im Folgenden

als soziales und kollektives Phänomen betrachtet.

4 Castles betont als entscheidend für die Mobilität ihre Dauer; Wenning ihre Entfernung vom Punkt A bis zum B.; andere Wissenschaftler konzentrieren sich auf die gesellschaftlichen Formen der mobilen Menschen und ihren Fusionen (siehe: Castles 1993: 1; vgl. Wenning 1996: 13; vgl. Elias / Scotson 1990: 229). 5 Die Wirtschaftswissenschaften beschäftigen sich mit den ökonomischen Ursachen und Konsequenzen der Wanderungen. In der Rechtswissenschaft werden die Rechtsnormen für die Migranten konkretisiert und als Instrument der gesellschaftlichen Ordnung gebraucht. Die Demographie steht oft im Zusammenhang mit der Geographie und sogar Kartographie, um die wandernde Bevölkerung zu messen und nicht unbedingt als nur räumliches Phänomen zu untersuchen. Die Ergebnisse werden in Form von Karten und Prognosen dargestellt. Die Geschichtswissenschaft und ihre Forschungen stehen gelegentlich im Dienst der Politiker, um die Massenbewegungen für politische Entscheidungen als Begründung zu instrumentalisieren. Die Kultur-anthropologie und Ethnographie untersuchen den gesellschaftlichen Umgang mit ´Fremden` und Fragen der Assimilation bzw. Inkulturation. Diese Themen werden auch von der Soziologie und Psychologie erforscht, die über Lebensentscheidungen, deren Verlauf und die Konsequenzen in der Situation der Emigration bzw. Immigration mehr erfahren wollen. Jede dieser Wissenschaften und ihre zahlreichen Nebenfächer versuchen drei ebenso alte wie unterschiedliche Fragestellungen zu beantworten, die auch jedem Migranten- bzw. Migrationsforscher sehr behilflich sind. „a) Unter einer personenbezogenen Perspektive wird gefragt: Wer erhält warum einen privilegierten oder benachteiligten sozialen Status, wie geht die soziale Selektion vonstatten? (...) b) Unter einer auf die Gesamtgesellschaft bezogenen Perspektive wird gefragt: Welche Umschichtungen führen zu massenhaften Mobilitätsströmen, wie drückt sich der gesellschaftliche Strukturwandel in Positionsverände-rungen von Personen oder Familien aus? (...) c) Schließlich existieren verbreitete Denkansätze und Theorien über die Folgen sozialer Mobilität für die soziale und politische Integration. Welche Konsequenzen hat soziale Mobilität für die Klassenbildung, für Klassenkonflikte und die soziale Prägung politischer Parteien?“ (StL. Bd. 3. S. 1193).

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1.2. Migration als eine Angelegenheit der Massen

Die vielfältigen Formen der Migrationsbewegungen, die es bereits in verschiedenen

geschichtlichen Kontexten der Menschheit gab, stellen keine neuen Phänomene dar. Immer

wenn sie eine größere Zahl von Menschen betrafen, zeigten sie eine Doppelwirkung:

Einerseits bildeten sie de facto eine der Voraussetzungen für die bestehenden Kulturen, denn

fast alle Völker, nicht zuletzt die in Europa, sind in irgendeiner Form Mischvölker.

Andererseits stellen sie zugleich eine der ältesten Konfliktsituationen dar. Nicht einzelne

Migrationsfälle, sondern erst Massenwanderungen lösen gesellschaftliche Spannungen,

Verwirrungen und Diskussionen aus. Die nationale Einheit der Territorialstaaten und ihre

Ansprüche auf Souveränität sowie ethnische Zugehörigkeit bewirkten oft, dass sie relativ

wenig Platz für Minderheiten hatten (siehe: Nagel 1998: 65-84). „Auf Grund der sozialen und

kulturellen Heterogenität der zur Zeit der Geburt der neuen Republik auf ihrem Territorium

lebenden oder später in großer Zahl zugewanderten Bevölkerung waren auch die Vereinigten

Staaten mit dem Minderheitenproblem konfrontiert“ (Budon / Bourricaud 1992: 330).

Da in Europa erst die neuzeitlichen großen Zuwanderungen (vgl. I.2.1.) solche heftigen

sozialen und politischen Reaktionen auslösten, hat das Stichwort „Migration“ keine lange

Tradition. Es wird zuerst im französischen Lexikon Catholicisme6 für das 20. Jahrhundert zur

Bezeichnung aller Individuen oder Gruppen aufgeführt, die ihren Wohnort freiwillig oder

gezwungenermaßen ändern. Natürlich können die Gründe für den Zwang bzw. für die

Freiwilligkeit verschiedener Art sein (siehe: II.1.2.), was wiederum die Aufenthaltsdauer und

den Status (Sozialtyp) des Ausländers in der Fremde bestimmt (siehe: II.1.3.).

Heutige Definitionen sehen „Migration“ eher als „Wanderung bzw. Bewegung von

Individuen, Gruppen oder Gesellschaften im geographischen und sozialen Raum, was mit

einem ständigen oder vorübergehenden Wechsel des Wohnsitzes verbunden ist“ (Fuchs-

Heinritz 1995: 436). Nach diesem Verständnis werden am häufigsten die Massenbewegungen

und ihre aktuellen Konsequenzen thematisiert7. Die Migrationsthematik wird also unter

6 Vgl. Zananiri, G. Pastorale des Migrants. In: ´Catholicisme`, Bd. IX, S. 134-147, zitiert bei: Merks 1987: 41f. 7 Eine derartige Neuthematisierung, vor allem auch in Promotionsarbeiten, sowie die Schilderung der Migrations- bzw. Migrantenrealität in den heutigen Medien verursachten die Anwendung vieler neuer Begrifflichkeiten. Sie weisen auf die geltende Aktualität und Komplexität des Phänomens hin. In diesem Rahmen werden beispielsweise häufig folgende Themen angesprochen: Menschenrechte, Globalisierung, Arbeitsmarkt, Welt- bzw. Staatsbevölkerung, Osterweiterung, Inkulturation, ´Festung Europa` oder zuletzt hochaktuell: Terrorismus (vgl. Birg 1998: 692).

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demographischen, sozio-politischen und ökonomisch-kulturellen Aspekten behandelt, sowohl

in ihren lokalen als auch in ihren internationalen Auswirkungen. Auffällig dabei ist, dass in

der Presse, in den wissenschaftlichen Veröffentlichungen und sogar in sozialethischen Lexika

(siehe: BEnz. Bd. 14. S. 622) die Wörter wie ´Immigrant`, ´Migration`, ´Wanderer` oder

´Minderheiten` entweder gänzlich fehlen oder selten bearbeitet werden. Viel öfter werden sie

mit den vorangehenden Präfixen wie ´illegal-, schlepp-, kriminell-` oder zusätzlichen

Substantiven wie ´- Problem, - Welle, - Politik` komplettiert. Nach diesem Muster wird über

Vertreibung, Flucht, Zuwanderung, Abschiebung oder Asyl geschrieben. Man gewinnt aber

leicht den Eindruck, dass ´Migration` als bestimmte Problematik mit unmittelbaren sozialen,

ethischen, juristischen und sogar pastoralen Konsequenzen eine stark negative Konnotation

enthält. Die negativen Aspekte kommen also zuerst zur Sprache, und an sich neutrale

Migrationsphänomene werden vorwiegend als „ansehbare Störfaktoren der gesellschaftlichen

Ordnung identifiziert, die man nach Möglichkeit beheben müsste“ (Merks 1987: 40).

Anders gesehen hat jede Mehrheit in den heutigen demokratischen Gesellschaften das Recht,

die eigenen Werte und Prinzipien zu schützen (vgl. IV.2.2.). So verstandene Demokratie

verlangt die gleichwertige Partizipation der Minderheiten. In solch einer gesellschaftlichen

Dialektik „entwickeln sich die um die Macht konkurrierenden Parteien. Die Partei, der die

Stimmenmehrheit zufällt, stellt die Regierung. So stellt sich das Problem, wieviel die

Minderheiten fordern dürfen und wieviel die Mehrheitsnation einer Minderheit bereit ist

zuzubilligen“ (Nagel 1997: 20). Da die Antwort und das praktische Miteinander recht

kompliziert sind, wird das Phänomen der Minderheiten immer spannender8. Im Übrigen sind

beide Gesellschaften - einheimische und ausländische - oft monolithisch und die Prozesse der

Integration (vgl. II.3.2.) sowie der Vermittlung neuer kultureller Identität gehen nur langsam

voran. Weil die objektiven Schwierigkeiten bei den Begegnungen der verschiedenen Gruppen

von Fremden meist auch analoge Komplikationen für die wissenschaftliche Kategorisierung

der Immigranten mit sich bringen, werden diese Schwierigkeiten im Folgenden kurz erörtert.

8 Die in diesem Bereich drängenden Fragen sind zum Beispiel: Welche Rechtsqualität kommt dem Minder-heitenrecht zu? Kann man überhaupt kulturelles, ethnisches Miteinander rechtlich regulieren? Soll man eventu-elle Rechte und Pflichten in jedem Staat anders regeln oder soll dies kollektiv geschehen (z.B. auf EU- Ebene)? Darf man eine vollkommene Assimilation verlangen? Tragen Immigranten gar zu irgendeiner Form der Bereicherung bei (siehe: Nagel 1997: 22)? Wen und eine welch große Zahl soll man in den eigenen Staat einladen (vgl. II.3.1.)? Welche Mechanismen können eine erfolgreiche Integration erleichtern (vgl. II.3.2.)?

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1.3. Abgrenzungen bei der Kategorisierung der Migranten

Unbestritten neu an der gegenwärtigen Situation der Migranten sind die Größen-

ordnungen, die globalen Migrationsursachen sowie ihre wachsende Vielfältigkeit. Hinzu

kommen die Auswirkungen in den Gastgeberländern (vgl. WMR 2000: 190; vgl. Hauchler

1999: 117). Dort erfährt die Migrationsthematik immer größere Aufmerksamkeit, was

allerdings nicht nur durch die steigende Zahl der Migranten bedingt ist, sondern auch durch

die steigende Zahl der Forschungsbereiche, die sich mit dem Thema ´Migration` beschäftigen

(vgl. Fußnote 5). Ihre eigene Nomenklatur, Systematisierung und Ausarbeitung von

Typologien bilden in miteinander abhängigen Disziplinen immer neue Begriffsdefinitionen,

Gesichtspunkte und freie Interpretationen. Proportional zur Multiplikation der Forschungs-

bereiche wächst die Undeutlichkeit der Begriffe, beispielsweise wenn es um die Bestimmung

bzw. um eine konkrete Zugehörigkeit (Status) des Migranten geht. Ein Schwarzarbeiter,

Gastarbeiter oder Hightecharbeiter zu sein klingt ziemlich ähnlich, doch hier ist sowohl in den

Medien als auch in der Forschung eine klare Unterscheidung notwendig9. Auch die in der

Abbildungsform dargestellten Typen der menschlichen Mobilität (mit 8x4 Gesichtspunkten

siehe: Abb. 1) scheinen nicht umfassend und differenziert genug zu sein, um alle Erschei-

nungsformen der Migration erfassen zu können. Oft überschneiden sie sich auch.

Die zweite Schwierigkeit ergibt sich aus der relativ kurzen Tradition des Stichworts

´Migration` im europäischen Bereich. Meistens oszillieren seine Definitionen nur im Rahmen

des räumlich-psychischen Verständnisses10, nach dem Individuen oder Gruppen als freiwillige

oder gezwungenermaßen Wandernde gesehen werden (vgl. Fuchs-Heinritz 1995: 436f).

Daher werden die Immigranten oft nur in zwei Gruppen untersucht: Arbeitsmigranten und

Flüchtlinge. Mit solcher Differenzierung ist aber lediglich ein zusammenfassender Problem-

zugang gegeben, der zwar das Migrationsphänomene als Ganzes annehmen will, aber in sich

begrenzt ist. Die Tatsache, dass die Suche nach Arbeit und Schutz vor Verfolgung, vielleicht

9 Weil in diesem Bereich keine lexikalische Sammlung von Begriffen entstanden ist, ist jede partielle Zusammenstellung von Stichworten, Dokumenten, Fachbegriffen etc., die sich direkt oder indirekt auf die menschliche Mobilität oder auf Migrationen bzw. Migranten bezieht, von großer Bedeutung. (Siehe z.B. Leuthard 1999: XIV-XXXII; vgl. auch Haupt / Kane 1999: 90-98; und das Stichwort-Register: HdA 2001: S. R.001.001-R.006.001). 10 „Das lateinische Wort ´migrare`, das sich mit wandern, ein- bzw. auswandern (im-, e-migrieren) oder ganz allgemein mit den Ort ´wechseln` übersetzen lässt, verdeutlicht kaum die negativen Erfahrungen, die die betroffenen Menschen zumeist mit ihrer Migration verbinden. Bei Migration handelt es sich nämlich in der Regel eben nicht um einen selbstgewählten Wohnsitzwechsel als Ergebnis gewöhnlicher menschlicher Mobilität bzw. Freizügigkeit“ (Tremmel 1998: 698).

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die häufigsten Ursachen von Migration sind, sollten in der Forschung aber nicht dazu führen,

dass man sich nur mit ihnen beschäftigt. „Eine klare Grenzziehung zwischen erzwungener

und freiwilliger Wanderung käme zweifellos unseren Wunschvorstellungen entgegen, in der

Realität aber gibt es sie nicht“ (Schmied 1993: 5). Nimmt man einmal an, ein Mensch genießt

die totale Freizügigkeit (siehe: EMR 1948: Art. 1, 3, 12), dann müsste es trotzdem etwas

geben, was ihn im wahrsten Sinne des Wortes dazu motiviert (bewegt), seine Heimat zu

verlassen. Obwohl er bei der endgültigen Entscheidung über Aus- bzw. Einwanderung das

Subjekt wäre, stünde er unter einem im Hintergrund existierenden Imperativ. Dies könnte

abhängig sein von seiner puren Laune, seinem Wunsch nach sozialer Verbesserung bis hin zu

politischen Notwendigkeiten.

Das nächste, rein demographische Problem, taucht beim Vergleich der Zuwanderer-

zahlen auf. Da jedes Land eigene Kriterien hat, nach denen definiert wird, wer als Immigrant

gilt, scheint bei allen Bemühungen der übernationalen Organisationen und der Wissenschaf-

tler eine Vereinheitlichung zurzeit unerreichbar. Beispielsweise wird „in Deutschland als

Zuwanderer gezählt, wer seinen Wohnort über die Grenze verlegt – daher gelten z. B. auch

Saisonarbeiter als Zuwanderer, obwohl sie nur für eine sehr beschränkte Zeit in Deutschland

leben. Andere Länder machen eine Mindestaufenthaltsdauer von einem Jahr zum Kriterium

für die Zählung als Zuwanderer. Frankreich führt gar keine Migrationsstatistik“ (Bertsch

2000: 5). Obwohl die bestehenden Wanderungsstatistiken oft auf den Zahlen der renommier-

testen gesamteuropäischen statistischen Ämter basieren (wie etwa: Eurostaat; DSW; UNHCR;

IOM oder WB), beobachtet man, dass die Kriterien nicht immer gleich sind11. Die wenigen

wissenschaftlichen Quellen verwechseln oft die Zahl der Einwanderer mit der allgemeinen

Ausländerzahl - und nicht jeder Immigrant muss ein Ausländer12 sein (vgl. D`Amato 2001: 2;

vgl. Fassmann / Münz 1996a: 16).

11 Die Wanderungsstatistiken lassen sich z.B. in Deutschland durch die Melderechtspflicht (Meldezettel) leicht belegen. In anderen Ländern wie in Frankreich, in den USA und in England stammen die allgemeinen Statistiken aus indirekten Schätzungen und sind deswegen wenig präzis. „Bildet man die Differenz zwischen zwei Volkszählungsergebnissen und subtrahiert von dieser Differenz den Geburtenüberschuss, so ist der Rest gleich dem Wanderungssaldo (Zuzüge abzüglich Fortzüge). Diese Methode liefert nur relativ grobe Schätzwerte über das Wanderungsgeschehen“ (Korff 1998: 692). 12 ´Ausländer` – das ist „eine Person, die eine andere als die Staatsangehörigkeit ihres Aufenthaltslandes besitzt“ (BENZ. Bd. 2. S. 348). So kurz und bündig klingt die Definition des Ausländers, die von Regierungen in fast allen europäischen Ländern angenommen wird. Der im Ausland geborene Immigrant, etwa ein Wolgadeutscher mit der deutschen Staatsangehörigkeit, wäre also in diesem Fall kein Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland. Problematisch wird es, wenn man eine breitere Definition annimmt. Dem ursprünglichen Wortsinn nach bezeichnet ´Ausländer` den ´Von-woanders-Herkommenden`, d. h. einen Menschen, der seinen Lebensmit-telpunkt außerhalb des Landes hat und daher nicht zu diesem Land und seiner Gesellschaft gehört. In diesem Fall wäre der erwähnte Wolgadeutsche ein Ausländer und z.B. ein in Deutschland geborener Türke ein Inländer. In diesem Sinne ein Ausländer zu sein heißt nicht nur formal eine Person fremder Staatsangehörigkeit, sondern auch rechtlich und sozial ein ´Anderer` zu sein. Solche und ähnliche Thesen verteidigt der renommierte Migrationsforscher Klaus J. Bade (siehe: Bade 1992b: 397f).

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Ebenso wird die Zahl der zugewanderten Flüchtlinge13 mit der Asylantenzahl14 verwechselt –

und nicht jeder Flüchtling bittet um Asyl (vgl. Abb. 2). Die Vermischung z.B. der Zahl der

Wanderungsfälle mit der Zahl der Ausgewanderten ist auch möglich (vgl. Korff 1998: 692).

Der uneinheitliche Gebrauch der im Zusammenhang mit der Migration verwendeten

Begriffe zeigt, dass das Verständnis von Wanderung, Flucht, Siedlung oder Vertreibung im

20. Jahrhundert immer fließender geworden ist. Daher sollten die verschiedenen Hintergrün-

de, Ursachen, Motive der Migrationsbewegungen bzw. Zuwanderungstendenzen nüchtern

betrachtet werden, um klare Sozialtypen und Tendenzen der Immigranten darstellen zu

können (siehe: II.1.). Andererseits lässt sich nicht vermeiden, dass man sich sowohl im

praktischen Umgang als auch in der theoretisch- wissenschaftlichen Arbeit an der Grenzlinie

der Begriffe bewegt. Im ersten Teil dieser Arbeit geht es aber nicht so sehr um die

theoretische Differenzierung der Immigranten und deren Wanderungsmotive, sondern um die

allgemeine Charakteristik der neuzeitlichen Migrationsepochen und Tendenzen auf dem

europäischen Kontinent.

13 ´Flüchtling` - ist aus der Sicht der Wissenschaftler das ein immer noch „unpräziser und umstrittener Sammel-begriff für Personen, die durch politische (Zwangs-) Maßnahmen, Kriege und existenzgefährdende Notlagen veranlasst wurden, ihre Heimat vorübergehend oder auf Dauer zu verlassen“ (BENZ. Bd. 7. S. 400). Als Beispiel für unpräzisen Begriffgebrauch mag dieselbe Definition dienen, die schon im folgenden Satz unter dem Begriff ´Flüchtling` „neben Emigranten auch Vertriebene, Zwangsumgesiedelte, Deportierte und in fremde Gebiete verschleppte Zwangsarbeiter“ (ebd.) den viel breiter gefächerten Begriff ´Migrant` einschließen will. Im Gegensatz hierzu benutzt das Genfer Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtling von 1951 (die sog. Genfer Flüchtlingskonvention) einen engen, aber präzisen Begriff des ´politischen Flüchtlings`. Als Flüchtling gilt demnach nur eine Person, die sich „aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe oder der politischen Meinung außerhalb des Landes ihrer Nationalität befindet“ (ebd.). Der Schwachpunkt dieser Definition liegt in der Betonung der Furcht nur vor Verfolgung, wenn in der Realität auch andere Ängste zur Auswanderung zwingen (etwa Furcht vor Elend, Furcht vor Mangel an Ernährung oder Furcht vor Gesundheitsschäden). 14 ´Asylant` ist „jemand, der Asylrecht beansprucht“, dabei bedeutet ´Asylrecht` „das Recht eines aus politi-schen, rassistischen, religiösen oder anderen Gründen Verfolgten, an einem vor Verfolgung sicheren Aufenthaltsort Zuflucht finden zu können“ (BENZ. Bd. 2. S. 229). Obwohl das Asylrecht zu einer der ältesten Institutionen und Praktiken der Menschheit gehört und seine Vergangenheit mit den höchsten religiösen und ethischen Idealen verbunden ist, hat der Begriff „Asylanten“ in der aktuellen Debatte einen kollektiven negativen Beigeschmack erhalten. Mögliche Ängste vor Massenzuwanderung (vgl. I.1.2.) führen zu Ausdrücken wie „Asylantenschwemme“ etc. im täglichen Gebrauch. Der Begriff unterscheidet außerdem nicht hinreichend zwischen Asylbewerbern, Asylberechtigten und den verschiedenen Typen von anerkannten und geduldeten Flüchtlingen. Zur besseren Differenzierung siehe: Abb. 2 von dem HdA 2001: S. 04.008.001. Das ASYL selbst, das im Griechischen wörtlich ´Unverletzliches` bedeutet und praktisch ein ´Heim, Unterkunft für Obdachlose` bezeichnet (siehe: BENZ. Bd. 2. S. 229) lässt sich entsprechend seiner Vielgestaltigkeit als religiöses, kirchliches und weltliches unterscheiden (vgl. Wollenschläger 1995: 375f). Die objektiven Schwierigkeiten und Mängel der Harmonisierung der europäischen Gesetze spalten den Alten Kontinent in dieser Frage. „Nur einige Staaten haben die Asylgewährung in ihre Verfassungen und sonstigen Gesetze aufgenommen; die wenigsten Staaten gewähren ein subjektives Recht auf Asyl. Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, Jugoslawien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweiz und Spanien haben ein eigenes Anerkennungs- bzw. Feststellungsverfahren, während Finnland, Großbritannien, Schweden und die Türkei noch kein formelles Asylverfahren eingeführt haben“ (ebd. 379). Gerade „das Grundgesetz der BRD gewährt als eine der wenigen Verfassungen der Erde jedem politisch Verfolgten einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Asyl (Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG)“ (BENZ. Bd. 2. S. 230).

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1.4. Europa als Ort des Migrationsgeschehens

Das Thema dieser Arbeit bindet zwei europäischen Realitäten – die Immigration und die

Neuevangelisierung in Europa. Es wird auch von einem Europäer (D.C.) aus der europäischen

Sicht dargestellt, wobei der alte Kontinent immer im Hintergrund aller Darstellungen liegt.

Was aber ist Europa? Die Antwort auf diese Frage ist weniger einfach, als man glauben mag

(vgl. Hürten 1993: 9-21; vgl. Weidenfeld 2002a: 15-40). Die komplexe Nationalgeschichte

seiner eigenen Völker, die Integrationstendenzen und die immer häufigere Präsenz der

Immigranten stellen für die Bürger und Institutionen dieses Kontinents recht schwere

Herausforderungen dar. Die geschichtlichen, geographischen, demographischen, politischen

und anderen Realitäten der unterschiedlichen Völker gestalten seit Epochen die euro-

asiatische Region. Die folgende kurze historische und geographische Beschreibung des

Kontinents soll dabei helfen, nicht vollkommen aber besser, dieses Geschehen zu lokalisieren.

1.4.1. Summarische Geschichte der Europaidee

Der Name „Europa“ hatte schon in den vorgriechischen Mythen einer Erdgöttin

gehört. Nach griechischer Tradition wurde sie als Tochter des Phönixes und Schwester des

Kadmos durch Zeus, der in Stiergestalt kam, auf die Insel Kreta entführt (vgl. BEnz. Bd. 6. S.

628). Seitdem bedeutet „Europa“ das ganze griechische und weitere Festland. Dieser Name

wurde durch das Imperium Romanum mit der Bedeutung der „ganzen mittelmeerischen Welt“

verbreitet. Die starke christliche Konnotation der Worte: Abendland (vgl. Köhler 1995: 1f;

vgl. Hürten 1993: 12), Christianitas oder Corpus Christianum wiesen auf seine unireligiöse

Tradition hin. Aber später - wie das Historiker sehen - „verschob sich seit dem Humanismus

und verstärkt sich seit der Aufklärung die Grundlage der Gemeinsamkeit in die Idee der

natürlichen Vernunft; das ius publicum europaeum stellt eine auf das Naturrecht gegründete

Rechtsgemeinschaft Europa dar, deren Regeln trotz ihrer Unbestimmtheit Geltung

beanspruchen“ (Schieder 1995: 416). Durch alle früheren und späteren Versuche, eine

religiöse, politische oder kulturelle Einheit zu bilden, wurde die Idee von einem

zusammengehörenden Europa immer stärker, aber nie vollkommen verwirklicht. Auch keine

Hegemonie und kein Staat waren dazu bereit, auf eigene Souveränitätsrechte zu verzichten,

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um einen größeren Organismus zu schaffen. In der Geschichte Europas bestand also eine

ständige Kluft15 zwischen gemeineuropäischen Ideen und den Realitäten staatlicher Macht.

Obwohl einerseits in den verschiedenen Phasen des vergangenen Jahrhunderts sehr

viel über ein einheitliches Europa im religiösen, geographischen, politischen, und kulturellen

Sinn gesprochen wurde16, beweisen die beiden letzten Weltkriege andererseits, dass eine

starke Polarisierung bestand. Doch nach den zwei kriegerischen Katastrophen des zwanzig-

sten Jahrhunderts bekam die Idee von der Zusammengehörigkeit Europas eine neue Chance

im weltlichen Kontext. Trotz der 50-Jährigen politischen Spaltung in Ost und West ist nach

deren Überwindung von einer neuen Weltordnung, von einem Völkerbund die Rede. Der Alte

Kontinent mit all seinen Erfahrungen soll eine neue stabile Ganzheit erzeugen. „Das Europa

der Krisen hat nicht nur überlebt, sondern am Ende der Zerstörungen und Zerspaltungen eine

neue gewaltige geschichtliche Chance erhalten“ (Bracher 1992: 446). Aus solch einer nicht

messianischen, sondern humanistischen Perspektive heraus werden in dieser Arbeit der

Begriff und die Idee „Europa“ verstanden. Der Schwerpunkt liegt bei all seinen Völkern und

Kulturen, die sich stärker als je zuvor untereinander mischen. Besondere Aufmerksamkeit

wird auch denen gewidmet, die nicht europäischer Herkunft sind und hier erst kurz oder

bereits länger leben. Es geht hierbei nicht um einen Vergleich der Differenzen oder um die

verschiedenen Dimensionen dieses Kontinents und seiner Teile. Vielmehr ist beabsichtigt,

eine Projektion der multikulturellen Europaidee, die ohne Präsenz von Immigranten

unvorstellbar ist, zu entwickeln. Letztere sind in diesem Zusammenhang die eigentlichen

Protagonisten dieser Idee. Allerdings ist nur dann eine derartige europäische Zukunft möglich,

wenn die Gemeinschaft der europäischen Staaten dies zulässt.

15 Als eine historische Zusammenfassung aller Anstrengungen in Richtung kontinentale Einheit gelten die Worte: „Die Geschichte Europas erscheint im Rückblick als ein ständiger, geradezu dialektischer Konflikt zwischen zwei Grundtendenzen: zwischen der Auseinanderentwicklung von Staaten, Nationen, Kulturen und ihrem bedeutsamen europäisch-abendländischen Zusammenhang; zwischen den Verschiedenheiten und den Ähnlichkeiten in der politisch-sozialen Entwicklung; zwischen der Differenzierung und der Vereinheitlichung der staatlichen Strukturen wie der gesellschaftlichen und zivilisatorischen Wertvorstellungen, zwischen der konfessionellen Spaltung und der christlich-abendländischen Weltauffassung“ (Bracher 1992: 447). 16 Z.B. die Vereinigung der Monarchen in der sog. ´Heilige Allianz` (1815); Victor Hugo sprach über die ´Vereinigten Staaten von Europa` (1849); Otto von Bismarck war mutig über sog. europäische ´notion geographique` zu sprechen (1876); Der ganzen Kontinent als ´Europa-Union` sah auch um 1926 Richard N. Coudenhove-Kalergi und in 1930 Außenminister Frankreich Aristide Briand (siehe: Schieder 1995: 417f).

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1.4.2. Auf dem Weg zur Vollständigkeit des Ostens und Westens

Die ersten unvermeidlichen, für die Einheit Europas äußerst negativen Kriegsfolgen nach

1945 waren die politischen Ambitionen der bedeutendsten Siegermächte USA und UdSSR.

Im geschichtlich übrigens nicht neuen Ost-West Konflikt (vgl. StL. Bd. 4. S. 251f; vgl. StL.

Bd. 6. S. 32) haben sich die politischen Auseinandersetzungen in der Nachkriegszeit deutlich

verschärft. Dazu hat der sog. Marschallplan17 beigetragen, der antikommunistische Tendenzen

enthielt und folglich die ökonomische Hilfe (bis 1952 ca. 14 Mrd. $) auf Westeuropa

beschränkte (vgl. Bracher 1992: 254f; vgl. Gehler 2002: 82f). In jener Situation lehnten die

UdSSR „den Marshallplan als Teil eines ´allgemeinen Welteroberungsplans` der USA ab“

(Künsters 1995: 419). Infolgedessen blieben die pro-europäischen Ideen auf die westlichen

und neutralen Staaten Europas begrenzt. Diese schlossen sich schon im ersten Jahrzehnt nach

dem Krieg in verschiedenen Organisationen und für vor allem ökonomische Zwecke

zusammen.18 Sie alle waren auch Manifestationen eines tieferen Integrationswunsches.

Gleichzeitig organisierten sich die Staaten auf der östlichen Seite Europas in ähnlicher, jedoch

wenig effizienter Form des sog. Ostblocks.19 Solch eine im Grunde tragische Trennung

Europas dauerte über 40 Jahre, was einen kapitalen Einfluss auf die Mobilität der Menschen

hatte. Erst mit dem Reformprogramm in der UdSSR (um 1985) begann einen langsamen

Auflösungsprozess, der in mehreren östlichen Staaten eine Entwicklung zur vollständigen

Demokratisierung und zur Bildung freiheitlicher Rechtsstaaten ermöglichte. „Innerhalb

17 Ursprünglich waren die klaren antikommunistischen Tendenzen in diesem Plan nicht enthalten. Allerdings hatte der damalige US Präsident Harry Spencer Truman schon früher oft gegen die kommunistische Bedrohung der freien Völker aufgerufen. Sein Außenminister George C. Marshall (1880-1959) musste sich mit dem wirtschaftlichen Hilfsprogramm der damaligen politischen Linie unterstellen. Deshalb wurde nur Westeuropa berücksichtigt. Über die politische, militärische und wirtschaftliche Westintegration (siehe: Atlas 2001: 523). 18 Die wichtigsten in der chronologischen Sicht wären (vgl. Künsters 1995: 419f; vgl. BENZ. Bd. 6. S. 654f ): ab 17.03.1948 – Westeuropäische Union (WEU); ab 16.04.1948 – Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC); ab 04.04.1949 – militärischer Nordatlantikpakt (NATO); ab 05.05.1949 – Europarat (ER); ab 19.09.1950 – Europäische Zahlungsunion (EZU); ab 18.04.1951 – Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS); ab 25.03.1957 - Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und Europäische Atomge-meinschaft (EAG); Die drei letzten Gemeinschaften haben eine organisatorische und ideologische Fusion bewirkt. Daraus ist am 01.07.1967 die Europäische Gemeinschaft (EG) entstanden. In den 60er und 70er Jahren gab es noch andere Transformationen der politischen und wirtschaftlichen Subjekte. Vor allem aber die Nord- und Süderweiterung der EG ermöglichte am 01.01.1986 die Entstehung der zwölf immer stärker werdenden EG-Mitgliederstaaten bzw. EU-12 (siehe: Baratta 2001: 1041). 19 Als Gegenmaßnahme zum Marschallplan und zur OEEC im Westen wurde im Osten in 1949 der sog. ´Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe` gegründet. Aus primär politischen Gründen konnte ein internationales osteuropä-isches Wirtschaftsystem nicht entstehen (siehe: StL. Bd. 4. S. 641-645). Widersprüchliche Integrationsversuche führten zu einer späteren Reduzierung auf militärische Kooperation. Zu diesem Zweck wurde am 14.05.1955 der Warschauer Pakt mit dem Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit geschlossen (siehe: StL. Bd. 5. S. 882-884).

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weniger Jahre, zwischen 1986 und 1991, vollzog sich ein Prozess (...), der von beginnender

Liberalisierung (...) zur Lockerung des öffentlichen Lebens führte, (...) von der Konfrontation

(...) zu einer Kooperation des bisherigen ´Blöcke`, vom Ende des Kalten Krieges zur

Dekolonisierung des Imperiums“ (Bracher Bd. 6. S. 420; vgl. BEnz. Bd. 16. S. 309f). Dieses

historisch beachtenswerte Geschehen kann freilich nicht auf einen Moment oder ein Jahr

reduziert werden, doch entstanden für Europa selbst sowie für seine Migrations- bzw.

Integrationspolitik eine völlig neue geopolitische Bedingungen. In relativ kurzer Zeit folgten

die grundlegenden Änderungen und Ergänzungen der damaligen EG, und am 01.11.1993

schließlich trat der Vertrag über die Entstehung der Europäischen Union in Kraft20. Später

haben mehrere westliche Staaten eine Reihe von neuen Vereinbarungen21 unterzeichnet, die

man heute zu den wichtigsten Integrationsmechanismen Europas zählen kann (vgl. II.3.2.).

Ihre Zielsetzungen (z.B. die Osterweiterung), die Konsolidierung (Umbau interner Strukturen

der EU) und die Intensität der letzten Ereignisse bestätigen die Erwachung eines neuen

gemeinsamen Bewusstseins22 im Osten und Westen Europas. Doch die Unterzeichnung am

26.01.2001. des bis heute umstrittenen Vertrages von Nizza (siehe: Brunn 2002: 303-308),

sowie die späteren Terroranschläge in den USA wecken auch eine ganze Reihe neuer

Befürchtungen in Fragen, die Migration und Europas betreffen.

20 „Die EU verfügt über einen einheitlichen institutionellen Rahmen. Sie besteht aus den drei Gemeinschaften EG (erster Pfeiler der EU), EGKS und Euratom, die jeweils eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen und durch ihre Organe im Rahmen ihrer Befugnisse vertreten werden, sowie aus den Bereichen gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (zweiter Pfeiler) und polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit (dritter Pfeiler), in denen die Beschlussfassung im Rahmen der Regierungszusammenarbeit erfolgt und den Gemeinschaftsorganen nur eine begrenzte Rolle eingeräumt wird“ (Baratta 2001: 1043; vgl. die drei Pfeiler oder Säulen der EU als Abb. 5). 21 Das sog. Schengen I Abkommen haben am 14.06.1985 Deutschland, Frankreich, Belgien, die Niederlande und Luxemburg initiiert. Nach fünf Jahren, am 19.06.1990, wurde das sog. Schengen II Abkommen unterzeichnet, dem innerhalb von sechs Jahren mit Ausnahme Irlands und Großbritanniens die übrigen 13 EU-Staaten beigetreten sind. Am 19.12.1996 wurden zusätzlich noch zwei Nicht-EU-Staaten aufgenommen: Norwegen und Island. Der SDÜ, der am 26.03.1995 in Kraft trat, hatte zum Ziel den „völlige(n) Abbau der Personenkontrollen an den gemeinsamen Binnengrenzen, deren Verlegung an die Außengrenzen und Reduzierung der Kontrollen im Warenverkehr“ (Baratta 1999: 1005; vgl. Abb. 3). Der Vertrag von Amsterdam, der am 01.05.1999 in Kraft trat mit dem Ziel, dass bis 2004 die „Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ gewährleistet ist und „in Verbindung mit geeigneten Maßnamen in Bezug auf die Kontrollen an den Außengrenzen das Asyl, die Einwanderung sowie Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität der freie Personenverkehr“ garantiert wird (Baratta 2001: 1042). 22 Es gibt auch einige Gegenmeinungen verschiedener nationalstaatlich orientierter Autoren, die Thesen über einen vermeintlichen „Identitätsverlust“ der europäischen Völker verbreiten. „Die Sprachkultur, die Geschichts- oder Erinnerungskultur, die politische Kultur, vielfach auch die religiösen Kulturen und die Berufskulturen wurden im Laufe der Nationenbildung in Europa erfolgreich nationalstaatlich überformt“ (Bach 2001: 161). Selbst wenn den Europäern ein kollektives ´Zugehörigkeitsgefühl` noch immer fehlen sollte, so erkennt man, dass seit Anfang der 90er Jahre ein mühsamer, aber stetiger Prozess einer Bewusstseinsveränderung begonnen hat. „Die Bildung von kollektiven Identitäten setzt ein objektivierbares Sinnsystem voraus, das eine Selbstbeschreibung als Einheit, eine Abgrenzung gegenüber Fremden sowie symbolische Identifikation ermöglicht. Für nationale Gemeinschaften sind es vor allem ´institutionalisierte Wertvorstellungen`, die Identität begründen“ (ebd.).

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1.4.3. Heutige Grenzen der Staaten und Völker Europas

Fast alle enzyklopädischen Quellen23 stimmen darin überein, dass vier konkrete Punkte

die geographischen Grenzen Europas markieren. Im Norden ist dies das „Nordkap“ in

Norwegen (71° 11´08´´ nördlicher Breite); im Süden sind dies „Punta Marroqui“ in Spanien

(36° nördlicher Breite) und die griechische Insel Gawdos (34° 48´ nördlicher Breite); im

Westen das „Kap Roca“ in Portugal (9° 30´ westlicher Länge) und schließlich im Osten

„Polarural“ in Russland (66° östlicher Länge). In diesem Rahmen bildet Europa mit einer

Fläche von rund 10,5 Mio. qkm und etwa 710 Mio. Einwohnern (vgl. Atlas 1993: 17; vgl.

Abb. 7) nach Australien den kleinsten Erdteil, der faktisch nur eine stark gegliederte westliche

Halbinsel Eurasiens darstellt. Obwohl im Süden, das Mittelmeer mit der Straße von Gibraltar

sowie im Westen und Norden der Atlantische Ozean mit seinen Nebenmeeren die

unbestrittenen Grenzen formen, wird die Landabgrenzung zwischen Europa und Asien je nach

Sichtweise unterschiedlich definiert. Die sog. konventionellen Abgrenzungskriterien zu Asien

sind: das Uralgebirge, der Uralfluss, das Kaspische Meer und die Manytschniederung bis zum

Asowschen Meer bzw. bis zum Kaukasusgebirge; das Schwarze Meer, der Bosporus, das

Marmarameer und die Dardanellen sowie die westtürkische Landküste (vgl. Abb. 6). Diese

geographisch-konventionellen Grenzen, die anschließend in dieser Arbeit als die geltenden

verstanden werden, decken sich aber mindestens in zwei Fällen nicht mit den Grenzen der

politischen Staaten (im Falle Russlands und der Türkei). Das macht große Schwierigkeiten24

denn oft berücksichtigt man nur deren europäischen Teile, von anderen werden sie als Ganzes

mit einbezogen (vgl. BEnz. Bd. 6. S. 630; vgl. Atlas 1993: 17; vgl. Abb. 7; 16). Einige

Autoren gehen bei solchen Zugehörigkeitsausgrenzungen noch weiter und rechnen zum

Kontinent Europa nicht nur das gesamte Russland und die Türkei, sondern auch die drei

hinterkaukasischen Republiken Aserbaidschan, Armenien und Georgien (siehe: Ploetz 1999:

XVII; vgl. Stelter 1999: 861-864). Andere lassen die sog. kleine ´Zwergstaaten`, wie etwa

Vatikan oder Monaco, außerhalb ihrer Statistiken und Bearbeitungen, aber konsequent sehen

sie den EU-Beitrittskandidat Zypern als ein Sonderfall in Europa (vgl. Weidenfeld 2000: 7).

23 Vgl. BENZ. 1988: 628; Vgl. Atlas 1993: 17; Vgl. Britannica 1998: 602; Vgl. StL. Bd. 6. S. 103. 24 Vgl. DSW 2001:1 oder Abb. 16; vgl. Abb. 7. Bei der näheren Analyse der DSW-Daten ergibt sich die Gesamtfläche der vier Hauptregionen Europas (Nord, West, Ost, Süd) von rund 23.Mio. qkm. und 728. Mio. von Einwohner. Das ergibt eine Bevölkerungsdichte von 31,6 Personen pro qkm. Nimmt man aber nur die Daten des europäischen Teils von Russland und Türkei (vgl. Atlas 1993: 17) hätte Europa nur rund 10,5 Mio. qkm. und 710 Mio. von Einwohner, was eine doppelt so große Bevölkerungsdichte bzw. 67,6 Personen pro qkm. gäbe.

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Will man alle Staaten Europas ernst als gleichberechtigte (politisch und juridisch) Subjekte

sehen, muss man endgültig für die Zahl 45 Staaten und 4 besondere Gebiete optieren25.

Geht es um die interne Teilung Europas in vier Hauptregionen bzw. Staatengruppen,

werden sie in dieser Arbeit stets nach ´Deutsche Stiftung Weltbevölkerung` (DSW 2001: 1)

zitiert26. Die gewöhnlich gebrauchte Aufteilung Europas auf ´West und Ost` wird im

Folgenden rein politisch betrachtet im Sinne der nach dem Zweiten Weltkrieg durch die

Weltmächte geschaffenen Zonen. In den vorliegenden Betrachtungen wird also die Rede von

„Westeuropa“ als von einer Gesamtheit der heutigen EU-Staaten vor der Osterweiterung.

Diese Staaten werden im Folgenden als EU-15 bezeichnet. Ja bei allen weiteren Beschrei-

bungen, Abgrenzungen und umstrittenen Daten könnte jedoch der Begriff „Mitteleuropa“

wirkliche Schwierigkeiten hervorrufen. In der Tat besteht auch unter Geographen keine

Übereinstimmung über seine genaue Begrenzung (vgl. BEnz. Bd. 14. S. 671). In dieser Arbeit

bewusst selten verwendet, umfasst dieser Begriff alle Staaten, die am 01.01.2000 weder zu

den EU-15 noch zu den GUS-Staaten27 gehörten und auch keinen Zugang zum Mittel- bzw.

Adriatischen Meer hatten28. Mit solchem Einstuffen, das wenig mit Vollkom-menheit

zusammen hat, versucht man jetzt die Menschen über die Grenzen hervorzurufen.

25 Alphabetisch gegliedert sind dies: 1)Albanien, 2)Andorra, 3)Belgien, 4)Bosnien und Herzegowina, 5)Bulgarien, 6)Dänemark, 7)Deutschland, 8)Estland, 9)Finnland, 10)Frankreich, 11)Griechenland, 12)Großbrita-nnien, 13)Irland, 14)Island, 15)Italien, 16)Kroatien, 17)Lettland, 18)Lichtenstein, 19)Litauen, 20)Luxemburg, 21)Malta, 22)Mazedonien, 23)Moldawien, 24)Monaco, 25)Niederlande, 26)Norwegen, 27)Österreich, 28)Polen, 29)Portugal, 30)Rumänien, 31)Russische Föderation, 32)San Marino, 33) Serbien-Montenegro, 34)Schweden, 35)Schweiz, 36)Slowakei, 37)Slowenien, 38)Spanien, 39)Tschechische Republik, 40)Türkei, 41)Ukraine, 42)Ungarn, 43)Vatikan, 44)Weißrussland, 45)Zypern. Zum Europa gehören auch vier selbständige Gebiete: 1) Färöer, 2) Gibraltar, 3) Kanalinseln, 4) Man. Aus politischer Sicht gehören die Türkei und die Republik Zypern zweifelsohne zu Europa. Die Türkei ist NATO-Mitglied und strebt ähnlich wie Zypern die Mitgliedschaft in der EU an. Dem stehen die vorgeworfenen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei (siehe: AIJ 2001: 573-579) und der ungeklärte Zypernkonflikt im Weg (siehe: Baratta 2001: 865f; vgl. Bracher 1992 Bd. 6. S. 311-313). 26 Siehe: Abb. 16, die teilweise geographische und demographische Daten aus Poster DSW 2001 enthält. Dort sind (ohne Vatikanstaat und Zypern) 43 europäische Staaten eingetragen, die in vier geographische Gruppen eingeteilt werden: Zu NORDEUROPA gehören: Dänemark, Estland, Finnland, Großbritannien, Irland, Island, Lettland, Litauen, Norwegen, Schweden. Zu WESTEUROPA gehören: Belgien, Deutschland, Frankreich, Lichtenstein, Luxemburg, Monaco, Niederlande, Österreich, Schweiz. Zu OSTEUROPA gehören: Bulgarien, Moldawien, Polen, Rumänien, Russland, Slowakei, Tschechische Republik, Ukraine, Ungarn, Weißrussland. Zu SÜDEUROPA gehören: Albanien, Andorra, Bosnien-Herzegowina, Griechenland, Italien, Kroatien, Malta, Mazedonien, Portugal, San Marino, Serbien-Montenegro, Slowenien, Spanien und die Türkei. 27 Die GUS-Staaten, also die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, ist ein lockerer Staatenbund, gegründet am 08.12.1991 durch das Abkommen von Minsk, zunächst von Russland, der Ukraine und Weißrussland. Bis 1994 haben sich der GUS neun frühere Sowjetrepubliken und jetzt unabhängige Staaten angeschlossen: Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan, Kirgistan, Moldawien, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan. Mit Bildung der GUS wurde die UdSSR offiziell aufgelöst (vgl. WMR 2000: 185). 28 Nach unserem Verständnis gehören zu den Mitteleuropäischen Staaten: Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechische Republik, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Serbien ohne Montenegro und Mazedonien. Vgl. BENZ. Bd. 14. S. 671f, wo der Autor gelegentlich auch Deutschland, Österreich, sogar die Niederlande und Belgien zu Mitteleuropa rechnet. Ungenau aber Gewöhnlich wird von „Mittelosteuropa“ gesprochen (vgl. WMR 2000: 185).

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2. Wichtige Wanderungstendenzen im Europa des 20. Jahrhunderts

In der europäischen Migrationsgeschichte mag als Beginn der modernen interkontinen-

talen Massenwanderungen förmlich das Jahr 1880 gelten. Die starken Abwanderungen von

Europa, die gleichzeitigen kontinentalen Migrationen sowie kleine Zuwanderungen nach

Europa können als Ausdruck wachsender weltweiter Verflechtungen betrachtet werden.

Technische Fortschritte bei den Transportmöglichkeiten, neue Kommunikationsmittel sowie

Industrialisierung und Liberalisierung der ökonomischen Systeme öffneten ein neues Kapitel

auch in Bezug auf die europäische Migrationsgeschichte. Zu den historisch wichtigsten

Migrationschnittstellen gehört der Erste Weltkrieg mit seinen Folgen. Er verursachte

Massenabwanderungen, damals aber begannen auch die ersten kollektiven Zuwanderungen

aus den außereuropäischen Bereichen. Der Zerfall der osmanischen, russischen, deutschen

und habsburgischen Mächte führte allgemein zu Massenwanderungen. Seitdem überschnitten

sich die interkontinentalen und innereuropäischen Migrationen immer häufiger. Die

kriegerischen Verwirrungen in Europa nach 1939 haben den größten Migrationsschub

verursacht. Die neue politische und ökonomische Weltordnung greift solche Migrations-

bewegungen auf und schafft neue Regeln des Zusammenlebens auf dem Alten Kontinent.

Aufgrund der genannten geschichtlichen Ereignisse wandelte sich das gesamte Europa des 20.

Jahrhunderts allmählich von einem Aus- in einen Einwanderungskontinent. Seitdem nahmen

die Wanderungsprozesse stetig zu.

Die vorliegende Arbeit versucht die entsprechenden Etappen zu charakterisieren und die

Verschiedenartigkeiten in einigen Regionen und Staaten Europas besonders herauszuarbeiten.

Die relativ neuen, von der politischen Wende Europas ausgelösten Zuwanderungswellen

werden nach dem heutigen Stand analysiert, um ihre Realität, Richtung und kontinentale

Verteilung zu beschreiben. Eine kompakte Charakterisierung der Wanderungsmechanismen in

Vergangenheit und Gegenwart bildet die Grundlage für ein adäquates Verständnis der

heutigen Immigration (siehe: II.1.). Die Erkenntnisse der heutigen Demographie ermöglichen,

die künftige Entwicklung dieser Zuwanderungsprozesse einigermaßen zu prognostizieren

(siehe: II.2.). Sie werden als gegenwärtige Herausforderungen gesehen, die zum gemeinsamen

Bau einer multikulturellen Gesellschaft beitragen können (siehe: II.3.).

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2.1. Vom Aus- zum Einwanderungskontinent am Anfang

des 20. Jahrhunderts

2.1.1. Auswanderung nach Übersee

Politische und religiöse Verfolgung, soziale Ungerechtigkeit, wirtschaftliche Krise und

der Erste Weltkrieg gehören zu den wichtigsten Schubfaktoren, die Millionen Europäer

besonders zwischen 1880-1940 in Richtung Übersee gelenkt haben (siehe: Abb. 8). Obwohl

die Schätzungen für diese 60 Jahre ziemlich ungleich sind29, haben gewiss mehr als 50 Mio.

europäische Bürger damals Europa verlassen. Für die Migranten der größten Auswanderungs-

wellen (vgl. Rößler 1992: 149) vor und nach dem Ersten Weltkrieg waren vor allem die

Vereinigten Staaten und Kanada beliebte Zielländer. Doch schon früher, „seit den 1860er

Jahren rückten Australien und Neuseeland nach, seit den 1870er Jahren auch

südamerikanische Einwanderungsländer mit ihren schon seit der Kolonialzeit gemischten

Bevölkerungen. Argentinien und Brasilien waren für die seit den 1880er/90er Jahren stark

wachsende Auswanderung aus Südeuropa (vor allem Spanien, Portugal) von besonderer

Bedeutung“ (Bade 2000: 137). Das waren für die damaligen Menschen sog. ´klassische

Einwanderungsländer`, wobei um diese Zeit die Zuwandererzahlen in den Vereinigten Staaten

an der Spitze standen. Von den erwähnten 50 Mio. europäischen Auswanderern wandten sich

35 Mio., auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen, in Richtung Vereinigte Staaten

(vgl. Atlas 2000: Karte 37). Die Notsituation in den Heimatländern und die große Nachfrage

nach billigen Arbeitskräften in den USA - bei systematischen Anwerbungen auf beiden Seiten

des Ozeans - spiegelte sich vor allem in den sozioökonomischen30 Motiven der Auswanderer

wieder (vgl. Helbich 1988: 36-40). Auch ein extrem starkes Bevölkerungswachstum in

Europa, von 187 Mio. um 1800 bis 468 Mio. Menschen um 1913, trug zur Auswanderung bei

29 Vgl. Atlas 2000: Karte 37. Im Allgemeinen sollen zwischen 1880 und 1940 weltweit 97 Mio. Menschen unterwegs gewesen sein, was einen Jahresdurchschnitt von 1,59 Mio. pro Jahr ergibt. Allein aus Ost- und Westeuropa sollen 55 Mio. Menschen in Richtung Nord- und Südamerika ausgewandert sein. Autoren wie Fassmann / Münz 1996a: 13 erwähnen auch mehr als 50 Mio. Auswanderer, allerdings in einem längeren Zeitraum von 1815-1939. Siehe auch einen detaillierten Vergleich der Schätzungen bei Bade (2000: 141f). 30 Als Migrationsmotive im 18. und in den Anfängen des 19. Jahrhunderts spielten neben sozioökonomischen Ursachen vor allem religiös-weltanschauliche Gründe eine wichtige Rolle (vgl. Bade 1983: 12-14). Am Ende des 19. Jahrhunderts galten als stimulierende Schubfaktoren die relative Übervölkerung Westeuropas und das immer besser organisierte Erwerbsangebot in Übersee (siehe: Rößler 1992: 148). Entscheidend waren für die Massen-auswanderungen auch die Kämpfe der damaligen nationalen, liberalen und demokratischen Bewegungen, die zumeinst auf einem blutigen Weg zur Entstehung der Nationalstaaten führten (vgl. Bade 2000: 185-231).

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(siehe: Sassen 2000: 53). Bedingt durch diese Umstände stellten die Europäer in den

Vereinigten Staaten von 1900 bis in die 40er Jahre den größten Anteil der Bevölkerung. Dort

erreichte man zwischen 1905 und 1915 die spektakulär hohen interkontinentalen

Migrationszahlen von 0,5 Mio. bis zu 1,3 Mio. Zuwanderer pro Jahr, eine Zahl, die weder

vorher noch nachher erreicht wurde. (siehe: Abb. 9a; 9b). In den ersten Jahrzehnten des 20.

Jahrhunderts stammte die größte Zahl der Auswanderer (ca. 41%) aus südeuropäischen

Länden sowie (ca. 25%) aus ost- und mitteleuropäischen Regionen, die als periphere

Auswanderungszonen benannt werden könnten. Die Zahl der nordwesteuropäischen

Auswanderer ist zwar gesunken, aber die dortigen Seehäfen wurden zu berühmten

Transitpunkten und Migrationszentren für ganz Europa (vgl. Bade 2000: 137f). Neben

anderem bedeutete für die Auswanderer die 6-8 Wochen dauernde Seereise in Richtung

Amerika eine ungeheuere physische und psychische Belastung. Oftmals waren die primitiven

Transportverhältnisse und Krankheiten ein Todesurteil für die Ausreisenden. Trotz allem

fanden, abhängig von der konjunkturellen Lage, von Schifffahrtspreisen (siehe: II.1.2.3.) und

Geschehnissen in den Heimatländern, riesige Wanderungsbewegungen statt. Die Notsituation

in den Herkunftsländern, die Anstrengungen und Träume der Migranten sowie positive

Rückinformationen aus Übersee31, hatten eine genügend starke Wirkung, um in Millionen von

Europäern die Bereitschaft zur Emigration zu erwecken. Der letzte Auswanderungsboom

setzte nach Ende des 1. Weltkrieges ein. Hierbei kam eine Reihe von auslösenden Faktoren

zusammen32, die den Europäern im Ausland das Überleben als möglich erscheinen ließen.

Diese Tatsache sollte in der aktuellen Diskussion über die heutigen europäischen Immigranten

nicht außer Acht gelassen werden.

31 Vgl. Rößler (1992: 155f), der auf den entscheidenden Informationsaustausch und Personalkontakt mit den Rückwanderern hinweist. Es sollte eine Kettenwanderung auslösen, die später zur Gründung von nationalen Zentren, Städten oder Kolonien führte. 32 Aufgrund der Kriegshandlungen sowie durch die Gebietsabtretungen von Versailles, durch den Untergang des Kaiserreichs, durch die Ergebnisse der russischen Revolution, durch die Beschleunigung von ökonomischen und sozialen Tendenzen wurde ein drastischer Bruch mit dem bisherigen Lebensstil Europas vollzogen. Der damalige ökonomische Aufstieg der USA sowie die dramatische Zerstörung und Zerspaltung Europas brachten große Veränderungen für alle mit sich. „Alle beteiligten Staaten mussten zu riesigen Anleihen greifen, Schulden machen. Inflation, Reparationen, Kreditschulden an die USA waren die Folgen, unter denen Besiegte wie Sieger zu leiden hatten“ (Bracher 1992 Bd. 6 S. 90). Europa und seine Völker mussten sich in dieser Situation ernst auch nach politischen, demographischen und kulturellen Folgen einer solchen Auswanderungspolitik fragen. In Deutschland z.B. waren die Argumente der Diskussion von drei Prinzipien geprägt: Zum einen wurde mit völkischromantisierender, später nationalideologischer Argumentation vor einem „nationalkulturellen Aderlass“ gewarnt; zum zweiten benutzte man die Metaphorik des Dampfkessels, um zu verdeutlichen, dass durch die Auswanderung der soziale Druck gemindert würde; schließlich gab es Meinungen, dass die „sozialpolitisch notwendige Auswanderung“ zum eigenen und nationalen Vorteil sein könnte (siehe: Bade 1983: 26f).

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2.1.2. Innereuropäische Migrationen

Zwischen 1880 und dem Zweiten Weltkrieg, also gleichzeitig mit den großen

interkontinentalen Migrationen, fanden auch in Europa selbst starke kontinentale

Wanderungen statt. Sie wurden als Ost-West und West-Ost-Wanderungen klassifiziert und

betrafen allein zwischen 1918-1939 über 9 Mio. Menschen (siehe: Fassmann Münz 2000: 17).

Diese verfügten nicht über ausreichende finanzielle Mittel, waren nicht überzeugt oder mutig

genug, um sich auf einen weit entfernten Kontinent zu begeben, daher wanderten sie

innerhalb Europas. Bei der Entscheidung über Veränderung des Lebensraumes durch Aus-

bzw. Einwanderung in ein anders Land spielten ähnliche Faktoren eine Rolle wie bei den

Überseewanderungen. Im Allgemeinen war auch hier das Hauptmotiv Flucht vor politischer

oder religiöser Verfolgung sowie die Suche nach Verbesserung der ökonomischen Lage.

Als Beispiel der Verfolgung, die zur größten europäischen Massenmigration führte, kann

die Lebenssituation der Juden in dem zaristischen Russland dienen. Ende des 19. Jahrhunderts

erfolgte der Ausbruch eines ständig wachsenden Antisemitismus, der nicht nur Pogrome in

zahlreichen jüdischen Gemeinden zur Folge hatte, sondern ebenso eine rapide Verarmung.

Die Sorge um die physische Existenz ließ die Juden aus Osteuropa entweder in die USA oder

in die näher gelegenen europäischen Westländer emigrieren. Von insgesamt 5,6 Millionen

damals in Osteuropa lebenden Juden hat fast die Hälfte ihre Heimat verlassen (vgl. Marrus

1999: 35f). Die, die in Europa blieben, „etablierten sich als neue ethnisch-religiöse

Minderheiten in den prosperierenden Metropolen (Wien, Paris etc.) des späten 19. und frühen

20. Jahrhunderts, aber auch in Städten wie Vilnius, Lemberg, Warschau und Prag“ (Fassmann

/ Münz 2000: 13).

Ein repräsentativeres Migrationsbeispiel bietet eine Region, in der auch heute große

Wanderungen beobachtet werden können, nämlich Vorderasien und der Balkan. Nach dem

Zerfall des Osmanischen Reiches kämpften die vielfältigen, kulturell und religiös sehr

unterschiedlichen Volksgruppen um ihre Autonomie und Unabhängigkeit. Die beispiellose

Tragödie der 1,8 Mio. armenischen Flüchtlinge und des ihnen zugefügten Massakers ist

erschüttend (siehe: Marrus 1999: 87-93; Brecht 1995: 27f). Andere nationalistische Ansprü-

che und Antagonismen führten ebenso zu Massenmord, Verfolgung und Flucht auf dem

gesamten Balkan. „Christen flohen aus der Türkei nach Norden, Moslems suchten in der

Türkei Zuflucht. Neben diesen beiden großen Strömen gab es mit fortschreitender

´Entmischung` zahllose lokale Fluchtbewegungen“ (Sassen 2000: 98).

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Die tragische Migrationflucht nach den Balkankriegen 1912-1914 fand ihre Fortsetzung

im Ersten Weltkrieg und unmittelbar danach. Neben den rund 70 Mio. mobilisierten Soldaten

gab es Millionen von Flüchtlingen, die vor verschiedenen Armeen flohen. Die ersten Erfolge

der Deutschen an der Ostfront verursachten eine Massenflucht von Zivilisten. Bis zum Mai

1916 befanden sich im noch freien Teil Russlands über 3 Mio. Flüchtlinge. Auf der anderen

Seite gab es Massenevakuierungen vor allem aus Galizien und Westpreußen mit ca. 600.000

Bewohnern (vgl. Stola 1995: 59). Die Massenvertreibung und konsequent die Massenflucht

gehören also zum langen Prozess der europäischen Staatenbildung. „Ein Ergebnis waren

schätzungsweise 9,5 Millionen Flüchtlinge in den zehn Jahren nach dem Ersten Weltkrieg“

(Sassen 2000: 100), wobei die Repatriierung von Millionen von Gefangenen und Zwangs-

arbeitern aus den Ex-Monarchien in die neuen Nationalstaaten ein recht komplexes Problem

darstellte.

Im Vergleich zu den Massenmigrationen auf dem Balkan und an den Rändern

Osteuropas hatten alle andere Aus- und Einwanderungen innerhalb der europäischen Staaten

grundsätzlich wirtschaftliche und soziale Motive. Besonders nach dem Ende der beiden

kriegerischen Großkonflikte wie auch nach der zeitweiligen Einwanderungssperre in den

USA (1923/24) musste das verbleibende Flüchtlingsproblem in Europa selbst gelöst werden.

Die Industrialisierung mit den Zentren der Schwerindustrie, die Verstädterung mit zahlreichen

Arbeitsmöglichkeiten und die Demokratisierung der politischen Systeme garantierten

Millionen Migranten die freie Etablierung, Besitz und bessere Zukunftsperspektiven für ihre

Familien. Manche westeuropäischen Länder33 sahen sich aus demographischen und

wirtschaftlichen Gründen gezwungen, mehrere Millionen Ausländer möglichst schnell zu

absorbieren. Daher zogen nach Westeuropa, praktisch aus allen Richtungen, Millionen als so

genannte Gastarbeiter34.

Aus dem Osten wanderten polnische, ukrainische und böhmische Arbeiter in die aufstreben-

den Zentren der Kohle- und Eisenindustrien Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens

(siehe: ebd. 107; vgl. Fassmann / Münz 1996a: 13). Vom Süden ließen sich fast 1,5 Mio.

Italiener in Frankreich, in der Schweiz und in Westösterreich nieder (vgl. Fassmann / Münz

2000: 12). Ähnlich wanderten mehrere Hunderttausend spanische Republikaner nach

33 Es geht vor allem um Frankreich, wo man im Ersten Weltkrieg rund 7% der gesamten männlichen Bevölkerung verloren hat. Mit 1,5 Millionen Gefallenen wurde der dringliche Bedarf an ausländischen Arbeitskräften so hoch, dass schon am Ende der 20er Jahre dieses Land seine Bevölkerungslücke mit 1,5 Mio. Immigranten gefüllt hat (vgl. Sassen 2000: 107). 34 Vgl. Fassmann / Münz (2000: 15-16), die teilweise detaillierte Schätzungen der Ost- West und West-Ost Migration zwischen 1918-1939 zeigen. Die Wanderungsursachen der erwähnten ca. 9. Mio. Migranten sieht man in: a) Ethnischen Wanderungen ca. 6.100.000; b) Politischen Verfolgungen ca. 1.870.000; c) Arbeitsmigration und Reemigration ca. 1.150.000.

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31

Frankreich. Im Norden wanderten massiv Iren in Richtung England, Schottland und Wales

und bildeten dort die stärkste Einwanderergruppe (siehe: Treibel 1999: 26).

Nach der Wirtschafts- bzw. Finanzkrise der 30er Jahre „herrschte in allen europäischen

Ländern westlich der Sowjetunion wirtschaftliche Depression. Angesichts von Bankrotten

und Massenarbeitslosigkeit waren Flüchtlinge und Einwanderer nicht willkommen“ (Sassen

2000: 109). In diesen für Europa außerordentlich schweren Zeiten wurden die eingewanderten

Flüchtlinge und Gastarbeiter als Ursache der hohen Arbeitslosenzahlen angesehen und sogar

zu weiteren Wanderungen gedrängt (vgl. Fußnote 34). Auf dem Hintergrund der gravierenden

wirtschaftlichen Probleme wuchsen eine strikte Anti-Einwanderungspolitik, immer schärfere

Ausländerfeindlichkeit und allgemeine Opposition zu den liberalen Demokratien.

2.1.3. Einwanderungen von „Außen“

a) Sinti und Roma

Die evident außereuropäischen Gesichtszüge, die eigene Sprache der indischen Herkunft

und vor allem die nomadische Lebensart haben schon im Mittelalter die Europäer in der

Begegnung mit Zigeunern erschüttert. „In einer Mischung aus Abscheu, Furcht und

Neugierde standen sie einem fremden Volk gegenüber, das bis auf den heutigen Tag durch

bewusste Selbstisolierung auf der einen und durch ständige Ausgrenzung auf der anderen

Seite den Status des Fremden nie hat überwinden können“ (Hehemann 1992: 271). Dieses

eigenartige Volk wanderte durch Persien und Armenien nach Südosteuropa (Balkan) nicht in

großen Migrationswellen und Zahlen sondern kam als Nomaden in kleinen Gruppen. Obwohl

diese Menschen schon seit Jahrhunderten in Europa existieren35 und, methodisch gesehen,

nicht mit den neuzeitlichen Zuwanderern vergleichbar sind, scheint die immer häufigere

Begegnung mit deren Zugehörigen von großer Bedeutung für das kollektive Bewusstsein der

Europäer zu sein. Am Anfang des 20. Jahrhunderts mischten sich acht Millionen (vgl. BEnz.

Bd. 20. S. 323-325) dieser ´Weltbürger` nicht mit, sondern zwischen den Europäern,

35 Eine Volksgeschichte erzählt: „Anfang des 15. Jahrhunderts wanderten Zigeuner in Scharen vom Balkan nach Ungarn ein. Sie nannten sich büßende Pilger, führten ihre Zerstreuung auf den Fluch Noahs zurück oder bezeichneten sich als das führerlose Volk des im Roten Meer bei der Verfolgung der Juden ertrunkenen Königs Pharao. Im Jahre 1416 gab das siebenbürgisch-sächsische Kronstadt dem ´aus Ägypten kommenden Herrn Emmaus und seinen 120 Gefährten` Geld und Lebensmittel. Der Schutzbrief des ungarischen Königs und römisch-deutschen Kaisers Sigismund ermöglichte den Zigeunern, sich fast überall in Europa zu verbreiten“ (Ungarninfo 2001: 1).

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wandernd vom Süden und Osten nach Westen. Durch ihre geheimnisvolle Herkunft,

Geschichte und Gewohnheiten wurden die Zigeuner gewöhnlich als ´extrem Fremde` in

Europa betrachtet. Ihre tragische Migrations- bzw. Vernichtungsgeschichte36 in der erste

Hälfte des 20. Jahrhunderts lässt sich bis in die Gegenwart auch in anderen Formen der

Diskriminierung weiterverfolgen (siehe: Jasar 2001: 1f; vgl. Zimmermann 1992: 333f). „Sie

stehen ständig unter Verdacht. Sie sind allerorts nur geduldet, ihre Existenz ist von starren

Vorurteilen beschwert. (...) Die grob geschätzt zwanzig Millionen Angehörigen dieses Volkes

bilden die größte und dennoch nicht ausreichend anerkannte Minderheit Europas“ (Grass

2000: 1). Von anderer Seite betrachtet ist die heutige Präsenz von Sinti und Roma in Europa

zweifelsohne eine kulturelle Bereicherung, die sich besonders in der Literatur und Musik

verfolgen lässt (siehe: Uther 1998; vgl. Z-KAT 2002;), wobei ihre Mobilität weiterhin

charakteristisches Merkmal bleibt.

b) Rückwanderer

Betrachtet man die dimensionalen Formen der interkontinentalen Massenmigrationen, die

im 19. Jahrhundert und zu Anfang des 20. Jahrhunderts ihren Höhepunkt fanden, muss man

gleichzeitig zur Kenntnis nehmen, dass sie keine „Einbahnstraßen“ waren. Von 50 Mio.

Überseeauswanderern und fast 10 Mio. kontinentalen Migranten kehrte eine beachtliche Zahl

nach kurzer oder längerer Zeit in Richtung Herkunftsland wieder zurück. Dass die so genan-

nten Rückwanderungen nicht unbedeutend waren, zeigt das Beispiel der Auswanderungen in

die Vereinigten Staaten (vgl. Schniedewind 1992: 179-185). Von 35-38 Mio. Europäern, die

damals nach USA auswanderten, verließen ca. 7 Mio. dieses Land wieder. Dabei waren die

Hauptmotive: unerfüllte ökonomische Erwartungen; unüberwindbare Fremdheit, Heimweh

und starke persönliche Verflechtungen mit dem Herkunftsland (vgl. Treibel 1999: 30; vgl.

Weber 1998: 191ff). Dabei erwies sich fortan als Regel, dass die Rückkehrerzahl bei den

36 Die Präsenz der Zigeuner in Europa war fast immer durch eine Tragödie gezeichnet. Schon zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert grenzte die Ständegesellschaft Randexistenzen wie die Sinti und Roma durch Vertreibung, Auseinanderreißen der Familien, Arbeitshaus, Folter und Erschießungen aus. Später kamen Versuche auf, die „Zigeuner“ den Normen der Erwerbsgesellschaft anzupassen und unter Zwang sesshaft zu machen. Gegen ihre gute Selbstorganisation wurden in einigen Staaten entsprechende Verwaltungsmaßnahmen verschärft. Seit dem 19. Jahrhundert wurden zunehmend Eigenschaften auf die „Zigeuner“ projiziert, die in der bürgerlichen Gesellschaft an den Rand gedrängt wurden. In vielen Stereotypen galten sie als „edle Wilde“ oder „Lumpenproletariat“. Bereits in den ersten Jahren der NS-Herrschaft wurden zahlreiche Gesetze und Verordnungen gegen Sinti und Roma verschärft. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg wurden sie im Gefolge einer vorbeugenden Verbrechensbekämpfung in verschiedenen Konzentrationslagern eingesperrt. Während des Krieges bildeten willkürliche Einstufungen die Grundlage für ihre Deportation nach Polen und in andere östliche Länder. Allein von den in Auschwitz zusammengepferchten 23000 Roma und Sinti aus elf europäischen Ländern fanden über 21000 den Tod. Die Gesamtzahl dieser Naziopfer wird zwischen 22000-50000 Personen geschätzt (vgl. Zimmermann 1989: 5-73).

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jüngeren Ein- bzw. Auswanderungen am größten war. Die so genannten neuen Einwanderer

„waren (mit Ausnahme der Juden) stärker rückkehrorientiert als die vorangegangenen

Einwanderergruppen (über 60% der zwischen 1900 und 1912 eingewanderten Italiener und

fast 50% der Griechen sind in ihre Herkunftsregionen zurückgekehrt)“ (Elschenbroich 1986:

31; vgl. Sassen 2000: 96). Solche Rückwanderer aus Übersee, die vermutlich in gleichen

Rückwanderungs-Quoten aus den USA, Lateinamerika und Australien zurückkamen, kann

man als Prototyp der Massenzuwanderer Europas betrachten. Obwohl es die gleichen Perso-

nen waren, kehrten sie oft zurück als andere Bürger, mit anderem Ehepartner, mit im Ausland

geborenen Kindern, mit verändertem ökonomischem Status und vor allem mit anderen

Erfahrungen, Gewohnheiten und sozialer Identifikation37. Die Prozesse der Reintegration

bzw. Reinkulturation können in diesen Fällen als gelungen betrachtet werden.

c) Soldaten aus überseeischen Kolonien

Ausgehend von der Tatsache, dass im Ersten Weltkrieg in allen europäischen Staaten

insgesamt 74 Mio. Soldaten mobilisiert wurden und davon 10-13 Mio. ums Leben kamen

sowie weitere 20 Mio. verwundet blieben, versteht man, dass in dieser hochtödlichen

Maschinerie das menschliche Potenzial das wichtigste war (vgl. Sassen 2000: 100). Die

Mobilisierung fast aller Männer im militärpflichtigen Alter und ihre Verluste verursachten

nicht nur demographische Verschiebungen, sondern auch eine tiefe Arbeitsmarktkrise.

Historiker sprechen von Kriegswirtschaftspolitik, deren Kernproblem der Mangel an jungen

Menschen, vor allem arbeitsfähigen Männern, war (vgl. Hardach 1973: 75-114). Um die

hochgesteckten militärischen und wirtschaftlichen Ziele besser erreichen zu können, begann

man, eine intensive Anwerbung im Ausland zu forcieren. Zunächst wurden, für den

existenziell wichtigen Einsatz in Europa, außereuropäische Arbeitskräfte bzw. Soldaten direkt

eingezogen. Über diese neuartigen Einwanderungsformen schreibt der bekannte Forscher der

europäischen Wanderungen, Klaus J. Bade: „Eurokoloniale Migrationkreisläufe kehrten sich

um: Im Ersten Weltkrieg mobilisierten die Kolonialmächte mindestens eine Million

Afrikaner. Sie wurden (...) in großer Zahl auch in Europa eingesetzt“ (Bade 2000: 235). Hier

37 Die Autoidentifikation des Menschen bezieht sich neben der Geburt vor allem auf die eigenen Identifizie-rungsleistungen, aber auch auf die soziale Identifikation von außen. Im Falle der Rückwanderer werden oft ihre wesentlichen Identifikationsmerkmale (Namen, Sprachen) zwar beibehalten, doch was sich schon im Ausland verändert hatte, nahm auf eine Selbstkategorisierung zur neuen sozialen Identität in Europa einen gewissen Einfluss. Weil jede soziale Identität nicht nur in die Autoidentifikation eingebunden ist, sondern auch mit der ortsbezogenen und dingbezogenen Realität. Der Umzug von Rückwanderern änderte ihre soziale Identifikation, die mit den kulturellen Werten verbunden war. Am neuen Ort wurden sie auch von den Einheimischen oft, wenn nicht als ´Fremde`, dann als ´Andere` bzw. ´Veränderte` gesehen, was für die Person ein gewichtiges Hindernis bei der Wiedereinbürgerung war (siehe: Graumann 1999: 59-74).

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ist besonders Frankreich zu nennen. Nur für die Armee dieses Landes wurden bis zum Ende

des Ersten Krieges in Europa mehr als 600.000 Afrikaner mobilisiert38. Obwohl sie in den

Nationalkontingenten dienten, ist es nicht von unerheblicher Bedeutung für ihre spätere

Integration, dass die europäische Soldaten und Zivilisten immer häufiger, nach gewisser Zeit

selbstverständlicher die Möglichkeit zur Begegnung mit außerkontinentalen Fremden hatten.

In der Folgezeit blieben mehrere von ihnen auf diesem Kontinent als Arbeitskräfte und loyale

Bürger, was unmittelbar zur Internationalität Europas beigetragen hat.

d) Zwangsarbeiter

Die Internationalisierung der europäischen Arbeitskräfte begann vor allem mit dem

Kriegsausbruch. Die Kolonialmächte suchten nicht nur nach Soldaten, sondern auch nach

leistungsfähigen Arbeitskräften, die ständig unter dem Aspekt der kriegswirtschaftlichen

Ausrichtung der Volkswirtschaften zur Realisierung der militärischen Ziele standen39. Eine

derart hohe Nachfrage verursachte eine recht massive Einwanderung von außen und eine

verstärkte innereuropäische Migration. Frankreich und Deutschland profitierten am stärksten

von dieser Entwicklung. Während des Ersten Weltkrieges kamen allein nach Frankreich ca.

662.000 ausländische Arbeitskräfte. Nicht wenige von ihnen stammten aus weit entfernten

außereuropäischen Kolonien40. Sie wurden jedoch auf dem Alten Kontinent weitestgehend

von den europäischern Arbeitern getrennt. „In der Industrie wurden vorwiegend europäische

Arbeitskräfte beschäftigt, in der Landwirtschaft einschlägig vorgebildete Arbeitskräfte aus

dem europäischen Ausland, die für Industriearbeit ungeeignet erschienen“ (Bade 2000: 239).

Trotz solcher Separation ist es schwer anzunehmen, dass sie in der Nation unbemerkt blieben.

In den Zuwanderungen der ersten Ausländer nach Frankreich aus Nordafrika, Südasien, China

und in den internen Migrationen muss man den Keim eines multikulturellen Europas sehen.

38 Die präzisen Daten besagen: „Der weitaus größte Teil kam aus Nordafrika (293 756) und Westafrika (170 891); kleinere Kontingente stellten Indochina (48 922), Madagaskar (41 355), die Antillen und Guyana (22 695) sowie Ostafrika (17 910), abgesehen von kleineren anderen Verbänden nichteuropäischer Herkunft“ (Bade 2000: 235). 39 Obwohl einige Quellen (z.B. siehe: WMR 2000: 207) die afrikanische Arbeitsmigration im Ersten Weltkrieg erwähnen, als sei diese nur zur Unterhaltung der französischen Familien dienlich gewesen, so ist doch zu vermuten, dass diese Arbeitskräfte als Ersatz für Franzosen indirekt zur Realisierung der Kriegsziele beitrugen. 40 Detaillierte Daten sagen aus: „Die stärksten Kontingente stellten spanische Arbeitskräfte (230 000), die zweitgrößten waren zur Arbeit herangezogene deutsche und österreichisch-ungarische Kriegsgefangene (102 000), gefolgt von Arbeitskräften aus Algerien (78 566), aus den südostasiatischen Kolonien Frankreichs (48 955) und China (36 941). Hinzu kamen Arbeitskräfte aus den französischen Kolonien: Marokkaner (35 506), Tunesier (18 244) und Madagassen (4546) sowie Portugiesen (22 800), Griechen (23 300), Italiener (20 000), belgische Flüchtlinge (30 000) und andere Gruppen (ca. 10 000), unter ihnen Schweden und Serben“ (Bade 2000: 236).

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Im Vergleich zu Frankreich und anderen europäischen Ländern hatte Deutschland schon vor

dem Ersten Weltkrieg eine hohe Ausländerzahl. Die Not der Kriegswirtschaft vermehrte nur

die Ausländer-Quoten und umfasste bei Kriegsende ca. 3 Mio. ausländische Arbeitskräfte,

davon ca. 2 Mio. Kriegsgefangene (vgl. ebd. 240f). In den Rekrutierungsmethoden wie in den

Herkunftsgebieten der Fremdarbeiter unterscheidet sich Deutschland von den anderen

europäischen Ländern. Die Ausländer stammten grundsätzlich aus den besetzten Territorien in

Europa wie Polen, Galizien, Russland, aber auch aus Österreich-Ungarn und Belgien. Bei der

Rekrutierungspolitik sollte „die gezielte Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation die

Bevölkerung der Besatzungsgebiete dazu nötigen, im eigenen Land oder im Reich für die

Besatzungsmacht zu arbeiten“ (ebd. 243). Außer und neben der selbstverständlichen

Zwangsarbeit der Kriegsgefangenen existierten auch Massen von Arbeitskräften, die

zwischen begrenzter Freiwilligkeit, Nötigung zur Meldung und zwangsweise Deportation

schwebten (vgl. Herbert 1986: 91).

Schon nach dieser sehr kurzen und begrenzten Zusammenschau der europäischen

Migrationströme und Einwanderungstendenzen am Anfang des 20. Jahrhunderts zeigt sich,

dass man vom Ersten Weltkrieg als Auslöser von größeren neuzeitlichen Migrationen reden

kann. Neben Rückwanderern aus Übersee, Soldaten aus den alten Kolonien in Afrika und

Indochina, Zwangsarbeitern kamen ganze Nationen und Minderheiten in Bewegung. Durch

den Ersten Krieg bedingt kamen die Europäer zu einem bislang nie gekannten Ausmaß an

Begegnungen mit Menschen anderer Nationalität und Mentalität. In Konsequenz „lebten nach

dem Ersten Weltkrieg allein in Europa schätzungsweise 25 Millionen Menschen nicht

innerhalb der Grenzen des Landes, das sie als ihre Heimat betrachteten“ (Brecht 1995: 27). Es

folgten weitere schwere Dekaden, die anschließend beschrieben werden.

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2.2. Flucht und Wanderungen nach dem Zweiten Weltkrieg

2.2.1. Flucht vor dem Faschismus

In Italien führte in den 20er Jahren die Flucht der politischen Eliten vor dem Faschismus

zu riesigen Migrationsströmen. Die Ausdehnung der faschistischen Herrschaft und wirtschaft-

liche Schwierigkeiten machten aus Italien ein typisches Emigrationsland. Bis zu Mussolinis

Auswanderungsbeschränkungen waren es fast 10 Millionen Bürger, die vorwiegend in

Richtung Übersee emigrierten (vgl. Cannistrano / Fausto 1979: 40). Ähnlich entwickelte sich

in Spanien in den 30er Jahren eine starke politische Fluchtwelle nach Frankreich.

Hunderttausende spanische Republikaner flohen vor dem Diktator Franco ins Nachbarnland,

wo eine sehr starke Nachfrage an Arbeitskräften herrschte. In Deutschland hatte sich der

Nationalsozialismus etabliert und gefestigt. Vor seiner Terrorideologie flohen Menschen

unterschiedlicher Nationalitäten.

Der geachtete Historiker M. R. Marrus schreibt hierzu: „Das wichtigste Ziel des

Nazismus, die Ausdehnung des Dritten Reichs, implizierte die Umsiedlung von Millionen

Europäer, die gemäß Hitlers geopolitischer Ideen auf dem Kontinent verschoben werden

mussten“ (Marrus 1999: 237). Aus diesem Grunde bedrohte schon vor dem Zweiten Krieg die

rassistische Naziideologie mindestens 50 Millionen Europäer. Kurios ist, dass Deutschland,

noch Anfang der 30er Jahre selbst viele Millionen Juden aufgenommen hat und schon im

Jahre1935 durch die so genannten ´Nürnberger Gesetze` dieses Volk rechtlich zur Flucht bzw.

Vernichtung bestimmt hat41. Dies verursachte Massenwanderungen, wobei allein zwischen

1933-1937 etwa 120.000 Juden das Reich verlassen haben; „davon war etwa ein Drittel in

Europa geblieben, ein Drittel nach Übersee emigriert und ein Drittel nach Palästina gegangen“

(ebd. 242). Der Zweite Weltkrieg hat also eine neue Welle der Migranten in fast allen

europäischen Staaten hervorgerufen. Die ersten offiziellen Berichte über die erfolgreiche

Hitler-Offensive stammen vom ´Inter-Allied Committe`, das Mitte 1941 berichtete, „dass es

in Europa 21 Millionen Displaced Persons gab, von denen 8 Millionen als Zwangsarbeiter

nach Deutschland geschafft worden waren und sich weitere 8 Millionen als Vertriebene in

ihren Herkunftsländern aufhielten“ (Marrus 1999: 338). Eingeschlossen in diesen Zahlen sind

41 Seither ging es nicht nur um Boykott der Geschäftsaktivitäten, sondern um den rechtlichen Entzug der Staatsbürgerschaft, also ein eindeutiger Druck zum Verlassen des Reiches, der eine Massenausreise verursachte (vgl. Marrus 1999: 240ff).

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ca. 300.000 Flüchtlinge aus Polen, die seit 1939 nach Süden, Osten und England flohen;

100.000 Flüchtlinge aus den Niederlanden, Belgien und Skandinavien, die nach Großbri-

tannien flohen sowie annähernd 5 Millionen Flüchtlinge aus den Niederlanden, Belgien und

Nordfrankreich, die ab Frühjahr 1940 vor den deutschen Truppen nach Frankreich flohen. Mit

dem Herbst 1940 verursachten italienischen und deutschen Angriffe auf Südeuropa weitern

Hunderttausende Flüchtlinge. Der Krieg gegen die UdSSR führte zu noch größeren

Evakuierungen, Umsiedlungen und Deportationen, sie betrafen ca. 12 Mio. Europäer (vgl.

Bade 2000: 286). Im Allgemeinem schätzt der gleiche Forscher: „die Zahl der Flüchtlinge,

Vertriebenen und Deportierten allein in der militärischen Expansionsphase Deutschlands

1939-1943 europaweit auf 30 Millionen“ (ebd. 284).

2.2.2. Ende des Zweiten Weltkrieges als Kulmination der Migrantenströme

Nach den entscheidenden Offensiven der Sowjets und der Westalliierten (1943-45)

entstand in Europa ein zuvor nie gesehener Migrationsdruck. Millionen von Vertriebenen,

Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern drängten sich auf dem immer enger werdenden

mitteleuropäischen Raum. Menschen aller Rassen und Nationen wollten die letzten Monate

des Krieges irgendwo vorübergehen lassen, um dann die eigene Heimat zu suchen. Je stärker

sich die „Zange“ der Fronten verengt hatten, desto schwerer waren die Motive der Flucht zu

unterscheiden. Allgemeine Furcht vor Verfolgung und vor der neuen politischen Realität war

vorherrschend. Erst nach der deutschen Kapitulation zeichneten sich erste kleine Chancen

nach einer Lösung der Problematik dieser Migrantenströme ab. Schon Ende September 1945

meldeten die westlichen Siegermächte und die Sowjets, dass jeweils mindestens 7 Millionen

der so genannten Displaced Persons42 in ihren Besatzungszonen leben. Unter diesen 14 Mio.

Menschen stammten als größte Gruppen aus der UdSSR 7,2 Mio., aus Frankreich 2 Mio., aus

Polen 1,6 Mio., aus Italien 700.000., aus der Republik Tschechien und Slowakei 350.000.; aus

den Niederlanden 300.000.; aus Belgien 300.000 sowie viele andere (siehe: Marrus 1999:

336-338). In einem allgemeinen Chaos und Leid versuchten Millionen Menschen voller

Hoffnung, ein neues Leben zu organisieren.

42 Das waren Personen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit, die im Zweiten Weltkrieg von den deutschen Besatzungsbehörden in das Gebiet des Deutschen Reiches verschleppt wurden (z.B. als Zwangsarbeiter) oder dorthin geflüchtet waren. Unmittelbar nach dem Krieg wurden sie (ca. 8,5 Mio.) von Hilfsorganisationen der UNO betreut, repatriiert oder umgesiedelt (siehe: BENZ. Bd. 5. S. 545f).

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Untersucht man die tragischen Kriegsdaten, so ist beeindruckend, dass gerade das

Deutsche Volk die größten Migrationsverchiebungen erlitten hat. Schon während des Zweiten

Weltkrieges wurden im Rahmen der ethnischen Säuberung bzw. so genannten Umsiedlungs-

aktion ´Heim ins Reich` rund eine Million Menschen deutscher Herkunft aus Südost-,

Ostmittel und Osteuropa zurückgeholt. In diesen Gebieten lebten um 1939 „rund 18 Millionen

Reichsdeutsche und ´Volksdeutsche`. Etwa 14 Millionen von ihnen flüchteten in der

Endphase des Krieges nach Westen“ (Bade 2000: 297). Später haben die drei Siegermächte

im August 1945 auf der Potsdamer Konferenz43 durch ihre Beschlüsse weitere Vertreibungen

und Deportationen ausgelöst, die tragischerweise rund 2 Mio. Deutsche nicht überlebten. In

kaum besserer Situation schienen die 9 Millionen deutschen Kriegsgefangenen zu sein. Sie

hatten in 20 verschiedenen Staaten auf Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft gewartet,

und bereits ein Jahr nach Kriegsende waren 5 Millionen Angehörige der ehemaligen

deutschen Wehrmacht durch die Alliierten freigelassen worden (vgl. ebd. 299). Andere jedoch

mussten zumeist als Zwangsarbeiter viele Jahre in der Gefangenschaft verbringen. Eine

erhebliche Anzahl von ihnen kam während der Kriegsgefangenschaft ums Leben.

Zweifelsohne „war Deutschland in der Nachkriegszeit eine Drehscheibe gewaltiger

transnationaler und interner Migrationen: Zu Ende 1946 fast 10 Millionen, 1950 dann 12,5

Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen kamen als zweitgrößte Gruppe von Zwangs-

wanderern ca. 11 Millionen Displaced Persons, die zum großen Teil vordem Zwangsarbeiter

in der deutschen Kriegswirtschaft gewesen waren“ (ebd.). Verständlicherweise dauerten solch

intensive Nachkriegsmassenwanderungen noch Jahre lang, und jeder Staat wollte seine

eigenen Bürger möglichst schnell zurückholen. Die bis heute größten neuzeitlichen

Flüchtlingsströme, Bevölkerungsbewegungen und Binnenmigrationen haben auch positiv die

Entstehung neuer, ethnisch monolithischer Staaten beeinflusst. Die Zeit um 1950 lässt sich als

Zäsur festmachen, in der sich eine ökonomisch-politisch-rechtliche Neuordnung Europas

stabilisierte.

43 Die Regierungschefs der USA, der Sowjetunion und Großbritanniens trafen sich am 02.08.1945 in Potsdam, um die europäische Nachkriegsordnung zu regeln. Es wurden dort die territorialen Verschiebungen entschieden, durch die neue europäische Staatsgrenzen entstanden. Das Gebiet von Ostpreußen wurde unter Verwaltung der Sowjetunion und Polens gestellt. Die neue Westgrenze Polens wurde an der Linie Oder-Neiße festgelegt. Eine solche ´neue Ordnung` führte zur Ausweisung bzw. Vertreibung von Millionen Deutschen aus Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn und anderen Ländern (siehe: Bracher 1992: 236-244).

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2.2.3. Aus- und Einwanderungen während des Kalten Krieges

a) Auswanderungen von 1950 bis 1990 nach Übersee

Die globalen Schätzungen der Wanderungsprozesse in Europa von der Nachkriegszeit bis

zum Ende der Ära des Kalten Krieges (um 1990) weisen auf ca. 30 Millionen Migranten hin

(Castles 1987: 9). In der gleichen Zeit gab es, ähnlich wie in der Zwischenkriegszeit, eine

millionenfache Auswanderung vor allem nach Nordamerika. Tragische Vertreibungen als

Folge des Zweiten Weltkriegs und politische Instabilität auf allen Kontinenten verursachten in

diesen 45 Nachkriegsjahren weltweit 221. Mio. Migranten, was ein Jahresdurchschnitt von

5,02 Mio. Menschen bedeutet (siehe: Abb. 10). Es ist nachvollziehbar, dass nach sechs

tragischen Kriegsjahren jeder in seine Heimat zurückkehren wollte. Doch überall herrschende

Armut, eine veränderte politische Lage, ökonomisches Chaos und vor allem irreale

Vorstellungen und Erwartungen44 veranlassten Millionen zum Schritt der Auswanderung.

Symptomatisch war, dass in der ersten Dekade des Kalten Krieges die Zahl der europäischen

Übersee-Auswanderer deutlich höher war als die Zahl der Zuwanderer aus den

außereuropäischen Regionen nach Europa. In der Wanderungsbilanz hat Europa allein

zwischen 1950-1959 netto 2,7 Millionen Bürger verloren, wobei die Hauptursachen dieses

negativen Wanderungssaldos vor allem die allgemeine Armut und die Instabilität des

Kontinents waren. Der günstige ökonomische Situation Amerikas, alte interkontinentale

Wanderungstraditionen der Familien und schon seit Jahrzehnten dort lebende Landsleute

führten zu einer neuzeitlichen Emigration.

Zu den spektakulärsten Auswanderungen in der Zeit des Eisernen Vorhangs, also

zwischen 1950-1990, gehört die Zwangsausreise von 1 Mio. Juden aus dem Ostblock nach

USA. Die Niederschlagung des ungarischen Aufstandes 1956 verursachte die Flucht von

195.000 Ungarn vor allem in Richtung USA, Kanada und Australien. Auch zahlreiche Polen,

ca. 250.000 flohen in Folge der Aufstände gegen den Kommunismus bis 1980 teilweise

ebenfalls nach Übersee (vgl. Fassmann / Münz 2000: 23; vgl. Abb. 11). Mit den Vertriebenen,

ehemaligen Soldaten, Flüchtlingen und zahlreichen Gastarbeitern flohen aus Europa zwischen

44 Dies erlaubt Übereinstimmung mit dem Autor, der zu dieser Zeit sah, dass „noch gewaltiger diese Bewegungen hätten ausfallen können, wenn alle Ein- und Auswanderungswünsche realisiert worden wären: einerseits die Auswanderungshoffnungen in Griechenland, Großbritannien, Italien, in den Niederlanden oder im besetzten Deutschland, andererseits die heute bisweilen utopisch anmutenden und doch mehr oder weniger konkreten Vorstellungen von einem deutlichen Bevölkerungszuwachs durch Einwanderung in Kanada, Australien, Brasilien oder auch in Frankreich“ (Steinert 1992: 386).

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1945-1989 ca. 40 Mio. Menschen in die USA und weitere ca. 8 Mio. nach Südamerika.

Gleichzeitig verursachte die verschärfte politische Instabilität vor allem in Asien, Afrika und

Südamerika fast gleiche interkontinentale Migrationsströme in Richtung Europa. In diesen

Prozessen vollzog sich die klare, demographische Wende Europas zum Einwanderungs-

kontinent, mit positiver Migrationsbilanz in den 70er Jahren. Die starke Zuwanderung von 1,9

Mio. Außereuropäern nach Europa ergab ein positiver Saldo von +250.000 Einwanderern

(vgl. Bade 2000: 302, vgl. Fassmann / Münz 1996a: 29). Seither dauert dieser Prozess, trotz

immer restriktiverer Zuwanderungspolitik der aufnehmenden Länder, weiter an.

b) Innereuropäische politische Migration

Die geopolitische Einteilung des Kontinents und die Entstehung des sog. Eisernen

Vorhangs bremsten deutlich vor allem die europäischen Migrationsbewegungen von Ost nach

West. In einzelnen Staaten, je nach Situation, haben sich verschiedene Typen von

Migrationen überschnitten. Die 40-jährige Phase zwischen 1950-1990 dokumentiert,

demographisch betrachtet, eine relativ geringe Zahl europäischer Ost-West- Migranten: rund

12 Millionen und, wenn man die erste Massen der Kriegsflüchtlinge aus dem Balkan (1991-

1993) dazu rechnet, sind es gar 15 Millionen (vgl. Fassmann / Münz 2000: 21). Charakteri-

stisch für diesen Zeitabschnitt sind die politischen Spannungen zwischen den sog. Ost- und

West- Blöcken sowie auf beiden Seiten der Drang zur Konsolidierung der ethnischen Staaten.

Die unmittelbare Nachkriegsmigration bzw. Flucht von Ost- nach Westdeutschland (ca. 5,2

Mio.) durch Übersiedler entwickelte sich später im Rahmen der immer strenger bewachten

Grenze, vor allem nach dem Mauerbau im August 1961, nur noch spärlich. Über die

spätestens seit diesem Zeitpunkt höchst lebensgefährlichen Fluchtversuche mit oft tragischem

Ausgang berichtet eine reiche Literatur45.

Die zweitgrößte Migrationsgruppe bildeten ebenfalls Deutsche, die aus den östlichen und

südöstlichen Regionen Europas, mit besonderem Status als Angehörige deutscher

Minderheiten behaftet, zwangsweise zurück in die Heimat ausgesiedelt wurden. „Unter den

12 Mio. geschätzten Ost-West-Migranten der Jahre 1950-92 waren insgesamt 2,8 Mio.

deutschstämmige Aussiedler“ (ebd.).

Das drittwichtigste Herkunftsland der innereuropäischen politischen Migration war das

ehemalige Jugoslawien. Unter besonderem Status hat dieses multikulturelle Land allen seinen

45 Z.B. Aretz Jürgen / Stock Wolfgang (1997). ´Die vergessenen Opfern der DDR`. Lübbe Verlag. Köln; Wolle Stefan (2001). ´Die heile Welt der Diktatur`. 2. Aufl. Taschenbuchverlag. Ullstein; Müller Bodo (2002) ´Faszi-nation Freiheit. Die spektakulärsten Fluchten aus der DDR`. Heyne Wilhelm Verlag. München.

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Staatsbürgern die freie Aus- bzw. Einreise in EU-Staaten ermöglicht. Doch die politischen

Gegner der damaligen Regierung unter J.B. Titos sahen sich gezwungen, im Ausland Schutz

zu suchen. „In der Folge warben die Bundesrepublik Deutschland, Österreich, die Schweiz

und Skandinavien fast 2 Mio. Arbeitsemigranten an, denen eine Million Familienangehörige

folgten“ (Fassmann / Münz 2000: 25). Die erwähnten Zuwanderer bilden eine Mischung von

politisch Verfolgten46 und Gastarbeitern, denen die Rückkehr in die Heimat noch möglich

war. Auch die späteren kriegerischen Ereignisse der 90er Jahre haben erneut eine Welle

politisch verfolgter Zuwanderer ausgelöst, die zumeist in der ersten Dekade zurückkehrten.

Das nächste wichtige Herkunftsland für die europäischen Migrationsprozesse war Polen.

Nach kurzer Unterbindung der Aussiedlung wuchs im Jahre 1958 der Druck gegen

Angehörige der deutschen Minderheiten wieder. Eine derartige Säuberung hatte ethnische und

politische Hintergründe. „In Summe verließen 1,4 Mio. von ihnen zwischen 1950 und 1992

das Land“ (Okólski 2000: 43). Die Polen selbst emigrierten erst ab den 70er Jahren nach der

Liberalisierung der Passbestimmungen immer häufiger als „Touristen“, um später Asyl und

ständige Niederlassung im Westen zu suchen47. Dort wurden sie bis 1989 offiziell als

politisch Verfolgte anerkannt.

Zu den wichtigen Ländern im Zusammenhang mit der Ost-West-Migration zählt ebenso

die UdSSR. Eigentlich eher aus ethnischen und religiösen als aus rein politischen Gründen

flüchteten zwischen 1950-1992 ca. 1,7 Mio. Menschen. Die Hälfte waren sowjetische Juden

die vor allem nach Übersee flohen, andere haben sich vor allem in Deutschland nieder-

gelassen (siehe: Fassmann / Münz 2000: 26).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Hauptmotive der östlichen Auswanderer

dieser Zeit vor allem politischer und ethnischer Natur waren. Die berühmten ungarischen

(1956) tschechischen (1968) und polnischen (1980) revolutionären Wirren brachten viel dazu.

Andere sind ausschließlich aus den wirtschaftlichen Gründen migriert.

46 Die sog. Jugoslawen emigrierten manchmal ausschließlich aus ökonomischen Gründen. Wenn sie aber im Laufe des Aufenthaltes in den westlichen Ländern offen die politische Orientierung wechselten, oder einfach die Kontakte mit der Heimat absichtlich begrenzten, wurden sie zunächst schikaniert, dann als Verräter bezeichnet, und schließlich in manchen Fällen verurteilt und umgebracht. 47 In den 80er Jahren suchten mehrere Tausend Polen, ausgelöst durch die politischen Wirren in Polen, Asyl vor allem in Deutschland, Österreich, Italien, Griechenland und anderen Länder (vgl. Okólski 2000: 43).

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c) Innereuropäische Arbeitsmigration

Allgemeine Nachkriegsnot, Chaos auf dem Arbeitsmarkt, Mangel an jungen

Arbeitskräften betrafen fast alle europäischen Länder. In einigen Ländern ist es, nach der

totalen Zerstörung der Industrie und Bauwirtschaft, erst um 1950 gelungen, eine wie auch

immer geartete systematische Produktion wieder aufzubauen. Zu dieser Zeit, „vor der breiten

Anwerbung ausländischer Arbeiter, lag der Ausländeranteil in den 18 heutigen EG- und

EFTA-Ländern bei insgesamt 5,1 Millionen“ (Sassen 2000: 117). Die Regierungen,

Arbeitgeber und zahlreichen Wirtschaftsexperten Europas hatten schnell bemerkt, dass die

Arbeiterverschiebung von den weniger zu stärker zerstörten Staaten notwendig sei.

Verständlicherweise hatte besonders Deutschland Interesse daran. Schon Mitte der 50er Jahre

wurden entsprechende Abkommen mit Italien, Spanien, Griechenland, der Türkei, Portugal,

mit Marokko und Tunesien sowie 1968 mit Jugoslawien geschlossen (vgl. Bade 1992a: 395;

vgl. D`Amato 2001: 69). Die ersten großen Migrantenarbeitsströme besaßen die Charakteri-

stik von in ihrem Aufenthalt zeitlich begrenzten „Gastarbeitern“. Die, die länger blieben und

deren Familien nachzogen, wandelten sich zu „Dauergästen“. In der Konsequenz wuchs die

Bevölkerungszahl der europäischen Einwanderungsstaaten in den Jahren 1950-199048 viel

langsamer als die ausländische Wohnbevölkerung, die sich derzeit mehr als Vierfach

vermehrt hat (siehe: Bade 2000: 378). Der entsprechende Zuwachs war in:

1950 – 3,7 Mio. = (1,3 % der EU-Bevölkerung)

1970 – 10,7 Mio. = (3,2 %)

1990 – 16,0 Mio. = (4,5 %)

2000 – 23,2 Mio. = (5,5%)

Die höchste absolute Zahl der Ausländer erreichte damals die Bundesrepublik Deutschland49.

Auch die anderen westeuropäischen Länder nutzten die Präsenz der jungen Arbeitskräfte.

In diesem Kontext waren die im Folgenden beschriebenen Rückwanderer, auch sehr gern

angenommen und schnell eingeführt in den Arbeitsmarkt.

48 Die Präsenz der ausländischen Arbeitskräfte in Europa stieg rasch „von 1950 (ca. 4 Mio.) bis 1970/71 auf das Dreifache (ca. 11 Mio.), bis 1982 knapp auf das Vierfache (ca. 15 Mio.) und bis 1994/95 schließlich auf das Fünffache (ca. 20 Mio.). Die ausländischen Staatsangehörigen stammten Ende der 1990er Jahre zu einem Drittel aus anderen Ländern Mittel-, West- und Nordeuropas. Sie stellten zu dieser Zeit ca. 5 % der Gesamtbevölkerung dieser Region“ (Bade 2000: 302; vgl. Uihlein 1994: 4). 49 Anfang der 50er Jahre hatte Frankreich mit 1,7 Millionen den höchsten Ausländeranteil in Europa. Die damals 568.000 Ausländer in Deutschland stellten eine vergleichsweise geringe Zahl (siehe: Sassen 2000: 117). Insgesamt nahm Deutschland zwischen 1945-1990 ca. 15 Mio. Immigranten auf, wovon ¾ ausländische Gastar-beiter waren (vgl. Münz / Ulrich 2000: 23). Ihren bedeutenden Anteil an der heutigen Prosperität dieses Landes sollte man nicht vergessen.

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d) Außereuropäische Rück- bzw. Zuwanderung

Der Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft verursachte in allen Ländern einen

vermehrten Bedarf an Arbeitskräften. Die Ära des Eisernen Vorhangs lag glücklicherweise

zeitlich parallel mit dem Ende des westlichen Kolonialismus, somit war mit einer größeren

Rückwanderung aus Übersee in die Heimatländer zu rechnen. Als erste kamen „weiße“

Siedler bzw. Großgrundbesitzer, Kolonialbeamte, Militärpersonal und andere, die relativ

problemlos in vergleichbare Stellen in Europa reintegriert wurden. „Von 1954 bis 1962

kehrten mehr als eine Million französischer Siedler nach Frankreich zurück. In die

Niederlande kamen in den 50er Jahren Migranten aus Indonesien, in den 70er aus Surinam

und den Antillen; nach Portugal strömten Rückkehrer und Einwanderer aus den ehemaligen

Kolonien in Afrika“ (Sassen 2000: 115). Praktisch gleichzeitig mit den „weißen“ Siedlern

oder in unmittelbarer Nachfolge kamen ihre „farbigen“ Freunde, Angestellten und

Mitarbeiter. Diese wurden innerhalb kurzer Zeit zur aktivsten Anziehungskraft, die zu einer

organisierten Propaganda führte. Folglich kamen bis heute weitere Millionen außereuropä-

ischer Einwanderer hinzu. Der Anteil der aus Übersee stammenden Einwanderungsgruppen

stieg in Europa bis Ende der 80er Jahren besonders rasch an. Die „typischen“ Immigranten

aus außereuropäischen Ländern waren in den 50er – 60er Jahren Algerier, Inder, Pakistani

und Kariben, in den 70er Jahren Türken, Marokkaner und Tunesier (vgl. ebd. 116). Daher

hatten um 1990 die drei größten ehemaligen Kolonialstaaten mehrere Millionen (Niederlande

1,4; Großbritannien 3,0; Frankreich 1,3) ethnisch und kulturell außereuropäisch geprägte

Zuwanderer, die zum großen Teil die westliche Staatsangehörigkeit besaßen (vgl. Bade 2000:

379f). Die Präsenz der europäischen Bürger, die jedoch auf anderen Kontinenten geboren

waren, verursacht bis heute politische Diskussionen50 über Staatsangehörigkeit, kulturelle

Zugehörigkeit, Minderheitenrechte etc. Tatsache ist, dass diese sich vor allem in den größten

Städten Europas niedergelassen haben, wo sich mit der Zeit eigene soziale und ethnische

Strukturen verändern und die Betroffenen zu einem multikulturellen Zusammenleben mit

einheimischer Bevölkerung bzw. anderen Migranten veranlasst.

50 In Frankreich z.B. erklärte die Regierung schon 1966 bei der Ratifizierung des sog. ´Zivilpaktes`, dass der gesetzliche Minderheitenschutz nicht notwendig bzw. anwendbar sei, da es nach ihrer Auffassung damals keine Minderheiten gab. Obwohl dort Millionen im Ausland geborene Bürger lebten und zahlenmäßig recht große Gruppen die französische Sprache nicht adaptierten, wurde zehn Jahre später in einem Bericht an den UN-Menschenrechtsausschuss dasselbe wiederbetont: Das Gleichheitsprinzip der Verfassung verbiete die Unter-scheidung von Bürgern nach Ursprung, Rasse, oder Religion. So existiert bis heute eine Spannung auf der Prinzipienebene zwischen der Gleichheit aller Bürger und dem Eigenrecht von Minderheiten (vgl. Polakiewicz 1993: 126-159).

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2.3. Neue Phase der Zu- und Abwanderungen nach der Wende

2.3.1. Masseneinwanderungen von Mittel- und Osteuropa in EU-Staaten

Das Ende des Kalten Krieges begann 1989 mit der Öffnung des Eisernen Vorhangs. Fast

gleichzeitig vollzog sich in der Politik der Sowjetunion und der übrigen sozialistischen

Staaten ein Kurswechsel (siehe: Bracher 1992: 421-446). Kurze Zeit später folgten blutige

Kriege im Nahenosten und im damaligen Jugoslawien. Diese und andere historische

Ereignisse führten zu den größten Massenmigrationen seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Die

erste umfangreiche Gruppe der Immigranten waren Opfer der ethnisch -nationalen Konflikte

insbesondere auf dem Balkan und in den GUS-Staaten. Viele von ihnen versuchten, ihren

politischen Status als Flüchtling für die Einreise in die EU-15 zu nutzen51. Folglich nahm bis

1993 die Zuwanderung aus Ost- und Südeuropa in die EU-Staaten deutlich zu. Aus diesen

Gründen erreichte das Wanderungssaldo zu den ost- und ostmitteleuropäischen Staaten bereits

im Jahre 1993 einen positiven Wert von fast +37.000 Personen (vgl. Fassmann / Münz 2000a:

26). Festzustellen ist, dass die Jahre 1989-1993 eine kurze ´Take-off-Phase` waren, in der sich

Millionen Flüchtlinge in anderen Ländern Europas zeitlich befristet ansiedeln durften und

Arbeitsmigranten spontan in Richtung EU auswanderten. Nach 1993 sind die Auswande-

rungen aus den Nicht-EU-Staaten stark rückläufig, ihr Gesamtsaldo der Nettomigration ist am

Ende des Jahrhunderts beinahe ausgeglichen.

Nach 1990 kamen, wegen der geographisch und politisch günstigen Lage, Immigranten

aus allen mittelosteuropäischen Ländern als Konsumenten, Händler oder so genannte Pendel-

arbeitskräfte in den westlichen Teil Europas, denn „nur in den ersten 18 Monaten nach dem

Fall der Mauer verließen mehr als 1,5 Millionen Menschen die Comecon-Staaten“ (Sassen

2000: 126). Diese Zahl könnte im Vergleich zu der früheren Zuwanderung in EU-15 (ca.

100.000 pro Jahr) das ´optische Charakteristikum` einer ´Invasion` haben.

Um die Präsentation der Einwanderersituation im Westen zu Beginn der 90er Jahre zu

vervollständigen, darf man Tatsachen, die ausschließlich Deutsche betreffen, nicht außer Acht

lassen. Zum ersten war von nicht unerheblicher Bedeutung die intensive Sorge Deutschlands

51 Einige nicht EU-15 Staaten (etwa wie Polen, Ungarn oder Rumänien) haben angesichts der kritischen Lage der Völker der Ex-UdSSR und Ex-Jugoslawiens die Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen, deutlich ausgedrückt. Nur wenige Personen haben dies genutzt, und wenn, dann mit der baldigen Perspektive, in Kürze weiter nach Westen zu ziehen.

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um seine Bürger, die damals noch in den Warschauer-Pakt-Staaten wohnten. Allein 1989/90

nahm Deutschland fast 1,5 Mio. Aussiedler bzw. Spätaussiedler 52 auf, also doppelt soviel wie

im Zeitraum von 1980-1988 zusammen (siehe: Sassen 2000: 127). Etwas später wurde „die

anschwellende Forderung nach Reisefreiheit zu einem der wichtigsten Motive der

Massenflucht insbesondere jüngerer DDR-Bürger.

Zweites wichtiges Ereignis war die Zuwanderung nach Westdeutschland aufgrund der

historischen Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten. Alle früheren DDR Bürger

erwarben ab 01.10.1990 automatisch alle Bürgerrechte wie ihre westdeutschen Mitbürger.

Diese Tatsache allein befriedigte jedoch nicht alle, so dass viele ostdeutsche Bürger nicht in

ihrer Heimat bleiben wollten: Millionen von ihnen sind in den ersten Jahren der

Wiedervereinigung nach Westdeutschland umgesiedelt, ein Teil auch in andere europäische

Staaten. Dabei ist folgendes von demographischer Relevanz: „Heute taucht die Migration von

Ost- nach Westdeutschland nicht mehr in den Einwanderungsstatistiken auf; man geht von 2,5

bis 3,5 Millionen aus“ (Sassen 2000: 127) und das Tempo der Abwanderung aus den neuen

Bundesländern verlangsamt sich sukzessiv.

Seit 1993 kam es zu einer Reaktion der EU-Staaten auf eine so hohe Einwanderung.

Angst53 vor unkontrollierter Massenzuwanderung, vor allem aus dem unruhigen Balkan,

provozierte eine starke Limitierung der Arbeitsimigranten sowie neue Asylgesetzentschei-

dungen. Die Ergebnisse der zunehmend restriktiveren Politik spürte man sofort. In den 15

EU-Staaten schrumpfte die Zahl von mehr als 670.000 Asylanten im Jahr 1992 nach vier

Jahren auf ca. 228.000. Doch wuchs sie in den folgenden vier Jahren (bis 2000) wieder auf

fast 400.000 an (siehe: Abb. 12). Einen allgemeinen Vergleich der damaligen ursprünglichen

Nationalitäten der Immigranten auf der gesamten europäischen Ebene zeigt die Ostimmigra-

tion als wenig bedeutend54. „Von 15,6 Mio. Ausländern, die Ende der 90er Jahre in den

52 Nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes gilt als ´Spätaussiedler` deutscher Volkszugehörigkeit, wer die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31.12.1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und seinen Wohnsitz in Deutschland angenommen hat, wenn er a) seit dem 08.05.1945 oder b) nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31.03.1952 seinen Wohnsitz in den Aussiedlungs-gebieten hatte. Spätaussiedler ist auch, wer c) vor dem 01.01.1993 geboren ist, seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten hatte und von einer Person abstammt, die Voraussetzungen a) und b) erfüllt.

53 Den zunehmenden Zuwanderungsdruck auf Westeuropa am Ende der 80er Jahre und die wachsenden xenophobischen Reaktionen der Gesellschaft – charakterisiert der erfahrene Forscher K. J. Bade 2000: 385 so: „Den apokalyptischen Automatismus der gefürchteten ´Überflutung` Europas durch neue Völkerwanderungen gab es indes mehr in den Visionen der Europäer als im tatsächlichen Wanderungsgeschehen im Osten und Süden: Gewaltige Wanderungsbewegungen fanden zwar statt, aber nicht nach Europa, sondern im Osten und besonders im Süden der Welt...“. 54 Man muss bemerken, dass zwischen 1993-1998 in den EU-Staaten mehr als 2. Mio. Bürger des früheren Jugoslawiens wohnten. Als politische Flüchtlinge erwarteten sie eine baldige Rückwanderung. Ohne diese hohe Zahl wären alle anderen Flüchtlinge zusammen genommen nur etwas mehr als 1,1 Mio., was ungefähr allen Portugiesen in Frankreich, Deutschland und der Schweiz entsprechen würde (vgl. Fassmann / Münz 2000a: 28f).

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westeuropäischen Staaten lebten, hatten rund 1 Mio. eine bulgarische, polnische, rumänische,

slowakische, tschechische, ungarische oder russische Staatsbürgerschaft. Ihr Anteil an der

gesamten ausländischen Wohnbevölkerung betrug somit 6,8%“ (Fassmann/Münz 2000a: 29).

Davon lässt sich leicht ableiten, dass am Ende des vorigen Jahrhunderts 93,2 % der

ausländischen Wohnbevölkerung in den 15 EU-Staaten nicht aus Osteuropa stammten,

sondern aus der Türkei und Ex-Jugoslawien sowie aus dem südlichen Mittelmeerraum und

aus anderen Kontinenten (vgl. Fassmann/Münz 1996a: 31). Die Herkunft dieser Immigranten,

ihre beliebtesten Zielländer im Westen und andere Charakteristiken werden später dargestellt

(siehe: II.1.1.). Im Folgenden wird zunächst der Anteil der Zuwanderer aus anderen, separat

aufgeführten Regionen Europas kurz betrachtet.

2.3.2. Geringer Anteil der Immigranten in Skandinavien

Die Einwanderung in den skandinavischen Ländern war vom Anfang des 20.

Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg praktisch unbedeutend. Die ersten Einwanderungs-

wellen bestanden hauptsächlich aus Flüchtlingen, die aus den jeweiligen Nachbarländern

kamen. Erst in der Nachkriegszeit kamen auch Volksgruppen aus ferneren Ländern. Nach

dem Abkommen von 1954 über einen gemeinsamen nordischen Arbeitsmarkt und

Freizügigkeit gab es stärkere Zuwanderungswellen (besonders 1965 und 1970). Dann wurde

besonders Schweden, wegen seiner exponierten geopolitischen Lage55, während der nächsten

zwei Dekaden mit anhaltend leicht zunehmender Zuwanderung konfrontiert. Die Unruhen der

80er Jahren in Polen und in den 90er auf dem Balkan machten Schweden zu einem wichtigen

Zielland von Immigranten (vgl. Abb. 13a). Um 1994 kamen dort 8,5% aller Ausländer aus

Ex-Jugoslawien. Es gab zwei Motive für die bedeutende, politisch motivierte Auswanderung

aus dem Balkanraum (ca. 90.000) in ein relativ weit entferntes Land. Erstens: die dortige

Präsenz kleiner Gruppen bereits früher ausgewanderter Menschen aus allen Republiken Ex-

Jugoslawiens. Zweitens: eine außergewöhnliche und großzügige Behandlung von Asylbewer-

bern, wozu die vorangegangenen vorbildlichen Gesetzesreformen erheblich beigetragen

55 In der Zeit des Kalten Krieges war Schweden wenige hundert Kilometer von den damals kommunistischen Staaten wie DDR, Polen und Sowjetunion durch die Ostsee getrennt. Die gemeinsame Grenze zu Finnland wurde unter dem Verdacht akzeptiert, dass die moskaufreundliche Nachbarpolitik ungünstig für alle westskandinavischen Länder sein kann. „Finnland war – aus schwedischer Perspektive – eine unsichere Pufferzone zum traditionell expansiv wahrgenommenen Russland bzw. zur Sowjetunion. Der Eiserne Vorhang war in Schweden präsent, und die vermeintliche oder reale Bedrohung aus dem Osten war ein wesentlicher Motor der schwedischen Sicherheits- und Außenpolitik“ (Öberg 2000: 109f).

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hatten56. Solche Anstrengungen der nördlichen Länder brachten aber nur geringe Ergebnisse.

„Die Immigration aus Ostmittel- und Osteuropa stieg in den 90er Jahren nicht stark an. Mit

rund 5.000 Einwanderern pro Jahr blieb diese Migration quantitativ weit hinter den Erwartun-

gen zurück“ (Öberg 2000: 114; 117f.). Die Konsequenz der politischen und ökonomischen

Stabilisierung der Nachbarländer zwang Schweden, andere Orientierungsmaßnahmen zu

akzeptieren. Zuerst wurde eine immer stärkere Arbeitspendelwanderung, besonders mit den

Baltischen Staaten, toleriert, wobei die ständige Arbeitsmigration von ´Außer- EU-Staaten`

weiterhin nicht üblich war. Eine andere Charakteristik ist die Beibehaltung der gleichen Zahl

der Einwanderer aus Asien und dem Nahen 0sten (besonders aus dem Iran und dem Irak).

Vergleicht man die Zahlen der Aufenthaltsgenehmigungen für Flüchtlinge der letzten

Dekaden, dann lässt sich feststellen, dass 40% der Angesiedelten aus Asien, 39 % aus Europa,

8% aus Afrika und 8% aus Lateinamerika stammen (vgl. BAaF 2000: 23-26). Obwohl in den

letzten Jahren keine große Zuwanderung erfolgte, gab und gibt es mehrere gute

Integrationskonzepte, Eingliederungsprogramme und Sozialorganismen57, die imstande sind,

auch weiteren potenziellen Einwanderern entsprechenden Schutz und Bleibe-rechte zu

gewährleisten.

Im Vergleich zu Schweden präsentieren alle anderen nordischen Staaten deutlich

homogenere Bevölkerungen (vgl. Baratta 2001: 177; 293; 593). In keinem von ihnen hat die

Zahl der Immigranten, bis Ende des Jahrhunderts, 6% überschritten (siehe: DSW 2001:1). In

den 80er Jahren kamen die Einwanderer vor allem aus den Industrieländern, heute aber auch

aus den weiter entfernten Entwicklungsländern. Ähnlich wie in Schweden, begann seit 1991

in Dänemark ein leichter Anstieg der Nettoimmigration (siehe: Abb. 13b). Obwohl die

Zuwanderungsquoten im Allgemeinen niedrig sind, werden für alle Immigranten besondere

Maßnahmen durchgeführt. Klare rechtliche Schutzmaßnahmen, spezielle Integrationspro-

56 Schon „seit Mitte der 60er Jahre ist eine große Anzahl von Reformen durchgeführt worden, um die Bedingungen der Einwanderer in Schweden zu verbessern: 1965 führte man einen umfassenden und kostenlosen Schwedischunterricht für Einwanderer ein. 1966 wurde von der Regierung eine Arbeitsgruppe für Fragen der sozialen Anpassung von Einwanderern eingerichtet. 1967 nahm eine staatlich subventionierte Zeitung für Einwanderer ihr Erscheinen auf. 1968 wurde vom Reichstag eine Gesetzesvorlage angenommen, die besonderen Schwedischunterricht und andere Fächer für Einwandererkinder im Schulalter vorschreibt. 1969 wurde das Staatliche Einwandereramt gegründet, um sich mit Einwanderung und Einbürgerung zu befassen. 1975 wurde vom Reichstag ein Gesetz mit neuen Richtlinien zur Einwanderungs- und Minderheitenpolitik verabschiedet. (...) Seit 1986 gibt es einen Ombudsmann gegen ethnische Diskriminierung, (...) 1990 wurde ein Gesetz mit Maßnamen gegen Diskriminierung verabschiedet und am 1. Juli 1994 traten neue Regeln gegen die Diskriminierung am Arbeitsplatz in Kraft“ (O.A. 2001: 1). 57 Besonders bekannt sind die Vereine, die gegen ethnische Diskriminierung am Arbeitsplatz wirken. z.B.: Ombudsmannen mot etnisk diskriminireng „DO“: (vgl. http://www.do.se). Oder z.B. klare ab 1. März 1999 finnische Gesetzte und Programme der. sog. ´Integrationsbeihilfe` (siehe: Santamäki-Vuori 2000: 7).

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gramme58 und Zugang zum Arbeitsmarkt wie für die übrige Bevölkerung charakterisieren fast

alle diese nordischen Länder (vgl. Madsen 2000: 7-9; vgl. Santamäki-Vuori 2000: 6f).

Vorrangig ist hier eine möglichst schnelle Integration und Einbürgerung der Ausländer.

Daher unternehmen die skandinavischen Staaten (besonders Schweden und Norwegen

zusammen mit den Niederlanden) Anstrengungen, um 4,5 bis 6% der gesamten ausländischen

Population, und zwar jedes Jahr, völlig zu nationalisieren (vgl. WMR 2000: 206f). Diesem

Zweck soll ab 25. März 2001 zusätzlich die totale Abschaffung der Grenzkontrolle zwischen

allen skandinavischen Ländern und zehn weiteren EU-Ländern dienen.

2.3.3. Großer Anteil der Einwanderer nach Südeuropa

Die vier südeuropäischen Länder, die der EU-15 angehören (Portugal, Spanien, Italien

und Griechenland) haben im Laufe der 80er Jahre eine bedeutende Transformation erfahren.

Als Vollmitglieder der EU hatten sie zunehmend weniger eigene Emigranten, und mit

steigendem Wohlstand konnten sie mit Rückwanderungen (vgl. Damanakis 1999: 30-49) und

Zuwanderungen rechnen. Zu Beginn der 90er Jahre sind sie praktisch von ehemaligen

Auswanderungsländern zu Aufnahmeländern geworden. Der wachsende Migrationsdruck im

Mittelmeersraum; von der arabischen Welt Afrikas als auch von der asiatischen Welt (Türkei

und ihre Nachbarn), konfrontiert die südlichen EU-Staaten mit neuen, bislang kaum

bekannten Zuwanderungssituationen. Um ihre Außengrenze zu schützen, besonders die für

illegale Einwanderung anfälligen Küsten (siehe: Bolaffi 1994: 272), um sich gleichzeitig vor

der Einreise von Asylbewerbern, illegalen Arbeitern oder gar Terroristen zu wehren,

schlossen sie (bis 1992) entsprechende Übereinkommen in Schengen und Dublin. Seitdem, in

geographischem und politischem Sinne betrachtet, „sehen sich die Länder des Südens mit

einem Widerspruch konfrontiert: Europa ist so nah, aber gleichzeitig abgeschlossen“

(Wenden1994: 64; vgl. Leuthard 1999: 78). Aus geographischer Sicht liegt der afrikanische

58 In einigen Ländern, in denen sich nach dem Balkankonflikt eine höhere Zahl politischer Flüchtlinge befindet, wurden interessante, obgleich recht drastische Integrationsprogramme eingeführt. In Dänemark z.B. müssen ab 1. Januar 1999 die Flüchtlinge folgende Bedingungen erfüllen: a) Alle Flüchtlinge und Immigranten müssen an einem dreijährigen Vollzeit- Einführungsprogramm teilnehmen; b) Im Rahmen der neuen Politik müssen Flüchtlinge durch ein Quotensystem gleichmäßig über ganz Dänemark verteilt werden; c) Eine monatliche Sonderbeihilfe von 7.000 DKK kann verringert werden, falls der Flüchtling nicht aktiv am Integrations-programm teilnimmt; d) Unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung erhalten in Dänemark nur Personen, die nach drei Jahren keine Vorstrafen vorweisen und ihre Sprachkenntnisse beweisen (vgl. Madsen 2000: 9f).

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Kontinent bei Gibraltar59 lediglich 14,1 Kilometer von Europa entfernt (siehe: Abb. 14a).

Folglich bilden Marokkaner, Tunesier und Algerier die größten Nationalgruppierungen der

Immigranten in Südeuropa. In Frankreich beispielsweise waren es um 1998 ca. 500.000; in

Italien 235.000; in Spanien 150.000 (vgl. WMR 2000: 198). Der bereits erwähnte World

Migration Report 2000 weist darauf hin, dass die meisten Afrikaner aus den Saharagebieten

zuwandern. Die Asiaten kommen zwar in kleinerer Zahl, aber aus immer größer Verschieden-

heit der Staaten. Es ist zu erwarten, dass mehreren von diesen Immigranten vermutlich in

Südeuropa bleiben werden. Manche werden später versuchen in die westeuropäischen Staaten

zu emigrieren. Obwohl die Bestimmungen des Grenzverkehrs in den Südstaaten Europas

zunehmend von Restriktion bestimmt werden, wächst die Zahl der illegalen60 Immigranten

rasch. Dabei entwickelten sich internationale Netze von Migrantenschmugglern, sog.

´Schleußerkanäle`, die sich in diesem illegalen Geschäft ´spezialisieren`. Ihre lukrative

´Arbeit` (siehe: Abb. 15), die im europäischen Raum bis 10 Milliarden Mark jährlich

erwirtschaftet (vgl. BND 2001: 22; vgl. Salt / Schmid 1998: 6-9), lässt die Sicherheit der

Migranten in der Regel außer acht. Besonders tragische Schicksale betreffen die

„eingeschmuggelten“ Menschen, die oft in den grausamen Unfällen ums Leben kommen61.

Allein in Spanien wurden im Jahr 2000 an der Cadiz-Küste 780 Transporte mit fast 15.000

Illegalen an Bord entdeckt. Hinzu kommen 1.037 Schiffbrüchige, 55 Tote und 47 Vermisste

(siehe: Tarsicio 2001: 6). An den Küsten Frankreichs, Italiens (bes. Siziliens) und Griechen-

lands sind solche Migrantendramen auch nicht selten. Es ist eine von nicht nur gefährlichsten,

sondern auch demütigsten Formen der Einwanderung, die in der Regel in der

Abschiebungshaft ihr Final finden (siehe: Heinhold 2004: 15-84). Die, denen es gelungen ist,

59 Welche praktischen Konsequenzen das Schengener Abkommen verursacht, wird besonders für die aus- und einreisenden Afrikaner in Gibraltar (ca. 2 Mio. pro Jahr) plastisch dargestellt beim Leuthard (1999: 22-24). 60 Die Verstärkung der restriktiven Gesetze mit xenophoben Abwehrhaltungen im Vordergrund und die politische Isolierung im Namen der sog. ´Festung Europa` konnten die Migrationsmassen jedoch nicht bremsen. Darum werden ihre Zuwanderungsart und ihr Status immer häufiger als ´illegal` bezeichnet. Spanien z.B. hat sich spätestens 1991 mit der Verhängung des Visumszwangs gegenüber Marokko dem auf Abschottung der Außengrenzen gerichteten Druck der EU gebeugt. Die Initiatoren einer solchen Schengen-Abschiebungspolitik (z.B. Deutschland) haben erst im April 1998 ein Rückübernahmeabkommen mit dem erwähnten Marokko vereinbart (vgl. Vitt / Heckmann 2000: 229-300). 61 Großbritannien hat das Schengen-Übereinkommen nicht unterschrieben und daher versuchen die Immigranten, die sich schon in der EU befinden, die strenge britische Grenzkontrolle zu vermeiden. Bei einem Versuch des Schleusens von Belgien nach England erstickten in einem eisernen Container 58 Chinesen (vgl. BBC News 2000). Ein weiteres Beispiel: über 900 gestrandete irakische Kurden an der französischen Mittelmeerküste, die unter katastrophalen Bedingungen ihr Leben retten und endlich einen Asylantrag stellen konnten (vgl. MSN Nachrichten 2001). In Südosteuropa sind die Masseneinwanderungen auch kein neues Phänomen. In Griechen-land gab es nur in den letzten Jahren neben legalen Arbeitsimmigranten, deren Zahl sich auf 25.000-30.000 beläuft, einen Zustrom von 400.000-500.000 illegalen Einwanderern (vgl. Kottis 2000: 1-9). Trotz ständiger Abschiebungen (1991-1997 ca. 1,2 Mio.) kommen sie auf anderen Wegen wieder zurück, vor allem aus Albanien oder dem östlichen Kleinasien.

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das Festland zu erreichen, stellen üblicherweise unverzüglich einen Asylantrag62. Die

ständigen Veränderungen der Asyl-, Ausländer- und Flüchtlingsgesetze führen oft zu

Enttäuschung und bei Nichteinhaltung des Gesetzes zu einer strafrechtlich verfolgbaren Lage

der betroffenen Personen (vgl. Marqués 1995: 62-70; vgl. Petrinioti 1994: 290f). Um diese

„illegale“ Präsenz bzw. einen Aufenthalt ohne Aufenthaltsberechtigung der Immigranten zu

legalisieren, ist in den 90er Jahren in allen südlichen Ländern (ebenso in Frankreich) ein

besonderes Regulierungsprogramm gestartet worden. Auf dieser Weise konnte man allen

nichtregistrierten Immigranten helfen, gewisse Kriterien zu erfüllen63, und ihnen Asyl-,

Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen zu beschaffen. Im Juni 1998 wurde in Budapest ein

Treffen organisiert über die illegalen Einwanderungswege durch Süd- und Osteuropa. Die

Beschlüsse wurden im September 1998 beim Treffen der EU-Schengenstaaten gegen

„unerwünschte Immigranten“ deutlich konkretisiert (Computerevidenz, Fingerabdrücke, etc.).

Auf der anderen Seite zeigen die heutigen Analysen (siehe: WMR 2000: 212f), dass der

wachsende Migrationsdruck aus dem Süden effizient nur mit ökonomischer Unterstützung der

dortigen Regionen zu überwinden ist. Diese und ähnlich umstrittene Themen wurden nach

dem Attentat von 11.09.2001 in den USA noch heftiger diskutiert. Daher sind auch in Europa

neue Entscheidungen, die Zuwanderer betreffen, zu erwarten.

62 Die Möglichkeit von Flüchtlingen, in Europa Asyl zu erhalten, ist in den 90er Jahren effektiv erschwert worden. „Die Anerkennungsquoten in Europa insgesamt betrugen im Zeitraum 1991 bis 1995 lediglich elf Prozent, wie das UNCHR vermerkt, und für viele Flüchtlinge war es kaum noch möglich, überhaupt einen Asylantrag zu stellen“ (Treibel 1999: 74). Wenn man an jeder Grenze der EU-15 zurückgewiesen wurde, besteht praktisch nur noch die Möglichkeit, direkt per Flugzeug auf das Territorium Westeuropas zu reisen und noch am Flugplatz den Asylantrag zu übergeben. Die Wirkung solcher Praktiken belegen die Zahlen der Asylanträge (siehe: Abb. 12). 63 Das letzte Regulierungsprogramm betreffend Immigranten in Spanien vom 18. Februar 2000 betraf nur diejenigen, die sich noch vor dem 1. Februar 1997 ständig in Spanien befanden und zusätzlich einige von folgenden Bedingungen erfüllen: a) die, die Aufenthalts- bzw. Arbeitserlaubnis zwischen 01.02.97-01.02.2000 hatten; b) die, die o. g. Erlaubnisse bis zum 31.03.2000 beantragten; c) die, die bereits zuvor ihre Familie im Land hatten; d) die, deren Familie legalen Aufenthalt im Land hat; e) die, die vor dem 01.02.2000 den Asylantrag gestellt hatten (vgl. Tarsicio 2001: 6). Die Hälfte von den z.B. ecuadorianischen Arbeitsimmigranten in Spanien (ca. 25.000) wussten diese neuen Regelungen auszunützen. Sie legalisierten beim Rückkehr nach Ecuador ihre Dokumente und kamen als legale Arbeitsimmigranten zurück (siehe: Ya.com.magazine, 2001: 1).

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2.4. Migrationsbewegungen nach der Wende in Osteuropa

2.4.1. Mitteleuropa als neue Aufnahmeregion

Anfang der 90er Jahre stieß die Einengung der westlichen Grenzen mit all ihren

Konsequenzen auf den reziproken Prozess im Osten. Die neuen Gesetze aller GUS-Staaten

ermöglichten ihren Bürgern uneingeschränkte Aus- und Einreisen. Im Westen waren die

Grenzen der EU-15 nicht total abgeriegelt, im Osten gab es stetig wachsende

Menschenwanderungen, die auch als verständliche, oft spontane Nutzung der lang erwarteten

Freizügigkeit betrachten werden können. Zwischen den West- und Oststaaten Europas

befinden sich die mitteleuropäischen Staaten (siehe: I.1.4.3.) wie etwa Polen, Tschechien,

Slowakei oder Ungarn in einer völlig neuen Situation. Mittlerweile ist auch dort die Präsenz

von Angehörigen anderer Nationalitäten nicht selten und durch die geographische Lage

wurden sie zum günstigen Transitterritorium. „In den mitteleuropäischen Ländern, die früher

überwiegend Auswandererländer waren, gibt es heute neben den Auswanderern auch

Einwanderer, Asylbewerber, illegale Arbeitskräfte und angebliche ´Touristen`, die als

Straßenhändler und Hausierer arbeiten“ (Sassen 2000: 129). Folgerichtig entwickelten

verhältnismäßig große Teile der Ostimmigranten schnell eine starke Pendel-Arbeitsmigration,

was den Westen (Ex-DDR – Westdeutschland), den Osten (Polen – Ukraine) und sogar den

Norden (Skandinavien – Baltische Staaten) Europas betrifft. Dabei ist symptomatisch, dass

nur ein geringer Teil dieser Immigranten sich in Mitteleuropa für immer etablieren wollte.

Tausende nutzten lieber die geopolitische Lage Mitteleuropas als eventuelle ´Zwischen-

station` auf dem weiteren Weg. Aus Angst vor einer ungehinderten und letztlich unkontrol-

lierbaren Zuwanderung von Millionen Immigranten aus weit östlich gelegten Staaten und

Kontinenten unternahmen die westlichen EU- Staaten politische Schritte, um ihre eigenen

Interessen zu schützen. Nach zwei wichtigen Abkommen in Schengen und Dublin gab es

Anfang der 90er Jahre mehrere sog. ´Rücknahme-Übereinkommen` und Vereinbarungen

(siehe: Abb. 4), was die reale Existenz der Immigranten in einen neuen Kontext versetzt.

„Durch die Anerkennung Polens, Tschechiens, der Slowakei und Ungarns als sichere

Drittstaaten können illegal einreisende Personen bereits an der Grenze zu Österreich und

Deutschland zurückgewiesen oder nach einem Aufgriff innerhalb dieser Länder zurück-

geschoben werden“ (Fassmann / Münz 2000a: 32).

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Die mitteleuropäischen bzw. ´sicheren Staaten` bilden jetzt an den Rändern Westeuropas

eine Art von Schutzmauer64 oder ´Cordon sanitaire I.` vor allem gegen Immigranten von

vermutlich ´unsicheren Staaten` (siehe: Abb. 3). Solch umstrittene Differenzierung verursacht

oft scharfe Kritik, Tatsache aber ist, dass die mitteleuropäischen Länder, als Voraussetzung

für die EU-Beitrittsverhandlungen, schwere Verpflichtungen übernehmen mussten. Im Fall

der kontinentalen Immigranten müssen sie einerseits die Hauptrouten der irregulären

Zuwanderung aus der Dritten Welt (besonders aus Süd- und Westasien sowie aus Afrika)

unterbrechen65, und andererseits müssen sie diejenigen, denen die Flucht in den Westen

gelungen ist, zurücknehmen. Der dritte Faktor, der dort immer gravierender wirkt, ist die

jetzige, direkte Zuwanderung in die mitteleuropäischen Staaten. In der Hoffnung, dass sich

einige mitteleuropäische Staaten bald vollständig in die EU-15 integrieren, überlegen manche

Zuwanderer bereits sich heute dort anzusiedeln (vgl. WMR 2000: 168). Neben zahlreichen

Saisonarbeitern, Pendlern, Einkaufstouristen etc. fürchten mitteleuropäische Länder auch die

mögliche Rückkehr von Millionen Osteuropäern, die oft gegen ihren Willen nach dem

Zweiten Weltkrieg in die Sowjetunion ´repatriiert` oder ´neuangesiedelt` wurden (vgl. Sassen

2000: 130). In Polen z.B. gelten dafür ab 01.01.2001 die neuen Gesetze über die Repatri-

ierung polnischer Bürgern aus Kasachstan. In der Slowakei und Ungarn werden ähnliche

Regelungen erwartet. Einige fürchten, dies könne europaweit einen weiteren Exodus von 1 bis

4 Mio. Menschen auslösen, der bis jetzt allerdings nicht eingetreten ist. Zählt man zu solchen

potentiellen Umsiedlern und Arbeitssuchenden auch Tausende von Prostituierten und

Hunderttausende von „Illegalen“ dazu, dann dürfte es nicht besonders verwundern, dass

einige ehemalige Auswanderungsländer Mitteleuropas inzwischen ebenso zu Einwanderungs-

ländern wurden. Die Republik Tschechien, Polen, Slowakei oder Ungarn zeigten schon am

Ende des vorigen Jahrhunderts ein positiver Migrationssaldo (vgl. Fassmann / Münz 2000a:

33). Derartige Fakten schaffen eine Reihe neuer Herausforderungen für das gesamte Europa.

64 „Die häufig befürchteten ´neuen Völkerwanderungen` aus dem Süden in den Norden und aus dem Osten in den Westen werden durch wirksame Zuwanderungskontrollen und Grenzsicherungen verhindert“ (Hauchler 1997: 101). Über diesen ´Cordon sanitaire`, der die EU-15 eine ´Festung` werden lässt und über seine Funktionen (siehe: Burren 1999: 4; vgl. Branscheidt 1995: 15f; vgl. Brochmann 1994: 47-61). 65 Die undichten Grenzen bieten den Flüchtlingen Durchschlupf. Hinter dem Bug in Weißrussland und der Grenze zur Ukraine warten nach Schätzungen von Experten mehrere Hunderttausende Migranten auf die Chance für einen Transit in den Westen: Afghanen, Iraker, Moldawier, Srilanker. Nur im Jahr 2000 wurden die 36 illegale Einwanderer an der Ostgrenze zurückgewiesen (siehe: Schreiber 2001: 40). Die Migranten aus Asien benutzen vor allem die Balkanregion, um sich später für eine der bedeutenden Schmuggelstrecken zu entscheiden. Nach Schätzungen gehen fast 80% aller irregulären Einwanderer zuerst in Richtung Süd-Osten später in Richtung Westen, hiervon nur 2% via Maghrebstaaten und Gibraltar, immerhin 8% Prozent via Nordsee (vgl. Salt / Schmid 1998: 8).

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2.4.2. Neue Migrationsströme an den Rändern Osteuropas

Der unerwartet schnelle Zerfall der UdSSR, das Entstehen von 15 neuen Staaten auf

diesem Gebiet und die damit verbundene Freizügigkeit für Millionen Menschen hat zu einer

riesigen Migrationsbewegung geführt. Dabei stieg der Wunsch nach Ansiedlung in einem

eigenen, unabhängigen Land. Dies betrifft vor allem den Status der 25 Millionen Russen, die

in anderen Nachfolgestaaten leben66 und in der Regel umziehen wollen. Deswegen wurde

Russland seit rund 10 Jahren zum größten Einwanderungsland Osteuropas. Die drei

Baltischen Republiken und die GUS-Staaten, geprägt in den ersten Reformjahren durch einen

starken Migrationsdynamismus, befinden sich bis heute in einem Prozess der kulturellen und

nationalen Konsolidierung. Einige von diesen Staaten gelten seit kurzem als Beitritts-

kandidaten der EU, andere als assoziierte Mitglieder und wieder andere streben nach enger

europäischer Mitarbeit. Alle ihre Anstrengungen haben nicht nur politischen und

ökonomischen Charakter. Auch die Quantität und Qualität ihrer internen und externen

Wanderungen wird die zukünftige Bevölkerungsgestalt Europas bestimmen. Gelegen an den

weitesten östlichen ´Rändern Europas`67, pflegen sie lebendige Kontakte mit allen anderen

Ländern und was noch wichtiger ist: sie haben lange Nationalgrenzen68 untereinander und mit

den Ländern Nord- und Mitteleuropas. Da durch diese Grenzen relativ große Zahlen von

Menschen migrieren (vgl. I.2.3.1.), kann deren Freizügigkeit nicht ohne wichtige Gründe

limitiert werden. Freilich lassen sich die negativen Folgen69 der offenen Grenzen, ineffektive

Gesetze und vor Ort traditionell herrschende Korruption überall spüren (vgl. IOM 1998). Die

66 Nur in den ersten Jahren der Reformen sind auf gesetzlicher Grundlage 8 Mio. Russen aus dem ´Nahen Ausland` nach Russland zurückgezogen. Dazu sind 670.000 legale Arbeiter aus den GUS-Ländern zuzählen und fast 1,4 Mio. Aussiedler aus dem so genannten ´Fernen Ausland`. Zusammen sind das mehr als 10 Mio. Immigranten in Russland (vgl. Dedul 2001: 1). 67 So lautet der Titel des ausgezeichneten Buches von Beat Leuthard 1999: „An den Rändern Europas. Berichte von den Grenzen“. Betrachtet man jedoch die rein geographische Position der dort erwähnten Staaten wie etwa Polen, Tschechei, Slowenien oder Kroatien bemerkt man, dass sie im Grunde mehr westlich als z.B. Finnland oder Griechenland liegen (vgl. Abb. 3; Abb. 6). 68 Eine kurze Charakteristik der Baltischen Staaten im Buch „An den Rändern Europas“ lautet: „Litauen liegt, als größte der drei Baltischen Republiken, ganz im Osten Europas. Es wird nach dem vollen Beitritt um 2005 den östlichen Vorposten der Europäischen Union bilden. Seine 624 Kilometer lange Außengrenze (siehe: Abb. 14b) zum diktatorisch regierten Weißrussland/Belarus, das seinerseits an Russland und die Ukraine grenzt, deutet auf die künftige Rolle Litauens als Pufferstaat im Dienst des Westens“ (Leuthard 1999: 238). 69 Obwohl Anfang der 90er Jahre die ersten Grenzabkommen beschlossen wurden, war der illegale Verkehr recht groß. Schmuggel, offene Sexualgeschäfte und sogar Drogen mussten z.B. in Litauen aufhören. Mit massiver Unterstützung der EU und ihres Ostprogramms „Phare“ hat sich die Situation stabilisiert. Immer schwerer können Illegale diese aus russischer Sicht „westliche“, Grenze überqueren. Andererseits bleibt gewährleistet, dass dieses kleine Land mit ca. 4 Mio. Einheimischen und sehr vielen Touristen offen ist.

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´wankenden Demokratien` bieten in den neuen GUS-Staaten wie etwa Weißrussland70 eine

Reihe von Chancen und Möglichkeiten auch für unehrliche Immigranten an. Die östlichen

Staaten Europas scheinen also einen ´Cordon sanitaire II` diesmal für Mitteleuropa zu

darzustellen (vgl. Abb. 3), was natürlich die Absichte einer illegalen Überquerung nicht

verringert. Ja, der Mangel an technischer Ausrüstung und an wirksamen Migrationsgesetzen71

macht daraus einen interkontinentalen ´Wartesaal` zur anschließenden Weiterreise nach

Westen. Bei den anderen, stärker konsolidierten Ländern Osteuropas, wie etwa der Ukraine72,

darf man mit einem hohen Grad an Mitverantwortungsbereitschaft rechnen, wenn es um eine

gemeinsame Migrationspolitik geht. Doch, trotz der bisherigen hohen Subventionen von EU

und Einführung neuen Visa- und Handelsvorschriften kommt zu großen Asymmetrien mit den

Nachbarnstaaten. Letztlich lassen sich vier Gruppen von Immigranten in dieser Region

feststellen (vgl. Shamshur / Malinovska 1994: 151-153):

- Ukrainischstämmige Rücksiedler (6,8 Mio. Ukrainer lebten außerhalb ihrer Heimat)

- Volksgruppen, die unter Stalin aus der Ukraine deportiert wurden (rund 0,5 Mio.)

- Flüchtlinge aus den von politischen Unruhen gekennzeichneten Regionen Armenien,

Aserbeidschan, dem Kaukasus und Moldawien

- „Reguläre“ Einwanderer vor allem aus den GUS-Staaten, besonders aus Russland.

70 Vom Anfang seiner Selbstständigkeit an hat sich Weißrussland an den mächtigen Nachbarn Russland angelehnt. Unter der diktatorischen Präsidentschaft Lukaschenkos ließ dieses Land seine östlichen Grenzen für alle GUS-Bürger offen. In den 90er Jahren gab es auch, neben großen Auswanderungen und internen Migrationen, starke Einwanderungsströme. Neue Immigranten wollen vor allem diesen „offenen Raum“ als Transitland auszunutzen. „Auf der Suche nach Sicherheit für sich selbst und für ihre Kinder kommen Menschen aus Afghanistan, Tadschikistan, Indien, Abchasien, Georgien und Tschetschenien hierher“ (Khavanskaya 2001:1). Nur einige von ihnen bitten dort um Asyl, obwohl ein Asylrecht bereits im Februar 1995 durch das Parlament verabschiedet wurde. 71 Die Ukraine verfügt über vergleichsweise gute Migrationsgrundgesetze. Dies sind vor allem: „Die Dekla-ration der Rechte der Volksgruppen in der Ukraine“, Gesetze über „Die Sprachen“ sowie über „Die nationalen Minderheiten in der Ukraine“ sowie das Gesetz über „Die Staatsbürgerschaft in der Ukraine“. In der neuen Situation der Abschiebungen entstand ein neues Dekret „Über die Regeln für die Einreise von Ausländern in die Ukraine, ihre Ausreise aus der Ukraine und ihre Transitfahrt durch die Ukraine“ (siehe: Shamshur/ Malinovska 1994: 154f). Trotz dieser Grundgesetze scheint der Schutz für asylsuchende Personen in der Ukraine vom Ideal noch weit entfernt zu sein. Trotz der Registrierungspflicht, besonders für die asiatischen und afrikanischen Zuwanderer bzw. Transitmigranten, werden viele von ihnen von einer Art ´Domino-Effekt` (Kettenabschiebung) getroffen und außerhalb der Staatsgrenze deportiert. Aufgrund der visafreien Einreisemöglichkeiten für alle GUS-BürgerInnen und für mehrere asiatische BürgerInnen sowie der Durchlässigkeit der ostukrainischrussi-schen Grenze kommt es zu häufigen illegalen Einreiseversuchen (vgl. FFM 1997: 47-49) 72 Z.B. verfügt die Ukraine mit rund 50 Mio. Einwohnern, westlich an drei ´sichere Staaten` grenzend (Polen, Slowakei, Ungarn), über ein Asylgesetz seit 1993. Es ist sicherlich kein Zufall, dass die Ukraine eine erheblich selbständigere und bewusstere Rolle als Weißrussland spielt. Ebenfalls ist bekannt, dass die Präsenz dutzender Minderheiten, interner Migranten und neuer Einwanderer nicht zu vermeiden ist. Die geo-politische Lage bzw. lediglich 420 km Luftlinie bis nach Wien und künftige Nachbarschaftsgrenzen mit EU-Staaten macht diese Gegend schon heute für die Migrationsforscher interessant. In den Vorstellungen westlicher Politiker soll auch in der Ukraine eine „Schutzmauer“ bzw. eine „Pufferzone“ entstehen, die den Kurs der ImmigrantInnen auf die EU-Länder über mitteleuropäische Staaten unter Kontrolle bringen könnte (vgl. Schreiber 2001: 40).

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Wie schon erwähnt wurde, schlossen die EU-Staaten in der letzten Dekade mit den

mitteleuropäischen Nachbarstaaten entsprechende Verträge73 (1992 mit Rumänien; 1993 mit

Polen; 1994 mit Bulgarien und Tschechien) über eventuelle Rückübernahme der illegalen

Zuwanderer. Ähnliche Verträge zwischen Weißrussland und Russland, Litauen, Ukraine oder

Moldawien existieren noch nicht. In Konsequenz müssen alle von den EU-15 – Staaten

abgeschobenen Personen durch die mitteleuropäischen Nachbarstaaten zurückgenommen

werden. Anschließend werden sie in einer Kettenabschiebung in weiter östlich gelegene

Länder abgeschoben, von dort möglicherweise noch weiter. „Weißrussland scheint die von

Litauen überstellen Abgeschobenen an Russland weiterzuschieben, mit dem es eine

gemeinsame, völlig offene Grenze ohne Grenzkontrollen und ohne Reisebeschränkungen für

GUS-Staatsangehörige kennt. ´Wer von uns abgeschoben wird, kann ungehindert nach

Aserbaidschan, Kasachstan, Usbekistan oder Tadschikistan gelangen`“ (Leuthard 1999: 257).

Es ist zu erwarten, dass die betroffenen Personen bald erneute Emigrationsversuche

unternehmen werden.

Bei der Betrachtung dieser spannenden Region wäre ebenso empfehlenswert, die weiter

südlich lebenden Bürger der Balkanstaaten und ihre Migrationstendenzen zu untersuchen

(siehe: HRWR 1999: 1-4). Von ihnen hängen nicht nur der europäischen Friede ab, sondern

auch die Migrationsprozesse im Osten und Süden. Mehrere Staaten (z.B. Ex-Jugoslawiens)

grenzen an die großen Staaten Mitteleuropas und stellen gleichzeitig wichtige

Verbindungswege nach Westeuropa dar. Wachsender Migrationsdruck in dieser Region

macht etwa74 Sarajewo und Belgrad schon heute bekannt als Zentren der Flucht und der

Schleußeroperationen. Eine damit vergleichbare Rolle spielen auch solche Staaten wie

Bulgarien und Rumänien, was im Vergleich mit den anderen Nachbarnstaaten im Folgenden

zusammenfassenden Abschnitt (I.2.5.) dargestellt wird.

73 In dem Mangel an solchen formellen Rückübernahmeabkommen zwischen Litauen und Weißrussland sieht ein berühmter Forscher Beat Leuthard das Kernproblem der unendlichen Kettenabschiebung der Immigranten. Um dieses Abkommen aber durchzusetzen und eine so genannte ´Entlastung in der Asylfrage` zu realisieren, suggeriert der Autor die Notwendigkeit einer westlichen Initiative, wie sie im Vorfeld mit den anderen Mittelstaaten vereinbart worden ist (vgl. Leuthard 2000: 2f). 74 Fest steht, dass die Konflikte in Makedonien zwischen März und Juli 1999 bereits im Kosovo begannen, wo die Flucht von rund 750.000 Kosovaren, eine der größten Fluchtbewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg, ihren Ausgang nahm. Außerdem leben im heutigen Serbien-Montenegro z.B. mehr als 40.000 Chinesen und andere Asiaten – viele von ihnen wollen nach Westeuropa. Sie kamen oft illegal aus dem fernen Osten auf Schiffen nach Montenegro und wurden dann in die Nähe der westlichen Grenzen gebracht (siehe: POLONIA TV: 2000: 1-2).

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2.5. Migrationssalden der Hauptregionen Europas am Ende

des 20. Jahrhunderts

2.5.1. Anteil Europas an der gemeinsamen Migrationswelt

Die gesamte europäische Bevölkerung von 728 Mio. im Jahr 2000 kann man in vier

regionale Teile zusammenfassen75. Ihre wenig optimistische demographische Zukunft 76 lässt

sich anhand detaillierter Daten verfolgen (siehe: Abb. 16), die praktisch auf die vermehrte und

organisierte Zuwanderung als Abfederungsmechanismen hinweisen. Die offenen Binnengren-

zen Westeuropas und seine relativ dichten Außengrenzen sperren diesen Teil des Kontinentes

nicht vom Rest der Welt ab. Doch die Zuwanderungspolitik bzw. Zuwanderungspraktik

entwickelt sich dort zunehmend „selektiv“ und „restriktiv“, wenn es um reale und potentielle

Immigranten geht. Auf der anderen Seite haben die verbesserten Verkehrsbedingungen,

schnell grenzüberschreitende Information, sowie wirtschaftliche Not, Umweltzerstörung oder

politische Ereignisse (z.B. der letzte Krieg in Afghanistan; vgl. II.1.1.) die Motive zur

Migration deutlich verstärkt. Weltweit hat sich die Zahl der Menschen, die außerhalb ihres

Geburtslandes leben, erhöht (siehe: Abb. 17). Nach einigen Schätzungen77 stieg weltweit die

Zahl der Migranten allein zwischen 1990-1998 auf 93 Mio. Menschen an, was einen

Jahresdurchschnitt von mehr als zehn Millionen Migranten macht. Obwohl andere Quellen

75 Nach DSW 2001:1 wurde die gesamte Bevölkerungszahl Europas im Jahr 2000 entsprechend verteilt: in Nordeuropa 96 Mio., in Westeueropa 183 Mio., in Osteuropa 304 Mio. (davon im gemeinsamen Russland 145,2 Mio.), in Südeuropa 145 Mio. (davon in der gesamten Türkei 65,3 Mio.) Einwohner. 76 Für den Bestandserhalt der Bevölkerung von Industriegesellschaften mit hohem Niveau der medizinischen Versorgung ist eine statistische Geburtenhäufigkeit von 2,1 Kindern pro Frau erforderlich. In den letzten Jahren betrug sie aber in Gesamt - Europa lediglich 1,4 und entsprechend in Nordeuropa 1,7; in Westeuropa 1,5; in Osteuropa 1,2 und in Südeuropa 1,3 Kinder pro Frau (vgl. DSW 2001:1). Diese Tendenz steigt in allen Ländern der Erde. Vor fünfzig Jahren (1950) lag die durchschnittliche Fruchtbarkeitsrate bei rund 5,0 Kindern pro Frau. Heute aber nur bei 2,7 (vgl. Baratta 1999: 1292). „Während die in Entwicklungsländern lebende Bevölkerung von derzeit 4,8 bis zum Jahr 2050 auf rund 7,7 Milliarden anwachsen wird, werden dann 56 Länder, unter ihnen alle europäischen Länder und Japan, kleinere und zugleich wesentlich ältere Bevölkerungen haben als heute – falls sie ihre natürlichen Bevölkerungsverluste nicht durch Zuwanderung ausgleichen sollten. Ohne Zuwande-rung würde beispielsweise Deutschland am Ende des nächsten Jahrhunderts zum Altersheim mit noch 30 Millionen Einwohnern werden“ (Hauchler 1997: 105). 77 Die Schätzungen des Atlas (2000: Karte 37) gibt allgemeine internationale Statistiken wieder. Bezieht man jedoch alle möglichen grenzüberschreitenden Migranten in die Berechnung mit ein, dann kann zum Ende dieses Jahrhunderts weltweit mit 125-130 Mio. Migranten gerechnet werden (siehe: Hauchler 1997: 109; vgl. Gelbard 2000: 20).

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am Ende des Jahrhunderts auf 125-130 Mio. hinweisen, ist bemerkenswert, dass sie nur rund

2% - 2,3% der Weltbevölkerung ausmachen (vgl. Gelbard 2000: 20; vgl. WEB 2000: 45).

Zusätzlich existieren weitere 100-150 Mio. so genannten Binnenmigranten78, die aus unter-

schiedlichen Gründen innerhalb ihres eigenen Staates wandern. Laut weltlichen Statistiken

leben und bewegen sich die meisten Migranten in Entwicklungsländern. Ja, ein weit größerer

Teil der Bevölkerung in den Industrieländern wurde im Ausland geboren. Nach DSW 2001

lag der Anteil der ausländischen Bevölkerung in den Staaten Europas 1998 bei rund 4,0%, ein

Wert, der im Vergleich mit Australien (20%), den Golf Staaten (25%) oder Südasien (über

30%) eher gering ist (vgl. Abb. 17).

Die meisten betroffenen Wanderer scheinen Opfer von Gewalttaten79 zu sein. Die Zahl der

nach Kriterien des UNHCR gezählten Flüchtlinge stieg von 1980 bis 1995 von 8 auf 26 Mio.

Menschen an80. Zu ihnen kommen noch ca. 27 Mio. schutzbedürftige Binnenflüchtlinge, die

innerhalb ihres eigenen Landes ihren Wohnort gewechselt haben. Vermutet wird, dass es in

Afrika 15. Mio., in Asien 7 Mio. und 5 Mio. in Europa waren (vgl. USCR 1998: 40). Im

Dezember 1997 gab es in der Welt 29 Staaten, die mehr als 100.000 Flüchtlinge

aufgenommen haben. In Europa standen Deutschland (mit 1,26 Mio.) und Bosnien und

Herzegowina (mit 673.000) auf den ersten Stellen (vgl. The World Guide 1999: 79). Unter

anderem wegen der instabilen Situation in Ex-Jugoslawien nahmen die europäischen Völker

am Ende des 20. Jahrhunderts um 50% aller Asylbewerber der Welt auf. Die zweite

Asylbewerberquelle ist der asiatische Kontinent (rund 40%), wobei der Anteil der

Asylbewerber mit ungeklärter Staatsangehörigkeit zunehmend größer wird (vgl. BAaF 2000:

13-17).

78 Man kann ausgehen von tatsächlich über 300 Mio. Binnenmigranten in der Welt, wenn man die unveröffentli-chten Schätzungen über chinesische Migranten mit einbezieht. Dort sollen in den Städten und in den boomenden Küstenzonen ungefähr so viele Migranten leben, wie weltweit zwischen allen Staaten insgesamt gewandert sind (vgl. Hauchler 1999: 108). 79 Vgl. The World Guide (1999/2000: 79). Im Zeichen von Globalisierung und ökonomischem Neoliberalismus werden gegen alle Migranten sowie weitere, zahlreiche Fluchtsubjekte massivere Restriktionen eingesetzt. 80 Atlas 2000: ein Teil der Karte 37 erwähnt am Ende des Jahrhunderts nur 22,4 Mio. Flüchtlinge. Davon sollen rund 7,5 Mio. in Asien sein; weitere 7,5 Mio. in Afrika; 6.0 Mio. in Europa; 1,3 Mio. in Nordamerika; 103.000 in Südamerika sowie 70.000 in Ozeanien. Durch mangelnde Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und Asylanten lassen sich die Zahlen jedoch nur schwer vergleichen. Siehe beim Gelbard (2000: 20f), wo man nur von 13,6 Mio. Flüchtlingen in 1998 spricht, davon rund 5,7 Mio. im Nahen Osten, 2,9 Mio. in Afrika und 2.0 Mio. in Europa. Des weiteren wurde erwähnt (vgl. ECRE 2000: 1), dass 1999 in den 25 europäischen Staaten, in denen diese Organisation ihre Gliederungen hat, nur 449.790 Asylanträge gestellt wurden, wobei es zu einer Zunahme von 21,5% gegenüber 1998 gekommen sein soll. Diese Daten wurden durch die letzten Pressemitteilungen (siehe: UNHCR 2001: 3) bestätigt, nach denen in Europa (25 Staaten) 4 % weniger Asylanträge als 1999 gestellt wurden. Es ist bemerkenswert, dass zum ersten Mal nicht Deutschland, sondern Großbritannien die größte Zahl von Asylbewerbern erreicht hat (21,6%), es folgen Deutschland (17,4 %), die Niederlande (9,7 %), Belgien (9,4 %) und Frankreich (8,5 %).

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Nach einigen Schätzungen81 ist ein Großteil, fast die Hälfte der Weltwanderungen bzw.

Migrationen als legale Arbeitsmigration zu klassifizieren. Zu diesen 30 bis 35 Mio. legalen

Arbeitsmigranten müssen rund 45 bis 55 Mio. Familienangehörigen hinzugezählt werden.

Denn: „Wenn es eine Regel für Migration gibt, dann liegt sie in der Kettenmigration: Eine

Wanderung tendiert dazu, weitere Bewegungen auszulösen, weil Familienangehörige und

Freunde Informationen über die Aufnahmebedingungen liefern und Hilfe bei der Arbeitssuche

anbieten und bereits bestehende Emigrantengemeinschaften das Leben in zunächst fremden

Gesellschaften erleichtern“ (vgl. Hauchler 1997: 196). Weil die Arbeitssuche zu den

wichtigsten Pull-Faktoren gehört und vor allem junge Menschen in Richtung Industrieländer82

führt, nimmt man an, dass Europa die Hälfte aller Arbeitsmigranten absorbiert. Der offenen

bzw. versteckten Arbeitslosigkeit (in manchen Staaten bis 30%) zum Trotz kommen junge

Menschen, ihre Familien und Freunde in der Hoffnung auf ein besseres Leben. In diesem

Migrationsdruck sind es die schwer einschätzbaren so genannten ´Grauzonen`, in denen die

irregulären83 Immigranten anzutreffen sind. Dieser spezifische Bereich ist schwer zu

definieren und zu erforschen und lässt viele Abweichungen zu. Als grober Annäherungswert

gilt die Zahl von 10 Mio. Migranten, die illegal einreisen oder nach Ablauf ihrer

Aufenthaltserlaubnis in dem jeweiligen Zielland bleiben. In einem kontinentalen Vergleich

der Weltbank gibt es rund 4 Mio. illegale Migranten in den USA, 3 Mio. in Westeuropa und

weitere 3 Mio. in anderen Kontinenten (vgl. Hauchler 1997: 97). Nach dieser Ansicht ist der

europäische Kontinent und besonders seine westliche Seite auf keinen Fall mit Ausländern

überlastet. Vielmehr trägt die großzügige Annahme von Immigranten verschiedenster

Herkunft und Mentalität in allen Staaten Europas zu einer multikulturellen Vielfalt bei.

81 Man geht davon aus, dass fast 1 Milliarde der Menschen unter dem Existenzminimum leben und ein riesiges Migrationspotential darstellen. Europa scheint als wachsender Arbeitsmarkt fähig zu sein, in der heutigen Konjunktur noch mehrere Millionen Menschen zu absorbieren (siehe: Bender 2000: 59-83). 82 Die Forschungen zeigen, dass etwa die Hälfte aller Migranten von einem Entwicklungsland in ein anderes zieht, manchmal nur über die Nachbargrenze (vgl. Gelbard 2000: 20). Manche aber versuchen sich in einem Industrieland einzuleben wie z.B. in den USA oder in Deutschland. Die attraktiven Zielgebiete für Arbeits-migranten liegen aber nicht nur in USA und Europa, sondern auch in anderen Wachstumsregionen. Hierzu zählen traditionell die Golfstaaten, bei denen bis zu zwei Drittel aller Arbeitskräfte aus Nordafrika und dem Nahen Osten oder aus Süd- und Südostasien stammen. In Ost- und Südostasien selbst gibt es auch wachsenden Bedarf an spezialisierten Arbeitskräften. Neben Japan, Hongkong, Südkorea, Taiwan und Singapur wurden Malaysia und Thailand zu wichtigen Zielländern. In Afrika liegen die wichtigsten Aufnahmeregionen der Subsahara in Nigeria und Südafrika. In Lateinamerika verzeichnen nur Argentinien und Mexiko größere Arbeits-zuwanderungen. 83 Der Begriff ´irregulärer Immigrant` wird neuerdings vor allem in den offiziellen (englisch; französisch; spanisch) UN - Amtssprachen gebraucht, um der kollektiven Kriminalisierung der ´illegalen Migranten` vorzubeugen (vgl. Hauchler 1999: 109).

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2.5.2. Statistische Migrationslage in den Regionen Europas

Um eine synthetische und transparente Datenanalyse der Hauptregionen Europas

vornehmen zu können, werden Daten teilweise aus den geographischen, demographischen

und sozioökonomischen Indikatoren des jährlichen Posters (siehe: DSW 2001; vgl. Abb. 16)

entnommen und in Form übersichtlicher Tabellen dargestellt84.

Tabelle 1: Demographische und sozioökonomische Indikatoren der Hauptregionen Europas (bearbeitet nach DSW 2001) * Durchschnittszahlen von nicht kompletten Daten im Poster DSW 2001 (Bearbeitung D.C.)

Fläche in qkm

Bevölkerungs-zahl in 2000 in Mio.

Natürliche Wachstums-rate in %

Gesamtfrucht- barkeitsrate

Zuwanderungs-rate 1998 pro 1000

Ausländerteil in der Bevöl-kerung in %

Arbeits-losenquote in %

EUROPA 22.988 728 -0,1 1,4 1,45* 4,0* 9,0* NORD 1.748 96 0,1 1,7 1,58* 3,7 8,3 WEST 1.109 183 0,1 1,5 2,88* 8,2 7,0* OST 18.814 304 -0,5 1,2 1,11* 0,7* 8,1* SÜD 2.092 145 0,0 1,3 1,22* 1,7 12,5*

Die zweite Tabelle, die exklusiv Migrationssalden innerhalb Europas darstellt, kann

zum Verständnis der allgemeinen Migrationsrichtungen, Wendepunkte und Regionalten-

denzen am Ende des 20. Jahrhunderts effektiv beitragen. Obwohl sie in der Frage der

Regionalstaatszugehörigkeit von anderen Grundlagen ausgeht, andere Prinzipien voraus-

setzt85, soll sie in unserer Betrachtung eine komplementäre Rolle spielen.

84 Das ganze Europa wurde im originalen Poster von der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung in vier Haupt-regionen unterteilt (vgl. Fußnote 24). Hier wird die Zugehörigkeit der entsprechenden Staaten wiederholt. NORDEUROPA=10 Staaten: Dänemark, Estland, Finnland, Großbritannien, Irland, Island, Lettland, Litauen, Norwegen, Schweden WESTEUROPA=9 Staaten: Belgien, Deutschland, Frankreich, Liechtenstein, Luxemburg, Monaco, Nieder-lande, Österreich, Schweiz OSTEUROPA=10 Staaten: Bulgarien, Moldawien, Polen, Rumänien, Russland, Slowakei, Tschechische Republik, Ukraine, Ungarn, Weißrussland SÜDEUROPA=14 Staaten: Albanien, Andorra, Bosnien-Herzegowina, Griechenland, Italien, Jugoslawien (heute Serbien-Montenegro), Kroatien, Malta, Mazedonien, Portugal, San Marino, Slowenien, Spanien, Türkei 85 Unter ihrer Tabelle Nr. 1.2. werden entsprechende Anmerkungen gemacht. „Mittel- und Osteuropa: (die früheren) sozialistischen Länder (einschließlich Albanien und früheres Jugoslawien), ab 1991 ohne Ostdeutsch-land; UdSSR/GUS (einschließlich Estland, Lettland, Litauen); Skandinavien: Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden; Südeuropa: Griechenland, Italien, Portugal, Spanien; Westeuropa: restliche Ländern Europas, ab 1991 des wiedervereinte Deutschland als Teil Westeuropas. Quellen: Chesnais 1995; Europarat 1994; Fassmann / Münz 1994b; Rallu / Blum 1991“ (Fassmann / Münz 1996a: 29).

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Tabelle 2: Migrationssalden der Hauptregionen Europas 1950-1993 (in Mio.) nach Fassmann/Münz 1996a:29 1950-59 1960-69 1970-79 1980-89 1990-93 Mittel- u. Osteuropa -4,0 -1,9 -1,1 -2,3 -2,3 UdSSR/ GUS 0,1 0,1 -0,4 -0,4 -1,4 Skandinavien -0,1 0,1 0,2 0,2 0,2 Südeuropa -2,9 -3,1 0,6 1,6 0,7 Westeuropa 4,3 5,1 2,5 2,5 3,9 EUROPA insgesamt -2,7 0,3 1,9 1,6 1,1

Wenn man aus den oberen Tabellen, beigefügten Abbildungen und früheren

Ergebnissen eine allgemeine Schlussfolgerunge ziehen will, so bemerkt man, dass die Zahl

der Immigranten und der Anteil ausländischer Bürger europaweit ständig zunehmen.

Heutzutage ist dies jedoch keine exorbitante Zahl, obwohl eine beachtliche Differenz

zwischen verschiedenen Teilen86 Europas von 0,7 bis 8,2% oszilliert (vgl. Abb. 16).

Das tief negative Gesamtmigrationsaldo der 50er Jahre wurde schon Anfang der 70er Jahre

zum positiven, die Rede von Europa als Einwanderungsbereich kann man praktisch ab Ende

der 60er Jahre statistisch belegen. Weil das gesamte Europa in der letzten Dekade eine

negative natürliche Wachstumsrate erreichte (von –0,1 %) und den Prognosen nach (siehe:

II.2.1.2.) keine große Veränderungen zu erwarten sind, wird seine allgemeine Bevölkerungs-

zahl, ohne außereuropäische Zuwanderer, schrumpfen87. Die Tatsache, dass die momentanen

Zuwanderungsraten in allen europäischen Hauptregionen positiv sind (vgl. DSW 2001: 1),

garantiert noch keinen demographischen Ausgleich. In einigen Ländern könnte erst eine

Zuwanderungsrate von 5-6 Ausländern pro 1000 Inländer die Lage etwas stabilisieren (vgl.

UNO-Presse 2000:1). Besonders auffallend ist, dass den hohen positiven Migrationssalden

des Westens sehr niedrige in Osteuropa gegenüberstehen. Die Gesamtfruchtbarkeitsrate ist im

Osten niedriger als im Westen (1,2 zu 1,5 Kinder pro Frau) und die natürliche Wachstumsrate

ist dreimal geringer als im Westen (siehe: DSW 2001: 1). Die Jahrzehnte der lang anhaltenden

und massiven Abwanderungen aus den mittel- und osteuropäischen Ländern trugen zu den

86 Eine auffallende Charakteristik ist die besonders große Zahl der Einwanderer in dem westlichen Teil Europas. Von 1950 bis Ende 90er verfünffachte sie sich, wobei ursprüngliche massive Arbeitszuwanderung sowie das Ende der politischen Spaltung zwischen Ost- und Westeuropa einen großen Einfluss hatten. Deutschland ist in diesem Fall ein besonderes Beispiel. Nur zwischen 1954-99 nahm es fast 30 Mio. ausländischer Zuwanderer aus der ganzen Welt auf (vgl. Münz / Ulrich 2000: 23). 87 Welche Konsequenzen und Perspektiven eine solche Bevölkerungslage haben kann, wird in weiteren Punkten (siehe: II.2.) über Prognosen für die nächsten Dekaden dargestellt.

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drastischen demographischen Verschiebungen bei. „Per Saldo verloren die (ehemals)

kommunistischen Länder Mittel- und Osteuropas (ohne UdSSR) zwischen 1950 und 1969

durch Auswanderung fast 6 Mio. Einwohner und zwischen 1970 und 1993 weitern 5,7 Mio.“

(Fassmann/Münz 1996a: 28). Die Lage Osteuropas gibt also in diesem Vergleich einen wenig

optimistisch stimmenden Eindruck. Die größte „Bevölkerungsspender“ Europas scheinen die

GUS-Staaten zu sein - besonders Russland, von wo ein nicht unerheblicher Teil der

Bevölkerung in den letzten Dekaden das Land in Richtung Westen verlassen hat. Anderseits

kehren immer größere Gruppen aus den neuen Republiken und aus Asien nach Russland, in

die Ukraine und nach Weißrussland zurück88. Die Mitteleuropäischen Länder sind in den

letzten Jahren nur mit den kleineren Zuwanderungen konfrontiert worden (vgl. I.2.4.1.) Doch,

einige von ihnen, wie Tschechien, Slowakei, oder Ungarn, werden mittlerweile zu den

Einwanderungsländern gezählt. Momentan handelt es sich in den meisten Fällen um sog.

Transitmigration, die legale und illegale Wege weiter nach Westen sucht. Daher ist der

Ausländerteil in der Bevölkerung dieser Länder (0,7%) sechsmal geringer als im europäischen

Durchschnitt. Der Anteil Nord- und Südeuropas an den Migrationseinwanderungen ist, im

Vergleich mit denen im Osten und Westen, relativ klein. Die südeuropäischen Staaten

rechnen mit einer gemäßigten Zuwanderung bzw. Rückwanderung, und zeigen deswegen

mehr Flexibilität im Umgang mit den Immigranten. Die nördlichen Staaten mit seit

Jahrzehnten gleichen Migrationssalden weisen eine langfristige unabhängige89 Migrationspo-

litik auf. Obwohl sie momentan, im Vergleich mit dem Süden, einen doppelt so hohen

Ausländeranteil haben (3,7%), scheint ihre Attraktivität durch ihre geographische Lage in

Europa geringer zu sein. Nördliche Völker, selbstbewusst mit ineffizienter Zuwanderungs-

politik (vgl. I.2.3.2.) legen offensichtlich größeren Wert auf eigene Reproduktion und

behalten momentan die höchste regionale Fruchtbarkeitsrate (1,7 Kind pro Frau) Europas.

88 „Große Zuwanderungen verbraucht Russland durch die Rückwanderung von Russen aus den zentralasia-tischen Republiken und aus Kasachstan. Statt des befürchteten Massenexodus von Russen nach Westen ist Russland selbst zum Einwanderungsland geworden. Nach Schätzungen leben in den GUS-Ländern mehr als 5 Mio. Menschen, die aus fluchtähnlichen Gründen ihren Wohnort verlassen haben. Erhebliche Wanderungen könnten sich zukünftig ergeben, wenn sich der Trend zur Rückwanderung in die Herkunftsrepubliken oder frühere Siedlungsgebiete weiter fortsetzt (...) etwa 60 Mio. Menschen (davon 25 Mio. Russen) lebten in der ehemaligen Sowjetunion außerhalb ihrer Heimatregion“ (Hauchler 1997: 110). 89 England und Irland sind zwar Mitglieder der EU, haben aber die Abkommen Schengen I+II nicht unterschrieben. Das am 07.06.2001 negative Referendum Irlands gegen den Vertrag von Nizza bzw. über die Osterweiterung (d.h. über die Zukunft der Millionen potentiellen Einwanderer) zeigt, dass die Außen- bzw. Migrationspolitik dieser Völker selbstbewusst ist.

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Schlussbemerkungen zum ersten Kapitel

Um sich in der europäischen Geschichte der Migrationswanderungen des 20.

Jahrhunderts nicht in Einzelheiten zu verlieren, wurde dieser Teil der Arbeit in fünf

Zeitabschnitten bearbeitet. Sie markieren entscheidende Momente, welche die heutige

Migrations- bzw. Migrantenlage stark geprägt haben. Da praktisch alle europäischen Staaten

an den beiden Weltkriegen beteiligt waren, entstand nach 1945 eine völlig neue politische und

soziale Grundstruktur Europas90, die aber im weltlichen Kontext auch mit anderen Mächten

wie z.B. USA rechnen musste. Die wirtschaftliche Verelendung, politische Krise des sog.

Kalten Krieges und eine praktische Teilung Europas in zwei Blöcke generierten die Mobilität

der Europäer. Eine solche Struktur existierte bis zur großen Wende in 1989. Seitdem, nach der

Öffnung des Eisernen Vorhangs, ist eine völlig neue Art von Migrantenströmen festzustellen,

die besonders aus dem östlichen Teil Europas nach Westen fließen. Faktisch also erfassen die

genannten drei Perioden (vor den Kriegen, nach den Kriegen und nach der Wende) den

Übergang Europas von der Auswanderungs- zur Einwanderungsgesellschaft. Jede Periode in

diesem Wanderungsgeschehen hat einen besonderen Charakter, insofern die Intensität wie die

Richtungen der Wanderungen wechseln. Diese drei Perioden der neueren Migrations-

geschichte werden als eine kurze Geschichte der Begegnung zwischen Aus- und Inländern

betrachtet, nicht jedoch innerhalb nationaler Grenzen, sondern innerhalb eines Kontinents, der

eigentlich nicht darauf vorbereitet war, derart viele Fremde aufzunehmen. Ja, es wird den

Eindruck auch heute geweckt, dass sich die Menschen auf dem alten Kontinent ohne größeren

Gedanken über bewusste Internationalität, Toleranz, und Austausch bewegen. Daher wird

nunmehr ihm, dem Fremden, unsere gesamte Aufmerksamkeit gewidmet, damit folgendes

klarer wird: wer wovon wonach und warum migriert. Eine ´Person unterwegs` sowie ihre

reale Funktionalität sind von entscheidender Bedeutung für die Zukunft des Kontinents.

Besondere Aufmerksamkeit wird daher auch auf mögliche Projektionen und Prognosen über

die zukünftige Zuwanderung gerichtet, wobei die Bewusstseinsausbildung der Europäer fällt

nicht außer Acht.

90 „Der Erste Weltkrieg bewirkte einen Strukturbruch in der Geschichte Europas und in seiner Stellung im internationalen Mächtesystem. Zugleich schuf und verschärfte er in der ´Zwischenkriegszeit` Probleme, die entscheidend zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges beitrugen. Die Zweite Weltkrieg brachte mit der Teilung Europas und der Welt in zwei feindliche Blöcke die neue Grundstruktur, die die globale Entwicklung bis zum Ende des Ost-West-Konflikts 1989 bestimmte“ (Bade 2000: 323).

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ZWEITES KAPITEL II. Aktuelle Präsenz der Immigranten und ihre Zukunft in der Europäischen Union

Das erste Kapitel, das die allgemeinen europäischen Wanderungsbewegungen und ihre

spezifische wie auch tragische Charakteristik im 20. Jahrhundert kurz zusammenfasst, stellt

fest, dass die Migranten zu Protagonisten ihrer selbst als einem Teil der Europäischen

Zeitgeschichte werden. Da ihre heutige Existenz und zukünftige Zuwanderung nach

ausgesuchten Teilen Europas ein hoch aktuelles Thema ist, widmen wir uns zunächst in Form

von Stichproben den Integrationsprozessen von Zuwanderern in unterschiedlichen

westeuropäischen Ländern. Diese mögen trotz gewisser Einschränkungen räumlicher oder

zeitlicher Art als stellvertretend stehen für die Schicksale Vieler.

Anschließend werden Prognosen über die Gesamtentwicklung der Migration und die

daraus resultierenden wichtigsten Herausforderungen für Europa und ihre Bürger vorgestellt.

Untersucht werden weniger die Mechanismen und Folgen der Wanderungen, vielmehr stehen

individuelle Migrationsverläufe Einzelner im Vordergrund. Zunächst werden das jeweilige

Herkunftsgebiet, die zentralen Motive der Auswanderung sowie die Bereitschaft der

europäischen Länder sie anzunehmen untersucht. Der Umzug selbst mit all seinen Traumata

und psychischen Charakteristiken lässt sich hier nicht in epischer Deutlichkeit darstellen.

Doch die Motive (Ursachen) als entscheidende Faktoren einer Lebensoption bleiben im

Zentrum der Betrachtung. Ebenso wird nicht über die vergangenen (verlassenen) Kulturen der

Immigranten geschrieben – der Akzent liegt vielmehr auf den europäischen Bedingungen, die

eine neue soziale Zugehörigkeit der Migranten bestimmen (ermöglichen). Die reale Präsenz

also der Ausländer, die eine Herausforderung für die Inländer darstellen, soll im europäischen

Kontext möglichst objektiv beschrieben werden. Die entsprechende gegenwärtige Analyse der

Zuwandererlage im immer besser integrierten Europa sowie die Prognosen für die Zukunft

scheinen eine Chance zu bieten, eine spätere Diskussion über Herausforderungen für eine

multikulturelle Gesellschaft zu führen. Die soziodemographischen Methoden der Forschung

und der Datenvergleich im weltweiten und vor allem europäischen Ausmaß können einen

Beitrag leisten, die Zukunft aller Europäer des 21. Jahrhunderts bereits heute in soziologisch

relevanten Teilaspekten zu prognostizieren.

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1. Der heutige Immigrant im Bereich der EU

1.1. Herkunfts- und Aufnahmeländer der Immigranten

Trotz der am Anfang erwähnten Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung der

Statistiken und Kategorisierung der Immigranten (vgl. I.1.3.), ist es notwendig zu untersuchen

und zu beschreiben, welche Regionen der Welt für verschiedene Typen der Zuwanderer als

die Hauptauswanderungsgebiete gelten. Die Fragestellung lautet: woher wandern sie

größtenteils aus und wo lassen sie sich in Europa vorzugsweise nieder? Als Forschungsobjekt

werden vor allem die Immigranten gewählt, die am Ende des 20. Jahrhunderts in EU-Staaten

den Ausländerstatus besaßen. Der Mangel an solchen Statistiken soll nicht verhindern, die

wichtigsten Tendenzen damals und heute herauszuarbeiten91.

1.1.1. Die wichtigsten Herkunftsländer der Immigranten

a) Europäische Regionen

Seit einigen Jahren oszilliert die Zahl der ausländischen Staatsbürger in den heutigen EU-

Staaten um 20. Mio. Menschen92, davon stammen ungefähr 60% aus anderen europäischen

Ländern (vgl. Tab. 3-4). Die drei wichtigsten Herkunftsgebiete von Zuwanderern sind die

Türkei, die Ex-Jugoslawien und Italien. Die meisten Immigranten aus den Süd-Ost- Regionen

Europas wurden im Laufe der letzten Jahrzehnte als Arbeitskräfte angeworben (vgl. I.3.3.3.).

Der Rückwanderung von mehreren zum Trotz, gelten die Türkei und Ex-Jugoslawien weiter

als Hauptquelle für die westliche Immigration.

91 Besonders nützlich ist, obwohl ziemlich alt, die Sammlung der Daten von Fassmann / Münz (1996: 31, 39) über die ausländische Wohnbevölkerung in den 10 wichtigsten Staaten Westeuropas 1990/94. Schon der erste Blick auf Tabellen dieser Autoren (siehe: Abb. Nr. 18) und ihrer Vergleich mit den bekannten heutigen Ergänzungen (Aktualisierungen bis 2002 wie: WMR 2000; DSW 2001) erlaubt festzustellen, dass für die EU-15 lange Zeit gerade andere europäische Nachbarvölker den Kern der Immigranten bildeten. Der andere, kleinere Teil kam aus Übersee, was folgende Darstellungen belegen. 92 Vgl. Fassmann / Münz (1996a: 38), wo die Autoren nach den verfügbaren Daten von über 17,6 Mio. ausländischen Bürgern in 10 EU-Staaten ausgehen. Dieselben schätzen um 1992/93 noch 19,2 Mio. ausländische Bürger, allerdings in 18 westeuropäischen Staaten (ebd. 17).

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Aus der Türkei kam schon in den 60er Jahren eine besonders große Zahl von

Zuwanderern in die EU-15. Die wirtschaftliche Not und die Politik der organisierten

Anwerbung in einigen Staaten (z.B. durch Deutschland 1961-1973) verursachten eine

Massenzuwanderung von rund 866.000 türkischen Arbeitnehmern (vgl. Jamin 1999: 151).

Nach entsprechender Niederlassung und Verbesserung des Lebensstandards zogen natürli-

cherweise auch deren Familienangehörige nach. Bis 1983 rechnete man mit rund 2,5 Mio.

türkischen Zuzüglern und 0,5 Mio. allein in Deutschland geborenen Kindern (siehe: ebd.

156). Eine ähnliche Situation gab es auch für die in der Türkei lebenden Kurden93. Sie haben

sich leicht anwerben lassen, wobei die Gründe ihrer Emigration stark politisch beeinflusst

waren. Gegen die Türken und Kurden sprachen praktisch, ständig politische Forderungen in

den europäischen Gastländern nach einer Beschränkung der Zuwanderung. „Vorhandene

türkische und kurdische ´Gemeinden` stellten seit dem Anwerbestopp Kristallisationskerne

weiterer Zuwanderung (...) dies ist für die Zuwanderung aus geographisch und kulturell

entfernten Herkunftsgebieten wie der Türkei wichtiger als für die Zuwanderungen aus den

unmittelbaren Nachbarstaaten“ (Fassmann / Münz 1996a: 38). Weil für diese größtenteils

muslimische Nation Deutschland ein sehr offenes, vergleichsweise liberales und attraktives

Land war, haben mehr als 70% der türkischen Auswanderer sich dort angesiedelt94 und nur je

7,6% in Frankreich und den Niederlanden (siehe: Abb. Nr. 19). Dieses Volk konstituiert heute

in Westeuropa die größte ausländische Nationalgruppe von rund 3 Mio. Menschen. Auf der

einen Seite werden sie durch ihre orientalischen Umgangsformen als merkwürdig betrachtet;

auf der anderen Seite signalisieren sie ihre Absicht, sich in Westeuropa für immer

niederzulassen und nach eigener Art zu integrieren. Sie werden durch Europäer als ein Volk

im Wandel stets neu entdeckt (Schreiber 2001: 13).

Das frühere Jugoslawien bildete mit sechs Republiken und zwei autonomen Provinzen

bis 1991 die zweitgrößte Quelle der Immigranten für die EU-15. Die Massenauswanderungen

der dortigen Bürger waren allezeit durch die politischen Bedingungen geprägt. Unmittelbar

nach dem Zweiten Weltkrieg flohen viele politische Gegner und bedrohte Minderheiten vor

dem kommunistischen Regime in Richtung Westen (siehe: Malacic 1996: 231). Später haben

93 Die Kurden haben sich, wegen ihrer sehr komplexen Geschichte und Gegenwart, bereits immer aus politi-schen Gründen schnell um Asyl bemüht (siehe: Bade 2000: 322, 368; vgl. Bozkurt 1995: 82-85). Aus Gründen der Gemeinsamkeiten des kurdischen Volkes mit den Türken und irakischen Staatsangehörigen, werden auch heute z.B. die Asylbewerber aus dortigen Ländern zusammen mit den Kurden gezählt. Ihre Gesamtzahl ist aber nicht höher als 10.000 Asylanten pro Jahr (siehe: BAaF 2000: 24). 94 Die große Zahl der türkischen Immigranten sowie der anderen monolithischen Gruppen in Deutschland schafft durch ihre starken Kulturgewohnheiten, aber auch durch ihre sozioökonomische Lage so genannte ´Parallelgesellschaften`. Über ihre Entstehung, politischen Implikationen und Herausforderungen für die europä-ische Gesellschaft siehe die Ausführungen vom Vogel (2001: 9-26).

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die Arbeitssuchenden bekommen, ermöglicht durch die besondere Politik Titos und die mit

einigen EU-Staaten getroffenen Abkommen, den Status legaler Zuwanderer. Infolgedessen

warben dort bereits in den 60er Jahren, „die Bundesrepublik Deutschland, Österreich, die

Schweiz und Skandinavien mindestens 0,5 Mio. Arbeitsmigranten an, denen eine unbekannte

Anzahl von Familienangehörigen folgte“ (Fassmann/Münz 1996a: 40). Diese drei Staaten

waren auch in den späteren Jahren des Anwerbestopps beliebte Niederlassungsziele der Ex-

Jugoslawen. Sie haben sich, ähnlich wie Türken, in drei Generationen vor allem in

Deutschland (fast 70% bis 1995) schnell eingelebt (siehe: Abb. 19). Der tragische

Balkankrieg hat zwischen 1991-1995 eine unvorhergesehene Auswanderung von ca. 4,6 Mio.

Menschen verursacht, was sich auch in der Zahl der Asylbewerber spiegelte (siehe: Abb. 12).

Nach der Lösung dieses sog. balkanischen Konfliktes (Mitte 1995) und der Entstehung neuer

unabhängiger Staaten sind die allgemeinen Auswanderungswünsche rückläufig. Doch die

plötzlich ausgebrochenen politischen Spannungen in dieser Region haben erneut zwei

Fluchtwellen verursacht - aus dem Kosovo und aus Mazedonien. Die Flüchtlingsströme

fließen nach Westeuropa zwar in relativ geringem Ausmaß, dafür jedoch ununterbrochen. Die

Mehrheit der Flüchtlinge wurde in ihren Nachbarländern versorgt.

Die Auswanderungsprozesse in Italien lassen sich in ihrer langen Tradition (vgl.

D`Amato 2001: 5) in drei Phasen gliedern. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren es die

zahlenmäßig starken Auswanderungen nach Übersee, die italienische Migrationsbewegungen

kennzeichneten. Nach dem Zweiten Weltkrieg verursachte die Suche nach Arbeit zunächst

eine Verschiebung (Binnenmigration) der Süditaliener in den Norden ihres eigenen Landes.

Als sich die anderen EU-Länder wirtschaftlich noch attraktiver zeigten, verschob sich die

Massenauswanderung zunehmend in weiter nördlichere Richtung. Anders als im Fall der

Türken und Ex-Jugoslawen verteilten sich diese Auswanderer gleichmäßiger auf drei Staaten:

Deutschland, die Schweiz und Frankreich (siehe: Abb. 19). Die Auswanderungsphasen waren

nun ausgeglichener und nach der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in Italien setzte eine

eher behutsame Rückkehrbewegung ein. Mitte der 70er Jahre löste der eigene wirtschaftliche

Aufstieg für Italien wichtige Umwandlungen aus. „1974 nahm Italien erstmals mehr

Migranten auf, als es vorher gab. Mit 55.000 Personen pro Jahr ist die Auswanderung aus

Italien seit der zweiten Hälfte der 80er Jahre recht stabil, während die Zu- und

Rückwanderung nach Italien aus dem Ausland anwächst“ (Losi 1996: 119). Trotz der schnell

entstandenen Rückwanderungsmöglichkeiten lebten noch um 1995 in anderen EU-Staaten

rund 1,5 Mio. Italiener (vgl. Fassmann/Münz 1996a: 43). Als so genannte ´Alte Migration`

bilden sie bis heute eine bedeutende Nationalgruppe in zahlreichen Staaten Europas.

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b) Außereuropäische Gebiete

Die zuvor erwähnten Migrationsbeispiele innerhalb Europas bzw. zwischen den EU-15

und anderen Staaten des Kontinents charakterisieren am Ende des 20. Jahrhunderts ein relativ

stabiles Muster von Aus- und Zuwanderungen. Die Herkunft der Zuwanderer liegt jedoch

nicht immer in den übrigen europäischen Gebieten. Manchmal weist ihre Präsenz auf die

Kolonialzeit hin95, deren historischer Kontext mit Europa eine Zuwanderung aus Übersee

deutlich erleichtert. „Auf den Spuren der Kolonisten kamen seit den 50er Jahren in Summe

mehrere Millionen Menschen außereuropäischer Herkunft aus Asien, Afrika und der Karibik“

(Fassmann/Münz 1996a: 19). Diese sollen, in kurzer Analyse der existierenden Immigration

aus außereuropäischen Sektoren, zunächst einer näheren Betrachtung unterzogen werden.

Einige EU-Staaten haben in den letzten Dekaden jenen Typus von Immigranten relativ stark

in ihre Gesellschaften eingebunden. Die Entstehung solch ethnischer ´farbiger` Minder-

heiten96 ist bereits ein konstitutiver Teil des multiethnischen Europa. Obwohl ihre Zahl im

Vergleich mit denen der innereuropäischen Migranten erheblich geringer ist, rufen zwei der

afrikanischen Herkunftsländern (Marokko und Algerien) sowie die aus weiter entfernt

liegenden asiatischen Staaten stammenden Migranten besondere Aufmerksamkeit hervor.

Das größte außereuropäische Herkunftsland von Immigranten für die EU-Staaten ist

Marokko. Bereits ca. 1,5 Mio. Marokkaner lebten in Europa Mitte der 90er Jahre; von diesen

hat sich fast die Hälfte in Frankreich angesiedelt und die restlichen Einwanderer in den

Niederlanden, Belgien und Italien (siehe: Abb. 19). Die geringe Wanderungsdistanz macht für

die marokkanischen Auswanderer auch Spanien sehr attraktiv, das trotz der

Einschränkungen97 schon 150.000 Personen aufgenommen hat (vgl. WMR 2000: 198).

Zeitlich gesehen entwickelte sich die dortige Massenauswanderung später als die auf der

95 Es geht vor allem um die Verwendung der gleichen Sprachen; miteinander gepflegten Familien- und Freund-schaftsbeziehungen; Erleichterungen in offiziellen Handels-, Wirtschafts- und Botschaftsbeziehungen etc. (vgl. I.3.3.1.). 96 Die Bezeichnung ´ethnische- bzw. farbige Minderheit` ist und wird hier ausschließlich positiv im Sinne eines Bereicherungselementes für Europa verstanden. Es muss jedoch akzeptiert werden, dass die genannten Begriffe von einigen Staaten bzw. Autoren aus rein politischen und ideologischen Gründen nicht verwendet werden (vgl. Gineste 2000: 1). Um jegliche Diskriminierung zu vermeiden, erscheint es sinnvoller, die Bezeichnung ´Immi-granten` zu verwenden. 97 Weil Gibraltar und die nördliche Küste Marokkos als günstiger Ausgangspunkt praktisch für Gesamt-Afrika gelten, hat sich Marokko im Rückübernahmeabkommen von 1992 und 1995 mit Spanien „verpflichtet, zwangsweise aus dem EU-Raum abgeschobene Menschen ´zur freien Verfügung` entgegenzunehmen, wenn sie nachweislich über marokkanisches Gebiet in den EU-Raum eingereist sind“. Im späteren Rückübernahme-abkommen mit Italien vom 27.07.1998 „verpflichtet sich Marokko unter unklaren Bedingungen und Auflagen zur Rückübernahme eigener Landsleute, die über Tunesien die heimliche Einreise nach Italien unternehmen“ (Leuthard 1999: Gelber Mittelteil S. II und S. XXVI).

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kontinentalen Seite. Die wirtschaftlichen Motive bzw. Sogfaktoren (vgl. I.3.2.1.) erscheinen

in diesem Fall als selbstverständlich. Sie sind Ausdruck einer geographischen Expansion

westeuropäischer Arbeitsmärkte zu Beginn der 70er und 80er Jahre (vgl. Leuthard 1999: 69-

82; vgl. Bade 2000: 342-344). Mitte der 90er Jahre umfasste die Immigration aus Marokko

ca. 1,5 Mio. Menschen, und die politisch-ökonomischen Beschränkungen haben nicht nur die

Intensität der Zuwanderungen verändert, sondern auch ihren Charakter. Immer häufiger

werden sie als ´Illegale` bezeichnet und Marokko selbst wird immer öfter zum Transitland für

Migranten aus der Subsahara (vgl. BBC News 2000: 1). Den Tausenden über die Meerenge

von Gibraltar und andere Wege Einreisenden helfen die gut gepflegten familiären und

freundlichen Beziehungen zu denen, die schon längst in Europa leben.

Das zweite Land aus dem afrikanischen Raum, das als ein wichtiges Migrantenherkunfts-

gebiet für die EU-15 gilt, ist Algerien. Das algerische Volk, erst seit 1962 unabhängig von

Frankreich, wandert bevorzugt in Richtung Europa aus, obwohl es im eigenen Land rund

200.000 Binnenflüchtlinge hat (Baratta 2001: 65). Die Prozesse der Abwanderung haben dort

eine lange Tradition. Berücksichtigt man, dass am Ende des 19. Jahrhunderts allein in

Algerien fast 600.000 Franzosen (nicht unbedingt ethnische Europäer) lebten, und im Zuge

der Entkolonialisierung dieser und anderer Kolonien ca. 2 Mio. Bürger zurückkehrten, wird

klar, dass fast alle algerischen Auswanderer heute in Frankreich leben (siehe: Abb. Nr. 18).

Weil dieses Volk auch in den Nachbarländern präsent ist, kamen nach Frankreich 86% aller

Auswanderer Tunesiens und 61% Marokkos (siehe: Sassen 2000: 155). Die schwachen

wirtschaftlichen Ergebnisse, die Verarmung und Arbeitslosigkeit (30%) sowie politische

Instabilität durch islamische Fundamentalisten (vgl. Baratta 1999: 63f.) zwingen zur Massen-

auswanderung (siehe: I.3.2.1.). Im Allgemeinen beträgt „die Zahl der Immigranten aus dem

Maghreb, die so heftigen Debatten über kulturelle und religiöse Integrationshindernisse

ausgelöst haben, in den acht wichtigsten EG-Ländern insgesamt 2 Millionen; das sind 14,5%

der gesamten Einwandererpopulation der EG oder 21% der Einwandererpopulation aus Nicht-

EG-Ländern oder 0,62% der europäischen Gesamtbevölkerung“ (Sassen 2000: 158). Obwohl

diese Zahlen auf einen relativ geringen Anteil der nordafrikanischen Immigranten an der EU-

Einwohnerzahl hinweisen, wird ihre Präsenz in Europa aufgrund ihres außereuropäischen

ethnisch-kulturellen Ursprungs besonders spürbar.

Die Tatsache, dass sich die Immigranten nicht nur aus den nordafrikanischen

Nachbarländern rekrutieren, sondern überraschenderweise auch aus den sehr weit entfernten

Regionen Asiens und Südafrikas kommen, zeigt eine interessante Studie von IOM (siehe:

IOM 1994: 39f). Es wurden dort interkontinentale Transitrouten entdeckt, die süd-östliche

Länder Europas als „Zwischenstation“ benutzen. Als wichtige Herkunftsgebiete der real

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69

existierenden und der potentiellen Immigranten gelten die in der Studie erwähnten folgenden

Regionen und Staaten:

- von Südost- und Zentralasien (Afghanistan, Bangladesch, China, Indien, Pakistan, Sri

Lanka und Vietnam) über Russland oder die Ukraine

- aus dem Mittleren Osten (vor allem aus dem Iran, dem Irak, Jordanien, Syrien und der

Türkei) vgl. Abou 2000: 132;

- aus Gebieten Afrikas (neben den bereits erwähnten Ländern Marokko und Algerien:

Angola, Äthiopien, Nigeria und Somalia).

Wer von diesen Immigranten sich leisten kann, die „Schlepperhilfe“ zu vermeiden, benutzt

den teuren, aber sicheren Luftweg, um eventuell nach der Landung sofort einen Antrag auf

Asyl98 in einem der EU-Staaten zu stellen. Dieser und andere (weniger legale) Wege führen in

Westeuropa zum Anstieg der Immigrantenzahl aus außereuropäischen Ländern. Ihre

Anwesenheit in Europa, obwohl nicht neu, provoziert Diskussionen und Überlegungen in fast

allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Es ist Tatsache, dass solche monolithischen

Minderheiten die natürliche Tendenz besitzen, sich zu organisieren und sozial einzukapseln.

So werden diese häufig leichtfertig, ohne den exakten Herkunftsstaat zu nennen, in

generalisierender Form als asiatische, afrikanische etc. Minderheiten bezeichnet.

Stellt man nach Migrationschätzungen (siehe: Abb. 18) die Zahlen der Immigranten aus drei

Ländern (Türkei, Ex-Jugoslawien und Italien) zusammen99, dann machen diese mehr als 6

Mio. bzw. 34% der ausländischen Wohnbevölkerung in 10 EU-Staaten aus. Fast identisch ist

die gesamte Zahl der Immigranten aus Übersee mit weiteren 6 Mio. Zuwanderern bzw.

weiteren 34% Ausländern. Die Präsenz der Immigranten dieser Herkunftsländer, obwohl in

Gesamteuropa prozentual nicht so bedeutend, ist wichtig und motiviert zu tieferem Studium

der Auswanderungsursachen sowie zukünftigen Tendenzen in konkreten Staaten.

98 Vgl. die Daten von UNHCR (2001: 1), wo detailliert mitgeteilt wurde, dass über 50% aller Asylsuchenden in Europa aus zehn Staaten stammen, davon sechs aus außereuropäischen und nur einem afrikanischen: 1) Jugoslawien 10,3%; 2) Irak 8,4%; 3) Afghanistan 7,0%; 4) Iran 6,6%; 5) Türkei 5,7%; 6) Russland 3,7%; 7) China 3,2%; 8) Sri Lanka 3,1; 9) Bosnien und Herzegowina 2,7%; 10) Somalia 2,6%. 99 Die Zahlen und der Ausländeranteil in einigen EU-Ländern, die hier nach Fassmann / Münz (1996a: 31) bis 1994 betrachtet wurden, haben sich grundsätzlich auch am Ende des Jahrhunderts nicht verändert. In Deutschland war die Situation beispielsweise folgendermaßen: „Die größte Ausländergruppe aber stellten 1999 die Türken mit einem Anteil von 28%, der über der Zahl der EU-Ausländer liegt. Die zweitgrößte Gruppe waren mit rund 10% Bürger der Nachfolgerstaaten Jugoslawiens. Es folgten Italiener und Griechen mit ca. 8% bzw. 5%“ (Bender 2000: 60).

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70

1.1.2. Die wichtigsten Aufnahmeländer in der EU-Staaten

Obwohl die Wanderungstendenzen in Europa vor und nach dem Zweiten Weltkrieg

schon im Allgemeinen dargestellt wurden (vgl. I.2.), werden jetzt kurz die vier konkreten EU-

Länder betrachtet, die als größte Gastgeber- bzw. Aufnahmeländer Europas am Ende des 20.

Jahrhunderts galten. Die Besonderheiten in ihrer Migrantengeschichte, die heutige

Zuwanderungspolitik und interessante Datenvergleichbarkeit können dazu beitragen, die

gegenwärtigen globalen EU-Zuwanderungstendenzen (und die daraus resultierenden heftigen

Diskussionen) besser zu verstehen. Die zuvor präsentierte Tabelle (2) über den Regionalanteil

an Immigration in Europa zeigt eindeutig, dass nur Dank der bedeutenden Zuwanderung in

Westeuropa der gesamte Kontinent ein ausgeglichenes Migrationssaldo hat. Während andere

europäische Regionen (ost-, mittel-) mit weiteren Auswanderungen rechnen müssen, haben

die meisten westeuropäischen Staaten ihre Bevölkerung bereits heute mit insgesamt ca. 20

Mio. Immigranten bereichert. Am Ende des 20. Jahrhunderts lassen sich in den EU-15-Staaten

vier von ihnen benennen, die als einzige eine ausländische Wohnbevölkerung von mehr als

einer Million Menschen besaßen (vgl. Tab. 3). Es sind: die Bundesrepublik Deutschland,

Frankreich, Großbritannien und die Schweiz.

a) Deutschland

Die großen Bevölkerungsverluste im Zweiten Weltkrieg, das Streben nach wirtschaftli-

chem Neuanfang und weltwirtschaftlich ausgerichteter Konjunktur (z.B. Marschallplan siehe:

Fußnoten 17; 19; vgl. Bade 1993: 59) sind nur einige der Hauptfaktoren, die auf die

Öffnung100 Deutschlands und seine Zuwanderungspolitik evidenten Einfluss hatten. „So sind

seit 1955 insgesamt 31,5 Mio. Menschen zugezogen. Im gleichen Zeitraum haben insgesamt

22,2 Mio. Menschen die Bundesrepublik verlassen, sodass sich ein positiver Saldo von 9,3

Mio. Menschen ergibt“ (CDU 2001: 4). Für mehrere gilt diese Tatsache als Beispiel von

Aufnahmemöglichkeiten, von einer entwickelten Zuwanderungspolitik und Integrations-

modellen. Der größte Teil der Immigration rekrutiert sich aus rund 5 Millionen angeworbenen

ArbeitsimmigrantInnen bzw. den so genannten ´Gastarbeitern`, die in den ersten drei

100 „1965 verabschiedeten Bundestag und Bundesrat das erste Ausländergesetz der Bundesrepublik. Zwanzig Jahre nach Ende des Krieges definierte hier ein deutscher Staat die rechtlichen Strukturen seines Verhältnisses zu den Fremden im eigenen Land (...) 1965 einhellig als Dokument der Liberalität und Weltoffenheit gefeiert“ (Schönwälder 1999: 127).

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Nachkriegsdekaden vor allem aus südeuropäischen Ländern kamen101. Allein von 1960 bis

1973 (wirtschaftliche Krise und Anwerbestop) wuchs die ausländische Erwerbsbevölkerung

von rund 280.000 auf rund 2,6 Mio. (siehe: Bade 1993: 67). Später entfielen „rund zwei

Drittel der gesamten Zuwanderung nach Westeuropa in den 80er und 90er Jahren auf

Deutschland... 28% der Ausländer besitzen die türkische Staatsbürgerschaft, 18% sind Bürger

eines der Nachfolgestaaten Jugoslawiens. Weitere wichtige Gruppen sind die Italiener 8%, die

Griechen 5%, und die Polen 4%“, wobei der Anteil der Zuwanderer aus außereuropäischen

Staaten relativ gering ist (Fassmann / Münz 1996a: 32; vgl. Abb. 20). Auffallend ist, dass die

Entfernung der erwähnten Herkunftsstaaten von Deutschland vergleichsweise gering ist und

der steigenden Pendelmigration zugute kommt. Charakteristisch war auch, dass von über 30

Mio. Zuwanderern zwischen 1954 und1999 nur ca. 10% als Flüchtlinge um Asyl baten (siehe:

Münz / Ulrich 2000: 23). Diese Gruppe der Immigranten macht gleichzeitig die Mehrzahl der

Menschen aus sonstigen Ländern Europas aus; ihre Zahl hängt von der jeweiligen politischen

Situation in den Regionen ab als Beispiel für die Zeit des Balkankrieges. Mitte 1993 traten in

Deutschland ein restriktiveres Asylrecht und andere Verfahren in Kraft, die Einwanderungen

erschwert und deutlich verlangsamt haben (vgl. Branscheidt 1995: 14). Das Migrationssaldo

(Zuzüge und Auszüge von Ausländern) war zwischen 1997 und 1998 sogar negativ. Erst das

letzte Jahr des Millenniums zeigte eine positive Bilanz von +118.000 Immigranten (siehe:

Münz/Ulrich 2000: 27). Zu Beginn dieses 21. Jahrhunderts wird in Deutschland bei rund 7

Mio. Ausländern (9%) eine starke Kampagne um neue Zuwanderungsgesetze geführt. Zu

vorsichtigem Optimismus veranlassen aktuelle Aussagen führender Sozialwissenschaftler, die

feststellen, dass es erstmalig in Deutschland „weniger um die Eindämmung als um die

Förderung von Zuwanderungen“ geht (Bade / Münz 2000a: 7). Die Themen Einwanderung,

Staatsbürgerschaft und Integrationspolitik bleiben aber zwischen Politikern außergewöhnlich

heikel und umstritten. Doch es gibt viele gute Situationsanalysen (siehe: CDU 2001; vgl.

D`Amato 2001: 77-136) der aktuellen Migrationslage.

101 „Die Bundesanstalt für Arbeit (BA) unterhielt in den wichtigsten Herkunftsländern der Gastarbeiter besondere Anwerbestellen, die die örtlichen Behörden über die Nachfrage deutscher Arbeitgeber informierten. Die Behörden der ´Anwerbeländer` trafen eine Vorauswahl unter den Bewerbern und übermittelten sie der deutschen Kommission, die die letzte Auswahl traf“ (Bade 1993: 68). Da in der Gesamtzahl der Menschen aus den Anwerbestaaten mehrfache Einreisen derselben Person auch mehrfach gezählt werden, wird angenommen, dass nur etwa die Hälfte damals in der BRD blieb. Man rechnet aber auch für diese Zeit mit Millionen anderer, die ohne Anwerbung nach Deutschland kamen und weiteren sog. Illegalen (vgl. Jamin 1999: 151). Ohne das Geschlecht in der Arbeit zu spezifizieren, kann davon ausgegangen werden, dass der weibliche Anteil der ImmigrantInnen in Deutschland 1/3 beträgt und der männliche 2/3. Solche Analysekategorien scheinen in der Erforschung von Arbeitsmigrationsprozessen durchaus relevant zu sein (vgl. Mattes 1999: 285-309).

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b) Frankreich

In Frankreich ist die zuverlässigste Quelle für die Einschätzung der Immigranten-

population die allgemeine Volkszählung. Nach solcher wurde 1990 die Zahl der Immigranten

auf 4,1 Mio. geschätzt102. „Diese Zahl umfasst 50,4% Europäer, 35,9% Afrikaner, 11,4%

Asiaten und 2,3% Amerikaner (...). Die Zahl der Nachkommen von Immigranten, d. h. die in

Frankreich geborenen Kinder eingewanderter Eltern ... wird je nach Quelle auf 1,5 Mio. bzw.

3 Mio. geschätzt“ (Gineste 2000: 1f; vgl. Abb. 20). Wie im Fall Deutschlands könnte man die

frühere französische Immigration als die „alte Arbeitsmigration“ bezeichnen, die schon in den

50er – 60er Jahren zu einer Ansiedlung geführt hatte. In den folgenden beiden Dekaden

wuchs die Zuwanderung aus Afrika, die als „postkoloniale bzw. ethnische“ bezeichnet werden

könnte (vgl. I.3.3.1.f). Diese Zuwanderungen, obwohl heute reduziert, erklären sich durch den

Zustrom von Familienangehörigen besonders aus den Maghrebstaaten (60% der jährlichen

Neuzugänge) und Flüchtlingen, davon 20% der jährlichen Asylbewerber (vgl. Wenden 1994:

256). Im Gegensatz zu dieser Immigration ist der Anteil von mittel- bzw. osteuropäischen103

Immigranten quantitativ unbedeutend. Ereignisse wie die politische ´Ostöffnung` nach 1989

oder der Balkankrieg 1991-95 hat vorübergehend nur die Zahl der Immigranten verändert, die

Herkunftsstruktur der Ausländer in Frankreich jedoch nicht. Bemerkenswert ist, dass die

beiden großen Nachbarstaaten, Frankreich und Deutschland, trotz sehr unterschiedlicher

Anwerbungsmethoden und politischer Denk- und Handlungsmuster, jeweils für sich einiger-

maßen ´privilegierte` ethnische Völkergruppen assimiliert haben. „Die Herkunftsgebiete der

Immigranten in Frankreich und Deutschland sind somit komplementär, ´Überschneidungen`

gibt es kaum“ (Fassmann / Münz 1996a: 33).

102 Die Schwierigkeiten bezüglich der Eindeutigkeit der Statistiken resultieren aus der unterschiedlichen Quellenlage. Nicht nur die statistischen Institute sammeln allgemeine Daten, sondern auch einzelne Büros z.B. für Asylsuchende, Naturalisierungen, Aufenthaltsgenehmigungen oder das Nationale Institut der demographi-schen Studien. Zusätzlich provoziert die Abschaffung der Unterscheidung zwischen Ausländern und Franzosen aufgrund ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft etliche Unklarheiten in den Statistiken. „Die Population der Immigranten wird aufgrund der beiden Kriterien Nationalität und Geburtsort definiert: Immigrant ist jede im Ausland als Ausländer geborene und in Frankreich lebende Person. Diese Population besteht zum größten Teil aus Ausländern, aber auch aus Personen, die die französische Staatsangehörigkeit besitzen (z.B. in Frankreich geborene Ausländer), und nicht jeder Immigrant ist unbedingt Ausländer (naturalisierte Franzosen)“ (Gineste 2000: 1). Die erwähnte Autorin (ebd.) spricht also von 4.166 Mio. Immigranten in Frankreich im Jahr 1990. Nach Fassmann / Münz (1996a: 32, 34) erreicht im selben Jahr die ausländische Wohnbevölkerung in Frankreich lediglich 3,6 Mio., jedoch mit der Anmerkung, dass den Daten die Staatsangehörigkeit zugrunde liegt, nicht der Geburtsort. 103 Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs hat die Einwanderung aus dem Osten deutlich zugenommen. Allein aus den GUS-Staaten haben sich Anfang der 90er Jahre etwa 10.000 Menschen in Frankreich niedergelassen. Noch wichtiger ist, dass sich die positive Meinung der Mittel- und Osteuropäer über dieses Land als potentielles Niederlassungsgebiet sowie die Bereitschaft der hochqualifizierten Auswanderer, sich dort anzusiedeln, spürbar verändert hat (vgl. Tinguy 1994: 275-279).

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c) Großbritannien

Fast alle Einwanderungsprozesse Großbritanniens sind in der Nachkriegszeit von ihrer

alten Kolonialgeschichte geprägt. Schon nach dem Zweiten Weltkrieg blieben tausende

freiwilliger Soldaten und Arbeiter aus Übersee im britischen „Mutterland“104. Die 15 Jahre

der Nachkriegszuwanderungsgeschichte wurden durch Immigranten effizient genutzt. „Die

höchste Zahl von 34.000 Personen wurde 1962 erreicht, als abzusehen war, dass Britannien

seine Politik der ´offenen Tür` für britische Staatsbürger aus den Kolonien beenden und

Einwanderungsbeschränkungen erlassen würde“ (Räthzel 1994: 221). Da die ersten Gruppen

durchschnittlich gut qualifiziert waren und erheblich zum ökonomischen Boom beigetragen

haben, schloss die Einwanderungspolitik die überseeischen Zuwanderer nicht aus. Doch die

verschobene Orientierung auf den indischen Subkontinent ergab in den späten 60er und 70er

Jahren eine wachsende Zahl von Immigranten vor allem aus Indien und Pakistan. Die nächst

größte Gruppe stellten Immigranten aus Afrika, die sich wiederum fast ausschließlich aus

indischen Familien zusammensetzte. Nach der Unabhängigkeit Kenias (1963) und Ugandas

besaß ein Großteil der Bürger einen britischen Pass und zahlreiche Möglichkeiten für freie

Arbeit oder Ansiedlung. Die strikte Vertreibung aller AsiatInnen aus Uganda führte zwischen

1972-1978 zum Exodus von ca. 100.000 Menschen in Richtung Großbritannien (vgl. ebd. S.

222-225). Trotz einer beträchtlichen Senkung der Immigrationsquoten wurden dort bis Mitte

der 90er Jahre etwa 50.000 Genehmigungen zur Niederlassung erteilt, davon etwa die Hälfte

an Bürger aus den Commonwealth-Ländern (vgl. Meager 2000: 1; vgl. Sassen 2000: 154).

Die zweite zentrale Charakteristik von Immigranten in Großbritannien ist die starke

Präsenz irischer Staatsbürger. „Damit stammen fast drei Viertel aller ´europäischen`

Zuwanderer aus diesem sozioökonomischen und demographischen ´Hinterhof`, der bis 1920

zum Vereinigten Königsreich gehörte“ (Fassmann / Münz 1996a: 35). Zur Wirklichkeit dieses

Einwanderungslandes gehört heute auch ein quantitativ unbedeutender Immigrantenanteil aus

anderen EU-Ländern, die eine automatische Einbürgerung aller geborenen Kinder erhalten

und von mehreren Initiativen zugunsten ethnischer Minderheiten profitieren dürfen. Mit 3,6%

ausländischer Bevölkerung (vgl. DSW 2001: 1) liegt Großbritannien im europäischen

Durchschnitt.

104 „Die Zuwanderung nach Großbritannien beruht in besonders hohem Maße auf ´privilegierten` Beziehungen. Der Typus ´koloniale und postkoloniale Wanderung` besitzt für Großbritannien zentrale Bedeutung. Von den rund 2 Mio. Ausländern in Großbritannien stammt fast die Hälfte aus außereuropäischen, meist afrikanischen oder asiatischen Staaten“ (Fassmann / Münz 1996a: 34f). In dieser Phase kamen Immigranten auch aus der Karibik (westindische Inseln) und ließen sich wie die anderen vor allem in den Großstädten nieder.

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d) Schweiz

Die gesamte Politik der Schweiz ist durch starke Abwehrsysteme gegen Immigranten

geprägt. Die „Neutralität“ und das Schlüsselwort „Überfremdung“ mit all seinen Ängsten und

Abwehrreaktionen führten zur Verschärfung der Grenzkontrollen und Abwehrmechanismen.

„Die damalige ´Boot ist voll` - Politik zeigt, wie engherzig Flüchtlingspolitik zwischen 1933

und 1945 betrieben wurde“ (Fischer / Straubhaar 1996: 184). Die steigende Zahl der Arbeits-

immigranten nach dem Zweiten Weltkrieg wurde als zeitlicher Konjunkturpuffer betrachtet.

Anfang der 60er Jahre wurden wieder Einschränkungen eingeführt, die in den 70er Jahren

einen kurzen Erfolg hatten, dann aber stieg in 80er und 90er Jahren der Ausländerbestand

weiter an (vgl. ebd. 185). Die tatsächlich herrschenden „Überfremdungsängste“ und andere

isolationistische Argumente führten in einer Volksabstimmung105 (06.12.1992) unter den

Inländern zur Ablehnung des Beitritts zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Doch die

Konsequenzen solcher Unternehmungen waren von nicht allzu langer Dauer: so wurde die

Schweiz bereits Mitte der 90er Jahre nach der Erleichterung der Einbürgerung (vgl. D`Amato

2001: 241ff) zum vierten EU-Staat, nach Deutschland, Frankreich und Großbritannien, der

mehr als 1,2 Mio. Ausländer besaß (siehe: Abb. Nr. 20). Zum Jahresende 1998 zählte sie

sogar 1.383.737 Immigranten, was ein Anteil an der Gesamtbevölkerung von 19,4% ergibt

(siehe: Baratta 1999: 701). Die Herkunftsstruktur der Immigranten in die Schweiz weist die

Existenz einer privilegierten Schicht von italienischen Migranten auf, die über 30% aller

Zuwanderer stellt, im Anschluss daran platzieren sich Ex-Jugoslawien und einzelne EU-

Staaten wie Portugal, Deutschland und Spanien. Am 11. Dezember 1998 wurde zwischen der

Schweiz und den EU-15- Staaten ein bilaterales Abkommen unterzeichnet, das einen freien

Personenverkehr, Arbeitsbedingungen und Aufenthaltsbewilligungen für EU-Bürger in der

Schweiz reguliert. Diese und andere bewusste Lockerungen in der Zuwanderungspolitik

haben sogar zum Einbürgerungsrekord im Jahr 2000 geführt. Mehr als 30.000 Ausländer

wurden eingebürgert, was eine Zunahme von 40% gegenüber 1999 bedeutet. Im Gegensatz

dazu schrumpfte im Jahr 2000 die Asylbewerberzahl nach einem Höhepunkt im Jahr 1999,

wieder drastisch (vgl. Baratta 1999: 701f; vgl. UNHCR 2001: 3). Heute hat die Schweiz unter

den sog. Flächenstaaten mit 19,4% den höchsten Ausländeranteil.

105 Obwohl die Schweiz 20 Vollkantone und 6 Halbkantone hat, besteht in diesem Staat eine einzige Verfassung, ein Parlament und eine Regierung. Die wichtigeren Entscheidungen aber werden im Schweizer System der direkten Demokratie (anders als in einem repräsentativen bzw. indirekten) durch Referenden getroffen. Ein solch plebiszitäres Instrument lässt politische Interessengruppen einen direkten Einfluss ausüben. Ohne dieses System in Frage stellen zu wollen ist festzustellen, dass fremdenfeindlichen Parteien und populistische Stimmen einen massiven Druck in Richtung auf Begrenzung der Zuwanderung ausüben können.

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1.1.3. Gesamte Sicht ausländischer Wohnbevölkerung in der EU

Allen Erschwernissen beim Kategorisieren der Immigranten (vgl. I.1.3.) und den

Differenzen in den administrativen Statistiken und begrifflichen Einschränkungen zum Trotz,

ist eine allgemeine, vergleichende Sicht der ausländischen Wohnbevölkerung in Westeuropa

halbwegs möglich. Eine Gesamtübersicht ermöglicht, die wichtigsten Tendenzen und

Richtungen der Immigrationsprozesse im konkreten Bereich zu beleuchten. Weil die EU-

Staaten und ihre Nachbarn die wichtigsten Niederlassungsländer für die Immigranten sind,

werden sie als für die heutige Situation am repräsentativsten dargestellt.

Tabelle 3. Ausländische Wohnbevölkerung in den EU-15- Staaten sowie in Norwegen, in der Schweiz und in Liechtenstein. (Quelle: Fassmann / Münz 1996a: 17; vgl. DSW 2001; vgl. WMR 2000: 190). Erläuterungen zu (1, (2, (3, (4, (5 und * siehe: nächste Fußnote.

Schon ein umfassender Blick auf die letzte Reihe der oben zusammengestellten

Tabelle106 erlaubt festzustellen, dass es in den letzten 50 Jahren des 20. Jahrhunderts eine

ständige Zunahme der ausländischen Bürger in den EU-15 gab. Von weniger als 4 Mio.

106 Anmerkungen zur Tabelle 3: (1) 1950-1990: Westdeutschland, seit 1991: Ost- und Westdeutschland. (2) Ohne Saisoniers. (3) Summiert sind nur die angeführten Länder mit verfügbaren Daten. (4) Selbst ausgerechnete Daten nach DSW (2001: 1). (5) In den Gesamtdaten der EU-15 wird der Durchschnitt ohne Luxemburg und Lichtenstein berechnet, was die Autoren (Fassmann/Münz 1996a: 17) nirgendwo deutlich anmerken. (*) Keine Daten verfügbar.

LAND

1950 in 1000

% 1970/71 in 1000

% 1982 in 1000

% 1990 in 1000

% 1992/93 in 1000

% 1999 in 1000

% dsw (4

Deutschland (1 568 1,1 2.976 4,9 4.667 7,6 5.338 8,4 6.878 8,5 7.389 9,0 Frankreich 1.765 4,2 2.621 5,1 3.660 6,7 3.607 6,3 3.790 6,6 3.801 6,4 Großbritannien * * 2.000 3,6 2.137 3,8 1.904 3,3 2.001 3,5 2.152 3,6 Schweiz (2 285 6,1 1.080 17,4 926 14,4 1.127 16,7 1.269 18,1 1.377 19,4 Belgien 368 4,3 696 7,2 886 9,0 903 9,0 987 9,1 908 8,9 Niederlande 104 1,0 255 1,9 547 3,8 692 4,6 920 5,1 684 4,3 Österreich 323 4,7 212 2,8 303 4,0 482 6,2 779 8,6 737 9,1 Italien 47 0,1 * * 312 0,6 469 0,8 689 1,7 983 1,7 Schweden 124 1,8 411 5,1 406 4,9 484 5,6 507 5,8 525 5,9 Spanien 93 0,3 148 0,4 183 0,5 279 0,7 430 1,1 593 1,5 Griechenland 31 0,4 15 0,2 60 0,6 173 1,7 204 2,0 159 1,5 Dänemark * * * * 102 2,0 161 3,1 189 3,6 249 4,7 Norwegen 16 0,5 76 2,0 91 2,2 143 3,4 162 3,8 162 3,6 Portugal 21 0,2 32 0,4 64 0,6 108 1,1 124 1,2 180 1,8 Luxemburg (5 29 9,8 63 18,5 96 26,3 109 28,2 122 31,1 139 34,9 Irland * * 137 4,6 232 6,6 80 2,3 95 2,7 114 3,0 Finnland 11 0,3 6 0,1 13 0,3 26 0,5 55 1,1 83 1,6 Lichtenstein (5 3 21,4 7 33,3 9 34,1 11 38,1 11 37,5 10 34,3 EU-15+3 (3 3.785 1,3 10.728 3,2 14.685 4,2 16.085 4,5 19.208 5,2 20.245 5,4

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Anfang der 50er Jahre bis über 20 Mio. heute verfünffachte sich die Ausländerzahl in diesem

Bereich Europas. Die wachsende Rate sieht man besonders zwischen 1950 und 1970, was

teilweise durch den organisierten wirtschaftlichen Nachkriegsboom bzw. Nachfrage und

Angebot an Arbeitskräften erklärt werden kann. Dann aber folgte ein fast gleichmäßiger

Zuwachs der Ausländerquoten in allen Dekaden um rund 1%. Quantitativ gesehen hatten und

haben die Kleinstaaten oder sog. „Zwergstaaten“ wie etwa Monaco mit 85%, Lichtenstein mit

37,6% oder Luxemburg mit 25% traditionell einen sehr hohen prozentualen Anteil von

Ausländern an der Gesamtbevölkerung (vgl. Baratta 1999: 539, 493, 499). Von den Flächen-

staaten Europas ist die Schweiz mit 18,1 bzw. 19,4 % (1999) einzigartig – ein Staat, der trotz

aller Abwehrsysteme 50 Jahre hindurch die prozentual höchste Ausländerzahl hat. Mit

großem Abstand folgen der Schweiz: Österreich (9,1%), Deutschland (9,0%), Belgien (8,9),

Frankreich (6,4) und die skandinavischen Länder (siehe: DSW 2001:1). Nimmt man jedoch

die absoluten Zahlen zur Grundlage, dann hat Deutschland die führende Rolle. Nachdem in

den ersten 20 Nachkriegsjahren Gemeinsamkeiten mit Frankreich und Großbritannien in der

Einwanderungsfrage recht deutlich waren, wurden in den letzten 30 Jahren die Unterschiede

zunehmend größer. Die Bundesrepublik Deutschland beendete das Jahr 1998 mit 7.319.593

registrierten Ausländern, mit einem Defizit gegenüber 1996 von 0,7 % in allen Einwande-

rungsbereichen, d.h. die Zahl von Einbürgerungen, Aussiedlern und Asylbewerbern ist leicht

rückläufig. Um Jahr 2000 ist jedoch wieder eine positive Nettozuwanderung107 festzustellen.

Ebenso zählt man in Großbritannien einen starken Zuwachs von Ausländern, besonders von

Immigranten aus dem Commonwealth sowie von neuen Asylanten. Frankreich und die

Schweiz zeigen eine stabilere Einwanderungspolitik, daher haben auch ausgeglichene Erfolge.

Eine allgemeine Bestandsaufnahme der Immigrantenanteile in den EU Staaten mit Norwegen,

der Schweiz und Lichtenstein lässt sich auf verschiedene Interpretation der Daten stützen

(siehe: Fassmann / Münz 1996a: 16; vgl. DSW 2001: 1), Ja, der durchschnittliche Anteil der

ausländischen Bevölkerung in allen EU-Ländern stieg deutlich auf 8,6% bzw. 5,4% ohne

Luxemburg und Lichtenstein. Für das Gesamteuropa vom Atlantik bis zum Ural mit seinen

ca. 710 Mio. Einwohnern würde sich ein Anteil ausländischer Bevölkerung von etwa 4%

ergeben (vgl. ebd.).

107 Die neueste Migrationsdaten und die Situationsanalyse der Zuwanderung nach Deutschland zeigen, dass sich im Durchschnitt in der vergangenen Dekade die Nettozuwanderung auf rund 200.000 Immigranten pro Jahr belief. Die Tabellen der Zu- und Fortzüge von Ausländern stellen sich aber in sehr unterschiedlichen Saldos jedes Jahr dar: In 1990/+370.000; 1991/+428.000; 1992/+596.000; 1993/+279.000; 1994/+148.000; 1995/ +225.000; 1996/+149.000; 1997/-22.000; 1998/-33.000; 1999/+118.000 (siehe: CDU 2001: 4f).

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1.2. Entscheidende Faktoren der Migrationsbewegungen

Bevor eine Person in den europäischen Raum einwandert oder sich in ihm verlagert,

bedarf es nicht nur einer gewissen Mobilität, sondern erfordert vor allem existenziell wichtige

und zumeist schmerzhafte menschliche Entscheidungen. Sich machen auf den Weg sind

Taten, die immer ein Grad des Risikos beinhaltet. Ihnen liegt in der Regel ein sehr komplexes

Bündel von Ursachen unterschiedlicher Gewichtung zugrunde, die auch untereinander

verbunden sind. Infolgedessen gibt es einen langen Katalog von verschiedensten

Wanderungsursachen. Die Typologien und Charakteristiken der Migrationsfaktoren (siehe:

Abb. Nr. 1.), die später auch einen konkreten Migrantentyp bezeichnen, überschneiden sich

oft und auf verschiedenen Ebenen. Es gibt praktisch keine Migrationsentscheidung, die aus

nur einem einzigen Grund entstehen würde. Spricht man allgemein über Wanderungsgründe

bzw. Motive, wird vor allem auf bestimmte Faktoren im Herkunfts- und Zielgebiet

hingewiesen108. Sie werden im Deutschen Schub- und Sogfaktoren bzw. im Englischen Push-

und Pull-Faktoren109 bezeichnet. In den zwei räumlich getrennten Gebieten (Inland und

Ausland) müssen verständlicherweise bestimmte Vorbedingungen vorhanden sein, um den

menschlichen Auswanderungswunsch und die spätere physische Mobilität hervorzurufen und

zu verwirklichen. Daneben existieren mindestens zwei weitere Faktoren, die in der Forschung

(vgl. GEO: 2001: 4f) ernst genommen werden müssen. Es ist ein intervenierender Faktor, der

physisch die zwei ersten (Push- und Pull) bindet, und ein persönlicher Faktor, der humane

Begrenzungen betrifft. Wie sie sich unterscheiden und welchen Einfluss sie auf menschliche

Entscheidung haben wird im Folgenden werden kurz dargestellt.

108 Die Ansätze der Migrationsforschung lassen sich der individuellen oder kollektiven Entscheidung zuordnen. Die erste Gruppe der Forscher beschäftigt sich überwiegend mit sog. makrosoziologischen Bedingungen von Migranten in ihrer Heimat und ihrem Zielland (vgl. Schulte 1993: 129-131). Andere Forscher legen den Akzent auf die mikrosoziologischen Bedingungen, die die Entscheidungsprozesse der Migranten selbst betreffen. In unserer Darstellung werden solche vier Gesichtspunkte (siehe: II.1.2.1; II.1.2.2; II.1.2.3; II.1.2.4.) entsprechend repräsentiert. 109 Die Begriffe Push- und Pull-Faktoren werden als Bezeichnung des lokalen und finalen Standes der Dinge nicht nur in der Demographie, Bevölkerungsgeographie oder Migrationstheorie verwendet. Sie werden ebenso häufig benutzt z.B. in den Energiebetriebssystemen. (Siehe: GUIB 2001; vgl. BMLF 2001; Vgl. Britannica 1983: 185. Vol 12.).

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1.2.1. Schubfaktoren des Herkunftsgebietes (sog. Push-Faktoren)

Die Arbeitslosigkeit – sie gehört zu den häufigsten Migrationschubfaktoren der Welt.

Die Tatsache, dass von den 125-130 Mio. Migranten zwei Drittel Arbeitsmigranten sind (vgl.

Hauchler 1999: 109), schließt jeden Zweifel aus, dass das fundamentale Recht auf und die

Sorge um Arbeit gleichzeitig zur existenziell wichtigsten Form der Mobilität nötigen. Aus

diesem Grund erwirbt die Mehrheit in dieser Kategorie die aus Arbeitsmarktgründen

notwendige Flexibilität zunächst auf eigenem Gebiet (Heimat in erweitertem Sinne,

Heimatstaat, etc.), während ein anderer Teil der Wanderer auf der Suche nach Verbesserung

der Arbeits- und Lebensbedingungen in weiter entfernt liegenden Bereichen nach

entsprechenden Chancen sucht. Unter den Migranten jener Gruppe sind alle möglichen

Berufsgruppen und Beschäftigungsverhältnisse vertreten. Es wurde bereits nachgewiesen,

dass das Ungleichgewicht im Bevölkerungswachstum zwischen Nord- und Südeuropa sowie

die industrielle Kluft zwischen West- und Osteuropa die Ängste, dass es zu einer weiteren

Verstärkung des Migrationsdrucks kommen wird, deutlich nährten (vgl. WBB 1993: 15, 24).

Die eventuell erhöhte Präsenz von arbeitslosen Immigranten erweckt in jedem Land Sorgen

und eine bestimmte soziale Resistenz110. Weil die Städte generell einen attraktiveren

Arbeitssektor anbieten, versuchen Arbeitsmigranten verstärkt, sich dort anzusiedeln, was

nebenbei zu einer zunehmenden Verstädterung führt (siehe. WBB 1996: 38-42). Obwohl

dieser Faktor fast immer den sog. „freiwilligen“ Kriterien der Auswanderung zugeschrieben

wird, muss betont werden, dass nur in seltenen Fällen Personen ohne große Not111 eine derart

gravierende Entscheidung wie die zur Auswanderung treffen. Im Übrigen gehören

angemessener Wettbewerb, auch auf dem Arbeitsmarkt, und das Recht zur freien Wahl des

Arbeitsplatzes durchaus zu den Fundamenten der demokratischen Welt.

110 Auch die ökonomisch erfolgreichen wohlhabenden Staaten Europas haben, trotz guter Konjunktur, eine erhebliche Zahl von Arbeitslosen. Natürlicherweise zeigen solche Schichten und ihre Vertreter ein besonders kritisch Interesse gegenüber neuen Zuwanderer, von denen die Mehrheit ebenfalls arbeitslos ist. 111 Abgesehen von der ethischen Problematik, die mit dem Recht auf Arbeit und gerechten Lohn verbunden ist, ist es auch sehr problematisch die Toleranzgrenze der erwähnten „großen Not“ zu markieren. So verlassen z.B. Millionen die Gebiete Lateinamerikas, Afrikas oder Asiens, wo trotz der evidenten Armut und des Mangels an Perspektiven eines menschenwürdigen Lebens (was näher zu definieren wäre!) die physische Existenz nicht in Gefahr steht. Im Gegensatz hierzu wanderten aus einigen europäischen Nicht-EU-Staaten (z.B. Polen, Kroatien) große Massen in die „bessere Welt“ und verlassen nicht selten ein großes Vermögen, hochqualifizierte Berufe und gut situierte Familien. Andere wiederum denken, z.B. in einigen westeuropäischen Ländern, trotz der hohen Arbeitslosigkeit (in Deutschland rund 4 Mio.) gekoppelt allerdings mit einer recht üppigen Sozialunterstützung des Staates, überhaupt nicht an eventuelle Auswanderung.

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Die Verteilungskonflikte – auch sie zwangen eine Vielzahl von Menschen zur

unvermeidlichen Flucht. Ihre lange Dauer und die politischen Implikationen bilden verschie-

dene Denominationen (siehe: II.3.3.5.) unter den Flüchtlingen. Alle Kriege, Aufstände und

Verfolgungen missachten die Menschenrechte (siehe: AIJ 2001: 7-54) und führen zu

komplexen Auseinandersetzungen. Nur selten sind solche Situationen rein ethnischer,

religiöser oder politischer Natur. Sie stellen häufig eine Mischung von variierenden

Kleinfaktoren dar, die zur unabwendbaren Flucht führen. Die evidenten, also politischen

Schub-Faktoren betreffen die Flüchtlinge und alle, die ihnen vergleichbar sind(siehe: I.3.3.5;

vgl. Abb. 2), die sog. De-facto- Flüchtlinge. „In diese Kategorie gehören alle Personen, die

sich auf der Flucht vor Kriegen, Bürgerkriegen, diktatorischen Regierungen oder

Naturkatastrophen befinden und deren Lebensbedingungen mit denen von politischen

Flüchtlingen vergleichbar sind“ (HdA 2001: L.004.001). Wie es schon ausgeführt wurde, sind

Furcht, Angst und Auswanderungsnot die zentralen Konsequenzen der Konflikte, die sich in

ihrem Umfang differenzieren lassen: von kleinen Gruppen bis zu ganzen Nationen112. Die

Betroffenen sehen sich besonders in der ersten Phase der Flucht in einer hoffnungslosen Lage

und sollen deswegen aus humanen Gründen möglichst schnell angenommen und entsprechend

geschützt werden.

Die Umweltkatastrophen – sie bilden die dritte Kategorie der typischen

Schubfaktoren, die zur Auswanderung zwingen. Mangel an Nahrung und gesundem Wasser,

die Konsequenzen von Erdbeben, Bodenerosionen oder Atomreaktorunfällen stimulieren die

Auswanderung in erheblichem Maße. „Die Anzahl großer Naturkatastrophen ist seit den

1960er Jahren auf etwa das Dreifache gestiegen“ (Baratta 2001: 1267). Sie betreffen immer

mehr Menschen, aber auch ganze Regionen, in denen in unmittelbarer Nähe zur bedrohten

Lokalbevölkerung gelegentlich überdimensionierte und in ihren ökologischen Folgewir-

kungen verheerende technische Projekte realisiert werden. „Schon jetzt vertreiben Entwick-

lungsprojekte, vor allem Staudamm- und landwirtschaftliche Mechanisierungsprojekte, nach

Schätzungen der Weltbank jedes Jahr bis zu zehn Millionen Menschen aus ihren

Siedlungsgebieten“ (Hauchler 1999: 110). Die fortschreitende Umweltzerstörung, die vor

allem in armen und dicht bevölkerten Regionen zunimmt, ist ein gefährlicher Faktor für das

112 In globaler Sicht sind für internationale Organisationen wie z.B. die Vereinten Nationen oder die Weltbank Flüchtlinge das humane Barometer für den Mangel an politischer und ökonomischer Stabilität einerseits und für den Mangel an Gerechtigkeit und Ordnung in einem bestimmten Gebiet der Welt anderseits. Daher sind Ursachen, Verlauf und Konsequenzen der Konflikte dringende Themen der Sozialethik aller Zeiten. An dieser Stelle der Arbeit ist nicht beabsichtigt, sich mit ethischen Bewertungen der angesprochenen Probleme auseinanderzusetzen.

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Entstehen von Wanderungsbewegungen (vgl. WBB 1993: 12; vgl. Wöhlcke 1992: 7-54). Die

Gefahr gegenwärtiger globaler Umweltkatastrophen wie etwa die Erwärmung unseres

Planeten mit ihren Konsequenzen wird aller Voraussicht nach zu weiteren Migrationsströmen

beitragen und stellt eine künftige Herausforderung von erheblichem Ausmaß dar.

1.2.2. Sogfaktoren des Zielgebietes (sog. Pull-Faktoren)

Jede Wanderung findet per definitionem zwischen einem Herkunfts- und einem

Bestimmungsgebiet statt. Ein Entschluss zur Migration ergibt sich aus dem partiellen

Vergleich der Lage am Ursprungsort mit der Situation am Zielort. Die bestehenden

Sogfaktoren haben dabei ebenso starke Anziehungskräfte wie der Druck (Push-Faktoren) in

der Heimat. Ohne an dieser Stelle ihre Einflusskräfte zu vergleichen, werden nachfolgend die

zentralen, für die Zuwanderungsentscheidung ausschlaggebenden Sogfaktoren betrachtet.

Bessere ökonomische Verhältnisse – jedes Zielgebiet gewinnt an Attraktivität, wenn es

- im ökonomischen Sinne - etwas Besseres anbietet. Der Mangel am Ursprungsort kann sich

theoretisch in einen Überfluss im Zielgebiet verwandeln, und sich so etwas zu wünschen hat

jeder ein Recht113. Vergessen werden darf jedoch nicht, dass aus rein pragmatischer Sicht

beide Seiten (Arbeitsuchende und Arbeitgeber) profitieren. Folglich kann die Anwerbung von

legalen (wie auch illegalen114) Arbeitnehmern etliche Veränderungen eines sozialen Gefüges

verursachen, in der Regel jedoch eher zugunsten beider Gruppen. Das stetige Wachstum des

Arbeitsmarktsegments, die schützenden Sozialsysteme und die Annoncemethoden spielen

eine entscheidende Rolle. „Die von den in den Medien weltweit zur Schau gestellte 113 Unter dem Begriff „Überfluss“ verbergen sich zu relativierende Werte. Jeder Immigrant will am gewissen Wohlstand teilhaben, ihr Ausmaß und ihre Bedingungen sind aber unterschiedlicher Natur. Manche sind imstande, alles zu akzeptieren; andere kämpfen um einen gerechten Lohn. Zu solchem aus der Not geborenen Pragmatismus gehören aber erhebliche Widersprüche. „Einerseits haben Menschen in der Dritten Welt und Osteuropa nach jahrhundertlanger Ausplünderung jedes Recht, am westeuropäischen Wohlstandskuchen teilzuhaben. (...) Anderseits untergraben die neuen ZuwanderInnen mit der Bereitschaft zu niedrigen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen die bisherigen Lebensstandards“ (Krug 1996: 12). 114 „Der Arbeitsmarkt in Westeuropa wird darüber hinaus zunehmend durch illegal hier Beschäftigte mitbestimmt. Dies ist nur möglich, weil westeuropäische Unternehmungen und private Haushalte Arbeit unter Umgehung ausländerpolizeilicher und steuer- sowie sozialversicherungsrechtlicher Bedingungen anbieten. Gleichwohl ergeben sich hieraus ´Möglichkeiten` für Personen, die aus Gründen des Überlebens ihrer Familien in mittelost- und osteuropäischen Staaten unter fast jeden Bedingungen Arbeit, Unterkunft und Verpflegung akzeptieren... Inzwischen leben beachtliche Teile ganzer Wirtschaftsbereiche wie etwa die Landwirtschaft, der Weinbau, der Gemüseanbau und das Gaststättengewerbe von der Möglichkeit, illegal Personen aus Mittelost- und Osteuropa zu beschäftigen. Von diesem illegalen Zuzug sind insbesondere Deutschland und Österreich als unmittelbare Anrainerstaaten betroffen. In einer ähnlichen Weise drängen die afrikanischen Migranten auf den illegalen Arbeitsmarkt in Südeuropa“ (Benz 2001: 8f).

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Prosperität des Westens und vor allem die Leistungen seiner Sozialsysteme fördern diesen

Zustrom und ziehen Zuwanderer an“ (Tibi 2002: 14). Obwohl die großen Unterschiede

zwischen den ökonomischen Ebenen verschiedener Staaten stets eine Hauptquelle von

Wanderungsbewegungen waren, werden sie heutzutage jedoch zur Hauptquelle potenzieller

Konflikte (siehe: Brecht 1995: 38-42). Gelegentlich ist diese Anziehungskraft aber auch von

allgemeiner Natur bzw. können Erwartungshaltungen überzogen sein. Folglich resultieren

daraus nach dem ohnehin schwierigen Prozess der Zuwanderung Unzufriedenheit und

mögliche ´freiwillige Rückkehr` der Immigranten (vgl. Motte 1999: 165f). Die realen Arbeits-

und Lohnbedingungen in den Aufnahmeländern haben jedoch letztlich entscheidenden

Einfluss auf den Aufenthalt des Immigranten im Ausland.

Persönliche Sicherheit – Für den Großteil der Auswanderer ist das ausschlaggebende

Migrationsziel die Sicherheit vor jeder Verfolgung und vor Umweltschäden. Es geht um ein

fundamentales Sicherheitsgefühl für Einzelne und ihre Familien. Das Zielgebiet übt mithin

allein durch seine Ruhe und seinen Schutz eine Anziehungskraft aus. Um diese Form von

Lebensqualität zu erreichen sind die Menschen bereit, weite Entfernungen und erhebliche

soziale Veränderungen zu akzeptieren115. Für die direkt verfolgten Menschen ist der Zwang

zum Verlassen der Heimat – im wahrsten Sinne des Wortes - peinlich. In der Regel nutzen sie

erste Möglichkeiten, die ihnen ein ´friedlicher` Ort bietet, gerne aus. In der Regel entscheiden

sich viele der Betroffenen für die Flucht zuerst in eine Nachbarregion. Diejenigen, die weit

fliehen müssen, demonstrieren ihre Hoffnungslosigkeit, jemals zurückkehren zu können. In

solchen Fällen ist von besonderer Wichtigkeit, eine juristische Form der Sicherheit

(Asylstatus) zu gewähren. Letztlich aber markieren die ökonomischen Bedingungen und

andere Sogfaktoren des Gaststaates die entscheidenden Anziehungskräfte.

Dienstleistungen und Kultureinrichtungen – Dieses Angebot findet sich

normalerweise in den Städten, ist jedoch nicht nur von Bedeutung für die Binnenmigranten.

Auch die Einwanderer aus Übersee lassen sich häufig in den Städten nieder. Die

Konzentration der oft armen Zuwanderer in bestimmten städtischen Ballungsgebieten schafft

spezifische Arbeit- und Lebensmöglichkeiten. In Großbritannien z.B. „fanden die zum

Großteil ungelernten Migranten Arbeit im Gewerbe sowie im Dienstleistungs- und

115 Der Wechsel des europäischen Sozialmusters verstärkt nicht nur die Mobilisierung der weiblichen Arbeitskräfte, sondern hat durch zunehmende sog. ´Heiratsmigration` oder ´Bräute auf Bestellung` ziemlich viel mit der physischen und psychischen Notlage der Frauen zu tun. „Die Analyse der Erfahrungen von philippini-schen Frauen verdeutlicht, dass das System der ´Bräute auf Bestellung` eine neue Form von Mobilität für Frauen aus der Dritten Welt darstellt. In gewisser Hinsicht ist damit für die Frauen eine Erweiterung ihrer Möglichkeiten verbunden, insbesondere erhöhte Heiratsaussichten und Chancen zur Sicherung des Überlebens bzw. einer stärkeren sozialen Mobilität ihrer Herkunftsfamilie. Erweiterte Möglichkeiten, könnte man daher sagen, nützen den Frauen somit als Einzelpersonen wie als Mitgliedern ihrer Familie“ (Rosario 1994: 199).

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Transportsektor. (...) Es bestand eine Art von Übereinkunft darüber, dass diese Einwanderer

vor allem eine ´Ersatzbevölkerung` wären“ (Coleman: 1996: 55). Jedoch bieten die im

Vergleich zum Herkunftsland besseren Bildungsmöglichkeiten, Gesundheitsdienste und

Freizeiteinrichtungen dort erheblich mehr. Andererseits schließt das anziehende Leben in der

Megastadt oder in ihrer Umgebung Enttäuschungen nicht aus und beinhaltet häufig die

vielfältigen Lebensgefahren (vgl. WBB 1996: 40). Trotz allem stimuliert die Entwicklung der

Städte die Immigranten, eben diese als künftigen Wohnort aufzusuchen.

1.2.3. Intervenierende Faktoren

Historische Bindungen und geographische Nähe – jeder Auswanderer, eigentlich jeder

Mensch wählt, soweit überhaupt realisierbar, einen möglichst nahen Zuwanderungsort.

Entscheidend ist nicht nur die rein physische Entfernung. „Physische Barrieren wie

Entfernungen und Probleme der Zugänglichkeit lassen sich durch bessere Straßen und

Verkehrsmittel überwinden“ (ebd.). Es geht um einen Ort, an dem sich der Immigrant ähnlich

wie zu Hause fühlt, wo sich die Lebensumwelt wenig von der Heimat unterscheidet und von

wo eine eventuelle Rückkehroption besteht. „Die Nähe von Herkunfts- und Zielgebiet

erleichtert den Entschluss zur Auswanderung, erleichtert die Rückkehr, reduziert das Risiko

und ´verbilligt` somit die Wanderungen. Wenn benachbarte Herkunfts- und Zielgebiete

überdies dem gleichen Sprachraum angehören, dann sinken nicht nur die Transportkosten,

sondern auch die ´sozialen` Kosten von Aufnahme und Integration“ (Fassmann / Münz 1996a:

45). Das erklärt, warum die Industriestaaten Europas in erster Linie auf die Nachbarländer

zielen. Auch historische und kulturelle Bindungen bzw. Ähnlichkeiten zwischen Herkunfts-

und Zielgebiet sind stark anziehende Ursachen der Zuwanderung (vgl. I.3.3. in allen Typen).

Sprachkenntnisse, Weiterbildungsmöglichkeiten und erheblich leichtere Integration

begünstigen und motivieren die Migranten vor allem von ehemaligen europäischen Kolonien

zur Aus/Einwanderung. „Als Ergebnis dieser historisch-kulturellen Beziehungen ergibt sich

ein Strukturmuster europäischer Wanderungen mit ´privilegierten` Beziehungen zwischen

einzelnen Herkunfts- und Zielländern“ (ebd. 47). Diese Feststellung belegt die starke Präsenz

von Immigranten aus den Maghrebstaaten in Frankreich, aus Indonesien in Holland oder aus

Indien in England. Die historisch- kulturellen Verhältnisse erscheinen also deutlich stärker zu

wirken als die rein ökonomischen oder anderen Sogfaktoren.

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Politische und gesetzliche Regulative – Sie entscheiden vor allem über den Ausgangs-

bzw. Eingangsstatus des Migranten. Aus rein psychologischen Gründen wünscht sich jeder

Immigrant einen möglichst unproblematischen ´legalen` Start in der neuen Wirklichkeit.

Manchen erleichtern die juristischen Bedingungen den Zugang zum vormaligen bzw.

ehemaligen Mutterland116. Dieser Umstand wird von den sog. postkolonialen Zuwanderern

gerne genutzt (vgl. I.3.3.1.). Die Staaten mit demokratischen, stabilen und rechtsstaatlichen

Verhältnissen sind besonders gesucht unter den Migranten aus den politisch krisenanfälligen

Gebieten. Besteht aber für die unterdrückten Menschen irgendeine Alternative, wählen sie

von den sicheren Staaten zuerst die aus, die über eine bessere ökonomische Lage bzw. nähere

kulturelle Beziehungen zur Heimat verfügen. In diesem generellen Migrationsmuster

überschneiden sich solche intervenierenden Faktoren mit Sogfaktoren des Zielgebietes. „Auf

der einen Seite wirkt die Nachfrage auf den westeuropäischen Arbeitsmärkten oder die

erhoffte Sicherheit vor Verfolgung, auf der anderen Seite das ökonomische Gefälle (...) sowie

politische Repression“ (ebd. 46). Es ist zu beachten, dass einerseits die allgemeinen

ökonomischen und politischen Disparitäten bei den Betroffenen recht gut bekannt sind,

andere konkrete Migrantenregulative der Zielstaaten jedoch in der Regel kaum wahrgenom-

men werden. Diese problematische Situation verstärkt einerseits die illusionistischen

Vorstellungen, anderseits kann sie den Status von Einreisenden als ´illegal` bedingen. Die

Anziehungskraft der falschen Erwartungen führt nicht selten zu irreversiblen Problemen in

Herkunfts- und Zielland117. Dabei würde ein kurzer Einblick in die Migrations-, Straf- oder

Arbeitsgesetze Enttäuschungen und sogar harte Strafen vermeiden. Eine ausreichende

Information der Menschen in den potentiellen Herkunftsländern wird zu einer wachsenden

Herausforderung in der globalen Welt.

116 So wurden beispielsweise Tunesier und Marokkaner in Frankreich aufgenommen. Ähnlich verhält es sich bei jüdischen Einwanderern in Israel, Wolgadeutschen in Deutschland oder Lateinamerikanern im Fall Spaniens oder Portugals. Zur sog. ´Geopolitik` der Migration liest man bei Sassen (2000: 154-157). 117 Sehr oft sind die, die das eigene Land verlassen, ungenügend informiert bzw. sich bewusst, dass ihre Abwesenheit offiziell als eine Straftat (im schlimmeren Fall als Verrat der Nation) interpretiert werden kann. Mangel an Erkenntnis des Rechts im eigenen Staat schließt in vielen Fällen den eventuellen Rückweg ins eigene Land definitiv aus. Diese Interpretation jeder Flucht wurde von den ehemaligen Staaten des Warschauern Paktes in der Regel auch angewendet. Auf der anderen Seite erschwert der Mangel an Kenntnis der allgemeinen internationalen Rechtslage, der jeweiligen Asylgesetze oder etwa der Arbeits- und anderer lebenswichtiger Gesetze des Staates, in den man einreisen will, nicht nur den Anfang, sondern kann auch gezielt zum Nachteil der Immigranten ausgenützt werden. So schreibt einer der beteiligten deutschen Flüchtlingsberater im Vorwort seines Buches: „Versuche, die soziale Lage von Asylsuchenden und anderen Flüchtlingen in Deutschland zu verschlechtern, sind weit älter als das Asylbewerberleistungsgesetz (...). Flüchtlinge in Deutschland sind in einem umfassenden Gespinst aus Bevormundung, Entmündigung und täglicher Erniedrigung gefangen, das ihren Alltag prägt. In vielen Regionen zwangsweise versorgt mit Sachleistungen, in vielen Regionen abgespeist gar mit minderwertigen Lebensmittelpaketen, wird jenen, die man durch ein Arbeitsverbot hindert, zu ihrem Lebensunterhalt selbst beizutragen, auch noch der Rest an Würde genommen: die alltägliche Sorge für sich selbst und die Familie“ (Classen 2000: 10).

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Transportmöglichkeiten und Kosten - Zu dieser Faktorengruppe gehören konkrete

Mobilitätsmöglichkeiten sowie notwendige Reisekosten (eventuelle Schleuserkosten siehe:

Abb. Nr. 15) Obwohl „die Revolutionisierung des Verkehrswesens die Mobilität der

Menschen auch über große Entfernungen wesentlich erleichtert hat“ (Hauchler 1999: 110),

muss bei der Abwanderungsentscheidung mit diesen Faktoren ernsthaft gerechnet werden.

Diese Bedingungen werden normalerweise exakt vorgeprüft, wobei der Zugang zu diesen

Informationen erheblich leichter ist als bei den rechtlichen Regulativen. Dies ist von

besonderer Relevanz bei den interkontinentalen Migrationen, bei denen eine eventuelle

Rückkehr von größeren finanziellen Leistungen und Reiseanstrengungen abhängt. Nur selten

sind andere Faktoren imstande diese zwei zu beeinflussen.

1.2.4. Persönliche Faktoren

Unabhängig von Schub-, Sog- und anderen Faktoren, von Entscheidungsfreiheit oder

plötzlichem Zwang sehen sich die MigrantInnen mit veränderter Lebenssituation und mit

eigenen Fähigkeiten konfrontiert. Der Mensch ist allein gelassen in der konkreten Situation,

die manchmal lebensgefährlich ist und die von ihm erfordert, eigene Kräfte und herrschende

Umstände zu prüfen. Zu den wichtigsten Bedingungen in solchen Situationen gehören z.B.:

Alter, Gesundheitszustand, Zivilverantwortungen (gegenüber Familien, Staat etc.), Bildung

oder Erwerbstätigkeit (vgl. GEO 2001: 5). Der innere Kampf um die richtige Entscheidung

und die erste Phase nach ihr verursachen in den Augen einiger Psychoanalytiker118 eine Art

´Pathologie der Migration`. „Jede Migration, ihr Warum und ihr Wie, hinterlässt ihre Spuren

in der Geschichte jeder Familie und jedes Individuums“ (Grinberg 1990: 41). Die Ängste vor

Verlassenheit, vor Identitätsverlust und vor Triebimpulsen werden vor allem durch die Frauen

ausgelöst. Für die Männer verursacht die Perspektive der Arbeitslosigkeit oder sozialer

Minderwertigkeit große Unsicherheit und depressiven Verlust ihrer Selbstwertgefühle (vgl.

Ardjomandi / Streeck 1998: 58). Solche objektiven Faktoren sowie subjektiven Gefühle

werden von den Migranten ernst genommen und in allem entscheidend.

118 Rebecca und Leon Grinberg beschäftigen sich nicht mit „Extremfällen“ wie Holocaustopfern, sondern untersuchen die Migrationsprozesse bzw. Migrationsentscheidungen im weitesten Sinn als Quellen der Krisen und Traumata. Die mögliche Trennung von Familie und Heimat stellt immer eine schwere persönliche Belastung dar. Entscheidend ist dabei nicht, ob die Migration durch eine psychisch schwer verkraftbare Extremsituation ausgelöst wurde oder ob sich eine migrierende Person in der Zielregion nur schwer zurechtfindet (siehe: Grinberg 1990: 25-41).

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1.3. Häufigste Sozialtypen der modernen Zuwanderer

Nach der kurzen Darstellung der heute möglichen Ursachen bzw. Motive bei den

Auswanderungsentscheidungen wird nun die wirkliche Lage der Immigranten im

europäischen Bereich konkretisiert. Ihr sozialer Status in Europa macht es erforderlich, sie in

verschiedene soziale Kategorien einzuordnen. Die theoretische Kategorisierung der

Einwanderertypen basiert auf Typologien oder Modellen der heutigen Wanderungen (vgl.

Abb. 1). Die allgemeine Beleuchtung des Begriffes ´Immigrant` (siehe: I.1.3.), die kurze

Geschichte der verschiedenen Wanderungen (siehe: I.2.) und die Beschreibung der Herkunfts-

bzw. Aufnahmeländer und zentralen Faktoren der Auswanderung sollen zum Verständnis der

Tatsache, dass es in Europa fast alle möglichen Denominationen der Immigranten gibt,

beitragen. Die folgende Darstellung beinhaltet daher eine Reihe bereits genannter Faktoren,

die sich jedoch auf die systematische Beschreibung der häufigsten und aktuellsten Sozialtypen

der Immigranten beschränkt. Solche methodologische Auswahl erscheint als breit genug

angelegt, eine klare Differenzierung der Immigranten vornehmen zu können und ihre Charak-

teristik herauszustellen, wobei gelegentliche Überschneidungen nicht auszuschließen sind.

1.3.1. Postkoloniale Zuwanderer

Die Aufhebung kolonialer Herrschaftsverhältnisse119 und die Entwicklung europäischer

Kolonien in Asien und Afrika zu unabhängigen Staaten verursachten dort viele

Auseinandersetzungen (siehe: BEnz. Bd. 6. 1988: 422), während sie in Europa einen

wirtschaftlichen Boom bewirkten. Diese Ereignisse, stimuliert durch zahlreiche Sog- und

Schubfaktoren, hatten voluminöse Zahlen von Migranten zur Folge. Die „weißen und

farbigen“ Bürger wandten sich oft in Richtung der ehemaligen Mutterländer. „Schätzungen

der durch den Prozess der Dekolonisation ausgelösten Rück- und Zuwanderungen aus den

Kolonialgebieten Europas schwanken zwischen 5,5 und 8,5 Millionen“ (Bade 2000: 307f).

Dieses Los betraf bis heute rund 100 der damaligen Kolonialgebiete, von deren Bevölkerung 119 Entscheidend für die Entkolonialisierung waren nach 1945 vor allem die Schwächung und der Prestigeverlust vieler Kolonialmächte während des Zweiten Weltkrieges (Belgien, Frankreich und Niederlande als besetzte Länder; Italien, Deutschland und Japan als Kriegsverlierer), verstärkter Emanzipationswille der Bevölkerung der Kolonien, zunehmende Ablehnung der Kolonialherrschaft durch die öffentliche Meinung und zunehmender Druck der USA und der UdSSR auf die Kolonialmächte.

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besonders in den 60er und 70er Jahren gewisse Teile nach Belgien, Frankreich, Großbrita-

nnien, Italien, den Niederlanden, Portugal und Spanien emigrierte. Es betraf vor allem die

Menschen außereuropäischer Herkunft. Trotz ihrer anthropologischen ´Verschiedenheit`

haben mehrere Faktoren ihre Präsenz in Europa erleichtert, wobei die kulturelle Orientierung,

die Sprachkenntnisse und oft gemeinsame Staatsbürgerschaft die wichtigsten waren (vgl.

Fassmann / Münz 1996a: 19; siehe: I.3.2.). Dieser Typ von sog. ´privilegierten` Immigranten

schloss auch die Entstehung starker Minderheiten in Europa ein, die in der Form von

Kettenwanderungen und Familiennachzug kamen. Obwohl der gesamte Kontinent

zweifelsohne von ihrer Präsenz profitierte120, waren sie nicht selten Objekte rassistischer

Agitation und verschärfter Ausländerpolitik. Ihre familiären, freundschaftlichen und

wirtschaftlichen Beziehungen zu den in Übersee gebliebenen Angehörigen helfen ihrer

Existenz bis heute. Dieser Typ kolonialer Zuwanderung ist praktisch mit der Rückgabe von

Hongkong und Macao an China weitgehend begrenzt, Konsequenzen sind allerdings spürbar.

1.3.2. Ethnische Zuwanderer

Gemeint sind Immigranten gleicher ethnischer Zugehörigkeit, die aber nicht aus den

ehemaligen Kolonialstaaten stammen. Ihre Präsenz im europäischen Bereich überschneidet

sich zeitlich mit den postkolonialen Einwanderern und betrifft besonders die Ost-West-

Migrationsprozesse. Ein Teil dieser Immigranten nutzte, je nach der politischen Konstellation,

die Chance der Rückkehr in die ursprüngliche ethnische Heimat (siehe: Dietz 1999: 10-29).

Andere hatten Auswanderungszwang bzw. eine obligatorische Aussiedlung im Rahmen

ethnischer Säuberungen zu erleiden. Damit die Migranten in diesen Fällen das ´Mutterland`

erreichen konnten, musste die Existenz von Migranten dieses Typus in die vorhandenen

Einwanderungsgesetze integriert werden. In der Regel wurde den meisten Immigranten als

ethnisch gleichen Bürgern die entsprechende Staatsbürgerschaft und schnelle Integration

120 Die eurokoloniale Migration in der Gesamtbilanz „hatte, wie die der Kolonialgeschichte selbst, durchweg im Zeichen einseitiger europäischer Gewinne gestanden (...) Selbst im Prozess der Dekolonisation profitierte Europa (...) von der Umkehr der eurokolonialen Migrationsrichtungen; denn das Wirtschaftswachstum in den – außer Portugal – prosperierenden ehemaligen ´Mutterländern`, das die Eingliederung der eurokolonialen Rückwande-rer auf qualifizierten Ebenen ermöglichte, war mit einem starken Zusatzbedarf an un- oder angelernten billigen Arbeitskräften verbunden, der in den früheren Kolonialnationen besonders durch koloniale und postkoloniale Zuwanderer gedeckt werden konnte“ (Bade 2000: 314).

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ermöglicht. In der europäischen Neuordnung121 waren nach dem Zweiten Weltkrieg solche

Umsiedlungen nach Deutschland und Polen von abnormen Tragödien gekennzeichnet.

„Zwischen 1950 und 1995 wanderten ungefähr 3,4 Mio. Volksdeutsche nach Deutschland ein.

(...) Auch die Migration zwischen beiden deutschen Staaten passt in dieses Muster. Zwischen

1949 und 1990 gingen ungefähr 5,3 Mio. DDR-Bürger in die Bundesrepublik“ (Fassmann

/Münz 1996a: 21). Bei diesen Verschiebungen scheint das größte Auswanderungsland damals

und heute Russland gewesen zu sein, das bis Ende der 80er Jahre ca. 8 Mio. Menschen

verlassen haben. Die Hälfte davon konstituieren vier ethnische Gruppen (Deutsche, Juden,

Polen und Armenier), die sich relativ gut in den ursprünglichen Heimatländern eingelebt

haben (vgl. Vishnevsky / Zayonchkovskaya 1996: 372). In der letzten Dekade des 20. Jahr-

hunderts haben die verschärften ethnischen Konflikte auf dem Balkan zu neuen

Massenmigrationen geführt. Die sog. „ethnischen Säuberungen“ verschoben in beträchtlichem

Maße die Bevölkerungsstruktur von heute unabhängigen Staaten. Wie Prof. Bade beschreibt,

wurden in diesem „ethnokulturellen Flickenteppich (...) Minderheiten in allen Territorien um

ihre wirtschaftlichen Existenzgrundlagen gebracht, aus ihren Wohnungen vertrieben,

bestohlen, bedroht, erniedrigt, vergewaltigt, getötet, und so die ethnische Teilung weiter

gefestigt“ (Bade 2000: 429, 431). Ab 1995 haben sich mehrere Hunderttausend Menschen

wieder in den fünf neu entstandenen Staaten anzusiedeln versucht, wobei die Tendenz zur

Organisierung von ethnisch monolithischen Staaten besteht. Nach bestimmten Prognosen

müssen die europäischen Länder mit weiteren kleinen Verschiebungen der ethnischen

Minderheiten rechnen122. Ihr Ausmaß soll aber unbedeutend für die ethnischen Strukturen der

Nationalstaaten werden. Auch die zukünftige Osterweiterung der EU scheint keine größeren

ethnischen Umsiedlungen auslösen zu können.

121 Die Verschiebung der Grenzen zwischen Deutschland und Polen sowie zwischen Polen und der UdSSR verursachte eine wilde Vertreibung der ethnischen Minoritäten. „Zwischen 1950 und 1995 wanderten ungefähr 3,4 Mio. Volksdeutsche nach Deutschland ein. Die meisten kamen aus Polen (1,4 Mio.), aus der früheren UdSSR bzw. den GUS-Staaten (1,4 Mio.), eine geringer Teil aus Rumänien. Auch die Migration zwischen beiden deutschen Staaten, die eng mit der Geschichte des Kalten Krieges zusammenhängt, passt in dieses Muster“ (Fassmann/Münz 1996a: 21). Die ausgesiedelten Gebiete in West-Polen wurden gleichzeitig im Rahmen der sog. Repatriierung durch die polnischen Bürger vom tiefen Osten auch zwangsweise neu besiedelt. „Die polnische Volkszählung des Jahres 1950 zeigte, dass 2,1 Mio. Einwohner aus den nach 1945 zur UdSSR gehörenden Teilen des Landes nach Polen ausgesiedelt worden waren. Zwischen 1955 und 1958 kamen weitere 200.000 Polen hinzu“ (Vishnevsky / Zayonchkovskaya 1996: 372-374). 122 Vgl. Chesnais (1991: 8), der z.B. zu den potentiell mobilen Minderheiten in Russland 178.000 Finnen und Karelier, 439.000 Koreaner, 385.000 Griechen, 171.000 Ungarn, 40.000 Perser, 25.000 Tschechen und Slowaken, 262.000 Roma sowie 208.000 Türken zählt.

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1.3.3. Arbeitsimmigranten

Jeder Mensch, der sich länger im Ausland befindet, sucht nach Arbeitsmöglichkeit, um

sich selbst und eventuell anderen Personen eine minimale physische Existenz zu garantieren.

Jeder Immigrant strebt, unabhängig von den Schub- und Sog-Faktoren (siehe: I.3.2.), von

seinem politischen Status im Einwanderungsland oder von der Außenhilfe, nach finanzieller

Unabhängigkeit. Es geht letztlich nicht nur um soziale Not, sonder vielmehr um ein der

Menschenwürde entsprechendes Grundrecht (vgl. Gremmels 1978: 362-370). Ohne eine

ethische Beurteilung dieser Frage wird nur noch einmal deutlich gemacht, dass zur

Arbeitsmigration praktisch alle anderen Typen der Immigranten gezählt werden können. Jeder

und jede von ihnen wird früher oder später nach Arbeit suchen, denn dazu sind sie aus

Gründen der Selbsterhaltung letztlich verpflichtet (siehe: Sieveking 1999: 111). Historisch

gesehen war dieser Typ der Migranten im Europa des 20. Jahrhunderts immer stark präsent.

Beim Versuch ihrer zeitgenössischen Charakteristik muss auf ihre qualitative Veränderung

hingewiesen werden. In der ersten Phase 1945-1973 „begannen einige Staaten Westeuropas

(...) ihren zusätzlichen Bedarf an billigen, wenig qualifizierten Arbeitskräften durch

Zuwanderung aus ehemaligen oder damals bestehenden Kolonien und Überseegebieten zu

decken. Andere Länder holten Gastarbeiter aus dem Mittelmeerraum“ (Fassmann / Münz

1996a: 22). Nach dem Umbruch des Arbeitsmarktes kam es zu einem begrenzten

Anwerbestopp (1973-1979). Zu dieser Zeit schon gab es in den Industriestaaten Mittel-, West-

und Nordeuropas ein hohes Migrationssaldo von fast 15 Mio. Arbeitern (vgl. Santel 1995: 54-

70). Anfang der 80er Jahre wurden mehrere südeuropäische Staaten von ´Entsendeländern zu

Aufnahmeländern` da sie eine große Zahl von Arbeitsmigranten aufgenommen hatten (siehe:

Bade 2000: 323-331). Gleichzeitig wurden im Westen die Spätaussiedler und politischen

Immigranten aus dem Osten aufgenommen. Menschen dieses Migrationstyps stellen eine

ganz andere Sozialschicht dar. Sie sind oft besser ausgebildet und streben auf dem

Arbeitsmarkt nach einer ihrem Beruf entsprechenden Stelle. An der Wende zu den 90er

Jahren traten neue Immigrantentypen auf (siehe: I.3.3.4.), die dem Arbeitsbedarf entsprachen.

Immer häufiger erschienen auch sog. Werktags- und Saisonarbeiter, deren Charakteristik ihre

kurze Aufenthaltsdauer ist (vgl. Bertsch 2000: 9). Rechnet man in den EU-Staaten 2,5-3 Mio.

irregulär beschäftigter Ausländer hinzu (vgl. Bade 2000: 331), wird sichtbar, dass die

Situation dieses Migrantentyps von der globalen Konjunktur des Arbeitsmarktes abhängt. Die

allgemein hohe Arbeitslosigkeit in Europa verstärkt diese Gruppe der Suchenden, wobei der

folgende Migrantentyp an Attraktivität gewinnt.

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1.3.4. Eliten – Fachkräfte

Die letzte Dekade des 20. Jahrhunderts ist durch den enormen Fortschritt in der

Informationstechnologie gekennzeichnet. Der „World Migration Report 2000“ weist darauf

hin, dass ein solch rascher Informationsboom einen unmittelbaren Einfluss auf die Geopolitik

und den Arbeitsmarkt Europas hat. Dort wird auch über sog. ´Transnationalismus` als einer

neuen Migrationsfähigkeit gesprochen (siehe: WMR 2000: 195; vgl. Treichler 2002a: 15-23).

Der Bedarf an Experten verschiedenster Fachrichtungen nötigt zur Öffnung, Einladung und

Aufnahme neuer Immigranten, um die eigenen wirtschaftlichen Ziele zu realisieren. Die

führende Rolle und die fortschrittlichsten Programme für solche Unternehmungen besitzen

die USA123. Das so genannte ´Brain Drain Phänomen` (d.h. Abzug von Intelligenz) wurde

dort seit langem praktiziert, was eine wachsende Abwanderung hoch qualifizierter Fachkräfte

aus Europa zur Folge hatte (siehe: Abb. 21). Es geht dabei nicht nur um Zuwanderung von

Computerexperten in die USA, sondern auch um die von Wissenschaftlern, Experten und

anderem Bildungspersonal aus allen Branchen.

Die europäischen Länder bemühen sich, solche Anstrengungen ebenfalls zu verstärken,

um eine steigende Zahl ausländischer WissenschaftlerInnen und StudentInnen anzuwerben

und gleichzeitig einheimische Fachkräfte zu erhalten124. Durch spezielle Hochschule-

Sonderprogramme, Stiftungen oder exorbitante Gehälter für Forscher (bis zu 300.000 DM pro

Jahr) werden z.B. in Großbritannien größte Hoffnungen auf diesen Immigrantentyp gesetzt

(vgl. Rötzer 2000: 1). Die Hauptcharakteristik solcher ´Intelligenz-Migranten` ist, dass sie

sozial sehr gefragt, intellektuell äußerst begabt, ökonomisch besonders privilegiert und

physisch überaus mobil sein müssen. Seit den politischen Veränderungen in den späten 80er

Jahren suchen die EU-Staaten solche hochqualifizierten Arbeitskräfte besonders in ihren

Nachbarländern. Die geographische Nähe, kurzfristige Projekte, ökonomische Vorteile und

123 Anfang 1999 stellten mehrere USA-Experten in einem besonderen Bericht (siehe: PITAC 1999 bes. Punkt 3) an den Präsidenten fest, dass die Präsenz solcher Spezialisten von fundamentaler Bedeutung für das Land ist und forderten eine Verfünffachung des Etats. Das klare Ziel war – die führende Rolle der USA in der Informations-technologie im 21. Jahrhundert zu sichern (vgl. Brzezinski 1999: 46). 124 Neulich sagte die deutsche Bundesministerin Edelgard Bulmahn: „Die Bundesregierung will die ´besten Köpfe für unser Land` anwerben. Es muss Schluss sein mit dem ´brain drain` aus Deutschland. Wir wollen stattdessen ein ´brain gain` in Gang setzen. Unser Ziel ist es, mehr ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und ausländische Studierende anzuwerben. Zugleich wollen wir deutschen Nachwuchswissen-schaftlern, die zurzeit im Ausland arbeiten, die besten Chancen für eine Rückkehr bieten. Deutschland muss internationaler werden. Nur Wissenschaft und Forschung auf höchstem Niveau sichert die Zukunft unseres Landes. Deshalb müssen wir über die nationalen Grenzen hinaus denken und handeln“ (Märkische Presse 2001: 1). Das konsequente Handeln aller Industriestaaten verursachte eine Situation, in der die Länder aus Afrika, der Karibik, Mittelamerika und Südasien schon ein Drittel ihrer Fachkräfte verloren haben (vgl. WEB 2000: 46).

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ein hoher Grad an Möglichkeiten von Mobilität rechtfertigen einerseits die Theorie der

nützlichen ´Zirkulation der Gehirne`, anderseits scheint es ein evidenter ´Raub der Gehirne`

zu sein (vgl. Horvath 2000: 1f). Ungeachtet einer ethischen Beurteilung ist es mittlerweile

zur europäischen Realität geworden, dass, abhängig von der Nachfrage, eine wachsende Zahl

solcher Arbeitsmigranten innerhalb Europas wandert, wie etwa Deutsche nach Spanien,

Spanier nach Polen, Polen nach Schweden125. Als völlig neue und stark nachgefragte

Kategorie von Zuwanderern werden sie auch zu Objekten von politischen Wahlkampagnen

und Versprechungen.

1.3.5. Flüchtlinge und Asylanten

Zwar ist diese Gruppe der Immigranten im europäischen Bereich nicht die größte, wird

aber in den heutigen Medien, Veröffentlichungen und im täglichen Leben am

augenscheinlichsten registriert. Das Schicksal der Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen,

weil sie politisch, ethnisch oder religiös verfolgt, gedemütigt und diskriminiert werden,

berührt jeden. Es handelt sich immer um einen direkten oder indirekten Zwang, der sie zur

Flucht nötigt. Unabhängig von den Unterschieden beim Zählen und Definieren126, kann man

„mit einiger Berechtigung von etwa 50 Millionen Menschen ausgehen, die weltweit Opfer

von Flucht und Vertreibung sind. Viele von ihnen leben in Regionen, die während des Kalten

Krieges nicht im Vordergrund der Flüchtlingsproblematik standen: auf dem Balkan, im

Kaukasus, in Zentralasien und anderen Teilen der früheren Sowjetunion“ (UNHCR 1998: 2f).

Diese Aussage hebt hervor, dass die Anwesenheit von Flüchtlingen und Asylsuchenden in

Europa von der politischen Lage der Region abhängt. „Zu den 2,9 Millionen Flüchtlingen und

2,4 Millionen Binnenflüchtlingen, die der UNHCR Anfang 1998 in Europa registriert hatte,

125 Die Bundesanstalt für Arbeit hat 1999 insgesamt knapp 7.000 Deutschen eine Stelle im Ausland vermittelt – davon 310 nach Spanien als Gastanimateure (siehe: IDW 2000: 1). Manche westlichen Führungskräfte fahren unter besonderen Bedingungen gern nach Mittel-Osteuropa (vgl. Hillmann / Rudolph 1996: 96-103). 126 Am häufigsten werden in den Statistiken sog. ´Mandatsflüchtlinge` erwähnt. Das sind Personen, die durch das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) direkt betreut werden, weil sie der Genfer Flüchtlings-konvention vom 28.07.1951 entsprechen. Diese Konvention verordnet, dass ein Mensch in Schutzgebiete gebracht wird, wenn sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist (vgl. Nuscheler 1988: 400-402). Der unpräzise und umstrittene Begriff ´Flüchtling` verändert die geschätzte Zahl der sog. Binnenflüchtlinge. Sie sind am Ende des 20. Jahrhunderts fast 30 Mio. Menschen, von denen nur 4,5 Mio. durch UNHCR betreut werden. Zu diesem Zahlenwirrwarr gehört auch z.B. das Übergehen anderer wichtigen Daten wie der des U.S. Committee for Refugees (vgl. Hauchler 1999: 110; vgl. Fußnote 13).

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fügte der Anfang 1999 verschärfte Krieg im Kosovo nach UNHCR-Schätzungen etwa eine

Million hinzu“ (Hauchler 1999: 111). Die Großzügigkeit der anderen europäischen Länder

zeigte sich schon in der ersten Phase (1993-95) des Balkankonflikts. Mehrere Staaten haben

ca. 20.000-35.000 Flüchtlinge aufgenommen, wobei Deutschland, das allein fast 350.000

betreut hat, als Musterbeispiel gilt (vgl. UNHCR 1995: 92). Heutzutage erhalten, obwohl in

sehr geringer Zahl127, die ´Zwangs-Immigranten` in allen europäischen Staaten einen

besonderen Sozialstatus und verschiedene Versorgungen, die ihnen sowohl eine Rückkehr als

auch eventuelles Bleiben erleichtern128. Die aktuelle Kontroverse zwischen vorübergehendem

Schutz und dauerhaftem Asyl, zwischen ihrer Integration und dem Recht auf kulturelle

Unabhängigkeit, zwischen staatlichem Gesetz und ethisch bedingungsloser Annahme, wird in

einer dialektischen Spannung bereits vielfältig (wissenschaftlich und populär) bearbeitet129.

Trotz der sog. Abschreckungstendenzen der EU ist die Präsenz von Angehörigen dieser

Gruppe (3,5 Mio.) in Europa längst Realität. Auch die weltweite Bekämpfung der Flucht-

ursachen wird angesichts der zeitgenössischen politischen (kulturellen) Spannungen in

übrigen Weltteilen nur schwer das Ausmaß dieses Phänomens ändern können.

127 Eine Pressemitteilung von 31. Januar 2001 berichtet, dass in ganz Europa im Vergleich mit dem Jahr 2000 4% weniger Asylanträge gestellt wurden. Im Jahr 2000 insgesamt wurden in 25 europäischen Staaten 452.350 Asylbewerber gezählt. Zwei Drittel von ihnen stellten ihren Antrag in fünf EU-Staaten. Das waren der Reihe nach: 1) Großbritannien 21,6%; 2) Deutschland 17,4%; 3) Niederlande 9,7%; 4) Belgien 9,4%; und 5) Frankreich 8,5%. Es ist dabei das erste Jahr, in dem Deutschland als Hauptziel von Asylbewerbern durch Großbritannien übertroffen wurde. (siehe: UNHCR 2001: 1). Wenn man diese Zahlen der Asylbewerber in Relation zu der jeweiligen Gesamtbevölkerung in den einzelnen Ländern setzt, dann ergibt sich ein ganz anderes Bild. Die Aufnahme von Asylbewerbern z.B. im Jahre 1999 gerechnet auf 1000 Einwohner in jedem europäischen Land ergäbe die folgende Liste: 1) Belgien 3,51; 2) Niederlande 2,49; 3) Österreich 2,47; 4) Irland 2,13; 5) Luxemburg 1,4; 5) Schweden 1,26; 7) Dänemark 1,21; 8) Großbritannien 1,21; 9) Deutschland 1,16 (siehe: CDU 2001: 8). Weil die Genfer Flüchtlingskonvention nicht den Anspruch des Einzelnen auf Asylgewährung sichert, haben diesen nur einige Staaten in ihre Verfassungen und sonstigen Gesetze aufgenommen (vgl. Wollenschläger 1995: 379). Daher ermöglicht die Verschärfung der Asylgesetzgebung in einigen EU-Ländern weniger Flüchtlingen die Chance Asyl zu erhalten. 128 Es existieren immense Unterschiede in sozioökonomischen Bedingungen zwischen Flüchtlingen in der ´Dritten Welt` und denen, die in Europa, Nordamerika oder Australien ein Exil gefunden haben. „Für viele von ihnen ist ihr Lebensstandard, auch wenn er im Vergleich zu dem der einheimischen Bevölkerung niedrig sein mag, um vieles höher als das, was sie in ihrer Heimat erhoffen können. Selbst wenn sie keine Arbeit finden, haben sie Anspruch auf Sozialhilfe, kostenlosen Schulbesuch und medizinische Versorgung. Gleichzeitig haben die in diesen Gesellschaften normalerweise angebotenen Integrationsprogramme (...) vielen Flüchtlingen und – was noch wichtiger ist – ihren Kindern ermöglicht, sich erfolgreich an das Leben in der westlichen Welt anzupassen. Folglich sind sie im allgemeinen weniger an einer Rückkehr in ihre Heimat interessiert als Flüchtlinge, die in ärmeren Ländern Asyl gefunden haben“ (UNHCR 1995: 93). 129 In diesen Bereichen ist als erste die umfassende und vor allem sehr gute geschichtliche Bearbeitung des Themas bei Marrus 1999 und Bade 2000 zu empfehlen. Zur rechtlichen Seite dieser Thematik siehe: Classen (2000) und zur ethischen: Alt / Fodor (2001) an.

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1.3.6. Andere Gruppen von Immigranten

Zu dieser Sammelkategorie, die hier nur kurz erwähnt werden soll, zählen solche

Zuwanderer, die sich bewusst kurzfristig innerhalb Europas bzw. der EU-15 aufhalten, um

konkrete Ziele zu erreichen und dann wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Durch starke

Fluktuation dieser Immigranten gibt es keine sicheren Daten, und nur wenige Forschungs-

studien beschäftigen sich mit solchen Migrantentypen. Doch zusammen gesehen sind ihre

Zahl und ihr Charakter nicht unbedeutend für Migration und Zukunft der europäischen

Wanderungsbewegungen.

Ausländische Studenten - Der zunehmende Studentenaustausch bzw. die wachsende

Kooperation in der Hochschulausbildung (vgl. I.3.3.4.) hat zur Folge, dass einige Staaten eine

beträchtliche Zahl an Gaststudenten aufnehmen. Beispielsweise gab es am Anfang dieses

Jahrhunderts unter den Studenten in Österreich 12% Ausländer; in Deutschland 7,6%; in

Frankreich 6,0% (vgl. Studentenwerke 2001: 11-14). Sie wandern manchmal von weit her zu,

und wenn man z.B. auf die Herkunftskontinente der in Deutschland Studierenden schaut, dann

kommen 54,6% aus Europa, davon 22,8% aus der EU; 27,7% aus Asien; 8,3% aus Afrika;

7,6% aus Amerika (vgl. ebd. 11). Dabei ist das Hauptmotiv zum Auslandsstudium fast immer

gleich; die Schwierigkeiten und die Studienzeit aber sind unterschiedlich130. Mehrere

Industrieländer lassen als Zielmarke 10% der eigenen Studenten im Ausland ausbilden

(vgl. Müßig-Trapp / Schnitzer 2000: 5). Für Europa bedeutet diese Realität die Zahl hundert-

tausender neuer junger Migranten in Bewegung.

Nord-Süd-Wanderer – sie migrieren im Allgemeinen aus Ländern, die klimatisch wenig

günstig sind, in die sonnigen Südgebiete Europas. Hierunter fallen vor allem die älteren

Menschen, etwa aus Großbritannien und Deutschland, die nach Spanien oder in die Schweiz

gehen (vgl. Fassmann / Münz 1996a: 28; 51). Einige entscheiden sich auch aus gesundheitli-

chen Gründen für eine längere Aufenthaltszeit im südlichen Ausland (Kur-Patienten,

130 Zu den Schwierigkeiten darf man nicht nur Sprachprobleme, Kontakterschwerung oder Ausländerfeind-lichkeit zählen. Vor allem geht es um die Unterkunft sowie Finanzierung des Studiums. Daher wird das System von Stipendien immer besser entwickelt. In Deutschland beispielsweise stieg die Zahl der ausländischen Stipendiaten im Jahr 1998 auf ca. 24.500 und hat sich seit 1995 um fast 50% erhöht. Drei Viertel der ausländischen Studierenden sind aber sog. ´free movers`, d.h. Nicht-Programmstudenten, die Studium und Lebensunterhalt selbst finanzieren müssen (vgl. Pressemitteilung 1999: 1). In der Regel versuchen 90% aller Studenten aus den Entwicklungsländern das ganze Studium im Ausland zu absolvieren. Die Studenten aus Industrieländern bleiben dagegen nur ein oder zwei Semester (vgl. Studentenwerke 2001: 1-10).

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Rehabilitierende, Sportler etc.). Nicht selten emigrieren dorthin aus gleichen Motiven

Menschen aus Mittel- und Osteuropa. Ähnliches ist zu erwarten bei der Rückkehr der

zahlreichen ehemaligen Arbeitsmigranten im Rentenalter. Sie werden vermutlich in ihre

Heimatländer wie etwa Portugal, Griechenland oder Jugoslawien zurückreisen um dort die

besseren klimatischen und familiären Bedingungen zu genießen.

Dienst-Immigranten – dieser Typus macht eine quantitativ kleine Gruppe der

Zuwanderer aus. Sie versuchen, durch einen Auftrag oder eine bestimmte Mission im Ausland

ihren Aufenthalt dort nur für bestimmte Zeit zu nehmen. Sie werden selten registriert und

mitgezählt, denn die Betroffenen wissen in der Regel selbst nicht genau, wann ihr Aufenthalt

zu Ende sein wird. Ohne Zweifel sind unter diesen vor allem stationierte ausländische

Truppen samt Zivilpersonal und Angehörigen zu sehen (vgl. ebd.). Eine ähnliche Rolle und

vergleichbaren Immigrantenstatus besitzen alle Diplomaten und Mitarbeiter der ausländischen

Botschaften. Dazu gehören auch die Menschen, die aufgrund ihrer kulturellen Fähigkeiten

(z.B. Künstler) oder wegen eines religiösen Auftrages (z.B. Ordensleute) im Ausland ihre

Aufgaben erfüllen.

In allen bisher erwähnten fünf Unterpunkten (vgl. I.3.3.) werden eigentlich nur die

zentralen Typen der heutigen Zuwanderer in Europa aufgezählt. Zu jeder Gruppe gehören

tatsächlich mehrere Untergruppen, die die Immigranten noch exakter und differenzierter

beschreiben könnten. Die Vermehrung der Typologien erleichtert es aber nicht, die

entscheidende Interdependenz zwischen den Schub- und Sogfaktoren aufzudecken (vgl.

I.3.2.). In diesem Punkt also ging es mehr um eine ganzheitliche Darstellung real existierender

Personen und ihrer Entscheidungen, die zur drastischen Umwandlung des Lebensgebiets und

zu einer neuen sozialen Einreihung führen. Daher werden hier Touristen in ihrer Gesamtheit

ausgenommen, obwohl ihre Mobilitätsformen und vor allem ihre Zahl (684 Mio. reisen im

Jahr 2000) rasch wächst (siehe: Tempel 1998: 590-592, Bd.3; vgl. Baratta 2001: 1247f). Die

folgenden hypothetischen Prognosen der zukünftigen Zuwanderung nach Europa weisen auf

alle bereits beschriebenen Charakteristiken der Immigranten hin. Aus ihrer Gesamtheit wird

keine einzelne Gruppe bzw. ein spezieller Typus von Immigranten besonders herausgestellt.

Vorrangig sind die Darstellung allgemeiner Tendenzen und die Charakteristik von zukünfti-

gen Migrationsprozessen.

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2. Prognosen der Zuwanderung für die nächsten Dekaden

2.1. Im Licht der Bevölkerungsstruktur

Im 20. Jahrhundert haben sich die globale und die regionale Verteilung der

Weltbevölkerung sehr verändert. Darauf hatten einen direkten Einfluss variable Faktoren:

Fertilität, Mortalität, Migration und Alterung (siehe: Münz 1999: 9). Die Zuwanderung bzw.

Abwanderung der Menschen kann, je nach den Schub-, Sog- und anderen Faktoren (vgl.

I.3.2.), für die Demographie der Regionen von großer Bedeutung sein. Im Hinblick auf

Europa werden hier die heutigen Unterschiede und zukünftigen Bevölkerungsprojektionen

nach Regionen betrachtet. Mögliche Variationen in der Bevölkerungsgröße bedeuten ipso

facto nicht, dass es einen ausgleichenden Ersatz durch Massenmigrationen wird geben

müssen. Fakt ist jedoch: „das unterschiedliche Bevölkerungswachstum in den Weltregionen

gilt wie in einem System der kommunizierenden Röhren als wichtigste Schubkraft, vor allem

dann, wenn es gleichzeitig als eigentliche Ursache für weitere Schubfaktoren (Arbeits-

losigkeit, Armut, Verteilungskonflikte) ausgemacht wird“ (Hauchler 1999: 109; vgl. I.3.2.).

Die Migration also beeinflusst die Größe einer Bevölkerung in zwei Gebieten, sie wirkt sich

jedoch nicht in dem Maße aus wie die Fertilität und die Sterblichkeit. Migration beeinflusst

vielmehr die Zusammensetzung der Bevölkerung des Ziel- oder Herkunftslands im Hinblick

auf ihre Alters- und Geschlechtsstruktur sowie auf ihre kulturelle und ethnische

Verschmelzung. Um ein Verständnis der zukünftigen europäischen Migrationsentwicklung

und ihres Charakters überhaupt zu ermöglichen, sollten zunächst die hypothetischen

Berechnungen der Bevölkerungswissenschaftler nach zuverlässigen Quellen131, in weltweitem

sowie europäischem Ausmaß, zur Kenntnis genommen werden. Dies erscheint als

Voraussetzung, die immensen neuen Herausforderungen einer zukünftigen Gesellschaft näher

bestimmen zu können.

131 Die Daten zuverlässiger statistischer Quellen werden direkt und indirekt bearbeitet. Einige solcher Zentren der Bearbeitung von Bevölkerungsdaten sind beispielsweise: Vereinte Nationen, World Population Prospects, Deutsche Stiftung Weltbevölkerung, Weltbank, UNHCR, Eurostat, Encyclopedia of Biostatistics (1998) und die Statistischen Ämter der einzelnen Staaten Europas. Sie ermöglichen einen umfangreichen Einblick in verschie-dene Tendenzen der Bevölkerungsentwicklung. Auch andere Quellen, die auf o.g. basieren (etwa wie WEB 2000 oder WMR 2000) werden als verlässlich betrachtet und im Folgenden zitiert.

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2.1.1. Weltweites Ausmaß

Die Weltbevölkerung hat am Ende des 20. Jahrhunderts die Marke von 6 Mrd.

Menschen überschritten und wächst weiter. Ob man nach ihrem globalen Wachstum fragt

oder einige territoriale Schätzungen vornimmt, im Grunde hängt alles davon ab, wie viele

Kinder geboren werden und wie viele Menschen im gleichen Zeitraum sterben. Im Jahre 1999

waren das 135 Mio. zu 55 Mio. (Münz 1999: 7). Rein mathematisch gesehen, sollen Eltern

(also 2 Personen) mindestens 2 Kinder haben, um sich selbst biologisch zu reproduzieren.

Erwartet man aber ein positives Bevölkerungswachstum, dann ist es von fundamentaler

Bedeutung (für ein Gebiet oder global), das minimale Ersatzniveau von 2,1 Kindern pro Frau

zu erreichen (Gelbard 2000: 32). Diese sog. ´Gesamtfruchtbarkeitsrate`, die heute in der Welt

bei 3,0 Kindern pro Frau liegt, soll, entsprechend interpretiert132, zur Projektion wahrschein-

licher Weltbevölkerungsgröße beitragen. Drei Varianten von Bevölkerungsprojektionen der

UN sagen bis zum Jahr 2050 voraus, dass die Weltbevölkerungszahl voraussichtlich 7,3-11

Mrd. Menschen erreichen wird (vgl. Abb. 22; 16). Die Hauptgründe für das vorausgesagte

Bevölkerungswachstum in den nächsten 50 Jahren von mindestens 1,3 Mrd. wären (siehe:

Gelbard 2000: 32-37; vgl. Hauchler 1999: 100):

- Momentan ist die Kinderzahl in den Entwicklungsländern doppelt so hoch wie in den

Industrieländern, ihre Vermehrung in zwei Generationen ist entscheidend.

- Die junge Altersstruktur der Entwicklungsländer und Überalterung der Industrieländer

favorisieren das Wachstum in ersteren133.

- Die Sterblichkeitsrate soll in den Entwicklungsländern weiter sinken, obwohl der

Ausbruch der HIV/AIDS Pandemie große Auswirkungen zeigt134.

132 „Je höher die Fruchtbarkeitsrate eines Landes ist, desto schwerer lässt sich jedoch die zukünftige Größe seiner Bevölkerung abschätzen. (...) Die Genauigkeit einer Bevölkerungsprojektion nimmt ab, je weiter sie in die Zukunft reicht. Auch der Abstand zwischen den Varianten vergrößert sich mit zunehmender zeitlicher Distanz. Die UN-Projektionen für 2150 variieren zwischen 4 Milliarden (das sind zwei Milliarden Menschen weniger als heute) und 27 Milliarden Menschen (mehr als viermal so viele Menschen)“ (Gelbard 2001: 32f; vgl. Baratta 2000: 1290). 133 Das betrifft natürlich die erste oder zweite Generation in den Ländern mit dem heutigen sog. ´Baby-Boom`. Anschließend aber wird unmittelbar ein natürlicher ´Senioren-Boom` folgen. „Weltweit wird der Anteil der Menschen, die älter als 60 Jahre sind, nach neuesten UN-Prognosen von derzeit 10% bis zur Jahrhundertmitte auf 22% ansteigen (...) Die Zahl der Menschen, die älter als 80 Jahre sind, wird von derzeit 66 Millionen (1998) auf 370 Millionen anwachsen. 2,2 Millionen werden dann sogar älter als 100 Jahre sein und entsprechend lange Altersfürsorge beanspruchen“ (Hauchler 1999: 103f; vgl. Baratta 2000: 1291). 134 Obwohl in den Entwicklungsländern die Lebenserwartung zwischen 1950 und 1995 von 41 auf 62 Jahre stieg, leben wir mit der grausamen Zahl von 33,6 Mio. HIV/AIDS-Infizierter, die innerhalb der nächsten Dekaden sterben werden. Das beeinflusst deutlich die allgemeinen Sterblichkeitsraten (siehe: Gelbard 2000: 14). Deshalb werden die ständigen Korrekturen der statistischen Daten immer vorgenommen (vgl. Baratta 1999: 1293).

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Bemerkenswert ist, dass die Hauptcharakteristik der Weltbevölkerung durch ihr konstant

langsameres Wachstum gekennzeichnet ist. Die UN-Demographen korrigieren alle zwei Jahre

ihre Projektionen, weil die Zahlen des hypothetischen Wachstums zuletzt deutlich abnehmen.

Die entscheidenden Faktoren dafür wären (siehe: Hauchler 1999: 101-104; vgl. Gelbard 2000:

32-42; vgl. Münz 1999: 7f):

- bevölkerungspolitische Maßnahmen der UN135, praktisch ab 1954 eingesetzt in der

ganzen Welt (Fall der Wachstumsrate der letzten Dekade von 1,46% auf 1,33%);

- weltweite Senkung der Fruchtbarkeitsraten von 5,0 Kindern pro Frau in den 50er

Jahren auf 2,7 am Ende des 20. Jahrhunderts mit kontinentalen Variierung (von 5,1

auf 2,6 in Asien; von 5,0 auf 2,7 in Lateinamerika; von 6,6 auf 5,1 in Afrika);

- immer höhere Sterberaten durch die Ausbreitung der HIV/AIDS Pandemie, besonders

in den Entwicklungsländern unter der jungen Population.

Die Weltbevölkerung wird also in den nächsten Dekaden auf allen Kontinenten sicher

weiter, aber langsamer wachsen – pro Jahr um 1,3% bzw. 78-80 Mio. Menschen (siehe:

Baratta 2000: 1289; vgl. Münz 1999: 7). Heutzutage findet 95% des Bevölkerungswachstums

in den Entwicklungsländern statt und so scheint es auch zu bleiben. Es wird erwartet, dass

sich die Bevölkerungsgröße in den Entwicklungsländern nur wenig stabilisiert und in den

meisten Industrieländern schrumpfen wird (vgl. WEB 2000: 46). So wird die demographische

Kluft zwischen den wohlhabenden Industrienationen und den Entwicklungsländern immer

größer136. Trotz der internationalen Anstrengungen ist weiterhin zu erwarten, dass die Zahl

der Armen sowie der HIV/AIDS-Kranken weiter wachsen wird. Diese Faktoren sowie das

Ausmaß von Bevölkerungsproportionen werden in der ganzen Welt weiteren Migrationsdruck

und möglich verstärkte Migrantenmobilität auslösen, obwohl die befürchtete ´Explosion` der

Anzahl von Migranten durch die Veränderungen in der globalen Bevölkerungsstruktur nicht

zu erwarten ist.

135 Die ersten bevölkerungspolitischen Maßnahmen wurden auf der Weltbevölkerungskonferenz 1954 diskutiert Einige UN-Organisationen (wie UNICEF, WHO, UNFPA) begannen dann mit gemeinsamen Programmen mit dem Ziel einer effizienten Hemmung des Bevölkerungswachstums. Es ging nicht nur um umstrittene Sterilisationsprogramme in China oder Indien - vielmehr um die Erziehungs-, Gesundheits- und Aufklärungs-programme. Nach 40 Jahren waren die weltlichen Grundlagen für sog. ´reproduktive Gesundheit` auf der Weltkonferenz über Bevölkerung und Entwicklung 1994 in Kairo verabschiedet worden. Dieser weit reichende Konsens von Kairo wurde auf einer Sonderversammlung der UN vom 30.06. bis 02.07.1999 bestätigt. 136 „Noch dramatischer erscheinen die Gegensätze in der Bevölkerungsentwicklung (natürliche Vermehrung und Wanderungen), wenn die Berechnungen und Extrapolationen auf die Spanne eines vollen Jahrhunderts ausgedehnt werden: Danach ergibt sich als Zu- bzw. Abnahme für die Zeit von 1950 bis 2025 für Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, die Niederlande und Belgien ein Zuwachs von insgesamt 10,5%, für Algerien, Marokko, Tunesien, Ägypten, Libyen und die Türkei aber ein Zuwachs von 457%“ (Bade 2000: 441).

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97

2.1.2. Europäisches Ausmaß

Alle Schätzungen und Bevölkerungsprojektionen, die Europa betreffen, zeigen deutlich,

dass der Alte Kontinent bereits in naher Zukunft weiter mit großen Verlusten an humanem

Potential rechnen muss (vgl. Eurobericht 1999: 2-14; vgl. DSW 2001: 1; vgl. Abb. 22a). Vom

Anfang dieses Jahrhunderts bis zum Jahr 2050 soll die Bevölkerungszahl Europas um

mindestens 13-24% zurückgehen. Basierend auf den Ergebnissen von drei unterschiedlichen

Varianten der UN-Prognosen dürfte die Einwohnerzahl Gesamteuropas in 50 Jahren zwischen

550-746 Mio. Menschen liegen. Die Hauptursachen dieser projizierten Entwicklungen liegen

vor allem in den negativen natürlichen Wachstumsraten sowie in sehr niedrigen

Gesamtfruchtbarkeitsraten. Nach dem DSW 2001: 1 ist die Geburtenrate am Ende des 20.

Jahrhunderts in ganz Europa137 wenig niedriger als die Todesfälle (10 zu 11 pro 1000 Einw.)

– die Bevölkerung stirbt also langsam aus. Ebenso wird in europäischen Staaten die

Gesamtfruchtbarkeitsrate, das fundamentale Minimum von 2,1 Kindern pro Frau, nicht

erreicht. Durchschnittlich gibt es nur 1,4 Kinder pro Frau mit abnehmender Tendenz, was

zum Problem geworden ist (vgl. Haupt / Kane 1999: 76f). Lediglich in Albanien (2,2) und der

Türkei (2,5) liegen sie darüber (siehe: Abb. 16). Die Ursachen dafür werden vor allem im

postmodernen Familienmodell bzw. den Vorstellungen, Handlungen, Lebenszielen, etc.

gesehen (vgl. Bielecki 1999: 1-4; Eurobericht 1999: 2-14). Aus diesen Quellen lassen sich die

zentralen Ursachen erkennen:

- In den letzten 30 Jahren schrumpfte die Zahl der Eheschließungen um ca. 60% (von 8/1000

auf 5/1000 Einw.) und wuchs die Zahl der Ehescheidungen von 10/100 auf 30/100.

- Jedes vierte Kind wird außerehelich geboren (in Skandinavien die Hälfte der Kinder),

meistens als einziges von einer steigenden Zahl allein erziehender Mütter.

- Die Emanzipation ermöglicht zwar europäischen Frauen häufiger Studium und/oder

berufliche Karriere, was aber zu späterem Heiratsalter und zu geringerer Kinderzahl führt.

Als Konsequenz solcher Sozialmodelle soll die Bevölkerungszahl Europas praktisch nicht

mehr wachsen und infolgedessen 400 Millionen in den EU-15 bzw. 750 Mio. insgesamt nicht

überschreiten. Es ist zu erwarten, dass ab 2008 die Bevölkerung Italiens schrumpfen wird. Ab

2013 wird sie in Deutschland, ab 2015 in Spanien, ab 2030 in Großbritannien und Frankreich

und erst ab 2040 in Portugal sinken (vgl. UN-PD 2000: 85-95). Infolgedessen wird sich der

137 „Dass die Bevölkerung in den EU-Staaten trotz niedriger Geburtenziffer 1998 leicht gewachsen war, lag u.a. an der gestiegenen Lebenserwartung, die dafür sorgt, dass die sinkenden Kinderzahlen durch die wachsende Zahl alter Menschen ausgeglichen wird, und am positiven Wanderungssaldo. Deutschland dagegen war 1998 das einzige EU-Land, dessen Bevölkerung nicht zunahm“ (Harenberg 2000: 60).

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98

Bevölkerungsanteil der EU-15 an der Weltbevölkerung um 2050 von heutigen 7% gegen 4%

stabilisieren. Der Eurobericht 1999 weist darauf hin, dass die zitierten niedrigen

Fruchtbarkeitsraten, eine negative natürliche Wachstumsrate sowie immer bessere

medizinische Versorgung der Europäer und weiter rückläufige Immigranten-Zuwanderung

nicht nur die europäische Bevölkerungszahl begrenzen wird, sondern unmittelbar zur

Überalterung138 der Gesellschaft führen muss (vgl. Tab. 5). Dies hätte jedoch besonders

gravierende Konsequenzen für die junge Generation, beispielsweise folgende:

- Die zukünftigen Europäer werden während des aktiven Berufslebens mehreren Personen

Unterhalt garantieren müssen. Wenn heute in den EU-15 auf 100 Erwerbstätige 80 Nichter-

werbstätige fallen, dann werden es um 2020 rund 91, und um 2050 fast 113 sein.

- Die Sozialausgaben der Staaten für Renten, Gesundheitspflege etc. müssen um ca. 15-20%

erhöht werden (vgl. UNO-Presse 2000: 3; vgl. Gonnot 1990: 90).

- Um das heutige Lebensniveau zu erhalten und die Ausgaben finanzieren zu können, wird es

notwendig sein, die Arbeitsleistung und das Arbeitsalter (bis auf 67 Jahre) zu erhöhen.

Allein diese drei ausgewählten Beispiele139 verdeutlichen, welch gravierenden Folgen aus

dem demographischen Rückgang für Europa zu erwarten sind. Weil für die kommenden

Jahrzehnte ein Bevölkerungsrückgang in vielen Regionen Europas voraussehbar ist (siehe:

Zwick 2002: 10-12), kann man davon ausgehen, dass neue Zuwanderungen notwendig sein

werden. Diese dürften zur Verbesserung der Altersstruktur, die in engem Zusammenhang mit

der sozialen und wirtschaftlichen Lage zu sehen ist, beitragen (vgl. Haupt/Kane 1999: 15-24).

Obwohl das die demographischen Probleme nicht unwiderruflich löst, weil der gesamte

Kontinent überaltert sein wird, erscheint Zuwanderung als Chance140, prognostizierte

Entwicklungen leicht zu korrigieren bzw. die negativen Folgen des europäischen Bevölke-

rungsrückgangs abzufedern.

138 Allein in den letzten 30 Jahren (1970-2000) hat sich der Anteil der europäischen Bürger über 60 Jahren von 17% auf 21% vergrößert - wobei man prognostiziert (Eurobericht 1999: 12), dass um 2050 diese Zahl bis auf 37% wachsen kann. Ein Drittel davon wären Europäer im Alter von über 80; die durchschnittliche Lebenserwartung wird sich erhöhen für Frauen auf 87 Jahre und für Männer auf 83. „Das durchschnittliche Alter der Weltbevölkerung wird von 23,5 Jahren (1950) auf 37,8 Jahre (2050) steigen; Europa wird mit einem Durchschnittsalter von 47,4 Jahren die älteste Gesellschaft der Welt sein“ (Baratta 2000: 1291). Vgl. auch DSW (2001: 1); hier erreichen die Prognosen über den Anteil der Bevölkerung im Alter von über 65 Jahren in 2020 den Wert von fast 20%. 139 Weitere aktualisierte Daten, Statistiken, Informationen, Prognosen und Beispiele lassen sich finden auf den Internetseiten von Eurostat unter: http://europa.eu.int/eurostat.html. 140 Diese Chance wollen vor allem die EU-15 nutzen. Durch eine angemessene Zuwanderungspolitik, die nicht nur Quantität, sondern auch Qualität der Immigranten bestimmen soll, rechnet man mit dem Erhalt einer Population zwischen 300 und 400 Mio. europäischer Bürger – auch in der Zukunft (vgl. UN-PD 2001: 89).

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2.2. Im Licht der Migrationsprozesse

2.2.1. Weltweites Ausmaß

Der zentrale Ausgangspunkt bei der Betrachtung der weltweiten Einwanderungs-

tendenzen ist die Mobilität von mehr als 125 Millionen Menschen, die heute außerhalb ihrer

Heimatländer leben. Unbestreitbare Tatsache ist, dass diese Zahl um jeweils zwei Prozent pro

Jahr zunimmt (vgl. WEB 2000: 45), ein Umstand, der eine ständige Beschleunigung der

Wanderungen zur Folge haben wird. Die entscheidende Frage, die sich für die jeweiligen

Aufnahmegesellschaften in Hinsicht auf gezielte Vorbereitungsmaßnahmen und

Entwicklungsprojektionen stellt, lautet: Wohin werden denn diese mobilen 2,3 % der Welt-

bevölkerung umsiedeln? Die bereits vorgelegten Themen dieses Kapitels lassen die

Schlussfolgerung zu, dass sich die Zuwanderungen auf nur wenige Regionen der Welt

konzentrieren werden; vor allem auf Nordamerika, Westeuropa, Ozeanien und den Nahen

Osten141. In den zwei ersterwähnten Regionen „stieg die Anzahl der Migranten zwischen 1965

und 1990 um 2,5 Prozent pro Jahr an und übertraf damit bei weitem das Wachstum der

jeweiligen einheimischen Bevölkerung“ (WEB 2000: 45). Eine steigende Anzahl von Ländern

und Weltregionen werden von Migration betroffen sein, wobei in diesem globalen Prozess

deren Mobilität und Differenzierung vermutlich ebenso rasch wachsen wird. Nach dieser

generellen Charakteristik erwartet man auch eine Reihe konkreter Veränderungen in der

Migrantenwelt, die man folgendermaßen beschreiben kann, nämlich:

- dass in den nächsten Dekaden alle Industrieländer (alte und neue wie z.B. die in

Südostasien) im Hinblick auf die Bevölkerungsverluste ihre Nachfrage nach ausländischen

Arbeitskräften intensivieren werden (vgl. HdA 2001: 01.002.001);

- dass sich der Trend zur Verstädterung weltweit ausbreiten wird; betroffene Regionen also, in

denen sich Migranten bevorzugt ansiedeln werden (vgl. Gelbard 2000: 21f);

- dass die Abwanderung der speziellen Fachkräfte aus den Entwicklungsländern (vgl. I.3.3.4.)

noch stärker gefördert und den gering qualifizierten Arbeitskräften der Zugang zum

Arbeitsmarkt erschwert wird;

141 Die so genannte ´Typische Einwanderungsländer` waren bzw. sind die Vereinigten Staaten Amerikas, Kanada und Australien. Zu ihnen gehört heute auch Deutschland, das zu den wichtigsten Aufnahmeländern in den EU-15 gehört (vgl. I.3.1.2.a). Von den weltweit 2 bis 3 Millionen Menschen, die jedes Jahr ihre Heimat verlassen, zieht die Mehrheit in die USA, nach Deutschland, Kanada und Australien (vgl. WEB 2000: 45).

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- dass die Mobilität der Migranten sowie die Grenzabdichtung der Industriestaaten vom

Tempo der Globalisierungsprozesse abhängen wird142;

- dass es zur Ausdehnung weltverstreuter Diaspora kommen wird, die als Kanäle für den

Austausch von Informationen, Kapital und Fachwissen mit den Heimatländern dienen wird

(siehe: Sonderbeitrag 1.2. von WEB 2000: 48);

- dass die regionalen Räume, die wirtschaftlich und politisch anziehen, auch eine

Regionalisierung aller Migrationsbewegungen stimulieren werden.

Die oben dargestellten sechs Beispiele der möglichen Reaktionen auf die potentielle

Migration bzw. Auslösung von weltweiten Migrationsprozessen könnten beliebig fortgesetzt

werden. Sie werden sich natürlicherweise quantitativ und qualitativ je nach der Weltregion

unterscheiden. Daher kann die oben gestellte Frage: wohin werden die 2,3% mobilen Massen

dieser Welt migrieren? – nur teilweise beantwortet werden. Obwohl man den intuitiven

Eindruck hat, dass eine tiefergehende Antwort auf diese Frage unvermeidlich mit der

Entwicklung der Weltbevölkerung (und der Weltindustrialisierung) in Zusammenhang steht,

so ist doch auffällig, dass in der sozialwissenschaftlichen Fachliteratur des 20. Jahrhunderts

nur sehr wenige „globale“ Bearbeitungen dieses Themas zu finden sind. Und fest steht

zweifelsohne: „Ein solides Wissen über demographische Zusammensetzung einer

Bevölkerung ist notwendig, um das Verhalten der Menschen zu verstehen und Veränderungen

zu prognostizieren“ (Haupt / Kane 1999: 82). Am Anfang dieses Jahrhunderts (17.03.2000)

wurde eine umfangreiche Studie der Bevölkerungsabteilung der Vereinten Nationen (siehe:

UN-PD 2000) veröffentlicht, die demographische Fakten verschiedener Bevölkerungen mit

den heutigen Migranten eng verbindet. Diese Studie führt einen neuen Begriff ´Bestands-

erhaltungsmigration` (Replacement Migration) ein, der sich auf die Zuwanderung aus dem

Ausland bezieht, die ein anderes Land benötigt, um die Abnahme sowie die Alterung seiner

Bevölkerung zu vermeiden. Dann stellt sich die Frage, ob diese neuartige Bestands-

erhaltungsmigration „eine Lösung für alternde und schrumpfende Bevölkerungen“ richtig ist

(UN-PD 2000: 1).

142 Der Weltentwicklungsbericht 1999/2000 hat zwei potentiell mögliche Szenarien herausgearbeitet: „Legt man ein positives Szenario zugrunde, könnten Länder mit niedrigem Einkommen durch politische Reformen in den Entwicklungsländern, eine stärkere Integration von Handel und Finanzen, kurzfristige Migrationsbewegungen aufgrund einer Liberalisierung der Dienstleistungen im Baugewerbe und zunehmende Möglichkeiten zum Auswandern in die Industrienationen in die Lage versetzt werden, den Bevölkerungsdruck während der demographischen Übergangsphase zu bewältigen. (...) Legt man weniger günstige Szenarien zugrunde, verlangsamt sich der Globalisierungsprozess, haben die Entwicklungsländer weniger Zugang zu internationalem Kapital und internationalen Märkten und gestaltet sich die grenzüberschreitende Migration schwieriger, weil die Industrieländer den Handel mit Dienstleistungen, die eine kurzfristige grenzüberschreitende Bewegung von Arbeitskräften mit sich bringt, nur widerwillig liberalisieren und Maßnahmen ergreifen, um die Zahl der Einwanderer drastisch zu senken“ (WEB 2000: 46).

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Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse dieser Studie betrachtet, die nach der

deutschen Zusammenfassung (siehe: UNO-Presse 2000) im Folgenden kursiv* zitiert werden.

Bevor die Erkenntnisse des UNO-Berichts zitiert und entsprechend kommentiert

werden, ist es wichtig, methodologisch zu betonen, dass es sich bei allen Berechnungen und

Daten dieser Studie um Modellrechnungen handelt143. Für alle dort dargestellten Staaten und

Regionen werden fünf „alternative Szenarien144 für den Zeitraum von 1995-2050 entworfen,

die die Auswirkungen unterschiedlich großer Migrationsströme auf den Umfang der

Bevölkerung und ihren Alterungsprozess deutlich machen“ (ebd.). Es scheint, dass das wieder

belebte gemeinsame Thema ´Migrantenbevölkerungspolitik` imstande ist, viele kritische

Trends des europäischen Kontinents im weltweiten Kontext aufzuklären.

Nach der allgemeinen UNO-Prognose: *In den nächsten 50 Jahren dürfte die Bevölkerung

der meisten Industriestaaten auf Grund niedriger Fruchtbarkeitsraten und steigender

Lebenserwartung zurückgehen und zugleich altern -, die hier schon (vgl. I.4.1.1.) breiter

bearbeitet wurde, kommt man zu zwei Kernaussagen, die direkt die Zukunft der Migranten

betreffen. Es wird festgestellt: *Ein Rückgang der Bevölkerung wird ohne Bestandserhal-

tungsmigration unvermeidlich sein. – In allen untersuchten Ländern und Regionen wird

Einwanderung nötig sein, um einen Bevölkerungsrückgang zu vermeiden.

Nimmt man diese Aussagen als autoritativ und möchte man gleichzeitig die eigene

Bevölkerung (Volk) langfristig schützen, stellt sich unmittelbar die Frage nach der Höhe der

erforderlichen Zuwanderung. Natürlicherweise variiert sie stark145 je nach Region (Staat) und

nach Zielen der Bestandserhaltungsmigration (vgl. Fußnoten 142, 144).

143 In diese Modellrechnungen gehen nur demographische Zahlen nach Alter und Geschlecht ein, und die Angaben zur Erwerbsbeteiligung, Wirtschaftswachstum etc. finden keinerlei Berücksichtigung. Diese Tatsache wird aber nicht so oft kritisiert wie die kontroversen Ergebnisse der Studie. Die Inhalte werden in fünf Szenarien präsentiert, wobei die extremen Daten und Beispiele einen echten „Schock“ auslösen können. Doch, wie auch immer, ist die mittlere Variante der UNO-Prognosen eher objektiv und sie sollte trotz aller Zweideutigkeiten ernst genommen werden. Viel schwerer und recht kontrovers bleiben dabei die Haltungen zur Frage der sozio-politischen Gestaltung der Zuwanderungsproblematik sowie letztlich auch die damit zusammenhängenden politischen Zielvorstellungen. Diese lassen sich wegen emotionaler und persönlicher Gründe objektiv nur schwer formulieren. 144 Szenario I: zeigt die Mittelvariante der UN-Prognosen; Szenario II: theoretische Voraussetzung ist, dass es nach 1995 keine Zuwanderung gab; Szenario III: die Aufgabe der Zuwanderung ist die Erhaltung der Gesamt-population auf konstantem Stand; Szenario IV: Zuwanderung hilft, das Arbeitskräftepotential (Menschen zwischen 15-65) auf dem höchsten Stand zu halten; Szenario V: zeigt rein theoretisch die Aufgabe ,die Differenz zwischen Arbeitspopulation (15-65) und Rentnern konstant zu halten (siehe: UN-PD 2000: 1f). Je nach dem akzeptierten Szenario wechseln nicht nur Zahlen, sondern auch das gesamte Bild möglicher Lösungen (siehe: WEB 2000: 46). 145 Ginge es ausschließlich um die Vermeidung des Bevölkerungsrückganges, dann würde nach dieser Prognose in den EU-15 eigentlich die heutige Zuwanderungszahl ausreichen. Weil sich Ost-, Mittel- und Südeuropa in einer deutlich ungünstigeren demographischen Lage befinden (siehe: Abb. 16), müssten sich die Einwanderungs-zahlen für Gesamteuropa verdoppeln. Einige Länder aber, wie Italien und Deutschland in Europa oder Korea und Japan in Asien bräuchten eine erheblich höhere Zuwanderung.

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102

Die allgemeine Antwort lautet aber: * Die Zahl der Einwanderer, die notwendig ist, um einen

Rückgang der Gesamtbevölkerung aufzufangen, liegt erheblich über der in den UNO-

Prognosen vorhergesehenen Zahl. Ohne in polemischer Weise betrachten zu wollen, in

welchem Ausmaß die früheren UNO-Prognosen falsch berechnet waren, darf man nach der

jetzigen detaillierten Bearbeitung der Daten und der Darstellung von fünf verschiedenartigen

Szenarien zur Einsicht gelangen, dass es eine weitgehende Übereinstimmung gibt. Die

vorgesehene Zuwanderung als Schutzgarantie für die Beibehaltung eines konstanten Niveaus

der existentiell wichtigsten Gruppe (im arbeitsfähigen Alter zwischen 15-64 Jahren)

verursachte in den weltweiten Kommentaren die heftigsten Reaktionen (vgl. ECOPOP 2000:

1-3; vgl. Scheich 2000: 1-4; vgl. Republikaner 2001: 1). Die Studie stellt aber lediglich fest:

*Die Zahl der Einwanderer, die notwendig ist, um ein Schrumpfen der Personengruppe im

arbeitsfähigen Alter zu verhindern, ist höher als die Zahl, die notwendig ist, um einen

Rückgang der Gesamtbevölkerung aufzufangen. Und sie ergänzt als Beispiel: *Im Verhältnis

zu ihrer Bevölkerungsgröße bräuchten Italien und Deutschland die höchste Anzahl von

Einwanderern, um den Bestand ihrer Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter zu erhalten. Dass

es in diesem zentralen Punkt (besonders Szenario IV in Tab. 4; vgl. Abb. Nr. 23) nicht um

kleinere Zahlen geht, lässt sich der Tabelle unten (vgl. UN-PD 2000: 2) entnehmen.

Tabelle 4: Die Zahlen der nötigen Immigranten bis 2050

Szenario >>> I. II. III. IV. V. STAAT oder REGION

Mittelvariante

Mittelvariante mit null Migr.

Ständige Zahl der Bevölkerung

Ständige Zahl der Arbeiter zw. 16-64

Gleichgewicht zw. 15-64 /und älteren

ZUWANDERUNGSZAHLEN IN 50 JAHREN (in Mio.)

Frankreich 0.3 0 1.5 5.5 89.5

Deutschland 10.2 0 17.2 24.3 181.5

Italien 0.3 0 12.6 18.6 113.4

Japan 0 0 17.1 32.3 523.5

Korea -0.3 0 1.5 6.4 5.128.2

Russland 5.4 0 24.9 35.8 253.4

Großbritannien 1.0 0 2.6 6.2 59.8

U S A 38.0 0 6.4 18.0 592.6

Europa 18.8 0 95.9 161.3 1.357.0

EU-15 13.5 0 47.5 79.4 674.0

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ZUWANDERUNGSZAHLEN PRO JAHR (in Tausenden)

Frankreich 7 0 29 109 1.792

Deutschland 204 0 344 487 3.630

Italien 6 0 251 372 2.268

Japan 0 0 343 647 10.471

Korea -7 0 30 129 102.563

Russland 109 0 498 715 5.068

Großbritannien 20 0 53 125 1.194

U S A 760 0 128 359 11.851

Europa 376 0 1.917 3.227 27.139

EU-15 270 0 949 1.588 13.480

Besonders überzogen scheinen in o.g. Daten die letzten, extrem hohen Werte beim V.

Szenario und seine Relation zu den beiden vorigen zu sein146. Doch nach diesen Prognosen

wird sich um 2050 die Zahl der Personen im arbeitsfähigen Alter (15-64 Jahre), die auf je eine

Person über 65 Jahren kommt, in vielen Fällen von 4 oder 5 auf 2 halbieren. Denn: *Das

Wanderungsniveau, das notwendig ist, um das Altern der Bevölkerung aufzufangen,

übersteigt um ein Vielfaches die Wanderungsströme, deren es bedarf, um den Bevölkerungs-

rückgang aufzuhalten. *Ohne Einwanderung könnte das potenzielle Unterstützungsverhältnis

nur dann auf seinem derzeitigen Niveau gehalten werden, wenn das Pensionsalter der

Personen im arbeitsfähigen Alter auf etwa 75 Jahre angehoben würde.

So stellt die UNO-Prognose einen wenig optimistischen, aber realen Stand der Fakten für die

acht Staaten bzw. Regionen dar. Fünf von ihnen gehören dem europäischen Kontinent an und

in allen betroffenen Staaten wird heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, über eigene

demographische Probleme und Zuwanderungsmöglichkeiten heftig diskutiert. *Die neuen

Herausforderungen im Zusammenhang mit einer schrumpfenden und alternden Bevölkerung

werden eine umfassende Neubewertung zahlreicher etablierter Politikansätze und Program-

me mit einer langfristigen Perspektive erfordern – soweit die Schlussformulierung des

wertvollen UNO-Berichts, die im Folgenden weiter, aber nur in ihrem europäischen Ausmaß,

betrachtet werden.

146 Der deutsche Kommentar verweist auf die rein hypothetische Beschreibung einer solchen Situation, in der man um jeden Preis die Bevölkerung vor Überalterung bewahren will. „Um das potenzielle Unterstützungs-verhältnis zwischen der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter und der nicht mehr im Erwerbprozess stehenden Personen aufrechtzuerhalten, müssen in allen Fällen bislang unerreichte und jeglichen vernünftigen Erwartungen widersprechende Einwanderungszahlen erreicht werden“ (UNO-Presse 2000: 3).

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2.2.2. Europäisches Ausmaß

Ausgehend von allen bisher in diesem Kapitel dargestellten Ergebnissen der

Wanderungsrealität in Europa soll nun versucht werden, die konkreten Prognosen für diesen

Kontinent zusammenzustellen. Weil heute alle Staaten Europas, je nach historischer,

geographischer, demographischer, ökonomischer und politischer Ausgangslage durchaus in

unterschiedlicher Weise von den Migrationen betroffen sind, werden sie global und nicht als

einzelne der Reihe nach betrachtet. Wie bei allen langfristigen Prognosen stützen sich die

hypothetischen Aussagen vor allem auf die neuesten Tendenzen, aber auch auf die

wissenschaftlichen Ankündigungen sowie auf die eigenen Erkenntnisse der Forschung.

Dargestellt in Form von einigen kurzen, dennoch umfassenden Meinungen (kursiv gedruckt *)

sind sie natürlich nicht frei von möglicher Desaktualisierung durch die Ereignisse in der

globalen Welt.

Historische Migrationsfaktoren: Wie gerade geäußert, *werden die zukünftigen

europäischen Migrationsprozesse ein wichtiger Teil der Weltgeschichte sein, weil sie immer

mehr von den globalen Prozessen abhängig werden. Die wachsende politische und

ökonomische Interdependenz bzw. Konkurrenz147 der Staaten hat einen direkten Einfluss auf

die globale Lenkung von Migrationsprozessen. Aus diesen Gründen werden unsere Prognosen

zunächst in weltweiten Kontexten (vgl. I.4.1.1; I.4.2.1.) und anschließend im europäischen

dargestellt. Die enge Interdependenz von der Weltbevölkerungsgröße, ihrer Mobilitätsfä-

higkeit und die vorherrschenden Sog- und Schubfaktoren werden dazu führen, dass *sich die

europäischen Staaten mit immer größerer Quantität und Qualität der Ausländer konfrontiert

sehen werden. Die künftige europäische Gesellschaft wird mit ihren kosmopolitischen, in

hohem Maße globalisierten und multikulturellen Charakteristiken keine Utopie, sondern eine

Realität. Dabei ist vielleicht die wichtigste, historisch bestätigte Wahrheit, dass es *die

befürchtete „Massenüberschwemmung“ im Westen von Immigranten in den letzten Dekaden

nie gegeben hat und wegen heutigen isolationistischen Maßnahmen vermutlich auch nicht in

der Zukunft kommen wird (vgl. WMR 2000: 171; vgl. Hauchler 1999: 113). Auch die

unmittelbare Osterweiterung der EU-15 (siehe: Abb. 3) dürfte keine massiven Aus- bzw.

147 Die steigenden Ambitionen und Konkurrenz der Weltmächte (Europa und USA), ihre geopolitischen Interes-sen in einer Region (siehe: Abb. 24), in der sie sich überschneiden, einer Region, die als ´eurasischer Balkan` und ´ethnischer Hexenkessel` bezeichnet wird, präsentiert der prominente Wissenschaftler, Politiker und ehemalige Sicherheitsberater von US-Präsident Carter (1977-1981), Prof. Zbigniew Brzezinski, in seinem Buch: „Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft.“ Frankfurt 1999.

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Einwanderungen verursachen148. Doch *eine langsame und mehr kontrollierbare Vermi-

schung der europäischen Völker wird folgen, wobei der bisher kleine Anteil von

außereuropäischen Zuwanderern auch zunehmen wird. Hier werden vermutlich noch lange

Zeit die koloniale Vergangenheit und alle damit verbundenen Vorteile für Zuwanderer (vgl.

I.3.3.1; I.3.3.2.) eine verhältnismäßig große Rolle spielen. Auch die im Folgenden

dargestellten geographischen und politischen Faktoren werden einen entsprechenden Druck

ausüben.

Die geographischen Migrationsfaktoren: Die demographischen Prognosen der (30

von 44) Staaten, die für die Mehrheit Europas repräsentativ sind (siehe: Tab. 5), weisen auf

eine neue geographische Lage der Regionen hin. *In den nächsten Dekaden sollen sich um

ihre Zukunft besonders die Süd- und Mittelosteuropäischen Länder kümmern149. Dort werden,

und nicht im Westen, die Verluste bzw. Nöte des menschlichen Potentials und ihrer

Konsequenzen die größten sein. Wie sie dem begegnen werden, bleibt heute noch offen. Doch

die immer häufigeren Rückwanderungen in die südeuropäischen Staaten (bes. nach der

langjährigen Arbeit im Westen) oder die freiwilligen150 Repatriierungen in die Mittelostländer

(je nach der ethnischen Zugehörigkeit) können als die ersten Suchmöglichkeiten nach

Zuwanderung interpretiert werden.

In diesem Teil Europas wird man die zukünftige Komplikation der Bevölkerungslage

besonders in Russland spüren. In jedem der UNO-Szenarien (vgl. Tab. 4) wird dieses große

Land um 2050 fast die Hälfte der für die EU-15 notwendigen Immigranten brauchen, und es

ist zu erwarten, dass sich dort Arbeitsmigranten aus den chinesischen Nachbarprovinzen

anwerben lassen werden (vgl. WMR 2000: 167; vgl. Sonderbeitrag 1.2. in: WEB 2000: 48).

Deshalb man kann vermuten, dass * für Europa die größte und nächste Menschenquelle der

potentiellen „Bestandserhaltungsimmigranten“ in Asien und traditionell im Mittelmeerraum

liegen wird. „Für die Nachbarstaaten Europas im Südosten (Westasien)... und in sechs

148 Um einige Staaten wegen ihres aktuellen, für Arbeitnehmer attraktiven Lohnniveaus (vgl. Sogfaktoren I.3.2.1.) zu schützen, laufen die zentralen Beitrittsverhandlungen um den Zugang der neuen EU-Länder zum Arbeitsmarkt im Kontext mit der Möglichkeit des Erwerbs von Grund und Boden im Osten für Bürger der Alt- EU. Beide Faktoren können einen neuen historischen Austausch der Bevölkerungen herbeiführen. 149 Zehn dieser 30 Staaten werden in 50 Jahren mit einer Abnahme von 23-33% der eigenen Bevölkerung rechnen müssen. Auch die Hälfte von diesen 30 Staaten wird im gleichen Zeitabschnitt eine Alterungsquote von über 100% erreichen. 150 Wie das WMR (2000: 164-167) bemerkt, sind das keine geringen Zahlen, besonders in den GUS- Staaten, in denen um 1997 die Zahl der repatriierten Menschen in die neu entstandenen Nationalstaaten rund 4,7 Mio. Bürger betrug. Nebenbei weist dieser Report auf die Proteste wegen der fragwürdigen Qualität der Repatriierungsart in Russland hin, wo zwischen 1990 und 1997 ca. 2,7 Mio. Menschen einsiedelten. Dortige politische Autoritäten betrachten die Problematik, ausgelöst von ethnischer Diskriminierung, als eine ´Zwangsmigration`. Doch werden Migranten meist gern aufgenommen. Manche gehen durch eine der 73 errichteten Aufnahmezentren, die die soziokulturelle und ökonomische Integration erleichtern.

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nordafrikanischen Staaten wird (...) mit einer Verdoppelung der Bevölkerung in diesem Raum

von ca. 287 auf ca. 567 Millionen Menschen bis zum Jahr 2025 gerechnet, (...) die zum

Hintergrund eines in neuer Form wieder entstehenden euroafrikanischen Migrationssystems

im Mittelmeerraum gehören“ (Bade 2000: 441). Gleichzeitig werden sich durch die bessere

Kommunikation zwischen einigen Teilen Europas Tendenzen zur beginnenden Regiona-

lisierung151 der Migrantenströme zeigen – die sich weiter verbreiten und vermischen werden.

In einem globalen Ausmaß ist in dieser Region zu erwarten, dass * noch lange Zeit die

vermehrten Aus-, Ein- und Transitwanderungen, vermutlich in Richtung Ost-Mittel und Ost-

Süd stärker verlaufen werden, als es bisherige Süd-West und Mittel-West waren. Den

entscheidenden Einfluss darauf soll die Osterweiterung der EU-15 haben, von der aber keine

Sondercharakteristik der neuen Massenzuwanderungen zu erwarten ist.

Ökonomische Migrationsfaktoren: Ein wichtiger ökonomischer „Aspekt der

internationalen Migration im 21. Jahrhundert wird die Ausdehnung der weitverstreuten

Diaspora aus Einwicklungsländern sein“ (WEB 2000: 47). Es ist deswegen unabhängig von

den politischen Versuchen oder staatlichen Abgrenzungen zu erwarten, dass *die beschleu-

nigten Geschäftstransaktionen eine weitere Migrationsbewegung in Europa auslösen werden.

Ohne Zweifel werden diese Menschen nicht nur als Kanäle der Information oder des Kapitals

dienen; sie selbst werden die mobilen Kulturbringer auf dem europäischen Boden sein. Doch,

weil jedes Jahr die „ausländischen Arbeitnehmer etwa 75 Milliarden US-Dollar in ihre

Heimatländer überweisen“ (ebd.), was 50% mehr als die gesamte offizielle Entwicklungshilfe

ausmacht, wird es im Interesse der Industriestaaten liegen *ihre Gastarbeitsimmigranten so zu

stimulieren, damit sie noch bessere Kontakte zum Heimatland erhalten, - was indirekt eine

effektive Unterstützung der unterentwickelten Zonen wird. Solche wechselseitigen

Bereicherungen liegen besonders in den Zuwanderungsplänen für die modernsten ´Hightech –

Migranten`. *Die Einladung der hochqualifizierten Eliten (vgl. I.3.3.4.) sowie die Promotion

der besten ausländischen Studenten wird sich mit dem Beibehalten der eigenen Fachkräfte

weiter überschneiden – „denn ohne hochqualifizierte Fachkräfte ist keine Entwicklung

möglich“ (ebd.). Übrigens gehören die ökonomischen Disparitäten zwischen den Staaten zu

den ältesten Stimulatoren der menschlichen Wanderungen, die mehrere der Migrationsmuster

erklären können.

151 Die erwähnten Ostländer werden zuerst mit Immigranten aus asiatischen Herkunftsländern rechnen müssen. Die südeuropäischen Länder können weiter mit Immigranten aus Nordafrika rechnen. Die westeuropäischen Länder mit Zuwanderern aus den Ost- und Südmittelmeerstaaten; und Nordeuropa mit den Zuwanderungen aus den baltischen bzw. mitteleuropäischen Staaten (vgl. WMR 2000: 190). Über den Einfluss der geographischen Distanz auf die europäische Wanderungen siehe Fassmann / Münz 1996a: 45).

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Demographische Migrationsfaktoren: Die europäische Bevölkerungsgröße, die von

heutigen 728 Mio. schon in 25 Jahren auf rund 700 Mio. bzw. in 50 Jahren auf 630 Mio.

zurückgehen wird (vgl. Abb. 22a) zeigt, dass *die Abnahme und die Alterung der

europäischen Gesellschaft unvermeidlich ist. Die Daten von Staaten, die damit besonders

rechnen müssen, werden nun in einer Tabelle vorgestellt (vgl. UN-PD 2000: 6).

Tabelle 5: Die Bevölkerungsabnahme und Alterung der europäischen Länder

* ab 2002 benannt Serbien-Montenegro

LAND

Bevölk. in (tausend) 2000

Bevölk. in (tausend) 2050

Wechsel in tausend

Wechsel in %

Prozent der 65/ und älteren 2000

Prozent der 65/ und älteren 2050

Wechsel in %

Belgien 10.161 8.918 -1.243 -12 17 28 65 Bosnien-Herz. 3.972 3.767 -205 -5 10 27 171 Bulgarien 8.225 5.673 -2.525 -31 16 30 88 Dänemark 5.293 4.793 -500 -9 15 24 59 Deutschland 82.220 73.303 -8.917 -11 16 28 73 Estland 1.396 927 -469 -34 14 29 107 Finnland 5.176 4.898 -278 -5 15 26 72 Griechenland 10.645 8.233 -2.412 -23 18 34 92 Großbritannien 58.830 56.667 -2.163 -4 16 25 56 Italien 57.298 41.197 -16.101 -28 18 35 92 Jugoslawien* 10.640 10.548 -92 -1 13 23 73 Kroatien 4.473 3.673 -800 -18 15 26 77 Lettland 2.357 1.628 -728 -31 14 27 86 Litauen 3.670 2.967 -704 -19 13 27 102 Luxemburg 431 430 -1 0 14 27 84 Niederlande 15.786 14.156 -1.629 -10 14 28 104 Polen 38.756 36.256 -2.509 -6 12 26 118 Portugal 9.875 8.137 -1.738 -18 16 31 99 Rumänien 22.327 16.419 -5.908 -26 13 31 131 Russland 146.934 121.256 -25.678 -17 13 25 100 Osterreich 8.211 7.094 -1.117 -14 15 30 106 Schweden 8.910 8.661 -249 -3 17 27 53 Schweiz 7.386 6.745 -641 -9 15 30 104 Slowakei 5.387 4.836 -551 -10 11 27 139 Slowenien 1.986 1.487 -499 -25 14 32 131 Spanien 39.630 30.226 -9.404 -24 17 37 117 Tschechien 10.244 7.829 -2.415 -24 14 33 144 Ukraine 50.456 39.302 -11.154 -22 14 27 91 Ungarn 10.036 7.488 -2.548 -25 15 28 92 Weißrussland 10.236 8.330 -1.907 -19 14 25 86

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Obwohl umstritten bleibt, ob die Berechnungen (UNO-Projektionen bzw. Szenarien), über die

´Bestandserhaltungsmigration` dauerhafte positive Konsequenzen152 für Europa bringen

werden, scheint es absolut unbestritten zu sein, dass *die „Bestandserhaltungsmigration“

imstande ist, mehrere negative Konsequenzen der demographischen Abnahme und Alterung

dauerhaft abzufedern (vgl. Chevènement 2000: 1f). Was der demographischen Stabilisierung

besonders in Westeuropa und Nordamerika evident hilft, ist die biologische Reproduktion der

bereits Zugewanderten und die so genannte Kettenmigration durch den Familiennachzug (vgl.

Hauchler 1999: 113).

Politische Migrationsfaktoren: Die demokratischen rechtstaatlichen Verhältnisse

und die politischen Regulative der Migrantenlage (z.B. Naturalisierungen) können ohne

Zweifel eine effiziente Anwerbung und eine Erleichterung der Einwanderung verursachen.

Unabhängig von letztgenannten Faktoren sollte die Weiterentwicklung gerechter und

rechtsstaatlicher Regelungen und gezielter politischer Maßnahmen die Zukunft der

europäischen Migrationen auch weiterhin charakterisieren. Angesichts verschärfter Asyl-

bzw. Einwanderungsgesetze und unabhängig von der Frage, wo in der Zukunft die

Außengrenzen der EU-15 verlaufen werden, ist nicht zu erwarten, dass *die bilateralen

Vereinbarungen zwischen Staaten Europas oder übernationale Organisationen eine totale

Freizügigkeit der Menschen auf dem Kontinent gestatten werden. Die Frage: Wie weit denn

nach Osten? wird in den nächsten Jahren mit Sicherheit aktuell. Im Zusammenhang damit

wird unvermeidlich die Frage gestellt werden, wie groß die Wanderungen sein sollen und wie

152 Einige Kritiken betreffen nur die eventuelle Dauerhaftigkeit der Effekte von vermehrter Zuwanderung. Andere kritische Stimmen betreffen die Effekte selbst und unterstreichen sogar die Gegenwirkungen. Einige Auszüge aus den Onlinenachrichten: „Werner Haug vom Bundesamt für Statistik (BFS) am 1.4.2000: im 'Bund' zur Forderung der UNO nach mehr Einwanderung: Ist Einwanderung eine Lösung, wie sie die UNO-Studie nahelegt? Nein. sicher nicht. Die Immigration müsste mindestens so stark sein wie in den Fünfziger- und Sechzigerjahren. Das führte damals zu großen strukturellen Problemen auf dem Arbeitsmarkt und zu politischen Auseinandersetzungen, die noch heute nachwirken. Es ist zudem unklar, ob auf dem Arbeitsmarkt überhaupt Bedarf für diese Arbeitskräfte besteht und woher sie kommen sollen, nachdem das Emigrationspotenzial in Südeuropa erschöpft ist. Schließlich altern die Einwanderer auch (...) absurdes UNO-Szenario: Communiqué vom 24. März 2000: Einwanderung gegen Überalterung? Laut einem soeben publizierten UNO-Bericht soll Europa die Einwanderung fördern, um einen Bevölkerungsrückgang zu vermeiden und die wachsende Zahl der Rentner zu kompensieren. ECOPOP hält diesen Vorschlag für unsinnig: Einwanderung ist die falsche Antwort auf die Perspektive einer Bevölkerungs-abnahme und die Alterung der Bevölkerung in Europa. Ein allmählicher Bevölkerungsrückgang ist im Gegensatz zur Entlastung der Umwelt auf unserem Kontinent dringend geboten (...). Die UNO-Berechnungen sind einäugig: Sie blenden aus, dass nicht nur Rentnerinnen und Rentner von der aktiven Bevölkerung abhängig sind, sondern auch Kinder und Jugendliche. Der Gesamtlastquotient, d. h. das Verhältnis zwischen der aktiven Generation und allen Nichterwerbsfähigen (Alte und Junge) wird sich auch bei rückläufiger Bevölkerungszahl nicht massiv verschlechtern (...). Ein weiterer Aspekt wird von den UNO-Experten vollständig ausgeblendet: Die ökologische Tragfähigkeit des Umweltraumes Europa ist längst überschritten. Schätzungen des Optimum Population Trust, England, haben ergeben, dass in West- und Mitteleuropa auch bei einer umweltschonenderen Lebensweise nur etwa 300 Millionen Menschen langfristig leben können ohne die Umwelt zu zerstören - gegenüber 445 Millionen heute. Eine allmähliche Bevölkerungsabnahme ist also dringend geboten. Die Perspektive einer rückläufigen Bevölkerungszahl ist demnach positiv zu werten“ (ECOPOP 2000: 1-3).

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sie kontrolliert werden können. Obwohl das heutige Ausmaß der Immigranten keine direkte

politische Gefahr für die Aufnahmeländer ist, können sie jedoch Quellen der Konflikte für die

Herkunftsländer und die Stimulation für Instabilität ihrer Region sein153. Das kann sich

Europa auf dem eigenen Boden nicht leisten; deshalb darf man die These aufstellen, dass *die

UN- und Euro-Organisationen politisch und sogar militärisch alles mögliche unternehmen

werden, um den Frieden zu verstärken und Massenflucht bzw. große Bevölkerungs-

verschiebungen der Bürger in der europäischen Region zu vermeiden. Ethnische Konflikte

dürften, wie es die Forscher einschätzen, anhalten und eher zur Selbstverständlichkeit werden:

„Ein Ende der ethnischen Konflikte und Vertreibungen, der religiösen Fundamentalismen, der

Kriege um Land und Ressourcen und der politischen Gewalt gegen Andersdenkende in

unserer Nachbarschaft ist nicht absehbar“ (Fassmann / Münz 1996a: 49). Deshalb können und

sollen die politischen Maßnahmen die zukünftigen europäischen Migrationsbewegungen

steuern. Sie sollten, aber globale Zusammenhänge berücksichtigend, für den gesamten

Kontinent konzipiert sein und nicht nur der partialen (westlichen) Abriegelung des

Territoriums dienen, ohne die Auswanderungsursachen in anderen Regionen zu bekämpfen.

„Bewaffnete Grenzposten, Zäune und eine rigide Asylpolitik sind weder die einzige, noch die

beste Lösung für den Migrationsdruck“ (Fassmann / Münz 1996a: 50). Demgemäß lässt sich

vorhersagen, dass *die geförderten Pläne der so genannten ´Festung Europa154` in einen

weiteren Isolationismus einiger Staaten Europas führen wird; sie selber werden auch Objekte

wachsender Kritik.

Abschließend bleibt zu bemerken, dass sämtliche Typen der heutigen wie künftigen

Migranten ohne Zweifel hier, auf unserem Kontinent, erheblichen Einfluss auf die

gesellschaftliche Entwicklung haben werden. Sie werden sich oft überschneiden (vgl. Bade

1993: 116-124), wobei die ökonomischen und politischen Faktoren zur umfassenden

Harmonisierung des Migrationsphänomens effizient beitragen können.

153 „Schon 1980 hatte die UN-Generalversammlung in einer Resolution festgestellt, dass Fluchtbewegungen die regionale Stabilität gefährden können“ (Hauchler 1999: 113). Als zehn Jahre später der Konflikt in Ex-Jugoslawien ausbrach, haben die europäischen Staaten erste, gesamteuropäische Lösungen gesucht und entsprechende Maßnahmen auch durchgeführt. Dabei konnten die Massenauswanderungen nicht verhindert werden. Doch wurden große Anstrengungen unternommen, deren Folgen zu mildern, auch wenn dies mit militärischem Einsatz verbunden war. „Im Kosovo-Konflikt mobilisierte vor allem die Angst vor einem Massenexodus in Richtung Westeuropa die Bereitschaft der NATO zur militärischen Intervention“ (ebd.). Anfang 2001 wurden die europäischen internationalen Truppen der NATO wieder zu einem hochverantwort-lichen Einsatz nach Afghanistan geschickt. 154 Über die Bewertung der sog. ´Festung Europa` siehe: Fußnoten 60, 64, 157.

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3. Herausforderungen für die europäische Zuwanderungs-

gesellschaft

3.1. Bewertung und „Entmythologisierung“ der Zuwanderung

Allen Prognosen der zukünftigen Bevölkerungslage und Zuwanderung in Europa

zufolge stellt sich sowohl für Experten als auch für normale Bürger immer öfter die Frage, ob

gezielte Zuwanderung nicht sogar notwendig sei, um die Volkswirtschaften in Schwung zu

halten. Anderen ist im Prinzip klar geworden, dass die ersten negativen Symptome der

ungewünschten Bevölkerungsstruktur Europas (vgl. I.4.1.) existenzgefährdende Konsequen-

zen für die Gesellschaft dieses Kontinents mit sich bringen können. In den heftigen

Diskussionen und konkreten Unternehmungen gegen diesen Stand der Dinge hat sich in den

letzten Dekaden eine klare Alternative gezeigt, denn es gibt nur zwei Möglichkeiten:

„entweder sorgt man selber für mehr Nachwuchs, oder man importiert ihn“ (Hepp 1994: 28).

In Europa bestehen also zwei parallele Hauptrichtungen, die sich, unbestritten guten Willens,

um die Bewältigung der Bevölkerungs- und Migrationsprobleme bemühen. Ein Teil der

Gesellschaft, eher nationalistisch orientiert, agitiert stark für eine geburtenfreundliche

Bevölkerungspolitik bzw. Revitalisierungspolitik vor allem junger Menschen155. In ihrer

radikalen Form verzichtet diese Politik auf irgendwelche Einwanderung von Fremden und auf

die Mischung der europäischen Kulturen. Dafür benutzt sie ethnologische, wirtschaftliche und

gesellschaftspolitische Argumente156. In ihrer milderen Form wird akzeptiert, dass man unter

verschiedenen Bedingungen „auf ein gewisses Kontingent assimilierbarer Einwanderer, die

also möglichst aus kulturverwandten Regionen kommen sollen, wohl nicht verzichten kann,

155 „Die Hauptleistung müssen wir aus eigener Kraft vollbringen. Was wir brauchen, ist eine Revitalisierung Europas, eine europäische Revitalisierungspolitik. Eine solche Politik darf sich freilich nicht damit begnügen, an Symptomen herumzukurieren. Auch der Bevölkerungsrückgang und die demographische ´Überalterung` sind nur Indikatoren einer allgemeinären Hinfälligkeit und Vergreisung, die nur mit einem neuen ´elan vital`, mit einem Aufstand der Jugend gegen das Altersheim Europa, überwunden werden kann... Völker, die sich nicht mehr selbst reproduzieren, sind dem Untergang geweiht“ (Hepp 1994: 35). 156 Dem Radikalismus dieser Alternative entsprechen nicht weniger radikale Aussagen. Die Furcht vor eventueller ´Überschwemmung` durch Ausländer, drastischer Kulturwandlung Europas, Mangel an Arbeits-plätzen und ungenügendem Lebensterritorium für die Einheimischen, drückt eine eigentlich milde Aussage ´Das Boot ist voll` sehr klar aus. Einige Autoren gehen aber weiter und warnen vor der multikulturellen Gemeinschaft als vor einer ´zweifelhaften Utopie`, die nur Moralisten und Sentimentalisten unterstützen (siehe: Schmid 1994: 48ff); als vor einem ´kulturellem Monster`, wo jedes Volk von Fremden beschützt werden soll (siehe: Millen-dorfer 1994: 42-47); als vor einem ´Box-Kannibalismus`, wo sich Menschen nach dem biologischen Prinzip der Mäuse untereinander umbringen müssen (siehe: Kohl 1994: 9).

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aber in Anbetracht der dubiosen Konsequenzen kann der Rückgriff auf Einwanderer selbst

aus rein demographischer Perspektive allenfalls eine ergänzende Maßnahme sein“ (Hepp

1994: 35).

Ein anderer Teil der polemisierenden Europäer sieht die kulturelle und demographische

Lage des Kontinents heute zwar verändert, aber nicht gefährdet. Für diese soll die immer

bestehende Diffusion der Völker und die Auswirkungen des heutigen Globalisierungstrends

zu einer ökonomischen, kulturellen und politischen Bereicherung Europas führen157. Daher

haben die Anhänger dieser Konzeption weniger Vorbehalte gegenüber der Zuwanderung von

Ausländern und gegenüber ihrer Koexistenz in der gemeinsamen Heimat. Doch deren

wachsende Präsenz in Europa wird als eine Not und Herausforderung gesehen, wobei der

Grad der eventuellen Befürchtungen mehr oder weniger mit realistischer Einschätzung

zusammenhängt. Der Vollständigkeit halber seien auch die extrem- euphorischen Positionen,

die ein ´Europa ohne Grenzen` postulieren und eine totale Freizügigkeit vom Ural bis

Portugal gewährleistet sehen wollen (siehe: Terrón 2001: 8). Letztgenannte vertreten jedoch

eine eher illusionistische Sicht von unbegrenzter Zuwanderung.

157 Es scheint, dass in der neuzeitlichen Geschichte vor allem die ökonomischen Aspekte der Zuwanderer zur Kenntnis genommen werden. Immer seltener werden sie als Ballast bezeichnet. Das allgemeine Bewusstsein der Europäer oszilliert in Richtung der faktischen und gerechten Anerkennung ihrer offenen Anwesenheit. „Die Arbeitsmigration selbst zählt mit zu den Globalisierungsphänomenen. Migranten aus der Türkei, den Ostblockstaaten, Nordafrika und Asien sind schon lange keine ´Gastarbeiter` mehr, sondern zu einem wichtigen, ja geradezu notwendigen ökonomischen Faktor geworden“ (Kohl 2001: 101; vgl. Weiner 1996: 45). Die zuletzt geführten Beitrittsverhandlungen mit mehreren Staaten Europas über die Erweiterung der EU und den Zusammenbau Europas konzentrieren sich vor allem auf die wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Fragen. Die kulturelle Vielfalt der Bürger und Ausländer in diesem Bereich führt aber auch zu den Fragen über eine kulturelle Einigung Europas. Solche Prozesse sieht z.B. der Direktor des Zentrums für Europäische Integrationsforschung als eine Chance und mögliche Bereicherung der einzelnen Kulturen – und postuliert: „Empfehlenswert wäre es, wenn neben die Charta der Grundrechte der Europäischen Union eine Charta der europäischen Identität treten würde“ (Kühnhardt 2001: 47). Die noch immer diskutierten Projekte einer europäischen Verfassung und einer Definierung europäischer kultureller Identität beweisen die positiven Anstrengungen der Politiker und Wissenschaftler um eine umfangreiche, vielfältige Neugestaltung Europas, wobei die Pflege der nationalen Kulturen, zum gemeinsamen europäischen Kulturerbe beitragen soll. Die neuzeitliche Niederlassung der Millionen von Immigranten besonders in West- und Südeuropa hatte nicht nur wirtschaftliche und kulturelle Effekte. Obwohl selbst politisch wenig aktiv, werden die Immigranten oft zum Objekt der politischen Manipulationen, was fast jede europäische Wahlkampagne bestätigen kann (siehe: Tolmein 2001: 7). Man mag dem Forscher zustimmen, dass „die Frage der Inkorporierung von kulturell distinkten Bevölkerungsgruppen primärer Bestandteil der politischen Agenda wurde. Die Xenophobie in der Bevölkerung und die nie abgebrochene Tendenz, die Anwesenheit von Migranten zu politisieren, zeigt, dass ihre Präsenz längst nicht legitimiert ist“ (D`Amato 2001: 66). Von anderer Seite führt die immer stärkere Diffusion der politischen Strukturen von Nationalstaaten zu einer unvermeidlichen Bildung der ´Festung Europa`, was man eine ´Politisierung des Wirtschaftlichen und Ethnischen` nennen kann (vgl. Hoffmann-Nowotny 1999: 15). Die politische Konsolidierungsrolle der internationalen Migration in Europa wird zum besonderen Objekt und zum Ziel für das Europäische Parlament sowie für andere internationale Organisationen. Von besonderer Bedeutung sind in der letzten Dekade des 20. Jahrhunderts die Übereinkommen von Schengen (1990), Maastricht (1993) und Tampere (1999) (siehe: Terrón: 2001: 1-11). Dort wird immer optimistischer gesprochen über ein gemein-sames Europa, in dem durch eine gut koordinierte Asyl- und Einwanderungspolitik eine zukünftige Oase von ´Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit` geschafft werden könnte.

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Angesichts des breiten Spektrums polemischer Positionen in Sachen Bevölkerungs-

und Zuwanderungspolitik in Europa ist es relativ schwer, eine objektive Haltung zu finden.

Durch die Jahrzehnte der politisch sehr emotional beeinflussten Interpretationen von Daten

und die zahlreichen schwach begründeten Prognosen wuchsen die Vorurteile nicht nur gegen

gewisse Lösungen, sondern auch gegen konkrete Menschen bzw. Ausländer. Da sich einige

extreme Bewertungen und übertriebene Stellungsnahmen in den Diskussionen festgesetzt

haben, werden sie oft in der Öffentlichkeit wiederholt. Gegen solche Erscheinungen richtete

der französische Innenminister Jean-Pierre Chevènement sein Wort auf einer Konferenz der

Justiz- und Innenminister der EU: „In bezug auf die Weltbevölkerung (6 Milliarden heute, 9

Milliarden 2050) sind die Wanderungsbewegungen heute relativ gering. In der aktuellen

politischen und sozialen Diskussion spielen sie oft eine größere Rolle als ihr wirklicher

Einfluss auf die Wirtschaft in den Auswanderer- bzw. Einwandererländern. Wir müssen

deutlich sagen, dass es auch um die Humanität geht und dabei zwei gegensätzliche

demagogische Ansätze zurückweisen, nämlich einerseits den Mythos der ´Null-Zuwanderung`

und andererseits das hehre Hochhalten einer Welt ohne Grenzen“ (Chevènement 2000: 1).

Diese Aussage gründet sich auf die tiefgehenden Prognosen der UNO (siehe: PD-UN 2000;

vgl. I.4.2.) und ist ein Beispiel für den ausgewogenen Zugang zur Problematik, bzw. zur

Entmythologisierung der komplexen Einwanderungsthematik und eventueller Prognosen. Die

zuletzt gelungenen gemeinsamen Schritte Europas (etwa in der Harmonisierung des EU-

Rechts, in der gemeinsamen Währung, in der militärischen Kooperation) scheinen mit der

Zeit zum Abbau extremer wie auch oberflächlicher Problemsicht beitragen zu können. Doch

das Vokabular einiger Politiker und nicht selten auch der Wissenschaftler ist von einer

positiven Darstellung der Immigranten und ihrer Lebenssituationen, auch ihrer Fähigkeiten,

noch weit entfernt. Ebenso wird nur selten explizit ausgedrückt, dass Europa eigentlich neue,

junge Einwanderer erwartet, diese auch will und sogar um sie bittet (siehe: Meier 2000:1-4;

vgl. Oberndörfer 2000: 1ff). Dies bestätigen die klaren und realistischen Worte des erwähnten

Ministers: „Wenn Europa bis zum Jahr 2050 47 bis 79 Millionen Migranten aufnehmen muss

(niedrige und mittlere Hypothese der UNO), was etwa der Verlängerung des aktuellen Trends

entspricht, wird deutlich, dass Europa eine gewisse Vermischung akzeptieren muss“

(Chevènement 2000: 3). In der Diskussion über aktuelle zentrale Herausforderungen für die

europäische Zuwanderungsgesellschaft darf eine Schärfung des Bewusstseins seiner Bürger in

dieser Frage nicht vernachlässigt werden. Denn Tatsache ist: unbestreitbar sind letztlich wir

diejenigen, die Zuwanderer brauchen; sie leben jetzt bei uns und sie werden es in Zukunft in

zunehmendem Maße tun – alles andere mag umstritten sein.

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3.2. Garantie des Gleichgewichts zwischen den Integrationsebenen

Die europäischen Vorstellungen von ethnisch und kulturell homogenen Nationalstaaten,

die sich seit dem 19. Jahrhundert durchgesetzt haben, wurden schon in den 70er Jahren des

20. Jahrhunderts langsam abgelöst. Die erste, nach dem Zweiten Weltkrieg 25 Jahre lang

organisierte Gastarbeiteranwerbung (siehe: I.2.2.3.c) zeigte, dass die Präsenz von Migranten

in den westeuropäischen Ländern nicht temporär, sondern langfristig, wenn nicht dauerhaft

wird158. „Zuvor haben nicht nur die Anwerbestaaten, sondern auch die Migranten selbst die

Migration als eine lediglich temporäre Dislozierung verstanden. Ihre Langzeitresidenz und die

daraus resultierenden Erfordernisse jedoch machten spätestens seit den 80er Jahren einen

sozio-politischen Paradigmenwechsel nötig, der bislang aber an der Weigerung der

Regierungen der Aufnahmegesellschaften gescheitert ist, ihre Staaten als Einwanderungs-

länder zu verstehen“ (D`Amato 2001: 43f). In solcher Situation musste Europa als neuer

Zuwanderungsbereich mit der Realität einer multikulturellen Gesellschaft nicht nur rechnen,

sondern durch die positive Umkehr der angstbesetzten Erwartungen konkrete Schritte zur

effizienten Zuwandererintegration unternehmen. Seitdem ging es nicht mehr um die

oberflächliche Adaptation von Saisonarbeitern oder Assimilation temporärer Gastarbeiter

(vgl. Linder 1991: 145-157; vgl. Bommes 1997: 249ff). Eine verantwortliche Integrations-

politik bzw. Thematik gegenüber den Ausländern eröffnet ein breites Spannungsfeld zwischen

der Zuwandereridentität und der Identität von Inländern159. In einem noch breiterem Sinn

betrifft diese Diskussion die sog. nationale bzw. europäische Leitkultur160, in derer Sinne sich

158 Vor allem lag der kurzfristige bzw. Rotationsaufenthalt von Immigranten nicht im Interesse der europäischen Firmen, weil sich die Einarbeitungskosten (Ausbildungskosten) als sehr hoch erwiesen. Auf der anderen Seite wollten die jungen Gastarbeiter nach schwerer Adaptation (siehe: Berry 1996: 171-186) möglichst schnell ihre Familien nachholen, und erst nach dem Erreichen des Rentenalters in das Heimatland zurückkehren – ihre Kinder aber assimilieren sich häufig im neuen Land. Offensichtlich ist der einmal begonnene Zuwanderungs-prozess nicht zu bremsen. 159 Weil die Identität die politischen, ökonomischen und kulturellen Aspekte betreffen kann, wird dieser vieldeutige Begriff in der Soziologie und anderen Wissenschaften nicht einheitlich verwendet. Es ist auch wichtig die Bereiche zu unterscheiden, in denen die Integration angewendet wird. Meist wird von kontinentaler (europäischer) oder von nationaler und sogar regionaler Identität gesprochen. Auf jeden Fall betrifft sie eine Person und ihre Überzeugung. Deswegen kann man die Identitätsdefinition als „das Bewusstsein der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft und die Bejahung dieser Zugehörigkeit“ akzeptieren (Münkler 1996: 101). Hinsichtlich der Frage nach der Entwicklung der nationalen Identitäten im neuen Europa überwiegen unter den Soziologen deutlich kritische Töne. 160 In diesem Kapitel wird die heikle Thematik der ´Leitkultur` möglichst gemieden. Doch sie wird im nächsten Teil der Arbeit zum Ausdruck kommen (siehe: II.3.1.), wo von einem sozio-ethischen Blickwinkel her die Werte der Aus- und Inländer betrachtet werden. Heute existiert zahlreiche Literatur zu diesem Thema, die aktuelle Entwicklungen aufgreift, so z.B. die ´Zeitschrift für Kulturaustausch` (vgl. Tolmein 2001; vgl. Kohl 2001: 101-114; vgl. Schmid 2001: 114-143).

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viele europäischen Bürger engagieren. Durchschnittsbürger wie Politiker, besonders aber die

zum Thema Forschenden stellen sich zwei zentrale Fragen: „Wieviel an Anpassungsleistung

kann und soll von den Zuwanderern erwartet werden? Wieviel Differenz kann und soll von

der Einwanderungsgesellschaft zugelassen werden?“ (Rethmann 2000: 191). Zahlreiche

Antworten auf diese fundamentalen Integrationsfragen haben mehrere neue Disziplinen im

internationalen Wissenschaftsraum ins Leben gerufen. So darf man schon in den letzten

Dekaden über eine so genannte Integrationswissenschaft reden, die ihr besonderes Abbild und

Unterstützung in den modernen Informationsmethoden gefunden hat161. Die große Menge von

Informationen über Multikultur, Zu- und Einwanderungsgesellschaft, Integrationsprozesse

oder ihre Einwirkungsmethoden wirkt sich leicht emotionalisierend und polarisierend aus,

ohne dass man auf diesem Weg zu einem Konsens kommt. Daher wird im Folgenden als

zweite zentrale Herausforderung für die europäische Zuwanderungsgesellschaft die

wissenschaftliche Differenzierung dieser Thematik unter spezifischen Blickpunkten

dargestellt. Anschließend wird nach kurzer Definition der Integration auf ihre drei

konstitutiven Elemente hingewiesen, die in der Praxis gleichzeitig und gleichberechtigt

behandelt werden sollen.

Wenn man sich im Rahmen der Integrationswissenschaft mit diesem Begriff allein

beschäftigt, wird schnell deutlich, dass seine Anwendung oft nicht nur deskriptiv, sondern

auch normativ gebraucht wird. Das in sich neutrale Phänomen der Integration wird

üblicherweise von drei Perspektiven her gesehen, wobei ihre Bedeutungselemente häufig

unentwirrbar miteinander vermischt werden. Um solche methodischen Fehler vermeiden zu

können, und eine objektive Beurteilung von Integration zu finden, muss man die drei Frage-

und Antwortgruppen bewusst getrennt sehen. Die Fragen lauten (siehe: Abb. 25):

- Was ist oder wie funktioniert die Integration? – Man erwartet von den empirischen

Sozialwissenschaften eine klare phänomenologische Beschreibung der Situation, ohne ihre

Ursachen, Verlauf und Folgen zu beurteilen.

161 Über die Entwicklungslinien wissenschaftlicher Arbeiten, die die europäische Integration betreffen, schreiben u.a. Loth / Wessels 2001a: 7-15. Sie zitieren bedeutende gegenwärtige Fachverlage, akademische Vereinigungen, spezialisierte Lehrangebote, universitäre und andere Forschungsinstitute und Einrichtungen sowie wertvolle wissenschaftliche Diskussionen und Beiträge auf verschiedenen Ebenen, weisen auf die 25 neusten Internetadressen hin (siehe: Loth / Wessels 2001a: 8-10). Weil diese mit ihren zahlreichen Links in der Forschung sehr nützlich sein können, seien sie an dieser Stelle teilweise gebracht: http://www.mzes.uni-mannheim.de/projekte/aei ; http://www.ecsanet.org ; http://www.consuniv.org ; http://www.etat.lu/CERE ; http://www.bitline.fi/fide ; http://www.esf.org ; http://www.zei.de ; http://www.epsnet.org/ ; http://www.essex.ac.uk/ecpr/ ; http://www.coleurop.be ; http://www.iue.it ; http://www.dfg.de/foerder/grako-/liste.html ; http://www.iep-berlin.de ; http://www.zei.de ; http://www.cap.uni-muenchen.de/bertelsmann-/index.html ; http://www.kwi-nrw.de/~swp ; http://www.tepsa.be ; http://www.dfg.de ; http://www.esrc.ac.uk-/curprog.html. ; http://www.arena.uio.no ; http://europa.eu.int/comm/research/fp5_de.html ; http://www.mpi-fg-koeln.mpg.de/bericht/projekt_d.html ; http://www.mpp-rdg.de/deutsch/home1.html (vgl. Linsenmann / Mittag 2000: 435-438) und allen neueren Ausgaben vom Jahrbuch der Europäischen Integration. Bonn.

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- Wie oder wem soll die Integration dienen? – Diese Frage soll durch die sozialethischen

Wissenschaften beantwortet werden mit entsprechendem Einfluss auf andere gesellschaftlich

wichtige Lebensbereiche wie etwa Politik.

- Was und wie müssen rechtliche Rahmenbedingungen verändert bzw. dem Status quo

angepasst werden, um Integration forcieren? – In diesem Bereich sollten die Rechtswissen-

schaften, die vorliegenden Fragen und Antworten, zur Transparenz beitragen.

Solche eindeutigen Eingrenzungsfragen können effizient dazu beitragen, dass Autoren, die in

oft unklaren Stellungnahmen mehr oder minder wissenschaftlicher Art eher zur Verwirrung

beitragen, durch die Klassifizierung der Fragestellungen ihre Thesen geordneter und

zielgerichteter formulieren162.

Von methodologischer Seite her ist es nicht unwichtig, für die Forschung und Beschreibung

der Integrationsprozesse die Überzeugung zu besitzen, dass die Integration als ein Phänomen

gleichermaßen Ausländer als auch Inländer betrifft – sogar gleichzeitig und am selben Ort.

Eine klare Feststellung, dass zur Integration zwei Personen gehören (vgl. Süssmuth 2001: 6;

vgl. Bade 1990: 268), bestätigt, dass der Integrationsprozess keine ´Einbahnstrasse` ist, wobei

„ein konfliktfreier Prozess der gegenseitigen Integration von Zuwanderern und Einheimischen

wohl nicht zu erwarten ist“ (Rethmann 2001: 194). Doch eine grundsätzliche Gleichberech-

tigung inländischer und ausländischer Personen oder Gruppen (meistens Minderheiten) ist,

unabhängig davon, wo sie sich befinden, eine notwendige Vorbedingung beim Zugang zu

dieser Thematik. Erst dann, wenn man sich bewusst ist (siehe: Abb. 25), von welcher Position

(Blickwinkel) und über wen (Einzelne, Kollektiv) man spricht, darf man konstatieren, dass

Integration eine interkulturelle Begegnung von Personen ist, die sich auf den verschiedensten

Ebenen realisiert (vgl. andere Definitionen: StL. Bd. 3. S.112-118).

Stellt man verschiedene Definitionen mit der Realität der Integrationsnot in

Zusammenhang, bietet sich ein Konzept an, in dem zahllose Felder (Ebenen) dieser

„Begegnung von Personen“ unter drei zentralen Aspekten geordnet werden könnten (vgl.

Dietz 1999: 15-17; vgl. Baadte / Rauscher 1995: 67f). Es wären:

- rechtspolitische Aspekte von Integration – wie etwa - Aufenthaltstatus, Staatszugehörigkeit,

Bürgerrechte, etc.;

162 Die gleichzeitige Betrachtung unter drei verschiedenen Aspekten (phänomenologischen, ethischen und rechtlichen) in einem Artikel dürfte dem Leser nachvollziehbar sein. Wenn festgestellt wird, dass die Spätaussiedler ohne Sprachkenntnisse gekommen sind, dass sie Deutsch fürs Leben lernen sollen, und dass die Regierung eine Sprachprüfung noch in Russland verlangt (vgl. Seiterich 2001: 5-7), geschieht eben dies aus dem Blickwinkel oben genannter Aspekte. Kontraproduktiv wirken allerdings Autoren, die wegen eigener extremer Meinungen und durch Emotionalisierung der Debatte allgemein anerkannte Werte in Frage stellen, wie z.B. „Haben Menschen ein Recht auf Heimat?“ – oder zweideutige Aussagen machen - „wäre der Österreicher, wäre der Bundesdeutsche so schlecht, wie er oft dargestellt wird, würden mögliche Einwanderer das Land wohl meiden!“ (Eder / Mölzer 1994: 7).

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- sozioökonomische Aspekte von Integration – wie etwa Sozialhilfe, Versicherung, Bildungs-

möglichkeit , Arbeit, etc.;

- kulturell-religiöse Aspekte von Integration – wie etwa Sprache, Konfession, Zugang zu den

Kulturgütern, etc.

Angestrebt ist hier keine weitere theoretisch- detaillierte Spezifikation dieser drei o.g. Ebenen,

die nur als wesentliche Indikatoren der Partizipationsmöglichkeiten von Zuwanderern gelten.

Auch geht es nicht um nationale Integrationskonzepte einzelner Staaten, die auf politischen,

gesellschaftlichen und kulturellen Wertvorstellungen basieren und deswegen in ihrer

Vielfältigkeit einer europäische Koordinierung bedürfen (siehe: I.5.3.). In diesem Punkt wird

die Notwendigkeit der Gleichbehandlung von verschiedenen Migrantengruppen163 mit dem

Ziel ihrer besten Integration explizit betont. Andere partikuläre Ziele dürfen eine ganzheitli-

che und harmonische Integration (in Bezug auf Dauer und Intensität) von Ausländern nicht

verhindern. Sollte das geschehen, könnten die betreffenden Staaten oder ihre Sektoren mit

Recht gerade wegen Unrecht, Ausbeutung, Neokolonialisierung usw. angeklagt werden164.

Ein Gleichgewicht zwischen allen drei wesentlichen Integrationsebenen stellt also eine riesige

Herausforderung an die nationalen Regierungen und Organisationen dar. Es muss verhindert

werden, dass eine Integrationsebene überakzentuiert wird, wenn gleichzeitig eine andere die

totale Marginalisierung oder teilweise Segregation für Zuwanderer bedeutet. Es nutzt z.B. die

Gewährung der Staatsbürgerschaft und Ermöglichung der politischen Partizipation im

Aufnahmeland nur wenig, wenn dies dem Immigrant gesellschaftlich und kulturell gleich-

gültig ist165.

Ebenso scheint z.B. für die Integration kontraproduktiv zu sein, ausländischen Fachkräften

eine Einladung (Green-Card, etc.) zu erteilen und später eventuelle Weiterbildung und

gesellschaftliche Unterstützung anzubieten, ohne diesen Personen und ihren Familien das

163 Vgl. z.B. die rechtlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Integration in Deutschland so verschiedener Migrantengruppen wie: Aussiedler, Gastarbeiter und Asylanten (vgl. Wollenschläger 1996: 431-450). 164 Zum Thema ´postmoderne Sklaverei` im Kontext des Menschenhandels und ihrer irregulären (illegalen) Situation im europäischen Land vgl. Hartmann (1999: 16). Die Entstehung von Begriffen wie Neo-Kolonialist, Rassist beschreiben (Bade / Brötel 1992: 6). 165 Dies ist vor allem der Fall bei sog. Spätaussiedlern, die als deutsche Bürger schon im Ausland anerkannt werden und nach der Umsiedlung selbst wenig inkulturationsbereit sind. Von anderer Seite erschweren die ineffizienten Integrationsprogramme der Regierung eine harmonische gesellschaftliche und kulturelle Eingliederung (siehe: Seiterich 2001: 5-7; Markus 2001: 8-11). Nach einer gründlichen inhaltlichen Auseinan-dersetzung mit verschiedenen Theorien der Staatsbürgerschaft in den drei größten Staaten Europas durch D`Amato (2001: 77-247) mag man diesem zustimmen, dass „das Konzept der Staatsbürgerschaft, (...) eine Möglichkeit bietet, auch angesichts neuer internationaler Wanderungen die Interaktionsprozesse zwischen Immigranten und Gesellschaft zu untersuchen. Staatsbürgerschaft ist jedoch nicht bloß ein Hort der gesellschaftlichen und politischen Integration, sondern auch eine Quelle des Konflikts, die Ausgeschlossene veranlasst, Bürgerbewegungen zu bilden“ (D`Amato 2001: 41).

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Recht auf ständigen Aufenthalt zu gewähren166. Wenn es um kulturelle Integration geht, dann

wird diese Frage stets zweitrangig, nach primär ökonomischen und politischen Diskussionen,

betrachtet. Ungeachtet dessen rundet erst eine global-kulturelle Sicht des Integrations-

prozesses das Gesamtbild ab. Von dieser Ebene her ist das am meisten diskutierte Thema die

Beherrschung und Verwendung der Sprache im Aufnahmeland. Seine fundamentale

Bedeutung für die Integration von Zuwanderern bleibt unbestritten; oft aber wird vergessen,

dass sie nur ein Teil der kulturellen Integration ist, die der gleichen Anpassungsleistung des

Zuwanderers sowie einer nicht weniger mühsamen167 Leistung der Inländer bedarf (vgl.

Rethmann 2000: 200-202). Die volle Integration bzw. „Inkulturation ist somit, zusammenfas-

send formuliert, kein einseitiger Vorgang, der nur die Anpassungsleistung der zugewanderten

Menschen umfasst. Inkulturation bedeutet vielmehr auch eine Fortentwicklung der

Gegenwartskultur der Einwanderungsgesellschaft selbst“ (ebd.). Für alle im Aufnahmeland

ererbten ´Chancen` man kann nur dann authentisch dankbar sein, wenn sie in gleichem Masse

alle Bereiche des Migrantenlebens betreffen. Politischer Konsens, soziale Gleichberechtigung

sowie kulturelle und besonders religiöse Toleranz (siehe: Wiese 2001:72-92; vgl. Lepsius

1999: 201-222; vgl. Oberndörfer 2000: 3; vgl. II.3.1.) werden zweifelsohne zu einer immer

vollkommeneren Integration aller europäischer Bürger führen. Etliche Anstrengungen von

Staaten und Organisationen, eine kollektive Identität aller Europäer auszubauen sowie eine

koordinierte Zuwanderung und Einführung in die europäische Gesellschaft werden in

folgendem Abschnitt dargestellt.

166 Manchmal geht es hier ausschließlich um sog. ´ökonomische Integration`, die aber keine gesellschaftliche und politische Partizipation bedeutet. Sie löst auch keine negativen Erscheinungen bzw. Pathologien durch die Zuwanderung aus (siehe: Rath 1999: 117-135; Martin 1999: 137-154). 167 Nur selten werden in der Fachliteratur die kulturellen und sonstigen Aspekte von Integration als ein müh-samer, von schweren Krisen begleiteter Prozess dargestellt (siehe: Rethmann 2000: 200) und noch seltener als eine unangenehme Begegnung von Personen, in der beide Seiten unüberwindliche Probleme lösen oder einen Teil eigener Identität abgeben müssten, um mit dem Anderen im Kontakt zu bleiben.

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3.3. Koordinierung der globalen Migrationsprozesse

Ohne einen konkreten ´Markstein` in der modernen Migrationsgeschichte zu suchen,

darf festgestellt werden, dass die letzte Dekade des 20. Jahrhunderts einen solchen dargestellt

haben dürfte. In diesem Zeitraum nämlich, mit Beginn der 90er Jahre, wurde im

Zusammenhang mit den weltweiten Globalisierungsprozessen168 auch der lange existierende,

gesamteuropäische Integrationswunsch als absolute Priorität betrachtet. Zuerst diente der

Begriff ´Globalisierung` „vorrangig zur Kennzeichnung eines Integrationsniveaus in den

weltwirtschaftlichen Austauschbeziehungen, was die bisherige Unterscheidung zwischen

Inlands- und Auslandsmärkten obsolet werden lässt und das Entstehen eines

´Weltgesamtmarktes` beschreibt“ (Rösner 1998: 31). Kurz gesagt spiegelten sich dieser

Integrationscharakter und die Globalisierung in sämtlichen, d.h. politischen, wirtschaftlichen

und kulturellen Bereichen des menschlichen Lebens und Wirkens wider. Gerade in dieser

Dekade spürten die europäischen Staaten aus der Notsituation heraus einen besonderen

Druck, ihre Politik auf allen Ebenen noch stärker zu harmonisieren169, was am 01.11.1993 die

Gründung der Europäischen Union besiegelt hat. Seitdem bildet die EU „die Grundlage für

die Vollendung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) sowie für

weitere politische Integrationsschritte, insbesondere eine gemeinsame Außen- und

Sicherheitspolitik (GASP) und eine Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres. (...)

Durch die EU-Erweiterung und bilateralen Beitrittsverhandlungen mit 12 weiteren Staaten;

durch die Einführung der Eurowährung sowie durch den am 01.05.1999 in Kraft getretenen

Vertrag von Amsterdam wurde (...) als neues Ziel der Union die Schaffung eines Raums der

Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Vollendung für 2004) festgeschrieben, ´in dem in

Verbindung mit geeigneten Maßnahmen in Bezug auf die Kontrollen an den Außengrenzen,

das Asyl, die Einwanderung sowie die Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität der freie

Personenverkehr gewährleistet ist`“ (Baratta 2001: 1042; siehe: Abb. 5). Diese und andere

168 Die Ursachen dieses Phänomens, der Ursprung des Wortes, die Dimensionen und Bewertungen von ´Globa-lisierung` wurden besonders gut und kompakt in zwei Vortragsreihen der Akademie Völker und Kulturen in Sankt Augustin herausarbeitet (siehe: Mensen 1998; Mensen 2001). 169 20 Jahre nach Entstehung der EG (mit eigenem Rat, Kommission, Parlament und Gerichtshof) wurde am 01.07.1987 die erste große Änderung dieses Vertrages vorgenommen. Die sog. Einheitliche Europäische Akte (EEA) ermöglichte noch stärkere Integration der westeuropäischen Staaten, was zu einer Schaffung des europäischen Binnenmarkts am 01.01.1993 führte. In ihm sollen die vier fundamentalen Freiheiten gewährleistet sein, d.h. freier Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital. Nur elf Monate später trat der Vertrag über die Europäische Union in Kraft (vgl. Baratta 2001: 1041ff).

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später unternommenen konkreten Förderungsmaßnahmen sollen die Koordinierung des

Aufbaus eines neuen Europa in der globalen Welt erleichtern.

Dem Bau einer neuen europäischen Ordnung im ´Zeitalter der Demokratie, des Friedens

und der Einheit` gab die sog. ´Charta von Paris für ein neues Europa` (CPE 1990: 31-36) die

modernen Fundamente. Sie wurde in Paris am 21. November 1990 zum Abschluss einer

Gipfelkonferenz der 34 KSZE-Staaten verabschiedet. Ihre markante Bedeutung liegt in der

klaren Projektion der Zukunft Europas, die auf den allgemeinen Menschenrechten und

Grundfreiheiten gegründet worden ist, wobei die Rechte der Person den Rechten der

Minderheiten gleichgestellt sind170. Zum ersten Mal wurden dort explizit die Wanderarbeiter

und ihre Familien erwähnt, „die sich rechtmäßig in Aufnahmeländern aufhalten,

wirtschaftliche, kulturelle und soziale Aspekte wie auch ihre menschliche Dimension haben,

(... es wurde bekräftigt ...) dass der Schutz und die Förderung ihrer Rechte sowie

Verwirklichung einschlägiger internationaler Verpflichtungen uns alle angeht“ (ebd. 35).

Auffallend ist, dass in diesem Dokument und in der Internationalen Konvention für den

Schutz der Rechte von Wanderarbeitern und ihren Familien vom 18.12.1990 (siehe: UNHCR

1990: 1- 37) der Bau eines ´gemeinsamen europäischen Hauses` (siehe: Bracher 1992: 421

Bd. 6.) sowie die Mobilität von Bürgern und Gästen Europas stark betont wurde. Anfang der

90er Jahre also entstand langsam ein neues europäisches Bewusstsein, das einfach nicht mehr

zulässt, über die Zukunft Europas nachzudenken, ohne dabei die Präsenz von Immigranten zu

berücksichtigen. Auch eine koordinierte Öffnung nach Osten ist spürbar. Doch die allmähliche Sensibilisierung der Bevölkerung in Richtung eines

vorurteilsfreien Denkens, die praktische Knüpfung von Kontakten, die ständigen Wandlungen

170 Dieses Dokument und Fundament der heutigen ´Charta der Grundrechte der EU` (vgl. Baratta 2000: 1082ff) sagt an entscheidender Stelle: „Wir bekräftigen, jeder einzelne hat ohne Unterschied das Recht auf: Gedanken-, Gewissens- und Religions- oder Glaubensfreiheit, freie Meinungsäußerung, Vereinigung und friedliche Versam-mlung, Freizügigkeit; niemand darf: willkürlich festgenommen oder in Haft gehalten werden, der Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden; jeder hat auch das Recht: seine Rechte zu kennen und auszuüben, an freien und gerechten Wahlen teilzunehmen, auf ein gerechtes und öffentliches Verfahren, wenn er einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, allein oder in Gemeinschaft mit anderen Eigentum zu haben und selbständig Unternehmen zu betreiben, seine wirtschaft-lichen, sozialen und kulturellen Rechte auszuüben. Wir bekräftigen, dass die ethnische, kulturelle, sprachliche und religiöse Identität nationaler Minderheiten Schutz genießen muss und dass Angehörige nationaler Minderheiten das Recht haben, diese Identität ohne jegliche Diskriminierung und in voller Gleichheit vor dem Gesetz frei zum Ausdruck zu bringen, zu wahren und weiterzuentwickeln. Wir werden gewährleisten, dass dem einzelnen wirksame innerstaatliche wie internationale Rechtsmittel gegen jede Verletzung seiner Rechte zur Verfügung stehen. Die uneingeschränkte Achtung dieser Gebote ist das Fundament, auf dem wir das neue Europa aufbauen wollen. Unsere Staaten werden zusammenarbeiten und einander unterstützen, um zu gewährleisten, dass die Entwicklung der Demokratie nicht mehr rückgängig gemacht werden kann“ (CPE 1990: 31f).

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in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens etc. erlaubten einigen Forschern die ersten,

allgemeinen Prognosen über das Europa des 21. Jahrhundert zu stellen171.

Aus der Langzeitperspektive seit der politischen Wende Europas, aus der formellen

Entstehung der EU und allen Anstrengungen um eine umfassende Zuwanderungspolitik wird

indes deutlich, dass alle diese Unternehmungen zu einem Neubau Europas sich nur mühsam

entwickeln. Obwohl es noch nicht im allgemeinen Bewusstsein des Durchschnittseuropäers

liegt, scheinen die kontinentalen Integrationsprozesse mit den Migrationsprozessen unvermei-

dlich eng verbunden zu sein. Es kann kein neues Europa entstehen bzw. funktionieren, wenn

man die wachsende Mobilität sowohl der Einheimischen als auch der Zuwanderer verhindern

oder begrenzen will. Die politische, wirtschaftliche und kulturelle Integration von

Immigranten (vgl. I.5.2.) wird zum konstitutiven Element der allgemeinen (kontinentalen)

Integration, die in einem noch breiteren weltglobalen Ausmaß geschieht. Je besser also die

Koordinierung und Harmonisierung zwischen und auf diesen Ebenen geschieht, desto größere

Chancen auf ein friedliches Zusammenleben der Nationen gibt es. Weil Europa in seiner

Vielfältigkeit von Staaten und Völkern (siehe: I.1.4.3.) einen recht komplizierten Kontinent

darstellt, werden sich alle Koordinierungsprozesse mit Sicherheit langsamer entwickeln. Doch

sie scheinen unausweichlich zu sein und stellen für viele, unabhängig von ihren primären

Absichten172, eine Reihe von Herausforderungen dar.

Wenn es um Europa als Zuwanderungsgesellschaft geht, ist zu verstehen, dass die früheren

Meinungen über im neuen Zuwanderungsbereich entstandene Kohärenzprobleme nicht so

optimistisch wie die heutigen sein konnten. Im Übrigen gilt auch heute die damalige Stimme:

„Es dürfte deutlich geworden sein, dass es weder in der Kommission noch im Kreis der zwölf

Mitgliedstaaten eine einigermaßen kohärente Migrationspolitik, sondern bestenfalls

171 Nach Dieter Senghaas sollte im Jahr 2000 das multikulturelle und pluralistische Europa vor allem einen hohen Grad an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zeigen. Die politische, wirtschaftliche und kulturelle Kommunikation zwischen West- und Osteuropa soll zum Abbau von antagonistischen Ideologien und Fremdenfeindlichkeit beitragen. Doch der konstruktive Aufbau Europas soll unter strenger Koordinierung von KSZE-Staaten und einer Supervision von Friedenstruppen weitergeführt werden (siehe: Senghaas 1990: 12-46). Vgl. Klauder (1992: 455-464), wo ein Gesamtkonzept der EG für eine europäische Ausländerpolitik in der Zukunft gestaltet werden soll. Die Perspektiven für Deutschland im Jahr 2030 vgl. mit PD-UN (2000: 37-42). 172 Schon Anfang der 90er Jahre stellten einige Europa-Forscher die optimistischen Projektionen von Europas Zukunft unter den Verdacht, dass es sich hierbei vermutlich zuerst um die künstliche, vor allem wirtschaftliche Verteilung des Kontinents handeln wird, auf dem der Westen als ´Herrenhaus` und der Osten als ´Gesindehaus` bezeichnet werden. Nach der alten ideologisch-militärischen Abgrenzung soll jetzt eine neue ´Wohlstandsmauer` entstehen, was aber in einem globalen Ausmaß immer tiefere ökonomische Unterschiede verursachen würde. „Es wird in kleinen Teilen der Dritten Welt Fortschritte geben. In weitaus größeren Teilen geht es aber längst nicht mehr um eine ´aufholende Entwicklung`, sondern nur noch um die Eindämmung der Massenarmut. Nach der Überwindung des Ost-West-Konflikts wird der Nord-Süd-Konflikt zur vorrangigen Konfliktformation im internationalen System, seine Überwindung zur zentralen Weltordnungsaufgabe“ (Nuscheler 1992a: 179). Siehe auch Hedrich (1998: 77ff), der in den Globalisierungsprozessen gewisse Risiken und Fallen sieht, besonders für die schlecht integrierten Entwicklungsländer. Sie dürften als ´Verlierer des Globalisierungsprozesses` gelten.

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miteinander unverbundene, wenn nicht gar konkurrierende Teilpolitiken gibt. (...) Kohärenz

ist aber nicht allein oder vorrangig ein organisatorisches Problem, sondern eine Frage

gemeinsamen Interesses“ (Degen 1994: 171). Eben diese ´gemeinsamen Interessen` Europas

waren durch eine gut koordinierte Migrationspolitik in der letzten Dekade ein Objekt

intensiver Mitarbeit von Hunderten UN-, EU-, staatlichen und sog. nicht-staatlichen (NGO)

Organisationen (vgl. UN-GA 2001: 1-15; vgl. Social-Human-Rights 2000: 1-7; vgl. Degen

1994: 162-164). Diese enormen internationalen Unternehmungen, die auch extrem bewertet

sein können173, worauf hier absichtlich verzichtet wird, sind zweifelsohne ein globaler

Versuch der Koordinierung von Migrationsprozessen und ein Beitrag zum Bau Europas. All

das fand am Ende des 20. Jahrhunderts seinen Ausdruck in den wichtigen Verträgen von

Maastricht, Amsterdam und Nizza (siehe: Abb. 4)sowie in der ´Entscheidung von Tampere`

in der Überzeugung, dass eine kompatible Asyl- und Migrationspolitik der EU erarbeitet

werden müsse (siehe: RAT-EU 1999: 2-6; vgl. KOM-EU 2000: 7-12). Alle späteren

Dokumente174 bis zum heutigen Tag bescheinigen, dass der EU-Einsatz für die gemeinsame

Migrationspolitik und den gleichzeitlichen Bau Europas ernst genommen wird. Es wird

angespannt diskutiert, wie der sog. offene Koordinierungsmechanismus für die Migrations-

politik eingesetzt werden könnte und welche Instrumente bzw. europäischen Leitlinien zum

Realisieren von Immigration und Integration helfen können (siehe: KOM-EU 2001: 7-16).

Obwohl noch viel in diesen Unternehmungen fehlt, wäre es Unrecht zu sagen, dass die

europäische Koordinierung eine Fiktion und der gemeinsame Bau Europas eine Utopie sei.

Doch ist zu erwarten, dass die Osterweiterung um 10 weitere Mitglieder und die EU-Wahl

2004 eine positive Verifikation nicht nur eines größeren, sondern vereinten Europas mit sich

bringen werden.

173 Die enge Interdependenz von europäischer Integrationspolitik und Migrationspolitik wird selten, aber auch als ein Ergebnis der bewussten EU-Koordinierung gesehen, die nur das Ziel eines unmenschlichen politischen Imperialismus hat. „Die angepeilte Anpassung und Unterwerfung der Politik anderer Staaten unter die Interessen der EU sind an Deutlichkeit kaum zu überbieten, sie sind in ihrer Tragweite ungeheuerlich. Mit den Aktionsplänen und den Lomé III Beschlüssen manifestiert sich unverhohlen das Gesicht eines neuen Euro-Imperialismus. Die Kontrolle von Migration und der Kampf gegen illegale Wanderungs- und Aufenthaltsformen bilden offenkundig die zentrale Legitimationsgrundlage. Sie eignen sich scheinbar auch als Grundlage für einen Schulterschluss mit den regionalen herrschenden Eliten, insofern gemeinsame Interessen – Kampf der Armut, Entwicklung, Modernisierung, Effizienzsteigerung der Behörden – und gemeinsame Gegner – brain drain, illegale Migranten, Menschenhändler – suggeriert werden“ (SHR 2000: 5). 174 „Als erster Schritt zu einem gemeinsamen europäischen Asylsystem, das bis 2004 geschaffen werden soll, legte die Kommission am 20.9.2000 einen Richtlinienvorschlag über Mindestnormen für Verfahren, für die Zu- oder Aberkennung des Flüchtlingsstatus vor; danach sollen für Asylverfahren in allen Mitgliedstaaten Mindests-tandards gelten und die Asylverfahren verkürzt werden“ (Baratta 2001: 1077). Man muss an dieser Stelle die Errichtung eines Europäischen Flüchtlingsfonds am 28.09.2000 erwähnen, der bis 2004 seine 216 Mio. €uro „zu einer ausgewogenären Lastenverteilung unter den Mitgliedstaaten bei der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen und Vertriebenen sowie deren freiwilliger Rückkehr beitragen soll“ (ebd.; vgl. RAT-EU 2000: 1-7). Konkrete Schritte zu einer Migrationspolitik gab auch die verantwortliche Kommission der Europäischen Gemeinschaften in zwei wichtigen Mitteilungen an (siehe: KOM-EU 2000: 1-27; KOM-EU 2001: 1-16).

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Schlussbemerkungen zum zweiten Kapitel

Die vielfältigen Ursachen, die wechselnde Intensität, der Verlauf sowie die

umstrittenen Prognosen europäischer Wanderungen lassen sich nicht durch eine ganzheitliche

Theorie erklären, denn die menschliche Mobilität hängt von vielen, oft unvorgesehenen,

Faktoren ab (siehe: I.1.1; I.3.2). Dies ist auch der Grund, dass bei der Systematisierung des

Migrationsphänomens die starke Überschneidung von verschiedenen wissenschaftlichen

Disziplinen unvermeidlich ist, um die nicht immer genügend deutlichen Kategorien von

Migranten zu ordnen (I.3.3.). Es wurde auch festgestellt, dass die inneren und äußeren Limits

des europäischen Raumes nicht eindeutig sind. „Die Differenzierung eines Kontinents Europa

aus der euroasiatischen Landmasse ist nicht von der geographischen Morphologie

vorgegeben, sondern von Kultur, Geschichte und Politik. Eben dies ist auch der Grund dafür,

dass die Grenze zwischen Asien und Europa je nach dem kulturellen Bewusstseinsstand

verschoben werden konnte“ (Hürten 1993: 10; vgl. I.1.4.). Doch wird die alte Europaidee,

allen Schwierigkeiten zum Trotz, durch den Innenausbau dieses Wirtschafts-, Sozial- und

Kulturraums immer weiter realisiert. Obwohl die Ziele solcher Konsolidierung in der globalen

Welt unterschiedlich bewertet sein können175, ist der mühsame Bau des „gemeinsamen

Hauses Europa“ unwiderruflich und fordert konkrete Aufgaben für alle heraus (siehe: I.5.).

In dieser europäischen Perspektive zeigten sich die Migrationsprozesse in klare

historische Phasen eingebettet. Ihre Charakteristik teilt das vergangene Jahrhundert praktisch

in drei Abschnitte (1900-1945; 1945-1989; 1989-heute; vgl. I.2.). Obwohl die Migranten, als

175 Die verschiedenen Autoren sehen, je nach ihrer Gelehrsamkeit und politischen Sensibilität, die Rolle Europas im Weltkontext sehr unterschiedlich. Einige z.B. finden das gemeinschaftliche Potential Europas, besonders im Sinn der modernen Migrationspolitik, als mögliche kontinentale Nord-Süd-Brücke, die proportional zu den umgekehrten migratorischen Süd-Nord-Strömen partnerschaftliche Beziehungen anbietet (siehe: Nuscheler 1992a: 279-302). Ähnlich sieht man Europa als einen handlungsfähigen Partner, der für die Weltfriedenspolitik verantwortlich ist (Senghaas 1992: 180). Im Gegensatz dazu stehen die Meinungen von Autoren, die vor allem in der politischen Konsolidierung Europas seinen Isolationismus erkennen wollen. Die Entwicklung der sog. ´Festung Europa` bedeutet für sie eine Abkehr von universalen Werten, die im Widerspruch zur Universalität der Menschenrechte steht (vgl. Branscheidt 1995: 14-18; vgl. Brochmann 1994: 47-61; vgl. FFM 1997). Angesichts derartiger Polarisierung ist folgende Aussage eines renommierten Migrationsforschers wert, zur Kenntnis genommen zu werden: „Die Rede von der ´Festung Europa` ist bei alledem falsch und richtig zugleich: Sie ist falsch, weil Europa offen blieb für viele auf nationalen Ebenen erwünschte oder aufgrund übergeordneten europäischen Rechts bzw. universalistischer Prinzipien tolerierte Zuwanderer, was eine erhebliche, aber überschaubare Zugänge-Zahl ermöglicht. Sie ist richtig im Blick auf die Zuwanderungsbeschränkungen bzw. auf die Abwehr unerwünschter Zuwanderer, bevor sie über europäische Grenzen in den Geltungsbereich solchen Rechts und solcher Prinzipien kommen, was eine nur schätzbare, aber in jedem Fall unvergleichbar größere Zahl ausschließt. Weil aber die uneingeschränkte Definitionsmacht über die Erwünschtheit oder Unerwünschtheit von Zuwanderungen auf Seiten des Einwanderungskontinents und seiner Staaten liegt, bleibt der Streit um die ´Festung Europa` ein Streit um des Kaisers Bart“ (Bade 2000: 450).

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Protagonisten dieser Geschichte, nur einen kleinen Teil der Bevölkerung jedes Landes stellen,

sind ihre Herkunft und Motive von Auswanderungen, sowie Typen und Ziele in den neuen

Staaten hoch differenziert (siehe: I.3.). Die Hauptcharakteristik gegenwärtiger Migration von

Europäern ist ihre beschleunigte Zirkulation von Personen. Die Menschen pendeln lieber

zwischen Nachbarstaaten, als dass sie sich dort langfristig niederlassen. Solche und viele

anderen Tendenzen werden die nächsten Dekaden der Migrationsprozesse in Europa

bestimmen (siehe: I.4.). Aus diesem Grund werden sie in dieser Arbeit besonders im Licht der

aktuellen Bevölkerungsstruktur unterstrichen, denn nur möglichst präzise Prognosen erlauben,

eine langfristige europäische Migrationspolitik zu entwickeln und anzuwenden. Eben aus

diesem Grunde ist die objektive Wahrnehmung und Bewertung (siehe: I.5.1.) der heutigen

Migrationsrealität so wichtig. Die auffallend kritischen Trends prüfen alle in Europa

existierenden Integrationsmuster176 (siehe:I.5.2.). Dieselben sollen auch zu einer effizienten

und globalen Koordinierung der Migrationsprozesse beitragen (siehe: I.5.3.), die hauptsä-

chlich zur Entstehung eines neuen europäischen Bewusstseins führen soll177.

In solch einem, neuen, europäischen Bewusstsein wird sich automatisch auch das

Bewusstsein aller gläubigen Bürger Europas umstellen müssen. Die immer häufigere Präsenz

von Immigranten verschiedener religiösen Provenienz und von postmodernen Weltanschau-

ungen wird zweifelsohne einen bedeuteten Einfluss auf alle ausüben, die in Europa leben

werden. Die zuletzt eingeführten Integrationselemente werden eine dialektische Spannung

zwischen Anpassung und dem Recht auf Differenz entwickeln (vgl. Rethmann 2000: 191ff).

Wie kann man unter diesen Umständen eine evangelisatorische Aktivität ausüben? Ist sie

selbst noch zu erneuern? Gibt es irgendwelche neuen Modelle für Europa? Welchen Wert

haben die wachsenden multikulturellen Minderheiten für die Kirche? Das sind die zentralen

Fragen, die im Folgenden gründlich bearbeitet und dargestellt werden sollen.

176 Die meisten bisherigen Migranten, die nach Europa kamen, hatten in ihrer späteren Aufenthaltsphase als Ziel eine dauerhafte Niederlassung. Für diese, ihre Familien in vielen Generationen und die nicht selten gut organisierten Minderheiten wurden in vielen Staaten sehr komplexe Integrationsprogramme aufgebaut. Tatsache ist aber auch, „dass Einwanderung ein hoch differenzierter Prozess ist, vor allem, was die zunehmend wichtiger werdende Unterscheidung zwischen zirkulärer Migration und permanenter Niederlassung angeht. Wenn wir akzeptieren, dass Immigration ein begrenzter Prozess ist, lässt sich auch eine Politik akzeptieren, die auf die volle Integration der niedergelassenen Immigrantenpopulation abzielt“ (Sassen 2000: 174). Wenn sich aber der moderne Trend zu sog. Pendelmigration weiter verstärken sollte, dann müssten völlig neue Integrationskonzepte entwickelt werden, die den parallel erwähnten Migrantengruppen und den Einheimischen dienlich sein könnten. 177 „Die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, verlangen die weitere Förderung eines europäischen politischen Bewusstseins gegenüber einer bloß wirtschaftlich oder einzelstaatlich motivierten Interessen- und Machtpolitik. Nur dann kann das freie Europa die vier großen aktuellen Aufgaben bestehen: den schwierigen Wiederaufbau Osteuropas nach Kräften zu stützen; die nationalistischen Anfechtungen von rechts oder links aufzufangen; den antidemokratischen Extremismus und Terrorismus abzuwehren; und für die wachsenden Probleme der Entwicklungsländer im fatalen Nord-Süd-Gefälle aufgeschlossen zu sein“ (Bracher 1992: 462).

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124

DRITTES KAPITEL III. Neuevangelisierung Europas im Licht kirchlich- theologischer Stellungnahmen

Aus der Perspektive der letzten 40 Jahre kann man feststellen, dass das Zweite

Vatikanische Konzil (II.V.K. 1962-1965) nicht nur mit großen kirchlichen, sondern auch mit

starken soziokulturellen Veränderungen besonders in Europa konfrontiert wurde. Sie kamen

so schnell, dass die Epoche des sog. Modernismus relativ kurz dauerte. Seitdem spürt man

einen dramatischen Bruch zwischen gerade erneuerter Kirchenlehre und den modernen bzw.

postmodernen Erwartungen der Gläubigen und Nichtgläubigen. Die relativ monolithische

Kultur Europas und entsprechend der Glaube bekommen immer mehr multikulturelle und

multireligiöse Facetten. Die Suche nach ´neuen` organisatorischen Modellen der europäischen

Gesellschaft hat auch in der Kirche entsprechende Auswirkungen gefunden.

Das Heilsangebot Christi, das alle christlichen Kirchen mutig bis heute verbreiten, hat sich

seit einigen Jahrzehnten mit dem Begriff ´Neuevangelisierung` und seinen Modifikationen

fest verbunden. Nach der Erläuterung dieses Begriffes werden seine zwei Verständnisformen

(Inhalte) sowie kontinentale Entstehungskontexte dargestellt. Erst dann soll ein Kompendium

der lehramtlichen und theologischen Äußerungen der Kirchen im Bezug auf ´Neuevangeli-

sierung` gründlich analysiert werden. Die möglichen Unterschiede und Interpretationen

werden eine Palette von verschiedenen pastoralen Anwendungen anbieten. Ihre heutigen

Mitwirkungen in den säkularisierten und immer mehr multiethnischen Kirchen Europas

werden in der Form einer Projektion als Herausforderungen für die Zukunft präsentiert.

Solch eine vielfältige Dimensionierung der Neuevangelisierung scheint heute

notwendig zu sein, nicht nur um ´den Geist nicht auszulöschen` (vgl. 1 Thess 5,19) bzw. neue

Wege zu suchen, sondern auch um die weitere Forschung der Interdependenz zwischen

ausländischen und inländischen Bürgern Europas im Rahmen einer modernen

Evangelisierung fortzusetzen.

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1. Erläuterung der Begriffe und Systematisierung des

Anliegens

1. Ursprung der Idee und Bedeutung des Begriffes

´Neuevangelisierung`

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es reichlich Impulse zu einer geistlichen

Erneuerung der Kirche und ihrer Theologie. Besonders nach dem Zweiten Weltkrieg schien

das Bewusstsein für Umdenken und Reformen vorhanden. Aus diesen Gründen wurde das

von Papst Johannes XXIII. geprägte Leitmotiv des II.V.K., das allbekannte ´Aggiorna-

mento`,178 zum Schlüsselbegriff für die mit diesem verbundenen Erwartungen. Diesmal

erwartete man keine weitere innere oder äußere Befestigung der Kirche, sondern ein total

neues (aktualisiertes) Verhältnis zur modernen Welt. Solch eine ´Erneuerung` ist gelungen

und in den sechzehn verabschiedeten Dokumenten des Konzils fanden die mehrheitlich

vertretenen Reformanliegen ihren festen Niederschlag. Sie zielten vor allem auf eine

zeitgemäße Modernisierung der Kirche, auf die Einheit der Christen (Communio) und auf

einen unbeschränkten Dialog mit der Welt.

Im Bezug auf die Dringlichkeit der ´Evangelisierung` war dieser Begriff selbst zur

Zeit des II.V.K. oft genannt, selten aber genutzt worden, und in der Theologie blieb er

ziemlich ungebräuchlich (vgl. Hering 1989: 7). Doch die Erwartungen auf eine radikale

´Erneuerung` der Verkündigung sind bis heute so aktuell, dass sich die Idee der erneuerten

Evangelisierung mit verschiedenen Präfixen, Synonymen und sogar neuen Worten

ausdrücken lässt. So stoßen wir heutzutage z.B. auf die Begriffe wie: Erst-Evangelisierung,

Re-Evangelisierung, Zweite Evangelisierung, Neue Evangelisierung bzw. Neuevangelisie-

rung. All diese Ausdrücke haben ihre eigene Entstehungsgeschichte, Bedeutung und ihr

semantisches Gewicht. Deswegen ist es jetzt notwendig, ihre lexikalische Differenzierung

darzustellen und auf ihre weiteren enzyklopädischen Literaturbearbeitungen hinzuweisen.

178 Das italienische ´aggiornamento` bedeutet ´Vertagung` oder breiter ´Modernisierung` aber nicht im Sinne von etwas zum ursprünglichen Stand in der erneuerten Form bringen. Es geht viel mehr um ein ´Heutigwerden` bzw. um ein Bringen auf den heute neuesten Stand der Dinge. Ein solches Verständnis würde heutiger Informatiksprache entsprechen, die dafür häufig das Fachwort ´Update` benutzt. So verordnete das II.V.K. der Kirche nicht ein einmaliges, eingesetztes ´aggiornamento`, sondern eine ständige Erneuerung. Im Rahmen der Evangelisierung geht es hier um mehr als ´Reformen`. Hier wird eine ´neue Inkulturation der Offenbarung` (siehe: LThK Bd. 1. S. 231) für eine Menschheit, die im Umbruch steht, gefordert.

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1.1.1. Erst-Evangelisierung bzw. Erstverkündigung

Lange vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (II.V.K.) wurde die ´Evangelisierung`

vor allem als eine praktische Erstverkündigung für die sog. ´Heiden` verstanden. „Man

möchte unter diesem Begriff das erfassen, was die kirchliche Verkündigung meint, wo sie

erstmals vom bisher Unbekannten redet, wo sie erstmals Gemeinde bildet“ (Rzepkowski

1992: 141). Dieser Begriff hängt auch unmittelbar vom Missionsverständnis ab179 wie auch

die ganze Evangelisierungsidee. Die ökumenische Literatur hat lange Zeit die Worte

´Mission`, ´Zeugnis`, ´Verkündigung` und ´Evangelisierung` austauschbar benutzt, wobei die

Definitionen auch mehrere oder gar widersprüchliche Bedeutungen hatten (siehe: Bosch

1987: 102-105). Da die Erstevangelisierung sehr stark sowohl die praktische Theologie als

auch die konkrete Aktion betrifft sowie mit dem Sprechen bzw. Verkündigen nach draußen

(ad extra) zu tun hat, erkennt man in der Katechese ihren zweiten Schritt180. Obwohl noch

heute das traditionelle Bild eines Missionars unter Ungetauften oft unseren Vorstellungen der

Erst-Evangelisierung entspricht, ist sie im Grunde „nicht ausschließlich und vorrangig das

Verkündigungsgeschehen der Predigt des Evangeliums – ihr Horizont ist weiter“

(Rzepkowski 1992: 142). In der Tat, wenn man die Erst-Evangelisierung nur als eine

exemplarische, aber begrenzte Sendung der Kirche sieht (vgl. EN 51), läuft man immer

Gefahr, die allgemeine missionarische Sendung zu verengen. Im schlimmsten Fall kann sie

von denen, die noch nie über Jesus gehört haben, rein territorial oder sakramental verstanden

werden. Solch unglückliche Tendenzen benutzen den Terminus ´Mission` eingeengt als

´Erstverkündigung` bzw. ´Erst-Evangelisierung` (siehe: Zauner 1990: 50). Diese Gefahr

haben einige Konzilsdokumente (siehe: AG 6; GS 40-45) und später „Evangelii nuntiandi“

(1975) und „Catechesi tradendae“ (1979) vermieden. Seitdem wird anstatt von Erst-

Evangelisierung von Evangelisierung ´im Sinne von Ad gentes` gesprochen. Unter diesem

Begriff werden ausschließlich die Nichtchristen zu Objekten der Evangelisierung. Doch schon

damals spürte man in der Kirche einen ´neuen Advent` (vgl. RH 1,7,20), eine ´neue Welt`,

und die Notwendigkeit einer anderen, erneuerten Evangelisierung.

179 Das vorkonzilliare Missionsverständnis im historischen Wandel am Beispiel der Enzyklika ´Maximum illud` stellt in seiner Dissertation P. Andrzej Miotk 1999: dar. Über gewisse Interdependenz zwischen Evangelisierung und Mission schreibt J. Dupuis (1994: 275-282). Über das neue Missionsverständnis von AG, EN und RM (vgl. Bettscheider 2000: 529-551; vgl. Bettscheider 2001a: 131-152; vgl. Prudhomme / Zorn 2002: 312-340). 180 Schon das Neue Testament unterscheidet zwischen besonderer missionarischer Predigt (Kerygma) an die Nichtchristen und einer zweiten Verkündigungsform (Didache) an die schon Bekehrten (Rzepkowski 1992: 142).

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1.1.2. Evangelisierung bzw. Evangelisation

Obwohl diese Begriffe nur 31 Mal in den Konzilsdokumenten erwähnt werden181,

nehmen sie heute in Theologie und kirchlicher Praxis einen sehr wichtigen Platz ein. Das

Konzil benutzt den Begriff ´Evangelisierung` eigentlich als Äquivalent für das Werk des

´Apostolats`, das auch ein Anliegen der Laien ist (siehe: ApA 2; vgl. LG 17, 35). Weiterhin

kennzeichnet das II.V.K. mit diesem Wort die Missionstätigkeit der ganzen Kirche, die sich

vor allem in einer Einpflanzung zwischen Völkern und Gemeinschaften verwirklichen soll

(vgl. AG; vgl. Bettscheider 2000: 530f). Die weitere Verbreitung182 dieses Begriffes hat

zweifelsohne das Apostolische Schreiben des Papstes Paul VI. von 1975 über ´die

Evangelisierung in der Welt von heute` (EN) beschleunigt. Gerade in diesem Dokument

wurde eine begriffliche Klärung angestrebt, besonders im Bezug auf das Verständnis von

´Mission`. In verschiedenen Interpretationen kann aber „nicht davon ausgegangen werden,

dass hier ein Begriffswandel vorliegt und der Ausdruck ´Mission` durch die Sprachformulie-

rung ´Evangelisation` ersetzt wird“ (Rzepkowski 1992: 148). Hier wurde eigentlich das Wort

´Mission` mehr für die Realität des ´Gesandtseins` angewendet, während gleichzeitig das

Wort ´Evangelisierung` mehr auf konkrete Tätigkeiten hinweißt. Dabei gewinnt man den

Eindruck, dass Papst Paul VI. den Ausdruck ´Evangelisierung` als eine Art Oberbegriff für

Mission und Apostolat, für Verkündigung und Ekklesiogenese verwendet (vgl. Zauner 1990:

51). Obwohl nur sehr schwer die exakte Beschreibung und Differenzierung solcher Begriffe

möglich ist183, ist wichtig zu bemerken, dass die Evangelisierung als fundamentaler

Sendungsauftrag der Kirche von der Erstverkündigung unterschieden wird. Jetzt soll die

Evangelisierung nicht nur den noch Nicht-Glaubenden oder den schwach Glaubenden,

181 Exakt 22 Mal als ´Evangelisierung` (siehe: Rahner / Vorgrimler 1998: 391, 395, 409, 410, 414, 419, 613, 643, 644, 644, 646, 648, 648, 649, 649, 649, 650, 650, 651, 652, 652, 652). Die nächsten 9 Male als ´Evangelisation` (siehe: Rahner / Vorgrimler 1998: 165, 166, 494, 511, 568, 570, 594, 641, 646). Vgl. beim Rzepkowski (1992: 148), der auch auf 31 Stellen hinweist und dazu vgl. auch beim Zauner (1990: 49), der nur auf 16 Stellen in den Dokumenten des II.V.K. hinweist. Im Grunde sollte man das lateinische Original und nur die Stellen berücksichtigen, wo das Wort ´euangelizar` und seine Modifikationen auftauchen. 182 Die Tatsache, dass das Dokument ´Evangelii nuntiandi` (EN) zuerst in anderen Kontinenten als Europa ein tiefes Verständnis fand, resultierte aus früheren dortigen Reflexionen. EN „wurde hierzulande kaum zur Kenntnis genommen, ganz im Gegensatz zu Afrika, Asien und Lateinamerika. Dort lösten die Feststellungen des Papstes Diskussionen und pastorale Veränderungen aus. Viele sahen zunächst darin ein Missionsrundschreiben, einen Text, der für die jungen Kirchen und deren Anliegen und Aufgaben bestimmt war. Das hat sich inzwischen geändert. Man hat wohl erkannt, dass die Darlegungen dieses Mahnschreibens weit über das Gebiet der Erst-Evangelisierung hinausgehen und die gesamte Kirche in der heutigen Welt betreffen“ (Hering 1989: 7). 183 Die terminologischen Variationen, deren linguistischen Hintergrund, das biblisch-theologische Verständnis und verschiedene Anwendungen des Begriffes ´Evangelisierung` in Geschichte und Gegenwart findet man bei: (Nunnenmacher 1993: 245-252; vgl. Esquerda-Bifet 1998: 283-285; vgl. LThK Bd. 3. S. 1033-1036).

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sondern auch den schon längst nicht mehr Glaubenden behilflich sein (vgl. EN 51,52,56). Ein

solches Verständnis von Evangelisierung184 erlaubt ihre Ziele zu nennen:

- innere Umwandlung (EN 18) - externe Umwandlung im Rahmen der Inkulturation (EN 20) - Erneuerung der Menschheit (EN 21) - ausdrückliche Verkündigung (EN 22) - lebendige Gemeinschaften aufbauen (EN 23) - Sakramente feiern und diverse Apostolate ausüben (EN 24)

Als Kerninhalt185 bzw. wesentliche und „lebendige Substanz, die man nicht verändern

noch mit Schweigen übergehen kann, ohne die Evangelisierung selbst schwer zu entstellen“

(EN 25), werden drei fundamentale Punkte erwähnt:

- die Verkündigung Gottes als des Vaters aller Menschen (EN 26) - die Verkündigung Jesu Christi und seines Heilsangebots (EN 27) - die Verkündigung des Glaubens an ein Leben nach dem Tod (EN 28)

Wenn es um die konkreten Wege bzw. Methoden der Evangelisierung geht, werden

außer der Benutzung moderner Massenmedien in den vatikanischen Dokumenten und in EN

die folgenden erwähnt: Lebenszeugnis, Predigt und Liturgie, Katechese und Sakramente,

sowie der persönliche Kontakt des Priesters mit den Gläubigen und die Pflege der

Volksfrömmigkeit (vgl. Rzepkowski 1992: 149). Wesentlich neu und weiterführend in der

modernen Evangelisierung sind ihre Objekte. Es geht nicht mehr nur um Personen (Gläubige

oder Nichtgläubige; vgl. EN 49-58; vgl. RM 37), sondern auch um kollektive Objekte, sogar

die Kirche selbst, die an erster Stelle stehen. Diese Art der Selbstevangelisierung scheint

sogar eine Bedingung zu sein, um anderen etwas zu verkünden186. Weitere kollektive

Evangelisierungsobjekte sind die Kulturen. Dabei geht es weniger um die ´Erneuerung der

Menschheit` (EN 18), sondern angesichts des ´Bruchs zwischen Evangelium und Kultur` (EN

20) um die Evangelisierung der Kulturen (EN 29; vgl. Hering 1989a: 11-34). Der Prozess der

modernen Evangelisierung der Kulturen bzw. der Inkulturation des Evangeliums ist also

längst angefangen worden. Die neuen Umstände Europas fordern ihn weiter heraus.

184 Der Missiologe Horst Rzepkowski meint: „Die Evangelisierung wird also im weitesten Sinne bestimmt als eine Aufgabe der Kirche in allen Bereichen und Situationen. Evangelisierung meint die missionarische Verkündigung (Mission im klassischen Sinne), die Re-Evangelisierung, die Verkündigung und die christliche Weltverantwortung; sie umgreift alle Dienste der Kirche unter einem einheitlichen Begriff...“ (Rzepkowski 1992: 149). Vgl. Bettscheider (2000: 534), der überzeugt ist, „dass der Begriff Evangelisierung nicht auf die reine Wortverkündigung beschränkt ist, sondern dass er die ganze Welt und den ganzen Menschen, die Humanisierung, mit einschließt“. 185 Auf zwei ganz unterschiedliche Inhalte und Begriffsinhalte der ähnlichen Worten ´Evangelisierung` und ´Evangelisation` weist Rzepkowski (1992: 149) hin. 186 EN 15 spricht davon, „dass es die Kirche immer nötig hat, selbst evangelisiert zu werden, wenn sie ihre Stärke bewahren will, um das Evangelium zu verkünden“. Über Verkündigung vgl. weiter (LThK Bd. 10. S. 680-684).

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1.1.3. Zweite bzw. Wieder- oder Re-Evangelisierung

Wie schon angedeutet (vgl. II.1.1.2.) wurde seit dem II.V.K. die Notwendigkeit der

Mission und der Evangelisierung auch innerhalb der Kirche klar vermerkt. Zu den Subjekten

solcher innerer Evangelisierung wurden zuerst alle Menschen und dann die ´Nicht-Mehr-

Christen`, sowie die ganze ´nichtchristliche` Welt bzw. säkularisierte Kulturen187 gezählt.

Weil sich gleichzeitig sowohl das Evangeliums- als auch Kulturverständnis immer neu

entwickelte, war es notwendig, jede Form der Evangelisierung nachzuprüfen, neu zu

definieren und in der Praxis eventuell zu wiederholen bzw. zu reaktivieren. So ist, unter dem

Einfluss von EN, Mitte der 70er Jahre188 der Begriff ´Re-Evangelisierung` entstanden, der

unmittelbar mit der veränderten soziokulturellen Situation der Welt zu sehen ist. Die

Veränderungen betreffen (vgl. II.1.3.) drei Bereiche des Lebens (vgl. Müller 1982: 105-108).

- Wandel im Denken (z.B. Agnostizismus, Atheismus, Konsumdenken) - Wandel im sozialen Bereich (z.B. Zwiespalt Armut/Wohlstand, Emanzipation) - Wandel im spirituellen Bereich (z.B. in Symbolsystemen, in den Kirchen, in den Seelen)

Von Anfang seines Dienstes an sah Papst J.P.II. diese evidenten Symptome als wahre

Gefahr für das christliche Leben und die Kirchen, vor allem für Europa. Deswegen griff er

„den Ausdruck Zweite Evangelisierung Europas sofort auf, ersetzte ihn bisweilen durch den

Begriff Neu-Evangelisierung, verstand aber beide als Re-Evangelisierung“ (Agostini 1992a:

2; vgl. RM 34). In diesen Begriffen kann man einen riesigen Wunsch des Papstes nach einer

modernen und einzigartigen ´Re-Alphabetisierung` der Natur, des Rechts und der Kulturen

ohne Gott sehen (vgl. Gerl-Falkovitz 1999: 502ff). Anderseits ist dieser Begriff stark belastet

mit allen Fehlern der Erst-Evangelisierung, so dass ihre ´Wieder-Holung` bzw. exakte Re-

Petitio` nicht gewünscht sein kann. Wenn schon ein zweites Mal, dann aber völlig anders.

187 In EN 52-56 wird gesagt, dass zu den nichtchristlichen Adressaten der christlichen Botschaft eine Reihe von Adressaten aus dem christlichen Lebensraum kommt, die ihm noch teilweise angehören, nun aber einer erneuten Evangelisierung bedürfen. Es wird auch sehr viel von der heutigen, entchristlichten Welt gesprochen. 188 Der genaue Zeitpunkt der Begriffsentstehung scheint objektiv unpräzis zu sein. Doch einige Autoren merken: „Der Begriff Re-Evangelisierung in seiner speziellen Ausprägung wurde auf der 6. Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes in Daressalam 1977 geprägt und meint die Evangelisierung der säkularisierten Industriegesellschaft der nördlichen Hemisphäre“ (Rzepkowski 1992: 356). „Die Idee einer ´Re-Evangelisie-rung` oder, noch deutlicher, einer ´zweiten Evangelisierung` wurde zum ersten Mal vom polnischen Kardinal Wyszynski ins Gespräch gebracht, und zwar auf der Konferenz der Bischöfe Westdeutschlands im September 1978. Auf dem 6. Symposion der Bischöfe Europas (1985) wandte Kardinal Danneels, der Erzbischof von Mechelen (Malines) und Brüssel, den Begriff ´Zweite Evangelisierung` auf Europa an...“ (Agostini 1992a: 1). Am selben Ort sprach später auch Papst in der Ansprache an die belgische Bischofskonferenz über die moderne Symbiose zwischen Glaube und Kultur, und sah die jetzige Herausforderungen der Re-Evangelisierung (siehe: J.P.II. 1985.05.18: 12). Im Übrigen herrscht die Meinung, dass man nur in gewissen Grenzen statt Neu-Evangelisierung auch Reevangelisierung sagen kann (vgl. Lehmann 1991: 583).

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1.1.4. Neue Evangelisierung bzw. Neuevangelisierung

Will man über ´Neuevangelisierung` sprechen, muss man sich bewusst sein, dass es

hier nicht nur um irgendein neues Wort in der modernen Theologie geht, sondern um die

ganze „Bewegung der Kirche, (die) aus programmatischen Appellen Johannes Pauls II., um

der im Säkularismus ermüdeten Christenheit den exemplarischen Eifer des Apostels Paulus

(vgl. 1 Kor 9,16) neu zu vermitteln“ (Cordes 1998: 578) entstanden ist. Die spannende

Vorgeschichte dieses Begriffes findet ihren Anfang eigentlich schon in der Lehre des Zweiten

Vatikanischen Konzils. Dort wird das Werk der Evangelisierung nicht nur als vielfältige, sich

ergänzende (Erst-, Zweite-, Re-Evangelisierung etc. siehe: II.1.1.3.) Grundpflicht der Kirche

gezeigt, sondern alle Menschen werden zu „einer tief greifenden, inneren Erneuerung

(eingeladen), damit sie im lebendigen Bewusstsein der eigenen Verantwortung um die

Ausbreitung des Evangeliums ihren Anteil am Missionswerk bei den Völkern übernehmen“

(AG 35). Dieses Zitat berührt zutiefst die Fundamente der Neuevangelisierungsidee, die die

Evangelisierung selbst einschließt und eine ´Zurückgewinnung` bedeutet (vgl. May 1990: 5).

Zu dieser Vorgeschichte gehören auch die unterschiedlichen Kontexte, in welchen das

Wort ´Neuevangelisierung` zum ersten Mal absichtlich und programmatisch benutzt wurde.

Unabhängig davon ob die Wortprägung ´Neuevangelisierung` direkt auf Papst Johannes Paul

II. zurückgeht oder nicht,189 die Erwartungen der ganzen Kirche auf eine grundsätzliche

Erneuerung waren seit dem II.V.K. besonders lebendig. Als eine bewusste und konkrete

Antwort auf diese Erwartungen im veränderten Kontext Europas hat Papst Johannes Paul II.

während seiner ersten Pilgerfahrt nach Polen am 9. Juni 1979 explizit das Wort ´neue

Evangelisierung` benutzt (siehe: J.P.II. 1979.06.09: 206). Seitdem wurde dieser Begriff durch

ihn hauptsächlich für die Beschreibung der missions-pastoralen Aufgaben der Kirche in

verschiedenen Weltkontexten verwendet. Durch die unzähligen Anwendungen dieses Wortes

(siehe: II.2.1.) hat es Papst J.P.II. auf den verschiedenen Kontinenten und in unterschiedlichen

Kontexten (siehe: II.1.2; II.1.3.) in Praxis eingeführt, so dass sich heute nach 25 Jahren alle

kirchlichen Verlautbarungen (siehe: II.2.2; II.2.3.) und theologischen Veröffentlichungen

(siehe: III.3.) immer häufiger dieses Vokabulars bedienen.

189 In indirekter Form aber im typischen lateinamerikanischen Verständnis (vgl. III.1.2.) wurde diese Idee schon im Jahr 1968 in der ´Botschaft an die Völker Lateinamerikas` verwendet, welche die Zweite General-versammlung der lateinamerikanischen Bischofskonferenz (CELAM) in Medellín formulierte. Im Kontext der Anstrengungen, um den Glauben mit dem täglichen Leben wieder zu vereinigen, sowie in einer klarer Option für die Armen, ermutigte dieses Dokument die Lokalkirche zu einer „neue(n) Evangelisierung und intensive(n) Katechese, die die Führungsschichten und Massen erreicht (...), um zu einem klaren und engagierten Glauben zu führen“ (SdW, o.J.: 17).

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Rein semantisch gesehen geht es logischerweise bei der ´Neuevangelisierung` um etwas

´neues, aber zuerst im inneren Leben derer, die zum Gottesvolk gehören. Die Dringlichkeit

der Bekehrung konditioniert eigentlich die Suche nach neuen Impulsen und Wegen, die

implizit schon in der neuen geschichtlichen Epoche, in der wir leben, vorhanden sind. In der

Definition von Cordes (1998: 578) stellt die Säkularisation (siehe: III.1.3.) nur ein Beispiel

eines gefährlichen Bereiches der heutigen Welt dar, auf dessen Implikationen die Kirche

dringlich190 und konkret Antwort geben soll. Die Vorsilbe ´neu` bei der Neuevangelisierung

betrifft jene Antworten, die durch den ´exemplarischen Eifer` und durch neue ´Vermittlungs-

formen` charakterisiert werden sollen. Nach dem anerkannten Theologen Leo Scheffczyk

bezieht sich die geforderte Neuheit „offensichtlich auf die Art der Aussprache und der

Neuformulierung der Botschaft, die in der nachkonziliaren Zeit von der Theologie als ein

Experimentfeld entwickelt wurde“ (Scheffczyk 1988: 263). Auf der anderen Seite ist

hervorzuheben, dass es im Grunde um die Neudefinierung einer immer gleichen Botschaft

und Offenbarung, von immer gleichen Evangelisationsfundamenten geht; denn Jesus und

seine Lehre sind sich gleich: gestern, heute und ewig (vgl. Heb. 13,8). Doch die neuen

Formen und die Dynamik der Evangelisierung sollten so weit ´innovatorisch` sein, dass sie

sich praktisch von den anderen Evangelisierungstypen unterscheiden sollen. Aus diesen

Gründen wird das Wort ´Neuevangelisierung` im Folgenden zusammengeschrieben um auch

optisch ihre völlig neue Bedeutung zu unterstreichen. Später wird dann versucht, ihre

spezifischen Inhalte, Ziele, Subjekte und pastoralen Implikationen zu deuten (siehe: III.3.).

Es ist auch wichtig darauf hinzuweisen, dass im Folgenden die darzulegende Linie der

offiziellen, kirchlich-theologischen Stellungnahmen über Neuevangelisierung nicht nur

außerhalb, sondern auch innerhalb der katholischen Kirche auf manche Kritik stößt. Sie

fordert vor allem auf den anderen Kontinenten alternative Konzepte heraus191, wo der Begriff

´Neuevangelisierung` oft eine sehr unterschiedliche Vorgeschichte und Bedeutung hat.

Besonders fragwürdig ist die ausschließliche Benutzung dieses Begriffes im Rahmen von

vatikanischen bzw. lateinamerikanischen Konzepten192. Aus diesen Gründen werden ihre zwei

190 Die Dringlichkeit der Antwort, für die eine Autoreflexion vorangehen soll, bezieht sich zunächst auf das innere Bewusstsein des postmodernen Menschen. Hans Waldenfels weist zuerst auf die Dringlichkeit der Anerkennung der eigenen Identität eines jeden Volkes und einer jeden Kultur und folglich auch einer jeden Religion hin (siehe: Waldenfels 1994: 32f). 191 Auf die häufigen Missverständnisse zwischen sog. ´Ekklesiozentrikern` und ´Inkulturationisten` hat W.R. Burrows seine Aufmerksamkeit gelenkt: „Still, all African, Asian and Latinamerican theologians whose work I know or with whom I have personally talked, deny that the Pope has fairly characterized their positions. They feel (...) that channels for frank discussion of these issues are closed and that a kind of creeping infallibilism restricts conversation on inculturation“ (Burrows 1996: 134). 192 Die europäischen und lateinamerikanischen Konzepte der Neuevangelisierung unterscheiden sich vor allem durch ihre sozio-politischen und religiös-kulturellen Hintergründe. Sie werden ziemlich deutlich im Folgenden

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Gesichtspunkte bzw. Hintergründe getrennt berücksichtigt (siehe: III.1.2; III.1.3.). Über die

nicht unproblematische Karriere dieses neuen Leitwortes schreibt auch sehr kompetent Kurt

Koch (1993: 112-126), der folgende Gefahren sieht:

- das Wort ´Neuevangelisierung` weckt zu viele aggressive (totalitäre) Assoziationen im

Hinblick auf frühere koloniale Evangelisierung;

- dieses Wort kann in verschiedenen Gruppierungen eine konturlose Bedeutung haben, so dass

eine gemeinsame Definition und kirchliche Praxis kaum möglich werden;

- durch die charakteristische Vorsilbe – NEU- kann das Missverständnis geweckt werden,

dass die ganze postkonziliare ´Evangelisierung` schlecht oder minderwertig war und die jetzt

verbreitete Inkulturation des Evangeliums die alten soziokulturellen Werte gefährdet;

- im Zeichen von Globalisierung bzw. weltweiten kirchlichen Unternehmungen wird

manchmal mit Nostalgie von ´Rechristianisierung` oder gar ´Rekatholisierung` geträumt.

Um solche Gefahren zu vermeiden, müssen der Begriff und die Praxis der

Neuevangelisierung zuerst gründlich erforscht werden. Trotzt der kontinentalen Unterschiede,

die mit Recht bestehen dürfen (siehe: Fußnote 193), wäre es wichtig, die Einheit der

Ausgangspunkte und Inhalte von Neuevangelisierung zu bewahren (vgl. III.3.1.). Ja, die

christliche Ökumene, der interreligiöse Dialog und wissenschaftliche Aufarbeitung könnten

zu den besten Zeugnissen dieser Idee werden193. Aus diesen Gründen sollen die folgenden

Darstellungen die gegenwärtige Kirchensituation bzw. die heutigen Hintergründe des neuen

Pastoralwortes in verschiedenen Kontinentalkontexten überprüft werden. So kann die

Neuevangeli-sierungsidee von vielen Missverständnissen gereinigt werden und ihre

Bedeutung in der modernen Kirche Europas noch stärker hervortreten.

(siehe: III.1.2; III.1.3.) dargestellt. Doch diese Konzepte funktionieren auch in gewisser Symbiose. Die Sugges-tion, (siehe: Agostini 1992a: 2), dass sich die Neuevangelisierung Europas nur mit Säkularisierungseffekten beschäftigt, während das lateinamerikanische Konzept nur mit der Befreiung der Menschen zu tun hat scheint eine zu große Einengung zu sein. Ebenso die Meinung, dass Papst J.P.II. diesen Begriff im Bezug auf Europa als Re-Evangelisierung verstanden haben soll, wenn es sich in Lateinamerika nicht um solche, sondern ausschließlich um die reine Neuevangelisierung handelt, wäre im Grunde falsch. Doch stimmt es, das man von einem Missverständnis zwischen dem Vatikan und lateinamerikanischen Befreiungstheologen spricht (siehe: Bosch 1993: 447), was sich auch auf das Verständnis der Neuevangelisierungsidee auswirkt. 193 Man bemerkt unter den protestantischen und orthodoxen Theologen immer größere Interesse für das Thema ´Neuevangelisierung` und seine professionelle Bearbeitung. Zu den neuesten Veröffentlichungen soll das Buch von Friedmann Walldorf 2002 gezählt werden. Siehe auch die Artikel von: Wegenast (1992: 302-310), oder von Dura, der vom orthodoxen Standpunkt die Neuevangelisation so charakterisiert hat: „Die Neuevangelisation ist die Proklamation der Erlösung in Christus unserem Herrn hic et nunc, die Verkündigung der Sündenvergebung, der immer gegenwärtige Aufruf an die Menschen, Buße zu tun und an Christus zu glauben. Neuevangelisation bedeutet die Vergegenwärtigung der Frohbotschaft Christi – von den Dienern des göttlichen Wortes, die die Diener der Kirche sind -, sie ist eine Aktualisierung Christi in seinem Erlösungswerk, Beginn eines neuen Lebens in der Kraft des Heiligen Geistes“ (Dura 1994: 195f).

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1.2. Lateinamerikanische Hintergründe für eine

Neuevangelisierung

Es ist eine Tatsache, dass sich der Begriff ´Neuevangelisierung` und seine theologische

Anwendung fast gleichzeitig auf dem europäischen wie auf dem lateinamerikanischen

Kontinent entwickelte. Doch die sehr differenzierten sozialen und kirchlichen Kontexte dieses

Wortgebrauches führten neben Unterschieden zu ihrer langsamen Diffusion. Solch eine

Koexistenz der Neuevangelisierungsideen auf den verschiedenen Kontinenten lässt die

Unterschiede verstehen. Um die Missverständnisse oder sogar die inadäquaten Zusammen-

hänge zu vermeiden (siehe: III.1.1.4.) wird jetzt ein kurzer Abriss der aktuellen Situation

Lateinamerikas folgen, in der dieser Begriff gebraucht wird.

1.2.1. Die sozialen, kulturellen und religiösen Belastungen aus der

Vergangenheit

Mitte der 50er Jahre kann man in Lateinamerika starke soziale Veränderungen bemerken.

Neben den industriellen Fortschritten, dem demographischem Boom und ethno-kulturellen

´Frühling` sowie dem langsamen Untergang der Diktaturen gab es noch einen weiteren

wichtigen Wandel. Es gab einen raschen Eingang in moderne sowie in einige Bereiche

postmoderner Denk- bzw. Handelnsformen194. „All dies hatte direkte Auswirkungen auf das

Leben und den Glauben der Völker Lateinamerikas, denn in einem von Unruhe und

Unstabilität geprägten Umfeld entstanden neue Lebensformen und neue Bedürfnisse“

(Agostini 1992a: 5). Das fortschreitende neue Bewusstsein für die Bedeutung sozio-

politischer und kulturell-religiöser Fragen war herausgefordert vom kritischen Verständnis der

eigenen, kontinentalen Lage. In verschiedenen Kreisen haben zahlreiche Autoren sehr offene

194 Über die wesentlichen Veränderungen beim Selbstverstehen im Horizont des Anderen kann man lesen: „Der Wandel in der neueren Denkbewegung, mag sie sich innerhalb der Moderne vollziehen oder bereits von der Moderne her, die Moderne gleichsam im Rücken, als Postmoderne auf etwas sich davon Unterscheidendes zusteuern, hat Denken und Verstehen zur Wahrnehmung und Anerkennung des Anderen in seiner Vielgestaltig-keit und in seiner Differenz zum Eigenen geführt. Diese Hinkehr zum Anderen im ´Denken vom Anderen her und auf den Anderen hin` bis hin zu Aussetzung des Eigenen und zur Freisetzung des Anderen (...) setzt neue Grundbedingungen im denkend-verstehenden und auslegenden Vollzug der interkulturellen und interreligiösen Begegnung und hat Auswirkungen auf Selbstverständnis und Durchführung christlicher Theologie...“ (Findeis 1996: 341).

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und charakteristisch scharfsinnige Analysen eigener Lebenskontexte gemacht. Die katholische

Kirche blieb in diesen Veränderungen nicht abseits. „Genau in dieser Zeit entstand und

festigte sich in wichtigen Bereichen der Laien, des Klerus und der Bischöfe der Wunsch nach

einer pastoralen und sogar institutionellen Erneuerung in der Kirche. Diesen Weg gingen

natürlich nicht alle in gleicher Weise mit; am Anfang waren einige Länder Südamerikas,

besonders Chile und Brasilien, führend“ (ebd.). Einer der bedeutenden Analytiker war damals

und ist bis heute Leonardo Boff195. Angesichts der sich global durchsetzenden Systeme und

Verständnisveränderungen in der Kirche tritt er ein für eine Kritik des Neoliberalismus und

für eine Ethik des Lebens. Sein methodologischer Zugang der Darstellung von verschiedenen

Hintergründen (in 6 Schritten) für Neuevangelisierung wird heute akzeptiert und durch die

Neuerkenntnisse aus Soziologie, Anthropologie und Religiologie bestätigt.

In einem seiner wichtigsten Werke konstatiert Boff, dass Lateinamerika heute mit vielerlei

´Schulden196` zu tun hat und präsentiert sechs von ihnen (siehe: Boff 1991: 11f):

a) Wirtschaftliche Schuld: Es geht um die allgemeine soziale Verarmung der

lateinamerikanischen Völker, die eine tragische Konsequenz der sog. externen

Verschuldung ist. Solch eine extreme ökonomische Belastung macht die Staaten

praktisch zahlungsunfähig und deswegen in verschiedenen Formen abhängig von

anderen Subjekten197. Es geht nicht nur um die Überprüfung oder Senkung bzw.

Abschaffung solcher Schulden, sondern auch um Mechanismen, durch die alle Bürger

von den Folgen solcher Verarmung (z.B. Korruption, Gewalt, Analphabetismus)

geschützt werden könnten (vgl. Borda 1993: 25-29).

195 Auf dem Umschlag seines zuletzt ins Deutsche übersetzten Buches steht: „Geboren 1938, gehörte bis 1992 dem Franziskanerorden an. Der Brasilianer ist einer der profilierten Vertreter lateinamerikanischer Theologie und Spiritualität. Er lehrte als Gastdozent u.a. in Basel und Heidelberg. Seit 1993 war er Professor an der Staatsuniversität von Rio de Janeiro, wo er jetzt als emeritierter Professor für Ethik, Religionsphilosophie und Ökologie lehrt. Boff ist Autor von über 60 Büchern. Am 7. Dezember 2001 erhielt Leonardo Boff im schwedischen Parlament in Stockholm den Alternativen Nobelpreis. Die Jury ehrte mit der Verleihung Leonardo Boffs schriftstellerisches Werk, das der Verbindung von jüdisch-christlicher Spiritualität, sozialer Gerechtigkeit und Ökologie gewidmet ist, und seinen jahrzehntelangen Kampf für ein menschenwürdiges Leben der Armen und Ausgegrenzten“ (Boff 2002: 225). 196 Jede Schuld wird vor allem als existentielle Belastung gesehen. Es geht also nicht um ökonomische Ver-schuldung, politische Verpflichtungen oder moralisches Verfehlen. Eigentlich müssen der Begriff und die Tatsachen als koloniale Verstöße gegen die Völker Lateinamerikas betrachtet werden, die konsequent zum vielfältigen Stocken geführt haben. 197 „A dívida externa atual dos países latino-americanos (sic!) (cerca de 300 bilhões de dólares) possui antes uma significação política do que econômica. Ela é impagável. Mas tem por efeito manter os países sempre atrelados ao sistema do capital e às políticas dos antigos senhores“ (Boff 1992a: 21). Die externen Schulden haben in 1993 40,6% von PKB Lateinamerikas, 29,4% von Asien und 71,4% von Afrika erreicht (vgl. Teitelbaum 2002:1).

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b) Politische Schuld: Die politischen Strukturen, die fast immer an Demokratiemangel

evident leiden und mit den o.g. wirtschaftlichen Mächten verbunden sind, bedeuten

eine institutionalisierte Gewalt. Sie spiegelt sich wieder in der Marginalisierung der

Arbeiter, in der Verletzung der Menschenrechte, in ungerechter Güterverteilung,

Korruption, Willkür der Regime etc.

c) Kulturelle Schuld: Die raffinierte und planmäßige Zerstörung ganzer Kulturen,

Stämme und Gruppen bei der Eroberung Lateinamerikas wird heute nicht mehr zu den

weißen Seiten der Geschichte gezählt. Doch der eingeführte Synkretismus und die

Rassendiskrimination mit all ihren Folgen198 werden nur selten Gegenstand des

Selbstbewusstseins von Europäern. Dies lastet auf Lateinamerika bis heute in

verschiedenen Formen, wobei die Diskriminierung der Urvölker in besonderer Weise

zu erwähnen ist (vgl. Suess 1991: 91-103; vgl. Boff 1992: 11-17).

d) Anthropologische Schuld: Setzt man die drei o.g. Formen der Eroberung auf den

Menschen an und unterwirft (europäisiert) ihn dazu, dann kann man von

ganzheitlicher Gewalt an menschlichen Personen sprechen. Weil es lange Zeit keine

methodologische Erziehung199 bzw. Anpassung an die lateinamerikanische Kultur (im

Sinne von Inkulturation) gab, fällt es bis heute schwer, dortige Werte schätzen zu

lernen (vgl. Marquínez 1991: 9-67).

e) Ethische Schuld: Diese Schuld besteht in begrenztem Recht auf Selbstbestimmung in

fast allen Bereichen der Existenz dieser Völker. Die wirtschafts-politischen

autoritären Gesellschaftsformen und die kulturell-religiöse Nichtanerkennung er-

198 “La sociedad hispanoamericana fue relativamente abierta durante la época de la Conquista, (...) pero en el periodo de la colonización se fue haciendo cada vez más cerrada y rígidamente estratificada, hasta convertirse en lo que se llama sociedad o régimen de castas, (...). La sociedad de castas de Hispanoamérica era de un tipo sui generis, pero fue creada transfiriendo al Nuevo Mundo la sociedad corporativa, jerárquica (...). Esta realidad colonial se caracteriza por la dicotomía de conquistadores y conquistados, amos y siervos o esclavos, y en segundo término, por el cruzamiento entre estos opuestos. Por lo tanto, resultaba inevitable que la estratificación social y el status social se relacionaban estrechamente con la división en grupos étnicos” (Mörner 1993: 24-26). 199 Am Anfang der Evangelisierung bemühte man sich um geeignete Methoden, aber nur für die religiöse Erziehung bzw. Transplantation des Katechismus. Längst funktionierte die sog. Methode der ´tabula rasa`, die darin bestand, die kulturelle Vergangenheit der Eingeborenen, ihre Religionen, Gebräuche, Werte und Sprachen völlig auszurotten und neue, d.h. europäische, einzusetzen. „Die Methode war die der Gewalt, der Vernichtung der Kultur und der Eroberung der Einheit in der Gestalt der Einheitlichkeit“ (Gómez 1995: 200). Doch im Rahmen der katechetischen Methoden gab es kleine humanisierende Projekte, besonders in den berühmten Reduktionen der Jesuiten und Franziskaner. Die Argumente für die sog. ´Überzeugungsmethoden` findet man schon in dem Buch ´De único vocacionis modo` von Bartolomé de las Casas. Über andere Protagonisten der sog. Methoden der ´Humanisierung` siehe z.B. bei: (Durán 1990: 7-61; vgl. Villegas 1992: 91-110).

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schweren die Prozesse der Dekolonialisierung. Die hypothekarischen Abhängigkeiten

werden sogar oft zu einer Art der Re-Kolonialisierung (siehe: Ribeiro 1993: 70).

„Diese ethisch-religiöse Schuld wird erst an dem Tag abgetragen werden, an dem die

Völker Lateinamerikas zu Subjekten ihres eigenen Schicksals werden und gesell-

schaftliche Beziehungen und Werte schaffen können, die ihre eigenen kulturellen

Wurzeln zum Sprießen bringen“ (Boff 1991: 12).

f) Evangelisatorische Schuld: Erst seit II.V.K. kümmert sich die Kirche um die sog.

´plantatio ecclesiae` und neuere Formen der Evangelisierung (siehe: III.1.1.2.). Das

heißt aber nicht, dass die negative ´transplantatio` bzw. Verpflanzung200 von

Systemen, Symbolen und Interpretationen der christlich-europäischen Kultur und

Religion aufgehört hat. Solch eine unreflektierte Umsetzung schadet der Kreativität

der Lokalvölker und führt sie auch heute noch hin zu Passivität und Traditionalismus.

Auf der anderen Seite entstehen am Rande des offiziellen Katholizismus Volksreligio-

sitätsformen, synkretistiche Kulte und sogar atheistische Gruppierungen (z.B.

Communidades de Base sin Dios in Paraguay), die das Vakuum einer inkulturierten

Evangelisierung ausfüllen wollen.

Es ist wichtig zu beachten, dass alle erwähnten Defizite (Schulden) in den o.g. Bereichen

Lateinamerikas nicht nur die Vergangenheit betreffen. Sie müssen verstanden werden als eine

aktuelle Bedrohung der Völker, Staaten, Kulturen und Religionen. Mehr noch, ihre modernen

Folgen, die in vielfältige neue Abhängigkeiten führen, werden immer schlimmer. Gegen solch

eine Unterwerfung bzw. eine Sanierung (Erneuerung) in diesen Bereichen treten in den letzten

Jahrzehnten viele Gruppen bewusst ein. Eine ganz besondere Rolle nehmen dabei die Armen,

Unterdrückten und Ausgestoßenen in der Gesellschaft ein. Sie werden immer mehr zu den

Protagonisten der neuen Paradigmen, die auf der praktischen Ebene sehr viel ändern können.

Bei Berücksichtigung dieser Umstände ist es zu verstehen, dass die Situation in der

lateinamerikanischen Kirche auch in Richtung Erneuerung der Evangelisierung gefordert ist.

Bevor wir zu ihrer Neuevangelisierung kommen, werden ihre drei größten Charakteristiken

dargestellt.

200 „Evangelisierung bedeutete Unterweisung in einem schon kodifizierten und fertigen Glauben. Ein interkultu-reller Dialog, der mit den kulturellen Möglichkeiten der Indianer und Schwarzen dem Glauben eine neue Gestallt hätte geben können, fand nicht statt. Die Katechese zerstörte die anderen als andere, indem sie sie ´drängte, ´hereinzukommen`- in die iberischen Sitten und Gebräuche hinein. Sobald Indianer und Schwarze akkulturiert waren, wurden sie in die Zwangsarbeit eingespannt. So war die Evangelisierung ein kolonisierendes Unternehmen. Die Ideologie des Orbis christianus, der einzig rechtmäßigen und in den Augen Gottes möglichen Ordnung, vereinte Kaufleute und Missionare; diese akkulturierten, jene versklavten“ (Boff 1991: 87f).

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1.2.2. Die befreiende und inkulturierte Evangelisierung

Heutzutage wird zum Erstaunen von vielen die Tatsache wahrgenommen, dass die

moderne und gleichzeitig kontroverse Theologie der Befreiung praktisch schon im 16.

Jahrhundert entstanden ist (vgl. Goldstein 1991: 197-210). Doch die Bulle ´Sublimis Deus`

des Papstes Paul III. (von 1537) bezeugt eindeutig, dass „die erste für Lateinamerika

bestimmte offizielle Verlautbarung des kirchlichen Lehramtes klar auf eine befreiende

Richtung zielt. Hier schon wurzelt eine Tradition, die mit der Option der Kirche für die

Armen und mit der Theologie der Befreiung heute zu ihrem Höhepunkt gefunden hat“ (Boff

1991: 129f). Gerade auf einer solchen praktischen Evangelisierung und ihrer Theologie, die

sich oft auf Inkulturation beruft, basiert die Neuevangelisierung bzw. ihr lateinamerikanisches

Verständnis. Ohne eine weitergehende historisch-theologische Analyse wird nun kurz auf die

Objekte, Ziele und Methoden solcher Evangelisierung hingewiesen:

a) Objekte

Die modernen Fundamente der lateinamerikanischen Kirche sind einerseits festgemacht in

der Rezeption der Entscheidungen von II.V.K. und anderseits in ihren tiefen und nicht selten

innovatorischen Interpretationen durch spätere kontinentale Synoden. Der Prozess dieser

Rezeption führte in den letzten Jahrzehnten zu einer komplizierten Situation in Lateinamerika,

wo sich die Menschen oft als Opfer von Ungerechtigkeit in allen Bereichen des Lebens sehen

(siehe: III.1.2.1.). Doch in all diesen objektiv grausamen Tatsachen versucht die katholische

Kirche die evidenten ´Zeichen der Zeit` zu bestätigen. Unter dem Begriff ´Aufbruch der

Armen` will man auf das Phänomen der objektiven Marginalisierung und herrschenden Armut

hinweisen, sowie im subjektiven Bereich auf die konkreten Armen,201 die immer selbst-

bewusster werden. Die Bischöfe in Puebla beschreiben diese Situation mit folgenden Worten:

„Das Engagement für die Armen und Unterdrückten und das Entstehen der

201 Die Armen sind nicht die einzigen Subjekte der Evangelisierung. Sie umschließen im Verständnis der CELAM-Versammlungen von Medellín und Puebla mehrere Kategorien, die als ´evangelisatorische Vitalität` der Kirche selbst betrachtet werden. Zu ihnen werden u.a. gezählt: Basisgemeinschaften, die apostolischen Bewegungen der Laien, die neuen Dienste und Ministerien, die priesterliche Aktion, die Ordensleute in den ärmsten Regionen, die einfache Präsenz der Bischöfe im Volk, der Gottesdurst unter dem Volk, das wachsende Bewusstsein der menschlichen Würde, etc. (vgl. Puebla 1979: 1309).

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Basisgemeinschaften haben der Kirche dazu verholfen, das evangelisatorische Potential der

Armen zu entdecken...“ (Puebla 1979: 1147). Durch ihre heftigen Proteste und Kämpfe für

Freiheit, Solidarität, Fortschritt und soziale Gerechtigkeit „werden sie nun zu den

Protagonisten des Lebens und der Geschichte auf dem Kontinent und wandeln sich in die

´größte Sache` dieser Geschichte. Die Armen werden also gesehen als die größten Zeichen

aller Zeiten in Latein Amerika in der historisch-pastoralen Bedeutung. (...) Sie werden heute

in Lateinamerika zum Sakrament und gleichzeitig aus dieser Sicht zum authentischen Zeichen

der Zeit im historisch-theologischen Sinn“ (Duque 1998: 36f)202. Der so entstandene und

theologisch begründete Evangelisierungsschwung hat zwei Perspektiven. Die eine ist jene,

aus welchem die Kirche denken und handeln sollte und die andere - wem das dienen soll. Die

direkten Objekte solcher Evangelisierung sind also im weitesten Sinne die Armen. Sie sollen

von ihrer eigenen ´Peripherie` her203 andere Menschen evangelisieren um so ihre integrale

Befreiung zu bescheunigen (vgl. Puebla 1979: 26, 87-90).

b) Ziele

Eine weitere Besonderheit der Evangelisierung im lateinamerikanischen Sinne ist, dass sie

sich integriert und verwirklicht in der Perspektive der schon erwähnten ´ganzheitlichen

Befreiung`. Es ist wahr, dass der Begriff ´Befreiung` allein einige militante Konnotationen

trägt und deswegen etliche Vorurteile wecken kann204. Doch kein vernünftiger Theologe will

202 Dieser Text wurde durch den Autor dieser Arbeit D.C. frei übersetzt. Das Original klingt: „Ellos son ahora los protagonistas de la vida y de la historia en el Continente y se han convertido en el ´hecho mayor` de esa historia. Los pobres son, pues, considerados el signo de los tiempos mayor en L.A., en su acepción histórico–pastoral (...) Ellos son su sacramento hoy en Latinoamérica, y son igualmente, desde esta óptica, un autentico signo de los tiempos en sentido histórico-teologal” (Duque 1998: 36f). 203 Die Evangelisierung und ihre pastorale Aktion wird seit Medellín und Puebla nicht verstanden als irgendwelche Anstrengungen der Erst-Evangelisierung (siehe: III.1.1.1.). Es ist eine hundertjährige Tradition. Die Kirche dieses Kontinents ist sich bewusst, dass sie schon seit 500 Jahren die Samen des Wortes Gottes pflegt und spricht im Bezug auf Evangelisierung lieber von einem globalen Prozess, der eine Reifwerdung des Glaubens integriert (vgl. Puebla 1979: 58). 204 „Hay muchas personas que tienen miedo a la palabra liberación. Afirman que la teología de la liberación es una simple escuela teológica que no estamos obligados a seguir. Que la Palabra liberación es muy ambigua y tanto puede significar la liberación de pueblos como el de Israel, como también la liberación simplemente económica. Se dice que es un concepto temporalista utilizado por los comunistas e introducido por ellos mismos en círculos de la iglesia para confundir a los cristianos. Se afirma que cuando se habla de la liberación de los oprimidos es porque se quiere ir contra los opresores y se concluye que esto es antievangélico. Se pretende demostrar que el pensamiento de Cristo es enteramente distinto y que él únicamente predica el reino de los cielos” (Proaño 1974: 111f). Gegen alle Vereinfachungen und Missverständnisse bei den Befreiungserfahrun-gen und Interpretationen veröffentlichte die römische Glaubenskongregation eine detaillierte ´Instruktion über einige Aspekten der Befreiungstheologie` (LN). Nach heftigen Diskussionen über die Befreiung selbst gab am 22.03.1986 die gleiche Kongregation eine komplementäre ´Instruktion über christliche Freiheit und Befreiung` heraus.

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sich bei dieser Thematik ausschließlich in sozioökonomischen oder rein politischen Bereichen

bewegen. Das wäre eine unautorisierte Beschränkung des evangelisatorischen Konzeptes.

Auch die Vorwürfe, dass die Rede von Befreiung in L.A. ihre Wurzeln in den marxistischen

Ideologien habe, kann nicht aufrecht erhalten werden (vgl. Piepke 1996: 41-44). Die

katholische Soziallehre zeigt sehr wohl, dass es zwischen Evangelisierung und menschlicher

Entwicklung und Befreiung enge Verbindungen gibt (vgl. Hünermann 1993: 87-142; vgl. EN

31; SD 157). Heutige Evangelisierung muss sich dadurch auszeichnen, dass sie ´befreiend`

ist, und zwar aus Treue zur normativen Evangelisierung Jesu (vgl. J 8,32-36; Lk 2,38; Röm

6,22; 1 Kor 7,22) und zum gegenwärtigen Mensch (vgl. GS 10). Solche Evangelisierung hat

eigentlich nur ein einziges Ziel: die integrale Befreiung, die im Unterschied zu einer

´partiellen` eine Umwandlung der historischen, politischen und sozialen Bedingungen

einschließt. „Die Befreiung umfasst also in ihrem Vollverständnis die Ganzheitlichkeit des

Menschen: Geist und Fleisch, Zeit und Ewigkeit, Person und Gemeinschaft. In diesem Sinne

besagt und begreift das der Begriff den Konzept der Erlösung“ (Gaddi 1975: 18)205. Es geht

also um eine harmonische und integrale Verwirklichung jeder Existenz; um ihre Rechte auf

das Religiöse und auf die ´Promotio humane`. „Freiheit und Befreiung des Menschen in der

Perspektive einer gerechteren Gesellschaftsordnung können nur dann Wirklichkeit werden,

wenn der Mensch die Instanz seiner transzendenten Vollendung, nämlich Gott, akzeptiert, vor

der er seine immanente Mitmenschlichkeit verantworten muss“ (Piepke 1996: 44). Deswegen,

ausgehend von der Würde der Person, kämpfen in charakteristisch lateinamerikanischer

Weise alle christliche Kreise für die Menschenrechte, für wirtschaftliche und politische

Ordnung (vgl. CA 35; vgl. SD 190-195), für einen ethischen Zugang zur Ökologie und gegen

gleichmacherische Globalisierung (vgl. Boff 2002: 93-170) etc. Man kann also reden von

einer neuen befreienden politischen Ethik, von einer religiösen ´Neuevangelisierung`, die auf

der Achtung der christlichen Werte und auf der aktiven evangelisatorischen Partizipation der

lateinamerikanischen Gläubigen gründet.

205 Freie Übersetzung von D.C. Im Original steht: „La liberación en su sentido pleno abarca la totalidad del hombre: alma y cuerpo, tiempo y eternidad, persona y comunidad. En este sentido, asume y engloba el concepto de salvación” (Gaddi 1975: 18).

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c) Inkulturationsmethode

Abgesehen von den zahlreichen rein pädagogischen bzw. katechetischen Methoden206, die

auf dem lateinamerikanischen Kontinent durch fünf Jahrhunderte angewendet wurden, hat die

theologische Reflexion und evangelisatorische Praxis, besonders nach Medellín und Puebla,

ihr Interesse am Menschen und an seinem soziokulturellen Umfeld gezeigt. Die modernen

Richtlinien betonten die Wichtigkeit des Erfahrungteilens, des Lebenszeugnisses, des Dialogs

und der klaren Lehre als notwendige Elemente der Methoden für sog. inkulturierte

Evangelisierung (vgl. Brighenti 1998: 65-98). Zwar sprach man damals über sog. existenziell-

anthropologische Theologie (vgl. Bolaños 1979: 190); es wurde aber auch immer klarer, dass

Lateinamerika, kulturell gesehen, keine Einheit bildet und unterschiedlichen Prozessen

ausgesetzt war (vgl. Puebla 1979: 51). In dieser Situation stellen sich die Fragen: Wie kann

man ein Glaubenserbe, das im fernen Hintergrund die europäische Kultur hat, in

verschiedenen lokalen Kontexten darstellen? Wie kann man erfolgsreich die Kulturen

evangelisieren und was können die Kulturen dem Evangelium geben?

Beim Suchen eines allgemeinen Wortes, das zum Kern einzelner Methoden führen könnte,

stieß man auf die Idee der Inkulturation, die in der christlichen Verkündigung zu einer

inkulturierten Evangelisierung führte. Obwohl der Terminus ´Inkulturation` in den Aussagen

des II.V.K. explizit unbekannt ist, liegt die Idee selbst eigentlich in den Prinzipien einer

offenen Kirche in der heutigen Welt. Dem Problem der Weltkulturen und ihren Bekannt

werden mit dem Evangelium wurde das ganze zweite Kapitel der Pastoralkonstitution über

die Kirche in der Welt von heute gewidmet207. Später gehen fast alle nachkonziliaren

Dokumente davon aus, dass die Inkarnation Jesu und die Inkulturation der Kirche in

verschiedenen Kontexten die Gottespräsenz überall in der Welt entdecken lässt. Von diesem

Prinzip ausgehend kann man sagen, dass dem Spruch das ´Wort ist Fleisch geworden` die

Paraphrase ´Die Kirche ist Volk bzw. Kultur geworden` entspricht (vgl. García-Zamorano

1995: 116).

206 Über die Methoden und Systeme der Evangelisierung in den ersten Jahrhunderten nach der Entdeckung Lateinamerikas siehe Autoren wie: Durán 1990; Villegas 1992; Melià 1992. Über neue bzw. nachkonziliare katechetische Methoden siehe z.B.: Mette 1998; Mendez 1993. 207 Siehe: (GS 53-62), die über richtige Förderung des kulturellen Fortschritts sprechen. Detailliert: Nr. 53 (Einführung); Nr. 54. (Neue Lebensformen); Nr. 55 (Der Mensch als Schöpfer der Kultur); Nr. 56 (Schwierigkeiten und Aufgaben); Nr. 57 (Glaube und Kultur); Nr. 58 (Der vielfältige Zusammenhang zwischen der guten Botschaft Christi und der Kultur); Nr. 59 (Verschiedene Gesichtspunkte für die rechte Pflege der Formen menschlicher Kultur); Nr. 60 (Die Anerkennung und Verwirklichung des Rechts aller auf die Wohltaten der Kultur); Nr. 61 (Die Erziehung zur menschlichen Gesamtkultur); Nr. 62 (Das rechte Verhältnis der menschlichen und mitmenschlichen Kultur zur christlichen Bildung).

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Wenn man die wichtigsten Dokumente der Kirche durchgeht,208 bekommt man den

Eindruck, dass Kultur und Evangelium in dialektischer Spannung aufeinander bezogen sind.

Einerseits bereichern sich beide Elemente (vgl. LG 13), anderseits versucht jedes seinen

Status zu verabsolutieren. Doch als Konsequenz dieser Spannungen kommt man zur

fundamentalen Zusammenfassung: Es gibt keine Evangelisierung ohne Inkulturation (vgl. AG

10) und umgekehrt – Es gibt keine christliche Inkulturation ohne das Evangelium!

Die Lokalkirche Lateinamerikas, bewusst ihrer Vergangenheit und dramatischen Lage

heute (siehe: III.1.2.1.), ließ nicht lange auf sich warten mit der Antwort auf die

postkonziliaren Verlautbarungen. Schon die CELAM in Medellín hat 1968 nach einer

Verständigung zwischen einheimischen und eingewanderten Völkern gesucht. Das Thema der

´lokalen Rezeption` war aber stärker (vgl. Agostini 1992a: 11-14). Später behandelte die

Konferenz in Puebla 1979 das Thema ´Kultur und Evangelium` in expliziter Weise, was

schon den Geschmack einer Neuevangelisierung hatte. Neben der Betonung des Wesentlichen

in diesen Bereichen formuliert man futuristische Ziele, die aus ihrer Interdependenz fließen.

Das allgemeine Ziel der Evangelisierung der lateinamerikanischen Kirche soll daher eine

ständige Erneuerung und Umformung der Kultur sein (vgl. Puebla 1979: 395). Und noch

weiter gehend soll die Integration aller Völker und Kulturen sogar auf eine universale

Gemeinschaft hinauslaufen (ebd. 425). Darin aber gewinnen die schon früher erwähnten,

Ausgestoßenen im Kontext breit verstandener Befreiung an Bedeutung (siehe: III.1.2.2.a,b).

208 Die kurze konziliare Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen macht eine fundamentale Zusammenfassung des modernen Inkulturationsverständnisses: „Die Kirche mahnt ihre Söhne, dass sie mit Klugheit und Liebe, durch Gespräch und Zusammenarbeit mit den Bekennern anderer Religionen sowie durch ihr Zeugnis des christlichen Glaubens und Lebens jene geistlichen und sittlichen Güter und auch die sozial-kulturellen Werte, die sich bei ihnen finden, anerkennen, wahren und fördern“ (NA 2). „Um allen Menschen das Geheimnis des Heils und das von Gott kommende Leben anbieten zu können, muss sich die Kirche all diesen Gruppen einpflanzen, und zwar mit dem gleichen Antrieb, wie sich Christus selbst in der Menschwerdung von der konkreten sozialen und kulturellen Welt der Menschen einschließen ließ, unter denen er lebte“ (AG 10). Um diese offiziellen Aussagen über die Inkulturation noch einmal explizit zu bestätigen und der ganzen Welt zu zeigen, dass dieses Thema keine bloße ´Mode` ist, hat Papst Paul VI. noch einmal klargestellt: „El Evangelio y, por consiguiente, la evangelización no se identifican ciertamente con la cultura y son independientes con respecto a todas las culturas. Sin embargo, el reino que anuncia el Evangelio es vivido por hombres profundamente vinculados a una cultura, y la construcción del reino no puede por menos de tomar los elementos de la cultura y de las culturas humanas. Independientes con respecto a las culturas, Evangelio y evangelización no son necesariamente incompatibles con ellas, sino capaces de impregnarlas a todas sin someterse a ninguna. La ruptura entre Evangelio y cultura es sin duda alguna el drama de nuestro tiempo, como lo fue también en otras épocas“ (EN 20). Er wollte betonen, dass zwischen Evangelium und Kultur eine solch intime Relation herrscht, dass sie unauflösbar sind. “Así decía el Papa en la carta al Card. Casaroli con la que creaba el Consejo Pontificio para la Cultura: La síntesis entre cultura y fe no es solamente una exigencia de la cultura, sino también de la fe. Una fe que no se convierte en cultura es una fe no aceptada plenamente, no pensada enteramente, no vivida fielmente” (Zitiert nach García-Zamorano 1995: 119). Bildet Kultur eine Umgebung des Menschen, dann kann sich der Glaube nicht anders als nur kulturell ausdrücken. Hat also die Evangelisierung keinen Anteil an Kultur, wird sie zur oberflächlichen Verkündigung. Durch „die Inkulturation macht die Kirche das Evangelium in den verschiedenen Kulturen lebendig und führt zugleich die Völker mit ihren Kulturen in die Gemeinschaft mit ihr ein (86) und überträgt ihnen die eigenen Werte, indem sie aufnimmt, was in diesen Kulturen an Gutem ist, und sie von innen her erneuert (87). Ihrerseits wird die Kirche durch die Inkulturation immer verständlicheres Zeichen von dem, was geeigneteres Mittel der Mission ist“ (RM 52).

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„In der Folge von Puebla veränderte sich langsam das Bewusstsein gewisser einheimischer

Kreise, die die Situation der Evangelisierung in einem weiteren Kontext sahen. (...) Der

Ansatz zur Veränderung der Verhältnisse verschob sich von der rein sozio-ökonomischen

Perspektive zur kulturanthropologischen“ (Piepke 1996a: 130f). Seitdem wuchs die Suche

nach neuen Inhalten und Formen der inkulturierten bzw. befreienden Evangelisierung in allen

theoretischen209 (wissenschaftlichen) und praktischen Bereichen. Das Thema der Neuevange-

lisierung der Kulturen Lateinamerikas wurde so wichtig, dass es sich fast rechtskräftig für alle

späteren Diskussionen machte. Der Appell, dass „die Kirche heute auf dem Gebiet der

Evangelisierung einen großen Schritt nach vorne machen und in eine neue historische Etappe

eintreten“ muss (CL 35), wird auf diesem Kontinent ernst genommen. Deswegen spricht

explizit die CELAM-Versammlung von Santo Domingo davon, dass die Kirche Möglich-

keiten sucht, um die Kulturen zu erneuern, zu erheben bzw. zu perfektionieren durch die

aktive Präsenz des Auferstandenen und seines Geistes (vgl. SD 406). Seitdem stehen in dieser

Suche gerade alle drei o.g. Begriffe d.h. Option für die Armen, integrale Befreiung und

Inkulturation in einer engen und lebendigen Verbindung zu dem Begriff bzw. Projekt der

Neuevangelisierung Lateinamerikas. Sie sind auch komplementär zum Verständnis der

Neuevangelisierung Europas, das sich aber im völlig anderen Kontext entwickelt.

209 Das große Interesse an einer solchen Evangelisierung spiegelt sich in zahlreichen lateinamerikanischen Publikationen wieder. Diese stammen nicht nur aus den Reihen der Befreiungstheologie. Nun werden nur einige, bedeutende erwähnt: Marcello de Carvalho Azevedo „Modernidade e Cristianismo o desafio a Inculturação“. Um enfoque antropológico-cultural. Ed. Loyola. São Paulo 1981; Paulo Suess (Org.). „Inculturação e Libertação“ Semana de Estudos Teológicos CNBB/CIMI. Ed. Paulinas. São Paulo 1985; Javier Lozano Berragan. „Hacia el tercer milênio. Teologia y cultura. CELAM. Bogotá 1988; Domingo Salado (Coord.). „Inculturación y nueva evangelización“ Ed. San Esteban. Salamanca 1991; Márcio Fabri dos Anjos (Org.). „Inculturacao: desafios de hoje“ Ed. Vozes. Petrópolis 1994; Márcio Fabri dos Anjos (Org.). „Teologia da Inculturação e Inculturação da teologia“ Ed. Vozes. Petrópolis 1995; Clodomiro Siller L. u.a. „Hacia una evangelización inculturada“ Ed. Lascasiana. Guatemala 1995. Agenor Brighenti „Por uma evangelização inculturada: princípios pedagógicos e pasos metodológicos. Ed. Paulinas. Sao Paulo 1998.

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1.3. Europäische Hintergründe für eine Neuevangelisierung

1.3.1. Die Säkularisierung der Gesellschaften

Von Anfang der Evangelisierungsgeschichte an standen die ´geistliche` und die

´weltliche` Dimension des Christentums, in einem engen Verhältnis zueinander. Meistens

werden sie als Ursprung der dialektischen Spannungen in der Weltwirklichkeit bezeichnet, wo

das Religiöse bzw. das Göttliche dem Laizistischen bzw. Profanen gegenüber steht. Doch

beide haben einen entscheidenden Einfluss auf die Weltanschauung des Einzelnen und in der

Konsequenz auf die Gestaltung aller Gebiete des menschlichen Lebens.

Im heutigen ´saeculum` also Zeitalter scheint gerade das ´saecularis` also das Weltliche in

dieser Dichotomie über das Sakrale stärker zu sein. Es kommt zu einer allgemeinen

´Entsakralisierung`210 bzw. zur ´Verweltlichung` der Lebensart. Solche Übergangsprozesse

werden als ein Phänomen der ´Säkularisierung` bezeichnet und in der reichen Literatur

gründlich analysiert211. Die enzyklopädisch erfasste Begriffgeschichte (vgl. Jaeschke 2001: 9-

20; vgl. LThK Bd. 8. S. 1467-1473) zeigt eindeutig, dass die Verwendung des Begriffes

´Säkularisierung` seit der Wende zum 19 Jahrhundert eine besondere Bedeutung in Europa

gewonnen hat. Seit dem konstanten Verlieren bzw. Umwandeln der christlichen Traditionen

im europäischen Bereich müssen also die vielfältigen Transformationen nicht nur im

Religiösen gesehen werden. Deshalb darf man ihre Definition akzeptieren „jeden

gesamtkulturellen Prozess, der in der europäischen Neuzeit zu einer immer größeren

Autonomie der Lebensgestaltung und Weltanschauung gegenüber kirchlichen und religiösen

Ordnungssystem geführt hat“ (BEnz. Bd. 19. S. 87). Die Bewertung solcher ´Autonomie` im

Kontext der Evangelisierung Europas wird jedoch von kirchlicher Seite unterschiedlich

gesehen. Hier gibt es zwei Optionen:

210 Der Begriff ´Entsakralisierung` scheint am breitesten zu sein. Seine Vorsilbe ´Ent`, wird aber auch in anderen Kontexten und Synonymen benutzt. So wird oft z.B. über Entheiligung, Entweihung, Entzauberung, Entgötterung oder Entkirchlichung gesprochen. 211 Zu der neuesten, häufig zitierten Literatur, gehört z.B.: Hartmut Lehmann (Hg.). Säkularisierung, Dechristianisierung, Rechristianisierung im neuzeitlichen Europa. Bilanz und Perspektiven der Forschung. (Veröffentlichungen des Max-Planck-Intituts für Geschichte. Nr. 130). Vandenhoeck & Ruprecht Verlag. Göttingen. 1997; Universität Trier (Hg.). 2000: Christlicher Glaube und säkulares Denken. Festschrift zum 50. Jahrestag der Widerrichtung der Theologischen Fakultät Trier. (Trierer theologische Studien. Nr. 65). Paulinus Verlag. Trier. 2000.

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Es ist zu verstehen, dass sowohl der Begriff wie auch das Phänomen der Säkularisierung

eine immer stärkere Konjunktur bzw. wachsende Aktualität behalten, denn ihre verschiedenen

Ursachen212 verändern immer tiefer das soziokulturelle Umfeld Europas. Das kann die

begründete Sorge um die Zukunft des Christentums verständlich machen. Doch seine

Erneuerung sehen einige als eine Wiederbelebung der europäischen Zivilisation und des

Humanismus als den „höchsten Garant der Werte“ (Danneels 1985: 11). Von einer solchen

ziemlich usurpatorischen Position her sieht man die Säkularisierungsprozesse als höchst

negative und gefährliche Phänomene. Ihre Konsequenzen werden oft verächtlich als

´Giftstoffe`, ´narzisstische Persönlichkeit` oder ´religiöses Fieber` bezeichnet (vgl. ebd. 11-

18). Im Allgemeinen wird der immer größer werdende Schwund kirchlichen Einflusses und

die Trennung zwischen Kirche und Staat als Drama unserer Epoche und des Kontinents213

gesehen (vgl. EN 20), der durch eine geistliche Leere und den Verlust der christlichen

Prinzipien gekennzeichnet ist. Im persönlichen Bereich wird die sog. ´Verweltlichung` als

eine Freiheitsbegrenzung des Menschen und eine Bedrohung der Person wahrgenommen (vgl.

Gerl 1992: 291f). Die ´Privatisierung` von Religion und Glaube drohen diese zu einem bloßen

Privathobby werden zu lassen (vgl. Rauscher 2002: 358). Einige Autoren gestehen aber zu,

dass die neuzeitlichen Säkularisierungsprozesse ganz anderer Herkunft, Art und Wirkung

sind. Sie hegen ihre größten Zweifel gegenüber der sog. ´Selbstsäkularisierung` der Kirche

(oft nur quantitativ gesehen) und dem wachsenden Allerlei von Weltanschauungen, was

unmittelbar zu einer ´Paganisierung` und einem ´Neuheidentum` führen kann (vgl.

Kleindienst 2001: 6f). Auch wird im Rahmen einer Neuevangelisierung oft eine aktive

Auseinandersetzung mit der modernen Säkularisierung gefordert, wobei man mit

Unterstützung von Apologetik Wege zur Wiederbelebung der Pfarreien, der Volksfröm-

migkeit und Katechese finden will (siehe: Danneels 1985: 22-29; vgl. Enichlmayr 1993: 1f).

212 Kardinal Godfried Danneels erwähnt in seiner breiten Analyse vor allem: Atheismus und Agnostizismus als philosophische Grundlagen für den verbreiteten Säkularismus; dann eine Reihe moderner Gefahren wie z.B. Anarchie, Utopie der Gleichberechtigung, Nationalismen, Nihilismus, Trunkenheit, der demographische Zusammenbruch Europas; dann kommt er zur Analyse des heutigen Individualismus und der Suche nach dem Religiösen, sowie der Verbreitung der Sekten im europäischen Bereich. Ein anderer Kardinal Lehmann (1992: 312-318), sieht die Ursachen der ´Säkularismus` in psycho-geistlichen Störungen des Einzelnen, wobei die Emanzipation der Einzelnen, Verweltlichung des Denkens und Misstrauen gegenüber der christlichen Werten größte Auswirkung haben (vgl. Danneels 1985: 1-21). 213 „Hartmut Lehmann stellte in der Diskussion die – durchaus dem allgemeinen Eindruck entsprechende – Frage, ob die neuzeitliche Religionsgeschichte in Europa überhaupt als Einheit angesehen werden könne oder ob es sich nicht vielmehr von Nation zu Nation um lauter religionsgeschichtliche Sonderfälle handle. Ihm fällt es schwer, in der Vielfalt der religiösen Kulturen (...) eine Einheit zu erkennen. Es ist jedoch zu fragen, ob dieser Befund wirklich der historischen Realität entspricht oder ob sich darin nicht eher nationale Disparitäten der religionsgeschichtlichen Forschung widerspiegeln“ (Schieder 1997: 308; vgl. Lehmann 1997a: 9-16).

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Was bei allen modernen Bewertungen der Säkularisierung schnell auffällt, ist die

Tatsache, dass eigentlich dieselben Ursachen dieses Phänomens nicht nur neutrale sondern

sogar positive Folgen zeigen können. Nimmt man die Säkularisierung im weiten Sinne als

jeglichen Wandel von religiös Geprägtem in Weltliches, wird sie nicht anders als eine

„Kurzformel für die veränderte Rolle des christlichen Glaubens in der Moderne“ (LThK Bd.

8. S. 1467), bzw. in allen industrialisierten Kulturkreisen der Welt214 gesehen. Der Wandel

oder die rasche Veränderung bedeuten also automatisch nicht, dass die neuentstandene

Situation erheblich schlechter als die früheren ist. Wenn es dagegen um Transformations-

prozesse der Religion im säkularisierten Europa geht, spricht man immer häufiger von

Rationalität, Freiheit der Wahl und Pluralismus (siehe: III.1.3.2.). Gegenüber der christlichen

Evangelisierung bilden in Europa die neuentstandenen säkularisierten Gegebenheiten für die

sog. Erste Evangelisierung eine neue Herausforderung gerade dort, wo die neue riesige

Religionsauswahl nach den modernen Marktmechanismen als ´Supermarkt der

Möglichkeiten` funktioniert (vgl. Zulehner / Denz 1993: 231; vgl. PWGB 1997: 15). Nimmt

man die Irreversibilität von Säkularisierung mit all ihren negativen Folgen für die Religion als

eine Art von ´Katharsis` an, sieht man auch positive Seiten dieses Prozesses, denn

„Funktions- und Verbindlichkeitsverlust können aus der Sicht der Religion als vielleicht

unabwendbare, jedoch neutral oder gar positiv zu wertende Anpassung (aggiornamento) an

Bedingungen der Industriegesellschaft gedeutet werden“ (Jaeschke 2001: 16, vgl. Üffing

1992: 384). Es könnte als eine Purifizierung bzw. als Konzentration auf das wesentlich

Religiöse bei den postmodernen Europäern gedeutet werden.

Man spürt, die Säkularisierung ist nicht nur ein uneinheitlicher Begriff in verschiedenen

wissenschaftlichen Zweigen (vgl. Kaufmann 1993: 19), sondern auch eine sehr vielschichtige

Wirklichkeit des Alten Kontinents. Ihre Manifestationen dürfen aber nicht nur negativ

beurteilt werden. Doch die modernen Entwicklungen in diesem Bereich sollen kritisch

bearbeitet werden, um eventuell eine erneuernde Evangelisierungsmöglichkeit bzw.

Neuevangelisierung für das postmoderne Europa darstellen zu können.

214 Üffing (1992: 381) betont, dass einige von den verschiedenen Säkularisierungsursachen Industrialisierung und Verstädterung sind. Sie verursachen eine gewisse ´Erschütterung der traditionellen Werteordnung` in allen Bereichen und in allen Kontinenten. Bzgl. der radikalen Veränderungen, die sich dort heute abspielen, ist er der Meinung, dass man ´tiefere philosophische Einsichten und historische Analysen` der Ursachen braucht. Gerade hier aber tauchen erhebliche terminologische, methodologische und praktische Defizite der Wissenschaft auf. Anderen Autoren scheinen die Kenntnisse über solchen Prozessen unzureichend. So bleibt immer zu fragen: „Warum und auf welche Weise veränderte sich das Christentum in der Neuzeit, und wie beeinflussten christlich bestimmte Kräfte, Energien und Überzeugungen den Verlauf der neuen europäischen Geschichte? In welchen historischen Dimensionen vollziehen sich diese Transformationen? In Jahren, in Jahrzehnten oder Jahrhunderten? Welche Ursachen liegen diesen Prozessen zugrunde und wie war deren jeweiliger Kontext?“ (Lehmann 1997a: 10).

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1.3.2. Die kulturelle und religiöse Vielfalt

Der wirtschaftliche Fortschritt, aber auch die vielfältige kulturelle Neuorientierung

Europas waren nach dem Zweiten Weltkrieg politisch gesteuert. Die alte sozialstaatliche

Tradition, die ins 19. Jahrhundert zurückreichte, fand im neuen Europa ihre Ausprägung

zuerst im Leitbild der progressiven Marktwirtschaft und der sog. modernen Kultur. In kurzer

Zeit kam es in der europäischen Region zu einem ´qualitativen Sprung` von reiner

Industrialisierung zu komplexer Modernisierung, die seit den 70er Jahren oft als

postindustrielle-, dienstleistungs-, informations-, risiko- oder einfach postmoderne

Gesellschaft bezeichnet wird (vgl. Kaufmann 1993: 20f). Solche Prozesse dauern an und

stellen im heutigen Europa als einer ´Gesellschaft im ständigen Umbruch` massive

Herausforderungen dar215. Zu den größten Aufforderungen, die schon in dieser Arbeit breit

ausgeführt worden sind, gehören die ständig wachsende Mobilität und Migration der

Menschen (siehe: I.1.1.). Durch die räumliche, wirtschaftliche und politische Vereinheitli-

chung besonders Westeuropas kam es zu einem verstärkten Aufeinandertreffen kultureller

und gesellschaftlicher Gruppen. Die größere geographische Mobilität, eine intensive

außereuropäische Zuwanderung (siehe: II.1.1.1.) und innereuropäische Migrationen (siehe:

II.1.1.2.) führen zur Relativierung und Optierung kultureller Lebensformen. Auch die aktuelle

Globalisierung und der gestiegene Informationsfluss von Ereignissen, Kulturen und

Traditionen, sowie Transportmöglichkeiten der Menschen und Güter machen es möglich, dass

der einzelne verstärkt mit fremden Kulturen, Traditionen, Bräuchen und Weltanschauungen in

Kontakt kommt und konfrontiert wird. Es ist eine Tatsache, dass im heutigen Europa eine

große kulturelle Vielfalt besteht, die mit dem nicht ununbestrittenem Begriff ´Multikulturalis-

mus` bezeichnet wird216. So entstehen aus Nationalstaaten, immer mehr komplexe

europäische Nationalitätsstaaten (vgl. Fijalkowski 2002: 313-326).

215 Die gemeinsame Situationsanalyse der Evangelischen und Katholischen Kirchen weist vor allem auf die Rationalisierungsprozesse, die Integration der Menschen, die Internationalisierung der Güter, die Arbeitsmarkt-probleme und ökologischen Grenze, die Krisen der Sozialstaaten und die Globalisierung hin (siehe: Heimbach-Steins / Lienkamp 1997: 94-125). Die neu entstandenen Situationen, Herausforderungen und praktischen Probleme bestätigen nur die These, dass es eine kulturelle Homogenität in Sinne fugenloser, konfliktfreier Übereinstimmung kultureller Werte nie und nirgendwo gegeben hat (vgl. Oberndörfer 1993: 49). 216 Die unterschiedlichen Inhalte, die dabei in den Begriff ´Multikulturalismus` gelegt werden, verstellen in den neuesten Analysen den Blick dafür, dass er eigentlich eine negative Konnotation der nebeneinander stehenden Kulturen mit ihren separaten Werten bezeichnet. Das kann in einer gemischten Gesellschaft zu einem erheblichen Relativismus, einer Usurpation von Rechten und zu Gettoisierung von Minderheiten führen. Im Gegenteil wird kulturelle Vielfalt bzw. ein Kulturpluralismus als eine gewisse Anpassung der führenden Leitkultur der jeweiligen Gesellschaft verstanden. In diesem Fall geht es um eine Ausarbeitung und um Respekt gemeinsamer Grundwerte, damit nicht nebeneinander verschiedene Werte und Normen existieren (siehe: Tibi 2001: 49-51, 89-101; vgl. Tibi 2002: 97-106).

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In dieser Situation eines neuen kulturellen und zugleich religiösen Pluralismus in Europa

stellen sich sowohl die Politik als auch die Kirchen die Frage, wie man mit ihm umgehen soll.

Hoch erforderlich ist die Strukturanalyse der Gesellschaft, um genau zu wissen und zu

prognostizieren, wie verschiedene kulturelle Strömungen in einer Vielzahl von

Weltanschauungen existieren und wie sie sich entwickeln werden. Dabei kann man sich mit

Kard. Kasper (1992: 236) trösten, dass es eigentlich keinen Grund gibt die gesamte moderne

Entwicklung nur negativ zu beurteilen, denn die Christen keine Aussteiger sein wollen, und

jeder grundsätzliche Kulturpessimismus liegt ihnen fern. So macht „die Internationalisierung

der modernen Gesellschaft (durch Migration, Medien usw.) auch religiöse Sinnwelten

zugänglich, die alten außereuropäischen Kulturkontexten entspringen“ (Hahn 1997: 30).

Zurzeit muss mit ihnen so wie auch mit den verschiedenen Religionen gerechnet werden. Die

kulturelle Pluralisierung Europas bringt also unmittelbar mit sich eine religiöse Pluralisierung,

was positiv gesehen dem einzelnen eine individuelle freie Auswahl garantiert (siehe: Gabriel

1996: 42f). Das bedeutet einen wichtigen und hoch aktuellen Umbruch zum ´post-modernen`

Christentum. Sowohl die Mobilität der freien Menschen, als auch die freie Akzeptanz der

Staaten, wenn es um Zuwanderung geht, liegen nicht nur im Bereich sozialer, politischer oder

kultureller Fragen. Diese Wirklichkeit zwingt auch die Kirchen Europas, eine neue, adäquate,

pastorale und evangelisatorische Methode zu entwickeln. „Eine ´Neu-Evangelisierung

Europas` scheint dann kein utopisches Unterfangen, wenn sie darauf gerichtet ist, die frohe

Botschaft des Evangeliums mit denjenigen Hoffnungen und Befürchtungen zu verbinden, die

aus der Konsequenz der menschlichen Freiheitsgeschichte entstanden sind“ (Kaufmann 1993:

40). Ebenso wie die gesamtgesellschaftlichen Individualisierungsprozesse zu einer Pluralisie-

rung der Lebensformen führen, folgt der religiösen Individualisierung eine Pluralisierung von

Religionen und im Christentum selbst217. Es muss klar sein, dass heute in Europa nicht nur

irgendwelche versprengten Reste der Religiosität lebendig bleiben, sondern dass große

monotheistische Religionen, neue Bewegungen und Sekten hier einen festen Platz haben

werden. Sie bleiben nicht mehr in ihren traditionellen Kulturkreisen verankert, sondern

verbreiten sich und mischen sich proportional zu wachsender menschlicher Mobilität.

217 Karl Gabriel (1996a: 152-172) beschreibt dazu den sozialen Raum des Christentums als eine Ellipse mit zwei Brennpunkten: Den einen bilden die Formen des expliziten und bestimmten Christentums, die sich durch eine zunehmende Bestimmtheit in organisatorischen und professionellen Bereichen auszeichnen, sowie durch eine stärkere Betonung von Normen, Überzeugungen und rituellen Praktiken. Den zweiten Brennpunkt stellen Modelle unbestimmter und diffuser Christlichkeit und Religiosität dar. Diese zeichnen sich nach Gabriel als eine negative Abgrenzung gegen die expliziten Ausdrucksweisen des ersten Brennpunktes aus. Eine zweite Dimension der eingeführten Differenzierung hängt mit dem Phänomen der Sozialform der Kirche als Amtskirche zusammen. Und noch eine weitere Polarisierung im Christentum selbst sieht Gabriel in den unterschiedlichen Reaktionen auf den Prozess und die Folgen der Modernisierung. Das erlaubt dem Autor, das katholische Christentum in fünf Sektoren aufzuteilen: a) fundamentalistische b) explizite und interaktive c) diffuse unbestimmte Katholizität d) kirchlich abhängige e) geistliche und soziale Bewegungen.

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In dieser Situation merkt man also zwei gegenläufige Trends: „ Auf der einen Seite der

unübersehbare Rückgang des kirchlich gebundenen Christentums in den meisten Ländern

Europas. (...) Auf der anderen Seite sind auch religionsproduktive Tendenzen zu konstatieren,

auch wenn diese zumeist an den Kirchen vorbeilaufen. Daher tut jede Konzeption einer neuen

Evangelisierung gut daran, beide Seiten der religiösen Situation wahrzunehmen und mit ihren

jeweiligen Chancen und Herausforderungen einzubeziehen“ (Sivernich 2001: 171). Die

unerwartet neue Rolle des Religiösen aber auch des Säkularismus sprechen für die spezifische

Situation der ´Post-Moderne` in Europa, wo es eigentlich keine geistliche und kulturelle

Einheit gibt (vgl. Seibel 1991: 73f). Doch die kulturellen und religiösen Auseinander-

setzungen und Spannungen und die nach dem Attentat vom 11. September 2001 in USA

entstandene kollektive Beurteilung des Islams (vgl. Cesari 2002: 32-37) wecken neue

Chancen für die europäische Wiederbelebung des Religiösen und der Identitätsgefühle aller

Bürger. Die Bindungen zwischen Kultur und Religion bzw. Ethnizität und Glaube

interpretieren moderne Analysten der europäischen Systeme dahin, dass alle möglichen

menschlichen Differenzen mit den allgemeinen westlichen Verfassungen und Werten

harmonisiert werden könnten (siehe: Tibi 2002: 105). Natürlich müssen zunächst kulturelle

und religiöse Differenzen in Europa als völlig normal und selbstverständlich anerkannt

werden. Die spezifischen Neuevangelisierungsbemühungen der Kirche müssen jedenfalls die

neuentstandenen Kontexte in Europa im Geist von Pfingsten zugleich achten und relativieren.

„So erscheint die Kirche in einer Welt, die aus verschiedenen Völkern besteht. Und doch

besitzt sie eine tiefe Einheit. Sie kann alle Sprachen der Welt eben deswegen sprechen, weil

sie sich mit keiner identifiziert. Sie besitzt eine tiefe Einheit, weil diese sich nicht auf

menschliche und kulturelle Faktoren stützt. Sie ist eine, gerade weil sie katholisch ist“ (Paolis

1981: 13f).

Man könnte zusammenfassen, dass der Aufbau Europas eine Zukunftspflicht vor allem für

alle Christen ist, die den Evangelisierungsauftrag ernst nehmen. Die modernen Kirchen

Europas als „die führenden Kräfte dürfen sich nicht durch die große Masse der Inaktiven und

zum Teil Perspektivelosen, Dialogunwilligen und Dialogunfähigen vom visionären Denken

und zukunftsorientierten Handeln abbringen lassen“ (Elyas 1999: 60). Gerade solch eine

Vision der gegenwärtigen Neuevangelisierung im interkulturellen Kontext Europas will diese

Arbeit im Folgenden detailliert darstellen. Dafür sollen einige offizielle Aussagen der

Kirchen, ihre theologische Interpretierung und ihre praktische Umsetzung behilflich sein.

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2. Lehramtliche Äußerungen zur Neuevangelisierung in

Europa

Die tiefen sozio-politischen sowie kulturell-religiösen Veränderungen in Europa (siehe:

III.1.3.) und auf den anderen Kontinenten (siehe: III.1.2.) sind ohne Zweifel die stärksten

Hintergründe, um der Neuevangelisierungsidee ein programmatisches Profil zu geben. Das

Zweite Vatikanische Konzil hat selbst nach den grundsätzlichen Veränderungen in ihrer

Kirche diese Idee wieder lebendig werden lassen. Seitdem haben die Begriffe wie Erst-

Evangelisierung, Evangelisierung oder Re-Evangelisierung ihre Bedeutung vielmals modifi-

ziert (siehe: III.1.1.) und so eine Basis für das Wort ´Neuevangelisierung` geschaffen.

Wenn man fragt: was ist eigentlich ´Neues` an dieser Neuevangelisierungsidee? – darf

man eigentlich keine statische Antwort geben, als ob für allemal etwas ´Neues` eingeführt

worden wäre. Paradoxerweise darf man nur darauf hinweisen, dass diese Idee besteht und

lebt, d.h. sie evolutioniert in engem Zusammenhang mit allen gesellschaftlichen und

kirchlichen Entwicklungen. Als eine immer mehr populäre Idee besonders für Europa wird sie

erforscht und in der theologischen Nomenklatur angewendet, übrigens nicht ohne Kritik

(siehe: III.1.1.4.). Was man noch Sicheres über diesen umstrittenen Begriff sagen kann, ist,

dass seine größte Fürsprecherin die Katholische Kirche selbst ist. Besonders reiche (in Zahl218

und Inhalt) lehramtliche Aussagen des Papstes J.P.II. sowie die der europäischen Synoden,

Bischofskonferenzen und markanten Theologen beweisen, wie wichtig und aktuell dieses

Thema ist. Aus diesen Gründen benötigen die schon 25 Jahre bestehenden expliziten

Äußerungen219 über ´Neuevangelisierung`, eine Systematisierung, damit erst dann eine

theologische bzw. pastorale Analyse durchgeführt werden kann (siehe: III.3.). Das ist auch die

Absicht folgender Darstellungen.

218 Zurzeit verfügt der Autor dieser Arbeit D.C. über 500 direkten Aussagen des Papstes Johannes Paul II. über ´Neuevangelisierung` in der Zeitspanne von 1979 bis 2002. Dazu gibt es auch Hunderte Aussagen über ´Neuevangelisierung` in den offiziellen Dokumenten von europäischen Synoden und Bischofskonferenzen sowie Dutzende, theologische Kommentare. 219 Jeder professionelle bzw. wissenschaftliche Versuch einer Analyse der Neuevangelisierung (siehe: z.B. SDBK 1991; Agostini 1992; Müller 1993 oder neuste Veröffentlichungen von Sepioło 2001; Wojtczak 2001; Walldorf 2002;) ist wertvoll und zeigt eine Verantwortung für die gegenwärtige und zukünftige Kirche Europas. Dasselbe kann man sagen über die zahlreichen Autoren und ihre Artikel (nur in deutscher Sprache über 60 – siehe: Bibliografie dieser Arbeit). Man merkt aber in manchen Fällen die Tendenz, vom Thema ´Neuevange-lisierung` abzuweichen, um über einen breiteren Kontext wie z.B. über Mission, Evangelisation, Post-moderne in Europa zu schreiben. Im Unterschied zu den reichen Materialquellen (siehe: Bibliographie) fehlt eine engere und genauere Bearbeitung des Themas ´Neuevangelisierung` in sich selbst.

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2.1. Päpstliche Verlautbarungen zur Neuevangelisierung

in Europa

2.1.1. Äußerungen zwischen 1979-1989 – geistliche Antwort auf das

Soziokulturelle

Die nachkonziliare Sorge der Kirche um eine effektive Neuevangelisierung Europas

hat eine mindest 25-jährige Vorgeschichte (siehe: Walldorf 2002: 40-46), in der sich auch die

wichtigen Aussagen von Papst Paul VI. befinden220. Zum ersten Mal aber benutzte Papst

Johannes Paul II. explizit den Begriff ´Neuevangelisierung` kurz nach seiner Amtsüber-

nahme. Es geschah zufälligerweise in Europa und sogar in seiner polnischen Heimat am 9.

Juni 1979. Sein evangelisatorischer, aber auch politischer Überblick der kirchlichen Situation

von damals221 erlaubte ihm, in den langfristigen Vorbereitungsrahmen auf das Große

Jubiläum des Christentums das Postulat der Neuevangelisierung frei zu formulieren. Damals

sagte er während der Messe im Sanktuarium des Hl. Kreuzes in Mogiła bei Nowa Huta:

„ Als man neben dieser Stelle ein neues Holzkreuz aufgestellt hat, fiel das in die Zeit des Millenniums. Wir haben ein Zeichen bekommen, dass sich wieder an der Schwelle des neuen Jahrtausends - in diese neuen Zeiten und Umstände das Evangelium inkorporiert. Es hat eine neue Evangelisierung begonnen, als ob sie die zweite wäre, aber im Grunde eben die gleiche wie die erste. (…) Wir bedanken uns heute bei diesem Kreuz von Mogiła und gleichzeitig von Nowa Huta, für diesen Neuanfang der Evangelisierung, der hier stattgefunden hat. (…) Vom Kreuz in Nowa Huta hat die Neuevangelisierung angefangen: Evangelisierung des zweiten Millenniums“ (J.P.II. 1979.06.09: 206, 208, 210; vgl. Collet 1996: 810).

220 Papst Paul VI. hat anlässlich des III. Symposiums der europäischen Bischöfe im Jahr 1975 in sehr klarer Form die Grundlagen der Bischofssendung im modernen Europa dargelegt. Er bat, „die christliche Seele Europas wiederzuwecken, den Boden, in dem seine Einheit Wurzeln schlägt“, dabei sollten die Christen „Zeugnis ablegen unter den Bedingungen der Armut, unverstanden und im Widerspruch, sogar in der Verfolgung. Aber wenn ihr Sauerteig die Demut des Evangeliums besitzt, dann auch die Kraft, die allen das Heil bringt: unser Glaube. Wenn Sie als Bischöfe diesem Glauben dienen, (...) werden Sie Europa helfen, seine Seele zu wieder zu finden“ (Zitiert nach: Etchegary 1978: 59f). 221 Man muss dem heutigen Leser erklären, dass die damalige kirchliche und politische Situation Polens nicht nur kompliziert, sondern höchst gespannt war. In dieser Zeit tiefer wirtschaftlicher Rezession gab es die ersten heftigen Proteste der Arbeitermassen, die unter zahlreichen Repressionen der pro-kommunistischen Regierung mit vielen Todesopfern litten. Ein Jahr später entstand aus dieser Bewegung die stärkste Gewerkschaft ´Solidarität` (Solidarność), an deren Seite die Katholische Kirche Polens gestanden hat. Dafür wurden sie und ihre Symbole (wie z.B. Kreuz) und Ideologie weiter verfolgt. In diesem Kontext wurde unerwartet für alle, aber besonders für die kommunistischen Regierungen Europas am 16.10.1978 Karol Kard. Wojtyła zum Papst gewählt. Er fuhr absichtlich schon 1979 zu seinem apostolischen Besuch nach Polen, was zur Beschleunigung des Untergangs des sog. Ostblocks deutlich beigetragen hat.

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Schon in dieser offiziellen Ansprache des Papstes ist unschwer ihr programmatischer

Charakter zu bemerken. Sie beinhaltet drei konstitutive Elemente der Neuevangelisierung, die

bis heute durch die theologischen und sozialen Analysen erforscht werden (siehe: III.3.).

Es sind vor allem: Der millenarische Charakter, die neuen Umstände (Europas) und ein

spiritueller Aspekt des Neuanfangs im Licht des Kreuzes. Um diese Zeit, also Mitte des

Jahres 1979, schienen bei J.P.II. die modernen Herausforderungen besonders auf Europa

fokussiert zu sein222. Deswegen suchte er schon auf dem IV. Europäischen Symposium der

Bischöfe, das als Thema ´Jugend und Glaube` gewählt hat, seinen ersten Verbündeten – die

Jugendlichen, für diese Herausforderungen zu gewinnen. Ja, er legt dort „die Grundlinien

einer Neuevangelisierung Europas dar“ (Walldorf 2002: 47), weil ihm alle negativen

Konsequenzen der sozio-politischen und kulturell-religiösen Veränderungen (siehe: III.1.3.)

klar sind. Er fragt, ob sich Europa

„mit seiner großartigen missionarischen Vergangenheit an verschiedenen Punkten seiner derzeitigen ´kirchlichen Geographie` selbst in Frage (stellt), ob es nicht drauf und daran sei, selbst zu einem Missionskontinent zu werden“ (J.P.II. 1979.06.20: 67).

In den Überlegungen zu einem christlichen Kontinent, der immer tiefer in die geistliche und

kulturelle Krise geraten ist, finden einige Autoren beim J.P.II. gerade dieses Element seines

Konzeptes, das die neuerungsbedürftige Theologie der Neuevangelisierung eines

Missionskontinentes begründen kann223. Dabei steht fest, dass die Gedanken von der

Notsituation in Europa dem Papst J.P.II. immer realistisch bekannt waren. Zu seinen ersten

berühmten Ansprachen über dieses Thema gehört die an die Teilnehmer des V. Symposiums

des CCEE am 5. Oktober 1982. Dort spricht er ohne Hemmungen über die Krise der

europäischen Kultur, die auf eine evidente Krise der christlichen Kultur hinweist (siehe:

J.P.II. 1982.10.05: 128-133). Er kam zu „einer Analyse Europas, das vom Atlantik bis zum

Ural reicht, (...). Dabei fragte er sich, was Europa heute sei; ob angesichts der zahlreichen

222 Schon beim ersten Besuch des Lateinamerikanischen Bischofsrates hat er sich einigermaßen ´entschuldigt` und zeigte seine brennende Sorge um die Neuevangelisierung Europas in breitem missionarischen Kontext. Auf der Plenarversammlung von CELAM sagte er: „Da er sich jetzt an den CCEE als ... Pedant des CELAM wandte, lag es für den Papst nahe, die Aufmerksamkeit der Bischöfe auf die ´Evangelisierung des europäischen Kontinents` zu lenken“ (Zitiert nach Walldorf 2002: 47). 223 Walldorf (2002: 48-50) nimmt die Predigt des Papstes J.P.II. vom 20. Juni 1979 als einen Referenzpunkt an, ohne tiefere Bearbeitung, sechs sog. Merkmale der Mission im Rahmen der Neuevangelisierung Europas zu erwähnen. Charakteristisch wären: „1) Neuevangelisierung Europas ist ein Projekt der Kirche. Sie entspringt der Gemeinschaft (Communio) der Gläubigen und der Kollegialität der Bischöfe. (...) 2) Neuevangelisierung geschieht als theologisch orientierte Inkulturation. Darum steht am Anfang die kulturelle Analyse (...) 3) Neuevangelisierung Europas muss verstanden werden als Selbstevangelisierung. (...) 4) Neuevangelisierung Europas ist ´im Zeitalter des Ökumenismus` (...) 5) Neuevangelisierung Europas hat Bedeutung für die ganze Welt, (...) 6) Die Neuevangelisierung Europas ist eschatologisch ausgerichtet und entnimmt der festen Hoffnung auf Gottes Zukunft den Mut zum Wirken auf die irdische Zukunft hin, ...“.

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Gegensätze, die sich quer durch den Kontinent ziehen, überhaupt von Europa gesprochen

werden kann, oder ob es sich nicht vielmehr, wie manche meinen, um einen Mythos handelt,

weil Europa in Realität in der Mehrzahl existiert“ (Collet 1996: 811). Obwohl die päpstliche

Ansprache vom 5. Oktober 1982 schon das bevorstehende solidarische und territorial

ungeteilte Europa (vgl. I.1.4.3.) ankündigte, war ihm viel wichtiger, die kulturelle Symbiose

hervorzuheben. Der Reichtum verschiedener Kulturen und sogar die lokalen Erfahrungen

sollen durch das griechisch-römische Erbe die gemeinsame europäische Zivilisation

integrieren. Jedoch wäre das nur eine Vorbedingung für die Bewältigung der Krise des

gegenwärtigen Christentums Europas, das eine ´anonyme Identität` darstellt224. Diese

kulturelle Krise der europäischen Zone war also dem Papst Anfang der 80er Jahre die größte

Herausforderung und zugleich ein Motor aller Bemühungen, um dem alten Kontinent eine

adäquate Evangelisierung anzubieten.

Mit diesen Gedanken und einem initiierten Programm der Neuevangelisierung in

Europa fuhr Johannes Paul II. zur 19. Vollversammlung des Lateinamerikanischen Bischofs-

rates (CELAM). Am 09.03.1983 hat er in der Hauptstadt von Haiti (Port-au-Prince) diesen

Aufruf an die anwesenden Bischöfe gerichtet:

„Das Gedenken des halben Jahrtausends Evangelisierung wird seine volle Bedeutung dann erhalten, wenn ihr als Bischöfe, zusammen mit euren Priestern und Gläubigen, daraus eine Aufgabe macht; eine Aufgabe nicht der Re-Evangelisierung, sondern der Neu-Evangelisierung. Neu in ihrem Eifer, in ihren Methoden und in ihrer Ausdrucks-weise. Erlaubt mir in diesem Zusammenhang, daß ich euch, in kurzen Worten zusammengefaßt, die Gesichtspunkte nenne, die nach meiner Ansicht grundlegende Voraussetzungen für eine Neu-Evangelisierung sind“ (J.P.II. 1983.03.09: 385).

Mit dieser historischen Aussage hat J.P.II. noch mal deutlich betont, dass es ihm weder um

reine Ermutigung bisheriger Missionsarbeit noch um eine einzelne Jubiläumsaktion geht. Er

erwartet an der Schwelle des dritten Jahrtausends eine neue bzw. andere Vitalität (Eifer der

Subjekte siehe: III.3.3.), neue bzw. systematische Techniken (Methoden siehe: III.3.2.) und

neue pastorale Einsatzformen (Ausdrucksweise siehe: III.3.4.).

Schon ein Jahr später hat derselbe Papst wieder vor allen Bischöfen der CELAM, am

12.10.1984 in Santo Domingo, ganz konkrete Ziele, Methoden und Aufgaben der Kirche im

Dienst der Neuevangelisierung entworfen (siehe: III.3.2.). Er hält das Programm für genügend

ausgearbeitet, um ihm den Namen ´Zivilisation im Zeichen der Liebe` zu geben. In Reaktion

gab es, neben kritischer Beurteilung von früheren Evangelisierungsversuche (siehe: Correa

224 Dort, wo Papst J.P.II. sich entschließt, über die Krise der europäischen Kultur, Religion oder über eine ´anonyme Identität` zu reden, erlauben sich einige heutige Kritiker nichtchristlicher Provenienz sogar zu fragen, ob Europa überhaupt eine Chance klarer Identität hat? Der zuletzt anerkannte islamische Autor, ermahnt in der Diskussion über die sog. Leitkultur Europas, dass die gegenwärtige Identitätskrise ihren Ursprung im Mangel an menschlicher Toleranz und Dialog hat (siehe: Tibi 2001: 176-191).

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1992: 128ff), die Meinung: „Die Kirche Lateinamerikas wird als ´Kirche der Neu-Evange-

lisierung` bezeichnet, die mit ´der Kraft des Kreuzes` ´eine neue kirchliche Morgenröte

schaffen` kann“ (Collet 1996: 814; vgl. J.P.II. 1984.10.12: 216-226). Diesen optimistischen

Wunsch folgte damals das päpstliche Gebet für fortdauernde Evangelisierung dieses

Kontinents: „Möge sie zu einer neuen Evangelisierung, einer ausgedehnten Mission und einer

intensiven geistlichen Erneuerung werden“ (J.P.II. 1984.11.10: 214f).

In den Jahren 1984-1985 analysiert Papst J.P.II. die Neuevangelisierung Europas in

der gegenwärtigen geistlichen Lage der Menschen. Mit einer gewissen Furcht, die sich durch

eine außerordentliche, globale Sorge um die Zukunft des Glaubens verstehen lässt, weist er

auf die rasche Verbreitung des Atheismus und auf die fortschreitende spirituelle Armut der

Europäer hin. Daraus formuliert er die neue Charakteristik der Neuevangelisierung, nämlich

die brennende Dringlichkeit einer Antwort auf diese Realität.

„Wir dürfen keine Zeit verlieren, denn in diesem Land, wo Sie zusammen mit den anderen Christen das Evangelium des Heils bezeugen, gibt es heute Männer und Frauen, denen Gott nichts mehr bedeutet, für die Jesus nichts mehr ist – dabei ist er der größte Schatz, den Gott der Welt gegeben hat. Das unterstreicht die Dringlichkeit einer neuen Evangelisierung“ (J.P.II. 1984.06.14: 478f).

Seine authentischen Sorgen präsentiert der Papst vor dem bischöflichen Gremium des VI.

Symposiums der CCEE. Bewusst, dass Europa komplexe Veränderungen erlebt hatte, ruft er

zur Radikalisierung der kreativen Verkündigung auf (siehe: J.P.II. 1985.11.10: 1548). Als

oberster Hirt der Katholischen Kirche sieht er sich herausgefordert, bestimmte pastorale

Alternativen vorzuschlagen. Trotzt aller negativen Tendenzen der europäischen Gesell-

schaft225 will er die gemeinsamen Wurzeln Europas pflegen (vgl. ebd. 1549).

Weitere tiefgehende Analysen der Bedingungen des modernen Europas macht Papst J.P.II. im

Hinblick auf die einzelne Subjekte der Neuevangelisierung, die vor allem engagierte Priester,

Ordensleute und Laien sein sollten (vgl. III.3.3.). Alle werden dringlich aufgefordert, eine

´Communio` (vgl. IV.3.1.2.) zu bilden, deren Charakteristik die innere Erneuerung und äußere

Heiligkeit sein soll. Der weite Inhalt der kompakten pastoral-theologischen Rede des Papstes

vom 11. Oktober 1985 über Neuevangelisierung Europas wird gegenüber den europäischen

225 Nicht nur die religiösen und philosophischen Verwirrungen Europas sind für J.P.II. Sorgen, sondern auch z.B. die wenig optimistischen demographischen Daten und ihre Folgen (vgl. II.2.1.2.). „Der Geburtenrückgang und die Überalterung der Bevölkerung lassen sich nun nicht mehr leugnen oder gar als Lösung für das Problem der Arbeitslosigkeit heranziehen. Die Bevölkerung Europas, die 1969 25 Prozent der Weltbevölkerung bildete, würde, wenn der gegenwärtige demographische Trend anhält, bis zur Mitte des kommenden Jahrhunderts auf fünf Prozent absinken. Das sind Zahlen, die den einen oder anderen verantwortlichen Europäer veranlaßt haben, von einem ´demographischen Selbstmord` Europas zu sprechen. Wenn dieser Rückgang Anlaß zur Sorge gibt, so für uns vor allem deshalb, weil er, in seiner Tiefe betrachtet, als ernstes Symptom eines Verlustes des Lebenswillens und der Zukunftsaussichten und noch mehr als Zeichen einer tiefen geistlichen Entfremdung erscheint“ (J.P.II. 1985.10.11: 1554).

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Bischöfen in kurzer Zeit wieder bekräftigt. In weniger als drei Monaten hat J.P.II. einen Brief

an die Präsidenten der europäischen Bischofskonferenzen gerichtet. „Darin werden erneut die

Dringlichkeit und Bedeutung der Neuevangelisierung des alten Kontinents erwähnt und auf

die dazu notwendige vereinte Kraft der ChristInnen aufmerksam gemacht. Namentlich werden

die lateinische und die östliche Tradition, die Spaltung zwischen Orient und Okzident

genannt…“ (Collet 1996: 815). Der Papst hat sich zuerst in der im Oktober 1985 gemachten

Analyse geäußert:

„Die Analysen, Wertungen und praktischen Vorschläge, die bei jeder Gelegenheit vorgelegt wurden, haben es jedem ermöglicht, sich die Dringlichkeit tiefer bewusst-zumachen, mit der sich die Aufgabe der Evangelisierung oder, besser gesagt, der Neu-Evangelisierung des alten Kontinents stellt“ (J.P.II. 1986.01.02: 1041).

Erst nach solcher Analyse konnte Johannes Paul II. auf ein neues kollektives Objekt der

Neuevangelisierung (vgl. III.3.3.1.) hinweisen, d.h. auf die gemeinsame Kultur Europas mit

all ihren christlichen Wurzeln und unchristlichen Hindernissen. Die dort skizzierte

Verfallsgeschichte erfordert seiner Meinung nach dringlich eine Neuevangelisierung in

überzeugenden Formen bis hin in das kollektive Gewissen aller Europäer. Das hohe

Bewusstsein von J.P.II., dass das Europa vieler Nationalitäten und Kulturen jedoch ein

einziges bzw. eigenes ´Gesicht` haben sollte (vgl. J.P.II. 1986.01.02: 1042f), lässt ihn in einer

Ansprache an den römischen Klerus noch einmal einen positiven, mutigen und apostolischen

Vorschlag machen. „Europa brauche eine Neuevangelisierung, und dies ist eines der

Schlüsselworte“ (J.P.II. 1986.03.04: 1133). Überzeugt, dass dieses Wort kein ´Zauberwort`

ist, sondern ein Fundament der missionarischen Sendung, bedankt er sich bei Gott226 für das

Verständnis der gegenwärtigen Verhältnisse. Wieder positiv eingestellt fragte er:

„Sollte man sich zum Beispiel nicht darüber freuen zu sehen, daß sich in mehreren Ländern Europas viele Christen hochherzig und verständnisvoll in diesem viel versprechenden Projekt engagieren, das man jetzt die ´Neuevange-lisierung` nennt? Der lebendige Glaube dieser Christen dient ganz einem Bemühen um Inkulturation des Evangeliums“ (J.P.II.1986.04.21: 1258).

Seitdem will J.P.II. dem christlichen Erbe Europas eine erhöhte Bedeutung verleihen und die

dringenden Aufgaben der Neuevangelisierung den jüngsten Christen und den Katecheten

empfehlen227. Sie sollen ab jetzt die neumotivierten ´Lehrer` bzw. Protagonisten der neuen

226 „Dank unserem Gott (...), weil er uns diese Möglichkeit schenkt, teilzunehmen an einer Neuevangelisierung, indem wir die Sache des Gottesreiches vorantragen in unseren nicht immer leichten, ja vielmehr recht schwierigen Verhältnissen“ (J.P.II. 1986.03.04: 1137). 227 Im Aufruf bei der Predigt in der Sankt Apollinariskirche in Ravenna am 11. Mai 1986 sagte er: „Während ich mich zum Sprecher der lebendigen Hoffnung mache, die die ganze Kirche durchdringt, möchte ich mich an die jungen Christengenerationen wenden und sie bitten, sich mit wirksamen Einsatz um die Verwirklichung einer Neuevangelisierung der europäischen Gesellschaft zu bemühen“ (J.P.II. 1986.05.11: 233).

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Ideen und Vorstellungen in und über Europa sein. Auf der Suche nach immer neuen

Mitarbeitern im Dienst der Neuevangelisierung fuhr Papst J.P.II. 1987 nach Polen, und im

Kontext weiterer, sozio-politischer Veränderungen in diesem Land bat er die zahlreichen

Missionare um die Aufmerksamkeit und Verantwortung für die ´Mission` in Europa.

„Die ganze Kirche ist missionarisch. Ganze und überall! Ihr, die ihr nicht in der missionarischen weiten Welt arbeitet – vergesst nicht, dass unsere polnische Heimat immer eine Neuevangelisierung braucht. Übrigens wie das ganze christliche Europa. Auch nach Jahrhunderten ja Jahrtausenden – immer wieder! Das ganze Europa ist ein Herausforderungskontinent für das Evangelium geworden, Polen auch“ (J.P.II. 1987.06.14: 43).

Fast dasselbe hat J.P.II. kurz danach in Österreich wiederholt, um am Ende des Jahres 1987

in der Enzyklika ´Sollicitudo rei socialis` neue Aspekte der kirchlichen Soziallehre zu

behandeln und ihre ständige Erneuerung zu garantieren (vgl. SRS 3). Bevor er in der

Enzyklika SRS alle Neuerscheinungen der gegenwärtigen Welt der 80er Jahre darstellt, weist

er auf die immer noch neuartige, 20 Jahre alte Sozialenzyklika ´Populorum progressio`228 hin.

Wachsende, aber noch immer nicht besonders zahlreiche Aussagen J.P.II. über

Neuevangelisierung im Jahr 1988 oszillieren um die Erneuerung in den Pfarreien und

Diözesen229. Alle Gläubigen werden aufgerufen zu einer Teilnahme an den aktuellen

Herausforderungen; auch ist die Kirche selbst

„ bemüht, durch verstärkte Anstrengungen für eine Art Neuevangelisierung der Völker Europas hierzu ihren besonderen Beitrag zu leisten“ (J.P.II. 1988.06.23: 596). „Die Kirche sieht sich selbst aufgefordert, hierzu durch eine intensive Neu-Evangelisierung der Menschen und Völker des europäischen Kontinents einen wichtigen Beitrag zu leisten“ (J.P.II. 1988.10.12: 178). „Durch eine umfassende Neu-Evangelisierung muß die Kirche versuchen, dem Prozeß der kirchlichen Entfremdung in ihren eigenen Reihen Einhalt zu gebieten...“ (J.P.II. 1988.06.24: 615).

228 „Die soeben vorgenommene kurze Analyse hilft uns, das Neue an der Enzyklika besser zu ermessen. Man kann es in drei Punkten zusammenfassen. Der erste Punkt besteht in der Tatsache selbst, daß von der höchsten Autorität der katholischen Kirche ein Dokument herausgegeben wird, das sich an die Kirche selbst und zugleich ´an alle Menschen guten Willens` richtet und das eine Frage behandelt, die auf den ersten Blick rein ökonomi-scher und sozialer Natur ist: die Entwicklung der Völker (...) Das zweite Neue an Populorum Progressio ist die Weite des Horizontes mit dem sie an das herangeht, was man gemeinhin als die ´Soziale Frage` bezeichnet. (...) Als dritter Punkt bereichert die Enzyklika die kirchliche Soziallehre im allgemeinen und den Begriff der Entwicklung im besonderen durch beachtliche neue Elemente. Diese Neuheit wird in einem Satz sichtbar, der im Schlußabschnitt des Dokumentes steht und als Zusammenfassung seines Inhaltes wie auch als sein geschichtli-ches Kennzeichen angesehen werden kann: Entwicklung ist der neue Name für Friede" (SRS 8-10). 229 „Die Erneuerung der Pfarreien hat den Kern der Gemeinden vielerorts lebendiger gemacht (...) schreckt aber vor dem schwierigen Werk sogar einer Neu-Evangelisierung eurer Heimat nicht zurück!“ (J.P.II. 1988.01.23: 1572). „Um diese neue Evangelisierungsaufgabe verantwortungsvoll zu verwirklichen: alle seelsorgerischen Initiativen die auf nationaler, diözesaner und pfarrlicher Ebene (...) unternommen wurden“ (J.P.II. 1988.05.25: 89). „Pflegt eure Spiritualität als Personen, die ihr Leben Jesus Christus geweiht haben, um so in eurer Bevölkerung mit altem christlichem Glauben kraftvoll die Neuevangelisierung einzuleiten...“ (J.P.II. 1988.06.05: 523). „Eine umfassende Neu-Evangelisierung wird immer notwendiger, die bei den einzelnen, bei den Familien und Gemeinden beginnt und die verschütteten Quellen des Glaubens und einer überzeugten Christusnachfolge neu zum Fließen bringt“ (J.P.II. 1988.06.24: 610).

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Am 30. Dezember 1988 wurde durch den Papst das Dokument ´Christifideles laici`

veröffentlicht. Dieses „Apostolische Schreiben möchte ein neues Bewußtsein von den Gaben

und der Verantwortung aller Laien und jedes einzelnen für die Sendung und Communio der

Kirche wecken und lebendig erhalten“ (CL 2). Im Artikel 34, wo man von der Mitverantwor-

tung der Laien für die Kirche die Rede ist, wird das Thema ´Neuevangelisierung Europas` im

Rahmen der Aufgaben der Laien behandelt (vgl. Walldorf 2002: 69-72). Seit der Veröffentli-

chung und Verbreitung dieses Dokumentes werden in den kirchlichen Verlautbarungen die

Laien immer häufiger als höchst nötige und konstitutive Subjekte (vgl. III.3.3.) aller Evangeli-

sationsprozesse angesprochen.

Nicht nur mit der Hoffnung, sondern mit tiefem Vertrauen hält Johannes Paul II. bei

der Eucharistiefeier am Pfingstsonntag 1989 eine der bedeutendsten Reden im Hinblick

gerade auf die Laien, auf die Neuevangelisierung und die heutigen Verhältnisse:

„Der Herr vertraut euch, den christlichen Laien, in Gemeinschaft mit all den andern Gliedern des Volkes eine große Verantwortung in der drängenden und schwerwiegen-den Verpflichtung zur Neu-Evangelisierung an. Es geht dabei nicht nur darum, zum ersten Mal das Evangelium, das Wort des Lebens und der Erlösung, zu den Völkern zu bringen, die es noch nicht oder nur wenig kennen, sondern darum, es die Völker wiederentdecken zu lassen, die, obgleich sie in der Schule der Glaubenswahrheiten unterwiesen wurden, zum großen Teil den Sinn für das Übernatürliche im Leben verloren haben“ (J.P.II. 1989.05.14: 932).

In seinen Aussagen will sich der Papst der Neuevangelisierungsaufgabe nicht verschließen.

Im Gegenteil will er durch ständigen Gebrauch dieses Begriffes eben den ´Missbrauch` und

pure Gewohnheit vermeiden.

„Dies ist eine immer dringlicher werdende umfassende Aufgabe. Ich habe sie schon viele Male und bei verschiedenen Anlässen mit dem Wort ´Neu-Evangelisierung` bezeichnet, deren die heutige Gesellschaft und auch weite Bereiche der Kirche wieder notwendig bedürfen“ (J.P.II. 1989.06.01: 365). Ich selbst werde nicht müde, zur Neuevangelisierung dieses Erdteils aufzurufen“ (J.P.II. 1989.09.05: 1044).

Die authentische, päpstliche Sorge um die Zukunft Europas wird nicht nur in diesen Zitaten

deutlich heraus. Es ist um diese Zeit leicht zu merken, dass er seine Sorgen als oberster Hirt

der Katholischen Kirche gerne mit den anderen verantwortlichen Christen teilen würde. In

seinem damaligen Apostolischen Schreiben ´Redemptoris custos` scheint er eine greifbare

Hilfe gegen allen Gefahren der gegenwärtigen Welt230 zu suchen.

230 Eine der größten Gefahren sieht der Papst J.P.II. im Umgang mit dem höchsten menschlichen Werte – mit seiner Existenz. Deswegen macht er in seiner Rede vor dem 7. Symposium der CCEE deutlich, dass er entscheidend für jedes menschliches Leben kämpfen wird. Die transzendente Dimension jeder Person bedrohen, seiner Meinung nach, vor allen die neusten Gentechnikfortschritte. Das ganze Symposium hat das Thema ´Umgang des heutigen Menschen mit Geburt und Tod. Herausforderung für die Evangelisierung` gewählt. Über diese sozial-ethische Dimension der Neuevangelisierung (siehe: Walldorf 2002: 72-74).

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„Dieser Schutz muß erfleht werden; die Kirche braucht ihn immer noch, nicht nur zur Verteidigung gegen die aufkommenden Gefahren, sondern auch und vor allem zur Stärkung ihrer erneuten Anstrengung für die Evangelisierung der Welt und für die Neuevangelisierung in jenen ´Ländern und Nationen – wie ich im Apostolischen Schreiben Christifidelis laici festgestellt habe -, in denen früher Religion und christli-ches Leben blühte (...) und die nun harte Proben durchmachen`“ (RC 29; vgl. CL 45).

In dem ´Kampf` gegen alle aufgetauchten Probleme, denen er in seinen letzten drei offiziellen

Verlautbarungen begegnet ist (vgl. SRS; CL; RC), suchte der Papst seine Verbündeten. In

langsam neuer sozio-politischer Situation in Ost- und West-Europa, in der Zeit allgemeiner

Befreiung und gleichzeitig der Annäherung der Nationen und Konfessionen, in der

kommenden Stimmung des Millenniums, nutzte J.P.II. die ökumenischen Beziehungen zu den

anglikanischen Christen und verkündigte zusammen mit ihren Oberhirten:

„Da wir den letzten Abschnitt des zweiten Jahrtausends nach der Geburt Jesu Christi beginnen, beten wir gemeinsam für eine Neuevangelisierung, die die ganze Welt umfaßt, nicht zuletzt den Kontinent des heiligen Gregor und des heiligen Augustinus, wo die fortschreitende Säkularisierung der Gesellschaft die Sprache des Glaubens aushöhlt und der Materialismus die geistige Natur der Menschheit erniedrigt“ (J.P.II. 1989.10.02: 1513).

Dieses ökumenische Dokument schließt eigentlich die erste Phase der päpstlichen Verkündi-

gung ab. Der Papst redet über Neuevangelisierung und zeigt die Vielfältigkeit der Formen von

dieser Idee. Seine neue, immer mehr kreative und dynamische Evangelisierung Europas ist

einem sehr schwierigen politischen Klima in der vergangenen Dekade begegnet. Doch seine

unerschütterliche Überzeugung von der Notwendigkeit der Ausführung der kirchlichen

Erneuerungen seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil, brachte die ersten positiven

Ergebnisse. Ebenso, wie damals am Ende 1989, stand Europa vor einer unvermeidlichen

politischen Zäsur231, so steht jetzt die Idee der Neuevangelisierung auf diesem Kontinent vor

kirchlicher Zäsur.

231 Die Historiker geben zu: „Zu Beginn des Jahres 1989 gab es in Osteuropa (außerhalb Polens) kaum einen Hinweis auf die umwälzenden Ereignisse, zu denen es in Kürze kommen würde“ (Mazower 2000: 539). Trotzdem wird das Jahr 1989 als eine Zäsur für neue Ordnung betrachtet, was man mit einer klaren Niederlage der Kommunisten identifizieren muss. Der riesige Aufstand des polnischen Volkes, vor allem der Arbeiter, zwängte in einem ´Dominoeffekt` alle postkommunistischen Länder und Russland selbst zu den gründlichen Reformen des ganzen Systems (vgl. ebd. 538-546). Zur Strategie der westeuropäischen Länder und der USA gegenüber solchen Veränderungen, was zur Wiedervereinigung Deutschlands und zum Fall der Mauer in Berlin führte siehe (ebd. 546-551).

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2.1.2. Äußerungen zwischen 1989-1993 – pastorale Wirkung in der Mission

Die zahlreichen Ansprachen, welche Johannes Paul II. bei verschiedenen Gelegenhei-

ten im Jahr 1990 gehalten hat, ergeben ein praktisch bzw. sozial orientiertes Bild der

Neuevangelisierung, das zum theoretischen (theologischen) Neuevangelisierungsbild in

´Redemptoris missio` komplementär ist. Die vier Ad-Limina-Besuche der brasilianischen

Bischöfe in Rom und einige Apostolische Besuche des Papstes in Lateinamerika haben die

ursprüngliche Idee und ihren Inhalt (vgl. J.P.II. 1983.03.09: 378-386) bedeutend erweitert232,

was mittelbar einen Einfluss auf das europäische Verständnis der Neuevangelisierung

ausgeübt hat. Die universale Kirche also soll alle Neuigkeiten der modernen Verkündigung

annehmen und mit neuem Geist (Eifer) sowie Methoden und Ausdrucksformen (vgl. J.P.II.

1990.02.24: 1295f) überall anwenden. Für Europa muss um diese Zeit vor allem die

Vorbereitung auf die Europäische Synode erwähnt werden, wo Papst J.P.II. auf eine gewisse

Unzulänglichkeit der bisherigen Verkündigung hinweist.

„Wenn wir nun das Thema der neuen Evangelisierung auf der besonderen Bischofs-synode für Europa behandeln, müssen wir uns diese Wirklichkeit vor Augen halten“. (...) Im Licht dieser Ereignisse müssen die Christen ihrerseits aufmerksam überlegen und sich fragen, ob und in welchem Maße die Unterdrückung der Rechte der Kirche nicht manchmal mit einer ungenügenden Evangelisierung einherging“ (J.P.II. 1990.06.05: 933, 937).

In dieser Situation bleibt dem Papst nichts anderes, als noch stärker alle Christen Europas für

freiwillige Opfer im Dienst der Neuevangelisierung zu berufen und sich um die Zukunft der

Kirche und Gesellschaft zu kümmern. So, plädiert er alle Charismen und evangelisatorischen

Talente zugunsten ihrer lokalen Kirchen und Heimatländern233 auszunützen.

232 „Mit der Erfüllung dieser wunderbaren Aufgabe der Neuevangelisierung werdet ihr euren Gemeinden helfen, immer aufgeschlossener und aufnahmebereiter zu sein, den tatsächlichen Bedürfnissen neu Zugewanderter Verständnis entgegenzubringen...“ (J.P.II 1990.05.31: 1315). Deshalb sind wir begeistert „vom gegenwärtigen Moment der Kirche in Lateinamerika und schauen in die Zukunft mit der Perspektive der Neuevangelisierung, zu der ich alle Kirchen aufgerufen habe. (…) Deshalb verstehen wir, daß die Kirche in Medellin in ihrer Botschaft an die Völker Lateinamerikas sich verpflichtete, ´eine intensive Neuevangelisierung und Katechese zu fördern, die die Eliten und die Massen erfassen, damit sie zu einem klaren und engagierten Glauben kommen`“ (J.P.II. 1990.07.05: 1320f). 233 „Angesichts der großen Aufgaben, die vor euch liegen, ermutige ich euch, zusammen mit euren Bischöfen und Priestern das Werk der Neuevangelisierung Europas in eurer Heimat anzugehen“ (J.P.II. 1990.06.16: 943). „Seid euch der Dringlichkeit der Neuevangelisierung wohl bewußt! Sie ist eine Aufgabe, die alle angeht“ (J.P.II. 1990.07.02: 553). „Und eine der Hauptaufgaben der Neuevangelisierung wird sein: in den Gewissen von Anfang an diese Wahrheit zu verwurzeln, die das Fundament des ganzen gesellschaftlichen Gebäudes und das Maß der menschlichen Qualität des Daseins im Leben des einzelnen wie in den Beziehungen unter den Staaten ist“ (J.P.II. 1990.09.23: 692). „Alle sind eingeladen, bei der Neuevangelisierung, die dem Menschen von heute die Botschaft des Heils wieder neu verkündigen will, zusammenzuarbeiten mit ihren verschiedenen Charismen und dem Reichtum ihrer geistlichen Energien. Ich denke besonders an die Familien und an “ (J.P.II. 1990.10.14: 695).

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Am Ende des Jahres, am 7. Dezember 1990, wurde die sog. Missionsenzyklika ´Redemptoris

missio` veröffentlicht. Mancher begründeten Kritik234 wegen dort angewendeter Termini und

einer leichten Unklarheit in der Begriffsbegrenzung zwischen Erst-Evangelisierung,

Neuevangelisierung und Wieder-Evangelisierung zum Trotz (vgl. III.1.1.), hat der Papst

dessen ungeachtet siebzehnmal den Begriff ´Neuevangelisierung` benutzt. Weil diese

Enzyklika über den Missionsauftrag redet, werden das Wort und die Idee der Neuevangelisie-

rung im breiten missionarischen Kontext gezeigt. In den ersten zwei Punkten (vgl. RM 2-3)

bedankt sich praktisch der Papst bei Gott, dass er der Kirche die Gnade gegeben hat, den

Stand der Dinge zu verstehen und die Kräfte zum Verkündigen zu haben235. Weiter geht es

ihm um die Anerkennung der schweren Hintergründe (vgl. III.1.3.) einer Neuevangelisierung

und versucht die drei Typen der Verkündigung einzustufen, nämlich: 1) Verkündigung ad

gentes = Erstmission; 2) übliche Pastoral = Evangelisierung; 3) besondere ´postchristliche`

Verkündigung = Neuevangelisierung236 (vgl. Walldorf 2002: 75f; vgl. Sivernich 2001: 147).

In dem sieht sich der Papst verpflichtet, die o.g. dreifache moderne missionarische Aktion in

erster Linie zusammen mit den Bischöfen zu teilen und so die ´Communio` der Kirche zu

unterstreichen237. Dann ordnet der Papst in der Sorge um die Struktur seiner Herde den

234 In der Enzyklika Redemptoris missio „fällt nicht allein die Rückkehr zu einer älteren Terminologie auf. So hat der Terminus Evangelisierung eine Zeit lang das missionstheologische Vokabular bestimmt. Jetzt ist erneut die Rede von der Mission Ad gentes. Auch ein überwunden geglaubtes geographisches Missionskonzept taucht wieder auf. Unter dem Gesichtspunkt der Evangelisierung gibt es drei unterschiedliche Situationen: Völker und Gruppen, in denen das Evangelium nicht bekannt ist. Hier ist eigentliche Mission Ad gentes gefordert. Darüber hinaus gibt es solide christliche Gemeinden, die die Seelsorgetätigkeit der Kirche benötigen. Schließlich finden sich Länder mit christlicher Tradition, in denen dem Mensch der lebendige Sinn des Glaubens abhanden gekommen ist und die sich in ihrem Leben von Christus und dem Evangelium entfernt haben. In diesem Fall braucht es eine ´neue Evangelisierung` oder eine ´Wieder-Evangelisierung`. (RM 33) In diesem Dokument besteht also keine Differenz zwischen Neuevangelisierung und Reevangelisierung“ (Collet 1996: 816f). 235 „Durch die Mission wird die Kirche tatsächlich erneuert, Glaube und christliche Identität werden bestärkt und erhalten neuen Schwung und neue Motivation. Der Glaube wird stark durch Weitergabe! Die neue Evangelisie-rung der christlichen Völker findet Anregung und Halt im Einsatz für die sich weltweit betätigende Mission“ (RM 2). „Gott öffnet der Kirche die Horizonte einer Menschheit, die für den Samen des Wortes der Frohbot-schaft leichter empfänglich ist. Ich halte die Zeit für gekommen, da alle kirchlichen Kräfte für die neue Evangelisierung und für die Mission ad gentes einzusetzen sind. Keiner, der an Christus glaubt, keine Institution der Kirche kann sich dieser obersten Pflicht entziehen“ (RM 3). 236 „Heute sieht die Kirche sich mit anderen Herauforderungen konfrontiert; sie muß zu neuen Ufern aufbrechen, sei es in ihrer Erstmission ad gentes, sei es in der Neuevangelisierung von Völkern, die die Botschaft von Christus schon erhalten haben“ (RM 30). „Dies im Kontrast zu Gebieten der alten Christenheit, deren Neuevangelisierung notwendig geworden ist“ (RM 32). „Schließlich gibt es eine Situation dazwischen, vor allem in Ländern mit alter christlicher Tradition, aber manchmal auch in jüngeren Kirchen, wo ganze Gruppen von Getauften den lebendigen Sinn des Glaubens verloren haben oder sich gar nicht mehr als Mitglieder der Kirche erkennen, da sie sich in ihrem Leben von Christus und vom Evangelium entfernt haben. In diesem Fall braucht es eine ´neue Evangelisierung` oder eine ´Wieder-Evangelisierung`“ (RM 33). 237 „Im Bewußtsein dieser Verantwortung sehe ich es in den Begegnungen mit den Bischöfen als meine Pflicht an, sowohl in Bezug auf die Neuevangelisierung als auch auf die Weltmission, sie mit ihnen zu teilen“ (RM 63). „Die Sendung der Kirche ist umfassender als die Communio zwischen den Kirchen«; sie muß sich über die Hilfe für die Neuevangelisierung hinaus auch und vor allem von ihrem ausgesprochenen Missionscharakter bestimmen lassen“ (RM 64).

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Bischöfen, Priestern und Katecheten eine besondere Obhut an238. In den Punkten 83 und 86

gibt Johannes Paul II. zu, dass so eine Analyse wie auch andere konkrete Gedanken, z.B.

Forschungen und später Dokumente, das Verständnis der heutigen Mission erheblich

erleichtern können. So ruft er die Einzelnen und die Organisationen zur eifrigen

Selbstübergabe an dieses Ideal239. Mit diesem deutlichen Appell um eine ausgewogene

Mission, die auf verschiedenen Ebenen stattfindet, hat ein neuer Abschnitt in der Geschichte

der Neuevangelisierung angefangen. Doch um die Einzelheiten dieser Sendung zu verstehen,

ist die Erneuerung des eigenen Glaubens (vgl. IV.3.1.1.1.) Vorbedingung.

„Die Erneuerung und Neubelebung des Glaubens ist die unerläßliche Voraussetzung für alle großen Aufgaben, die sich heute mit besonderer Dringlichkeit der Kirche stellen: (...) von Reevangelisierung der Glaubenden ausgehend eine neue Evangelisie-rung durchführen, die sich mehr und mehr der Lehre und dem Licht Christi öffnet“ (J.P.II. 1990.12.14: 1244).

Für eine so verstandene Neuevangelisierung ist Papst Johannes Paul II. im Jahr 1991 auf der

intensiven Suche nach effektiven Mitarbeitern dieses Werkes. In all seinen Verlautbarungen

dieses Jahres verdoppelt er den Gebrauch des Leitwortes ´Neuevangelisierung` besonders in

den Kreisen der religiösen Gemeinschaften. Es wird dringlich nach qualifizierten und

wirksamen Pastoralarbeitern gesucht, die bereit sind, diejenigen, die sich auf dem Weg der

Neuevangelisierung schon befinden, adäquat zu begleiten (vgl. J.P.II. 1991.03.19: 289). Die

Angehörigen der alten katholischen Orden scheinen Papst J.P.II. besonders geeignet zu sein;

darum verlangt er von ihnen die Entgegennahmen von Neuevangelisierungsaufträgen240. Er

verheimlicht seine Überzeugungen nicht:

238 „Wenn sie sich in Demut in das Leben der Ortskirchen einfügen und von Bischöfen und Priestern herzlich in die Diözesan- und Pfarrstrukturen aufgenommen werden, bilden diese Bewegungen ein wahres Gottesgeschenk für die Neuevangelisierung und die Missionsarbeit im eigentlichen Sinn des Wortes“ (RM 72). „Nicht ohne Grund haben die Kirchen von altershehr die Zahl der Katecheten vermehrt und die Katechese intensiviert, wenn sie eine neue Evangelisierung begannen“ (RM 73). 239 „Der Missionsgedanke kann für die Neuevangelisierung der christlichen Völker selbst eine große Hilfe sein“ (RM 83). „Die christliche Hoffnung bestärkt uns darin, uns mit allen Kräften für die Neuevangelisierung und für die Weltmission einzusetzen (...). Wir müssen in uns den apostolischen Eifer nähren, das Licht und die Freude des Glaubens an andere weiterzugeben, und zu diesem Ideal müssen wir jeden von uns und das ganze Volk Gottes erziehen“ (RM 86). 240 Zu den Karmeliten sagte der Papst: „Euer Orden, der sich auch weiterhin voll für die Verkündigung der christlichen Botschaft einsetzt, findet in der Kirche genügend Lebensraum und ein weites Aktionsfeld für die Neuevangelisierung“ (J.P.II. 1991.04.22: 1035). Zu den Jesuiten: „Es fehlt nicht an demütigen und ergebenen Dienern der Kirche, die es verstehen, die Zeichen der Zeit wahrzunehmen und all ihre Energie für die Neuevangelisierung einzusetzen“. (...) „Weiht euch mit Eifer und Weisheit dem Apostolat in der Seelsorge, der spezifisch missionarischen Tätigkeit bei den Nichtchristen und der Neuevangelisierung“ (J.P.II. 1991.04.23: 1040-1042). Zu den italienischen Ordensoberen sagte er, dass das Apostolat kein bloßen Sozialdienst ist „im Hinblick auf zwei bedeutende und sehr aktuelle Perspektiven (…), nämlich auf die neue Evangelisierung und das Zeugnis der Liebe“ (J.P.II. 1991.05.25: 1165).

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„Es wird eine viel größere Zahl von ´Erntearbeitern` - Priestern, Ordensmännern und Ordensfrauen – gebraucht, die sich in einem vielversprechenden Augenblick eurer Geschichte der Aufgabe der Neuevangelisierung annehmen“ (J.P.II. 1991.08.16: 613). „Eben deshalb schließt schon ein radikales priesterliches oder gottgeweihtes Leben den ersten Keim jener ´neuen Evangelisierung` in sich“. (J.P.II. 1991.09.08: 703).

Damit die potentiellen Verkünder bzw. Neu-Evangelisatoren (vgl. PDV 2) genug theologi-

schen Stoff für alle brennenden, neuentstandenen Sozialfragen haben, hat Papst J.P.II. am 1.

Mai. 1991 eine neue Enzyklika veröffentlicht. Die Enzyklika ´Centesimus annus` gehörte

damals zu den bedeutendsten päpstlichen Äußerungen über Neuevangelisierung. Obwohl sie

nur ein einziges Mal das Wort Neuevangelisierung beinhaltet, fasst gerade der fünfte Punkt

zusammen, dass man, ganz gleich was und wie sich die Neuevangelisierungsidee extrapolie-

ren will, zuerst mit dem Evangelium selbst rechnen muss (vgl. III.3.1.). Denn auch

spitzfindige Methoden und Techniken und sogar affektierter Eifer kompensieren den Mangel

an Quelle und Inhalt des Evangeliums nicht.

„Die ´Neuevangelisierung`, die die moderne Welt dringend nötig hat und auf der ich wiederholt insistiert habe, muß zu ihren wesentlichen Bestandteilen die Verkündigung der Soziallehre der Kirche zählen. Diese Lehre ist so, wie zur Zeit Leos XIII., geeignet, den Weg zu weisen, um auf die großen Herausforderungen der Gegenwart nach der Krise der Ideologien Antwort zu geben. Man muß, wie damals, wiederholen, daß es keine echte Lösung der ´sozialen Frage` außerhalb des Evangeliums gibt und daß das ´Neue` in diesem Evangelium seinen Raum der Wahrheit und sittlichen Grundlegung findet“ (CA 5; vgl. SRS 3).

Um diese und die ganze Lehre der Kirche zu bewahren, richtet sich Johannes Paul II. an seine

apostolischen Helfer, an die europäischen Bischöfe. Er ermutigt sie direkt241 und vergisst

nicht, bei den offiziellen Veranstaltungen zur Neuevangelisierung aufzurufen. Auch die

Intellektuellen Europas werden davon nicht ausgeschlossen.

„Die Neuevangelisierung Europas ist eine langwierige und schwere Aufgabe, die von den Christen den Heroismus der Heiligkeit fordert“ (J.P.II. 1991.10.31: 1315). „Am Vorabend des dritten Jahrtausends führt ihre apostolische Sendung die Kirche zu einer neuen Evangelisierung, bei der die Kultur vorrangige Bedeutung gewinnt“. (...) „Dies ist zugleich das Ziel der Inkulturation als Priorität für die neue Evangelisierung. Die Einwurzelung des Evangeliums in den Schoß der Kulturen ist eine Forderung der Mission ...“ (J.P.II. 1992.01.10: 527, 530).

241 Der portugiesischen Bischofskonferenz sagte der Papst: Die Situation „fordert euch auf, euch mutig für die neue Evangelisierung des europäischen Kontinents einzusetzen, der von einer weit verbreiteten Bewegung des theoretischen und praktischen Atheismus versucht wird und scheinbar eine neue materialistische Kultur aufbauen möchte“ (J.P.II. 1991.05.13: 357). In einem Brief an die Mitbrüder im Bischofsamt des europäischen Kontinents hat J.P.II. ihnen mitgeteilt: „Diese Sendung besteht in der Evangelisierung unter Beachtung sowohl der alten Wurzeln wie auch des Aspektes der Neuevangelisierung und erweist sich als notwendig auf Grund der derzeitigen Bedingungen und modernen Herausforderungen...“ ( J.P.II. 1991.05.13a: 1141).

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In den o.g. Zitaten spürt man eine Rückkehr zur Idee der Inkulturation des Evangeliums. Eine

genaue Erkennung von Zeichen der Zeit (vgl. J.P.II. 1991.12.23: 1385) ist nur eine Vorbedin-

gung der langen und so schweren Aufgaben, dass sie eines authentischen Heroismus der

Heiligkeit bedürfen. Diese Tugenden sollen alle in der Neuevangelisierung engagierten

Personen bekräftigen (vgl. J.P.II. 1991.12.23:1389). Ja, das enorme Ausmaß neuer Aufgaben

geht sowohl die hochqualifizierten Arbeiter bzw. Priester als auch alle Christen an242.

Das nachsynodale Apostolische Schreiben ´Pastores dabo vobis` vom 25. März 1992

begründet biblisch und theologisch logischerweise die priesterliche Sendung so, dass

praktisch alle Unternehmungen der Neuevangelisierung ohne Priester kaum funktionieren

werden. Papst J.P.II. appelliert im Angesicht des Mangels an Priestern in Europa, was auch

eine peinliche negative Realität der Gegenwart ist, nicht an ein quantitatives Gleichgewicht,

sondern an eine qualitative Vorbereitung und an eifriges243 Engagement.

„Heute freilich fühlt sich die Kirche aufgerufen, das, was der Meister mit seinen Aposteln getan hat, mit neuem Eifer wiederzubeleben; veranlaßt sieht sie sich dazu von den tiefgreifenden und raschen gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen unserer Zeit, von der Vielfalt und Unterschiedlichkeit des jeweiligen Umfeldes, in dem sie das Evangelium verkündet und bezeugt, von der günstigen zahlenmäßigen Entwicklung der Priesterberufe in verschiedenen Diözesen der Welt, von der Dringlichkeit einer neuen Überprüfung der Inhalte und Methoden der Priesteraus-bildung, von der Sorge der Bischöfe und ihrer Gemeinden wegen des anhaltenden Priestermangels, von der absoluten Notwendigkeit, daß die ´Neu-Evangelisierung` ihre ersten Neu-Evangelisatoren in den Priestern haben müsse“ (PDV 2).

242 „Wie die jüngste Bischofssynode für Europa unterstrichen hat, ist heute eine Neuevangelisierung vonnöten, die mit Sorgfalt den fundamentalen Kern des Christentums neu zur Sprache bringt“ (J.P.II. 1992.01.01: 523). „Daher ist die ganze katholische Kirche bei euch und anderswo aufgerufen, sich für die neue Evangelisierung einzusetzen, ...“ (J.P.II. 1992.01.18: 1100). „Das dringende Werk der Neu-Evangelisierung, das im gegen-wärtigen Augenblick der Geschichte geboten ist, fordert von allen Glaubenden, daß sie eins sind im Bekenntnis des Glaubens an den einen dreieinigen Gott und an den fleischgewordenen Sohn Gottes, den Erlöser der Menschheit“ (J.P.II. 1992.01.19: 13). „Der Beitrag der Kirche für Europa erfolgt durch die Neuevangelisierung, in der alle sich engagieren müssen. Sie ist ein Aufruf an alle Christen...“ (J.P.II. 1992.07.11: 1204). 243 „Insbesondere die vorrangige pastorale Aufgabe der Neu-Evangelisierung, die das ganze Volk Gottes betrifft und einen neuen Eifer, neue Methoden und eine neue Ausdruckskraft für die Verkündigung und das Zeugnis des Evangeliums fordert, verlangt heute Priester, die radikal und vollständig in das Geheimnis Christi eingetaucht und fähig sind, einen neuen, (...) pastoralen Lebensstil zu verwirklichen...“ (PDV 18). „Die wissenschaftlich-intellektuelle Ausbildung der Priesteramtskandidaten findet ihre charakteristische Rechtfertigung in der Natur des geweihten Dienstes selbst und beweist ihre aktuelle Dringlichkeit angesichts der Herausforderung der ´Neu-Evangelisierung`, zu welcher der Herr die Kirche an der Schwelle des dritten Jahrtausends aufruft“ (PDV 51). „ Alle Priester sind gerufen, das einzig Dringende ihrer Formung in der jetzigen Stunde zu erkennen: die Neu-Evangelisierung braucht neue Verkünder, und das sind die Priester, die sich verpflichten, ihr Priestertum als besonderen Weg zur Heiligkeit zu leben“ (PDV 82). Die explizite Anwendung, in PDV 2;18, der drei Charakteristiken (Eifer, Methoden, Ausdrucksformen) beweist, dass sie nicht nur auf das Lateinamerikanische Verständnis der Neuevangelisierung angewendet werden dürfen. Vgl. die Ansprache an die italienische Bischofskonferenz, wo der Papst sagte: „neu zu verkünden, (...) neue Motivationen, (...) zu neuem missionarischen Eifer, (...). Es ist anzuerkennen, daß dieser Aufruf zu einer neuen Evangelisierung für die italienischen kirchlichen Gemeinschaften ganz besondere Züge annimmt“ (J.P.II. 1992.05.14: 803).

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Ein anderes Echo der Sondersynode von 1991 hat in den päpstlichen Äußerungen das Thema

´Europa als eine Einheit` gefunden. Sicherlich beeinflussten die politischen Veränderungen

nach 1989 die vermehrten Appelle um ein vereintes Europa der Völker:

„Nunmehr kann die Kirche in Osteuropa in veränderten Verhältnissen der Freiheit am Austausch jener geistlichen Güter mitwirken, die für eine Neuevangelisierung Europas Antrieb und Glaubenszeugnis sein werden. Die Synode der Bischöfe Europas ist Anlaß gewesen, über die Neuevangelisierung Europas nachzudenken, im Gebet Mut zu fassen und miteinander Wege zu suchen, die sowohl Westeuropa als auch Osteuropa die Erneuerung in der Wahrheit Christi vermitteln können, so daß dieser Erdteil wieder zu neuer missionarischer Kraft findet“ (J.P.II. 1992.04.25: 1184). „Ohne eine Neuevangelisierung Europas wird ein friedliches Zusammenleben der Völker dauerhaft kaum gelingen“ (J.P.II. 1992.07.19: 861).

Im Oktober 1992, also 500 Jahre nach der Entdeckung von Lateinamerika fand die 4.

Generalversammlung der lateinamerikanischen Bischofskonferenzen in Santo Domingo statt.

Die Ansprachen des Papstes waren bei dieser Gelegenheit für Lateinamerikaner besonders

ermutigend244. Doch die überwiegend praktische Einstellung der CELAM konnte gewisse

Einflüsse auf den europäischen Zugang der Thematik ausüben. So mahnte der Papst bei den

europäischen Pastoralen Kommissionen die Aufmerksamkeit an „... wie notwendig es ist, in

diesem für die Neuevangelisierung so vorrangigen und wesentlichen Bereich einheitliche und

koordinierte Pastoralpläne festzulegen“ (J.P.II. 1992.11.26: 994). Einige Erwartungen des

Papstes haben sich im neuen Katechismus und Kanonischen Recht der Katholischen Kirche

verwirklicht, in denen er ein Fundament der Neuevangelisierung sah.

„Dieser neue Text ist ein hervorragendes Mittel und eine dringende Aufforderung zu einer angemessenen evangelischen Bildung der Gläubigen, damit sie mit fester Überzeugung und apostolischem Weitblick den Weg der Neuevangelisierung einschlagen“ (J.P.II. 1992.12.06: 192). „In dieser Hinsicht ist deshalb die Veröffentli-chung des neuen Katechismus nicht nur ein Akt der Lehrregelung, sondern ein leidenschaftlicher Aufruf an alle Glaubenden zum verstärkten Einsatz für die Neuevangelisierung“ (J.P.II. 1992.12.13: 198). „Im Rahmen der wiederholten Bemü-hungen der Kirche um eine Neuevangelisierung im Hinblick auf das dritte christliche Jahrtausend wird das kanonische Recht als spezifische und unerläßliche Ordnung der kirchlichen Gemeinschaft zweifellos einen wirksamen Beitrag zum Leben und zur Sendung der Kirche in der Welt leisten...“ (J.P.II.1993.04.24: 876; vgl. J.P.II. 1993.04.29: 880-884).

Die Lehre Johannes Pauls II. über die Neuevangelisierung Europas hat im Jahr 1993 mit

einem Rückblick auf die Sozialfragen der Kirche begonnen. Eigentlich findet man schon in

244 Die Eröffnungsansprache zur 4. Generalversammlung der lateinamerikanischen Bischöfe in Santo Domingo fing mit diesem Appell an: „Der Ruf zur Neu-Evangelisierung ist vor allem ein Ruf zur Bekehrung“ (J.P.II. 1992.10.12: 479). Und am Ende der Versammlung hat J.P.II. im Hinblick auf die CELAM noch einmal bestätigt: „... ihr besonderes Augenmerk hatte dem Thema ´Neuevangelisierung` gegolten in der Absicht, die einheitliche und entscheidende Seelsorgetätigkeit zu fördern...“ (J.P.II. 199211.08: 168).

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der Enzyklika ´Laborem exercens` einen wichtigen Beitrag zur Neuevangelisierungsidee, die

sehr viel mit neuen sozial-ethischen Herausforderungen vor allem in den Oststaaten245

Europas zu tun hat. Die sozialen und andere Bereiche, in denen die Neuevangelisierung in

Europa etwas ´Selbstverständliches` sein sollte, hat J.P.II. vor der CCEE hervorgehoben.

„Das grundlegende Ziel bleibt die Neuevangelisierung Europas: (…) Europa hat ja die ihm eigene geschichtliche, zivile, soziale, religiöse und kulturelle Beschaffenheit, die eine spezifische Anpassung des pastoralen Wirkens erfordert. Die Neuevangelisierung muß daher ´typisch` sein, das heißt, den Europäern angepaßt“ (J.P.II. 1993.04.14: 839, 841; vgl. J.P.II. 1993.04.16: 841).

In weiteren, zahlreichen Äußerungen des Heiligen Vaters ist zu bemerken, dass die

immer besser begründete Soziallehre sich an der äußeren bzw. aktiven Verwirklichung der

Neuevangelisierung ausrichtet. Die Ideen der Neuevangelisierung werden mit dem spirituellen

Inhalt von Bekehrung, Eucharistie (siehe: J.P.II. 1993.06.02: 944) und Moral (siehe: J.P.II.

1993.11.19: 1328) gefüllt. Besonders hat dem Papst das letzte gefallen. Das „Predigen

christlicher Moral – so eng mit der Neuevangelisierung verbunden – darf das Kreuz Christi

nicht um seine Kraft bringen“ (J.P.II. 1993.09.21: 1439). So hat er sich in seiner Moralenzykli-

ka ´Veritatis splendor` wieder in einem breiten missionarischen Kontext auf die unmittelbare

´Neuigkeit` der Neuevangelisierung sogar viermal berufen (siehe: VS 106, 107, 108). Im

Rahmen der päpstlichen Äußerungen über Neuevangelisierung ist noch zu bemerken, dass die

beliebten Objekte bzw. aufmerksamen Zuhörer J.P.II. die Jugendlichen waren. Schon in der

Vorbereitungsphase auf das VIII. und IX. Weltjugendtreffen hat der Papst ermutigende

Worte246 für junge Leute gefunden. Seine väterliche Sorge lässt ihn selbst, seit Anfang der

90er Jahre, die Hoffnung haben, dass die Neuevangelisierungsideen ihre seriösen und

engagierten Nachfolger haben werden.

245 In der Ansprache beim Ad-limina-Besuch der zweiten Gruppe polnischer Bischöfe am 15. Januar 1993 begründete Papst J.P.II. seine Soziallehre. „´Die Neuevangelisierung` muß daher ´zu ihren wesentlichen Bestandteilen die Verkündigung der Soziallehre der Kirche zählen`. (...) Daher unterstreicht einer der grundlegenden Inhalte der Neuevangelisierung nicht nur die Wahrheit über Gott, sondern auch die volle Wahrheit über den Menschen, d.h. eine korrekte Sicht des Menschen auf der Grundlage des Evangeliums. (...) Einer der wichtigsten Inhalte der Neuevangelisierung besteht in der Verkündigung des ´Evangeliums der Arbeit`, das ich in meiner Enzyklika ´Laborem exercens` vorgestellt habe und das unter den heutigen Umständen besonders notwendig geworden ist. (...) Ich wünsche euch, ich wünsche der ganzen pilgernden Kirche in Polen auf die Fürbitte Marias, die wir als Stern der Neuevangelisierung verehren, eine reiche evangelische Ernte“ (J.P.II. 1993.01.15: 1388, 1389, 1391, 1395). 246 „Der Geist der Wahrheit wird aus aller Verschiedenheit der hier versammelten Jugendlichen – Verschieden-heit der Herkunft, Rasse und Sprache – eine tiefe und dauernde Einheit schaffen im Einsatz für die neue Evangelisierung...“ (J.P.II. 1993.08.12: 538). „Liebe Jugendliche, fühlt Euch, hochherzig, unmittelbar in das Unternehmen der neuen Evangelisierung einbezogen, die uns alle verpflichtet“ (J.P.II. 1993.08.15: 1120). „Von ihm gerufen fragen sich die Jugendlichen in jedem Winkel der Erde nach dem eigenen Einsatz für die neue Evangelisierung aufgrund der Sendung, die den Aposteln anvertraut wurde (…). Vor allem ihr Jugendliche seid aufgerufen, Missionare dieser neuen Evangelisierung zu werden, indem ihr täglich das Wort, das Heil schenkt, bezeugt“ (J.P.II. 1993.11.21: 1218f).

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2.1.3. Äußerungen zwischen 1994-1999 – Vorbereitung auf das Millennium

Alle persönlichen Wünsche und pastoralen Absichten des Papst Johannes Paulus II.,

kann man, wenn es um Neuevangelisierung Europas geht, schon in seinen Neujahrgrüßen an

alle Christen der Welt am Festtag der Erscheinung des Herrn 1994, entdecken. Der Realismus

des Papstes lässt ihn träumen von einer ´Beschleunigung` der Neuevangelisierung, wobei die

Schwelle zum dritten Jahrtausend ihm als eine außergewöhnliche Gelegenheit247 erscheint,

das post-moderne Leben der Christen gründlich zu erneuern. Dabei wird die Vermittlung

Marias und der Heiligen mehr denn je wirksame.

„... ich bitte die Mutter Gottes, die Schritte zur vollen Gemeinschaft unter allen Jüngern Christi zu beschleunigen, damit man gemeinsam mit neuem Schwung im Glauben und in den Werken die Herausforderung der Neuevangelisierung im heraufziehenden dritten Jahrtausend bewältigen kann“ (J.P.II. 1994.01.06: 9f).

In einer der ersten Ansprachen des Jahres 1994 freut sich der Papst über einige Förderer, die

die höchstaktuellen Verknüpfungen zwischen ´starken Zeiten` des Geistes und moderner

Neuevangelisierung vertiefen wollen (vgl. J.P.II. 1994.02.12: 458). Er freut sich auch, wenn

die Jugendlichen Christus besser kennen zu lernen und später weiter zu verkündigen248 bereit

sind. Als Oberster Hirt der Katholischen Kirche fühlt sich Johannes Paul II. verpflichtet,

„einen gewichtigen Beitrag zur Vorbereitung jenes neuen Frühlings christlichen Lebens“ (vgl.

J.P.II. 1994.11.10: 758) zu leisten. Im weiteren Sinn sieht er schon das II.V.K. als Öffnung

solcher Vorbereitung und die Reihe von Synoden (vgl. III.2.2.1.) als ihren Höhepunkt. Der

Heilige Vater denkt an die feierliche und unmittelbare Durchführung des Großen Jubeljahres,

dessen Ziel die ´Verherrlichung der Dreifaltigkeit` sein sollte. Um über dieses Geheimnis in

Ruhe nachdenken zu können, werden die drei Jahre unmittelbar vor dem Jubiläumsjahr 2000

dem Christus, dem Hl. Geist sowie dem Himmlischen Vater gewidmet. „In diesem Sinne

aktualisiert die Feier des Jubiläums das Ziel und die Erfüllung des Lebens des Christen und

der Kirche im dreieinigen Gott und nimmt sie zugleich vorweg“ (J.P.II. 1994.11.10: 778).

247 Es ist wahr, wie tiefgründige Autoren bemerken, dass der Papst eine merkwürdige Neigung zeigt, besonders dort und dann zu pilgern und zu reden, „wo es etwas zu erinnern und zu feiern gibt: Hundertjahr-, Fünfhundertjahr-, Tausendjahrfeiern“ (Collet 1996: 817). Doch die zuletzt erwähnte Gelegenheit wird außerordentlich hervorgehoben und an sie knüpfte er unzählige Hoffnungen. Sie werden fast immer mit den versprochenen Gnaden des biblischen Jubiläumsverständnisses verbunden (vgl. Lk 4,19). 248 „Liebe Jugendliche, die ihr hier anwesend seid, ihr könnt bezeugen, daß die neuen Generationen vor allem das suchen: eine Botschaft, die das Wesentliche des Lebens enthält und für die konsequent Zeugnis abgelegt werden soll. So war die Botschaft Christi an seine Jünger, so soll auch die Neuevangelisierung sein“ (J.P.II. 1994.02.12: 459). „Die Laien und unter ihnen die Jugendlichen sollen Wegbereiter der Neuevangelisierung sein“ (J.P.II. 1994.03.16: 511). „An der Schwelle zum 3. Jahrtausend muß die junge Familie zum Herzstück der neuen Evangelisierung werden“ (J.P.II. 1994.03.29: 545).

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Eine gute Synthese solcher päpstlichen Erwartungen im Hinblick auf die Neuevangelisierung

Europas findet man in seinen Worten an Pater Peter-Hans Kolvenbach SJ, Generaloberer der

Jesuiten. Sie drücken nicht nur Sorgen wegen der gegenwärtigen Situation aus, sondern auch

ein volles Vertrauen auf die Gnade Christi und die menschlichen Mitarbeiter.

„An der Schwelle des dritten Jahrtausends, in einer in vielen Bereichen praktisch wieder heidnisch gewordenen Welt, erscheint es heute dringender denn je, daß die Anhänger der Vereinigung die Unterstützung der Neuevangelisierung als ein besonderes Anliegen verspüren. (...) Auch wird die Neuevangelisierung in dem Maße wirksam sein, als sie dazu beiträgt, die kirchliche Gemeinschaft in der Gnade, die aus dem Herzen Christi fließt, zu festigen“ (J.P.II. 1994.12.03: 837, 838).

Die quantitativ deutlich verminderten Aussagen J.P.II. im Jahr 1995 über Neuevangelisierung

beinhalten vor allem eine Reihe von Warnungen vor verschiedenen Gefahren für den

Gläubigen in der heutigen Welt. Dabei findet die Proselytenmacherei der Sekten im

allgemeinen Materialismus ihr antagonistisches Gegengewicht.

„Es ist wichtig, daß der christliche Glaube kraftvoll und fest von neuem angeboten wird. Es braucht eine Neuevangelisierung, die sich jedem Mitglied als einem geliebten Teil des wandernden Gottesvolkes zuwendet, um ihm zu helfen, die zweifache Versuchung zu überwinden, sich in sich selbst zu verschließen und Zuflucht bei den Sekten zu suchen oder aber das eigene religiöse Erbe in einem Materialismus zu verlieren, der jeden Bezug auf das Göttliche erstickt“ (J.P.II. 1995.06.08: 10).

Die anderen Gefahren wie etwa Ethnozentrismus oder Partikularismus (vgl. J.P.II. 1995.09.

14: 2) werden zwar in anderen kulturellen Kontexten erwähnt, betreffen aber fast immer junge

Menschen. Damit die Menschheit alle Wahrheiten des Lebens jetzt und in der Zukunft

genießen darf, hat sich der Papst im Jahr 1996 wieder für die Betonung des Ordenslebens

entschieden. Sein Apostolisches Schreiben ´Vita consecrata` beinhaltet relativ viele

Verknüpfungen zu der Neuevangelisierungsidee249. Sie wird im Rahmen einer globalen

249 „Um der heutigen Menschheit ihr wahres Gesicht zu zeigen, braucht die Kirche dringend solche brüderlichen Gemeinschaften, die schon allein durch ihr Bestehen einen Beitrag zur Neuevangelisierung leisten, da sie konkret die Früchte des »neuen Gebotes« erbringen“ (VC 45). „Auch die Zukunft der Neuevangelisierung, wie übrigens aller anderen Formen missionarischer Tätigkeit, ist ohne einen erneuerten Beitrag der Frauen, insbesondere der Frauen des geweihten Lebens undenkbar“ (VC 57). „Die stets wichtige pastorale und katechetische Ausbildung gewinnt im Hinblick auf die Neuevangelisierung besondere Bedeutung, die auch von den Frauen neue Formen der Mitwirkung verlangt“ (VC 58). „Die Leitung wird je nach ihren Kompetenzen Klerikern und Laien übertragen, und das apostolische Ziel öffnet sich den Erfordernissen der Neuevangeli-sierung“ (VC 62). „...müssen wir inständig zum Herrn der Ernte beten, damit er Arbeiter in seine Kirche sende, um sie für die dringenden Erfordernisse der Neuevangelisierung bereit zu machen (vgl. Mt 9,37-38)“ (VC 64). „Um den großen Herausforderungen, die die gegenwärtige Geschichte an die Neuevangelisierung stellt, in angemessener Weise zu begegnen, bedarf es vor allem eines geweihten Lebens, das sich ständig vom geoffenbarten Wort und von den Zeichen der Zeit befragen lässt. (…) Wie die herkömmliche Evangelisierung, so wird auch die Neuevangelisierung dann wirksam sein, wenn sie von den Dächern zu verkünden vermag, was sie vorher in der innigen Vertraulichkeit mit dem Herrn gelebt hat. Gebraucht werden dafür zuverlässige, vom Eifer der Heiligen beseelte Persönlichkeiten. Die Neuevangelisierung erfordert von den Männern und Frauen des geweihten Lebens, daß sie sich der theologischen Bedeutung der Herausforderungen unserer Zeit voll bewußt sind“ (VC 81).

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missionarischen Tätigkeit gezeigt. Doch ihre apostolischen Ziele sowie ihre heutigen

Herausforderungen sollen immer wieder neu geprüft werden.

Obwohl 1997 als das erste unmittelbare Vorbereitungsjahr für die Jubiläumsfeier und Jesus

Christus gewidmet war, hat Papst J.P.II. im Kontext der Neuevangelisierung zweimal die

erneuernde Kraft des Hl. Geistes hervorgehoben. Das erste Mal in Polen, das sich nach allen

Transformationen der 90er Jahre in einer völlig neuen sozio-politischen Lage befand (vgl.

Fußnote 221). So hat der Papst, in einer sehr feierlichen Stimmung, direkt an der christlichen

Wiege Polens in Gniezno, festgestellt:

„Von diesem Ort strömte dann die gewaltige Kraft des Heiligen Geistes aus. Hier begann die Idee von der Neuevangelisierung konkrete Formen anzunehmen. Seitdem sind große Umwälzungen geschehen, neue Möglichkeiten haben sich eröffnet, und andere Männer und Frauen sind aufgetreten“ (J.P.II. 1997.06.03: 9).

Auch aus dem Vatikan lud der Papst in der Botschaft zum 84. Welttag der Migranten und

Flüchtlinge zu einer Intensivierung des christlichen Lebens und zur Ausnützung der Gnade

des Hl. Geistes zugunsten der Ausländer ein, die mitten unter uns leben.

„Das Jahr des Heiligen Geistes fordert somit die Gläubigen auf, die theologische Tugend der Hoffnung auf intensivere Art und Weise zu leben, denn sie bietet ihnen solide und tiefe Beweggründe für ihren Einsatz in der Neuevangelisierung und zugunsten jener, die - aus anderen Ländern und Kulturen stammend - unsere Hilfe erwarten, um ihre menschlichen Fähigkeiten voll zu entfalten“ (J.P.II. 1997.11.09: 8).

Das Jahr 1998 bleibt in den Ansprachen Johannes Pauls II. in enger Verbindung mit der

Jubiläumsfeier. Dieses Fest lässt den Papst nicht nur in die Zukunft schauen, sondern auch in

die Vergangenheit, um die ersten Christen und die Anfänge der Kirche besser zu verstehen.

Und das nicht nur aus historischer Neugier, sondern um die wertvolle Vergangenheit in die

Gegenwart der Neuevangelisierung umzusetzen. Dem sollen in gleichem Maße sowohl die

archäologischen Fortschritte als auch die liturgischen Feierlichkeiten der Antike dienen:

„Diese Rückkehr zu den Anfängen, die uns die von den ältesten Christen gegründeten Friedhöfe ermöglichen, passt ausgezeichnet in den Plan der ´Neuevangelisierung`, der die gesamte Kirche mit großem Eifer dem dritten Jahrtausend entgegengehen sieht“ (J.P.II. 1998.01.16: 392). „Diese berühmten Apostel Europas zu feiern bedeutet daher, den Einsatz für die Neuevangelisierung des Kontinents zu erneuern, damit dessen christliche Wurzeln am historischen Übergang vom zweiten zum dritten Jahrtausend neue Nahrung erhalten zum Wohl aller europäischen Völker, ihrer Kultur und ihres friedlichen Zusammenlebens“ (J.P.II. 1998.02.15: 23).

Neben den möglichen Quellen, die imstande sind ganze Völker und Kulturen zu erneuern,

weist der Papst auf die einzige Vorbedingung solcher generellen Veränderungen hin. Das sind

in erster Linie die eigene Bekehrung und das Mitmachen des Einzelnen. Die Reinigung des

eigenen Glaubens und das Zeugnis des christlichen Lebens gegenüber den anderen sind, nach

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ihm, die besten Mittel zu globalen Erneuerungen und zur Neuevangelisierung250. Eine der

schönsten Ansprachen in diesem Jahr des Hl. Geistes über die bewegende Wirkung in der

Evangelisierung Europas hielt er in einer der Generalaudienzen des Jahres 1998.

„Nicht die ´alte Wirklichkeit des Buchstabens` gilt es zu verbreiten, sondern die ´neue Wirklichkeit des Geistes`. Diese Forderung ist heute für die ´Neu-Evangelisierung` von besonderer, vitaler Notwendigkeit. Diese wird dann wirklich ´neu` sein im Engagement, in den Methoden, in den Ausdrucksformen ...“ (J.P.II. 1998.07.01: 94).

Auch zahlreiche andere Aussagen des Papstes bemerken die spezifische Rolle des Hl. Geistes

aber immer im Hinblick auf das bevorstehende neue Millennium und die Notwendigkeit eines

authentischen Engagements für die Neuevangelisierung. Hierin sieht sich Papst J.P.II. selbst

herausgefordert, so einen persönlichen Beitrag zur Erneuerung Europas leisten zu können. So

schrieb er in der Enzyklika ´Fides et Ratio`:

„Während ich nicht müde werde, auf die Dringlichkeit einer Neuevangelisierung hinzuweisen, rufe ich die Philosophen auf, die Dimensionen des Wahren, Guten und Schönen, zu denen das Wort Gottes hinführt, zu vertiefen. Das wird umso dringender, wenn man die Herausforderungen berücksichtigt, die das neue Jahrtausend mitzubrin-gen scheint: sie betreffen in besonderer Weise die Regionen und Kulturen alter christlicher Tradition. Darauf zu achten, darf als ein grundlegender und origineller Beitrag auf dem Weg der Neuevangelisierung angesehen werden.“ (FR 103).

Die weiteren Beiträge im Dienst der Neuevangelisierung sollen den Erfordernissen der

verschiedenen Örtlichkeiten angepasst werden. In diesem Sinn ermutigte J.P.II. in seinem 20.

Dienstjahr vor allem die süd-östlichen Länder Europas, damit sie auf der Schwelle des neuen

Jahrtausends eine neue friedliche Existenz erreichen. Gleichzeitig sind sie herausgefordert,

nach vielen Jahrzehnten der religiösen Unterdrückung, eine neue Verkündigungsstrategie zu

entwickeln. Die Freiheit des Wortes, das an die Nachbarn im ökumenischen Geist gerichtet

sein sollte, wird hier sehr gewünscht251.

250 „Er soll jeden einzelnen dazu anregen, sich um eine ehrliche Erneuerung im Glauben und die entschlossene Bündelung der eigenen Kräfte mit denen der anderen Gläubigen zu bemühen, damit es der neuen Evangelisie-rung dient. (...) Nur eine neue Evangelisierung wird die Vertiefung eines reinen und festen Glaubens gewähr-leisten, der die überkommenen Traditionen in eine befreiende Kraft verwandeln kann“ (J.P.II. 1998.06.19: 286ff). „Die Überzeugungskraft der Botschaft ist auch an die Glaubwürdigkeit ihrer Botschafter gebunden. Deshalb fängt die Neuevangelisierung bei uns selber an, bei unserem Lebensstil“ (J.P.II. 1998.06.21: 8). 251 Den tschechischen Gläubigen wurde gesagt: „Heute steht die Kirche vor der Herausforderung der Säkula-risierung, die sie sowohl im Hinblick auf die spirituelle Vertiefung als auch auf die missionarische Aufgabe zu neuer Tatkraft auffordert. Die Dringlichkeit der Neuevangelisierung ist ein die gesamte christliche Gemeinschaft betreffendes Problem“ (J.P.II. 1998.09.14a: 1007). Den Kroaten in Split hat der Papst J.P.II. breit erklärt: „Heute jedoch lebt ihr in einem ganz neuen demokratischen Klima und solltet daher auch einen starken Impuls zur Neuevangelisierung geben, damit der Mensch, die Familie und die Gesellschaft nicht irregeführt werden und dem Konsumismus und Hedonismus erliegen. (...) Ein weiterer Impuls zur Neuevangelisierung entsteht heutzutage auch durch den ökumenischen Dialog mit den anderen Kirchen und christlichen Gemeinschaften“ (J.P.II. 1998.10.04: 343). „Auf der Schwelle des neuen Jahrtausends sprechen wir berechtigterweise von der Dringlichkeit der Neuevangelisierung: neu in der Methode, aber identisch im Hinblick auf die Wahrheiten, die wir verkünden. Die Neuevangelisierung ist heute eine enorme Aufgabe: inhaltlich und bestimmungsmäßig von

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Die Kulmination aller päpstlichen Anstrengungen um die Jubiläumsfeier des Jahres 2000 ist

die Verkündigungsbulle des Großen Jubiläums vom 29. November 1998 ´Incarnationis

mysterium`. Obwohl in ihr nur einmal der Begriff ´Neuevangelisierung` verwendet wird, ist

sie nebst Lobpreisung des Herrn auch ein Anruf an alle Menschen zur Umkehr, Verantwort-

lichkeit, Brüderlichkeit und Heiligkeit im neuen Millennium (vgl. J.P.II.1998.11.24: 852-

858). Das sind die wertvollen Elemente der Neuevangelisierung, die durch die feierliche bzw.

symbolische Öffnung der Heiligen Pforte der Petersbasilika in Rom dringlich angemahnt

werden. So wird der Dezember 1999 und „die Weihnachtszeit das pulsierende Herz des

Heiligen Jahres sein, das in das Leben der Kirche die Fülle der Gaben des Geistes für eine

Neuevangelisierung einbringen wird“ (ebd. 850). Mit diesem Dokument wollte Johannes Paul

II. nicht nur für die spirituelle Vorbereitung die Gläubigen gewinnen, er wollte vor allem

jedem Menschen das Geheimnis Jesu und seine neue Frohbotschaft näher bringen. Für ihn ist

ausschließlich Jesus ´die wahre Neuheit, die jede Erwartung der Menschheit übersteigt` und

nur er selbst kann ´das eigentliche Kriterium für die Beurteilung der zeitlichen Wirklichkeit`

werden (ebd. 845; vgl. III.3.1.).

Die päpstlichen Aussagen über Neuevangelisierung im Jahre 1999 basieren zum großen Teil

auf den Ideen von ´Incarnationis mysterium` und versuchen die ganze Aufmerksamkeit zuerst

auf die Person Jesu Christi zu lenken252. Doch die reale Einstufung in die pastoralen Aufgaben

unmittelbar vor dem Jubiläumsjahr verschwindet vom päpstlichen Horizont nicht.

Mit neuen Kräften werden wieder die Interessen auf die Wiederbelebung und den Schutz der

christlichen Kultur und des Glaubens Europas gelegt. Das soll zu den konstitutiven Aufgaben

der Neuevangelisierung gehören (vgl. IV.3.1.1.). In diesem Bereich wird nämlich der Kampf

zwischen der Kultur des Todes und der Kultur der Liebe immer aktuell. Es geht dabei um die

universalem Charakter, muss sie sich in der Form differenzieren und den Erfordernissen der verschiedenen Örtlichkeiten angepasst sein. Wie sehr spüren wir doch die Notwendigkeit des göttlichen Eingreifens, das uns in unserer Nichtigkeit stützt. Lasst uns beten, damit die Kirche eures katholischen Landes mit Gottes Hilfe die Anforderungen und Aufgaben der Neuevangelisierung erkennen und ihren Einsatz im Hinblick auf das ´Tertio millennio adveniente` orientieren möge“ (J.P.II. 1998.10.04a: 350). Die polnischen Pilger waren, wie bei der päpstlichen Amtsübernahme genau vor 20 Jahren, eingeladen: „Die Zeit der Neuevangelisierung ist gekommen. Deshalb, meine Lieben, wende ich mich an euch mit diesem Ruf: ´Öffnet die Tore für Christus!` Seid seine Zeugen bis an die Grenzen der Erde (vgl. Apg 1,8)“ (J.P.II. 1998.10.16: 755). 252 „Vorbild für jeden Priester ist Jesus, der Gute Hirt, der gekommen ist, damit die Welt das Leben habe und es in Fülle habe (vgl. Joh 10,10). Vor den Augen des Guten Hirten öffnen sich die weiten Horizonte der Neuevangelisierung“ (J.P.II. 1999.04.25: 1). „Das allerheiligste Herz Jesu verdeutlicht diese unendliche und erbarmende Liebe, die der himmlische Vater durch seinen Sohn, Jesus Christus, in der Welt ausgegossen hat. Zweck der Neuevangelisierung ist es, die Menschen zu dieser Liebe hinzuführen“ (J.P.II. 1999.06.11a: 9). „Daher muß die Neuevangelisierung zum vorrangigen Ziel und Gebot erhoben werden. Christus muß der lettischen Gesellschaft, und hierbei insbesondere den jungen Generationen, nahegebracht werden, damit ihn alle als den Erlöser erkennen können...“ (J.P.II. 1999.09.17: 15).

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schon signalisierte geistliche aber konkrete Antwort (siehe: III.2.1.1.) auf die soziokulturellen

Veränderungen Europas (siehe: III.1.3.).

Am Synode wurde berücksichtigt „die universale Berufung zur Heiligkeit, das Werk der Neuevangelisierung, Liturgie und Riten, Stellung und Aufgaben der katholischen Laien im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben, die Präsenz der Inspiration durch das Evangelium in der Kultur“ (J.P.II. 1999.06.11: 7). „Die Neu-evangelisierung, zu der die Kirche aufgerufen ist, muß mit verstärktem Interesse die engen Beziehungen zwischen den menschlichen Kulturen und dem christlichem Glauben in Erwägung ziehen“ (J.P.II. 1999.08.28: 9). „Das Evangelium nimmt die jeweilige Kultur an, reinigt sie und bringt sie zur Blüte. Die Neuevangelisierung geschieht in Freiheit und gegenseitigem Respekt“ (J.P.II. 1999.12.15: 2).

Im Kontext einer Danksagung für die Ernte macht Papst J.P.II. in diesem Jahrhundert

zahlreiche Aussagen vom Gesichtspunkt der Neuevangelisierung. Seine Danksagung „ (...)

bildet eine weitere Etappe auf dem Weg der Neu-Evangelisierung, dem Großen Jubiläum des

Jahres 2000 entgegen“ (J.P.II. 1999.11.14: 1). Auch in seiner Diözese Rom bedankt sich der

Heilige Vater in den letzten Minuten des XX. Jahrhunderts für die geistigen Güter der

vergangenen Jahre und für das Große Jubiläum. Die feierliche Invokation des Hl. Geistes für

dieses Jubiläum preist253 er als eine besondere Gnade und erwartet, dass:

„... diese einzigartige pastorale Erfahrung im neuen Jahrhundert Form und Gestalt für das Leben und für die Seelsorge der Kirche werde, in Rom und in vielen anderen Städten und Orten der Welt, zum Dienst an der Neuevangelisierung“ (J.P.II. 1999.12.31: 6).

Mit solch recht erhabenen Gefühlen beendet Papst Johannes Paul II. eine Epoche, in der sich

die Idee der Neuevangelisierung Europas fast vollkommen kristallisiert hat. Natürlicherweise

wird sie sowohl theologisch als auch praktisch noch viele Ergänzungen und Transformationen

erleben müssen, denn ihre Anwendung geschieht unter den schnell sich verändernden

Bedingungen des alten Kontinents.

253 Papst Johannes Paul II. beendet das XX. Jahrhundert mit folgendem Gebet: „Zweitausend Jahre sind vergangen, seit ´das Wort […] Fleisch geworden [ist] und […] unter uns gewohnt [hat], und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit` (Joh 1,14). Dafür steigt einhellig der Gesang unseres dankbaren Lobes empor: Dich, Gott, loben wir. Dich, Gott des Lebens und der Hoffnung, loben wir. Dich, Christus, König der Herrlichkeit, ewiger Sohn des Vaters, loben wir. Du, geboren von der Jungfrau und Mutter, bist unser Erlöser, du bist unser Bruder geworden zum Heil der Menschen, und du wirst kommen in Herrlichkeit, die Welt zu richten am Ende der Zeiten. Du, Christus, bist bis zum Ende der Menschheitsgeschichte das Ziel der Erwartungen aller Menschen. Dein sind die Jahre und die Jahrhunderte. Dein ist die Zeit, Christus, der du derselbe bist, gestern, heute und für immer. Amen!“ (J.P.II. 1999.12.31: 6).

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2.1.4. Äußerungen zwischen 2000-2003 – im Dienst an der Vereinigung

Europas

Für das neue Jahrtausend hat Papst Johannes Paul II. nach allen Feierlichkeiten wieder

beste Mitarbeiter der Neuevangelisierung gesucht. Schon traditionell wendete er sich zuerst

an die Jugend254 als energischen Träger von christlichen Werten. Er suchte die Unterstützung

auch in den Kreisen der besonders Gottgeweihten (vgl. IV.3.2.) Auch die Weihe der Laien zu

Diakonen erscheint J.P.II. als eine außergewöhnliche Gelegenheit, die Neuevangelisierung

von vorwiegend ´römischen` Initiativen zu ´befreien` und ihre Entwicklung in den Händen

der engagierten Christen zu lassen. Ihre vielfältigen Aktivitäten in den Familien, auf den

Arbeitsstellen und in den Gemeinden vor allem als liturgische Führer erlauben das Beste zu

hoffen. Er verlangt von ihnen:

„Liebe Diakone, seid aktive Apostel der Neuevangelisierung. Führt alle Menschen zu Christus! Sein Reich nehme zu – auch dank eures Einsatzes – in eurer Familie, eurem Arbeitsbereich, in der Gemeinde und Diözese, ja auf der ganzen Welt!“ (J.P.II. 2000.02.19: 11). „Das Werk der Neuevangelisierung braucht euren konsequenten und hingebungsvollen, mutigen und hochherzigen Beitrag im täglichen Dienst der Liturgie, des Wortes und der Nächstenliebe“ (J.P.II. 2000.02.20: 1).

Was für die erneute Verkündigung Christi bzw. erneuerte Liturgie notwendig ist, zeigt der

Papst noch mal in der Ansprache an die Vollversammlung der Päpstlichen Kommission für

die Kulturgüter der Kirche.

„Auch eure Vollversammlung, die das Thema »Kulturgüter im Kontext der Neuevan-gelisierung« gewählt hat, fügt sich in den Horizont des Großen Jubiläums ein. Sie macht sich dessen wesentliches Ziel, die Neuverkündigung Christi zweitausend Jahre nach seiner Geburt, zu eigen“. (...) Voraussetzung der Neuevangelisierung ist ein erneuerter Einsatz im Bereich der heiligen Liturgie, die auch viel Belehrung für das gläubige Volk in sich birgt“ (J.P.II. 2000.03.31: 12).

Zum endgültigen Abschluss des großen Jubiläums des Jahres 2000 hat Papst J.P.II. am 6.

Januar 2001 das Apostolische Schreiben ´Novo millennio ineunte` veröffentlicht. Er vertuscht

nicht, dass er absichtlich mit tiefer Überzeugung die Idee und das Wort ´Neuevangelisierung`

selbst sehr oft gebraucht hatte.

254 „Ich bin mir sicher, daß die Jugendlichen wieder auf die Straßen ihres Lebens zurückkehren werden, um als Arbeiter für die Neuevangelisierung und Baumeister einer Zivilisation der Liebe zu wirken“ (J.P:II. 2000.01.15: 9). „Die Neuevangelisierung braucht eure Energie und euren Enthusiasmus! Gott segne euch alle!“ (J.P.II. 2000.04.16: 7). Über die neuen Berufungen für eine Neuevangelisierung in einem neuen Europa (siehe: PWGB 1997: 13-28).

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„Unzählige Male habe ich in diesen Jahren den Aufruf zur Neuevangelisierung wiederholt. Ich bekräftige ihn jetzt noch einmal, vor allem um darauf hinzuweisen, daß wir uns von dem glühenden Eifer der apostolischen Verkündigung, die auf Pfingsten folgte, mitreißen lassen“. (NMI 40). „Viele Male in diesen Jahren habe ich sie als ´Stern der Neuevangelisierung` vorgestellt und angerufen. So weise ich wiederum auf sie hin als leuchtende Morgenröte und sicheren Leitstern auf unserem Weg“ (NMI 58).

Kurz vor der symbolischen Schließung der Heiligen Pforte hat er auf Christus, der für uns

immer ein offenes Buch darstellt, hingewiesen. So bleibt er bei der Rückkehr zum Alttag mit

uns (vgl. ebd. 59), wobei man ihn erkennen kann nicht nur beim ´Brotbrechen` (vgl. Lk 24,

35), sondern auch in Völkern und Kulturen. Die Notwendigkeit einer Inkulturation bei aller

Inkompatibilität zwischen Evangelium und Kultur ist für J.P.II. die größte missionarische

Herausforderung des dritten Jahrtausends (vgl. NMI 40). Der immer präsente Aspekt der

Inkulturation, in dem die Fragen nach modernen Methoden der Neuevangelisierung im

Vordergrund stehen, taucht in den päpstlichen Ansprachen immer häufiger auf.

„Die Präsenz der Kirche in den Medien ist in der Tat ein wichtiger Aspekt der Inkulturation des Evangeliums, wie sie von der Neuevangelisierung gefordert wird, zu welcher der Heilige Geist die Kirche überall auf der Welt aufruft“ (2001.01.24: 11). „Ihr leistet dadurch einen qualifizierten und aktuellen Beitrag zum Werk der Neuevangelisierung in unserer Zeit, die durch die Ausweitung und Intensivierung des Phänomens der globalen Kommunikation gekennzeichnet ist“ (J.P.II. 2001.02.13: 9).

Die Kulturen Europas haben sich in gewissen Kulturkreisen geformt (vgl. I.1.4.). Spricht man

über Inkulturation des Evangeliums in diesen Kreisen, so bezeichnet man „jenen permanenten

Vorgang, in dem das Evangelium in einer bestimmten sozio-politischen und religiös-

kulturellen Situation so zur Sprache gebracht wird, dass es sich nicht bloß mit Elementen

dieser Situation ausdrückt (z.B. in der Liturgie und in der Lehre), sondern zu deren

inspirierender, bestimmender und transformierender Kraft wird“ (Collet 2002: 173). Gerade

einige Kreise in den östlichen Ländern Europas, die sich mit den neuen gesellschaftlichen

Situationen konfrontiert sehen, sind Papst J.P.II. sehr nah. Er will ihnen durch die neuen

pastoralen Unternehmungen die Idee der Neuevangelisierung vorlegen. Aus diesen Gründen

fragt er sich, – welche Methoden und wie man diese Ideen einführen soll, damit die Kontinu-

ität der Vorintegration Ost- und Westeuropas (vgl. I.1.4.2.) in der Neuevangelisierung die

geistliche Seite255 (geistliche Brücken, Lungen Europas) vertreten kann. Aus diesen Gründen

hat er sich, nach seiner Pilgerreise in die Ukraine, sehr emotional geäußert:

255 Gegenüber den albanischen Bischöfen fragte sich Papst J.P.II. „Wie ist es möglich, eine solch anspruchsvolle Aufgabe zu erfüllen? Wie können reife Gemeinden, als Protagonisten der Neuevangelisierung, aufgebaut werden? Vor allem durch den festen, innigen Glauben an Christus“ (J.P.II. 2001.02.03: 10). Bei den russischen Bischöfen erkannte er: „Ferner ist es notwendig, die Jugend an der Aufgabe der Neuevangelisierung zu beteiligen und die verschiedenen Berufungen zu erkennen, die Gott all jenen anvertraut, die mit dem Siegel der

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„Der Besuch in der Ukraine – diese historische Brücke zwischen Osten und Westen – war für mich ein seit langem ersehntes und im Gebet vorbereitetes Ziel. Dessen Erfüllung stellt nun eine weitere Bestätigung eines Plans der Vorsehung dar: daß nämlich die Kirche in Europa erneut mit ihren beiden Lungen atmen kann, damit der gesamte Kontinent eine Neuevangelisierung erfahren möge“ (J.P.II. 2001.06.29: 2).

Diese Aussagen über die Einheit Europas sollte man mit den komplementären Äußerungen

des Papstes, die auf die westliche Welt bezogen wurden, ergänzen. Das erste Jahr des neuen

Jahrtausends scheint Johannes Paul II. besonders geeignet, um in den westlichen Organisatio-

nen, Gemeinden etc. für den Ruf des Geistes und die neuen Herausforderungen im Rahmen

der Neuevangelisierung zu sensibilisieren256. Im Hinblick auf die missionarische Sendung und

moderne Verkündigung richtete J.P.II. wichtige Worte an alle Missionare:

„Liebe Missionare, die Gnade Gottes öffnet jeden Tag neue Evangelisierungs- und Einsatzmöglichkeiten. Hört auf den Geist, der euch ruft; antwortet ihm mit Großherzi-gkeit, indem ihr die Herausforderungen der heutigen Stunde annehmt. Fürchtet euch nicht, dorthin zu gehen, wo der Missionar aus politischen, gesellschaftlichen, ideologischen oder auch religiösen Gründen nicht als solcher angenommen wird. Vergeßt ferner nicht, daß auch in den seit langem christianisierten Ländern eine starke missionarische Präsenz erforderlich ist, insbesondere in den Städten, wo die Notwendigkeit einer Neuevangelisierung, wenn nicht sogar in manchen Fällen einer Erstverkündigung Christi offenkundig ist“ (J.P.II. 2001.06.01: 12).

Anfang des Jahres 2002, am Tag der Erscheinung des Herrn, denkt Johannes Paul II. an den

unmittelbaren Abschluss des Heiligen Jahres und an sein Apostolisches Schreiben ´Novo

millennio ineunte`. Zum ersten Mal nennt er selbst den Inhalt dieses Dokumentes einen

„programmatischen Text der Neuevangelisierung“ (J.P.II. 2002.01.06: 1; vgl. Cordes 1998:

578). Geht man zu diesem Dokument zurück und sucht man in ihm die Subjekte der

Taufe bezeichnet sind“ (J.P.II. 2001.02.09: 10). Bei den ukrainischen Bischöfen sah er darin die besten Methoden: „Aus dieser Erfahrung heraus ist es heute notwendig, noch mehr und besser zusammenzuarbeiten, um die anspruchsvolle Aufgabe der Neuevangelisierung zu erfüllen. Mögen eure Kirchen, wie es schon glücklicher-weise in verschiedenen pastoralen Situationen geschieht, geordnete Formen der Verständigung und gegenseiti-gen Hilfe im Bereich der Katechese, der katholischen Bildungseinrichtungen, der Präsenz in den Massenmedien wie auch in dem weiten und komplexen Bereich der menschlichen Förderung finden“ (J.P.II. 2001.06.24: 8). An die Bischöfe, die in der Diaspora leben sagte er: „Ich lade euch ein, wo es möglich ist, Bildungsprogramme für Laien zu entwickeln, die dieser Zielsetzung entsprechen. So können die gläubigen Laien in besonderer und eigener Weise durch ihr Lebenszeugnis und die Verkündigung Christi, des Erlösers, am Werk der Neuevange-lisierung teilhaben, wobei sie gegenüber den Glaubenden der anderen Religionen, mit denen sie zusammenleben, Achtung und Dialogbereitschaft bezeigen“ (J.P.II. 2001.12.11: 11). 256 „Wir sind in ein neues Jahrtausend eingetreten, und die Kirche ist ganz mit dem Werk der Neuevangelisierung beschäftigt. Bei dieser umfangreichen missionarischen Tätigkeit darf auch euer Beitrag nicht fehlen“ (J.P.II. 2001.01.19: 10). „Liebe Brüder und Schwestern, die Monate, die uns noch von dem für Juni vorgesehenen Treffen trennen, ermöglichen Euch, die Stimme des Heiligen Geistes zu hören, der zu seiner Kirche spricht, und Euch auch gegenseitig zuzuhören und gemeinsam die wirksamsten Wege zu entdecken, um die Pflicht der Neuevangelisierung zu einer dauerhaften Aufgabe zu machen“ (J.P.II. 2001.02.14: 10). „Wenn ihr jederzeit für den Plan Gottes verfügbar bleibt und eure Talente in den Dienst der kirchlichen Heilssendung stellt, kann eure geistliche Familie zu einem kraftvollen Werkzeug der Neuevangelisierung werden, besonders in Europa. Eure gelebte Hingabe an Gott ist die beste Antwort auf die drängenden Fragen der Menschen und auf die Nöte der Zeit“ (J.P.II. 2001.11.10: 4).

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Neuevangelisierung (vgl. III.3.3.), dann werden für dieses heutzutage spezifische ´missionari-

sche Engagement` sowohl die einzelnen ´Spezialisten` als auch die ganzen ´Gemeinden und

Gruppen` verpflichtet (vgl. NMI 40). Obwohl in den vergangenen Jahren die unzähligen

Ansprachen des Papstes an verschiedene Gruppierungen (von großen Synoden bis zu kleinen

Chorgruppen) gerichtet worden sind, und auch im Jahr 2002 nicht fehlen257 werden, bleibt

charakteristisch, dass er sich in Ansprachen an einzelne Personen258 auf die Neuevangelisie-

rungsidee beruft. Doch das Hauptinteresse gilt für den Papst der weiteren Vereinigung der

europäischen, geistlichen, soziokulturellen und politischen Faktoren. Typischerweise berief er

sich auf die gemeinsamen Wurzeln Europas, deren christliche Vergangenheit ein konstitutives

Element bildet:

„Angesichts der Entwicklungen, die unseren Kontinent derzeit kennzeichnen, ist die Stunde der Zusammenarbeit gekommen! Unter Berücksichtigung der Notwendigkeit einer Neuevangelisierung Europas, die es diesem Erdteil ermöglichen wird, seine christlichen Wurzeln vollständig wiederzufinden, sollten sich die östliche und die westliche Tradition, die beide auf die große und einzige christliche Tradition und die apostolische Kirche zurückgehen vereinigen“ (J.P.II. 2002.03.11: 10).

Das visionäre Konzept Europas von Johannes Paul II. lässt ihn nicht nur die Einzelnen und

die Gruppen auf die Neuevangelisierung verpflichten, sondern er wendet sich an Europa

selbst als Objekt (vgl. J.P.II. 1982.11.09: 156) der zukünftigen Unternehmungen, von denen

die Umkehr von fundamentaler Bedeutung ist. „Man könnte hier von einer sakramentalen

Europamystik des Papstes sprechen, bei der Europa quasi personifiziert als getauft und damit

zur Kirche gehörig angesehen wird“ (Walldorf 2002: 53). In diesem Geist kam der Papst zu

257 Beispielsweise sagte er in einer Ansprache an die Dominikaner: „Der verdienstvolle Dominikanerorden, dessen qualifizierte Vertreter ihr seid, hat eine ganz spezifische Aufgabe in dem weitangelegten Werk der Neuevangelisierung, das das Große Jubiläum des Jahres 2000 mit neuem Schwung erfüllt hat. Es handelt sich um ein gemeinsames kirchliches Vorhaben, zu dem alle Glieder des Volkes Gottes und in besonderer Weise die Ordensfamilien ihren Beitrag leisten müssen“ (J.P.II. 2002.02.15: 8). Ähnlich äußerte er sich gegenüber den Regulärklerikern: „Nur so ist es möglich, das Evangelium überall wirksam zu verkünden und glaubhaft zu bezeugen (vgl. NMI 42–57) und zum großen Werk der Neuevangelisierung beizutragen, das die gesamte kirchliche Gemeinschaft umfaßt“ (J.P.II. 2002.07.05: 8). Dem obersten Rat der Columbusritter hat der Papst gesagt: „Jetzt ist wirklich die Zeit angebrochen, ohne Furcht und Zögern »hinauszufahren«! Wie die Erfahrung des Großen Jubiläums gezeigt hat, muß im Mittelpunkt der Neuevangelisierung eine neue Blüte der Heiligkeit in der Kirche stehen (vgl. NMI 30-31)“ (J.P.II. 2002.07.10: 11). Zu den Schwestern: „Diese besondere Eigenschaft Eures Charismas ist eine gute Antwort auf eine Priorität der Neuevangelisierung, auf die ich im Apostolischen Schreiben ´Novo millennio ineunte` hingewiesen habe...“ (J.P.II. 2002.07.11: 8). 258 Beispielweise an Msgr. Luigi Giussani: „Der Herr möge Eure Mühen begleiten und fruchtbar werden lassen. Maria, die treue Jungfrau und Stern der Neuevangelisierung, sei Eure Stütze und führe Euch auf dem Weg einer immer mutigeren Treue zum Evangelium“ (J.P.II. 2002.02.11: 9). An Paul Kard. Poupard: „Während meines Pontifikats habe ich von Anfang an jede Gelegenheit genutzt, um darauf hinzuweisen, wie wichtig der Dialog zwischen der Kirche und den Kulturen ist. Es ist ein vitaler Bereich, nicht nur für die Neuevangelisierung und die Inkulturation des Glaubens, sondern auch für die Geschicke der Welt und die Zukunft der Menschheit“ (J.P.II. 2002.05.13:10). An Lubomyr Kard. Husar: „Erfreulicherweise beabsichtigt Eure griechisch-katholische Kirche der Ukraine, das im Laufe dieser Jahre begonnene Werk der Neuevangelisierung in diesem Kontext zu intensivieren“ (J.P.II. 2002.06.25: 8).

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einer ´Erörterung von Aspekten und Projekten der Neuevangelisierung` für die europäischen

Bischöfe und rief noch einmal auf:

„Europa braucht dringend die Begegnung mit diesem Gott, der die Menschen liebt und in all ihren Prüfungen und Schwierigkeiten gegenwärtig ist. Damit dies geschehen kann, müssen die Gläubigen unbedingt bereit sein, den Glauben mit ihrem Leben zu bezeugen. Dann werden reife kirchliche Gemeinden heranwachsen, die bereit und willens sind, sich mit allen Kräften für die Neuevangelisierung einzusetzen“ (J.P.II. 2002.04.25: 9).

Zu allen päpstlichen Anstrengungen des Jahres 2002, die Idee der Neuevangelisierung

lebendig zu machen, gehört auch der offensichtlich vermehrte Marienaufruf259. Die Mutter-

gottes wird vor allem als ´Zeichen der sicheren Hoffnung und des Trostes` (vgl. LG 68)

gesehen. Gerade alle Hoffnungen des Papstes kumulieren, wenn es um die

Neuevangelisierung Europas geht, in ihrer fürsprecherischen Kraft. Als ´Stern der

Neuevangelisierung` passt sie zu einer ´EurHope`, d.h. zu dem päpstlichen Ausdruck, der

zwei Worte ´Europa und Hoffnung` verschmelzen soll (vgl. J.P.II. 1995.09.09: 1040). In

dieser Hoffnung auf Marias Hilfe bei der Bildung der Völker Europas widmet ihr J.P.II. das

Apostolische Schreiben ´Rosarium virginis Mariae` und erörtert, dass der Rosenkranz

„Eine gewohnheitsmäßige und ebenso fruchtbare geistige wie pädagogische Möglichkeit der persönlichen Betrachtung, der geistlichen Bildung des Volkes Gottes und der Neuevangelisierung“ bietet (J.P.II. 2002.10.16: 10; vgl. EE 72).

Der intensiven Mariaverehrung wurde das ganze Jahr 2003 gewidmet, das als Jahr des

Rosenkranzes proklamiert worden ist. Unter ihrem Schutz wurden am Missionssonntag alle

Christen aufgerufen die gegenwärtigen Herausforderungen der Neuevangelisierung

anzunehmen. Der Papst sieht, „insbesondere in den Armen und Notleidenden, und in all

jenen, die dem Glauben und dem Evangelium fern stehen“ (J.P.II. 2003.01.12: 7) das Gesicht

Jesu bzw. die leidenden aber sehr wertvollen Adressaten (vgl. III.3.3.2.) des Evangeliums. Im

Kontext Marias und neues Jahrtausends ermutigt er alle in seiner Enzyklika:

„Das Antlitz Christi zu betrachten und es mit Maria zu betrachten, ist das ´Programm`, auf das ich die Kirche in der Morgenröte des Dritten Jahrtausends hingewiesen habe, indem ich sie einlade, mit Enthusiasmus für die Neuevangelisierung auf das Meer der Geschichte hinauszufahren“ (EdE 6).

259 „Maria, die treue Jungfrau und Stern der Neuevangelisierung, sei Eure Stütze und führe Euch auf dem Weg einer immer mutigeren Treue zum Evangelium“ (J.P.II. 2002.02.11: 9). „Maria möge für sie eine günstige Entwicklung und die notwendigen Gaben auf dem Weg der Neuevangelisierung erflehen“ (J.P.II. 2002.03.09: 9). „In diesem Monat empfehle ich Euch der mütterlichen Fürsorge der Jungfrau Maria, Stern der Neuevangeli-sierung, und erteile Euch von ganzem Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen...“ (J.P.II. 2002.05.17: 8). „Maria, der Stern der Neuevangelisierung, begleite Sie, Ehrwürdige Mutter, und alle Mitschwestern...“ (J.P.II. 2002.07.11: 8). „In meinem Gebet vertraue ich euch der heiligen Jungfrau Maria an, dem Stern der Neuevangelisierung, und erteile von Herzen meinen Apostolischen Segen“ (J.P.II. 2002.09.21: 9).

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In diesem Jahr betrifft das Programm der Neuevangelisierung hauptsächlich Europa. Der

Kontinent steht unmittelbar vor der größten Vereinigung in seiner Geschichte. Zahlreiche

politischen, ökonomischen und kulturellen Interessen mischen sich mit den religiösen und

ethischen Erwartungen und Konzepten. Die offizielle Stellungnahme der Kirche war mehr

erforderlich denn je. Um das Thema ´Hoffnung für Europa` klar herauszustellen wurde es im

Kontext der Neuevangelisierung ausgesprochen. Das nachsynodale apostolische Schreiben

´Ecclesia in Europa` gilt praktisch als eine Krönung des päpstlichen Programms für eine

erneute Evangelisierung im neuen Millennium. Die Erfahrungen der ersten Sondersynode für

Europa (1991) und der letzten (1999) zeigen in diesem Dokument noch mal eine Dringlichkeit

und Notwendigkeit der Neuevangelisierung in allen Bereichen des kirchlichen Wirkens260.

Nach einer nüchternen Analyse des über 2000-jährigen Christentums in Europa, wurde

festgestellt:

„Tatsächlich ist Europa inzwischen zu jenen traditionell christlichen Gebieten zu rechnen, in denen außer einer Neuevangelisierung in bestimmten Fällen eine Erstevangelisierung nötig erscheint“ (EE 46).

Solche ehrliche Bestandaufnahme Papst J.P.II. lässt nicht daran zweifeln, dass man

entscheidend auf Neuevangelisierung hoffen soll. Sie ist glaubwürdige Trägerin eines

erneuten Bildes gegenwärtiger Gesellschaft (siehe: EE 6-22), Kirche (ebd. 23-43), Verkündi-

gung (ebd. 44-65), Gemeinde (ebd. 66-82) und christlicher Liebe (ebd. 83-105). Sie verkündet

jedem Europäer das Evangelium der Hoffnung, und jeder soll sich als geistlich Berufener für

den Aufbau Europas fühlen (ebd. 107-121). Weniger als ein Jahr vor Erweiterung der

Europäischen Union weist J.P.II. mit aller Kraft darauf hin, dass die Identität (vgl. IV.1.1.)

und Integrität (vgl. II.3.2.) aller Europäer dem alten Kontinent ein neues Gesicht zu geben

imstande ist261. Um diese Zeitspanne der päpstlichen Äußerungen auch optimistisch zu

schließen ist es zu bemerken, dass diese Hoffnung solange bestehen wird, solange der

Kontinent seine Bürger, die Kirchen ihre Gläubigen und das Christentum ihre Neuevange-

lisierung haben werden.

260 Papst J.P.II. beruft sich in diesem Dokument explizit 9-mal auf die Neuevangelisierung (siehe: EE 2,23,32, 37,45,46,55,60,79). Interessanterweise ist es zu merken, dass man 5-mal diesen Begriff (eigentlich ohne, dass es nötig ist) in Einführungszeichen benutzt. 261 „Im Prozess seiner derzeitigen Neugestaltung ist Europa vor allem aufgerufen, seine wahre Identität wieder-zuerlangen. Es muss nämlich, auch wenn es inzwischen eine sehr vielgestaltige Wirklichkeit darstellt, ein neues Model der Einheit in der Vielfalt aufbauen, eine für die anderen Kontinente offene und in den aktuellen Globali-sierungsprozess einbezogene Gemeinschaft versöhnter Nationen. (…) Im Integrationsprozess des Kontinents ist es von grundlegender Bedeutung zu berücksichtigen, dass die Union keinen festen Bestand haben wird, wenn sie nur auf geographische und ökonomische Dimensionen beschränkt bliebe; vielmehr muss sie vor allem in einer Übereinstimmung der Werte bestehen, die im Recht und im Leben ihren Ausdruck finden“ (EE 109; 110).

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2.2. Andere Verlautbarungen zur Neuevangelisierung in Europa

2.2.1. Neuevangelisierungsidee in der Lehre der europäischen Synoden

Seitdem Papst Paul VI. durch das Motu proprio vom 15. September 1965 ´Apostolica

sollicitudo` die Institution der Bischofssynode errichtet hat262, gab es 21 Synoden, davon 11

Ordentliche, 8 Sondersynoden (zwei für Europa) und 2 Außerordentliche (vgl. SDBK 2002:

1-3). Sieht man die langsame Entwicklung der Neuevangelisierungsidee in den 80er Jahren

(vgl. III.2.1.1.), dann wird dafür die Sonderversammlung für Europa eine besondere Schwelle.

Vom 28. November bis zum 14. Dezember 1991 fand in Rom die erste Sonderbischofssynode

für Europa (SBSE) statt. Mehr als 130 katholische Bischöfe aus ganz Europa, mehrere

Vertreter nichtkatholischer Kirchen, Fachberater und Gäste haben sich für diese zwei Wochen

getroffen. Schon nach der ersten Ankündigung dieser Synode am 22. April 1990 in Velehrad

(damals noch Tschechoslowakei) ist es klar geworden, dass die Kirche die neuesten politisch-

wirtschaftlichen Veränderungen Europas263 im Lichte der Neuevangelisierungsaufgaben

besprechen will. Als besonders gefährlich wurde der Prozess der fortgeschrittenen Säkulari-

sierung gestuft, so weit dass „die Evangelisierung fast ´von neuem` wieder beginnen muß“

(SBSE 1991: 1571). Deswegen wurde separat264 das Thema der Neuevangelisierung

behandelt. Ein besonderer Akzent wurde auf die neuen Möglichkeiten moderner

Verkündigung gelegt mit dem klaren Ziel „die Wege für die Neu-Evangelisierung unseres

Kontinents zu erkennen“ (ebd. 1569; vgl. III.3.2.1.). Der Synode scheint es bewusst zu sein,

dass sie in der Lehre über die Evangelisierung erst am Anfang steht. Ihr ist auch bewusst, dass

262 „Beim Angelusgebet am Sonntag, den 22. September 1974, gab Paul VI. die Definition der Bischofssynode bekannt. „Sie ist eine kirchliche Einrichtung, die wir im Blick auf die Zeichen der Zeit, mehr aber noch mit dem Versuch, den göttlichen Plan und die Verfassung der katholischen Kirche in ihrer ganzen Tiefe zu deuten, nach dem II. Vatikanischen Konzil beschlossen haben mit dem Ziel, die Einheit und Zusammenarbeit der Bischöfe der ganzen Welt mit dem Apostolischen Stuhl durch gemeinsames Studium der Lage der Kirche und die einträchtige Lösung all jener Fragen bezüglich ihrer Sendung zu fördern. Sie ist kein Konzil, kein Parlament, sondern eine Synode besonderer Art“ (SDBK 2002: 1). 263 Vgl. I.1.4.2. Im Allgemeinen sind rasche Veränderungen zu bemerken: in Osteuropa z.B. die russische ´Perestroika` aber auch in Westeuropa, wie z.B. der Europa-Gipfel in Maastricht. Von kirchlicher Seite ist nicht zu vergessen, dass die Berufung dieser Sondersynode unmittelbar vor die Veröffentlichung von der Missions-enzyklika ´Redemptoris missio` fiel mit besonders wichtigen Ausführungen über die Neuevangelisierung Europas (vgl. III.2.1.2). 264 Der Abschnitt wurde in vier Punkten bearbeitet: 1) Die Bedeutung der Neuevangelisierung Europas; 2) Die Früchte des Evangeliums: Wahrheit, Freiheit und Gemeinschaft; 3) Die Träger der Evangelisierung und die vielen Wege einer Neu-Evangelisierung; 4) Kirchliche Gemeinschaft und die vielen Wege einer Neu-Evangeli-sierung.

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ihre erneuerte Lehre über Neuevangelisierung an die gegenwärtige Situation der Kirche

angepasst und sogar verteidigt werden muss. In aller Klarheit wurden zuerst die ewige Quelle

und der Inhalt (vgl. III.3.1.) dieser Lehre noch einmal festgestellt:

„Die Neu-Evangelisierung ist kein Programm zu einer sogenannten ´Restauration` einer vergangenen Zeit Europas, sondern sie verhilft dazu, die eigenen christlichen Wurzeln zu entdecken und eine tiefere Zivilisation zu begründen, die zugleich christlicher und so auch menschlich reicher ist. Diese ´Neu-Evangelisierung` lebt aus dem unerschöpflichen Schatz der ein für allemal in Jesus Christus erfolgten Offenbarung. Es gibt kein ´anderes Evangelium`. Mit Bedacht wird sie Neu-Evangelisierung genannt, weil der Heilige Geist stets die Neuheit des Wortes Gottes hervorbringt und beständig die Menschen geistig und geistlich aufweckt. (...) Deshalb müssen wir mit großer Zuversicht von der unsterblichen Seele und der Auferstehung des Fleisches sprechen. Diese Freude darf niemals bei der Neu-Evangelisierung fehlen“ (SBSE 1991: 1572).

Nun wird Christus mit seinem Evangelium und seiner Kirche als Garant der unveränderten

Werte einer ständig veränderten Welt gezeigt. Der Synodenmeinung nach sollen sie nicht in

Konfrontation stehen, sondern komplementär durch Dialog265 und Inkulturation eine Einheit

bilden. Alle kulturellen Werte und Güter sollen durch das Evangelium an einem globalen

Humanismus ihren Anteil haben. Das sind keine sich einander ausschließende Sachen, die zur

neuen Identität Europas beitragen sollen (vgl. ebd.: 1574). Geht es um die konkreten Träger

der Neuevangelisierung, erwähnt der synodale Text die einzelnen auch als kollektive Subjekte

und Objekte der Neuevangelisierung (vgl. III.3.3.). Neben den Bischöfen werden die Priester,

Diakone, Ordensleute und Laien erwähnt, aber auch die Gruppen wie Ordensgemein-schaften,

Familien, Pfarrgemeinschaften. Alle Christen sollen ihre Berufung zum Aufbau eines

gemeinsamen Europas ausnützen. Wörtlich wurde dabei gesagt:

„Die Neu-Evangelisierung Europas ist nur möglich, wenn wir alle Christen aufrufen, ihrer prophetischen Berufung entsprechend diese Aufgabe in Angriff zu nehmen. (...) „Wie das Schreiben ´Christifideles laici` nachhaltig herausgestellt hat, müssen auf jeden Fall auch die Laien zum Einsatz für die Neu-Evangelisierung Europas aufgerufen werden. (…) Alle Menschen sind eingeladen, das Evangelium Jesu Christi anzunehmen. Die Neu-Evangelisierung muß deshalb zutiefst missionarisch sein,…“ (SBSE 1991: 1575, 1576, 1577).

265 Der Text geht auf jene konkreten Aufgaben ein, die sich dem Christen heute beim politischen, wirtschaftli-chen und kulturellen Aufbau eines neuen Europa stellen. In der Dialogfrage aber sind die Konkretisierungen nicht so deutlich dargestellt. Sie bleiben im Bereich der allgemeinen, ökumenischen Wünsche. „Wenn wir uns um eine Neu-Evangelisierung Europas bemühen - in Gemeinschaft mit allen christlichen Schwestern und Brüdern -, dann spüren wir die Notwendigkeit wieder neu, Ihn zu wählen, mit dem wir in der Taufe gestorben und zu neuem Leben auferstanden sind (vgl. Röm 6,3-5; Gal 2,19-20). In Ihm verankert und gegründet, wollen wir Europas Zeugen des Glaubens sein. (...) Wir müssen die Zusammenarbeit unserer Kirchen wirklich verstärken, vor allem im Blick auf die Neu-Evangelisierung Europas. Dazu sind materielle Mittel wie auch personelle Hilfen nötig, die zum Aufbau des Leibes Christi dienen und den Prioritäten der Empfängerkirchen entsprechend geleistet werden müssen. (...) In der Synode haben wir erfahren, wie sehr die Neu-Evangelisierung Europas das gemeinsame Werk aller Christen ist und wie sehr davon die Glaubwürdigkeit der Kirche im neuen Europa abhängt“ (SBSE 1991: 1578, 1580).

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In Anbetracht des großen politischen Umbruchs seit 1989 weist das Abschlussdokument der

Synode nach mehreren Aussprachen auf Folgendes hin: zuerst auf die östlichen und

westlichen soziokulturellen Erfahrungen, dann auf den Austausch zwischen Evangelium und

europäischer Kultur, sowie auf den möglichen Austausch zwischen den christlichen Kirchen

und den demokratischen Staaten Europas266. Die Suche nach einer ´radikalen` neuevangeli-

satorischen Antwort auf die gegenwärtigen Herausforderungen, wurde im Jahr 1994

grundsätzlich thematisiert. Die 9. Ordentliche Generalversammlung der Bischöfe stand unter

dem Thema „Das geweihte Leben und seine Sendung in Kirche und Welt“ (SDBK 2002: 2),

wobei die sog. gottgeweihten Menschen zu den Protagonisten der Neuevangelisierung

erhoben wurden. In der Abschlussbotschaft dieser Synode (vgl. OBS 1994: 1297-1304) wurde

nach einigen Worten der Freude und des Dankes für das Leben und den Dienst dieser

Personen auf die Vielfalt der Formen des gottgeweihten Lebens hingewiesen. Ihre christliche

Berufung und apostolische Sendung werden als einzigartig bzw. unersetzlich in der Kirche

dargestellt. Ihre ekklesiologischen und prophetischen Dimensionen drücken eine besondere

Anerkennung für die Angehörigen verschiedener Institute aus. Ja, sie werden alle durch diese

Synode zu besonderem Eifer in der Neuevangelisierung am Ende des Jahrtausends

aufgerufen.

„An der Schwelle des Jahres 2000 ist die gesamte Kirche zu einer Neuevangelisie-rung aufgerufen. Die Frauen und Männer unserer Zeit, insbesondere die jungen Generationen, müssen die frohe Botschaft der Erlösung, Jesus Christus, kennen lernen. Wir Bischöfe und Synodalen haben klar gesehen, daß das gottgeweihte Leben besonders geeignet ist, einen sehr wichtigen Platz in dieser drängenden Aufgabe der Neuevangelisierung einzunehmen“ (ebd. 1303).

Im Blick also auf das dritte Jahrtausend wendeten sich die Synodenväter an die Menschen, die

berufen sind (je nach Charisma) die speziellen Einsätze in der Welt fortzuführen. Diese

besondere Aufmerksamkeit der Synode gegenüber den gottgeweihten Lebensformen in der

Kirche wurde durch J.P.II. angenommen, bearbeitet und am 25. März 1996 als Apostolisches

Schreiben ´Vita consecrata` veröffentlicht. Danach folgten vier wichtige kontinentale Sonder-

versammlungen, d.h. noch früher für Afrika (1994) und dann für Amerika (1997), für Asien

(1998), für Ozeanien (1998) und die Zweite Sonderversammlung für Europa im Jahr 1999

(vgl. SDBK 2002: 2f).

Am 1. Oktober 1999 fand die Eröffnung der Zweiten Sonderversammlung der

Bischofssynode für Europa statt. Papst J.P.II. hat in seiner Predigt nach kurzer Analyse der

266 „In der Neu-Evangelisierung liegt nicht nur eine Herausforderung für die einzelnen Christen und Gemeinden, sondern auch für die Staaten, die auf humanere Weise aufgebaut werden müssen. Demokratie (...) hat aber ihre eigene Verantwortung für die Gestaltung der Gesellschaft, die sie nicht zurückweisen kann und die sie besonders in ihrer Soziallehre, die sich auf die Aufgabe der Neu-Evangelisierung erstreckt, erfüllt“ (SBSE 1991: 1583f).

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gegenwärtigen Schwierigkeiten angekündigt: „In diesem besonderen sozialen und kulturellen

Zusammenhang fühlt sich die Kirche verpflichtet, die ihr von Gott anvertraute Botschaft der

Hoffnung mit Nachdruck zu erneuern“ (J.P.II. 1999.10.01: 1). Die Probleme, denen sich 175

europäische Bischöfe während dieser Sonderversammlung gewidmet haben, waren um diese

Zeit sowohl im Osten als auch im Westen sehr ähnlich267. Am 22. Oktober 1999 hat die

Synode mit einem erfrischenden Enthusiasmus das Abschlussdokument veröffentlicht. Weil

das Thema der Synode „Jesus Christus, der lebt in seiner Kirche, Quelle der Hoffnung für

Europa“ war, wurde schon im ersten Satz bestätigt: „Mit Freude bezeugen wir das

´Evangelium der Hoffnung` in Europa“ (vgl. SBSE 1999: 1). Das relativ kurze Abschluss-

dokument dieser Synode richtet sich direkt gegen allen Formen des Leides in Europa, ohne sie

im einzelnen zu analysieren. Denn das Leid ist verantwortlich für jede Hoffnungslosigkeit, die

nur ein Glaube an Christus und Kirche mildern kann. Für diese zwei Faktoren und ihre

positiven gegenwärtigen Auswirkungen wird also in diesem Dokument besonders Gott

gedankt. Um sie noch zu vermehren, rufen die Bischöfe alle Gläubigen auf: „lasst euch

bekehren zum Herrn und antwortet mit neuem Eifer auf die apostolische und missionarische

Berufung, die ihr in der Taufe empfangen habt!“ (ebd. 5). Alle, ohne Ausnahme, sind berufen

und gesandt, das ´Evangelium der Hoffnung` zu verkünden. Um das zu verwirklichen, ist es

aber notwendig, die Zeichen der Hoffnung in Europa zu erkennen. „Wenn wir dieser und

anderen Verantwortungen gerecht werden, können die christlichen Wurzeln Europas und sein

reiches humanistisches Erbe neue Ausdrucksformen finden für das echte Wohl der

menschlichen Person und der Gesellschaft“ (ebd. 8). Diese zwei letzten Zitate, die so deutlich

der Neuevangelisierungsidee zugehören machen aus diesem Dokument eine moderne

Aufforderung. „Kirche von Europa: Fürchte dich nicht! Nimm deine Verantwortung wahr!“

(ebd. 9). Merkwürdig dabei ist, dass das kompakte Abschlussdokument dieser Synode kein

einziges Mal explizit das Wort Neuevangelisierung benutzt, wenngleich die drei früheren

267 „Nach der ´Synode der Freiheit` 1991 sei jetzt die ´Synode der Hoffnung` zusammengetreten, kommentierte Generalsekretär Kardinal Jan Schotte die Versammlung der 175 Bischöfe und 50 weiteren Delegierten, die seit dem Wochenende im Vatikan tagt. Schon in Zusammensetzung und Regie unterscheidet sich das jetzige Treffen von der ersten Europa-Synode: Damals sollten die Bischöfe des Ostens reden, von ihren Erfahrungen in der Unterdrückung und von ihrer Freude über die Freiheit. Die Kirchenführer des Westens sollten zunächst einmal zuhören, man sollte sich kennen lernen. Inzwischen sind die Bischöfe aus den Ländern des ehemaligen Ostblocks längst in den europäischen Episkopat integriert - zumindest offiziell, haben Erfahrungen in internatio-nalen Konferenzen und in Gremienarbeit gewonnen. Und ernüchtert müssen sie feststellen, dass sie inzwischen ähnliche Probleme haben wie ihre Mitbrüder aus dem Westen“ (Varela 1999a: 2). Derselbe Autor sieht die besonderen Aufgaben dieser Synode in folgendem Licht: „Die Arbeit dieser Synode ist als ein Beitrag dieser Gewissenserforschung zu verstehen, die die Feier des Großen Jubiläums uns allen auferlegt. Europa wird alles überprüfen müssen, was seit 1989 für die Entfaltung einer neuen Identität getan wurde, die auf der Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität gründet. Wir haben die Aufgabe, die kirchliche Lage im Blick auf die Neuevangeli-sierung zu überprüfen, ...“ (Varela 1999: 6).

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´Vorbereitungspapiere` das tun268. Ohne diese Formulierungen jetzt zu interpretieren bzw. zu

vergleichen, werden sie jetzt nach Instrumentum laboris (vgl. SBSE-INS 1999) zitiert, um zu

zeigen, wie gründlich sich die synodalen Väter mit dem Thema Neuevangelisierung in Europa

beschäftigt haben (siehe: SBSE-LIN 1999 Nr. 9,15,29,51-59,62). Entsprechend dem theolo-

gischen Inhalt dieser Formulierungen werden auch spätere lehramtliche Aussagen begründet.

Die letzte der synodalen Botschaften ist zurzeit das ´Instrumentum laboris` der X.

Ordentlichen Vollversammlung (siehe: OBS-INS 2001: 1-132). Von der Struktur her, durch

Inhalt und Umfang, unterscheidet sich dieses Dokument bedeutend von der Botschaft der

Bischöfe, veröffentlicht am 26. Oktober 2000269. Auch nur in dem ´Instrumentum laboris`

befinden sich die drei Aussagen, die sich direkt auf die Neuevangelisierung beziehen.

„Auf kirchlicher Ebene wird vor allem nach dem Großen Jubiläum des Jahres 2000 die Erneuerung des christlichen Lebens und die solidarische Teilhabe aller an der Neuevangelisierung fortgesetzt. (…) Daraus folgt der dringende Bedarf an einer Pastoral mit mehr Spiritualität, die den Anforderungen der Neuevangelisierung entspricht. Deshalb wird es notwendig sein, die Pastoral so zu gestalten, daß sie zur persönlichen und mystischen Begegnung mit Christus hinführt, wie sie die Apostel vor und nach der Auferstehung Jesu und die ersten Christen erlebt haben. (…) Eine bestimmte Anzahl von Laien ist auch bereit, sich in solchen Aufgaben ständig und manchmal für immer zu engagieren. Diese Mitarbeit der Laien ist für die Erfordernisse der ´Neuevangelisierung` gewiß wertvoll, besonders dort, wo eine ungenügende Zahl von geweihten Amtsträgern zu verzeichnen ist“ (OBS-INS 2001: 26, 29, 81).

Weil das Treffen und die Botschaft vom 26. Oktober 2001 gerade die Bischöfe selbst

betreffen, gibt es nur wenige Stellen, die auf den Geist der Neuevangelisierung hinweisen.

Doch man erwartet, dass die Bischöfe den Gemeinden einen neuen ´missionarischen Elan`

verleihen (vgl. OBS 2001: 5). Sie selbst sollen als ´erneuerte Hirten` an der missionarischen

Sendung teilnehmen und mit ihren Priestern zu missionarischem Eifer anleiten. Nur so

können sie zusammen mit allen Getauften ihren Dienst an der Gemeinschaft, an der Kirche

und am Evangelium (vgl. OBS-INS 2001: 52-103) konstruktiv ausüben.

268 Als erste Vorbereitungsveröffentlichung zur 2. Sonderbischofssynode für Europa sollte man die Lineamenta von 16. März 1998 nehmen (siehe: SBSE-LIN 1998); als zweite das sog. Instrumentum laboris (siehe: SBSE-INS 1999); und als dritte, basierend auf der letzten, die Relatio ante disceptacionem von Kard. Varela 1999: 6-12. In der ersten Veröffentlichung wurde explizit siebenmal das Wort ´Neuevangelisierung` erwähnt; in der zweiten sogar 22-mal und bei Varela sechsmal. 269 Das umfangreiche ´Instrumentum laboris` der X. Ordentlichen Bischofssynode wurde datiert auf dem 01. Juni 2001 und besteht aus beachtlichen 132 Seiten. Es bezieht sich in vielen Punkten auf das vergangene Jubiläumsjahr 2000 (vgl. OBS-INS 2001: 1-20). Die direkte Erwähnung des Wortes ´Neuevangelisierung` geschieht nur dreimal – in den Punkten Nr. 27, 31, 94. Viel wichtiger ist aber zu bemerken, dass zwischen der Veröffentlichung dieses ´Arbeitspapiers` und dem ersten Tag der X. Synode das schreckliche Attentat vom 11. September 2001 in den USA verübt worden ist. Dieses Ereignis hatte einen bedeutenden Einfluss auf den Verlauf der Sitzung, deren Beschlüsse in der offiziellen Botschaft der X. Ordentlicher Vollversammlung von 26. Oktober 2001 aufgetaucht sind. Dort wurden die Gräuel des Terrorismus, Gewalt sowie sog. ´Strukturen des Bösen` streng verurteilt. Ihnen wurde die ´Zivilisation der Liebe`, die Theologie der Inkulturation und die sehr zahlreichen Appelle um Frieden gegenübergestellt (vgl. OBS 2001: 10f).

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2.2.2. Neuevangelisierungsidee nach der europäischen Bischofskonferenz

Die spannende Vorentstehungsgeschichte des Rates der Europäischen Bischofs-

konferenzen (vgl. Thiede 1991: 1-9) erlaubt, ihre Wurzeln im II.V.K. und sogar noch früher

zu entdecken. Der Wunsch nach einer pastoralen Zusammenarbeit zwischen den europäischen

Bischofskonferenzen war unmittelbar nach dem Konzil (1965) so spontan, dass dem ersten

Treffen in Rom (1965) schon 1967 und 1968 zwei offizielle Symposien von CCEE gefolgt

waren270. Schon damals gab es offensichtlich genug Herausforderungen und vor allem genug

menschliche Kreativität und Verantwortung für Europa271, um Anfang 1971 den Rat der

Europäischen Bischofskonferenzen bzw. das ´Consilium Conferentiarum Episcoporum

Europae` (CCEE) zu gründen. „Am 23. und 24. März wird in Rom ein Markstein gesetzt, als

unter dem Vorsitz des mittlerweile zum Erzbischof von Marseille geweihten R. Etchegaray 17

Vertreter von Bischofskonferenzen, darunter polnische, ungarische und jugoslawische (dem

tschechischen Vertreter war das Visum verweigert worden), den CCEE gründen und dessen

Statuten ´ad experimentum` verabschieden“ (vgl. Legrand 1991: 13). Der Ausbau dieser

Institution, aber auch das erste Engagement in den 70er Jahren fand auf verschiedenen

europäischen Ebenen ein positives Echo. Von Anfang an wurden auch die lebendigen

Kontakte zur Konferenz der Europäischen Kirchen (KEK) und zum Papst gepflegt. In dieser

Zeit waren alle Kirchen gemeinsam für ein friedliches und vereintes Europa. Der Heilige

Stuhl und der CCEE förderten alle Bemühungen, die der Evangelisierung272 und dem

Fortschritt der europäischen Völker dienten. Schon damals rief im Geist der Neuevangeli-

sierung Papst Paul VI. zum ´Aufbau einer neuen Ordnung Europas und zur Bewahrung der

geistlichen Werte` auf (SDBK 1977: 21-25). Da die herrschende Ordnung des gespaltenen

270 Als am 18. November 1965 die Konzilsväter noch in Rom waren, fand durch die Initiative des Kard. R. Etchegarays das erste Treffen von 13 europäischen Bischöfen statt. Dann wurde 1967 das I. Europäische Symposium der Bischöfe in Noordwijkerhout, in den Niederlanden organisiert. Und 1969 das II. Europäische Symposium der Bischöfe in Chur, in der Schweiz. 271 Die Erklärung der europäischen Bischofskonferenzen zu Europa, die sich in der ersten Nummer von ´Stimmen der Weltkirche` befindet (vgl. SDBK 1977: 3-8), verkündigte schon in den ersten Worten: „Europa sucht seinen Weg in die Zukunft und gewinnt Stück für Stück Gestalt. Die Kirche kann bei diesem Bemühen nicht abseits stehen. Darüber sind die Bischöfe aller europäischen Länder seit Jahren im Gespräch, und sie erwägen, sich zu gegebener Zeit ausführlicher zu den Aufgaben und dem Beitrag der Kirche für ein künftiges Europa zu äußern“ (SDBK 1977: 3). 272 Schon in den 70er Jahren hat das vatikanische ´Sekretariat für Nichtchristen` die rasche Immigration der Muslime ins Westeuropa als eine große und völlig neue Herausforderung anerkannt. Die neue religiöse Situation in Europa forderte die Realisierung der konkreten Schlussforderungen, die nach einer Konferenz im November 1976 in Mödling (bei Wien) dringlich formuliert worden waren. „Das Treffen in Mödlingen (sic!) war eine erste Reaktion der Katholischen Kirche auf die neue religiöse Situation in Europa“ (Vöcking 1996: 602).

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Europas nicht der katholischen Soziallehre entsprach, hat sich ihr gegenüber auch der CCEE

einigermaßen gewehrt, „so gilt das Augenmerk des CCEE vor allem der Achtung der

Menschenrechte und der religiösen Freiheit in einem wider seinen Willen in zwei feindliche

Blöcke gespaltenen Europa“ (Legrand 1991: 17; vgl. SDBK 1980: 3-16). Nach zwei weiteren

Symposien des CCEE von 1975 und 1979273, nach der Wahl des Papstes J.P.II. und nach der

Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation im Westen hat sich das Thema und die

Beschäftigung der Bischöfe auf das Wesentliche für die Kirche orientiert – auf die erneute

Evangelisierung Europas. Das V. Symposium von 1982 betraf die kollegiale Verantwortung

der europäischen Bischöfe bzw. Bischofskonferenzen für die Evangelisierung des Kontinents.

Es ging um die moderne Evangelisierung des kulturell und religiös veränderten Europas durch

die ´Communio`(vgl. IV.3.1.2.) der katholischen Hirten. Gegenüber der Krise des

europäischen Menschen, die Papst J.P.II. als Krise des christlichen Menschen bezeichnet hat

(vgl. J.P.II. 1982.10.05: 130), waren vor allem der Vorsitzende des CCEE und andere Kardi-

näle nicht gleichgültig. Obwohl sie sich wörtlich nur ganz selten auf die Neuevangelisierung

beriefen, haben sie einen riesigen Beitrag für diese Idee geleistet.

„Das Symposium von 1982 versteht die Neuevangelisierung Europas als wesentliche Aufgabe der Kirche in Europa. Sie ist notwendig, weil Europa zerrissen und die Europäer ´säkularisiert` und orientierungslos sind. Bei der inhaltlichen Füllung des Begriffes der Evangelisierung geht man weitgehend auf die Ausführungen Pauls VI. in EN zurück. Es werden verschiedene Schwerpunkte gesetzt. Bei Hume trägt die Evangelisierung stärker persönlich-christozentrische Züge. Er betont die Zentralität Jesu Christi und die Notwendigkeit der persönlichen Aufgabe einer dauerhaften Katechese. Bei König kommt die gesellschaftliche und kulturelle Dimension der Neuevangelisierung stärker zum Tragen. Für ihn ist Neuevangelisierung wesentlich ein Wiederfinden der kulturellen Einheit Europas ...“ (Walldorf 2002: 87; vgl. Hume 1991: 88-99; vgl. König 1991: 100-114).

Nach drei Jahren wurden auf dem nächsten Symposium 1985 die konkreten Themen

wie Säkularisierung, Entchristlichung und Dialog im modernen Europa zu den wichtigsten

erklärt. Auch dort wird explizit wenig über die Neuevangelisierung gesprochen, doch die

nüchterne Analyse der modernen Umstände lenkt die Aufmerksamkeit auch auf die

traditionelle Evangelisierung hin. Neben vielen Negativa sah man auch positive Aspekte in

den Veränderungen Europas, besonders im Schulbereich, in den Massenmedien und im

Verständnis der Inkulturation (vgl. Legrand 1991: 23). „Insgesamt liegt die Bedeutung des

Symposiums von 1985 in seiner Betonung der soziologisch komplexen Situation Europas, die

nicht einfach mit dem Schlagwort der ´Säkularisierung` abgetan werden könne. Der 273 Das III. Symposium des CCEE von 1975 hat sich im Rahmen der Ekklesiologie mit der apostolischen Sendung des Bischofs beschäftigt. Und das IV. Symposium von 1977 legte den Akzent auf die pastoralen Möglichkeiten der Jugendevangelisierung. „Bereits am 29. Juni 1977 richteten 14 Vorsitzende der Europäischen Bischofskonferenzen einen Appell an die Christen mit der dringenden Bitte, ´sich in Wort und Tat für Europa einzusetzen`“ (SDBK 1979: 1).

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Forderung nach soziologisch sensibler Inkulturation des Evangeliums steht die fast

reformatorisch anmutende Betonung der Notwendigkeit einer Erstverkündigung des Wortes

Gottes im heutigen Europa gegenüber...“ (Walldorf 2002: 90). Erst durch eine solche sehr

selbstkritische Sicht seitens des CCEE und engagierter Kardinäle274 der bisherigen Formen

und Inhalte der Evangelisierung hat sich die Neuevangelisierungsidee stark herauskristalli-

siert. Auf dem CCEE-Symposium von 1989 wurde der Begriff ´Neuevangelisierung`

aufgegriffen und als die pastoral-theologische Methode gegenüber den westlichen

Gesellschaftsschwächen angewendet275. Es wurden dafür konkrete Aktionsgebiete und Ziele,

z.B. Liturgie und Hoffnungserweckung (vgl. Martini 1991: 319-327; vgl. III.3.4.), erwähnt.

„Mit dem Symposium von 1989 hat das Gespräch über die Neuevangelisierung Europas im CCEE einen ersten Abschluss erreicht. Das kann zeitgeschichtlich damit begründet werden, dass der endgültige Zusammenbruch der kommunistischen Staatssysteme in Osteuropa die Neuevangelisierung vor neue Dimensionen und Herausforderungen stellte“ (Walldorf 2002: 97).

Später hat sich der CCEE in 1993 zu einem erweiterten Symposium in Prag versammelt. Das

Motto dieses Treffens lautete: ´Das Evangelium leben in Freiheit und Solidarität`, was damals

der neuen politischen Ordnung entsprach276. Das Verlangen der Bischöfe nach einem

aufrichtigen Dialog mit den vielfältigen Ausdrucksformen moderner Kultur, Politik aber auch

Wissenschaft erinnert an die Suche nach neuen Ausdrucksformen und Methoden in der

274 Einer der ersten Bischöfe, der hervorragend den Gebrauch und die theologische Bedeutung der Neuevangelisierung bei Papst J.P.II. bemerkt und selbst angewendet hat, war um 1989 der spätere Kard. Leo Scheffczyk (1988: 262-281). Seinen Artikel kann man aus wissenschaftlicher Sicht betrachten als musterhaft für alle späteren theologischen Auslegungen. Er schrieb: „Es scheint, daß sich hier eine Abwendung vom allzu euphorischen Aggionarmento der Nachkonzilszeit und eine Hinwendung zu einem heilsgeschichtlichen Realismus vollzieht, der auch die Möglichkeit einer tragischen Peripetie der Geschichte einrechnet, ohne deshalb die übernatürliche Tugend der Hoffnung sinken zu lassen. Das diesbezügliche Anliegen des Papstes findet in dem Wort von der ´Neu-Evangelisierung` seinen deutlichsten Ausdruck. (...) Diese Beseelung der Kultur Europas ist aber identisch mit der Evangelisierung oder, wie der Papst betont unterscheidet, ´der Neuevangeli-sierung des alten Kontinents`, was das nüchterne Eingeständnis voraussetzt, daß dieser Kontinent an seiner Seele Schaden genommen hat und die Wirkungen der ersten Evangelisierung sich in gewisser Hinsicht erschöpft haben“ (Scheffczyk 1988: 262, 266). 275 Zum ersten Mal greift Martini im Rahmen eines Symposiums der Begriff der Neuevangelisierung auf (...). Sein Ziel ist die Erneuerung der christlichen Substanz der menschlichen Gesellschaft, wofür die Erneuerung der Gemeinden und der Menschen Voraussetzung ist. Drei grundlegende Aspekte der Neuevangelisierung Europas seien darum Verkündigung, Liturgie und Diakonie (vgl. Walldorf 2002: 94). Kardinal Martini scheint im CCEE ein großer Vertreter des konkreten Zugangs zur Thematik Neuevangelisierung zu sein. Die zwei abgehaltenen Symposien des CCEE und eine ungefähr zehnjährige Erforschung dieses Themas sind ihm eine genügend lange Zeitspanne, um nach den konkreten pastoralen Wirkungen der Neuevangelisierung zu fragen. Er sagte 1989 beim CCEE-Symposium: „...wir sollen uns diesmal mit der Frage befassen, wie das Evangelium unseren europäischen Zeitgenossen in so entscheidenden Momenten (...) nahe gebracht werden kann. Dieses Thema bietet sich für Überlegungen sehr praktischer Natur an“ (Martini 1991: 321). 276 Zu diesem europäischen Treffen gehörte auch der Stabwechsel der Präsidentschaft beim CCEE, der einigermaßen die Neuheit der Situation in Osteuropa spiegelt. Zum neuen Präsidenten wurde Kard. Miloslav Vlk aus Prag und als Vize-Präsident spätere Kard. Karl Lehmann aus Mainz und Erzbischof István Seregély aus Eger (Ungarn) gewählt.

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Neuevangelisierung (vgl. J.P.II. 1983.03.09: 385). Sie werden auch beim nächsten

Symposium 1996 intensiv gesucht, wobei der Akzent auf die Kirche selbst gelegt wurde. So

hat in der Eröffnungsrede der Vorsitzende Kard. Miloslav Vlk besorgt gefragt: „Wie es im

Vorbereitungsdokument heißt, ´verbindet nun schon seit über 10 Jahren eine Frage wie ein

roter Faden die Symposien der CCEE: Wie können wir in unserem Europa eine qualitativ

neue Evangelisierung` (Johannes Paul II.) verwirklichen“ (Vlk 1996: 1)? Deswegen wurden

zuerst die Sozialformen und ihre Glaubwürdigkeit in der pluralistischen Gesellschaft

nachgeprüft, um später die Analyse der Person bzw. des Gläubigen in derselben Gesellschaft

zu beurteilen. Die sog. ´Privatisierung` der Religion im Rahmen einer ´Selbststeuerung` im

Leben wurde zum Thema dieses Treffens277. Die Neuevangelisierung wurde im Kontext

menschlicher Freiheit als eine Fähigkeit zum Dialog und zur Solidarität gesehen. Doch in der

tieferen Untersuchung wurde auf die Frage - wie das geschehen soll? – auf die konkrete

Bekehrung hingewiesen278. In all diesen Versuchen, die neuen pastoralen Wege zu markieren

und sie theologisch zu begründen, ist zu bemerken, dass der CCEE immer mehr die

Erneuerung der persönlichen Wege des Glaubens hervorhebt. Die veränderten sozio-

kulturellen Bedingungen sollen eigentlich nicht Schrecken oder Gefahr herbeiführen. Doch

der Verlust an Glauben mit der Ausrede der Freiheit oder ein Verlust an ´Communio` im

Rahmen der sog. Personalisierung, werden als praktische Hindernisse für die religiös-

kulturelle Einheit Europas gesehen.

In dieser Sorge um die Einheit Europas und eine gemeinsame Stimme in der christlichen

Verkündigung, haben sich fast alle christlichen Kirchen seit Jahren Mühe gemacht. Die Idee

der Neuevangelisierung hat sich auch in den protestantischen Kirchen (siehe: KEK 2001: 1;

vgl. Thiede 1991: 96-115) so weit lebendig verbreitet, dass die ökumenische Mitarbeit auf

diesem Gebiet eine evident positive Bilanz zeigt (vgl. Vlk / Arnold 1997: 1; vgl. Ruh 1989:

38-49; vgl. Walldorf 2002: 106-192). Zum Höhepunkt dieser Mitarbeit muss man die sog.

´Charta Oecumenica` rechnen (siehe: Charta 2001: 1-14). Dort verpflichten sich all diese

Kirchen eine gemeinsame Verantwortung für Europa in konkreten Unternehmungen zu

tragen. Der Mut zu solchen ökumenischen Aussprachen lässt die Erwartungen von Papst

277 Vgl. die sehr ausführlichen im Inhalt und methodologisch gut vorbereiteten Beiträge dieses Treffens (siehe: Lehmann 1996: 1-18; vgl. Muszyński 1996: 1-13). 278 Wie kann das geschehen? Das ist die Frage, die wir uns alle stellen. Ich habe schon an die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils erinnert, die zuerst Paul VI. und dann Johannes Paul II. mit unermüdlicher Beharrlichkeit immer neu entfaltet haben und entfalten. In ihr ist eine Zentralidee enthalten, die vom Heiligen Geist eingegeben ist, und den Weg zur Erneuerung unser kirchlichen Gemeinschaften und zur Neu-Evangelisierung der pluralisti-schen Gesellschaft skizziert. Es handelt sich nicht so sehr um eine theoretische Lehre, sondern eher um eine Bekehrung des Denkens, des Empfindens und des Lebens, ...“ (Vlk 1996: 4).

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J.P.II. auf die Neuevangelisierung teilweise erfüllen279. Ähnliche Erwartungen hat ein Jahr

nach der Veröffentlichung dieser Charta auch der CCEE selbst bei seinem X. Symposium

ausgedrückt. Der neue Vize-Präsident Kard. Cormac Murphy-O’Connor bewegt sich in

zeitgenössischer Perspektive sehr flexibel. Mit dem ganzen CCEE wollte er erkunden: „die

Art und Weise und über welche Wege christlicher Glaube sich im lebendigen Gewebe

gegenwärtiger Kultur positioniert und in ihr die erneuernde Energie und einzigartige Neuheit

des Evangeliums ausströmt“ (Murphy-O’Connor 2002: 2). Im Rahmen der Neuevangelisie-

rungsidee in Europa wurden sowohl die geographischen als auch ökumenischen Schranken

des Kontinents überprüft (vgl. Giordano 2002: 1-2; vgl. I.1.4.). Auch der neue Präsident der

CCEE Bischof Amédée Grab, wollte zuerst die Lage Europas noch einmal prüfen und dann

auf den klaren Hinweisen von J.P. II. für Neuevangelisierung280 bestimmen, auf welche

Herausforderungen man zuerst antworten sollte. Am Ende des Jahres 2003 hatte er natürlich

schon das Nachsynodale Apostolische Schreiben ´Ecclesia in Europa` zur Verfügung. So

schlägt er auf der 33. CCEE-Vollversammlung in Vilnius eine gründliche Analyse des

Schreibens vor. Bei dieser Gelegenheit wurden zu den wichtigsten Themen u.a. gezählt: a)

moderne Verkündigung des Evangeliums als Hoffnung für Europäer; b) universelle Öffnung

der Kirchen; c) größere Aufmerksamkeit gegenüber den Ausgestoßenen; d) Solidarität mit der

Kirche Afrikas; e) pastorales Engagement im Rahmen der Neuevangelisierung (vgl. CCEE

2003: 2). Es ist also leicht zu merken, dass die Bischöfe der europäischen Hemisphäre in

vorderster Linie an der Neuevangelisierungsidee beteiligt sind. Sie wollen die Bevölkerung

Europas mit altem christlichen Glauber, aber in neuer radikaler Form erfüllen. Ja, sie wollen

offensichtlich viel näher als bisher an die Menschen und ihre vielfältigen Kulturen kommen.

Ein Europa der Zukunft sehen sie als eine offene, dialogisierende und vor allem versöhnte

Gesellschaft. Die Vitalität des Christentums in diesen Bereichen soll durch verschiedene

Lehrgremien präzisiert werden, was Gegenstand weiterer Forschung sein wird.

279 Bei verschiedenen Gelegenheiten hat Papst J.P.II. deutlich gewünscht: „Da wir den letzten Abschnitt des zweiten Jahrtausends nach der Geburt Jesu Christi beginnen, beten wir gemeinsam für eine Neuevangelisierung, die die ganze Welt umfaßt, ...“ (J.P.II. 1989.10.02: 1513). „Es gilt keine Zeit zu verlieren bei der Sendung der Neuevangelisierung; darum ist es so dringlich, das Werk der christlichen Einheit zu fördern...“ (J.P.II. 1991.08. 18: 646). „Wie dringend ist daher, die Kräfte aller christlichen Kirchen und Gemeinschaften zu einer mutigen Neuevangelisierung zu vereinen! Der ´Ökumenismus der Freiheit` wird sich so in der Wahrheit und in der Liebe erfüllen“ (J.P.II. 1991.12.07: 1362). „... Ein Impuls zur Neuevangelisierung entsteht heutzutage auch durch den ökumenischen Dialog mit den anderen Kirchen und christlichen Gemeinschaften“ (J.P.II. 1998.10.04: 343). 280 Der Vorsitzende der CCEE scheint die lehrmäßigen Hauptlinien für Europa von Papst J.P. II. sehr gut zu kennen. Er nennt ihn ´prophet for a new Europe` und analysierend sein Engagement für eine neue ekklesiale Strukturierung von CCEE gibt zu, dass die drei größten gegenwärtigen Herausforderungen sind: „1. The first task is to be at the service of the new evangelisation. (…). 2. The Criterion for achieving this task is subsidiarity (…). 3. The Council´s style must be based on solidarity“ (Grab 2003: 2).

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2.2.3. Neuevangelisierungsidee nach den Dokumenten anderer

Lehrgremien

Nach den zahlreichen direkten Aussagen Papst Johannes Paul II. über Neuevangelisie-

rung in Europa und den nicht weniger wichtigen, theologischen Ergänzungen der

europäischen Synode und der CCEE ist es notwendig nachzuprüfen, wie sich diese

Äußerungen in anderen Dokumenten der Katholischen Kirche widerspiegeln. In Stichprobe-

form werden solche Spuren in den folgenden Aussagen verschiedener Kongregationen, Räten,

Kommissionen, etc. gesucht. Die fast völlig ausgeformte Neuevangelisierungsidee datiert man

auf den Anfang der 90er Jahren (vgl. Walldorf 2002: 97). Der unmittelbare Einfluss der

Enzyklika ´Redemptoris missio` lässt die neue sozio-politische Lage Europas und die

spannenden Veränderungen im Bereich der Kultur sowohl in zahlreichen Veröffentli-

chungen281 spüren als auch in den verschiedenen Dokumenten der Kirche, die ihre

Verlautbarungen im Kontext der Neuevangelisierung sehen. Sie werden oft unter Leitung von

markanten Theologen herausgegeben wie z.B. das Dokument der internationalen

Theologenkommission vom 27. Juli 1990 (vgl. DAS 1990: 1462-1466). Dort werden die

gegenwärtigen theologischen Probleme dargestellt, um sie am Ende zusammenzufassen:

„... um zu einer Inkulturation zu kommen, muß der ursprüngliche Sinn des Dogmas in dem anderen kulturellen Kontext neu zum Verstehen gebracht werden. So ist das Problem der Dogmeninterpretation heute zu einem universalen Problem der Evangeli-sierung bzw. der Neuevangelisierung geworden“ (DAS 1990: 1466).

Ebenso gelten als empfehlenswert die Aussagen nicht nur der einzelnen Autoren im Rahmen

ihrer Publikationen (vgl. Fußnote 281), sondern auch ihre gemeinsame Stimme. Sie haben

sich sehr oft mit den ausführlichen Analysen der gegenwärtigen Situation Europas in

verschiedenen Bereichen beschäftigt. Im Hintergrund von päpstlichen, synodalen und anderen

Aussagen über die Neuevangelisierung haben sie oft eigene theologisch-pastorale Lösungen

und Vorschriften für die Gläubigen eingeflochten, so z.B. haben die Kardinäle im außer-

ordentlichen Konsistorium „vor allem die Notwendigkeit einer Neuevangelisierung als

Antwort auf die aktuellen Anforderungen hervorgehoben“ (DAS 1991: 1543).

281 Außer dem guten Artikel von Kard. Scheffczyk von 1988 (vgl. Fußnote 274) gab es im deutschsprachigen Raum vorher praktisch keine Bearbeitungen des Themas ´Neuevangelisierung`. Doch schon ab 1990 haben sich verschiedene professionelle Autoren zu diesem Thema geäußert und in nur drei Jahren gab es mehr als 20 gute Artikel darüber. Die ersten waren: Eder, Gernot 1990; Eder, Georg 1990; Lehmann, Karl 1990; Scheffczyk, Leo 1990; Zauner, Wilhelm 1990; Kertelge, Karl 1991; Lehmann, Karl 1991; Sattler, Dorothea / Schneider, Theodor 1991; Seibel, Wolfgang 1991; Willebrands, Johannes Kard. 1991; Figura, Michael 1992; Fuchs, Ottmar 1992; Gerl, Hanna-Barbara 1992; Kasper, Walter 1992; Koch, Kurt 1992; Lehmann, Karl 1992; Ruhe, Christina 1992; Vgl. auch die drei ersten Buchausgaben: May, Georg 1990; Agostini, Nilo 1992; Müller, Joachim (Hg.) 1993.

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Die Aussagen einiger Instruktionen beinhalten manchmal sehr partikuläre Hinweise. Seitdem

jedoch der Begriff ´Neuevangelisierung` weit verbreitet ist, werden sie fast immer mit der

heutigen veränderten Situation Europas verbunden. Die neuentstandenen Möglichkeiten

fordern die kirchlichen Institutionen zu den neuen Methoden und Ausdrucksformen heraus,

wie es sich die Neuevangelisierungsidee wünscht. So schlägt z.B. der Päpstliche Rat für die

sozialen Kommunikationsmittel vor:

„Zusätzlich zu den traditionellen Mitteln und Wegen (...) ist der Einsatz der Massen-medien für die Glaubensverkündigung (Evangelisierung) und Katechese unabdingbar geworden. (...) Die sozialen Kommunikationsmittel können und müssen Werkzeuge sein im Dienst des Planes der Kirche zur Re-Evangelisierung bzw. Neuevangelisie-rung in der heutigen Welt“ (DAS 1992: 1307).

Ähnlich präsentiert seine Erwartungen bezüglich Neuevangelisierung der Päpstliche Rat für

die Familie. In der Vorbereitungsphase auf das Internationale Jahr der Familie hat er auf die

päpstliche Betonung282, dass die Familie eine lebendige Zelle der Neuevangelisierung sein

kann, zurückgegriffen. Hinsichtlich der gesamten zivilen Gesellschaft schlägt er vor, dass jede

Familie das Zentrum effektiver Neuevangelisierung bleibt (DAS 1993: 1527, 1530).

Eines der besten Beispiele, wie man die Neuevangelisierungsidee in einem partikularen

Dokument anwenden kann, könnte auch das Direktorium für den Dienst und das Leben der

Priester von 1994 sein. In ihm berief sich die Kongregation für den Klerus nicht nur auf die

päpstliche Exhortation ´Pastorem dabo vobis`, sondern auf alle Darlegungen, die das

Priestertum im Hinblick auf das neue Jahrtausend und die Neuevangelisierungsaufgaben

betreffen. Schon in der Einleitung werden die wichtigsten und zugleich verantwortlichsten

Subjekte der Neuevangelisierung des dritten Millenniums erwähnt. Dieses Dokument möchte

„auf die wichtigsten Fragen doktrinärer, disziplinärer und pastoraler Art antworten, die

sich den Priestern beim Einsatz für die Neuevangelisierung stellen“ (DAS 1994: 1051). Nach

der biblisch-theologischen Beschreibung des Priestertums kommt man zu ihren historisch-

geistlichen Dimensionen und weist auf die Dringlichkeit ihrer evangelischen Aktion hin.

„Daraus ergibt sich, daß der Priester in ganz besonderer Weise in den Einsatz der gesamten Kirche für die Neu-Evangelisierung einbezogen ist. (...) Der Priester ist aufgerufen, in der Neu-Evangelisierung ein Bote der Hoffnung zu sein. (...) Getrennte Wege auf diesem Gebiet einzuschlagen, kann effektiv die Schwächung des Werkes der Neu-Evangelisierung bedeuten“ (ebd. 1071, 1095).

282 „Diesem kirchlichen Ereignis sind drei konkrete apostolische Zielsetzungen entsprungen: Die Evangelisie-rung – oder vielmehr die neue Evangelisierung; die vordringliche Liebe zu den Armen und die Familienpastoral“ (DAS 1990: 723). „Ich meine, im Hinblick auf eine neue Evangelisierung muß die Familienpastoral zweifellos unter die Prioritäten eingereiht werden“ (J.P.II. 1985.10.11: 1553; vgl. J.P.II. 1992.10.03: 5).

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Die Priester werden in der sich schnell verändernden Umgebung zu einer permanenten

Formation aufgerufen, die eine geistliche Bekehrung, gewisse Heiligkeit, intellektuelle

Erneuerung sowie Weiterbildung verlangt. Weil diese Charakteristika alle geistlichen

Berufungen betrifft, hat das Päpstliche Werk für geistliche Berufe ein Dokument

herausgegeben, in dem über ´Neue Berufungen für ein neues Europa`, um eine Neuevangeli-

sierung zu leiten, die Rede ist (vgl. PWGB 1998: 13-28). Bevor die umfangreichen pastoral-

theologischen Auslegungen kamen, wurde erörtert:

„neue Wege und verlangt einen neuen Anstoß für den Prozeß der Evangelisierung des alten und neuen Europa. (...) Es geht darum, das ´semper` und das ´novum` des Evangeliums zu verbinden, um es den neuen Fragestellungen und Verhältnissen des Mannes und der Frau von heute anzubieten. (...) Der Weg der neuen Evangelisierung muß also von hier ausgehen oder hierher vorstoßen, um das Leben und den Lebenssinn, das Bedürfnis nach Freiheit und Subjektivität, den Sinn des eigenen Seins in der Welt und der Beziehungen zu anderen Menschen zu evangelisieren“ (ebd. 19f).

In diesem Sinne hat auch am 15. August 1997 die Kongregation für den Klerus ein

umfangreiches Direktorium für die Katechese veröffentlicht. In ihm wird explizit sogar

neunmal das Wort ´Neuevangelisierung` erwähnt283, was als Antwort auf die päpstliche

Förderung in diesem Bereich gesehen werden darf. Dieselbe Kongregation für den Klerus hat

mit der Kongregation für das katholische Bildungswesen ein Jahr später die Grundnormen für

die Ausbildung der Ständigen Diakone veröffentlicht. In einer gemeinsamen Erklärung freuen

sich die beiden Kongregationen über die Fortschritte im Kontext der Missionsarbeit an der

Schwelle des 3. Jahrtausends.

„Der Ständige Diakonat, (...) hat in den letzten Jahrzehnten vielerorts starken Auftrieb erhalten und viel versprechende Früchte zum vollen Nutzen der dringenden Missionsaufgabe der Neu-Evangelisierung hervorgebracht. (...) Auf diese Weise wird man jene Weisungsstabilität sicherstellen können, die gewiss zugleich mit der legitimen Pluralität die unerlässliche Einheit gewährleisten wird, und als Folge davon die Fruchtbarkeit eines Dienstes, der bereits gute Früchte hervorgebracht hat und einen gültigen Beitrag zur Neu-Evangelisierung an der Schwelle des dritten Jahrtausends verheißt“ (DAS 1998a: 1083, 1085).

Obwohl der Diakonendienst in der Kirche seit den Zeiten der Apostel nachgewiesen und

theologisch gut begründet ist, wird er wie andere Dienste in der gegenwärtigen Kirche wieder

zu einer Belebung aufgerufen. Die vielfachen Leistungen verschiedener Kongregationen dafür

zeigen sich nicht nur in den gesetzlichen bzw. kanonischen Promulgationen sondern auch in

den Aufrufen zur ´Neurealisierung` oder ´Neubelebung` des besonderen Wirkens der

kirchlichen Diener (vgl. ebd. 1089). Von ihnen nämlich hängt sehr viel ab (vgl. III.3.3.), wenn

283 Siehe den Kontext der Aussagen dieses Direktoriums (DfK 1997: 1-118) über Neuevangelisierung in den Punkten: Nr. 13,26,58c,59,62,212,232,276,278.

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es um die direkte Verkündigung des Gotteswortes geht. Aus diesen Gründen wird die Idee der

Neuevangelisierung noch vielmals in anderen lehramtlichen Dokumenten, die den

priesterlichen bzw. diakonischen Dienst betreffen, hervorgehoben. Die erste Gelegenheit

dafür ergab sich schon bei der Suche nach neuen Berufungen für ein neues Europa. Das

päpstliche Werk für geistliche Berufe veröffentlichte am 6. Januar 1998 ein Dokument in dem

die neuen Berufungen im Geist der Neuevangelisierung gesucht werden (siehe: SDBK 1998:

19f). Dabei wurde das ungerecht verbreitete Bild eines ´Menschen ohne Berufung` stark

negiert. Die Herausgeber wagen sich zu meinen,

„dass die Berufung das eigentliche Herz der neuen Evangelisierung an der Schwelle zum Dritten Jahrtausend darstellt, dass sie der Aufruf Gottes an den Menschen ist zu einer neuen Ära der Wahrheit und Freiheit, und zu einer ethischen Neubegründung der europäischen Kultur und Gesellschaft“ (ebd. 20).

Ebenso wurde am 19. März 1999 in dem erschöpfenden Direktorium für die Priester (vgl.

SDBK 1999: 1-35), das schon nach seinem Titel ´Der Priester, Lehrer des Wortes, Diener der

Sakramente und Leiter der Gemeinde für das dritte christliche Jahrtausend` seinen Inhalt und

seine Struktur bezeichnet, der Platz der Priester gewährleistet. Schon in den Anfängen dieses

Dokumentes wird auf die anderen jüngsten Dokumente hingewiesen284, die den Weg zu

diesem Text erheblich erläutert haben. Das originale Dokument vermeidet den Begriff

´Neuevangelisierung` nicht, der dort sogar 31-mal vorkommt (siehe: SDBK 1999: 4f).

Verständlicherweise wird das Bild des Priesters bzw. Priesteramtes als eine unersetzbare

Realität im Dienst an der Neuevangelisierung dargestellt. Um nicht den schlechten Eindruck

zu bekommen, dass sich dieses Dokument nur mit den Pflichten der Priester beschäftigt, ist es

notwendig die Momente aufzuzeigen, wo man über die Objekte bzw. über die Träger des

Glaubens spricht285. Sie werden in der Ökonomie der Neuevangelisierung als in einer

Symbiose mit den Hirten lebende Mitglieder gezeigt. Doch im Endeffekt werden gerade die

284 Die Unterzeichner dieses Dokuments und zugleich Vorsitzenden der Kongregation für den Klerus, Präfekt Kard. Castrillón Hoyos und Sekretär Csaba Ternyák, haben sich auf die Worte Papst J.P.II. berufen, der in einer Plenarversammlung dieser Kongregation sagt: „Die Perspektive der Neuevangelisierung findet im Einsatz für das große Jubiläum einen starken Ausdruck. Hier kreuzen einander providentiell die Wege des Apostolischen Schreibens Tertio millennio adveniente und jene, die von den Direktorien für die Priester und die Ständigen Diakone sowie von der Instruktion zu einigen Fragen über die Mitarbeit der Laien am Dienst der Priester und vom Ergebnis der gegenwärtigen Plenarversammlung aufgezeigt wurden. Dank der allgemeinen und überzeug-ten Anwendung dieser Dokumente wird sich der inzwischen gewohnte Ausdruck Neu-Evangelisierung noch viel effizienter in wirksame Realität umsetzen lassen“ (J.P.II. 1998.10.13: zitiert nach SDBK 1999: 1). 285 „Ein Aspekt der Neu-Evangelisierung, der immer größere Bedeutung gewinnt, ist die ökumenische Bildung der Gläubigen. Das Zweite Vatikanische Konzil mahnte alle katholischen Gläubigen, daß sie ´mit Eifer an dem ökumenischen Werk teilnehmen`, (...) Die Neu-Evangelisierung wird sich in dem Maße verwirklichen lassen, in dem nicht nur die Kirche als ganze oder ihre einzelnen Institutionen, sondern jeder Christ in die Lage versetzt wird, den Glauben zu leben und durch sein Leben einen lebendigen Grund für Glaubwürdigkeit und eine glaubhafte Verteidigung des Glaubens abzugeben“ (SDBK 1999: 5, 12).

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berufenen und ausgebildeten und engagierten Priester für den evangelischen Einsatz

verantwortlich sein.

Die Neu-Evangelisierung erfordert einen vollständigen und wohlbegründeten, leiden-

schaftlichen Dienst am Wort mit klarem theologischem, spirituellem, liturgischem und

moralischem Inhalt, der auf die konkreten Bedürfnisse der Menschen, die erreicht werden

sollen, achtet (SDBK 1999: 12).

Im dritten Kapitel dieses Dokuments findet man das Bild des Priesters, von dem

unausweichlich gefordert wird, die konkreten sakramentalen Dienste in ´neuer Klarheit` (ebd.

15) und ´neuer Anstrengung` (ebd. 16) zu verrichten sowie ´neue Bereitschaft` (ebd. 25) in

den neuen Angelegenheiten zu beweisen. Diese Neuheit also besteht in der Suche nach außen

von neuen Methoden und nach innen von neuem Eifer286. Ja, die soteriologische Dimension

der priesterlichen Pastoral weist auf den ´heiligen Eifer` (vgl. PDV 82) am Gotteswerk mehr

als auf die menschlichen und technischen Möglichkeiten hin. Die unermüdlichen Promotoren

der Neuevangelisierung durch die vorbereiteten Priester, also der Präfekt Kard. Castrillón

Hoyos und sein Sekretär Csaba Ternyák, haben im Jahr 2002 ein weiteres Dokument unter

dem Titel ´Der Priester, Hirte und Leiter der Pfarrgemeinde` veröffentlicht. Sie greifen auf

den jüngsten päpstlichen Aufruf ´Duc in altum!` (siehe: NMI 15) zurück und zeichnen ein

zukünftiges Priesterbild von einem ´Mann Gottes` (vgl. Hoyos / Ternyák 2002: 12).

„Dieses Dokument folgt der großen missionarischen Strömung des Duc in altum, womit das unverzichtbare Werk der Neuevangelisierung des dritten christlichen Jahrtausends bezeichnet wird (…). Wir stehen in einer Zeit der Neuevangelisierung: wir müssen es verstehen, die Personen suchen zu gehen, die auch darauf warten, Christus begegnen zu können“ (ebd. 5, 12).

Fasst man die Aussagen der Lehrgremien bis ungefähr Mitte 2003 zusammen, sieht man eine

breite Palette der menschlichen Subjekte und Objekte der Neuevangelisierung. Es wird also

logischerweise notwendig, im Folgenden sowohl die Ziele (siehe: III.3.2.) als auch die

Fortführer bzw. Adressaten (siehe: III.3.3.) klar zu differenzieren. Nur dann könnte man

schon das nächste Kapitel mit eindeutiger Unterscheidung angehen, das die Verhältnisse der

Migranten mit dieser lebendigen Neuevangelisierungsidee in Verbindung zu bringen versucht.

286 Der Präfekt der Kongregation für den Klerus, Kard. Darío Castrillón Hoyos, hat in seinem Vortrag am 15. Mai 2000 sehr deutlich den Geist der päpstlichen Lehre unterstrichen: „Um an dem anzuknüpfen, was wir zuvor über das Unterfangen der Neuevangelisierung gesagt hatten, so bindet sie – wie der Heilige Vater sagt – das ganze Gottesvolk ein und erfordert einen neuen glühenden Eifer, neue Methoden und eine neue Ausdruckswei-sen für die Verkündigung und das Zeugnis des Evangeliums; sie verlangt von den Priestern, daß sie radikal und in ihrer ganzen Dimension in das Mysterium Christi eintauchen und im Stande sind, einen neuen Seelsorgstil zu verwirklichen (vgl. PDV 18)“ (Hoyos 2000: 5).

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3. Theologisch-pastorale Dimensionen von Neuevangelisierung

Die weitgehende semantische Erläuterung des Begriffes ´Neuevangelisierung` (siehe:

III.1.1.) sowie die lehramtlichen Äußerungen verschiedener kirchlicher Gremien darüber

(siehe: III.2.) drücken den menschlichen bzw. christlichen Wunsch aus, an der dringenden

Aufgabe der Neuevangelisierung im gegenwärtigen Europa teilzunehmen. Es ist eine

Tatsache, dass heute evangelisatorische Unternehmungen für europäische Angelegenheiten

(siehe: III.1.3.) intensiv betrieben werden und unter verschiedener Nomenklatur der Neuevan-

gelisationsidee recht gut entsprechen. Selbstverständlich können ihre Beschreibungen sowie

Anwendungen in den lehramtlichen Aufrufen kein Wesen der Neuevangelisierung aufzeigen,

denn sie ist in der Kirche ein relativ neuer Prozess. Deswegen haben auch die im Folgenden

dargestellten pastoralen Ziele, Aufgaben, Subjekte, Objekte und die pastorale Realisierung der

Neuevangelisierung keinen abgeschlossenen Rahmen. Doch die klare Berufung auf konstante

Quellen und Inhalte wäre ein erster Schritt, um sowohl methodologisch als auch theologisch

die Weiterführung dieses Lehrbereiches zu rechtfertigen.

3.1. Unwiderrufliche Quelle und Inhalt der Neuevangelisierung

3.1.1. Gott Vater, Gott Sohn und Gott Hl. Geist

Fragt man nach den endgültigen Quellen der Neuevangelisierung, steht missionswis-

senschaftlich fest, dass es Gott selbst ist. Denn das Mysterium der Dreifaltigkeit (Vater, Sohn

und Hl. Geist) wollte sich uns persönlich offenbaren. „Gott hat in seiner Güte und Weisheit

beschlossen, sich selbst zu offenbaren und das Geheimnis seines Willens kundzutun (vgl. Eph

1,9): daß die Menschen durch Christus, das fleischgewordene Wort, im Heiligen Geist

Zugang zum Vater haben und der göttlichen Natur teilhaftig werden (vgl. Eph 2,18; 2 Petr

1,4)“ (DV 2). Gott also, der ´DER DA IST` (vgl. Ex 3,14), ein lebendiger Gott mitten unter

uns (vgl. Jos 3,10), der einzige, der all unsere Nöte und Wünsche des Herzens kennt (vgl. Ps

139, 1-4; Mt 24,36), der hat sich in seiner ewigen Liebe (vgl. Jer 31,3) uns bedingungslos als

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Vater geoffenbart. Diese persönliche Gottesliebe, die jeder erkennen287 und schätzen soll,

liegt in den Fundamenten der Frohbotschaft. Das erlaubt festzustellen: „Die Liebe des

himmlischen Vaters ist jene Quelle, die den Menschen Heilung bringt im Sinne einer so

notwendigen ´neuen` Evangelisierung“ (Enichlmayr 1994: 80). In solchem Mysterium hat

sich der himmlische Vater nicht gegen die Welt, sondern ihr gegenüber (vgl. DV 1) auf den

Weg gemacht, um allen zu erleichtern seine Liebe zu erkennen. Dort findet seine ´Mission`

der Ur-Anfang statt, und jedes Wesen soll ihm vertrauen, denn der Herr zieht mit ihm, er lässt

ihn nicht fallen (vgl. Dtn 31,6). In gewisser ´Eigensendung` (vgl. Joh 20,21) kann man in

diesem Gotteswerk auch den Ursprung der sog. ´Missio Dei` spüren288. Weil Gott selbst sich

nie ändert (vgl. Mal 3,6), kann auch seine ´Mission` nie abgerufen werden, meinte bestimmt

Kard. Kasper (1992: 243), der sagte: „Die Neuevangelisierung bei uns wird Gottes Werk sein

oder wird nicht sein“.

Nicht das erste, aber zweifelsohne das größte Gotteswerk ist die konsequente

Manifestation der Gottesliebe zur Welt bzw. die Sendung des eigenen Sohnes zu uns

Menschen. „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, ...“

(Joh 3,16). Die Präexistenz Jesu im Vater, der ihm gleich ist (vgl. Joh 10,30), sowie seine

mystische Inkarnation, die ihn nicht ändert, denn Jesus ist wie der Vater ´gleich gestern, heute

und ewig` (vgl. Hebr 13,8), lassen einige Theologen die ´inkarnatorische Dialogizität` und

´kenotische Ausrichtung` der Neuevangelisierung in ihnen sehen (siehe: Koch 1992: 646-650;

vgl. LThK Bd. 5. S. 1394). Ja, das „Geheimnis der Inkarnation des Logos und der biblische

Sendungsauftrag im Hinblick auf die Neuevangelisierung der ´nachchristlichen` Menschen,

(...) bedeutet für uns Christen, allen Menschen das Geheimnis des Heils und das von Gott

geschenkte Leben anzubieten oder neu zu erschließen“ (Rivinius 1994: 694). Jesus Christus

hat also von der Vaterliebe das geschenkte Leben und die Sendung so tief angenommen, dass

er der vollkommenste ´Apostel` des Vaters geworden ist (vgl. Nunnenmacher 1993: 246) und

zu demselben alle anderen Menschen aufruft. Unter diesem Gesichtspunkt kann man als

zweite Quelle der Neuevangelisierung die absolut gehorsame Person Jesu sehen (vgl. SBSE-

INS 1999: 70f), was in der enzyklopädischen Sprache so genannt wurde: „Ursprung der

Evangelisierung ist Jesus Christus selbst, der in Wort und Tat die Liebe des Vaters ein für

287 Das kirchliche Lehramt bestätigt eindeutig, dass jeder mit natürlichen Kräften und Verstand Gott als Anfang und endgültiges Ziel der Dinge zu erkennen im Stande ist (siehe: DV 6; vgl. Röm 1,20). Die, die ihn suchen, aber nicht finden oder in den schweren Zeiten sagen, dass es nicht mehr möglich ist, können nur schwer entschuldigt werden. „Töricht waren von Natur alle Menschen, denen die Gotteserkenntnis fehlte. (...) Und wenn sie über ihre Macht und ihre Kraft in Staunen gerieten, dann hätten sie auch erkennen sollen, wieviel mächtiger jener ist, der sie geschaffen hat;“ (Weish 13,1.5). 288 Zur sog. ´Missio Dei` siehe das Werk der evangelikalen Missiologie von G.F. Vicedom 2002; vgl. Riche-bächer 2003: 143-162.

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allemal verwirklicht hat“ (LThK Bd. 3. S. 1033). Es ist wichtig die Aufmerksamkeit darauf zu

lenken, dass die Neuevangelisierungsidee, die, wenngleich in der katholischen Kirche

entstanden (siehe: III.1.1.4.), einen universalen Christus anerkennt289. Er ist dem Vater gleich

(vgl. Joh 10,30) und von ihm hat er direkt den Hl. Geist bekommen (vgl. Jos 9,5; 11,2f; 42,1).

Er ist jetzt als Geist allen nah, denn „in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir“ (Apg

17,28; vgl. Ps 139, 7-10). Doch auf besondere Art ist er präsent in denen, die ihn lieben (vgl.

Joh 14,23). Ihnen auch gießt der Hl. Geist die Liebe ein (vgl. Röm 5,5) und andere Gaben zur

Bereicherung der Gemeinden (vgl. Röm 12,6). Obwohl die Neuevangelisierungsidee in

diesem theologischen Punkt fast kaum bearbeitet wird290, ist es logisch, dass nur das „von der

Einheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes her geeinte Volk“ (vgl. LG 4)

entstehen kann. Dieses Volk, und zwar als die Menschheit verstanden, hat das Recht, den

Geist mit seinem Segen zu erwarten (vgl. Jos 44,3; vgl. Joel 3,1f), damit man seinen Heilsplan

sowohl im AT durch das Gesetz (vgl. Ez 36, 26f) als auch im NT durch die Liebesgebote (vgl.

Mt 22,37-29) erfüllt sieht. Weil die Umgebung unseres Lebens es immer schwerer macht,

wird oft von den Einzelnen eine besondere Assistenz des Geistes verlangt. In diesem Punkt

schließen die Überlegungen von Kard. Lehmann über die Neuevangelisierung Europas die

dritte Quelle ein. „Unsere Welt hat sich in kurzer Zeit schlagartig verändert. Eine geistige

Orientierung ist für uns Christen nicht möglich ohne eine radikale Neu-Evangelisierung“

(Lehmann 1992: 318). Dass der Hl. Geist tatsächlich besonders denen die Orientierung gibt,

denen die weitere Sendung anvertraut ist, wäre biblisch leicht zu beweisen291. Um aber nicht

das Thema der tiefsten Quellen für die Neuevangelisierung Europas aus den Augen zu

verlieren, muss es genügen, die gewagte Schussfolgerung von Rivinius (1994: 695) zu

bedenken, dass die gegenwärtigen Europäer „zum bewußten Glauben an den Schöpfergott, an

Jesus Christus und den Hl. Geist“ aufgerufen sind.

289 Die protestantische Kirche hat nicht nur wissenschaftlichen sondern auch immer größeren praktischen Anteil an dieser Idee, was mit Recht zu sagen erlaubt: „Das (keineswegs nur katholische) Projekt der (Neu-) Evangelisierung und – zunächst – der Kirche selbst will ganz entschieden hinführen zur Mitte des christlichen Glaubens: zu Jesus Christus“ (Sattler / Schneider 1991: 174). 290 Einige Versuche die Rolle des Geistes in der Neuevangelisierung zu analysieren finden wir bei Spaemann (1993: 285): „Neuevangelisierung. Die Vokabel ´neu` in Verbindung mit Evangelium – das läßt Christen an ein Herzwort ihrer Existenz denken, ihr Inneres Zuhause ist ja der ´Neue Bund`. (...) Die Evangelien und die Apostelbriefe enthalten eine Reihe von Wortverbindungen mit der Vokabel ´neu`, die sich auf den Heiligen Geist beziehen. Beim Gedanken an Neuevangelisierung sollte man sie beachten“. In der Enzyklika ´Veritatis splendor` steht: „Am Ursprung der neuen Evangelisierung und des neuen sittlichen Lebens, das sie in ihren Früchten der Heiligkeit und des missionarischen Engagements darlegt und weckt, steht der Geist Christi...“ (VS 108). Diesen Geist bekommt man bei der Taufe und in ihm sollen die sog. ´Hauptagenten` die Neuevangelisie-rung verwirklichen (vgl. J.P.II. 1998.12.08: 875). 291 Siehe z.B.: 1 Sam 11,6; 1 Sam 16,13f; Jes 61,1f; Jer 1,4; Mt, 1,18-20; Lk 35f; Lk 1,67f; Joh 14,16; Joh 15, 26; Joh 17,4; Mt 28,19; Apg 2,32-38; 1 Kor 3,16; Gal 4,6; Ef 4,12f; 1 Joh 3,24.

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3.1.2. Evangelium, Tradition, Lehramt

Schon die erste Analyse der lehramtlichen Aussagen über Neuevangelisierung (siehe:

III.2.) zeigt eindeutig, dass nur wenige Äußerungen ihren Quellen und dem Inhalt gewidmet

werden. Besonders fiel das in die erste Dekade des Amtes von Papst J.P.II. Er selbst und die

Verlautbarungen anderer theologischer Gremien konzentrieren sich vor allem auf die damals

politisch veränderte Situation Europas (vgl. J.P.II. 1986.01.02: 1044). Es gab zwar viele

Unternehmungen, um die Kirche und die Evangelisation im allgemein zu erneuern, aber man

fragte nur selten nach dem Inhalt dieses ´Neuen`. Wenn schon, dann berief man sich auf den

einleitenden Appell von J.P.II., der er am Anfang seines Pontifikats deutlich ausgedrückt hat:

„Habt keine Angst! Öffnet, ja reißt die Tore weit auf für Christus!“ (J.P.II. 1978.10.22: 76).

Inzwischen würden zu diesem Thema theologische Anstöße geboten, die mehr und mehr auf

verschiedene Quellen der Neuevangelisierung (siehe: III.3.1.1.) aufmerksam machten. In

Christus nämlich ist die endgültige Gottesoffenbarung erfolgt, und das, was er für uns

darstellt, ist für alle Zeiten der einzigartige und umfassende Inhalt der Neuevangelisierung.

Es gibt ´kein anderes Evangelium` – hat es lapidar die Erste Europäische Sondersynode

zusammengefasst (vgl. SBSE 1991: 14) und die Zweite Europäische Sondersynode hat noch

einmal bestätigt, dass „Jesus Christus Herr der Geschichte ist, Inhalt und Wesenskern der

Heilsbotschaft, der Weg, die Wahrheit und das Leben (vgl. Joh 14, 6), die einzig gültige

Hoffnung für alle Generationen, der Ausgangspunkt der Neuevangelisierung (SBSE-INS

1999: 43). Jesus also und seine immer gültige Verkündigung der Herrschaft Gottes werden

zum fundamentalen, konstanten Inhalt des christlichen Glaubens. In diesem Sinn bedeutet

Neuevangelisierung keine „Verkündigung eines Inhalts, der in der Katholischen Kirche bisher

nicht bekannt gewesen wäre. Das Evangelium muss weiter ohne Abweichungen und in treue

zum Ursprung verkündigt werden, wie es bisher durch die Tradition und das kirchliche

Lehramt verkündigt worden ist“292. Solch ein allgemeiner Zugang zum Inhalt von

Neuevangelisierung war am Anfang der 90er Jahre typisch. Man betonte das Festhalten am

´christlichen Glauben` (vgl. May 1990: 7), die notwendigen Anstrengungen, die ´Botschaft

des Evangeliums` in unserer Zeit zu bezeugen (vgl. Seibel 1991: 74) oder man sprach vom

´Wort Gottes`, das zum ´Inhalt und Norm der alten und neuen Evangelisierung` werden soll

(siehe: O.A. 1992: 185). Es war unmöglich etwas Besonderes bzw. Anderes in der Kirche zu

292 Im polnischen Original steht: „Nowa ewangelizacja nie oznacza więc głoszenia treści, które dotychczas nie były znane w Kościele katolickim. Ewangelia musi nadal być przepowiadana w sposób wierny i bez zniekształceń, tak jak dotąd była przekazywana przez Tradycję i Magisterium Kościoła” (Pawlina 1995: 38).

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vermitteln als was in der Bibel stand. Der eventuelle Methodenwechsel war gleichermaßen

recht schwer. Doch gab es schon damals die ersten Versuche den Inhalt bzw. das Wesen der

Neuevangelisierung in einer Sentenz293 oder einem Kernspruch zu erfassen. Fast alle fragten

sich: was ist das ´Neue` in der Neuevangelisierung bzw. in ihrem Inhalt und ihrer

Anwendung? Und wenn etwas ´Neues` aufgetaucht ist, „können die zentralen Verkündigungs-

inhalte von damals auch den Menschen von heute für die christliche Weltanschauung von

Nutzen sein“ (Enichlmayr 1994: 71)? Unabhängig davon, ob man sich mit den alten oder

neuen Inhalten der Neuevangelisierung beschäftigt, war es immer notwendig, die konkreten

inhaltlichen Schwerpunkte festzusetzen (vgl. Böttigheimer 1999: 689). Hierauf kam es

schrittweise zu einer gewissen Selektion von brennenden Bereichen, Schlüsselproblemen und

Themen, die die Neuevangelisierungsidee theoretisch und praktisch betrafen. Dabei ist

auffallend, dass, während Papst J.P.II. einige theologische Bereiche und Disziplinen

erwähnt294, andere Autoren auf die Kristallisierung konkreter Themen wert legen. So hat z.B.

Kard. Ratzinger (2001: 4-8) eine ausführliche Zusammenfassung der bisherigen Forschungen

über den Inhalt der Neuevangelisierung erstellt und die vier wichtigsten theologischen

Themen erwähnt. Das wären: Umkehr, Reich Gottes, Jesus Christus und Ewiges Leben. Diese

spezifischen Inhaltspunkte, ihre theoretische Vertiefung und praktische Belebung werden die

im Folgenden dargestellten Aufgaben der Neuevangelisierung sehr stark prägen.

293 Papst J.P.II. schlug einmal vor: „Die Neuevangelisierung, auf die hinzuweisen und zu der aufzufordern ich nicht müde werde, muß in dieser frohen Botschaft bestehen: Gott, der Urheber des Lebens, hat für jeden einen ganz besonderen Plan ewigen Glücks“ (J.P.II. 1991.03.01: 1424). Kard. Joseph Ratzinger (1992: 18) versuchte auf der Sondersynode für Europa 1991 das Wesentliche im Inhalt der Neuevangelisierung zu betonen. Nach ihm könnte als Motto das Verlangen Jesu im Markusevangelium 1,15 dienen: ´Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium`. Ähnlich erkennt Bischof Swierzawski (2000: 16) die Genese und das Wesen von Neuevangelisierung in einem anderen biblischen Zitat: ´Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes` (vgl. Mt 28,19-20). Auch Pawlina (1995: 38) versuchte das Wichtigste in der Neuevangelisierung zu benennen und sagte: „Das Wesen einer neuen Evangelisierung ist die Wahrheit, die jeder Christ mit dem Leben verkündigen kann und muss: ´Gott liebt dich, Christus ist zu dir gekommen, Christus ist für dich – Weg, Wahrheit und Leben!` (vgl. Joh 14,6; vgl. ChL 34). Im polnischen Text steht: „Istotą nowej ewangelizacji jest prawda, którą kaŜdy chrześcijanin moŜe i musi słowem oraz Ŝyciem głosić: ‘Bóg cię kocha, Chrystus przyszedł do ciebie, Chrystus dla ciebie jest – Drogą i Prawdą, i śyciem!- (J. 14,6; por. ChL 34)” (Pawlina 1995: 38). 294 Siehe seine Ansprachen, in denen er sich eindeutig auf die Fundamental-, Moral- und Soziallehre berief: „´Die Neuevangelisierung` muß daher ´zu ihren wesentlichen Bestandteilen die Verkündigung der Soziallehre der Kirche zählen`. (...) Daher unterstreicht einer der grundlegenden Inhalte der Neuevangelisierung nicht nur die Wahrheit über Gott, sondern auch die volle Wahrheit über den Menschen, d.h. eine korrekte Sicht des Menschen auf der Grundlage des Evangeliums. (...) Einer der wichtigsten Inhalte der Neuevangelisierung besteht in der Verkündigung des ´Evangeliums der Arbeit`, (...) das unter den heutigen Umständen besonders notwendig geworden ist“ (J.P.II. 1993.01.15: 1388, 1389, 1391; vgl. Rauscher 2002: 359). „Wie im Falle der Glaubens-wahrheiten, ja in noch höherem Maße, bekundet eine Neuevangelisierung, die Grundlagen und Inhalte der christlichen Moral darlegt, ihre Authentizität und verströmt gleichzeitig ihre ganze missionarische Kraft...“ (VS 107). Vgl. May (1990: 7) der auf eine ähnliche Denkart von Papst Paul VI. im Hinblick auf den Inhalt der Neuevangelisierung hinweist. „Nach Paul VI. fordert die Evangelisierung eine klar formulierte Botschaft über die Rechte und Pflichten jeder menschlicher Person sowie über das Familienleben. Das ist das, was man herkömmlich als christliche Moral bezeichnet“.

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3.2. Hauptziele und -aufgaben der Neuevangelisierung

Am Anfang dieses Abschnittes ist es notwendig, eine kurze methodologische

Anmerkung zu machen, um den Unterschied zwischen den Zielen und den Aufgaben, die hier

auftauchen, anzudeuten. Die Begriffe, die zukünftige evangelisatorische Initiativen betreffen,

werden getrennt bearbeitet damit man ihre Nutzung für die Neuevangelisierungsidee

deutlicher darstellen kann. Oft wird hervorgehoben, dass die Neuevangelisierung eine höchst

dringende Aufgabe ist295. Schon seit langem werden konkrete Schritte postuliert. Das heißt

aber nicht, dass diese Idee keine kristallisierten übergeordneten Ziele hat. Doch, sie spiegeln

sich einfach in der allgemeinen Sendung der Kirche und werden oft schlicht als

´missionarisch` betrachtet. Es ist also notwendig methodologisch die ganz neu erhobenen

Neuevangelisierungsziele zu bestimmen, die normalerweise später zu konkreten Aufgaben

überleiten (vgl. SBSE-LIN 1998: 3). Das synodale Schema erlaubt die weitgehende Symbiose

der Ziele mit den Aufgaben leichter auseinander zuhalten, aber so dass das eine nicht zu fern

von dem anderen bleibt (vgl. Scheffczyk 1990: 338).

3.2.1. Die allgemeinen Tendenzen als Hauptziele

Eines der ersten Ziele der Neuevangelisierung findet sich in einer Ansprache von

Papst Johannes Paul II. von 1991. Er geht hier direkt zur unerschöpflichen Quelle der

Neuevangelisierung – Jesus Christus (siehe: III.3.2.1.) und wünscht, daß der Name Jesu mutig

und konsequent verkündet wird, „damit durch eine neue Evangelisierung alle die Möglichkeit

bekommen, dem Erlöser persönlich zu begegnen“ (J.P.II. 1991.03.19a: 281). Diese pastorale

Stellungnahme geht nicht auf die didaktischen Konnotationen der Neuevangelisierungsidee

ein wie z.B. Sendung, methodologische Verkündigung etc. und betrifft das Wichtigste; denn

Jesus selbst ist nicht nur der fundamentale Inhalt, sondern auch das Endziel der christlichen

Verkündigung bzw. des Glaubens. Um diese Begegnung mit Christus geht es bei aller

Neuevangelisierung (vgl. J.P.II. 1998.10.06: 760; vgl. Sattler / Schneider 1991: 174).

295 Solche Anwendungen kann man besonders in den Ansprachen J.P.II. bemerken. Z.B. „Seid euch der Dring-lichkeit der Neuevangelisierung wohl bewußt! Sie ist eine Aufgabe, die alle angeht“ (J.P.II. 1990.07. 02: 553). „Die Neuevangelisierung Europas ist eine langwierige und schwere Aufgabe, die von den Christen den Heroismus der Heiligkeit fordert“ (J.P.II. 1991.10.31: 1315). „Die Neuevangelisierung ist heute eine enorme Aufgabe: inhaltlich und bestimmungsmäßig von universalem Charakter,...“ (J.P.II. 1998.10.04: 350).

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Kard. Kasper ist mit einer solchen Interpretation einverstanden; denn für ihn geht es bei der

Neuevangelisierung vor allem um die geistigen Ziele deren Realisierung allerdings eine

´mystagogische Kompetenz` voraussetzen (vgl. Kasper 1992: 239). „Neuevangelisierung ist

deshalb zutiefst ein spirituell-geistlicher Vorgang, der nicht in dogmatischer und moralischer

Indoktrination, sondern in mystagogischer Initiation der Menschen in ihr eigenes

Lebensgeheimnis besteht“ (Koch 1992a: 650). Nimmt man solche ´Initiation` aus der

religionspädagogischer Sicht ernst, wird man hinleiten wollen zu einer persönlichen

Begegnung mit dieser oder jener heiligen Person, die auf dem Weg des ´Glauben-Lernens`

Mystagoge wird (vgl. LThK Bd. 7. S. 571). Hier vertieft sich die ganze Grundausschauung

von Neuevangelisierung. Hier geschieht der „Überschritt vom Indikativ des christlichen

Glaubens zum Imperativ des christlichen Ethos“ (Scheffczyk 1990: 335), der neue Wege in

der Pastoral markiert. Auf dieser Ebene bewegt sich Papst J.P.II. und strebt im Rahmen der

Neuevangelisierung so hochgradige Ziele an wie z.B.:

- die christliche Einheit (siehe: J.P.II. 1991.08.18: 646)

- die zeitlose Wahrheit der Verkündigung (siehe: J.P.II. 1991.12.23: 1387)

- Frieden und Gerechtigkeit in unserer Zeit (siehe: 1992.03.08: 41)

Es ist leicht einzusehen, dass, um solche und ähnlich hohe Ziele zu verwirklichen, die

Kirche sich mit nicht unbedeutenden Veränderungen in der Welt konfrontieren lassen muss.

Die Neuevangelisierungsidee resigniert auch davor nicht und schlägt in diversen Bereichen

eine ganze Reihe ambitiöser Pläne vor. Mit gleicher Intensität beschäftigt sie sich sowohl mit

der Heilung des Bruches zwischen Evangelium und Kultur (vgl. Rivinius 1994: 695; vgl. EN

20) als auch mit der Heilung der eigenen Kirche unter den Anfechtungen immer neuer

Schwierigkeiten. Denn „die geistig-kulturelle Lage Europas hat sich seit der Neuzeit so

gravierend verändert, daß eine Störung der Kommunikation zwischen Kirche und

europäischer Kultur unübersehbar und damit eine Neuevangelisierung Europas notwendig ist“

(Böttigheimer 1999: 689). Zum allgemeinen Ziel wurde also die Verbesserung der

Beziehungen in der Welt und der Kirche selbst. Dazu haben sich zwei oppositionelle

Grundkonzepte der Neuevangelisierung entwickelt296. Das eine zieht die Inkulturation des

Evangeliums vor und das andere die Indoktrination (vor allem die katechetische) in den

Glaubensschatz und kirchliche Ordnung (siehe: Zulehner 1993: 232f; vgl. Meisner 1993: 4).

296 Mehreren Autoren nach ist das inkulturierte Evangelium eine ausgezeichnete Methode der Neuevangeli-sierung (siehe: III.3.4.2.). Es wird erwartet, sie könne eine ´Neuschöpfung der Kirche` beibringen (vgl. Weber 1996a: 362; vgl. Böttigheimer 1999: 683-695; vgl. Weber 2002: 192-205). Die multikulturelle und multireligiöse Vielfalt dieser Welt (siehe: III.1.3.2.) erkennt man als eine neutrale Herausforderung, in der es auch einige positive Elemente gibt. Doch der andere Weg der sog. Indoktrination betont die erzieherische Wichtigkeit der Soziallehre (vgl. CA 5; vgl. J.P.II. 1993.01.15: 1388), wobei jeweilige Veränderungen der Welt als negative Elemente eingestuft werden. Die Neuevangelisierung soll in dem Fall einen besonderen Beitrag leisten, um die Politik, Kultur und die moderne Mentalität zu ändern (vgl. Vlk 1995: 1030).

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Die Neuevangelisierung wird also dringlich als ´Zielvorgabe` gesehen bzw. „als Bestandsauf-

nahme für das kirchliche Engagement schon heute“ (Cordes 1990: 6). Solch eine Aufnahme

kirchlichen Inventars soll gestallten die Lage dieser ´ältesten Institution der Welt` unter

verschiedenen Aspekten zu überprüfen. Dafür haben sich die Synodenväter am Ende des 20.

Jahrhunderts noch einmal verpflichtet gefühlt: „Wir haben die Aufgabe, die kirchliche Lage

im Hinblick auf die Neuevangelisierung zu überprüfen, den speziellen Beitrag, den sie zu der

gewünschten geistigen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wiedergeburt unserer Völker

leisten kann entsprechend dem Sendungsauftrag des Herrn, dem Menschen das Evangelium

des Heils zu verkünden und anzubieten (vgl. Instrumentum laboris, 2)“ (Varela 1999: 6). Die

nicht immer positiven Ergebnisse solcher Überprüfung führen zu einer ständig anzupassenden

Zielsetzung der Neuevangelisierung, was auf die permanente Selbstevangelisierung der

Kirche297 hinausgeht. Damit solch eine Erneuerung der Kirche und der ´gesamten sozialen

Umwelt` (vgl. Nunnenmacher 1999: 227) geschehen kann, ist es notwendig, auf zwei weitere

allgemeine Ziele der Neuevangelisierung hinzuweisen. Die conditio sine qua non jeder

Erneuerung ist nämlich die innere Umkehr der Person. „Die Neuevangelisierung muß eine

Zielsetzung mit deutlichem Bußcharakter haben; der Mensch muß zur Erkenntnis seiner selbst

und zu einer inneren Neuordnung hingeführt werden,... (J.P.II. 1992.11.27: 1196). Auch das

sog. christliche Europa „muß sich selbst kritisch befragen, sein Christentum prüfen und auch

im 20. Jh. mit evangeliumsgemäßer Buße erneut verschiedene Götzen und Götzenbilder

verwerfen... (Jevtic 1994: 516). Versetzt man die Umkehr zu Gott wie J.P.II. oder zum ganzen

Glauben, wie es formuliert Scheffczyk (1990: 334), kann man mit Eder zusammenfassen:

„Neuevangelisierung und Umkehr ist eins“ (Eder 1990: 172). Sie darf natürlich kein Ziel für

sich selbst sein, sondern die innere Bekehrung deutlich machen. Quelle und Inhalt des

Evangeliums glaubwürdig zu bezeugen ist das erhobene Ziel der Neuevangelisierung (vgl.

Seibel 1991: 74; vgl. O.A. 1992: 186). Papst Johannes Paul II. ermutigt die einzelnen dazu,

ein „mutiges und freudiges Zeugnis für Christus zu geben, während die gesamte Kirche erneut

´dem großen Abenteuer der Evangelisierung` (vgl. NMI 58) im Werk der Neuevangelisierung

entgegengeht“ (J.P.II. 2002.03.22: 12; vgl. PDV 18; vgl. VC 81). Dieses Ziel ergänzt die

Struktur der Erneuerung moderner Verkündigung und bildet ein konstitutives Element der

Neuevangelisierung.

297 „Ziel einer Neuevangelisierung kann nur ein Identitätszuwachs der Kirche selbst sein, indem sie auf Jesus Christus, die Mitte christlichen Glaubens inmitten dieser Welt, im engen Austausch mit Kultur, Politik und Gesellschaft, strebt. (...) Die Neuevangelisierung Europas setzt also bei der Selbstevangelisierung der Kirche ein“ (Böttigheimer 1999: 692). „Ohne erneute Kirchlichkeit also keine neue Evangelisierung! Der gegenwärtig feststellbare Kirchenverdruß in der Kirche selbst stellt eines der schwersten Hindernisse einer glaubwürdigen Neuevangelisierung dar“ (Kasper 1992: 241).

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3.2.2. Die spezifischen Verpflichtungen als Hauptaufgaben

a) Bekämpfung des ´Neuheidentums` im Osten und Westen

Die veränderte kulturell-religiöse Lage Europas, deren negative Folgen in allen Kirchen

zu spüren sind (siehe: III.1.3.), wird oft im Kontext des wieder lebendigen Neuheidentums

gesehen. Erschüttert davon schrieb Papst J.P.II. dem Generaloberen des Jesuitenordens: „An

der Schwelle des dritten Jahrtausends, in einer in vielen Bereichen praktisch wieder heidnisch

gewordenen Welt, erscheint es heute dringender denn je, daß die Anhänger der Vereinigung

die Unterstützung der Neuevangelisierung als ein besonderes Anliegen verspüren“ (J.P.II.

1994.12.03: 837). Dagegen wollte er alle praktischen Gegenmittel der Kirche aktivieren,

wobei die verstärkte Verkündigung eine entscheidende Rolle spielen sollte. Anfang der 90er

Jahre hat J.P.II. einflussreiche Helfer gewonnen, die aber mehr an die christliche ´Wieder-

eroberung` des Westens gedacht haben298. Doch als sich die sozio-politische Situation im

Osten rasch veränderte, war die gleiche Aufgabe der Neuheidentums-Bekämpfung in jenem

Teil Europas noch dringlicher als vorher (vgl. Gerl-Falkovitz 1999: 507).

b) Annahme der Soziallehre als ein Wegweiser

Eine andere Aufgabe und zugleich Mittel und Methode des Kampfes gegen den o.g.

religiösen Glaubensrückgang in Europa ist die Einführung der Neuevangelisierungsidee in die

katholische Soziallehre. Sie darf nicht fehlen bei der modernen Verkündigung. Einmal sagte

Papst J.P.II. „Die ´Neuevangelisierung`, die die moderne Welt dringend nötig hat und auf der

ich wiederholt insistiert habe, muß zu ihren wesentlichen Bestandteilen die Verkündigung der

Soziallehre der Kirche zählen“ (CA 5). In anderen Aussagen299 verlangte er die Anwendung

kirchlicher Soziallehre den gegenwärtigen Entwicklungen anzupassen. So wurde sie durch

298 Kard. Lehmann (1990: 506) mahnte aus eigener westlicher Erfahrung die Gläubigen im Osten bei seinem Besuch in Gniezno (Polen): „Damit sind große Aufgaben der Mission von heute in Europa angesprochen, wenn wir uns zu der vom Heiligen Vater immer wieder geforderten Neuevangelisierung aufmachen, unermüdlich den Neuheiden Europas das Evangelium verkünden und durch das Wort und unser Lebenszeugnis mit allen Kräften versuchen, enttäuschte und irregeleitete Menschen wieder für diesen Glauben zu gewinnen“. Schon ein Jahr später hat sich die Bischofssynode von allen ´restauratorischen Neigungen` sowohl im Westen als auch im Osten abgegrenzt. „Die Neu-Evangelisierung ist kein Programm zu einer sogenannten ´Restauration` einer vergange-nen Zeit Europas, sondern sie verhilft dazu, die eigenen christlichen Wurzeln zu entdecken und eine tiefere Zivilisation zu begründen, die zugleich christlicher und so auch menschlich reicher ist“ (SBSE 1991: 1572). 299 „Ihr habt euch in diesen Tagen mit dem Thema ´Die Soziallehre der Kirche im Dienst der Neuevangelisie-rung` befaßt“ (J.P.II. 1992.11.1: 954). „´Die Neuevangelisierung` muß daher ´zu ihren wesentlichen Bestand-teilen die Verkündigung der Soziallehre der Kirche zählen`“ (J.P.II. 1993.01.15: 1388). „Möge die ganze katholische Gemeinschaft Italiens (...) den Auftrag zur Neuevangelisierung erfüllen, von der ein wesentlicher Teil in der Evangelisierung der Kultur sowie der Verkündigung und Bezeugung der christlichen Soziallehre besteht“ (1993.05.13: 907).

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mehrere Autoren auf verschiedene Kontexte angewendet (vgl. Vlk 1995: 1033; vgl. Piepke

1996: 41f), um zur Schlussfolgerung zu kommen, dass eine ganze Reihe sozialer Faktoren wie

z.B. Subsidiaritätsprinzip, Solidarität und Familiengrundwerte die christliche Soziallehre auch

heute besonders attraktiv machen (vgl. Rauscher 2002: 340-347). Diese Faktoren und ihre

zahlreichen, abgeleiteten Funktionen sind spezifische Aufgaben der Neuevangelisierung.

c) Förderung der Ökumene und des Dialogs

Auf diese nicht neuen Aufgaben in der Katholischen Kirche wird vor allem in den neuen

Interpretationen und Anregungen der europäischen Sondersynoden hingewiesen. Kurz vor der

ersten Sondersynode im Jahr 1991 haben sich in Santiago de Compostela die Vertreter der

ökumenischen Bewegungen Europas getroffen. Sie haben über die Mission und die neue

Evangelisierung sowie über das neue Bewusstsein der Europäer diskutiert. „Insgesamt führte

das Symposium zur Einsicht, daß die Neuevangelisierung Europas einen dialogischen Ansatz

verlangt: Es geht um den Dialog mit der Gegenwartskultur Europas und um die christliche

Inkulturation in diesem Europa“ (Schwarz 1996a: 629). Solche Gedanken und die tiefen

spirituellen Erfahrungen der synodalen Väter, haben erkennen lassen: „In der Synode haben

wir erfahren, wie sehr die Neu-Evangelisierung Europas das gemeinsame Werk aller Christen

ist und wie sehr davon die Glaubwürdigkeit der Kirche im neuen Europa abhängt“ (SBSE

1991: 1580). Die hier erwähnte ´Glaubwürdigkeit` wurde zu einem weiteren Ziel (siehe:

III.3.2.1.), wobei die konkreten Schritte wie Ökumene, Dialog zu den spezifischen, lokalen

Aufgaben der Kirchen gehören, die einer Zeitgemäßen, christlichen Identität300 tendieren (vgl.

Verschuren 1995: 1012). Sowohl die erste als auch die zweite Sondersynode 1999 wollte die

geistliche Einheit des immer mehr (auch politisch) einheitlichen Europa unterstreichen. Diese

Einheit lässt sich in ganz konkrete Aufgaben übersetzen301; ihre tief humanen Komponenten

bedürfen jedoch des religiösen Dialogs und der christlichen Ökumene.

300 Vor den Gefahren des schlecht verstandenen und praktizierten Dialogs warnte die Kongregation für den Klerus im allgemeinen ´Direktorium für die Katechese` vom 15. August 1997 „Sodann gibt es eine gewisse Anzahl getaufter Christen, die wegen eines mißverstandenen interreligiösen Dialogs oder wegen einer gewissen Scheu, in der heutigen Gesellschaft ihren Glauben an Jesus Christus zu bezeugen, leider ihre christliche Identität verbergen. Diese Glaubenssituationen der Christen verlangen vom Sämann dringend, eine Neu-Evangelisierung in die Wege zu leiten, vor allem in den Kirchen mit einer alten christlichen Tradition, wo der Säkularismus die stärksten Breschen geschlagen hat“ (DfK 1997: 6). 301 Die Botschaft der Bischöfe bei der Zweiten Sonderversammlung für Europa lässt ein paar konkrete Appelle bzw. Aufgaben an die institutionellen, politischen und kulturellen Gremien ergehen. Es wird gebeten vor allem um: a) Achtung der Menschenrechte; b) Aufmerksamkeit auf die Erziehung; c) Vorführung der europäischen Integration; d) gerechte Lösung der Migrationsfragen; e) Achtung der Arbeit, Kultur und geistlichen Werte; f) Öffnung für alle Länder der Welt und Reduzierung der externen Schulden (vgl. SBSE 1991: 8).

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d) Neurealisierung bestimmter Charismen

Für die optimale Ausnützung des Neuevangelisierungspotentials kann nicht nur eine

gewisse Wiederentdeckung der eigenen Charismen und Talente behilflich sein, sondern

abhängig von den aktuellen Umständen sogar die Schaffung von neuen. Schon der Begriff

´Neu` trägt in sich etwas Kreatives, und der Einfluss des Hl. Geistes lässt auch immer etwas

Ungeplantes ahnen. „Mit Bedacht wird sie Neu-Evangelisierung genannt, weil der Heilige

Geist stets die Neuheit des Wortes Gottes hervorbringt und beständig die Menschen geistig

und geistlich aufweckt“ (SBSE 1991: 1572). Mit solchem spontanen Aufwachen unter den

Gottgeweihten rechnet J.P.II. und ruft sie zur Überprüfung und Revitalisierung typischer

Aktivitäten jeder Gesellschaft auf. So sollen z.B. die Bischöfe die ethischen Fundamente neu

beleben (vgl. J.P.II.1993.11.19: 1328); die Ordensinstitute besser mit apostolischem Eifer

mitwirken (vgl. 1993.11.22: 1227); die Teilkirchen geeignetere pastorale Maßnahmen

ergreifen (vgl. J.P.II. 1994.11.14: 1013); die Missionare das Stadtapostolat verstärken (vgl.

J.P.II. 2001.11.14: 1013); usw. Diese und andere spezifische Charismen bzw. Aufgaben

sollen zuerst auf Grund der Taufe und dann der Gelübde oder ähnlicher Verpflichtungen

realisiert werden. „Die katholische Kirche versucht, unter dem Begriff ´Neuevangelisierung`

die christlichen Wurzeln in Erinnerung zu rufen, der abnehmenden Bedeutung institutionell

verfaßter Religion entgegenzuwirken und das Christentum als geistigen Nährboden für ein

sich wandelndes Europa neu zu proklamieren“ (Zulehner / Denz 1993: 231f).

e) Fortbildung von Klerus und Laien

Eigentlich gehören die Ausbildungsaufgaben dieser zwei Gruppen der Kirche zur

Aktivierung der o.g. Charismen. Dabei sind im Rahmen der Neuevangelisierung meistens die

Priester und die bewusst engagierten Laien gemeint. Die veränderte Lage der Welt und eine

tiefe Rezession der kirchlichen Institutionen (vgl. III.1.3.3.), besonders in Westeuropa,

erschweren den Priestern, ihren apostolischen Auftrag zu erfüllen. Doch bestehen auch

innerkirchliche Hindernisse; alte Methoden der Ausbildung sollen korrigiert werden (vgl.

J.P.II. 1993.05.28: 934). Die neue Ausbildung im Geist der Neuevangelisierung findet ihre

Rechtfertigung in wichtigen päpstlichen Entscheidungen und Instruktionen kirchlicher

Kongregationen. Dass gut ausgebildete Laien neben dem Priester eine unerlässliche

Voraussetzung der Neuevangelisierung sind, hörte man schon in der historischen Aussage des

Papstes: „Für den guten Ausgang der Neuevangelisierung werden deshalb zwei Pastoral-

aufgaben entscheidend sein, (...) die Fortbildung des Klerus und die Ausbildung der Laien“

(DAS 1993: 599; vgl. 1983.03.09: 378-386). Das betrifft die im Folgenden dargestellten

Subjekte und Objekte moderner Verkündigung.

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3.3. Subjekte und Objekte der Neuevangelisierung

Analysiert man die lehramtlichen Äußerungen der Kirche (siehe: III.2.) und die nicht

seltenen Publikationen über Neuevangelisierung, kann man staunen, wie viele menschliche

Subjekte und Objekte derselben erwähnt werden. Es wäre praktisch unmöglich alle, einzeln

zu nennen, besonders jene, die nicht scharf genug beschrieben werden. Doch, im Vergleich

mit der Bedeutung der Quellen, Inhalte, Ziele und Aufgaben, ist es nicht so entscheidend

genau zu wissen, wer und in welchem Maß Subjekt bzw. Objekt der Neuevangelisierung ist.

Praktisch werden die Träger und die Adressaten solcher Evangelisierung nicht immer deutlich

unterschieden. Weil Bearbeitungen dieses Thema immer noch fehlen, wird im Folgenden

versucht, die zahlreichen Daten etwas zu systematisieren und ohne Anspruch auf

Vollständigkeit sie in quasi statistischer Form aufzuzeigen (vgl. Abb. 26). Ein großer Teil

dieser Daten stammt aus päpstlichen Äußerungen und wurde schon teilweise vorher zitiert

und gruppiert (siehe: III.2.1.). Doch es lässt sich nicht übersehen, dass eine zusammengefasste

Charakteristik aller Objekte und Subjekte der Neuevangelisierung ein alter Wunsch des

Papstes J.P.II. war. Die Kraft der taufe und Firmung soll diese Personen im Hl. Geist zu

´Hauptagenten`, ja ´Hauptakteuren` der Neuevangelisierung angetrieben. Nun kann man

sehen, dass die beispielhaft gewählten Kategorien immerhin doch eine Einheit bilden.

3.3.1. Subjekte bzw. Träger

a) Gottgeweihte Menschen

Schon im Jahr 1988 hat Papst J.P.II. (1988.06.05: 523) in seinem Wort an die Priester und

Ordensschwestern von Val Tidone (Italien) die religiös veränderte westeuropäische Lage

anerkannt und an die Anwesenden folgenden Appell gerichtet: „Pflegt eure Spiritualität als

Personen, die ihr Leben Jesus Christus geweiht haben, um so in eurer Bevölkerung mit dem

alten christlichen Glauben kraftvoll die Neuevangelisierung einzuleiten: fühlt euch als erste

und in vorderster Linie daran beteiligt“. Diese Rede kann man als ein neues Programm für

Europa betrachten. Sie beleuchtet die Quelle, das Territorium und die Subjekte der

Neuevangelisierung. Die Ordensleute und Priester werden nämlich in dieser und in weiteren

Reden die meist erwähnten Personen in allen pastoralen Unternehmungen dieser Richtung.

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Sie werden nicht nur unzählige Male302 zu einem Leben nach ihren Charismen ermutigt,

sondern auch mit großer Hoffnung als die professionellen bzw. als die ´qualifizierten

Verkünder` (vgl. J.P.II. 1992.06.14: 102; vgl. J.P.II. 2002.09.05: 10) beider evangelisato-

rischen Aufgaben gesehen. Schon rein theoretisch303 erwartet man durch ihre Berufung und

spezifische Formation entsprechende christliche Reife (vgl. TE 35, 65). Sie sollen die

Äußergewöhnlichkeit ihrer Rolle in der gegenwärtigen Welt nicht nur begreifen, sondern ihr

auch adäquat entsprechen. Ihr religiöses Leben prädestiniert sie von den ersten Jahren der

Formation an, durch die Gelübde bzw. Weihe (vgl. J.P.II. 1999.02.22: 1083ff) dazu, dass sie

bewusst die schwere und dringliche Aufgabe der Neuevangelisierung verschiedenen Milieus

(siehe: III.3.3.2.) vermitteln können. Sie sollen ihre durch die Formation privilegierte Lage in

der Kirche ausnützen, um die Schlüsselpositionen, im Sinne des Dienstes an der

Verkündigung (vgl. PDV 82) klar zu manifestieren. Deshalb werden bei dieser Gruppe auch

die oft erwähnten Bischöfe304 und Kardinäle aufgezählt. Die Sorge des Papstes um

Neuevangelisierung wendet sich besonders an die europäischen Bischöfe, mit dem Anliegen

„die Bande der Einheit und Gemeinschaft unter den Bischöfen Europas zu festigen und dem

Werk der Neuevangelisierung einen weiteren mutigen Impuls zu verleihen“ (J.P.II.

1993.04.14: 839). Zuletzt gehört zu dieser Gruppe der gottgeweihten Menschen der Papst

selbst, der sich als aktiver Christ, Bischof und Hirt mit den Gläubigen auf dem gemeinsamen,

evangelisatorischen Weg sieht. Er schließt sich bei der Ausführung der Neuevangelisierung

nicht aus und meint als Initiator dieses Programms: „Wir alle sorgen uns um die Zukunft des

christlichen Glaubens in Europa. Ich selbst werde nicht müde, zur Neuevangelisierung dieses

302 Es ist unbestritten und durch die Anzahl der Ordensleute (Frauen und Männer) in der heutigen Kirche auch logisch, dass gerade sie am meisten als Protagonisten der Neuevangelisierung gesehen werden. Selbst die kollektiven Audienzen sah der Papst bei verschiedenen Anlässen als eine Gelegenheit, das Thema der Neuevangelisierung anzusprechen. Beispielsweise (siehe: J.P.II. 1991.08.16: 613; J.P.II. 1991: 703; J.P.II. 1992.05.16: 809; J.P.II. 1992.06.14: 102; J.P.II. 1992.10.11: 461; J.P.II. 1993.05.07: 899; J.P.II. 1993.05.13: 927; J.P.II. 1993.11.26: 1227; J.P.II. 1998.05.18: 533; J.P.II. 2000.02.02: 1; SBSE-INS 1999: 19). 303 Die hochrangigen Dokumente, Instruktionen und lokalen Anforderungen begründen außergewöhnlich klar und stark ihren historischen, spirituellen und sozialen Status. Außer dem konziliaren Dekret über den Dienst und das Leben der Priester ´Presbyterorum ordinis` (vgl. Rahner 1996: 553-598). Siehe z.B. auch: ´Pastores dabo vobis` - Nachsynodales Apostolisches Schreiben vom 25. März1992; ´Tota ecclesia` – Direktorium für den Dienst und das Leben der Priester vom 31. Januar 1994; ´Vita consecrata`- Nachsynodales Apostolisches Schreiben vom 25. März 1996. Siehe auch: Kongregation für den Klerus: „Der Priester, Lehrer des Wortes, Diener der Sakramente und Leiter der Gemeinde für das dritte christliche Jahrtausend“. Vatikan 19. März 1999. Siehe: Kard. Darío Castrillón Hoyos (2000):. „Der Priester, Diener der Hoffnung und Epiphanie Gottes unter den Menschen“. Vortrag vom 15. Mai 2000. 304 Die regelmäßigen Gruppenbesuche der Bischöfe ´Ad limina` im Vatikan sind für die Päpste eine besondere Gelegenheit, um die veränderte Situation Europas zu analysieren und sie mit dem Hirtenwort für die Neuevange-lisierung zu bekräftigen. Auch alle Bischofssynoden waren reich an Diskussionen, Überlegungen und Dokumenten, die auf keinen Fall die Thematik der Neuevangelisierung aus der bischöflichen Werten außer Acht lassen konnten. Über ihre Äußerungen und das, was sie betrifft, siehe beispielsweise unter: J.P.II. 1990.02.24: 1295f; J.P.II. 1993.02.27: 1339; J.P.II. 1993.04.14: 839; J.P.II. 1993.11.19: 1328; J.P.II. 1998.01.06: 369; J.P.II. 1998.10.24: 1077; J.P.II. 2001.03.30: 15; vgl. die Botschaft der X. Ordentlichen Bischofssynode OBS 2001: 10f.

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Erdteils aufzurufen“ (J.P.II. 1989.09.05: 1044; vgl. J.P.II. 1991.03. 01: 1424). In diesem

Kontext sieht er auch all seine Aktivitäten und zahlreichen Pastoralbesuche (vgl. J.P.II.

2001.09.09: 3). Seine unermüdlichen Aufrufe zur Neuevangelisierung Europas beweisen, dass

er als gottgeweihte Person keine ´Privatidee` und vor allem nicht alleine dieses Werk

ausführen will. So stimmt es, dass der Papst als „der oberste Hirt und der höchste Lehrer der

Gläubigen (...) auch der erste Leiter der Evangelisierung und der Neu-Evangelisierung“ ist

(May 1990: 18).

b) Junge Laien

Die christlichen Laien bilden die zweitstärkste Gruppe von Subjekten der Neuevangeli-

sierung. Unter ihnen werden meistens die jungen Laien erwähnt, was verständlich ist, wenn

man den Neuevangelisierungsprozess als sehr dauerhaft annimmt. Die Bevölkerungsstruktur

Europas ist hier nicht ohne Bedeutung (siehe: II.2.1.2.). So rechnet die Kirche vor allem mit

dem Elan, der Kapazität und Spontaneität der Jugend sowie mit ihrem Verstehen der neuesten

Trends der Gesellschaft. Ihre Attribute sieht J.P.II. in theologischer Perspektive. So sagte er

zu ihnen voll Überzeugung: „Der Herr vertraut euch, den christlichen Laien, in Gemeinschaft

mit all den andern Gliedern des Volkes eine große Verantwortung in der drängenden und

schwerwiegenden Verpflichtung zur Neu-Evangelisierung an“ (J.P.II. 1989.05.14: 932). „Klar

ist, daß gerade die jungen Menschen, die neuen Generationen, Hauptgestalter dieser

Neuevangelisierung werden müssen“ (J.P.II. 1989.08.23: 164). Es scheint kein Zufall zu sein,

dass die schwersten Herausforderungen gerade der Jugend anvertraut werden. Sie sind zwar

nicht die erfahrensten Mitglieder der Kirche, aber zweifelsohne die, die keine Vorurteile aus

der Vergangenheit, d.h. den ´alten Methoden` kennen. Ihre Flexibilität erlaubt ihnen die

Gegenwart wirklich zu spüren bzw. zu leben. Damit sie nicht nur ´numerische` Mitglieder der

modernen Kirche werden, sollen sie eine besondere Vorbereitung für die Aufgaben der

Neuevangelisierung bekommen, um später die eigenen jungen Familien zu führen. Wenn

möglich, sollen sie auch an verschiedenen religiösen Bewegungen teilnehmen305. Nur ein gut

vorbereiteter und authentisch engagierter Laie wird imstande sein, eine gewisse ´Entklerikali-

sierung` der Gemeinden fortzusetzen und sogar an einigen Stellen viel nützlicher als Bischöfe,

Priester und Ordensleute wirken. „Wie das Schreiben Christifideles laici nachhaltig

305 Die Berufung der jungen Menschen zur Neuevangelisierung beruht nach Papst J.P.II auf ihrer christlichen Reife, die sie durch Taufe, Katechese und Firmung bekommen sollen (vgl. J.P.II. 1990.11.11: 724). Er ist auch der Überzeugung, dass der Herr selbst (vgl. J.P.II. 1989.05.14: 932) der Laien vertraut. Dabei macht der Hl. Geist „die Jugend aller Nationen zu den Vorkämpfern der Neuevangelisierung (...), ganz besonders in diesen Jahren, kurz vor dem dritten Jahrtausend des Christentums“ (J.P.II. 1992.04.09: 737). Sie sollen an den anerkannten Bewegungen der Kirche aktiv teilnehmen (J.P.II. 1992.12.18: 1031; vgl. RM 72).

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herausgestellt hat, müssen auf jeden Fall auch die Laien zum Einsatz für die Neu-

Evangelisierung Europas aufgerufen werden. Sie, die über eine eigene Berufung verfügen,

nehmen auf eigene Weise am prophetischen Amt Jesu Christi teil und haben Zugang zu

Bereichen, in welche Bischöfe und Priester nicht gelangen können: Nur durch sie können die

Evangelisierung und der Aufbau des neuen Europas konkret möglich werden“ (SBSE 1991:

1576). Angesichts solch einer Äußerung der Synode erstaunt die Begeisterung des Papstes

J.P.II. und der Jugendlichen bei den internationalen Treffen nicht. Er selbst nennt sie ´die

Missionare der Neuevangelisierung` (siehe: J.P.II. 1993.11.21: 1219) und rechnet mit ihnen in

vielfältigen Gelegenheiten306. Die jungen Laien werden also neben den Gottgeweihten die

zweite große Gruppe der Mithelfer im Prozess der Neuevangelisierung Europas und eine

lebendige Kraft möglicher Veränderungen.

c) Alle in Christus Glaubende

Nach zwei bestimmten Gruppen von Subjekten der Neuevangelisierung werden nun zwei

allgemeine Kategorien der Christen erwähnt. Die verschiedenen Autoren und lehramtlichen

Aussagen versuchen absichtlich diese Kategorie möglichst breit darzustellen,307 nicht um die

Konkretisierung der Aufgaben zu vermeiden, sondern um die Universalität der

Evangelisierungsaufgabe zu betonen. In christlichen Kreisen nimmt man dies als etwas

Selbstverständliches an, denn „die Neuevangelisierung ist die Aufgabe aller Christen“

(Kasper 1993: 848). Doch diese Voraussetzung ist manchmal so offensichtlich, dass man

einfach über ´uns alle` als Subjekte der Neuevangelisierung spricht308, wobei zweifelsohne

mit ´wir` alle Christen gemeint sind. Ein logisches Synonym zu ´alle Christen` ist der Begriff

´alle Getauften`, der im Kontext der kirchlichen Zugehörigkeit und Sendung schon auf dem II.

V.K. eine wichtige Rolle spielte (vgl. SC 69; vgl. LG 7,10,11,17,31; vgl. PO 5; vgl. AG 33).

Geht man an den Kern dieser Kategorie, findet man die europäischen Christen als die

Hauptverantwortlichen für die Neuevangelisierung des eigenen Kontinents. Sie werden am

306 Siehe: J.P.II. 1993.08.15: 1120; vgl. J.P.II. 1993.09.21: 1435; vgl. J.P.II. 1994.03.16: 511; vgl. J.P.II. 1998.12.26: 1026; vgl. J.P.II. 1999.03.28: 8; vgl. J.P.II. 2000.01.15: 9; vgl. J.P.II. 2001.02.09: 10; vgl. J.P.II. 2001.12.11: 11; Über engagierte Laien in den Neuevangelisierungsprozessen siehe auch Piepke (1995: 309-311). 307 Die breiteste Beschreibung der für Neuevangelisierung verantwortlichen Subjekte wären alle Menschen, die theologisch in irgendeiner Weise dem Volk Gottes zugehören. „Die dringlichen pastoralen Prioritäten verlangen von allen Mitgliedern des Volkes Gottes eine großherzige Antwort, die uns befähigt, im Blick auf die begeisternde Aufgabe der Neu-Evangelisierung entschieden im Rahmen einer Gesamtpastoral tätig zu werden und durch ein prophetisches Leben Zeugnis abzulegen“ (O.A. 1992: 186). 308 Siehe z.B.: (Poupard 1993: 6; vgl. J.P.II. 1990.07.02: 553; vgl. J.P.II. 1990.10.14: 697).

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häufigsten aufgerufen, um sich in ihren Familien, in beruflicher Umgebung und in lokalen

Kulturkreisen als eindeutige Subjekte bzw. Träger dieser Aufgaben zu bewähren (vgl. J.P.II.

1992.05.18: 817). Die konkreten Beiträge im ´Weitergeben` des Glaubens werden vor allem

von den westeuropäischen Christen erwartet309, obwohl die gigantischen Aufgaben der

Christen in den postkommunistischen Ländern auch nicht vergessen werden310. Heutzutage

werden die Hintergründe für die Neuevangelisierung ganz Europas (siehe: III.1.3.) gut

erkannt. So wird auf kirchlicher Ebene, „vor allem nach dem Großen Jubiläum des Jahres

2000, die Erneuerung des christlichen Lebens und die solidarische Teilhabe aller an der

Neuevangelisierung fortgesetzt“ (OBS-INS 2001: 27).

d) Lokalkirchen

Am Anfang der Neuevangelisierungsinitiative wurde, in einer der ersten Reaktionen auf

die sog. ´Entchristlichung` Europas, die ganze Kirche mit ihren Strukturen zur Verteidigung

des Glaubens aufgerufen. „Die Kirche sieht sich selbst aufgefordert, hierzu durch eine

intensive Neu-Evangelisierung der Menschen und Völker des europäischen Kontinents einen

wichtigen Beitrag zu leisten“ (J.P.II. 1988.10.12: 178). Schnell wurde aber klar, dass die

Verschiedenheit der lokalen Gelegenheiten und die Palette von möglichen Beiträgen so reich

ist, dass man den lokalen Kirchen das Recht, die Mittel und Methodenwahl überlassen muss.

Unter dem Begriff ´Lokalkirche` muss man hier aber sowohl ganze Nationalterritorien311 als

auch die kleinen, aber spezifischen Gemeinden verstehen. Zu der Kategorie von Subjekten

sollen vor allem die katholischen Lokalgemeinden gezählt werden. Sie lassen sich ohne

309 Beim 91. Katholikentag hat Papst J.P.II. den Deutschen gesagt: „Eine neue Evangelisierung Europas kann nur fruchtbar werden, wenn die Christen dieses Kontinentes gegenseitig ihren Beitrag zur Bewahrung und Weitergabe des Glaubens anerkennen...“ (J.P.II. 1992.06.16: 856). Kurz danach wandte er sich mit einem ähnlichen Appell an die schweizerischen Bischöfe: „Der Beitrag der Kirche für Europa erfolgt durch die Neuevangelisierung, in der alle sich engagieren müssen. Sie ist ein Aufruf an alle Christen...“ (J.P.II. 1992.07.11: 1204). 310 In seinen Äußerungen auf den Pilgerreisen durch die baltischen Länder hat Papst J.P.II. mehrmals betont: „Die Christen dieser Nationen, die den Glauben während der schweren Religionsverfolgung verteidigt haben, sollen sich jetzt darum bemühen, ihn vor den Gefahren der Gleichgültigkeit und des Säkularismus zu bewahren. Notwendig ist deshalb eine Neuevangelisierung, die den Glaubenden und besonders den jungen Generationen hilft, ihre Lebensentscheidungen fest im Evangelium zu verankern“ (J.P.II. 1993.08.29: 154). „Es sind Gemeinschaften, die nach einer Zeit der Verfolgung und harten Unterdrückung hervortreten, und alle wollen die in der Vergangenheit erlittenen Verluste aufholen. Vor ihnen stehen deshalb die großen Aufgaben der Neuevangelisierung“ (J.P.II. 1993.09.15: 163). Über die Transformationsprozesse in den postkommunistischen Ländern, die eine neue Art der Evangelisierung brauchen schreibt Spieker (2002: 363-382). 311 Eine der ersten Aussagen Papst J.P.II., die eine Neuevangelisierung im nationalen Kontext betreffen, wurde in Polen gemacht (vgl. J.P.II. 1987.06.14: 43). Eigentlich hat jeder päpstliche Pastoralbesuch immer spirituelle Mitteilungen beinhaltet, die exklusiv an die Nation oder kleinere Gruppe, gerichtet wurden. Auch die Treffen mit verschiedenen Ordensgemeinschaften, je nach Land oder Charisma, sind jeweils von einem besonderen Inhalt geprägt (siehe: III.3.3.1.a).

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Präsenz der reifen312 Christen nicht vorstellen. Ja, „die Neu-Evangelisierung braucht Christen

und Gemeinden, die ´ein Herz und eine Seele` sind (Apg 4,32)“ (J.P.II. 1990.05.13: 510). Nur

als solche sind sie imstande auf die anderen Gruppierungen auszustrahlen313. Nach Vorbild

der kleinen Diasporakirchen sollen sie als ´Zeugen der Apostel` wirken, damit man im dritten

Jahrtausend die ersten Früchte der Neuevangelisierung genießen kann (vgl. J.P.II. 1994.11.14:

1013). Recht hat Willi Kraning, der im postmodernen schnellen Wandel sowohl Gefahren als

auch Chancen für die Gemeinden sieht (siehe: Kraning 1999: 268). Sie sind täglich zu

´risikoreichen Suchbewegungen` herausgefordert, obwohl Quelle und Inhalt des Glaubens

konstant bleiben. Es geht also bei der Neuevangelisierung Europas, um die Veränderung der

Glaubensformen kollektiver Subjekte, deren manchmal perfekt strukturierte Zellen die

kleinen christlichen Kommunitäten sind.

3.3.2. Objekte bzw. Adressaten

Will man die genaue Objektsbezeichnung der Neuevangelisierung formulieren, steht man

nicht am Anfang der Forschung. Obwohl die Idee, der Begriff selbst (siehe: III.1.1.) und die

unzähligen lehramtlichen Äußerungen über die Neuevangelisierung Europas auf die Initiative

von Papst J.P.II. zurückgehen (siehe: III.2.1.), kann man nicht übersehen, dass es eine

detaillierte Spezifizierung von potentiellen Objekten der traditionellen Evangelisierung schon

früher gab. In EN (53-56) findet Papst Paul VI. sechs klare Bereiche, wo und wem das

Evangelium grundsätzlich verkündet werden soll. Das sind: a) nichtchristliche Religionen; b)

Naturreligionen; c) atheistische Bereiche; d) Getaufte, aber Nichtpraktizierende; e) Christen

ohne vollkommene Verbindung mit der kath. Kirche; f) Gläubige der kath. Kirche. Spricht

man über Neuevangelisierung Europas, ist es auffällig, dass praktisch die vier letzten der o.g.

Bereiche diese spezifische Evangelisierung betreffen. Ja, wollte man den richtigen Adressaten

der Neuevangelisierung in Europa mit einem Wort charakterisieren, wäre das, der

´nachchristliche Mensch` dieses Kontinents (vgl. Rivinius 1993: 264). Doch derselbe

Wissenschaftler sieht die reale Möglichkeit bzw. Notwendigkeit, die Verschiedenheit von

312 Es geht nicht um irgendwelche Gemeinden bzw. Gemeinschaften, sondern um authentisch reife christliche Gruppen. Es geht um die treuen Jünger Christi, die wie Apostel in Gruppen dieselbe Botschaft des Evangeliums eifrig zu verkünden bereit wären (vgl. J.P.II. 2001.06.15: 10). Solche missionarische Sendung kann nur eine reife missionarische Gemeinde erfüllen. Zu ihren biblisch-theologischen Aspekten äußert sich u.a. (Kochanek 1990). 313 Z.B. Spaemann sieht als sehr nützlich für die Neuevangelisierung Europas die spontan entstandenen kleinen Hausgemeinschaften an (siehe: Spaemann 1993: 285).

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Objekten der Neuevangelisierung tiefer zu erfassen. „Angesichts des tiefgreifenden und

umfassenden geistigen, mentalitätsmäßigen und kulturellen Wandlungsprozesses in diesem

geographischen Raum ist auf die pastorale Notwendigkeit der Neuevangelisierung auf dem

europäischen Kontinent etwas näher einzugehen“ und sind die „Adressaten einer möglichen

Neuevangelisierung in Europa näher zu bestimmen“ (Rivinius 1994: 688, 694). Diesem

Anliegen gemäß werden jetzt keine weitere Typologien des ´nachchristlichen Menschen`

dargestellt, sondern wird eine Analyse der früheren lehramtlichen Verlautbarungen (siehe:

III.2.) und Artikel vorgenommen, um die häufigsten Beschreibungen der Adressaten von

Neuevangelisierung in Augenschein zu nehmen.

a) Das gegenwärtige Europa

Obwohl die Zahl der Stellen bei verschiedenen Autoren, wo man explizit über Objekte

bzw. Adressaten der Neuevangelisierung spricht, im Unterschied zu den erwähnten Subjekten

(siehe: III.3.3.1.) viel geringer ist, weist man meistens auf das heutige Europa hin. Unter

diesem Begriff jedoch, der fast doppelt so oft wie die anderen Adressaten erscheint (siehe:

Abb. 26), stehen die westlichen314, östlichen315 oder einfach postchristlichen Nationen316 bzw.

Länder. Sie alle zusammen, mit ihren positiven und negativen Charakteristiken, aber in

gewisser Übereinstimmung mit den Leitideen des christlichen Glaubens, wurden durch Papst

J.P.II. den heiligen europäischen Patronen geweiht. Er betete für die Europäer, „dass sie in

Eintracht für die Neuevangelisierung zusammenarbeiten, und für alle europäischen Nationen,

dass sie einander in einem gemeinsamen Haus begegnen können, wobei jede ihren Beitrag

mitbringt und in den Dienst von allen stellt“ (J.P.II. 1998.02.15: 23). „In jenen Tagen habe ich

Gott eindringlich gebeten, die Kirche in Europa möge wieder mit ihren beiden Lungenflügeln

atmen, damit der gesamte Kontinent eine Neuevangelisierung erfahre“ (J.P.II. 2001.12.22: 7).

Dieser Kontinent also, vom Atlantik bis zum Ural, mit all seinen religiös-kulturellen und

sozio-politischen Veränderungen, wird meistens als ein direktes Objekt der Neuevangelisie-

314 Was z.B. Österreich betrifft, ist zu lesen beim Papst J.P.II. (siehe: J.P.II. 1987.07.04: 332). 315 Was z.B. Polen betrifft, siehe: J.P.II. 1987.06.14: 43; vgl. J.P.II. 1997.06.03: 10. Über Litauen, das ´zwischen Ost und West liegt`, siehe: J.P.II. 1993.09.04: 570; vgl. Abbildung Nr. 14ab. Über Ungarn siehe: J.P.II. 1991.08.18: 646. 316 Im Apostolischen Schreiben – Redemptoris custos – vom 15. August 1989 hat Papst J.P.II. gesagt: „Dieser Schutz muß erfleht werden; die Kirche braucht ihn immer noch, nicht nur zur Verteidigung gegen die aufkommenden Gefahren, sondern auch und vor allem zur Stärkung ihrer erneuten Anstrengung für die Evangelisierung der Welt und für die Neuevangelisierung in jenen ´Ländern und Nationen – wie ich im Apostolischen Schreiben Cristifidelis laici festgestellt habe -, in denen früher Religion und christliches Leben blühte... und die nun harte Proben durchmachen`“ (RC 29; vgl. CL 45; vgl. RM 2). Es liegen ihm also am Herzen vor allem die alten europäischen Völker und Länder mit ursprünglich starken christlichen Traditionen.

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rung317 gedacht. Als solches wird er auch theologisch erforscht und phänomenologisch

beschrieben, vor allem im Kontext der Auswirkungen der Säkularisierung. Meistens aber

konzentrieren sich die Autoren auf die allgemeinen Betrachtungen dieses Phänomens bzw. ihr

Vorkommen auf dem Kontinent und weniger auf die konkrete davon betroffenen Menschen.

b) Menschliche Gesellschaft

Das zweithäufigste Objekt der Neuevangelisierung ist bei den verschiedenen Autoren

einfach hin der Mensch. Zuerst der Mensch ohne nähere Spezifikation. Mit ihm und für ihn

fängt das ganze evangelisatorische Werk an. „Die Neuevangelisierung beginnt mit der klaren

und nachdrücklichen Verkündigung des Evangeliums, das sich an jeden Menschen richtet“

(J.P.II. 1991.10.25: 1445). In der Suche nach einer breiten Kategorie der Objekte ist es nicht

übertrieben sich, auf Teilhard de Chardins Motto zu berufen, dass die Neuevangelisierung

´jenen gewidmet ist, die die Welt lieben` (vgl. Gerl 1992: 294). Übrigens sind auch fast alle

wichtigen päpstlichen Verlautbarungen den ´Menschen guten Willens` gewidmet. Deshalb hat

J.P.II. bei einem bischöflichen Ad-Limina-Besuch eine gemeinsame Reflexion über das

zentrale Thema der Kirchensendung vorgenommen und gesagt: „Die Neuevangelisierung ist

ein Ruf zur Kirche; sie soll in allen Dimensionen und Augenblicken des menschlichen Lebens

Eingang finden“ (J.P.II. 1989.12.04: 1315). Durch die Kirche soll der ganze Mensch

herausgefordert werden, sich für oder gegen Christus zu entscheiden. Weil der Mensch kein

isoliertes Wesen ist, sagt W. Kasper zu Recht: „Etwas vom Wichtigsten, was die Neuevange-

lisierung erfordert, sind daher Gemeinden, Gemeinschaften und Gruppen, in denen Menschen

lebendigen Glauben erfahren und wo sie Heimat finden“ (Kasper 1992: 241f). Deshalb

werden auch größere menschliche Gruppen als Objekte der Neuevangelisierung gesehen z.B.

Bezirke, Städte und Dörfer (vgl. J.P.II 1992.05.01: 318), die beruflichen Umgebungen,

Arbeitszentren (vgl. J.P.II. 1992.05.18: 817) sowie Studienzentren in den Großstädten (vgl.

J.P.II. 1991.12.17: 1381). Ja, sie erstrecken sich über das unmittelbar erwähnte Europa (siehe:

III.3.3.2.a) und auch über die andere Kontinente bis auf die globale Welt hinaus.

317 „Die neue politische und ideologische Offenheit Europas und seine offenkundige Loslösung von christlichen Denk- und Lebensmustern, bilden den Hintergrund, vor dem sich verschiedene Entwürfe der Neuevangelisierung Europas oder erneuter und kontextueller Mission in Europa zwischen 1979 und 1992 entfalten“ (Walldorf 2002: 13f). Heute, über 10 Jahre später, wächst die Zahl von Publikationen mit diesem Thema ständig. Siehe z.B. Universität Trier 2000; Bettscheider 2001; Bürkle 2002; Klement 2002; Vicedom 2002; Denz 2002; Dahling-Sander 2003.

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c) Junge Menschen und ihre Familien

Ähnlich wie bei den Subjekten (siehe: III.3.3.1.b) gehören auch zu den Objekten der

Neuevangelisierung Laien bzw. junge Menschen und ihre Kreise. Hier aber wird nicht mehr

über engagierte Jugend gesprochen, die der Motor der Neuevangelisierung sein soll. Als

potentielle und einigermaßen ´schwierige` Adressaten neuer Verkündigung sollen die immer

mehr liberalen bzw. säkularen und sogar gegenüber der Kirche feindlichen jungen Menschen

sein. „Alle Menschen sind eingeladen, das Evangelium Jesu Christi anzunehmen. Die Neu-

Evangelisierung muß deshalb zutiefst missionarisch sein, so daß sie nicht nur die Personen

und Personenkreise erreicht, die schon im Herzen der Kirche verwurzelt sind, sondern auch

jene, die eher von ferne auf sie schauen - und dies nicht selten mit Skepsis oder gar

Verachtung“ (SBSE 1991: 1577). Nach solcher Vorgabe durch die Synode ist es zu verstehen,

dass Papst J.P. II. nicht mit allen (irgendwelchen) jungen Menschen als engagierten Subjekten

der Neuevangelisierung rechnet. Vielmehr hat er z.B. Vertrauen auf die gut formierten

kirchlichen Gruppen, dass sie erst ihre Kräfte für die Formation der Kinder, der Jugend, der

missionarischen oder benachteiligten Jugendgruppen entwickeln (siehe: J.P.II. 1992.12.18:

1031). Ebenso könnte man die Erwartungen des Papstes so interpretieren, dass die wenigen

gut formierten, engagierten Familien auf die anderen zahlreichen, säkularisierten, gleich-

gültigen oder desorientierten Familien und ihre Kreise einen entsprechenden Einfluss ausüben

sollen. Im Rahmen einer Neuevangelisierung ruht große Hoffnung auf der Jugend, die Träger

der Zukunft ist318 gleichermaßen wie ihre Familien.

d) Kirche selbst

Eines der typischen Zeichen der Kirche bei der Einführung der Neuevangelisierungsidee

in Europa ist ihre starke, aber konstruktive Selbstkritik. Die feierliche Ankündigung durch

Papst J.P.II. einer Notwendigkeit neuer Motivationen und Methoden bzw. Ausdrucksweisen

(vgl. J.P.II. 1983.03.09: 385) fand in kurzer Zeit ihren konkreten Adressaten. Derselbe Papst

war nämlich vom Anfang seines Pontifikats an ganz davon überzeugt, dass die Kirche selbst

noch sehr weit von der vollkommenen Realisierung der konziliaren Beschlüsse entfernt ist. So

sagte er: „Durch eine umfassende Neu-Evangelisierung muß die Kirche versuchen, dem

Prozeß der kirchlichen Entfremdung in ihren eigenen Reihen Einhalt zu gebieten und Mittel

318 „Es ist daher unerläßlich, Jünger Christi heranzubilden, die fähig sind, innerhalb der Familie, am Arbeitsplatz sowie in der Gesellschaft für die geistigen und moralischen Werte Zeugnis abzulegen, die das Evangelium in das Herz des Menschen gesät hat, damit die Neuevangelisierung in diesem zu Ende gehenden Jahrhundert reiche Frucht bringe“ (J.P.II. 2000.11.10: 10).

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und Wege zu finden,...“ (J.P.II. 1988.06.24: 615). Später konnte man mehrere Meinungen

hören, dass die umstrittene Selbstevangelisierung eigentlich ein nützlicher ´Testfall` der

Neuevangelisierung sein könnte319. Die einzigen klaren Erkennungszeichen der Neuevangeli-

sierung sollen dabei nur die wahren Nachfolger Christi sein. Dafür ist aber die individuelle

und kollektive Umkehr unausweichlich. „Ohne erneute Kirchlichkeit also keine neue

Evangelisierung! Der gegenwärtig feststellbare Kirchenverdruß in der Kirche selbst stellt

eines der schwersten Hindernisse einer glaubwürdigen Neuevangelisierung dar“ (Kasper

1992: 241). Mitten im Programm der Neuevangelisierung sind sich verschiedene kirchliche

Gremien dessen bewusst geworden, dass der langsame Verlust ihrer Glaubwürdigkeit in der

Vernachlässigung des Wesentlichen in der Evangelisierung seinen Grund hat. Die Kirche

spürt eine immer weitergehende Inkompatibilität mit der gegenwärtigen Kultur Europas320.

Zurzeit scheinen die offizielle Bejahung des Problems, die Entschuldigung der Kirche für die

Missbräuche der Vergangenheit sowie die positiven Vorschläge und Unternehmungen für die

Zukunft der Neuevangelisierung in Europa eine versprechende Methode einer ´Kirchen-

katharsis` zu sein.

319 K. Koch (1993: 142-145) sieht in solcher Selbstevangelisierung drei große Vorteile. Erstens – die Kirche könnte ihre volle Glaubwürdigkeit wiedergewinnen wenn sie sich mir der eigenen Vergangenheit im Geiste der Neuevangelisierung auseinandersetzen würde. Zweitens – die Neuevangelisierung könnte ein perfektes ´Gegengift` für allerlei gegenwärtige ´Kirchenverdrossenheit` sein, was der Besserung ihrer sozialen Einsätze helfen könnte. Drittens – die Neuevangelisierung soll die Kirche selbst übertriebenen Missionserwartungen und falschen quantitativen ´Erfolgen` gegenüber vorsichtig werden lassen. 320 Die dramatische Auseinandersetzung zwischen dem Evangelium und der Kultur (vgl. EN 20) nimmt immer mehr konkrete Gestalt. Schon Anfang der 90er Jahre haben die Kirche und ihre spezialisierten Institutionen gerade im Kontext der Neuevangelisierung die detaillierte Schwäche vor allem der eigenen Methoden anerkannt. So z.B. hat die europäische internationale Theologenkommission bemerkt: „Ein Teilproblem der Evangelisie-rung und Neuevangelisierung (...) scheint die überlieferte dogmatische Sprache der Kirche (...) zu sein. So ist das Problem der Dogmeninterpretation heute zu einem universalen Problem der Evangelisierung bzw. der Neuevangelisierung geworden“ (DAS 1990: 1465f). Auch bei den ökumenischen Symposien wie z.B. in Santiago de Compostela wurde heftig über die Einstellungen der Kirche diskutiert. Insgesamt führte das Symposium zu der Einsicht, daß die Neuevangelisierung Europas einen dialogischen Ansatz verlangt. Mangel an Dialog mit anderen bzw. an Ökumene mit allen Christen sah auch ganz klar die SBSE 1991: 1578: „Wir müssen die Zusammenarbeit unserer Kirchen wirklich verstärken, vor allem im Blick auf die Neu-Evangelisierung Europas“. Auch die Schwäche und Verzögerung in der Nutzung von modernsten Massenmedien wurden vermerkt und verurteilt. „Die sozialen Kommunikationsmittel können und müssen Werkzeuge sein im Dienst des Planes der Kirche zur Re-Evangelisierung bzw. Neuevangelisierung in der heutigen Welt“ (AN 11). Diese und viele andere kritischen Anmerkungen der Kirche über sich selbst, stellten die Neuevangelisierungsprojekte weder in Frage noch bremsten sie sie. Dagegen werden die eigenen Fehler, Abweichungen, Unsicherheiten, etc. für die Kirche(n) zu den größten Herausforderungen unserer Zeit (siehe: III.3.2.). Die Sondersynode für Europa von 1999 hat bewusst deutlich die Katholische Kirche aufgerufen: „Wir haben die Aufgabe, die kirchliche Lage im Hinblick auf die Neuevangelisierung zu überprüfen, den speziellen Beitrag, den sie zu der gewünschten geistigen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wiedergeburt unserer Völker leisten kann entsprechend dem Sendungsauftrag des Herrn, dem Menschen das Evangelium des Heils zu verkünden und anzubieten. (...) Die Aufgabe, die den Theologen heute durch die Neuevangelisierung der ´Kultur der Freizügigkeit` gestellt wird, ist zweifellos gewaltig. Man muß beharrlich und nüchtern arbeiten“ (Varela 1999: 6, 7).

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Schlussbemerkungen zum dritten Kapitel

Die seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil mehr als deutlichen Anzeichen einer

epochalen Veränderung der Situation in Europa und der ganzen Welt erbrachten in

kontroversen Diskussionen und Aktionen viele, neue, nicht immer leicht assimilierbare

Leitbegriffe mit sich. Obwohl der Begriff ´Neuevangelisierung` erst 1979 pastoral-

theologisch bekannt wurde, war es notwendig, kurz auf seine unmittelbare Vorgeschichte

einzugehen (siehe: III.1.1.). Auch ohne eine zu tief schürfende Analyse dieses Begriffes zeigt

es sich, dass er eine ganz bestimmte semantische Bedeutung trägt. Weil er aber von Anfang

an nicht wissenschaftlich unterstützt worden war, wurde er in verschiedenen kontinentalen

Kontexten zwar gern, aber als ein ´Modewort` rezipiert. Die Beleuchtung der Entwicklung

dieses Wortes konnte seine fast parallele Genese auf zwei verschiedenen Kontinenten

aufzeigen. Sowohl in Lateinamerika (siehe: III.1.2.) als auch in Europa (siehe: III.1.3.) ist es

möglich festzustellen, dass die Kirchen die Neuevangelisierungsidee in konkrete pastorale

Ansätze umwandeln wollen. Trotz der kontinentalen Akzentunterschiede erwartete man

zukunftsweisende Initiativen und sogar ein ganzes Programm, das die pastoralen und sozialen

Schwierigkeiten zu mildern imstande wäre. „Auf jeden Fall ist dieses Programm in der

gegenwärtigen weltkirchlichen Konspektive zum entscheidenden Therapievorschlag

angesichts der Diagnose eines dramatischen Bruches zwischen Evangelium und moderner

Kultur erhoben worden; (...) Da sich dieses Projekt jedoch keineswegs von selbst versteht,

drängt es sich auf und kann es hilfreich sein, dieses heute vielbeschworene Programmwort

kritisch zu klären“ (Koch 1993: 112). Damit man dieses kirchliche Programm für und in

Europa verstehen kann, war es notwendig möglichst viele päpstliche Äußerungen zu sammeln

bzw. zu analysieren. Dabei tauchen aus den päpstlichen Verlautbarungen verschiedene, von

den sozio-kulturellen Verwicklungen Europas abhängige Aspekte der Neuevangelisierung auf

(siehe: III.2.1.). Auch die Verlautbarungen der kirchlichen Lehrgremien zeigen eine ähnliche

Tendenz (siehe: III.2.2.); eine ständig aktualisierte und deshalb ´neue` Evangelisierung bietet

sich dem Missionsland Europa an321.

321 Vgl. Scheuchenpflug (2001: 221-229), der am Beispiel der postchristlichen Situation in Frankreich eine interessante Analyse der alten und neuen Pastoralmethoden anbietet. Er stützt sich auf drei Dokumente der französischen Bischofskonferenz aus den Jahren 1994, 1996 und 2001, die über den möglichen Glaubensaus-druck in der heutigen europäischer Gesellschaft reden. Er konstatiert, dass man von der bisherigen Orientierung auf eine ´Pastoral der Ausübung` (mit festen und zentral festgelegten Wegmarkierungen) zur ´Pastoral des Anbietens` (flexiblen, lokalorientierten Vorschlägen) kommen soll. In solchem Mut für Innovation und Kreativität versteckt sich vielleicht eine im Kontext inkulturierte Neuevangelisierung Europas.

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Was beinhaltet dieses Angebot? Welche Ziele und Aufgaben stellt sich die

Neuevangelisierung als Priorität? Wer soll wem und was in diesem Projekt verkündigen? Und

das Schwierigste – wie soll man das tun bzw. womit anfangen? Das versucht man im Rahmen

einer theologisch-pastoralen Überlegung darzustellen (siehe: III.3.). Im Bewusstsein, dass sich

die kirchliche und soziale Situation Europas in der letzten Zeit rasch verändert hat, und daraus

sich eine neue, dringende pastorale Notwendigkeit ergab, die Neuevangelisierung nicht nur

theoretisch zu beschreiben, sondern wenn möglich praktisch zu leben, wurde zuerst ehrlich

gefragt: Steht hinter dieser Idee überhaupt Gott und seine Kirche (siehe: III.3.1.)? Wenn ja,

was haben sie dann damit vor (siehe: III.3.2.)? Diese zwei tief theologischen Implikationen

müssen erforscht werden, bevor man ihre missiologischen und pastoralen Aspekte angeht.

Dabei reicht nicht das ständige Sich-Berufen auf die allgemeine Verpflichtung der

Evangelisierung, wenn man nicht nur ein neues Schlagwort, sondern ein ganzes Programm

der Restrukturierung bisheriger Evangelisierung fördern will. Weil das einer Systematisierung

konkreter Wegmarkierungen bedarf, wurden in einer quasi soziologischen Methode die

zahlreichen kirchlichen Verlautbarungen so zusammengestellt, dass man die Subjekte und

Objekte annähernd bestimmen konnte (siehe: III.3.3.). Im Allgemeinen kann man all diese

Formen in einer Regel zusammenfassen: „Je einfacher die Übermittlungsweise, desto besser.

Je mehr kommunitär, desto voller. Je mehr für den Hl. Geist offen, desto fruchtbarer. ´Neu`

(Evangelisierung) heißt nicht nur nochmalig. Es ist die Entdeckung neuer Wege in der

Verkündigung, im Gebet, im Gemeinschaftsleben. (...) und die Überwindung einer Denkart:

´es wird irgendwie gehen`“ (Sepioło 2001: 28)322. Diese Auffassung sowie die früheren

Überlegungen weisen irgendwie darauf hin, was die Neuevangelisierung in der Missions-

situation Europas bedeuten kann und was sie den Menschen in Europa zu bieten imstande ist.

Im folgenden IV. Kapitel dieser Arbeit wird in konsequenterweise die Rede auf die

zwei erwähnten Phänomene – Neuevangelisierung und die in Europa mobilen Menschen -

kommen. Beide scheinen extrem komplex zu sein und können schwer zusammen bearbeitet

werden. Doch beide vereinigen in sich alle Voraussetzungen, um in ihnen positiven und

konstruktiven Elemente für das Europa der Zukunft zu finden. Deshalb bleibt man in der oft

bejammerten Notsituation der Kirche nicht hängen (vgl. III.1.3.). Die nicht leichte Anwen-

dung der Neuevangelisierung lässt sich als eine neue Chance zur Weckung des Eifers bei der

Bestimmung ganz konkreten evangelisatorischen Aufgaben (siehe: IV.3.1.) zu sehen.

322 Im polnischen Original steht: „Im prostszy sposób przekazu, tym lepiej. Im bardziej wspólnotowy, tym pełniej. Im więcej otwarty na Ducha Świętego, tym owocniej. ´Nowa` nie jest tylko ponowną. To rzeczywiste odkrywanie nowych dróg w przepowiadaniu, w modlitwie, w Ŝyciu wspólnoty (...) i przezwycięŜenia mentalności ´jakoś to będzie`” (Sepioło 2001: 28).

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VIERTES KAPITEL IV. Neuevangelisierung und Migrantenpastoral im kirchlich- europäischen Kontext In den bisherigen Betrachtungen wurden zwei, sehr wichtige Hauptthemen dargestellt.

Beide betreffen Europa und die Kirche und sind für die Entstehung neuer Herausforderungen

auf dem Alten Kontinent besonders bedeutsam. Die Phänomene der Migration (siehe: I; II.)

und der Neuevangelisierung (siehe: III.) in Europa wurden in ihrer Vielfalt und scheinbaren

Divergenz untersucht, um nicht nur die historische Grundlage nachzuweisen, sondern ihrer

gegenwärtigen Einfluss in einer multiethnischen Gesellschaft aufzuzeigen. Mit einem

vorsichtigen Blick auf die Zukunft dieser Phänomene lässt sich die Prognose wagen, dass sie

höchst wahrscheinlich in Quantität und Qualität weitere Bedeutung gewinnen werde. Die

offensichtlich zunehmende und dadurch natürliche Multikulturalität der Völker Europas ist

engstes mit einem stärkeren Bewusstsein ihrer Multireligiosität verknüpft. Auf diese neu

entstandene Situation versuchen sowohl die einzelnen Menschen als auch die kirchlichen

Institutionen entsprechend zu reagieren. Eine ideell ausgereifte aber konkret anwendbare

Neuevangelisierung scheint zu einer viel versprechenden theoretisch-theologischen und

praktisch-pastoralen Dimension im Leben der Kirchen und des Alten Kontinents zu werden.

In diesem Kapitel geht es also um die Feststellung der eventuellen Relevanz von

zahlreichen außereuropäischen Immigranten bzw. Migrationen für die Anliegen der Kirchen

hinsichtlich der Erneuerung bzw. Neuevangelisierung aller, die sich in Europa befinden. Das

wird in zwei Schritten unternommen: zuerst aus der Sicht des Einzelnen, der den ´Anderen`

bzw. Fremden begegnet, und dann aus der Sicht der Gruppen, die sich mit den ´Anderen` in

einer Kirche konfrontiert sehen. Der Grad solcher Wahrnehmung mit ihren Konsequenzen

bestimmt entsprechend die konkreten Aufgaben im missionarischen Bereich. Die

bedeutendsten von ihnen werden als pastorale Herausforderungen für die Kirchen und

Ordensgemeinschaften und außerdem speziell für die Steyler Missionare in Europa

herausgehoben. Es wird geprüft, ob die neuen gesellschaftlichen Tendenzen in der

Migrationsfrage und die neuen kirchlichen Tendenzen in der Neuevangelisierungsfrage einen

gemeinsamen Nenner haben bzw. so aufeinander bezogen erscheinen, dass man daraus gültige

pastorale Empfehlungen ableiten kann.

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1. Stellenwert der Religion bei Ausländern und Inländern

Die ständig zunehmende Mobilität von Menschen, ihre wachsende Zahl aber, vor

allem die neuen Formen des Soziallebens machen die Migration zu einer Angelegenheit der

Massen (siehe: I.1.1; I.1.2.). Mit seinem konstanten territorialen Umfang bleibt Europa ein

Ort sehr starken Migrationsgeschehens (siehe: I.4.). Die wichtigsten Wanderungstendenzen

von Menschen erschienen im 20. Jahrhundert hauptsächlich mit den politischen und

wirtschaftlichen Ereignissen Europas verbunden, deren Umstände die Entstehung spezifischer

Migrantengruppen bewirkten (siehe: I.2; II.1.). Die so entstandene multikulturelle Gesell-

schaft und die daraus sich ergebenden Prognosen rufen manche nicht immer ganz bewusste

Stellungnahmen hervor (siehe: II.2; II.3.). Die neuen starken Globalisierungstendenzen verän-

dern die ursprünglich statischen Völker und Staaten. Alle Bewohner Europas leben „in einem

Stadium des schnellen Transitus von einem nationalstaatlichen Kontinent zu einer virtuellen

und realen Welterfahrung via Europa, die sogar in den kleinsten Ortschaften auszumachen ist.

Und Menschen suchen gerade in ihren überschaubaren Lokalitäten nach Identitäten in dieser

Zeit eines mythologisch begründeten, kulturell und politisch um Einheit und Vielfalt

ringenden Europas angesichts weltweiter Herausforderungen“ (Vinzent 2002: 97).

Bei dieser Suche nach eigener Identität in Europa ergeben sich täglichen Schwierigkeiten

besonders für die, die nicht im eigenen Land und in der eigenen Kultur leben. Neben den

sozio-politischen und ethno-kulturellen Aspekten dieser Suche, die in diesem Punkt der

Arbeit nur kurz skizziert werden (siehe: IV.1.1.), steht die Frage der ethisch-religiösen

Zugehörigkeit und Wertebewahrung im postmodernen Europa. Besonders in den kirchlichen

Kreisen wird nach einer ´neuen Seele Europas` gefragt323, die imstande wäre, eine moderne

Spiritualität und gute, pragmatische Beziehungen unter allen auf diesem Kontinent Lebenden

zu ermöglichen. In diesem Sinn muss auch die Neuevangelisierungsidee geprüft werden, um

den sensiblen Bereich zwischen Bewahrung eigener Identität, eventuellem Dialog und

absichtlicher Verkündigung der eigenen Botschaft zu präzisieren. Im Folgenden werden die

Möglichkeiten eines multikulturellen und multireligiösen Austausches beim Einzelnen

erforscht. Später werden die dabei herrschenden Mechanismen mehr praktisch in den

Gruppen und Institutionen betrachtet.

323 Eine der neusten und wertvollsten Publikationen in diesem Bereich ist das Buch von Hermann Denz (Hg.) aus dem Jahr 2002 unter dem Titel ´Die europäische Seele. Leben und Glauben in Europa`. Über die Rolle der Religionen und religiösen Identität im gegenwärtigen Europa schreibt auch Regina Polak (2000) unter dem Titel ´Megatrend Religion? Neue Religiositäten in Europa`.

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1.1. Bewahrung der religiös-ethischen Identität von Einzelnen

Die Aktualität der Diskussionen über Werte und Identität Europas lässt unmittelbar

vor der EU-Erweiterung nicht nach. Dabei sucht man die grundlegendsten Prinzipien bzw.

gemeinsamen Wertevorstellungen für den ganzen Kontinent. Das oftmals unterbewusste

´Unifizieren` der Vorschriften für alle und die Globalisierung der politischen, ökonomischen

und kulturellen Konzepte erwecken den Eindruck einer kollektiven Unterwerfung der

Person324. Im Folgenden werden also die Begriffe und Themen über sog. nationale-

(kontinentale-) Identität möglichst vermieden, denn sie haben „im politischen Kontext den

Vorteil des vielseitigen und zustimmungssicheren Gebrauchs. In der Theorie wird aus diesem

Vorteil Vieldeutigkeit und Missverständlichkeit“ (Steinvorth 1998: 43). Dadurch werden auch

die heiklen Themen der gesellschaftlichen Integration bzw. Inkulturation auf ein Minimum

verringert, damit sie den Rahmen dieser Arbeit nicht überschreiten. Stattdessen werden einige

Referenzen gemacht, die die sozio-kulturelle Identität der Person als Träger ihrer religiös-

ethischen Überzeugungen und Werte etwas deutlicher darstellen.

1.1.1. Multikulturelle Zugehörigkeit und religiöse Freiheit

Unabhängig davon, warum, wie man und wer nach Europa kommt oder innerhalb

Europas migriert (vgl. II.1.), ist es eine Tatsache, dass gerade diese mobilen Menschen ipso

facto eine ´multikulturelle Gesellschaft` bilden. Dass dieses Schlagwort selbst wie auch die

Idee und ihre Verwirklichung genau so viele Protagonisten wie Antagonisten hat, ist klar325.

Gleichgültig ob dieses Phänomen als ´Multikulteuforia` oder ´Multikultopia` dargestellt wird,

ändert sich die Grundwahrheit nicht, dass es um freie Menschen geht. Ihre Freizügigkeit

erlaubt ihnen, sich eine andere Heimat als die eigene zu wählen, sich anzusiedeln und einfach

dort zu leben. Weil solche Mobilität oftmals durch rohe Schubfaktoren oder Anpassung in den

324 Heinrich Neisser (2002: 242f) gibt zwar zu, dass die moderne Deutung der Identität innerhalb der EU eine über 30-jährige Tradition hat und dass die Präambel des Vertrages von Maastricht auf solche Identität deutlich aufmerksam macht – im Grunde aber verlangt dieses politische Konzept eine viel weitgehendere Identität, denn ihrer Natur nach bedeutet sie eine persönliche Entscheidung, d.h. eine „Verbundenheit des Einzelnen zu einem Kollektiv“ (ebd. 423). 325 Siehe sehr viele wertvolle Beiträge mit Gedanken zur multikulturellen Gesellschaft, herausgegeben von Stefan Ulbrich (1991). Siehe auch die unterschiedlichen Positionen von: (Wolfschlag 1991: 17-68; Geißler 1991: 68-98; Winkler 1991: 293-298; Ulbrich 1991a: 299-346).

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Zielgebieten ausgelöst wird, ist es wichtig, diese Bewegungen zu harmonisieren bzw.

stimulieren (siehe: II.3.), aber auf keinen Fall zu verhindern. „Es geht folglich nicht (mehr)

um die Frage, ob wir (…) mit Ausländern (…) zusammenleben wollen, sondern lediglich

noch darum, wie diese Koexistenz konfliktfrei, human und zugleich effizient zu gestalten ist“

(Rivinius 1994a: 15). Spricht man von ´Koexistenz` der Personen, Gruppen oder noch

größeren gesellschaftlichen Organismen, denkt man unausweichlich an die Notwendigkeit

eines Konsenses in der Frage allgemeiner Grundrechte auf dem gegebenen Territorium. In

Europa werden solche Grundrechte326 als schätzbare Wertelemente des multikulturellen

Kontinents betrachtet, praktisch aber wurden sie in der Nachkriegszeit nur auf die 15 Länder

der EU bezogen. Die noch immer fehlende Verfassung für alle 25 Mitgliedstaaten der Union

bzw. eine Grundordnung für alle Bewohner Europas sowie die unendlichen Diskussionen

über die zukünftige Gestalt dieses Kontinents zeigen, dass - aus idealtypischer Sicht betrachtet

– eine eindeutige (klar definierte) multikulturelle Gesellschaft im Bereich Europas kaum

möglich ist. Doch ist sie ironischerweise immer mehr erfordert.

Im Rahmen dieser Diskussionen wird der Begriff ´Integration` zum Schlüsselwort. Er

betrifft alle Sektoren des menschlichen Lebens, und zwar alles, was mit der Begegnung mit

dem Anderen zu tun hat. Die Integration bedeutet also keine ´Einbahnstraße`, sondern

entwickelt automatisch neue Beziehungen zwischen den Zugewanderten und Sesshaften,

zwischen den Fremden und Einheimischen. Objektiv gesehen sind alle sich Begegnenden

gleich, weil sie aber von verschiedenen Kulturen kommen, wollen327 die Inländer die meistens

in Minderheit stehenden Ausländer generell in die eigene kulturelle Integration überführen.

Dabei darf man aber nicht über die ´Ermöglichung` der Integration reden (vgl. Laurien 1983:

39), denn sie beginnt automatisch ab dem ersten Moment der Begegnung. Doch kann sie

erheblich beschleunigt und vor allem harmonisch auf allen Ebenen fortgesetzt werden (vgl.

II.3.2.). Vielleicht noch wichtiger bei diesem Thema ist bei allen Integrationsunternehmungen

326 Die Menschenrechte und Grundfreiheiten wurden durch den Europarat und seine Grundrechtsordnug am 04.11.1950 gewährleistet. Später hat die europäische Integration und rechtliche Verengung die Errichtung eines gemeinsamen Wirtschaftraumes (EG) beschleunigt. In den 70er Jahren hat sich der Europäische Gerichtshof auf die lokalen Grundrechte und Völkerrechtsverträge gestützt, was der Ratifizierung durch die EG-Staaten bedürfte. Die Erhebung der Europäischen Gemeinschaft zur Europäischen Union der 15 Mitgliedstaaten hat die Grundrechtsdiskussion und entsprechende Unternehmungen wieder lebendig gemacht. In der letzten Dekade haben mehrere Unionsverträge (in Maastricht, Amsterdam, Tampere) eine klare Verpflichtung zur Achtung der Grundrechte und Menschenrechtskonvention den EU-Ländern auferlegt. Inzwischen wurde der sog. ´Grundrechtskonvent` ins Leben gerufen, der im Dezember 2000 am Gipfeltreffen in Nizza eine ´Charta der Grundrechte` verabschiedete. Dieses nicht unumstrittene Dokument reguliert zurzeit die europäische Grund-ordnung, aber eine eventuelle Konstitutionalisierung würde zweifellos die gesamteuropäische Identität und die innereuropäische Integration deutlich verstärken. 327 Das ´wollen` wird meistens durch die authentische menschliche Solidarität diktiert. Es wird aber immer öfter dasselbe aus kommerziellen Gründen gemacht (schnelle brauchbare Arbeitskraft). Anderen wird die effiziente Integration empfohlen (z.B. Studenten) und noch andere werden dazu sogar verpflichtet (z.B. Aussiedler).

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die ständige Aufmerksamkeit gegenüber dem eigenen Identitätsbild. Das betrifft wieder

sowohl die Ausländer als auch die Inländer im gleichen Maße. In einer guten psychologischen

Analyse über Inkulturations- bzw. Identitätsmechanismen hat man festgestellt: „Jeder

Mensch, auch ein Einwanderer, hat das Recht auf die Bewahrung seiner eigenen Identität.

(…) Es ist sehr wichtig für die Entwicklung der Persönlichkeit, das Bewusstsein zu haben, zu

welcher Gesellschaftsgruppe man gehört, was für eine Geschichte diese hat und wodurch sie

sich von anderen Gruppen unterscheidet“ (Studnik 1994: 54). Es ist noch einmal zu betonen,

dass die gelungene, harmonische Integration der Fremden in jeder Hinsicht zu besserem

Identitätsverständnis der Einheimischen führt. Vor allem fallen alle möglichen Verunsiche-

rungen328 weg und das Verhalten des Fremden mit all seinen Eigenheiten scheint akzeptabel

und berechenbar zu werden.

In solchem Kontext wird die Frage nach einer viel tieferen Ebene des menschlichen

Daseins, nach seinen religiös-ethischen Überzeugungen, nicht gerade die leichteste. Zwar

werden heutzutage die religiösen Freiheiten in allen demokratischen Ländern Europas

rechtlich gewährleistet, aber es ist nicht zu übersehen, dass die Spannungen unter den

christlichen Denominationen (z.B. in Russland) oder besonders nach dem 11. September 2001

gegenüber islamischen Gläubigen offensichtlich bestehen. Mit Recht stellt ein großer

Forscher von Migrations- und Religionsbeziehungen, die Fragen: „Was ist Einwanderung?

Was ist Zuwanderung? (…) nach dem 11. September 2001“ (Tibi 2002: 112-152). Derartige

Fragen könnte man ohne Ende weiter stellen und nicht nur über allgemeine Einflüsse solcher

Erschütterungen auf die Integrations- und Identitätsprozesse in Europa, sondern über die

Einflüsse auf konkrete Migranten. Man sollte sich z.B. fragen: Darf man dem Zuwanderer

überhaupt irgendwelche religiös-ethischen Begrenzungen setzen? Eins ist sicher - die sozio-

politische Integration könnte man in grober Vereinfachung auf die gleiche Partizipation im

Land verengen (vgl. Dubet 1993: 103-118; vgl. Büttner / Meyer 2001). Ähnliches gilt für die

Einengung der ethno-kulturellen Integration auf die rechte Einführung für multikulturelles

Leben (vgl. Ulbrich 1991 b: 13), das ein Wir-Gefühl hervorbringen soll (vgl. Neisser 2002:

244). Das Recht auf die religiös-ethische Identität neben den Integrationsaufforderungen ist

viel komplexer als man denkt und benötigt weitere Untersuchung, was im Folgenden versucht

wird.

328 Sehr plastisch beschreibt ein Psychoanalytiker die Störfaktoren bei der politischen und sozialen Integration der Ostdeutschen nach dem Fall der Berliner Mauer gerade unter den Westeuropäern. „Der Feind hinter dem Eisernen Vorhang war ja auch immer eine Garantie dafür, dass man im eigenen Land geschützt wurde. (…) Dieses Wegbrechen der alten Polarisierung Ost-West, Kapitalismus-Sozialismus, verlief also keineswegs als ein Sieg der Gerechtigkeit gegen das Reich des Bösen, sondern bewirkte bei vielen Menschen eine Verunsicherung in der Weise, als würden die Karten neu gemischt, und man wusste nicht, ob zum Schlechteren oder zum Besseren“ (Lempa 2001: 83-84).

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220

1.1.2. Multireligiöse Zugehörigkeit und kulturelle Freiheit

Die sozio-kulturellen Forschungen zum Thema menschliche Identität im Fremden

versuchen zu prüfen, in welchem Grad die Prozesse der sog. Sozialisation die religiös-

ethische Integration zu beeinflussen imstande sind. Es ist schon wichtig zu wissen, wie die

verstärkte Internationalisierung der Bevölkerung Europas auf ihre Politik, Kultur, Religion

und andere Lebensbereiche wirkt. Man kann konstatieren, dass der erste Effekt neu

entstandener Multikulturalität ein allgemeines Bewusstsein ist, dass sie etwas Natürliches ist.

Trotz der historisch gewachsenen Vorurteile und Abwehrsysteme gegen den Fremden

versucht man ihn in verschiedenen (philosophischen, ethnologischen oder kunstgeschicht-

lichen) Perspektiven zu verstehen (vgl. Sundermeier 1996: 19-93). Es scheint aber in der

gegenwärtigen Epoche viel schwerer zu sein mit der Interreligiosität als mit der

Interkulturalität zu Recht zu kommen,329 obwohl die beiden Realitäten längst auf dem

europäischen Boden eine Tatsache sind. Allen früheren historischen Untersuchungen nach

(siehe: I.2.) steht fest, dass der kulturelle und religiöse Pluralismus Europas untrennbar ist.

„Heute stehen wir durch die vielen Einwanderer in Europa, durch viele neue Staatsbürger, vor

einem Reichtum der Religionen und der religiösen Kulturen. Hindus, Buddhisten, Baha´is und

Muslime vereinigen sich mit den verschiedenen Traditionen der älteren christlichen und

jüdischen Gemeinden“ (Bsteh 1999: 13). Nimmt man die reale Präsenz der verschiedenen

Religionen, Kirchen und ethischen Systeme in Europa als etwas Positives, sollte daraus eine

weitgehende theoretische330 und praktische Toleranz entstanden sein. Es zeigt sich aber, dass

das letzte nicht gerade einfach ist, um eine tolerante Haltung praktisch zu verwirklichen.

Dabei geht es immer weniger um abstrakte Wahrheitsansprüche, es geht um die immer

häufigere Aberkennung der gleichberechtigten religiösen Traditionen in Europa. Oft erscheint

329 Diese zwei Aspekte, die vor allem durch die Immigration entstanden sind, müssen gleichzeitig erforscht werden. Selbst wenn sich ein Teil der (einheimischen oder fremden) Gesellschaft als atheistisch bekennt, soll die sog. ´interkulturelle Theologie` diese Beziehungen untersuchen. „Hier handelt es sich nicht um eine Untersu-chung der Interkulturalität in einer kirchlichen Epoche oder in einer Theologie, sondern um den Vollzug von Interkulturalität aus der Teilhabe an der ökumenischen Pluralität christlicher Religiosität, die befruchtet ist von nicht-europäischen Kulturen. (…) die Interkulturalität bzw. Interreligiosität im Horizont geschichtlicher und gegenwärtiger Kontexte bedenkt und dabei insbesondere am Prozess interkultureller und interreligiöser Begegnung teilnimmt“ (Findeis: 1996: 349). 330 Schon die Erkenntnisse des II. Vatikanischen Konzils betrachten die nichtchristlichen Religionen nicht mehr als irgendwelche Irrwege, die unter dem Wort ´Heidentum` eingestuft werden können. Ihre Lehren und Verhaltensnormen werden nicht mehr pauschal abgelehnt. Noch mehr, es wird den Nichtchristen sogar die Heilsmöglichkeit gewährleistet (siehe: LG 16). Von der biblischen Seite betrachtet bekräftigt diese konziliare ´Revolution` die Argumente, dass es prinzipiell um den wahren Glauben an einen Gott (vgl. Hebr 11,6) und um das Gute im Leben geht (vgl. Apg 10,35; Röm 2,10). Alle also Glaubenden behalten eine gewisse Beziehung zu Christus, denn die Gnade Gottes will alle mit sich versöhnen (vgl. Kol 1,20).

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das Sich-Berufen auf die allgemeinen Menschenrechte, auf die staatlichen Grundrechte für

religiöse Minderheiten etc. ärgerlich, d.h. unangenehm im Kontakt mit den andersgläubigen

bzw. ungläubigen Ausländern. Man versteht die Erwartungen einiger Theologen331 in den

frühen 90er Jahren, dass die Humanisierung bzw. Menschenverachtung im Namen eines

Gottes wachsen wird. Heutzutage wird gerade dieser Name sehr oft missbraucht sowohl für

kleine Verfolgungen als auch für große Kriege (z.B. im Irak). Selbst die Christen unter sich

haben (wie z.B. in Irland oder Bosnien) ernsthafte Probleme mit dem ökumenischen Geist.

Eine offensichtlich besonders benachteiligte religiöse Minderheit in fast allen europäischen

Ländern sind die Muslime. Ihre gegenwärtigen Schwierigkeiten wegen ihres Glaubens, die

sich in den ländlichen Regionen außerordentlich spüren lassen332, fordern die christliche

Mehrheit Europas heraus. Wechselt man die Perspektive der Betrachtung von einem Fremden,

der seines Glaubens wegen etliche Begrenzungen im sozio-kulturellen Leben erleiden muss,

zu einem Einheimischen, der ´bei sich` alle Freiheiten genießt, fragt man automatisch, was für

eine Religion bzw. ethische Werte er repräsentiert? Natürlicherweise sind sie auf dem alten

Kontinent nicht homogen, was die neuen Trends in Mittel-, Ost- und Westeuropa in modernen

Forschungen bestätigen (siehe z.B.: Zulehner 2001; Polak 2002). Um nicht zu sehr ins Detail

zu gehen ist die Aufmerksamkeit nur auf die zwei größten Stereotypen zu lenken. Der erste

betrifft Mittel- und Ost-Europa, wo man unkritisch gedacht hatte, dass sich dort nur die zwei

größten christlichen Zweige bzw. Kirchen (Katholizismus und Orthodoxie) entwickelten. Sie

sind zwar die größten Gremien nach der Zahl der Gläubigen, aber schon ein Blick auf die

Statistik z.B. von Tschechien zeigt, dass sie nicht die einzigen sind, und was noch wichtiger

ist, dass die Zahl der sog. Konfessionslosen größer als die Zahl der römisch-katholischen

Kirchenzugehörigen ist (siehe: Prudký 2001: 52). Noch interessanter ist die religiöse

Gegenwart im größten Land Osteuropas, in Russland, wo sich 1985 bloß 10% der

Bevölkerung als Gläubige bezeichneten; heute aber gibt es noch 4 orthodoxe, 1 katholische

und 3 protestantische Kirchen, dazu über 10 Mio. Muslime, Buddhisten, Juden, und

schätzungsweise 3-5 Mio. Mitglieder verschiedener Sekten (siehe: Woyciechowska 2002:

331 Z.B. Ottmar Fuchs (1993: 64 ff) differenziert die zwiespältige Wirkung der Religion und erwartet im guten Willen eine weitgehende Achtung der Gottesnamen in der Welt. Gerade der gläubige Fremde soll in der neuen Umgebung den eigenen Glaube so transformieren (vgl. IV.1.3.1.), dass er ihm Schutz geben soll. Ohne für einen Pessimismus zu optieren, ist das aber heute nicht der Fall, d.h. nach dem 11. September 2001. Der Glaube des Fremden garantiert ihm keinen Schutzraum oder irgendwelche Privilegien, auch wenn es dafür von christlicher Theologie starke biblische und geschichtliche Hintergründe gibt (siehe: Crüsemann 2003: 31-49). Erst die konkreten rechtlichen Grundlagen des sog. kirchlichen Asylrechts sind imstande, entsprechende Rechte zu garantieren (siehe: Töppler 2003: 103-125). 332 Schon einige Titel von Artikeln, die über die Situation der islamischen Minderheiten in einigen Ländern Europas berichten, zeigen, wie schnell die heutigen Diskriminierungsformen zunehmen. Siehe z.B. Renate Holzapfel (2002: 38-48) ´Keine Moschee in Zeiten des Terrors?`; Lulu Hjarno (2002: 77-84) ´Fremdenfein-dlichkeit und Islamophobie in Dänemark`; Gé Grubben (2002: 85-88) ´Anti-Islamismus in den Niederlanden`.

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277, 290-294; vgl. Tomka 2002: 339-355). Solch eine Palette von Religionen, Kirchen und

Sekten bestätigt, dass Ost- und Mitteleuropa auch eine stark multireligiöse Gesellschaft ist333.

Analog hierzu braucht man nicht viel zu beweisen, dass die westliche Gesellschaft eine

genauso starke religiöse Pluralität darstellt. Ja es ist Tatsache, dass der ständige personalen

Rückgang der Gläubigenzahl in den großen christlichen Kirchen und die fortgeschrittene

Säkularisierung (siehe: III.1.3.) einen Platz für die Entstehung zahlreicher Sekten bzw.

anderer Formen des religiösen Lebens frei geben. Eine der neuesten Studien über westliche

außerkirchliche Religiositätsspuren (siehe: Polak 2002) belegt den wachsenden Bedarf der

Europäer nach Religiösem. Bei gleichzeitiger Ablehnung der traditionellen Formen wird es

gefunden in so exzentrischen Bereichen wie z.B. Fernsehen, Internet oder Marktwirtschaft334.

In grober Verallgemeinerung gilt, dass ungefähr nur noch die Hälfte der Population Europas

irgendwie in kirchlichen Bindungen glaubt und die andere sich als gleichgültig oder

atheistisch bezeichnet. Da fragt man sich, ob das Christentum im postmodernen Westen

überhaupt überleben kann (siehe: Kaufmann 2000: 105-138)? Wenn schon, dann wie? Und

wenn in anderen Formen, dann kommt man wieder auf die ursprüngliche Frage nach der

Identität Europas und seiner multikulturellen Bürger. In diesem Kontext wird „gelegentlich

auch empfohlen, angesichts der Pluralität von Sinnhorizonten und unüberschaubaren Vielfalt

von Möglichkeiten den Menschen die Konsistenz von Identitätsansprüchen gar nicht mehr

zuzumuten“ (ebd. 119). Es ist nur zu erhoffen, dass, solange es Christen und ihre Kirchen

gibt, diese sich weiter als Anwälte aller – Inländer und Ausländer – einsetzen werden. Ohne

die Wahrheit über die eigene Lage zu verschweigen, werden sie im Geist der Toleranz und

ununterbrochener Evangelisierung immer neue Wege suchen, die religiöse und kulturelle

Pluralität zu bewahren. Die einen dürfen die anderen nicht auszuschließen. Wie weit sie sich

heute dafür aufgerufen sehen und welche Formen und Methoden dafür eingesetzt werden,

möchte der nächste Abschnitt zeigen.

333 Wie sich diese religiösen Subjekte in Mittel- und Osteuropa in der heutigen Welt positionieren, welche Herausforderungen sich ihnen stellen, siehe bei Zulehner (2000: 49-84). 334 Diese hochinteressante Publikation ist ein Resultat der Forschungsarbeitsgruppe des Pastoralinstituts in Wien. Nach Bearbeitung theoretischer Fragen und Darstellung der Dimensionen von Religion und Religiosität sprechen verschiedene Autoren über die konkreten Erscheinungsorte des Religiösen. Siehe z.B.: Bettina Schimak (2002: 171-192) ´Religiöse Spuren im Fernsehen`; Koban / Patzelt (2002: 193-212) ´Religiosität im Cyberspace: Auf religiöser Spurensuche im World Wide Web`; Günther Heider (2002: 213-229) ´Der Geist der freien Marktwirtschaft`; Clemens Pichler (2002: 230-250) ´Heile Welten: Religiöse Elemente in der Werbung`; Kathrin Scholz (2002: 298-317) ´Religiosität in der Freizeit- und Erlebnisgesellschaft`.

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1.1.3. Religiös-kulturelle Identität im Licht der Neuevangelisierung

Während der aktuelle Diskurs über die multikulturelle Gestaltung Europas leicht

nachlässt und sich fast alles auf Osterweiterung, auf die politische und ökonomische

Interdependenz von Staaten konzentriert, ist die ständige Zuwanderung bzw. menschliche

Mobilität innerhalb des Kontinentes eine stets präsente Herausforderung für viele (vgl. II.3.).

Die Nationalstaaten versuchen damit klassisch umzugehen, indem sie allen Bürgern

entsprechende Rechte garantieren und allgemeine Regeln für den immer offensichtlicheren

´Multikulturalismus` suchen. Die europäische Gesellschaft gelangt langsam von einem oft zu

abstrakten bzw. idealisierten Phänomen (siehe: I.1.4.) zur alltäglich hauterfahrbaren

multikulturellen Realität. Als solche schrecken die Migranten (Ausländer, Fremde) und die

grenzüberschreitenden Kommunikationsmöglichkeiten immer weniger. Europa wird praktisch

zu einer dezentralisierten Gesellschaft, ohne irgendeine stark dominante Kultur, Volk, Partei

etc. Trotz gewisser Ungewissheit335 um die Zukunft dieser multikulturellen Gesellschaft spürt

man in Anbetracht des multireligiösen Territoriums weniger Zweifel. Die religiös-ethische

Identität der Bürger Europas, obwohl auch sehr fragmentiert und mit starker Säkularisierung

gekennzeichnet, ist noch immer relativ stark vom Christentum dominiert. Sie spiegelt sich in

allen Bereichen des immer mehr laizistischen Lebens, und merkwürdigerweise lässt sie nicht

nach, sondern extrapoliert sich in neuen Gestalten (siehe: IV.1.1.2.). Ja gerade dort, wo die

religiöse Pluralität des Kontinents praktisch außer Frage steht und die traditionelle

´Konjunktur` des Christentums und ihre humanistische Position sehr stark ist, versuchen die

christlichen Kirchen moderne flexible Modelle ihrer Existenz und Aktivität herauszubilden.

Beispielsweise streben die Christen336 durch das Programm der Neuevangelisierung nicht nur

nach einer Überlebensmöglichkeit der Gläubigen, sondern wollen ohne Komplexe an allem,

was die Multireligiosität mit sich bringt, teilnehmen.

335 Claus Leggewi (1993: 12-16) bemerkt in der globalen Vergesellschaftung bestimmte Gefahren und stellt nach einer wissenschaftlichen Analyse drei mögliche Varianten des Multikulturalismus vor. Die erste würde zu einer weiteren kulturellen und vor allem ethnischen Separation führen. Die zweite würde in den langen Generationsperioden ein anpassungsfähiges Kollektiv bilden. Die dritte wäre ein gleichberechtigtes Europa, aber erst nach dem national orientierten Denken und Handeln. 336 Die Systematisierung des Anliegens, zahlreiche lehramtliche Äußerungen und die pastoraltheologischen Dimensionen der Neuevangelisierung von katholischer Seite wurden im dritten Teil dieser Arbeit ausführlich dargestellt. Eine gute protestantische Annäherung zu diesem Thema siehe beim Walldorf (2002). Es gibt nur wenige Materialien, die das Phänomen theoretisch von der Seite der Orthodoxen präsentieren. Doch praktisch wird immer mehr unternommen. In diesem Kontext hat Prof. Peter Antes (1998: 1-3) recht, wenn er in seinem religionswissenschaftlichen Seminar über eine gewisse Konkurrenz zwischen den christlichen Kirchen in der Frage ´Neuevangelisierung` redet.

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Die Frage der religiös-kulturellen Identität in Europa wurde häufig im Kontext der

Neuevangelisierung aufgegriffen. Weil die Lebens- bzw. Glaubensbedingungen sich in letzter

Zeit sehr stark geändert haben (siehe: III.1.2; III.1.3.), kümmern sich die Kirchen um eine

adäquate, evangelisatorische Antwort darauf. Solchen Kummer zeigt auch deutlich Papst

Johannes Paul II., wobei gerade die Präsenz von vielen Immigranten in Europa und die damit

verbundenen Veränderungen der Kultur Europas das Oberhaupt der katholischen Kirche zu

einer ´Neuartigkeit` dieser Mission herausfordern (siehe: J.P. II. 1986.06.27: 1481-1484).

Sie entwickelt sich heute in multikulturellen und multireligiösen Milieus im Rahmen einer

Sorge um die Kultur- und Geistesgüter. „Die Neuevangelisierung, zu der die Kirche

aufgerufen ist, muß mit verstärktem Interesse die enge Beziehung zwischen den menschlichen

Kulturen und dem christlichen Glauben in Erwägung ziehen“ (J.P.II. 1999.08.28: 9). Die

Überprüfung der lehramtlichen Äußerungen in der Frage ´Neuevangelisierung` (siehe: III.2.)

lässt mehrere dialektische Spannungen spüren, die Kultur und Glaube, Individuum und

Gesellschaft, Religiöses und Profanes sowohl verbinden als auch trennen. Seit Jahren

beschäftigt diese Dialektik der neuen kulturellen und religiösen Identität Europas nicht nur die

Kirchen337. Doch gerade sie sehen sich besonders berufen, eine neue Synthese (Modell des

Lebens) zwischen Kultur und Glaube vorzuschlagen. Sie versuchen „eine Vermittlungs-

funktion zu übernehmen, damit die Neuevangelisierung eine wirkliche Begegnung zwischen

dem Wort des Lebens und der Kultur Europas wird“ (J.P.II. 1991.10.31: 1316). In dieser

Aufgabe werden sowohl der Glaube als auch die Kultur Europas nicht mehr als traditionelle

Monolithe gesehen; anderseits aber werden diese Elemente als Schlüssel für die Aufklärung

der europäischen Identität betrachtet. Die Kirchen sehen, dass Europa (als Kollektiv) und

Europäer (als Individuen) primär zu Objekten der Neuevangelisierung werden (siehe:

III.3.3.2.) und schlagen in der Frage ´Glaube` einen entschiedenen Kampf gegen das sog.

Neuheidentum vor (siehe: III.3.2.2.). Gleichzeitig wird im Rahmen der Neuevangelisierung

die Frage der Inkulturation des Evangeliums verarbeitet (vgl. III.1.2.). Das kirchliche

Engagement für das klare Identitätsbewusstsein mitten in den Osterweiterungsprozessen

verläuft nicht ohne Schwierigkeiten. „Europa scheint heute in vieler Hinsicht irritiert zu sein.

Diese Irritationen sind in geistigen Defiziten der Europadiskussion begründet. Die Frage nach

der europäischen Seele – verstanden als Frage nach der europäischen Identität – findet keine

337 Die Deutsche Bischofskonferenz hat in ihrer Arbeitshilfe Nr. 26 ´Muslime in Deutschland` (schon im Juni 1982) hervorgehoben, dass die kulturelle Identität automatisch die religiöse einschließt und umgekehrt. Ebenso muss die Toleranz gegenüber einem anderen Glauben und anderen kulturellen Überzeugungen sowohl die Gemeinsamkeiten als auch Unterschiedlichkeiten erkennen und akzeptieren. Diese Themen bewegen gleichzeitig auch nicht-kirchlich orientierte Kreise; so wird in den letzten 20 Jahren immer mehr über Toleranz, Dialog, Solidarität diskutiert (vgl. Sader 2002: 25-32).

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adäquate Antwort“ (Neisser 2002: 253). In dieser Situation versucht man die Idee der

Neuevangelisierung, trotz ihrer evidenten Behinderungen, in breite Lebenskontexte zu

implantieren. Diese Idee berücksichtigt die Multireligiosität und Multikulturalität Europas

und darf nicht als bloßes Mittel gegen einen gefährlichen Säkularismus eingestuft werden

(vgl. Rauscher 2002: 359-361). Viel eher ist in ihr eine außenordentliche Gelegenheit

wahrzunehmen, die Identität Europas und der Kirche transparenter zu machen und zu

verstärken. Der religiöse Austausch des Evangeliums mit Kultur, Politik, Wissenschaft, etc.

(vgl. Böttigheimer 1999: 692) liegt im Interesse der Neuevangelisierung und scheint imstande

zu sein, die tief greifenden Krisen338 in den erwähnten Bereichen zu mildern. Im langen

Katalog der Identitätsprobleme Europas spürt man, dass es im Grunde um die Veränderung

der Werte geht. Die europäische Einigung bringt nicht nur politische Verpflichtungen oder

kulturell-religiöse Differenzierung mit sich. Sie bringt vor allem die Veränderung der

ethischen Paradigmen, deren Fortführung stark diskutiert wird. Ja, macht man eine Bilanz

über die Werteordnung und Identitätsbewahrung in Europa, kommt man kaum zu eindeutigen

Ergebnissen. „Nichtsdestoweniger ist die Europäische Union im institutionell-normativen

Bereich einen Weg gegangen, der zumindestens einige Positionslichter aufgestellt hat“

(Neisser 2002: 244). Eine ebenso ´erleuchtende` Rolle scheint die Neuevangelisierungsidee in

der europäischen Gesellschaft und Kirche zu promovieren. Es geht dabei nicht um die

´Wiederherstellung der kulturellen Erinnerung` (vgl. Weigel 2002: 838) an die vergangene

christliche Hochzeit der einmal monolithischen (katholischen) Masse, sondern um die neuen,

modernen Richtlinien für die multikulturelle und multireligiöse Gesellschaft. Wie richtig

bemerkt worden ist, soll die heutige Welt die Unterschiede der Sichtweisen, die ethischen

Maßstäbe und die Grundwerte der internationalen Systeme akzeptieren, dafür muss ihr krudes

utilitaristisches Denken abgeschafft werden (vgl. Schwarz 2002: 16). Das scheint für

partikuläre soziale Unternehmungen entscheidend zu werden. Um eine ´Steuerungsstrategie`

für Migration herauszuarbeiten, bleibt wirklich viel zu tun, damit schon jetzt eine gemeinsame

Zukunft für alle in Europa Lebenden zu erahnen möglich wird. In welchen Bereichen und mit

welcher Intensität es geschieht, wollen die zwei nächsten Unterpunkte zeigen.

338 Przeciszewski (2001: 1) gibt nach Papst J.P.II. zu, dass die Kulturkrisen in Europa in der inadäquaten Vision des Menschen ihren Ursprung haben. Die Neuevangelisierung sollte deswegen die einzige wirkungsvolle Antwort darauf werden.

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1.2. Aufbau der sittlichen bzw. religiösen Beziehungsfelder

Die allgemeine Anerkennung der Tatsache, dass sich Europa einem internationalen

Wanderungsdruck ausgesetzt sieht, findet fast keine Opposition. Ebenso erscheint die

Tatsache, dass es auf diesem Kontinent keine dominierende, sondern viele Religionen gibt

und, dass Millionen Gottgläubige neben ungläubigen Menschen existieren, als notwendige

Voraussetzung für einen rationalen und gerechten Umgang mit allen Bewohnern Europas. In

Auseinandersetzung mit dieser neuzeitlichen Realität entstehen die spezifischen Wissens-

chaftszweige, die sich unter anderen mit der politischen Ethik in der pluralistischen

Einwanderungsgesellschaft beschäftigen339. Dabei lassen sich alle Normierungshinweise von

den Gesellschaftskonzepten ableiten. „Die polemischen Kontroversen rechter und linker

Provenienz im Zusammenhang mit Nationalbewusstsein, liberaler Demokratie und

Einwanderungspolitik führen oft in Aporien, sind dann nicht mehr miteinander vermittelbar

und führen kaum in eine realistische Politikplanung. Für eine ethische Untersuchung wie die

vorliegende trägt die Diskussion des kommunitaristischen Denkens (…) möglicherweise dazu

bei, diese Kontroversen prospektiv nach vorne weisend zu überwinden oder wenigstens

abzubauen“ (Rethmann 1996: 170). Weil die alltägliche Erfahrung lehrt, dass die Normalität

der menschlichen Migration und der religiösen Zugehörigkeit durch gewisse Intoleranz

gestört sein kann, wird jetzt versucht, die sittlichen bzw. religiösen Bereiche zu markieren, die

zu mehr humanen Beziehungen unter Europäern führen sollen. Es wird also nicht um eine rein

theoretische Überwindung der Schwierigkeiten in der Begegnung mit dem Anderen340 gehen.

Es wird versucht eine interkulturelle und interreligiöse Reziprozität und grenzüberschreitende

Kommunikation zu deuten, die immer nach einem Begegnungspunkt zielt. Weil sie immer

mehr Herausforderungen in einer säkularisierten Gesellschaft Europas in sich fokussiert und

dabei verschiedenen Argumentationsquellen entspricht, wird sie auf zwei Ebenen dargestellt.

339 Zu den berühmten Wissenschaftlern in diesem Bereich könnte man z.B. Albert-Peter Rethmann und andere Mitarbeiter der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster rechnen. Er hat dieser Thematik ausführlich den ganzen dritten Teil seiner Dissertation gewidmet. Auf der Suche nach einem ethischen Konsens stellt er die Frage des Mitlebens in multikultureller und multireligiöser Gesellschaft in verschiedenen Moralkonzepten dar. Eine effiziente Normfindung und ihre Durchsetzung in den heutigen pluralistischen Gesellschaften zeigen sich außergewöhnlich komplex und schwer. Doch Rethmann sieht eine Chance in der Verwirklichung bzw. Anwendung der christlichen Ethiktradition (siehe: Rethmann 1996: 154-236). 340 In seinen anthropologischen und philosophischen Reflexionen hat Paulo Suess, typisch für eine lateinameri-kanische Option (vgl. III.1.2.), zur Anerkennung des europäischen Anderen nur mit vielen Schwierigkeiten gefunden. Für ihn besteht nur ein ´armer Anderer`, der wieder in den abendländischen Paradigmen eine ´erkenntnistheoretische Aporie` darstellt (siehe: Faschingeder 2001: 144-148).

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1.2.1. Einheimische und ausländische Europäer

Die historische, (siehe: I.2.) aktuelle (siehe: II.1.) und zukünftige (siehe: II.2.) Präsenz

der Migranten in Europa gehört zu den normalsten Erscheinungen des sozialen Lebens. Ihre

kulturelle und religiöse Vielfalt erstaunt auch nicht, und stellt sowohl für die Gesellschaften

als auch für die Kirchen neue Herausforderungen dar. Diese Vielfalt bildet eine ganze Reihe

von Problemen, Spannungen aber auch Konflikten auf der persönlichen und kollektiven

Ebene. Bei allen Spekulationen um ihre Überwindung bleibt es sicher, dass die zukünftige

Koexistenz der Aus- und Inländer und dadurch entstandene Schwierigkeiten immer neue

Formen annehmen werden. Es geht nicht nur um entsprechende Verwaltungsvorschriften,

damit diese Koexistenz möglich ist, sondern mehr um Verhaltensvorschriften, die für alle

Zeiten und Fälle die menschlichen Beziehungen gerade ´menschlich` machen werden. Die

ethischen Einstellungen bzw. sittlichen Verhaltensformen werden in den christlichen Kreisen

immer theologisch begründet, „denn Migration und christlicher Glaube hängen aufs engste

und subtil zusammen“ (Merks 1988: 36; vgl. IV.1.3.). Die biblischen Bemerkungen341 zum

Thema ´der Fremde bzw. Fremdling` bilden zwar eine gute ethische Basis für die christlichen

Beziehungen zu den Migranten, aber in der stark säkularen Gesellschaft (siehe: III.1.3.1.)

finden sie logischerweise immer weniger Gehör. Es scheint also wichtig, auch auf heutige

´laizistische` Überlegungen im Umgang mit Migranten aufmerksam zu machen. In ihnen

spiegelt sich teilweise auch die wertvolle alt- und neutestamentliche Tradition wieder und

deswegen garantieren sie eine breitere Akzeptanz bei allen Europäern. So entsteht ein

modernes Menschenrechtsethos als ein universales Argumentationsmuster. Wichtig ist, dass

solch ein Ethos den beiden Seiten342, d.h. den Ausländern und Inländern, ein Fundament

anbietet, das neben Konflikten über Ressourcen und Anerkennung eigener Rechte einen

Konsens des humanen Mitlebens darstellen kann.

341 Siehe z.B.: Rethmann 1996: 237-254; vgl. Grünschloß 1999: 282-288; vgl. Görg 1988: 194-214; vgl. Kamp-ling 1988: 215-239; vgl. Steins 1994: 133-150; vgl. Crüsemann 2003: 31-49). 342 Die „Zuwanderer bringen in die Gesellschaften ihres Aufnahmelandes ihre individuelle und kollektive Lebensgeschichte mit, die geprägt ist von der Kultur ihres Herkunftslandes. Wenn für Migranten aufgrund ihrer andersartigen Sozialisation die in ihrem Aufnahmeland vorherrschenden Wertvorstellungen und Lebensformen fremd sind und sie sich nicht in der Lage sehen, sich auf diese neuen Herausforderungen einzustellen, dann besteht die Gefahr der Destabilisierung ihrer individuellen und kollektiven Orientierungen, verbunden mit einer Fragmentierung der Gesellschaft mit ihren negativen Folgen“ (Bierbrauer 1998: 176). Von der Seite der Einhei-mischen entspricht die Begegnung mit dem Fremden den sozialen Klischees. Sehr oft sind das schwierige Bilder und Vorstellungen. Die Menschen schweben zwischen Großzügigkeit und Ablehnung der Ausländer je nach dem Bild das in den Medien verbreitet wird. Das objektive ´Anderssein` des Fremden wird durch die Einheimischen blockiert und macht ´unfähig, die Realität des Anderen wahrzunehmen` (vgl. Scarry 1993: 229f).

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228

Um solch einen Konsens sachlich herauszuarbeiten, ist es notwendig, auf der

theoretischen Ebene die ethischen Rechte der Migranten klar zu formulieren. Später sollen sie

gleichzeitig mit Hilfe anderer Elemente einfach angewendet werden (siehe: II.3.3.).

Grundsätzlich geht es um das Verhindern einer gefährlichen (und unmoralischen) Dichotomie

zwischen dem fundamentalen Recht auf die Freizügigkeit der Person und kontradiktorischen

Rechtsordnungen. „Dabei ist unschwer einsichtig zu machen, dass im Hinblick auf eine

friedliche Lösung der Migrationsprobleme gerade Aspekte der Rechtsordnung als Rahmen,

Steuerung, Schutz und Förderung gesellschaftlicher Entwicklungen von zentraler Bedeutung

sind. Die Gewährung der menschenrechtlichen Freiheiten macht ja nicht die Rechtsordnung

überflüssig, sondern setzt sie voraus“ (Merks 1988: 60f). Eine ehrliche Antwort der Ausländer

und Inländer auf solch eine gegenwärtige hochethische Herausforderung muss sich nicht

unbedingt aus christlichen Überzeugungen ergeben. Es reicht der Respekt vor jedem

Menschen, vor seiner Würde und ein wenig Empathie in der Begegnung mit ihm.

Entsprechende Handlungsweisen gegenüber den Ausländern, auch wenn sie verhältnismäßig

verschiedene Modelle343 repräsentieren, müssen aber eine gemeinsame ethische Plattform für

alle Bewohner Europas haben. In diesem Fall kann man über einen Kompromiss (vgl. ebd.

64-69) oder über das im Abendland positiv besetzte Wort ´Toleranz` reden. „In einer

Weltgesellschaft, die immer näher zusammenrückt, ist Toleranz ein unbedingtes Erfordernis

für ein gedeihliches Miteinander der Menschen. Toleranz bedeutet dabei wesentlich mehr als

bloß die Meinung anderer gelten zu lassen. Sie beschränkt sich auch keineswegs auf ´religiöse

Fragen`, sondern umfasst das ganze Sein des Menschen und seine Deutung der Welt“ (Mayer

1999: 130). Erst eine so verstandene Friedlichkeit ist imstande, auf einen fruchtbaren Dialog

zuzusteuern – auch den religiösen, der das Objekt weiterer Analyse ist.

343 Theo Sundermeier schlägt drei interessante Modelle der eventuellen Begegnung mit dem Fremden aus der Sicht eines abendländischen Subjektes ein. „1. Das Gleichheitsmodell: (…) a) Wenn er ein Mensch ist, kann die Frage nach dem Verstehen nicht aufkommen, sondern nur die nach der – sprachlichen – Verständigung. b) Wird er als potentieller Mensch eingestuft, muß er zum Menschen gemacht werden, durch die Religion, durch Erziehung, durch Zivilisation. Das ist die Haltung von Las Casas. c) Wenn man keine menschlichen Züge an ihm entdecken kann, gehört er in eine andere Kategorie, nämlich die der Sachen (…) 2. Das Alteritätsmodell: (…) a) Der Fremde ist der Feind und muß, wenn er nicht zum Vertragspartner werden kann, vernichtet werden. (…) b) Das Fremde ist so faszinierend, dass die Begegnung zur Entfremdung von der eigenen Kultur führt. Man begibt sich in die andere Kultur, liefert sich ihr aus und sucht dort ein neues Zuhause. (…) c) Bei dem Alteritätsmodell muß auch die Begegnung als diakonische Haltung untergebracht werden, wie sie Lévinas vertritt. Sie ist vielfach im Helfersyndrom zu finden. Da letztlich der Fremde nicht als solcher gesucht wird, gibt es auch in diesem Model kein Bemühen um Verstehen. (…) 3. Das Komplementaritätsmodell: (…) a) Der Fremde ergänzt mich. Durch die Begegnung mit dem Fremden werden Defizite erkennbar und die Sehnsucht nach dem Ganzen wird erweckt. Dabei wird der Fremde ´angeeignet` und - wenn auch in angepasster Form – inkorporiert. Fremdbegegnung dient der Bereicherung. b) Die Begegnung mit dem Fremden ist ein Umweg zu mir selbst. Der Fremde wird nicht um seiner selbst willen wahrgenommen, sondern dient als Spiegel, als zeitweise Refugium, als das Du, das das Ich stärkt. (…) c) Permanenz im Verhalten gegenüber dem Fremden könnte die Dialogik Bubers bewirken, wenn man das das Ich konstituierende Du als wirklich fremdes und nicht einfach als das mich ergänzende Du verstände“ (Sundermeier 1996: 72-77).

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1.2.2. Gläubige und nichtgläubige Europäer

Die spannungsreichen Fragen, wie man in einem multikulturellen Europa eine relative

Harmonie seiner Bürger erreichen kann, hören mit der Akzeptanz der Menschenrechte nicht

auf. Ja, sie werden immer zum anderen Spannungsfeld führen, in dem man die Frage nach

interreligiöser Toleranz und Dialog hervorhebt. Der Reichtum der Plurireligiosität fordert

positiv heraus, hängt aber nicht in der Luft, sondern basiert auf den Menschenrechten und auf

dem sog. Freiheitsethos der Moderne (siehe: Bielefeldt 2002: 44-56). In diesem Punkt werden

etliche Grenzen kultureller Identität (vgl. IV.1.1.1.) gesetzt: „Moslems, Hindus, Freigeister

und Agnostiker, Materialisten, Existentialisten, Sektierer, Polytheisten, Dämonenverehrer,

Gottesleugner und Christen, sie alle müssen die universalen Menschenrechte, wie sie der

europäischen Geistesgeschichte und damit der europäischen Kultur entsprechen, achten.

Folter und Diskriminierung bleiben Verletzungen der Menschenrechte – auch die Diskrimi-

nierung der Frauen – gleichgültig, ob sie im Namen Allahs oder der Weltrevolution oder der

Inquisition praktiziert werden, sie bleiben schwere Verletzungen der von Gott gestifteten

Würde des Menschen“ (Geißler / Rommel 1992: 26). Beim Aufbau der religiösen Brücken

(Annäherungen) werden also sittliche Plattformen als Vorbedingung genommen und damit

wird manchmal auf einen rein religiösen ´Gottesstandpunkt` verzichtet344. Doch die

gemeinsamen spirituellen Werte der Menschen müssen respektiert und praktiziert werden

trotz aller Verschiedenheit ihrer Interpretationen. Die Tatsache, dass man mit allen

Bewohnern Europas viel leichter über das Spirituelle als über das Religiöse bzw. Kirchliche

reden kann, beweist die subtile Einladung Papst J.P.II. zum interreligiösen Friedensgebet nach

Assisi 1986. Der Papst hatte damals klargestellt, dass man zusammenkomme, um zu beten,

aber nicht komme, um zusammen zu beten (vgl. Ratzinger 2003: 87-90). Das Grundrecht also

für Kultur- bzw. Religionsfreiheit sowie die Idee der umfassenden Toleranz gehören zu den

Prinzipien, die imstande sind alle, d.h. Ausländer und Inländer, Gläubige und Nichtgläubige

zu vereinigen. Solche Prinzipien machen ohne den Absolutheitsanspruch den Weg frei zu

einer pluralistischen Religionstheorie bzw. Religionspraxis. Solch eine innergesellschaftliche

Motivation zu einem kreativen Zusammenleben soll die religiöse Motivation von Gläubigen

bzw. ethische Motivation von Ungläubigen leicht zum sicheren Dialog überreden können.

344 Nicht nur theologische, sondern vor allem philosophische Kritik hält die Ansprüche der Religionen auf den Aufbau einer gemeinsamen ´Gottesperspektive` im Dialog für nicht adäquat, mindestens so lange als nicht alle anderen Möglichkeiten menschlicher Vereinbarung ausgenützt werden. Dass die Toleranz dem Fremden gegenüber und andere sittliche Beziehungsfelder eine Voraussetzung des christlichen Dialogs sein sollen, klingt überzeugend. (siehe: Hempelmann 1999: 183-207; vgl. Khoury 1996: 395-401).

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Einige meinen, dass so ein Pluralismus vor allem identitätsbildend ist (Klinger 1997: 113-

121; vgl. IV.1.1.) und neue Perspektiven des Denkens von Gott eröffnet, was eine

optimistische Prognose wäre345. Ebenso muss man die Hoffnung auf einen neuen, vom

Glauben geprägten Pluralismus herzlich begrüßen. Es soll „ein neuer Pluralismus mit Respekt

für verschiedene Identität (werden), aber mit einer seelischen Einheit und Übereinstimmung

über die grundlegenden ethischen Überzeugungen, die für uns so wichtig sind – und mit einer

offenen Seele gegenüber allen Menschen guten Willens, ob gläubig oder nichtgläubig. Der

Dialog ist der einzige Schutz gegen den Fundamentalismus und gegen Gewalt. Heute stehen

wir durch die vielen Einwanderer in Europa, durch viele neue Staatsbürger, vor dem

Reichtum der Religionen und der religiösen Kulturen. Hindus, Buddhisten, Baha`is und

Muslime vereinigen sich mit den verschiedenen Traditionen der älteren christlichen und

jüdischen Gemeinden. Diese Vereinigung der verschiedenen geistigen Kräfte Europas soll

eine neue Stärke gegen den Zwang der Zerstörung sein“ (Palmieri-Billig 1999: 13). Es geht

also darum, dass die Vielfalt von Rassen, Kulturen und Religionen zu einer

Selbstverständlichkeit und zum Fundament eines sachlichen Dialogs wird. Die Gläubigen

sollten dabei die Gelegenheit nutzen, sich vielleicht nicht so viel auf die eigenen Kirchen

(Gemeinschaften) zu orientieren, sondern auf das Grundsätzliche in jedem religiösen

Bekenntnis, auf die Heilsfrage, transzendente Existenz und moralische Handlung. Erst das

wird (vgl. König 1996: 355-367) einen effizienten Dialog in christlichen Kreisen garantieren,

von dem auch die Neuevangelisierungsidee nichts verschweigen will.

345 Einige sind der Meinung, dass alle früheren positiven Entwicklungen in der Frage der Zuwanderung und kulturellen bzw. religiösen Toleranz „mit den Türmen des World Trade Centers vollständig in sich zusammengebrochen“ (Schwier 2002: 12) sind. Dagegen sehen Leimgruber / Renz (2002: 375-379) nach den Ereignissen vom 11. September 2001 nicht nur ein wachsenden Informationsbedarf bezüglich des Islam, sondern eine Chance, die gesellschaftlichen Spannungen abzubauen und einen ehrlichen Dialog zu führen. Sie machen, nach einem ausführlichen Studium, 13 konkrete Vorschläge wie man den Umgang mit den anderen Religionen modern gestalten soll. Ihre Gedanken gelten auch im Dialog mit allen anderen Religionen. In gekürzter Form wären es folgende: 1) Jeder Europäer soll sich in einem interkulturellen und interreligiösen Lernen heutzutage engagieren; 2) Die einheimische und die ausländische Jugend soll dabei die führende Funktion übernehmen; 3) Der Lernort soll zum bewussten Erfahrungsaustauschort fremder und eigener Kultur und Religion werden; 4) Besonders der Religionsunterricht soll die eigene Identitätsbildung fruchtbar machen; 5) Der Religionsunterricht der anderen Religionszugehörigen muss gewährleistet werden; 6) Nach dem 11.09.2001 soll man in der Öffentlichkeit die Religion und den Fundamentalismus klar abgrenzen; 7) Die wechselseitigen Feindbilder und Ängste sollen in einem Dialog abgebaut werden; 8) Die Reflexionen und der praktische Dialog sollen auch auf den theologischen Ebenen vorangetrieben werden 9) Allen Christen soll ein besserer Zugang zum Verständnis eigener und anderer Religionen gegeben werden; 10) Die sog. prophetische Christologie ´von unten` soll wieder entdeckt werden; 11) Jeder Dialog soll die unantastbare Würde des Menschen sowie die Menschenrechte achten; 12) Die sog. Mischehen sollen pastoral mehr beachtet werden und als Beispiele für die Öffentlichkeit dienen; 13) Der Dialog soll auf allen Ebenen ununterbrochen weiter geführt werden.

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1.2.3. Toleranz und Dialog in der Neuevangelisierungsidee

In den bisherigen Darlegungen wurde deutlich, dass jede Begegnung mit dem Anderen

auf dem europäischen Boden zu einer intensiven Suche eigener Identität führt (siehe: IV.1.1.).

Die kulturelle und religiöse Zugehörigkeit jeder Person treibt sie einerseits zum immer

offeneren Austausch, verlangt aber anderseits immer größere Toleranz und Dialogbe-

reitschaft. Der interkulturelle und interreligiöse Dialog als ethisch bedeutsamer Weg für die

Zukunft Europas wurde auch in der Neuevangelisierungsidee hervorgehoben und als

mögliche Lösung für konfessionelle Spannungen gesehen. Eine moderne Kommunikation

zwischen den mobilen Völkern und Personen, aber auch zwischen den Kulturen und

Religionen charakterisiert diese frische christliche Idee der Neuevangelisierung. Gerade in der

postmodernen Vielfältigkeit der Gegebenheiten will sie die Einigungswirkung des

Evangeliums (Verkündigung) hervorheben und zu einem friedlichen Zusammenleben

einladen. Unabhängig von den lexikalischen Abweichungen (siehe: III.1.1.) ist es bekannt,

dass dieser Idee jegliche Trennung fremd ist. Aus diesem Grund hat ein evangelischer Autor

noch vor dem Jahr der osteuropäischen Volldemokratisierung geschrieben: „Die eigentliche

Schwierigkeit und die eigentliche Not bei der gemeinsamen Bemühung um die Neu-

Evangelisierung Europas bestehen nicht darin, daß wir unterschiedliche Sprachen und

Kulturen haben, daß bis heute uns Eiserne Vorhänge und Grenzen behindern und daß wir

deshalb erschreckend wenig voneinander wissen. Die eigentliche Not besteht darin, daß es

zwischen Nationen, Kirchen, Denominationen und parachurch-agencies gilt: ´Ein jeder sah

auf seinen Weg` (Jesaja 53,6)“ (Scheffbuch 1988: 7). Die katholische Kirche hat sich erst ein

paar Jahre später bei der Bischofssynode 1991 bewusst gemacht, dass gerade jetzt die Stunde

der Freiheit bzw. Verantwortlichkeit für ganz Europa kommt. In einer Autokritik entdeckt die

Ökumene einen ´holprigen Weg`, aber im Namen der Neuevangelisierung postuliert sie keine

´Rückkehr zum Alten` (siehe: PL 1991: 247f). Obwohl damals die Einheit Europas und die

Verpflichtung zum Engagement für die Ökumene klar waren, scheint einigen346 die

faszinierende Transparenz der Neuevangelisierungsidee nicht eindeutig zu sein. Schon

Anfang 1986 hat Papst J.P.II. auf der europäischen Bischofskonferenz gesagt: „Die

Begegnung zwischen den unterschiedlichen Erfahrungen, welche die verschiedenen

Ortskirchen in ihrem Land gemacht haben, kann sich als außerordentliche Hilfe für die neue

346 In seinem Referat wurde auf der fünften Europäischen Ökumenischen Begegnung in Santiago de Compostela vom 13.-17.11.1991 sogar dem Kard. Willebrands die päpstliche Neuevangelisierungsidee nicht klar. Er konstatiert: „Papst Johannes Paul II. spricht immer wieder von der ´Neuevangelisierung`. ´Neu`, in welchem Sinn? (Schwarz 1996a: 633-649).

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Evangelisierung herausstellen, die der Kontinent heute braucht“ (J.P.II. 1986.01.02: 1042).

Die Entdeckung der Pluralität der Kulturen und Religionen Europas lässt die Kirche als nur

´eine unter anderen verstehen` und führt zu einer kritischen Selbsteinschätzung (vgl.

Michelini 1994: 78). So lässt sich der Hl. Vater mitten in allen Veränderungen „im Hinblick

auf die Neuevangelisierung fragen: wie steht es um das geistig-kulturelle und religiöse

Selbstverständnis des neuen Europa“ (J.P.II. 1992.12.14: 1081)? So ein Selbstverständnis

wird vor allem für die Katholische Kirche gesucht und zwar in ihren höchsten Gremien347.

Europa und seine Menschen gelten aber als die ersten Objekte der Neuevangelisierung (vgl.

III.3.3.2.), wobei der Inhalt und das Hauptziel (vgl. III.3.1; III.3.2.) durch jene Methoden

realisiert werden, die einen hohen Grad des Dialogs beinhalten348. Anfang der 90er Jahre sah

sich die Kirche angesichts des Balkankrieges herausgefordert, die Idee des Dialogs in der

Neuevangelisierung nicht weiter zu theoretisieren, sondern am konkreten Ort anzuwenden. So

wünschte J.P.II. der Katholischen Kirche in Bosnien: „Sie sei weiter ein Zeichen der

Verständigung und des Dialogs angesichts des Hasses und der Gewaltanwendung, eine

Schatzkammer von Berufungen im Dienst der Neuevangelisierung, Zeuge einer mutigen

Anhänglichkeit an den Geist der Seligpreisungen“ (1994.12.08: 840). Die Kirche schien

damals langsam zu spüren, dass die Europäer merkwürdigerweise, auf eigenem Territorium,

für sich selbst eine Gefahr darstellen. Noch peinlicher ist der drastische Bruch der innerhalb

Ökumene349. Den kroatischen Bischöfen wurde unter anderen Argumenten klar gesagt: „Ein

weiterer Impuls zur Neuevangelisierung entsteht heutzutage auch durch den ökumenischen

347 Der CCEE findet, dass seit den 80er Jahren „die Neuevangelisierung Europas einen dialogischen Ansatz verlangt: Es geht um den Dialog mit der Gegenwartskultur Europas und die christliche Inkulturation in diesem Europa“ (Schwarz 1996a: 629). Das außenordentliche Konsistorium der Kardinäle hat in seinem Schluss-dokument „die Notwendigkeit einer Neuevangelisierung als Antwort auf die aktuellen Anforderungen hervorgehoben“ (DAS 1991: 1543). Ebenso dachte in Santiago de Compostela 1991 die Fünfte Europäische Ökumenische Begegnung: „Die Teilnehmer waren sich darin einig, daß die Neu-Evangelisierung Europas, wenn sie gelingen soll, im ökumenischen Geist erfolgen muß. Damit verbunden war die von allen Seiten bekräftigte Ablehnung jeglicher Form von Proselytismus, dem letztlich ein konkurrierendes Evangelisierungsverständnis zugrunde liegt“ (Steindl 1994: 26). So muss man einverstanden sein: „Deutlicher kann wohl nicht gesagt werden, daß auch die erneute Verkündigung an die christliche Welt, die Neu-Evangelisierung nur im ökumenischen Geist vor sich gehen kann“ (Ullrich 1994: 458). 348 „Die neue Evangelisierung muß also die Wahrheit verkünden, die uns mit Hilfe des Dialogs und Hörens auf alle frei macht, wenn wir zugleich den Geist der Unterscheidung und Mut besitzen“ (DAS 1991: 1387). Die Zweite Sonderversammlung der Bischöfe für Europa stellte im ´Instrumentum laboris` Nr. 53. fest, dass „das Hauptziel der Neuevangelisierung und ihr wesentlicher Inhalt, Jesus Christus als einzige Quelle des Heils für alle Menschen“ ist. Die Methoden dabei „können verschieden sein: Jesus und der Glaube an ihn kann bei öffentli-chen Anlässen und im freundschaftlichen und brüderlichen Dialog verkündet werden“ (SBSE-INS 1999: 70). 349 Angesichts der Intoleranz und des Abbruchs des Dialogs unter den Christen beruft sich J.P.II. auf die christli-chen Wurzeln und sogar auf die Patrone Europas. „Diese berühmten Apostel Europas zu feiern bedeutet daher, den Einsatz für die Neuevangelisierung des Kontinents zu erneuern, damit dessen christliche Wurzeln am histori-schen Übergang vom zweiten zum dritten Jahrtausend neue Nahrung erhalten zum Wohl aller europäischen Völker, ihrer Kultur und ihres friedlichen Zusammenlebens. Die heiligste Jungfrau und Gottesmuter Maria, im Osten wie im Westen geliebt und verehrt, möge für die Christen erbitten, dass sie in Eintracht für die Neuevangelisierung zusammenarbeiten…“ (J.P.II. 1998.02.15: 23; vgl. J.P.II. 2002.03.11: 10).

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Dialog mit den anderen Kirchen und christlichen Gemeinschaften“ (J.P.II. 1998.10.04: 343).

Das persönliche Engagement des Papstes J.P.II. für die dialogisierte und dialogisierende

Neuevangelisierung Europas entspricht den momentanen kirchlichen und gesellschaftlichen

Prioritäten. Seine vier Wünsche (siehe: III.2.1.) spiegeln sich in den päpstlichen Verlautbarun-

gen mit häufigen Hinweisen auf das bevorstehende Millennium. „In meinem Herzen hege ich

den Wunsch, daß meine Besuche dazu beitragen mögen, die Neuevangelisierung und den

ökumenischen Dialog zu fördern“ (J.P.II. 2001.09.09: 3). Er rechnet vor allem mit allen

Gläubigen und hofft: „So können die gläubigen Laien in besonderer und eigener Weise durch

ihr Lebenszeugnis und die Verkündigung Christi, des Erlösers, am Werk der Neuevangeli-

sierung teilhaben, wobei sie gegenüber den Glaubenden der anderen Religionen, mit denen sie

zusammenleben, Achtung und Dialogbereitschaft bezeigen“ (J.P.II. 2001.12.11: 11).

Im ersten Jahr dieses Jahrtausends sendet der Papst eine innovatorische Botschaft zum

Welttag der Migranten und Flüchtlinge. Zum ersten Mal verbindet er ganz deutlich im

Neuevangelisierungsprojekt die Lage der Migranten mit der Notwendigkeit eines

interreligiösen Dialogs (siehe: J.P.II. 2001.07.25: 8). Auf dieser Basis wird ein friedliches

Zusammenleben der europäischen Nationen bzw. Bürger verlangt (siehe: IV.2.3.) und auf der

Ebene der Gemeinden ´entsprechende apostolische und pastorale Initiativen` (siehe: IV.3.1.).

Diese Themen werden im Laufe dieser Arbeit als besonders wichtig weiter bearbeitet, weil

schon viel früher festgestellt worden war: Die „Neu-Evangelisierung erfordert auch die

Bereitschaft zum interreligiösen Dialog, der durch die Migration besonders dringlich

geworden ist“ (Figura 1992: 333). Man muss also zuerst erforschen, ob für den postmodernen

Menschen Europas die religiösen Werte und Gewohnheiten, die die Zuwanderer mit sich

bringen, als ´Zeichen spiritueller Sehnsucht` (vgl. Sivernich 2001: 147) eingestuft werden

können oder man lieber beim eigenen Alten bleibt? Was bieten eigentlich die Immigranten

und die Einheimischen im religiösen Bereich an, und womit können sie sich untereinander

bereichern? Ist es überhaupt möglich, das Religiöse aus verschiedenen kulturellen Kontexten

zu transformieren? Sollen solche Prozesse überhaupt stattfinden, müssen sie zuerst einer

entsprechenden Umgestaltung unterzogen werden.

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1.3. Europäer als potentielle Transformatoren des Religiösen

Nicht nur Immigranten, sondern auch die Einheimischen bilden die heutigen immer

vielschichtigeren Gesellschaften. Dabei ist nicht der Mensch, sondern die Komplexität dieses

Phänomens zum Problem geworden, wo die menschenrechtlichen und religiösen Ansprüche

mit den politischen Traditionen und ökonomischen Interessen manchmal zusammenstoßen.

Meistens aber müssen die entstandenen Spannungen zwischen den Fremden und

Einheimischen über die Hürden der Zeit hinaus abklingen. Immer häufiger kommunizieren

die Bewohner Europas nicht im Namen des Wollens, sondern im Namen des Müssens. Oft

bleiben sie in schweren Dilemmasituationen350 stecken und suchen sich die entsprechenden

´Anwälte` zur Verteidigung ihrer Ansprüche. Ihre religiös-ethische Identität soll doch bewahrt

werden (siehe: IV.1.1.) und eventuell zu einem dialogischen Austausch führen (siehe:

IV.1.2.). So kommt man der Reihe nach zu einer immer umfassenden Kommunikation, dann

zur Transformation (Auswechslung) und konsequent zur Konversion bzw. zum Wechsel

religiös-ethischer Überzeugungen. Das letzte betrifft nur religiös interessierte Menschen; und

unabhängig von ihrer Geschlechtszugehörigkeit351 werden sie ähnlichen Prozessen wie denen

der Integration untergeordnet (siehe: III.3.2.). Diese entwickeln sich bei der menschlichen

Begegnung fast automatisch, können aber effektiv gesteuert werden. Dabei geht es für alle

Bewohner Europas um Erwartungen, Wünsche, Rechte und Pflichten, und gerade diese

werden als sensible religiöse Botschaften betrachtet. Es geht also nicht um Glaubensinhalte

der Religionen, wie man sie in den Lexika leicht findet (siehe z.B. Tworuschka 1999),

sondern um Lebensverhältnisse der Menschen, denen Religion viel bedeutet, und deren

Konfrontation mit dem Anderen manchmal auch viel kostet.

350 Jeder Mensch, der in einer oder zwischen unterschiedlichen Kulturen und Religionen sein Leben verankern will, wird immer den schweren Identitätskrisen ausgesetzt. Sehr oft ist er nicht imstande sich selbst und den anderen zu helfen. Deswegen sucht er in den kritischen Situationen entsprechende Autoritäten, Institutionen, Parteien, etc. aus, um sich die fundamentale Notdurft der Sicherheit zu gewähren. Sie versuchen die Interessen der Ausländer so weit zu vertreten, dass sie nicht orientierungslos bleiben und im praktischen Umgang mit den Inländern keine Parallelgesellschaft aufbauen. Es geht auch dabei um die substanzielle Werteorientierung unter neuen Bedingungen. 351 Hamachers-Zuba / Moll (2002: 205-230) haben kürzlich die weibliche und männliche Religionswelt in Europa geprüft. Es wurde dabei soziologisch festgestellt, dass die individuelle Wertschätzung z.B. von Arbeit und Beruf nur geringe Differenzen aufzeigt. In anderen Bereichen treiben die weiblichen und männlichen Sinnstrukturen die Menschen zu unterschiedlicher Lebensbewertung. Doch die geschlechtsspezifische Erziehung (besonders in den sog. traditionellen Ländern) führt zu bedeutenden Unterschieden zwischen den Geschlechtern in den Fragen wie etwa ´Religion` oder ´Glaubensüberzeugung`. Woran es genau liegt, bleibt aber in der heutigen Religionssoziologie ungewiss.

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1.3.1. Der Fremde und seine Botschaft

In den bisherigen Abschnitten dieser Arbeit war grundsätzlich über Migranten die

Rede (siehe: I.1.3.), die im politischen Sinn als Ausländer und im religiösen als

Andersgläubige betrachtet wurden. Um jetzt aber das lebendige Austauschgeschehen

zwischen Menschen in Europa zu betonen, wird absichtlich mehr die Terminologie der

Einheimischen und Fremden angewendet. Behilflich dabei ist, dass es keinen „grundsätzli-

chen Unterschied zwischen intra- und interkultureller Fremdheit“ gibt (Sader 2002: 34). Ohne

sich auf die umstrittenen Definitionen von Fremden, Fremdheit etc. zu berufen, ist es wichtig

zu bemerken, dass es nicht um irgendwelche Eigenschaften von Personen geht, sondern um

die Kennzeichnung bestimmter Beziehungen, die durch die Migration der Menschen

entstehen. Diese oft sehr ambivalenten Beziehungen zwischen dem Fremden und dem

Einheimischen enthalten objektive Ausdrucksschwierigkeiten. So bleiben mehrere sonst

austauschbare Informationen im Wunsch- und Symbolbereich hängen oder werden in ganz

ungewöhnlicher Weise ausgedrückt352. Die folgende Darstellung prinzipieller Erwartungen,

vor allem für das religiöse Leben des Fremden, soll der schwierigen Artikulierung helfen und

sie für die Einheimischen transparenter machen. Nur so kann es zu einer Verwandlung des

Fremden ins Eigene, und zwar im religiösen Sinne, und umgekehrt kommen.

Das Fundamentale, das ein gläubiger Fremder vom ersten Moment an in einer neuen

Umgebung signalisiert, dass er eine eigene Religiosität hat, d.h., dass er einen ehrlichen

´Existenzvollzug mit Bezug auf Transzendenz`353 pflegt. Als solcher möchte er gesehen und

akzeptiert werden. Nur auf Grund seiner früheren religiösen Vorstellungen und Erfahrungen

ist er imstande, ein neues Bewusstsein von Menschenrechten aufzubauen und ihre

352 Die Informationen können auch manchmal überhaupt nicht ausgedrückt bzw. ausgetauscht werden. Solcher Austausch unterliegt auch sehr komplexen bewussten und unterbewussten Verschiebungen, Störungen, Aberra-tionen usw. Diese und andere psychologische Mechanismen werden in dieser Arbeit nicht analysiert. 353 Friesl / Polak (2002: 88-95) bearbeiten im Rahmen der theoretischen Weichenstellungen verschiedene Bereiche von Transzendenzinhalten. Sie sind existenziell fundamental für jede Person, und werden immer in irgendeiner Form akzentuiert. „a) Substantielle Transzendenzen: sind explizit theistische, deistische oder numinose Inhalte (eine persönlicher Gott, eine höhere Macht, das Göttliche, ein göttlicher Urgrund, ein Weltenschöpfer, Macht und Energie). (…) b) Analoge Transzendenzen: sind Inhalte und Werte, die aus säkularer Sicht profan, aus theologischer Sicht Analogien zum ´Heiligen` aufweisen, weil sich ´durch` sie göttliche Wirklichkeit zeigen kann, wodurch sie eine ´geheiligte` Dimension aufweisen. Dazu gehören vor allem humanistische Inhalte (z.B. Menschlichkeit, Friede, Gerechtigkeit), Beziehungs-Werte wie Familie und Liebe oder autonome Sinnkonzepte. c) Funktional-analoge Transzendenzen: sind Gefühle und/oder Funktionen, die durch bewusste Reflexion substantialisiert und finalisiert werden. (…) d) Funktionale Transzendenzen: Gefühle und/oder Funktionen, die traditionell dem Bereich der Religionen zugeordnet sind, zeigen sich als Inhalte von Transzendenz (z.B. Ekstase, Schauer, Angst, Gefühle von Sinn, Ordnung, Einheit, Ganzheit, Geheimnis, Endlichkeit, Schicksalhaftigkeit, Funktionen der Leidbewältigung, der Identitätsstiftung, der Gemeinschafts-stiftung usw.)“ (ebd. 92f).

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Interpretationen zu transformieren. Erst wenn der Fremde als ein religiöses Wesen anerkannt

wird, darf er erwarten, einer neuen kulturellen Gesellschaft anzugehören. In fast allen Fällen

orientiert sich der Angekommene an den lokalen Normen bzw. moralischen Verhältnissen des

Aufnahmelandes (siehe: II.1.1.), denn keiner geht ins total Unbekannte. Gerade der

Verfolgung in eigener Heimat wegen erwartet er das Genießen der bekannten westlichen

Werte wie Freiheit, Toleranz, etc. (siehe: II.1.2.). Auch im religiösen Bereich erwartet er

nichts darüber hinaus, erhebt aber, den Anspruch auf wechselseitigen Duldungskonsens.

Eigentlich ist sich jeder Fremde der objektiven Schwierigkeiten in der neuen Heimat

bewusst. Je länger sein Aufenthalt, desto größer sollte seine ´Opferbereitschaft` sein. Jede

„Integration erfordert Opfer“ (vgl. Studnik 1994: 61), aber unabhängig von seiner Aufge-

schlossenheit oder Zurückgezogenheit duldet der Fremde keine religiöse Diskriminierung.

Auch wenn man die Fremdenablehnung als angeborene Verhaltensneigung354 nimmt, wehrt

sich der Interessierte mit Recht gegen Angriffe auf seine physische und spirituelle Integrität.

Er kommt nach Europa, wo man recht viel über die Menschenwürde und religiöse Toleranz

verkündet, und gerade in diesem Punkt eine verständliche Botschaft vermittelt, dass man ein

Minimum an der Gerechtigkeit und Gleichberechtigung genießen dürfe.

Basierend auf der sittlich-religiösen Toleranz versuchen die Fremden auf verschie-

denen Ebenen dialogische Beziehungsfelder (siehe: IV.1.2.) zu pflegen. Ihr Verhältnis zu den

Einheimischen hängt davon ab, wie weit ihre religiösen Vorstellungen auseinander liegen.

Es wird immer der gemeinsame Nenner gesucht, was einige als ´die Sinnmitte` schildern355.

Falls ein solcher gemeinsamer Identifikator nicht gefunden wird und gewisse sozial-

psychologische Bedingungen erfüllt werden, könnte es zur Transformierung der religiösen

Inhalte kommen und in Konsequenz zur Glaubenskonversion (siehe: Wiesberger 1990:1-181).

Solche Übergänge sind jedoch selten, und der Fremde will gewöhnlich seine religiösen

Wünsche und Bedürfnisse in den eigenen Kirchen und analogen Situationen des

Aufnahmelandes verwirklichen (siehe: IV.2.1.).

354 Neumann 1983: 21-24 versucht eine biologische Determinierung zur Fremdenfeindlichkeit wissenschaftlich zu beweisen. „Eine gewisse Bereitschaft zur Fremdenablehnung steckt als stammesgeschichtliches Erbe in uns drin. Unsere Neigung zu aggressivem Verhalten ist Fremden gegenüber größer als gegenüber Bekannten. Diese Neigungen sind nicht einfach abzuschaffen“ (ebd. 21). 355 „Enstase, Kenostase und Ekstase lassen unterschiedliche Botschaften erkennen, die nicht durch ein vorschnel-les ´Alle-glauben-an-denselben-Gott` harmonisiert werden können. So unterschiedlich wie die Sinnmitte ist auch das religiöse Erleben und der gesamte Lebensvollzug. Vorlieben wie Abneigungen sind von Religion zu Religion andere. Insofern prägt die Religion in entscheidendem Maße das Denken und Fühlen ihrer Anhänger und wird ihrerseits durch die Erfahrungen dieser wieder reicher und bunter. Trotz aller Vielfalt der individuellen Erfahrungen lässt sich so etwas wie ein vorherrschender Trend, die Sinnmitte, feststellen und gibt Anlaß, die Erfahrungen sammelnden Menschen nach Religionszugehörigkeiten grob zu unterscheiden, wenngleich dies im einen oder anderen Einzelfall nicht immer leicht ist“ (Antes 1981: 138).

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237

Die Präsenz also der religiös vorgeprägten Fremde in Europa bleibt unumstritten. Man

darf es bestätigen, denn „je mehr Menschen (…) kommen, die, sei es als Muslime, als

Katholiken oder Protestanten, ihren Glauben selbstbewusst und selbstverständlich

praktizieren, desto stärker werden sie zu einer Herausforderung für das hierzulande

vorherrschende religiöse Klima“ (Ruh 2001: 273). Weil dieses Klima sehr stark durch die

Säkularisierung geprägt wird, (siehe: III.1.3.) riskieren oft die Fremden eine Doppelstrategie

des Lebens. Es geht um eine ausgewogene kulturelle Öffnung auf das Fremde bei

gleichzeitiger Bewahrung der eigenen religiösen Identität. So werden sie sich bewusst, dass

„religiöser Pluralismus die Akzeptanz von Säkularität/Laizität durch die Migranten

(erfordert)“ (Tibi 2002: 258). Ja, sie selber erfahren sich manchmal als stark laizisierte

Personen356, die mit der Säkularisierung europäischer Provenienz erhebliche Probleme haben.

Ihr Wunsch wäre, sich so zu transformieren, dass man sie als Gläubige und Treue ihrer

Religion wieder voll anerkennt.

Es ist nicht zu leugnen, dass der Fremde wenige Konvergenzmöglichkeiten auf dem

europäischen Boden sucht. Doch er will sich grundsätzlich anpassen, sowohl in den

gesetzlichen als auch in den kulturell-religiösen Grenzen. Er macht das dadurch sichtbar, dass

ihn die rein europäischen religiösen Gewohnheiten überhaupt nicht stören. Man muss es

ehrlich anerkennen, denn das verlangt sehr viel Mühe, Geduld und Kompromissbereitschaft.

„Auf Konvergenz setzen heißt nicht, an ständig harmonischen Ausgleich bei nur ein bisschen

gutem Willen glauben, sondern einen in Konflikten sich vollziehenden Wandel zu

veranschlagen…“ (Elsas 2002: 28). Es geht also um die Einstellung einer konstanten

Transformationsbereitschaft des Eigenen zur Fremde und umgekehrt. Zur alten Wahrheit

gehört die Tatsache, dass sich Fremdheit auch „als große Chance und als nützliches

Instrument für das Selbstverstehen (zeigt). Wer auf Fremdheit sich einzulassen nicht bereit ist,

der hat keine Chance, sich selber weiterzuentwickeln“ (Mieth 1994: 266). Es geht daher um

eine mutige Herausarbeitung interreligiöser Fremdwahrnehmung (vgl. Grünschloss 1999:

231-268) und nicht um eine Fremdmarginalisierung.

356 Über Muslime, die aus den schon längst konstituierten säkularen Gesellschaften stammen und jetzt wieder ihre islamische Religiosität im säkularen Europa kultivieren wollen (siehe: Kandil 2002: 29-43). Eine ähnliche Situation betrifft die Juden, die z.B. aus Russland zuwandern. Oft wurden sie im Osten als Juden jahrzehntelang kulturell und religiös verfolgt, und wenn sie z.B. nach Westeuropa kommen, erwartet man von ihnen eine klare Zugehörigkeit. „Da kommen also die Einwanderer, zumeist ist ihnen bislang die jüdische Tradition fremd, von Religion zu schweigen. Sie sind Atheisten oder nicht, nun aber sollen sie sich religiös erklären, aber nur bei der Gemeinde, die deutscherseits für die richtige angesehen wird. (…) Sowohl die Religionsgemeinde Adass Jisroel als auch der Kulturverein kämpften gegen diese Politik an, die Menschen in Not klassifiziert und diskriminierend Religionszugehörigkeit belohnt, als wäre die A-Religiosität sowjetischer Immigranten ein Sündenfall per se“ (Ringe 1991: 216f).

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1.3.2. Der Einheimische und seine Botschaft

Nach der anfänglichen Definition des Begriffes ´Europa` (siehe: I.1.4.) werden nun

keine weiteren anthropologischen Hinweise gebraucht, um seine Bewohner, d.h. ´Europäer`,

exakt zu spezifizieren. Auch die geographische Argumentation fällt aus, denn viel wichtiger

sind die Migration, Einsiedlung und Vermischung verschiedener Völker (siehe: IV.2.1.) als

ihre genaue Lokalisierung. Hauptobjekte sind die Religionen und Kulturen auf diesem Gebiet.

Sie wollen immer darauf antworten, was eigentlich das Fremde bzw. der Fremde ist und wie

man damit umgehen soll. Sicher ist auch, dass das moderne Europa keine rein kirchliche

Angelegenheit oder irgendeine ´Heilige Allianz` darstellt (vgl. Ruh 1998: 271). Doch seine

Bewohner haben ihrem eigenem Erbe zu verdanken, dass die theoretische Reflexion über

Fremde und der Einsatz für sie immer wieder reaktiviert werden. Es wird deshalb auch heute

viel diskutiert und getan für die Fremden als Objekte besonderer Sorge, dabei wird den

Einheimischen nur selten bewusst, dass die Fremdheit beide Seiten involviert357. Im Grunde

sind beide füreinander Fremde. Das ist nicht zu vergessen, wenn man die religiösen

Erwartungen und Wünsche von Seiten der Einheimischen signalisiert. Gewöhnlich ist das

erste, was der einheimische Europäer allen zur Kenntnis geben will, seine feste

Verbundenheit mit der kulturellen und religiösen Tradition dieses Kontinents, egal wie sie

verstanden wird. Auch wenn sich etwa Christentum, Rationalismus und jüngere Systeme

mehrmals transformiert und ihre Bedeutung verändert haben, wird die Einzigartigkeit ihrer

Werte immer wieder hervorgehoben. Das Spezifische und Unersetzbare der christlichen

Religion und ihr Beitrag zur Kultur des Abendlandes wird von fast allen unkritisch

glorifiziert, und obwohl in der europäischen Verfassung nicht angenommen den Fremden als

ein Muster dargestellt. Ja, in manchen Kreisen werden (bewusst oder nicht) besondere

Ansprüche aufgrund dieser christlichen ´Siegerkultur und Siegerreligion` erhoben358.

357 „Fremdheit ist ein Beziehungsbegriff. Er bezeichnet ein Verhältnis, ein Verhältnis zu anderen Personen, zur Welt und auch zu mir selbst. Da Fremdheit ein Verhältnis bezeichnet, geht es immer auch um die eigene Person, um eigene Standpunkte und Sichtweisen, um die je eigene Biographie. Und in gleicher Weise ist dies aus der Perspektive der mir begegnenden Person zu sehen. Aufgrund ihrer Standpunkte und Sichtweisen sowie ihrer Biographie erscheine ich ihr fremd. Diese wechselseitige Fremdartigkeit im Beziehungsverhältnis ist uns zumeist nicht bewusst. Zumeist erscheint immer nur die andere Person fremd“ (Schlagheck 2000: 8; vgl. Schäfer / Schlöder 1994: 70-72). 358 Über Gottesglaube und Fremdenbeziehung schreibt interessant aus historischer Perspektive Ottmar Fuchs. „Das Christentum wurde zur Siegerreligion, zur Religion der Stärkeren. Dabei steht jene menschenverachtende Ideologie hintergründig Pate: wer nicht glaubt, ist es weniger (als die Mitgläubigen) oder gar nicht wert, menschlich behandelt zu werden. Deshalb kann man sich mit seinem Leiden leichter abfinden als mit den Noterfahrungen von Christen“ (Fuchs 1993: 73).

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Solch eine Einzigartigkeit des Christentums erklärt zwar den Stolz auf eine glänzende

Geschichte, die noch heute ihre Reflexe widerspiegelt, bestätigt aber keinesfalls den heutigen

Stand der Dinge. Gerade die widersprüchliche kulturelle und religiöse Pluralität macht den

Europäern bewusst, dass sie ein buntes Mosaik von Kulturen repräsentieren und, dass ihr

Kontinent keine Hegemonie des Christentums beanspruchen kann, sondern zu einem

einfachen Missionsgebiet wird359. Unter der Gefahr des versteckten Paternalismus wird die

reale Situation immer freier anerkannt und in der Begegnung mit dem Fremden stellen sich

die Einheimischen mindestens in ihren institutionellen Kirchengrenzen als überschreitbar dar.

Weil sich das Christentum „schwer getan hat, seinen eigenen Ursprüngen treu zu

bleiben“ (Fuchs 1993: 74), stehen heute die Christen und die Nicht-Christen in Europa vor

einer Dialognotwendigkeit. Der Fremde wird nicht nur auf der apologetischen Ebene, weil

Dialog die Erkenntnis letztgültiger Wahrheit erfordert (vgl. Bettscheider 2002: 74-77), zum

religiösen Austausch eingeladen, sondern mehr zu einer praktischen Mitgestaltung der

Zukunft. Die modernen immer offenen Kirchen senden Botschaften, dass sie doch etwas

Gemeinsames mit den Fremden unternehmen wollen. „Mit der Ecclesia Christi ist jenes neue

´Wir` entstanden, das nicht nur die Gläubigen umfasst, sondern auch all jene, an die bis zum

Ende der Zeiten der weltumspannende Ruf Gottes ergeht, damit sie sich dem neuen

Gottesvolk anschließen“ (Mandrioni 1994: 96). Im modernen Dialog mit den sog. ´Großen

Religionen` wird sogar eine ´abrahamitische Ökumene` analisiert (siehe: Görg 2002: 142-

151), wobei sich die tatsächliche christliche Ökumene nicht ohne Schwierigkeiten entwickelt.

Nicht nur Dialog und Ökumene bieten in den europäischen Transformationsprozessen

kirchliche Wegweisungen und inhaltliche Botschaft. Die Koexistenz mit den Fremden und die

religiöse Minderheitssituation zwingen das Christentum zur Umstellung vor allem in den

Methoden seiner Ausdrucksweise. „Wer sich daher offen seiner Umwelt und dem, was er über

die Welt weiß, stellen will, wird von der parallelen Existenz mehrerer Botschaften mit

unterschiedlicher Sinnmitte ausgehen müssen“ (Antes 1981: 139). So werden allen, die nach

Europa kommen, zwei Möglichkeiten der modernen Partizipation am religiösen Leben

angeboten. Die erste wurde in dieser Arbeit schon breit als ´Neuevangelisierungsidee`

dargestellt (siehe: III.3.). Der zweite moderne Vorschlag der Einheimischen ist die

weitgehende ´Inkulturation des Evangeliums` (vgl. III.1.2.2.). Ziel solcher Unternehmung ist,

359 Es ist selbstverständlich, dass sich das ehemalige Abendland damit nun schwer tut, ein ´Missionsland` zu werden. Doch schon vor über 25 Jahren hat diese objektiv unangenehme Situation Papst J.P.II. erkannt und vor den Bischöfen Europas den ehemals christlichen Kontinent als ´Missionskontinent` charakterisiert. In einer kritischen Analyse des Christentums in Europa hat er alle gewarnt, sich zu pessimistische Gedanken zu machen und rief dazu auf die neue Chance der Gegenwart auszunützen (vgl. Koch 1993: 111).

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die pluralistischen Kultur- bzw. Religionsformen nicht zu einem ´Verschmelzungsuni-

versum`, sondern zu einer offenen Gesellschaft umstrukturieren zu können. So verstandene

„Inkulturation bezeichnet jenen permanenten Vorgang, in dem das Evangelium in einer

bestimmten sozio-politischen und religiös-kulturellen Situation so zur Sprache gebracht wird,

dass es sich nicht bloß mit Elementen dieser Situation ausdrückt (z.B. in der Liturgie und in

der Lehre), sondern zu deren inspirierender, bestimmender und transformierender Kraft wird“

(Collet 2002: 173). Diese zwei Instrumente sollten alles, was in der europäischen Umgebung

fremd ist, zuerst in eine einheimische (hermeneutische) Sprache übersetzen (vgl. Sundermeier

2002: 32). Es geht also um gegenseitige Anstrengungen bei der Transformation eigener und

fremder religiöser Botschaften, um eine ´Einstimmigkeit` für die Zukunft Europas zu

gestalten.

Will man den religiösen Dialog zwischen Ausländern und Inländern in Europa

zusammenfassen, muss man davon ausgehen, dass die Lebensweise der Einzelnen immer eine

relativ ´einzigartige` Realität darstellt. In den Anstrengungen, die eigene sittlich-religiöse

Identität zu bewahren, ist die Fremdheit nicht besonders verringert worden. Sie wechselt ihre

Formen und betrifft alle Bewohner des alten Kontinents mehr den je. Anderseits öffnen sich

durch die Stimulierung der Kirchen neue Beziehungsmöglichkeiten. Eine von ihnen ist die

Neuevangelisierungsidee, die alle in gewisse Spannungen einbezieht, denn „keine religiöse

Bewegung hat sich je ohne implizite oder explizite Auseinandersetzung mit religiös Anderem

und Fremdem konsolidiert“ (Grünschloss 1999: 1). Durch die Religion sind die Möglich-

keiten einer gegenseitigen Akzeptanz wesentlich gestiegen, wofür die Fremden grundsätzlich

offen sind. Doch der bisherige Mangel an Diskussionen und an Praxis, wie man das religiöse

Potential dafür ausnützen kann, führte eher zur Überbetonung der Risiken als der Chancen.

Nur eine Kurskorrektur bzw. praktische Transformierung der sittlich-religiösen Botschaften

kann zu einer europäischen Wertegemeinschaft führen, obwohl eine mutige Unterscheidung

zwischen dem, was z.B. ´katholisch` und einfach gemeinsam ist, immer schwer fiel. Wie man

diesem Anliegen über das Bemühen beim Einzelnen hinaus in einem kollektiven Umgang

begegnen kann, wird im Folgenden erläutet.

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2. Rolle multiethnischer Gruppierungen in der einen Kirche

Der Immigrant, der natürlicherweise unterwegs ist, kann als Einzelner, seiner

Mobilität in Europa zum Trotz, fast unbemerkt bleiben. Er schließt sich tatsächlich aber

verschiedenen Sozialgruppierungen an (siehe: II.1.3.) und so erscheint er in der modernen

Gesellschaft als Vertreter eines Kollektivs. Mit ihrer Präsenz auf neuem Boden versuchen die

Einwanderer bzw. Einwanderergruppen von Anfang an vor allem ihre religiös-ethische

Identität zu bewahren (siehe: IV.1.1.). Gerade das Kollektiv gibt ihnen dabei Stärke im Kampf

um die persönliche und gemeinschaftsbezogene Zugehörigkeit. Als ethnische und religiöse

Fremdgruppen bewegen sie sich im Rahmen kirchlicher Beziehungsfelder und streben

danach, nicht ihren Glauben, sondern ihre Glaubensformen zu modifizieren (vgl. IV.1.2;

IV.1.3.). Keiner will sich an den Rand der Gesellschaft bzw. der Kirche stellen lassen und

sucht nach möglichst schneller und gleichberechtigter Partizipation in einer der Lokalkirchen

Europas. Die Katholische Kirche darf in ihrem evangelisatorischen Auftrag eine solche

Herausforderung nicht verpassen, denn „Evangelisieren ist in der Tat die Gnade und die

eigene Berufung der Kirche“ (EN 14). Ja, sie sucht absichtlich in fast allen Ländern Europas,

die sich mit diesem Phänomen konfrontiert sehen, in Anbetracht der Zuwanderungssituation

entsprechende neue theologisch-pastorale Lösungen wie z.B. die Neuevangelisierungsidee

vorzuschlagen (siehe: III.3.). Bei diesen Initiativen geht es eigentlich um eine helfende

Gottesverkündigung und heilende Gemeindebildung (vgl. Fuchs 1990: 168-197) in einer

multikulturellen und multireligiösen Umgebung. Wie weit die Wirkung einer solchen Idee bei

der Anpassung ausländischer Glaubensminderheiten im Rahmen einer Katholischen Kirche360

spürbar ist, wird im Folgenden nachgeprüft. Dabei sollen nicht nur die Ansprüche der

Minderheiten auf die spezifische Seelsorge etwas näher betrachtet werden, sondern auch die

der Mehrheiten, denn es geht um eine harmonische Koordinierung des Lebens in der

Ortskirche.

360 Die gegenwärtige Katholische Kirche Europas ist auch kein monolithischer Organismus. Sie unterscheidet sich nicht nur nach nationalen und regionalen Charakteristiken. Viel ausschlaggebender scheinen unterschiedliche Haltungen zur Moderne bzw. Postmoderne zu werden. Ihre Beurteilung der Situation führen zu Meinungsverschiedenheiten gegenüber solchen Herausforderungen wie z.B. Säkularisierung, Zuwanderung, Asylethik, was nicht ohne Auswirkung auf die moderne Pastoral bleibt. Einige Autoren bieten allgemeine Kirchenmuster (Widl 1997: 21-25 erwähnt traditionelle Kirche; gemeindliche; liberale; politische, alternative), doch in dieser Arbeit wird die Kirche verstanden als ein neutraler Raum, in dem die neuentstandenen ethnischen Minderheiten bzw. pastoralen Objekte eine gewisse Freiheit finden sich selbst zu gestalten.

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2.1. Etablierte Minderheiten als anerkannte Glaubenszellen der

Kirche

Allen Prognosen nach (siehe: II.2.) hat die Zuwanderung der ethnischen Minderheiten,

auch außereuropäischer Herkunft (siehe: II.1.1.), eine voraussehbare Zukunft. Ihre sozio-

kulturellen Beiträge zur multikulturellen Gesellschaft sind genauso interessant wie ihre

religiöse Partizipation. Nicht alle diese Minderheitsgruppen sind als Bürger Europas

gleichzeitig Angehörige bestimmter Religionen. Als anders Fremde kommen sie zum

angeblich christlichen Europa und versuchen in die lokalen Strukturen der Kirchen

einzutreten oder als Nichtglaubende sie mindest zu respektieren. Sie kommen nicht mit leeren

Händen, sondern mit tiefverwurzelten Aussichten und komplexen Botschaften (siehe:

IV.1.3.), die sich im neuen Umfeld transformieren lassen. Es bleibt aber die Frage nach ihrem

praktischen religiös-ethischen Beitrag zur bodenständigen Mehrheit (vgl. Tiemann 1997: 71).

Quantitativ scheint diese Proportion kein besonderes Gewicht zu haben. Qualitativ aber bleibt

die Frage, wie man die Präsenz der z.B. gläubigen ausländischen Minderheitsgruppen

bewerten soll und eingliedern kann. Werden dabei ihre Religionsfreiheit361 und die Rechte auf

eine Minderheitsseelsorge berücksichtigt? Es geht nämlich um ihre effiziente Eingliederung

(vgl. II.3.2.), um eine Gleichstellung mit den Einheimischen unter Beibehaltung

angestammter Traditionen und Ausrichtungen (vgl. Bausinger 1987: 21). Die Menschen aus

verschiedenen Erdteilen befinden sich als Emigranten, besonders in der ersten Aufenthalts-

phase im Gastland, gewöhnlich in einer schweren Lebenssituation. Ihre Zugehörigkeit und

Teilnahme an der Lokalkirche des Aufnahmelandes ist, schon wegen Mangel an

Sprachkenntnissen362 erschwert. Deswegen organisieren sie sich gern in kleinen ethnischen

Gruppen; dafür muss aber eine muttersprachliche Pastoral am Ort gewährleistet werden.

361 „Systematisch lassen sich innerhalb der Religionsfreiheit vier Stufen unterscheiden. Auf einer ersten Stufe geht es allein um die Freiheit des Glaubens, das forum internum des Menschen. Einen Schritt weiter in die Sozialsphäre reicht die Freiheit des Bekenntnisses, kraft deren es dem einzelnen gestattet ist, seine religiöse Einstellung frei und ungehindert zu offenbaren. Noch weiter wird die reine Privatsphäre verlassen, sobald die Religion durch äußerlich sichtbare Handlungen ausgeübt wird, indem Gotteshäuser gebaut, religiöse Feste gefeiert oder Prozessionen veranstaltet werden. Mit diesen kollektiven Formen der Religionsausübung ist man auch schon bei der vierten Stufe der Religionsfreiheit angelangt, nämlich der Vereinigungsfreiheit, die wie zu politischen Zwecken auch zu religiösen Zwecken genutzt werden kann“ (Tomuschat 1998: 146). 362 „Über diese Mitgliedschaft in der Lokalkirche hinaus geht die Kirche von einem Recht auf muttersprachliche Verkündigung und Seelsorge aus. Es basiert nicht nur auf der Erfahrung, daß die Vermittlung des Glaubens, die Verwendung von Gebeten und die Feier der Gottesdienste, (…) nur über die Muttersprache erfolgen kann, (…). In der katholischen Kirche wird diesem Wert menschenrechtlicher Rang eingeräumt“ (Leuninger 1987: 159).

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2.1.1. Theologisch-historische Leitlinien der Pastoral für die

Menschen unterwegs

Die Präsenz der ausländischen Menschen und Gruppen in einer neuen Umgebung

wirft immer eine Menge schwieriger Fragen sowohl für Einheimische als auch für Fremde

auf. Zum sozio-politischen und ethno-kulturellen Handlungsbedarf gehören auch religiöse

Qualifikation, guter Menschen-Verstand und Mut zum Handeln. Diese Prozesse beeinflussen

beide Seiten so, dass die Notwendigkeit einer sachlichen und menschengerechten Regelung

groß ist. Diesem Ziel dient die Theologie als Mittel zur Formulierung ethischer Prinzipien, die

besonders in der jüdisch-christlichen Tradition bis heute fundamentale Werte darstellen. Die

traditionelle biblisch-theologische Argumentation der Kirche hat schon etliche Leitlinien

erarbeitet (siehe: SDBK 2001: 36f; vgl. Pisano 1987: 124-135), die sich zu einer immer tiefer

gehenden Theologie des Fremden (Xenologie) entwickeln. Ihre essentiellen Grundzüge

könnte man in einigen Punkten zusammenfassen:

- Das Fundamentale ist die Hervorhebung der Menschenwürde, denn der „Mensch ist

Geschöpf Gottes, nach seinem Bild geschaffen (Gen 1,27). In jedem Menschen sieht der

Gläubige des Antlitz Gottes. Jeder Mensch ist deshalb, unabhängig von seiner Herkunft und

seinem rechtlichen Status, einmalig und in dieser Einmaligkeit Maßstab jedes

zwischenmenschlichen und staatlichen Handelns“ (SDBK 2001: 36).

- Die zweitwichtigste Leitlinie bildet die existenzielle Erfahrung und das Bewusstsein ein

Fremder zu sein, was für viele Einzelne363, für das Gottesvolk im Exil (vgl. Ex 20, 20-23) und

sogar für Gott selbst364 gilt. Aus diesen Erfahrungen heraus wird jede Gleichgültigkeit,

Ausbeutung oder Aggression gegenüber dem Fremden streng verurteilt, denn fast jeder weiß,

wie es ist, in der Fremde ein Fremder zu sein365.

363 Vergleicht man die Hauptfaktoren der alttestamentlischen Migrationsbewegungen mit den gegenwärtigen (siehe: II.1.2.), so erhält man leicht den Eindruck, dass sie fast gleich waren. Zu den häufigsten Auswanderungs-ursachen gehören immer: Hungersnöte (vgl. Gen 12,10; 26,3; 47,4; Rut 1,1; 2 Kön 8,1), Kriege (vgl. 2 Sam 4,3; Jes 16,4), politische Verfolgung (vgl. 1 Kön 12,2; Jer 26, 20-24), Suche nach besseren Lebensbedingungen (vgl. Ri 17, 7-12; Gen 20,1). 364 Im Alten Testament kommt Gott selbst in Gestalt zweier unbekannter Männer nach Sodom. Er will sich dort kurz einsiedeln, um das Volk zu überprüfen (vgl. Gen 18,20f). Aber er wird nur durch einen Zuwanderer auf-genommen (vgl. ebd. 19,1ff); der Rest verweigert ihm die Gastfreundschaft, deswegen wird die Stadt vernichtet. In ähnlicher Weise kommt im Neuen Testament Jesus zu den Menschen hungrig, durstig, fremd und obdachlos und nur einige nehmen ihn als solchen auf (vgl. Mt. 25, 31-46). Nach dem Erweis von Solidarität wird der Menschensohn die Welt richten. 365 Es ist bedauerlich, dass der heutige Mensch bei seiner Mobilität (vgl. I.1.1.) und mit zahlreichen Auslands-erfahrungen, bei ´sich zu Hause` so schnell solche, nicht immer angenehmen Erfahrungen, schnell zu vergessen imstande ist.

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- Und letztlich findet die Liebe Gottes, die zur Nächstenliebe führt, ihren Anfang schon im

Alten Testament (vgl. 5 Mose 6,4f). Gott von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit aller

Kraft zu lieben führt zur praktischen Liebe vor allem gegenüber den ungeschützten Witwen,

Hungernden, Fremden etc., auch wenn damals nur Juden gemeint waren (vgl. ebd.: 10, 17-

19). Solche Liebe soll für Christen nicht an ethnischen Grenzen enden. Das berühmte

Gleichnis vom barmherzigen Samariter (vgl. Lk 10, 25-37) bildet die endgültige Leitlinie des

christlichen Denkens und Handelns.

Die oben grob zusammengefassten drei Leitlinien für die grundsätzliche Behandlung der sog.

´Menschen unterwegs` schaffen die Fundamente für die weiteren detaillierten institutionellen

Gesetze und Bewertungen. Dabei gehört eine lange kirchliche Tradition par excellence zu den

in der heutigen Welt umstrittensten Stellungnahmen und taucht mit immer wieder neuen

Rechtfertigungen als sog. ´Kirchenasyl` auf. Doch weder die theologischen noch die

historischen Argumente (siehe: Crüsemann 2003: 31-49) können die offensichtlichen

Interessenkonflikte mit den staatlichen Behörden überwinden. Die Tatsache bleibt aber zu

bedenken, dass das alttestamentliche Gottesvolk immer einen effektiven Schutzraum für

Fremde, Verfolgte und sogar schuldige Personen und Gruppen hatte. Deswegen engagieren

sich die Kirchen für Ausgegrenzte auch heute, was oft genug nicht im Einklang mit den

staatlichen Anweisungen verläuft. Ja, das Spirituelle geht immer voraus. „Der kirchliche

Seelsorgeauftrag beinhaltet die ganzheitliche Sorge um das Heil des Menschen in seiner

leiblichen und seelischen Existenz. (…) Gleichzeitig müht sie sich darum, den Menschen das

Heil in seiner ganzheitlichen Vollendung zu verkünden und zu vermitteln. Sie geht damit über

eine reine Menschenrechtspolitik hinaus“ (SDBK 2001: 38f).

Die oben erwähnten theoretischen Leitlinien und die weiteren ausführlichen

Vorschriften hatten die praktische Entstehung der Migrantenpastoral herbeigeführt und zwar

längst bevor sie lehramtlich und rechtlich von der Kirche bestätigt wurde (siehe: IV.2.1.2.).

Historisch gesehen ist es wichtig zu bemerken, dass das Christentum in seinen ersten drei

Jahrhunderten selbst eine unbedeutende Minderheit blieb. Unabhängig davon, welcher

ethnischen Provenienz die ersten Gemeinschaften entsprungen waren,366 wurden sie von

Anfang an mit der Universalisierung der eigenen christlichen Doktrin konfrontiert.

Gleichzeitig wurde aber anerkannt, dass es im kirchlichen Organismus eine unzählige Vielfalt

von Kulturen, Sprachen, Gebräuchen, Werten etc. gab (vgl. 1 Kor 12, 14-31; Eph 4, 7-14).

366 Die zwei führenden Gruppen im frühen Christentum waren bekehrte Juden, die sog. iudaizantes und bekehrte Heiden, die sog. hellenizantes (vgl. Apg. 15, 1-6; 22-30; Gal 2, 1-14). Ihren lokalen und ethnischen Partikularis-men kamen die ersten Apostel sehr entgegen und lehrten, dass die universalistischen Werte wie ein Glaube, eine Taufe und eine Eucharistie eine neue geistliche aber auch leibliche Realität bilden. Seitdem soll es in der einen Kirche keine Juden, Griechen, Freien oder Sklaven geben (vgl. 1 Kor 12, 12-31; Gal 3, 25f; Eph 4, 1-6).

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So wurde die Existenz der ersten christlichen Minderheiten auf den zwei fundamentalen

Regeln über doktrinale Einheit und formale Vielfalt gegründet. Wie zu bemerken ist,

„könnten, obwohl nicht unbedingt mussten, die Migranten und ihre religiösen bzw. ethnischen

Gruppen im früheren Christentum eine außerordentliche Pastoral haben. Die allgemeine

Brüderlichkeit machte ihnen die Tür zu den Lokalgemeinschaften offen. Jedoch ihr

natürliches Streben zum Erhalt eigener kultureller Identität provozierte Philetismus

Phänomene, d.h. ein stammesbewusstes Christentum, dessen Erscheinungen – hier und da zu

sehen – die ethnisch absonderten Religionsgemeinschaften waren“367. Die richtige Ausdiffe-

renzierung der Migrantenpastoral findet erst am Anfang des 4. Jahrhunderts statt. Mit der

Verstärkung der Pilgerzüge wurden besondere Stellen auf ihren Wegen errichtet. „Die

Xendochien im Osten und die Hospize im Westen sind Häuser, die von Bischöfen, Klöstern

oder Stiftungen als abgesonderte Räume eigens für die einzeln oder in kleinen Gruppen

Reisenden mit ihren leiblichen und seelischen Bedürfnissen eingerichtet wurden“ (Scheidler

2002: 80). Um diese Zeit wurden auch die ersten ethnischen (griechischen und lateinischen)

Klöster in Rom, Konstantinopel und Jerusalem errichtet. Sie haben sich nebenbei auch um die

Pilger gekümmert, und ihre Gastfreundschaft wurde ökonomisch (durch eine Art von

Kirchensteuer) stimuliert. Später wurden auch Schulen für Fremde, Pilgerherbergen,

Krankenhäuser aufgebaut. Mit Hilfe „damit verbundener spezieller Seelsorgestrukturen

reagierte die Kirche auf die Migration größerer Gruppen gleicher ethnischer Herkunft und

legte in der Folgenzeit besonderen Wert auf die seelsorgerliche Betreuung der Zuwandernden

in ihrer Muttersprache“ (ebd. 80f). Spricht man von Strukturen und außerordentlichen

Betreuern, ist es klar, dass sie nur im Rahmen rechtlicher Entscheidungen funktionieren

dürften. Die neuen Errichtungen und die spezialisierten ethnischen Seelsorger wurden seitdem

nach sprachbedingten Ritualen bzw. Gläubigen bestimmt. Unter der Hauptregel des hl.

Bonifatius, dass der Gläubige das Wort Gottes verstehen muss und der Priester die Sprache

des Gläubigen, haben sich einige iro-schottische Orden der Vorbereitung von solchen

Priestern gewidmet (vgl. Bakalarz 2000: 8). Die minutiösen Entscheidungen der legislativen

Organe beenden leider die spontane Vorgeschichte dieser Pastoral. Sie schlagen aber auch

neue Wege ein, was die folgenden Betrachtungen untersuchen wollen.

367 Prof. Bakalarz schreibt in seinem noch nicht veröffentlichten Buch unter dem Titel „Missionar der Migranten in der Legislatur der allgemeinen Kirche“ Teil I. § 1. wörtlich: „Jak stąd widać, w pierwotnym chrześcijaństwie migranci i tworzone przez nich pastoralne grupy etniczne mogły, ale nie musiały mieć odrębnego duszpasterstwa. Powszechne braterstwo otwierało im drzwi do wspólnot lokalnych. JednakŜe ich naturalne dąŜenie do zachowania ich własnej toŜsamości kulturalnej rodziło zjawiska filetyzmu czyli chrystianizmu plemiennego, którego przejawem były – powstające gdzieniegdzie – etnicznie wyodrębnione wspólnoty religijne“ (Bakalarz 2000: 3).

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2.1.2. Lehramtlich-rechtliche Leitlinien der Pastoral für die

Menschen unterwegs

Schon die skizzenhaft dargestellten theologisch-historischen Hintergründe einer

multiethnischen Pastoral lassen deutlich werden, dass mit der raschen Verbreitung des antiken

Christentums die Notwendigkeit seiner rechtlichen Regulierung sehr dringlich war. So ist im

Laufe der Geschichte eine enorme fachliche Sammlung von Dokumenten entstanden, die

direkt die Migranten, die Aufnahmekirchen und das zustehende Pastoralpersonal betreffen. Im

deutschsprachigen Raum gibt es zwei wertvolle Bearbeitungen dieses Themas von Dr.

Velasio De Paolis (1981) und Dr. Georg Holkenbrink (1995). Sie ordnen die Entwicklung der

rechtlichen Strukturen, die man in fünf großen Abschnitten zusammenfassen darf.

a) Vom Konzil von Nicäa (325) bis zum Decretum Gratiani (1140)

(siehe: Holkenbrink 1995: 81-97).

Wie schon im vorgehenden Punkt gezeigt wurde, lenkte die Einrichtung der sog. Xendochien

im Osten und Hospizen im Westen Europas die Aufmerksamkeit der Kirche auf die außer-

ordentliche Lage der mobilen Menschen in den für sie neuen Lokalkirchen. Die Empfehlun-

gen für alle Reisenden garantierten ihnen einen sicheren Aufenthalt in den sog. ´scholae

peregrinorum`. „Die Leitung dieser Häuser übertrug man in der Regel einem Kleriker der

Ortskirche oder einem Mönch“ (Scheidler 2002: 80). Ja, das Wohl der Lokalkirche war

übergeordnet und eine starke Flexibilität gegenüber Immigranten wurde schon damals

gewünscht. Die erste kanonische Koordinierung dieser Pastoral zwischen den Bischöfen und

Ordensvorgesetzten zeigte eine authentische Sorge, die offensichtlich verschiedenen

Betreuungsmodelle in Einklang zu bringen.

b) Vom Decretum Gratiani (1140) bis zum Konzil von Trient (1545)

(siehe: Holkenbrink 1995: 99-107).

In diesem Zeitabschnitt sieht man das wachsende Interesse der Kirche an qualifizierten

Seelsorgern, sowohl auf der Gemeinde- als auch auf der Diözesanebene. Die Entscheidungen

des IV. Laterankonzils von 1215 werden durch die wichtigen Dekrete von Papst Innozenz III.

bekräftigt, „wonach es eine Bevorzugung oder Benachteiligung einer Nation nicht geben

darf“ (ebd. 101). Eine gewisse Akkulturationsbereitschaft der Immigranten, aber auch die

gleiche der Einheimischen, waren noch nicht stark entwickelt (vgl. Scheidler 2002: 81). Viel

wichtiger schien die Treue zur Katholizität und formale Inkardination (d.h. Gehorsam) der

Betreuer zu sein. Damit wurde bewiesen, dass die Begleitung der Migranten durch ihre

eigenen, gleichethnischen Pastöre eine klare Priorität hatte.

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c) Vom Konzil von Trient (1545) bis zum CIC/1917

(siehe: Holkenbrink 1995: 109-181).

Das für die Kirchengeschichte bahnbrechende Trienter Konzil (1545-1563) mit neuen

Regelstrukturen für die Lokalkirche konzentrierte sich nicht nur auf die Einrichtung der Pfarr-

strukturen, sondern auch auf die sog. Ritus- bzw. Nationalpfarreien, Missionen und Quasi-

Pfarreien. Die wachsende Mobilität der Gläubigen verschiedener Riten aber auch die ersten

Konfrontationen mit den Nichtglaubenden und die Auswanderungen bzw. Einwanderungen

nach Amerika forderten die Päpste und die neu eingerichteten Kongregationen,

Strukturreformen und das Kirchen-Personal heraus. Die neuen außerordentlichen

Seelsorgseinrichtungen wurden auch zum lebendigen Thema der lokalen Bischofskonferenzen

(z.B. in Italien und Deutschland). Die Migrantenfrage hat zwischen dem 17. und 19.

Jahrhundert zu zahlreichen lehramtlichen Entscheidungen geführt, um die Sonderstrukturen

wie etwa Vereine, Kollegien und Offizien zu rechtfertigen. Dennoch gab es, trotz der

Einrichtung der ´Sacra Congregatio de Propaganda Fide` im Jahr 1622, „nur sehr wenige

spezielle, erlassene, die Migrantenfrage betreffende Dokumente, so dass hier vor allem auf die

Dekrete verwiesen werden muß, die allgemein auf die Situation in den Missionsgebieten

eingehen“ (ebd. 138). Doch die Errichtung neuer Strukturen bewegte immer mehr die

Jurisdiktions-, Ausbildungs- und Pastoraltätigkeitsfragen der Migrantenseelsorger.

d) Vom CIC/1917 bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965)

Die Promulgation des ´Codex Iuris Canonici` 1917 ordnet alle bisherigen Gesetze und schafft

ein kompaktes Gesetzsystem, das auch die Frage der Migrantenseelsorge gebührend

berücksichtigt. Der neue ´Status Quo` für die Territorialpfarreien und Personalpfarreien (vgl.

CIC/1917 Can. 216) beschreibt die Funktionen der gemischten Pastoral. Solch eine neue

juridische Anpassung an die moderne Situation hat die Apostolische Konstitution ´Exsul

familia` von Papst Pius XII. übernommen. Schon der Rang dieses Dokuments weist darauf

hin, dass es die fundamentalen Normen für die spezifische Migrantenpastoral beinhaltet. Ihre

geschichtlichen und normativen Teile bilden seit 1952 ein ideologisches Fundament, das ohne

falsche Scham als ´Magna Charta` für die Migranten bezeichnet werden darf (siehe: Paolis

1985: 116-123). Es ist eine außerordentlich systematische und detaillierte Sammlung der

Prinzipien für eine Pastoral der Migranten, die jeder in diesem Bereich tätigen Person bekannt

werden soll. Ja, sie öffnet neben den juridischen und historischen Aspekten auch eine

spirituelle Quelle für alle weiteren Beschäftigungen mit diesem Thema.

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e) Vom Zweiten Vatikanischen Konzil bis zum Ende des 20. Jahrhunderts

Infolge der großen Wanderungsbewegungen des 20. Jahrhunderts (siehe: I.2.) wie auch der

innerkirchlichen Veränderungen wurde die konziliare Kirche zu intensiver Ausarbeitung von

neuen Richtlinien für die Migranten herausgefordert. Seitdem „liegen zahlreiche Texte vor, in

denen die Hoffnung durchbricht, Ungerechtigkeiten, die zum Schweigen verurteilt sind,

beseitigt, und statt dessen Würde und Wert dieser Personen geschützt zu sehen“ (Tassello

1987: 30). Die Anerkennung des religiösen Pluralismus verstärkt die christliche Identität und

führt in Europa zum intensiven Dialog (siehe: IV.1.). Die neuen detaillierten Normen der

Migrantenpastoral werden sorgfältig erarbeitet, wobei die Entscheidungen von ´Exsul familia`

weiter beibehalten werden. Das Dekret ´Christus dominus` (1965) sowie das Motuproprio

´Ecclesiae sanctae` (1966) von Papst Paul VI. und die Instruktion der Bischofskongregation

´Nemo est` (1969) schließen die enthaltenen Lücken und stellen neben der sog.

„Personalpfarrei und ´missio cum cura animarum` das Amt des ´Cappelanus` oder Missionars

ins universale Recht ein“ (Holkenbrink 1995: 207). Im Einklang mit dem alten CIC/1917

erlaubten diese Dokumente, die Positionen des Nationaldirektors und der Delegaten für

Migrantenpastoral zu besetzen. Auf der diözesanen Ebene durften entsprechende

Ritusdiözesen, Apostolische Exarchate (vgl. CIC/1917 Can. 366) und verschiedene personale

Ämter eingerichtet werden. Doch schon in den unmittelbaren nachkonziliaren Jahren wurde in

den lehramtlichen Kreisen der Kirche klar, dass die zunehmende Mobilität der

Arbeitssuchenden, besonders in Europa, zu einer weiteren Revision der bisherigen

Entscheidungen führen sollte. Dazu hat Papst Paul VI. am 15. August 1969 die Kongregation

der Bischöfe für die Erstellung neuer Normen für die sog. ´Wanderer-Seelsorge` beauftragt

(vgl. Paolis 1981: 134-136). In der Antwort auf dieses kurze, aber dringliche Apostolische

Schreibens haben die Bischöfe ab 1. Oktober 1969 die neuen Regelungen eingeführt (ebd.

136-170). Die so entstandene Instruktion zur Seelsorge unter den Wandernden, bekannt als

´Pastorali migratorum cura`, beinhaltet die geltenden, bis heute wichtigsten Vorschriften. In

ihr wurde die „Zuständigkeit für die Migrantenseelsorge dezentralisiert und in erster Linie den

Bischofskonferenzen bzw. den Ortskirchen der Aufnahmegesellschaft die Kompetenz

(zugesprochen…). Damit ist den Ortskirchen für die Gespräche und Verhandlungen mit den

jeweiligen Migrantengruppen ein großer Freiraum zu einer situations- und zielgruppen-

gerechten Gestaltung der Migrantenpastoral gegeben…“ (Scheidler 2002: 83). Aus diesen

Gründen werden alle späteren lehramtlichen bzw. rechtlichen Hinweise des Apostolischen

Stuhls durch verschiedene Kommissionen den partikulären Kirchen Europas gewidmet. So

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sind z.B. die zwei gleichzeitig am 26. Mai 1978 herausgegebenen Dokumente368 als

Motivierung der Ortskirchen für bestimmte Aufgaben unter Migranten (z.B. Begleitung von

Touristen oder Seeleuten) gedacht. Auch die späteren Dokumente der 70er und 80er Jahre

verlieren ihre juridische Bedeutung und heben die pastorale hervor. Im Jahr 1983 definiert der

neu eingeführte kanonische Kodex (siehe: CIC/1983) den faktischen Status von sog.

Missionen bzw. Missionare für ausländische Gläubige so präzis wie nie vorher369. Danach

scheinen viel bedeutsamer die situations-spezifischen Lokalentscheidungen zu sein, wo die

kirchlichen Vorschriften mit den staatlichen eine gewisse Korrelation finden. Die positiven

Reaktionen auf die demokratischen Grundgesetze einiger Länder spiegeln sich in den

kirchlichen Erwartungen gegenüber der Migranten wider370. Die gleichen gesetzlichen

Garantien für alle Bürger Europas einschließlich der Einwanderer verlangt auch Papst J.P.II.

(siehe: J.P.II.1985.10.17: 1581; vgl. J.P.II. 1987.11.26: 1724ff; vgl. J.P.II. 1994.11.20: 672ff),

wobei das Recht auf eine Heimat sehr erschütternd klingt (siehe: J.P.II. 1991.04.11: 1003ff).

So macht sich die Kirche zum Sprecher der Migranten, die als meist Benachteiligte evidenten

juridischen Schutz brauchen. Ihre Rechte nach innen und nach außen müssen natürlich

gleichermaßen mit ihren Pflichten eine Einheit bilden. Die letzteren werden aber meistens von

den Einheimischen bestimmt. So ist es notwendig, sie jetzt kurz durchzugehen, um

festzustellen, in welchem Maße sie die verschiedenen Gruppierungen in einer Kirche

betreffen.

368 Es sind die allgemeinen Instruktionen für die Bischofskonferenzen, herausgegeben von der Päpstlichen Kommission für Auswanderungsfragen und Tourismus. Die erste schaut allgemein auf das Konzilsdekret über die Aufgaben der Bischöfe in der Kirche zurück, wo man die Sorge von Immigranten, Touristen und Seeleuten akzentuiert (vgl. CD 18). Die zweite unter dem Titel ´Die Seelsorge der Migranten` versucht die modernen migratorischen Tendenzen herauszuarbeiten, um festzustellen, dass diese Prozesse ein ´wichtiger Anstoß für das Bewusstsein der Kirche` sind (vgl. SEM-polonijne 2002: 4). 369 „Oceniając obowiązujące prawodawstwo w tej dziedzinie, trzeba stwierdzić, Ŝe jest ono juŜ dość bogate, ale nie jest dostatecznie sprecyzowane. W wielu sprawach istnieją tu niejasności i luki prawne. Od momentu wydania nowego Kodeksu Prawa Kanonicznego prawodawstwo specjalne jest tu częściowo zdezaktualizowane i wymaga obecnie pilnego odnowienia i dostosowania do obowiązujących norm ogólnych. W odnowionym prawodawstwie naleŜałoby wyjaśnić kwestię ostatecznej nominacji misjonarza. Nowego określenia wymaga instytucja delegata dla misjonarzy migrantów“ (Bakalarz 2000a: 3). Eine freie Übersetzung von D.C. wäre: „Bei der Einschätzung der geltenden Legislatur in dieser Domäne muss man zugeben, dass sie schon ziemlich gehaltvoll ist, aber nicht genug präzisiert. In vielen Dingen gab es hier Unklarheiten und juridische Lücken. Seitdem der neue Codex Iuris Canonici herausgegeben wurde, verlor auch die spezifische Legislatur teilweise ihre Aktualität und benötigt nun dringend Erneuerung bzw. Anpassung an die geltenden allgemeinen Normen. In der erneuerten Legislatur sollte man die Frage der endgültigen Missionsbestimmung erklären. Auf eine neue Bedeutung wartet auch die Rolle eines Delegaten der Migrantenmissionare“. 370 Den ethischen Anspruch auf die unverletzlichen religiösen Freiheiten des Glaubens, des Bekenntnisses, der Feier und der Vereinigung (siehe: Schlette 1998: 146) kann man deutlich im deutschen Grundgesetz entdecken. Dort werden zuerst vertreten: Menschenwürde (Art. 1); Freie Entfaltung (Art. 2, Abs. 1); Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4, Abs. 1); Meinungsfreiheit (Art. 5); Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13); Wi-derstandsrecht (Art. 20, Abs. 4) und Kirchliches Selbstbestimmungsrecht (Art. 140; vgl. Töppler 2003: 105-117).

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2.2. Lebendige Mehrheiten als entscheidende Faktoren

der Ortskirche

Aus einer allgemeinen kirchlich-europäischen Sicht stellen die Minderheiten ein

immer stärkeres Phänomen der Kirche auf dem alten Kontinent dar. Unabhängig von der

lokalen Verteilung bzw. Besiedlung der Migranten (siehe: I.2.5.) in den souveränen Staaten

wächst ihre Bedeutung auch für die souveränen Ortskirchen. Um ihre Statusgarantien und

Handlungsmöglichkeiten in der neuen Umgebung zu bestätigen, wurden gerade von den

Mehrheiten entsprechende theoretische und juridische Rahmen für die bestehenden

Minderheiten herausgearbeitet. Es sind zweifelsohne klare Zeichen, dass sich die

europäischen Ortskirchen seit vielen Jahrhunderten auf den Weg gemacht haben, die neuen

Migrationssteuerungsstrategien mit den alten christlichen Wertestrategien zu vereinbaren (vgl.

Schwarz 2002: 16). So sind neben der kirchlichen Sozialverkündigung auch die modernen

pastoralen Richtlinien sowohl für die ausländischen Minderheiten als auch für die

inländischen Mehrheiten entstanden. Es wäre aber naiv zu denken, dass der Ausbau

spezialisierter Pastoral mit zahlreichen Stellen und qualifizierten Begleitern eine lebendige

Kooperation automatisch erschaffen würde. Ebenso kann die Verabschiedung der besten

Konventionen, Verträge, Instruktionen etc. nicht genügend sein, jede Form der

Evangelisierung von Immigranten (vgl. III.1.1.) effektiv fortzuführen. Man muss also

zustimmen, dass die beste Ergänzung aller rechtlichen Regelungen in der Migrantenfrage das

authentische Engagement von Christen und ihren mehrheitlichen Gemeinden ist (vgl.

Rethmann 1994: 205f). Nur die volle Erfüllung dessen, was die ordentliche Seelsorge

vorschreibt, und das großzügige, d.h. gerechte Engagement von Christen Europas könnten den

moralischen Verpflichtungen gegenüber den ausländischen Minderheiten gerecht werden.

Obwohl über die dringenden Aufgaben in diesem Bereich etwas später die Rede ist (siehe:

IV.3.), ist es schon jetzt notwendig, zu prüfen, wie eigentlich die einheimischen Gemeinden,

die vorgeschlagenen Programme und qualifizierte Fachleute für Migranten funktionieren

sollen, um auf die neusten Herausforderungen adäquat zu antworten. Im Grunde geht es um

ein ´interreligiöses Lernen` (vgl. Zirker 1998: 51-69), das zwar keine lange Tradition

aufweist, aber ein konstitutiver Teil kirchlicher Gegenwart ist. Bevor man jedoch über die

moderne religiöse Vielfalt in der Einheit spricht, muss man die Aufmerksamkeit auf die

anderen fundamentalen Elemente ordentlicher Seelsorge lenken.

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2.2.1. Gemeinsame Fundamente der regulären und außerordentlichen

Pastoral

In diesem Punkt, aber auch in der ganzen Arbeit, geht es grundsätzlich nicht darum,

eine tiefe Analyse371 der Katholischen Kirche und ihres pastoralen Handelns heute zu machen.

Die bereits dargestellten Kontexte des Immigrantenlebens im europäischen Bereich (siehe:

II.1.) und die Hintergründe der gegenwärtigen Neuevangelisierung (siehe: III.1.3.) bieten ein

ziemlich klares Bild an, wie eng diese Phänomene zusammenhängen und die kirchliche Sicht

verändern. Die schon signalisierten theologischen Dimensionen einer Migrantenbetreuung im

Geist der Neuevangelisierung (siehe: III.3.) beweisen, dass diese Pastoral im Grunde von den

Gemeinden der Ortskirche gesteuert werden muss. Auch wenn die ethnischen Minderheiten

ihre eigene Sonderregelung haben (siehe: IV.2.1.), geschieht ihr Handeln mitten in den

europäischen Diözesen und Gemeinden. Die Kohabitation mit den einheimischen Christen

beansprucht die konstante Überwachung der regulären Pastoral, damit sie nicht nur für sich

selbst, sondern auch für die Zugewanderten die gleichen christlichen Grundvollzüge pflegt.

Der Definition von ´Seelsorge` nach geht es also nicht nur um die einzelnen Funktionen der

christlichen Gemeinde (wie etwa: Leiturgia, Diakonia) oder Begleitung von einzelnen bzw.

Gruppen, sondern um die allgemeine Sorge für die Kirche Jesu. Da sie sich „nicht auf die

sichtbare Kirche beschränkt, ist Seelsorge überall dort zu verorten, wo der Geist Jesu Christi

lebendig ist, der sich an keine Institution oder Konfession exklusiv bindet“ (LThK Bd. 9. S.

386). Sieht man diese Definition im Licht der biblischen Offenbarung, stößt man auf die drei

allgemeinen Grundtugenden jedes Pastoralhandelns: auf Glaube, Hoffnung und Liebe (vgl.

Röm 5,1-5; 8,19-39; 1 Kor 13,1-13; Gal 5,5f; Eph 3,12-21; 1 Thess 1,3-6; 1 Petr 1,2-25).

Diese Elemente des christlichen Universalismus im Kontext der Menschen unterwegs zeigen

sich als pastorale Voraussetzung der Migranten-Mission. Mehr noch, sie sollen nicht nur

beziehungslos nebeneinander gestellt werden, damit sie als einzelne Gradmesser von

371 Es ist relativ schwer eine kritische Analyse der jetzigen globalen Kirchenlage zu finden. Die einzelnen wissenschaftlichen Zweige konzentrieren sich auf die partiellen Ergebnisse in ihren sozialen, theologischen oder pastoralen Breichen. Man kann aber mit Prof. Dr. Michael Schramm einig sein, wenn er in einer Zusammen-fassung schreibt: „Die Ergebnisse mögen für Kirchen und theologische Sozialethik ernüchternd sein. In einer ausdifferenzierten Gesellschaft ist die Luft für sie deutlich dünner geworden. Zahlreiche Funktionen sind an Funktionssysteme abgegeben worden, auch das Religionsmonopol der Kirchen ist dahin, anthropologische Begründungen der Funktion von Religion sind angesichts der empirisch nachgewiesenen Möglichkeit religionsfreier Lebensführung zusammengebrochen, nützliche ethische Beiträge von Kirchen und theologischer Sozialethik beschränken sich entweder auf eine Heuristik (…) oder sind nur durch die moralökonomische Praxis zu gewinnen…“ (Schramm 2000: 25).

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Beziehungen zwischen christlichen Mehrheiten und Minderheiten benutzt werden. Alle drei

bilden dieselbe Beziehung zwischen Gott und den Menschen, der gleichermaßen alle

Menschen liebt (vgl. Joh 14,35). Solch eine Perspektive des christlichen multiethnischen

Lebens fundiert die Migrantenpastoral auch in ihrem theologischen Aspekt. Das ständige

Bemühen der Kirchen um die pastorale Antwort auf die gegenwärtigen Herausforderungen

hat also feste biblische Fundamente. Die unwiderruflichen Quellen (vgl. III.3.1.) des

gelungenen Handelns lassen die mehrheitlichen Ortsgemeinschaften klar spüren, dass sie

nicht von sich selbst (organisatorisch, ökonomisch, etc.) ihre Kraft haben, sondern von Jesus

als Haupt seiner Kirche (vgl. Eph 1, 22f; vgl. Kol 1,18). Auch nicht nur die formal

Zugehörigen Mitglieder bestimmter Gemeinden, sondern alle Gläubigen sind Glieder des

Leibes Jesu (vgl. Röm 12,3-8; vgl. 1 Kor 12,12-30). Nur auf der Basis solcher Prinzipien und

nicht auf den spontanen Mitleidsgefühlen können die einzelnen pastoralen Funktionen der

Gemeinschaft, wie z.B. Diakonie,372 realisiert werden. Aus einer derartigen Gemeinde kann

immer die positive Einstellung gegenüber Fremden (vgl. Sundermeier 1996: 199) herausflie-

ßen und können die kleinen Minderheitsgruppen als ein konstruktives Netz (vgl. Zulehner

2000: 129) der Ortskirche gesehen werden. Natürlich veranlasst die Unterschiedlichkeit der

Situationen etliche Differenzierungen der Pastoral für die Menschen unterwegs, doch sie wird

immer komplementär sein. „Die Präsenz der Migranten in der Ortskirche kann einen Weg in

die Tiefe und Breite eröffnen: sie kann und muß Zeichen der gegenseitigen Immanenz von

Universalkirche und Ortskirche sein“ (Beyer 1987: 17; vgl. Fornet-Betancourt 1991: 23-25).

Die mehrheitliche Ortskirche ist also durch die Anwesenheit von Migranten in ihrer Mitte

aufgerufen, Kirche als vielfältige Familie Gottes zu leben. Solche Vielfalt dürfte keine

Abkapselungs-, Parallel- oder Splitterkirche kennen. Ja, solche Vielfalt erfordert den

rechtzeitigen Wandel pastoraler Konzepte, was zu einer pastoralfuturologischen Kairologie373

führt. In dieser einträchtigen Vielfalt werden die Katholizität (vgl. LG 23) und ihre

Gemeinden bzw. Seelsorge zum lebendigem Beweis der Einheit und zugleich Einzigartigkeit

der Kirche.

372 Hochstaffl plädiert für eine solche diakonische Gemeinde. „In ihr muß gerade der Schwache ernst genommen werden. Man wartet nicht ab, bis sich eine Sozialbehörde einschaltet, sondern wird selber initiativ. Man sieht den Menschen nicht nur als möglichen Anwendungsfall für irgendein Gesetz. Man überlässt ihn auch nicht Experten, die sich auf das Erziehen, Helfen oder Heilen spezialisiert haben. Man arbeitet nicht nur an den Veränderungen der Verhältnisse und Strukturen. In dieser Gemeinschaft ist jeder Mensch angenommen mit seinem Einsatz, seinem Schicksal, auch mit seinen letzten Fragen“ (Hochstaffl 1979: 45). 373 Siehe Paul Zulehner (1990: 38-129), wie er mit seinen Mitarbeitern eine futurologische Vorhersage zukünftiger Pastoral arrangiert. Nach ihnen können einige Elemente der Gegenwart zu entscheidenden Verände-rungen der regulären Pastoral werden. Es wären z.B.: 1) Mangel an Friede und Atompolitik; 2) Bedrohung der Biosphäre, Bevölkerungs- und Ernährungsprobleme (vgl. II.2.); 3) Soziale Ungerechtigkeit zwischen Frauen und Männern; 4) Globalisierung und Missbrauch der Informationstechnik (vgl. Scholz 2003: 76-79; vgl. Wittrahm 1993: 187-193).

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2.2.2. Ethnische Vielfalt als Herausforderung für die missionarische

Ortskirche

Spricht man heute über multiethnische und multikonfessionelle Vielfalt in einer

europäischen Kirche, denkt man sofort an die komplexen Antriebskräfte der sozialen bzw.

christlichen Integration von Ausländern. Die Entwicklungsdynamik der kirchlichen Institu-

tionen zeigt ein authentisches Bemühen, um alle Bewohner des Alten Kontinents einem

effektiven Dialog näher zu bringen (vgl. IV.1.). Dafür werden den vielfältigen Minderheiten

entsprechende theologische und rechtliche Rahmen ihrer eigenen Pastoral gewährleistet (vgl.

IV.2.). Von Seiten der mehrheitlichen Ortskirchen entstehen immer neue Konzepte, wie man

eigene reguläre Seelsorge mit der Vielfalt der ethnischen Gemeinden koordiniert. Dabei

entsteht oft der Eindruck, als ob eine solche Situation ganz neu wäre und das Handeln der

Ortskirche eine großzügige Antwort auf die neuentstandenen Umstände wäre. Man übersieht

einfach die Tatsache, dass schon die ersten christlichen Gemeinden einen multikulturelleren

Zug getragen haben374. Ähnlich muss man die menschliche bzw. christliche Mobilität der

Menschen in der Geschichte als etwas Selbstverständliches anerkennen (vgl. II.3.1.) und von

allen Erfahrungen Gebrauch machen. Fragt man also nach Herausforderungen, die eine

multiethnische Vielfalt der mehrheitlichen Ortskirche mit sich bringt, kann man ohne weiteres

die Forscher verstehen (siehe: Madruga 1997: 5-7), die für eine ´theologische Bewertung der

Realität` plädieren375. Es geht also in der Kirche nicht so sehr um eine Analyse vergangener

und gegenwärtiger Systeme, sondern um die Analyse des Konkreten wie etwa die Lage von

374 „Die neue Gemeinschaft in Christus ist in einer multikulturellen und multireligiösen Umwelt entstanden. Jesus Christ war selbst Jude in einem Land unter römischer Fremdherrschaft, das von griechischer Kultur beeinflusst worden ist. Dementsprechend waren die urchristlichen Gemeinden kulturell, ethnisch und sozial gemischt. Die Kreativität erster Gemeinden wurde entscheidend dadurch geprägt, dass Flüchtlinge in den Bereich des Mittelmeers neue kulturelle und religiöse Anregungen vermittelt haben. Zugleich hat das Christentum von anderen kulturellen und religiösen Traditionen manches übernommen. Christen sollen und können von anderen Kulturen und Religionen lernen“ (Micksch 1997: 37f; vgl. Söding 1999: 217-237). 375 Die Migrantenseelsorge hat in Spanien eine lange Tradition. Besonders interessant sind verschiedene Programme des Erzbistums Madrid, in dem sich die meistens Immigranten angesiedelt haben. Es besteht eine Diözesaneinrichtung, die sich mit der permanenten Formation des Klerus beschäftigt. Der Lokalkirche wurden also die theologischen, sozialen und pastoralen Prinzipien gewidmet. José Manuel Madruga (1997: 5-18) präsen-tiert ganz detailliert die Objekte und Subjekte des außergewöhnlich gut herausgearbeiteten Diözesanplanes für die Pastoral der Migranten. Doch bevor er an diese Elemente herangeht, plädiert er für eine spirituelle und sogar wissenschaftliche Anstrengung, damit man eine theologische Lektüre aus der Realität macht. So schreibt er im Original: „Nuestra mirada al mundo de hoy es una mirada de creyentes. Los datos de la realidad hay que leerlos a la luz de la Palabra de Dios. Hay que considerar la historia humana como un espacio de manifestación, de teofanía de Dios. (...) La presencia de inmigrantes en nuestra sociedad, en nuestros barrios z pueblos, es un hecho que ya nadie puede negar. Vamos poco a poco hacia una sociedad multicultural y multiéthnica. (...) Siempre es bueno preguntarnos ¿que es lo que Dios nos estará queriendo decir en estos momentos?” (ebd. 5).

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Menschen unterwegs. Das zu kennen und anzuerkennen ist die erste seelsorgerische Aufgabe

der Ortskirche, denn „den Menschen kennen zu lernen ist Grundvoraussetzung aller

Seelsorge“ (Zulehner 2002: 12). In diesem Kontext stellt ein Wiederlesen der Botschaften von

Fremden und Einheimischen (vgl. IV.1.3.) für die weiteren Schritte spezifischer

Migrantenpastoral eine wichtige Bedingung dar. Es soll grundsätzlich auf die Person

unterwegs ausgerichtet sein und nicht nur als Antwort auf soziale Ansprüche der Massen (vgl.

I.1.2.), Bewahrung ihrer Identität (vgl. IV.1.1.) oder Solidarität im Glauben. Papst Johannes

Paul II. sieht sie als eine reizende Herausforderung für die Kirche376 und nicht als eine

Außenpastoral für die von heuchlerischer Großzügigkeit Ausgestoßenen. Alles andere als die

Pastoral der Person ist dies „ein deutlicher Hinweis darauf, dass diese Universalkirche nicht

universal genug ist. Nur die Kirche, die noch nicht vollkommen universal ist, kann Vielfalt als

problematisch empfinden…“ (Fornet-Betancourt 1991: 25). Wie sollte denn die mehrheitliche

Ortskirche aussehen bzw. handeln, um den alten und neuen Herausforderungen der

Minderheitsgruppen gerecht zu werden? Man kann verschiedenen pastoraltheologischen

Perspektiven und Optionen für moderne interkulturelle Seelsorge folgen (siehe: Scheidler

2002: 142-183; vgl. Schneider-Harpprecht 2002: 38-62), und darin manche interessante

Gemeindemodelle sehen. Sie schweben oft zwischen den formellen und informellen

Vorschriften für die Minderheitsgruppen (vgl. IV.2.1.2.) und suchen nach neuen Wegen in

dieser Pastoral (vgl. III.3.4.). Man spricht dabei populär über sog. ´Missionen` und bedauert,

dass die bisherigen strukturellen Tragkräfte wenig effektiv sind. „Weil die Entwicklung derart

außendifferenzierter Migrantengemeinden das Nebeneinander von Migranten und

Einheimischen in der Ortskirche nicht noch weiter verschärfen darf, sondern gleichzeitig

dafür gesorgt werden muss, dass die Sonderstrukturen mit den Regelstrukturen kooperieren,

ist die Weiterentwicklung der bisherigen Missionen (…) äußerst anspruchsvoll“ (Scheidler

2002: 147). In diesem Kontext der objektiven Schwierigkeiten wäre es vielleicht doch

wichtiger, sich mehr auf die Ortskirche zu konzentrieren und ihre Verantwortlichkeit unter

einem gemeinsamen Stichwort zu betonen. Vielleicht wäre es kurios, aber notwendig, nicht

die ganze Betonung auf die ausländischen ´Missionen` zu legen, sondern auf die inländische

376 „Katholizität kommt nicht nur in der brüderlichen Gemeinschaft der Getauften zum Ausdruck, sondern zeigt sich auch in der gastfreundlichen Aufnahme von Fremden, ungeachtet ihrer Religionszugehörigkeit, in der Ablehnung jeder rassebdingten Ausschließung oder Diskriminierung, und in der Anerkennung der persönlichen Würde jedes einzelnen sowie dem sich daraus ergebenden Einsatz zur Förderung der unveräußerlichen Rechte. Eine wesentliche Rolle spielen in diesem Umfeld die in der Pfarrgemeinde als Diener der Einheit berufenen Priester. ´Ihnen wird von Gott die Gnade verliehen, Diener Jesu Christi unter den Völkern zu sein, die das heilige Amt des Evangeliums verwalten, damit die Völker eine wohlgefällige und im Heiligen Geist geheiligte Opfergabe werden` (vgl. PO 2). Bei ihrer Begegnung im täglichen Messopfer mit dem Mysterium Jesu Christi, der sein Leben für die Vereinigung der verstreuten Kinder hingegeben hat, sind sie aufgefordert, mit stets neuem Eifer der Einheit aller Kinder des einen himmlischen Vaters zu dienen und sich für die Aufnahme jedes einzelnen in die brüderliche Gemeinschaft zu verwenden“ (J.P.II. 1999.02.02: 8f).

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´missionarische Ortskirche`. Von solch einer Auffassung her hätten alle Pastoraltheologen

Recht (siehe: Leuninger 1981; Kochanek 1990), die sich für eine offene, dialogfähige und vor

allem missionarische Gemeinde stark einsetzen. Denkt man an die europäische Missions-

geschichte, ohne sich in den begrifflichen Nuancen zu verlieren (siehe: III.1.1.), betrachtet

man die Mission als individuelle und kollektive377 Antwort auf die Einladung Gottes, das

Evangelium allen zu verkündigen. Weil das Christentum und die Katholische Kirche ohne

Mission undenkbar sind, (vgl. Schäfer 1999: 168-181) sind ebenso unvorstellbar die kleinen

kirchlichen Gemeinden, die heute mit verschiedenen ethnischen Gruppierungen nicht

konfrontiert wären. Sie werden gerade direkt und vielleicht am stärksten herausgefordert,

diese spezifische Mission zusammen mit den zugewanderten Menschen anzunehmen und

weiterzuführen. Solch eine missionarische Gemeinde braucht sich nicht zu fürchten.378 Doch

ein tolerantes Beziehungsfeld (vgl. IV.1.2.) zu bestimmen, in dem der Dialog sogar mit den

Nichtglaubenden gepflegt sein könnte, wäre zum evangelischen Zeugnis. Weit entfernt vom

Vorwurf des Proselytismus ist doch nicht zu vergessen, dass die Herausforderung der

Migranten von der Lokalgemeinde eine missionarische Einstellung verlangt (vgl. Barrena

2002: 10). Aus Sorge um eine eigene Bereicherung, aber auch um eine größere missionarische

Ausstrahlungskraft der eigenen Gemeinden zu gewährleisten, wurden in den letzten

Jahrzehnten die europäischen Kirchen aufgerufen, sich nicht in den Kirchenmauern

einzuschließen (siehe: Rethmann 2001: 191-216; vgl. Lehmann 2003: 197-202). Die

pluriethnische Kirche Europas ist schon längst eine Tatsache. Es bleibt nur die Frage, ob man

das effektive Zusammenleben der einheimischen und ausländischen Bewohner Europas in

echtem christlichem Geist gestalten kann. Zurzeit ist sicher nur, dass dieser Geist bestimmt

nie auf Mission und breit verstandene Evangelisierung verzichten wird.

377 Dechow teilt diese Meinung nur teilweise: „Mission als Kommunikation des Evangeliums spricht in sich selbst die Einladung aus, in einer Gemeinschaft von ChristInnen zu leben. D.h. aber nicht, dass Mission auf institutionelle Kirchenmitgliedschaft zielt. Mission als Teilhabe an der missio dei hat keine andere hintergründige Absicht als eben die Kommunikation des Evangeliums. Sie hat damit kein Ziel, sondern ist in sich Erfüllung eines Zieles“ (Dechow 2003: 2). 378 Félix Barrena Sánches (2002: 1-10) gehört zu den seltenen Autoren, die die Migration als dringende Herausforderung für die Katholische Mission sehr professionell zusammenzufassen wissen. Als Migrations-experte konzentriert er sich auf die Katholische Kirche Spaniens, doch gerade die gilt als ein perfektes Beispiel für ganz Westeuropa. Ohne die Dinge zu vereinfachen ruft er die Kirchen zu einer mutigen Antwort dieser Herausforderung auf und argumentiert plastisch. „Este desafío no es muy distinto del que plantearon a Jesús el ciego, la mujer canaena, el paralítico de la piscina, la viuda de Naím, los que comieron los panes y los peces, las prostitutas, los pobres y los excluidos de su tiempo. Unas situaciones vitales no muy distintas – salvada la distancia del tiempo – de las que viven el subsahariano que recoge hortalizas en un invernadero, el magrebí que pone ladrillos en la obra, la suramericana que arregla la casa, el matrimonio de europeos del Este que cuidan una finca, el empleado del restaurante chino, el repartidor de butano o la chica del club? Que hacen o dicen todos estos personajes para desafiar o poner en cuestión nada menos que la misión de la Iglesia? En realidad no dicen nada de particular. Simplemente están ahí, viviendo o malviviendo, según les vaya en la vida…“ (ebd. 4).

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2.3. Multiethnisches Zusammenleben im Geist der Neuevangelisierung

Die bisherige getrennte Darstellung von religiösen Minderheits- bzw. Mehrheitsgrup-

pen in einer Kirche lässt automatisch fragen, wie man jetzt das enge Zusammenleben dieser

Gruppierungen definieren und gestalten soll. Obwohl dieses Phänomen an sich nicht neu ist

und eine interreligiöse ´convivencia` mehrere gelungene Modelle des Zusammenlebens

herausgearbeitet hat (siehe: Alavi 1998: 322-347; vgl. Albrecht 1997: 117), ist es klar

geworden, dass sowohl die Mechanismen des Minderheitenschutzes als auch die Rechte und

pastoralen Unternehmungen der nach wie vor mehrheitlichen Ortskirchen keine praktische

Koexistenz garantieren. „Minderheiten stehen als Gruppen oder als soziale Kategorien im

Spannungsverhältnis zu Mehrheiten, und damit ist immer eine mehr oder weniger konfliktive

Situation angesprochen“ (Hoeben 1997: 101). Jedoch statt die objektiven Schwierigkeiten zu

benennen bzw. zu analysieren, werden sie weiter als eine wichtige und positive Chance

gesehen. Der interkulturelle und interreligiöse Kontakt zwischen den Menschen ist nicht nur

ein spannendes Thema der Zukunft, sondern auch ein hoch aktueller Weg geistiger und

geistlicher Integration der Migranten unter ganz modernen Umständen. Auf der einen Seite

gibt es die folgenschwere Bewahrung eigener Identität (siehe: IV.1.1.) und auf der anderen

Seite den kontrollierten Aufbau von verschiedenen Beziehungsfeldern in der Kirche (siehe:

IV.1.2.). Ein Zusammenleben in solchen Spannungen manifestiert nicht nur positive

Wirkungen. Die neuen Ausgrenzungen, die im kirchlichen (auch sozialen) Leben entweder

wirkungslos bleiben, oder die neue Vorurteile und sogar Feindlichkeiten erwecken können,

sind nicht zu ausschließen. Man fragt also dringlich nach einer Formel für die Sicherung der

schon gelungenen Beziehungen in einer christlichen Gemeinschaft. In diesem Kontext wurde

in der hier vorliegender Arbeit (siehe: III.3.4.) teilweise die Neuevangelisierung als ein

effektives, pastorales Dialogsmittel dargestellt. Der apostolische Eifer sowie die modernen

Methoden und Ausdrucksformen, müssen aber gegenüber den neuen europäischen Umständen

jeder Zeit korrigiert werden können. So zeigt sich die Neuevangelisierung als ein neuartiger

Auftrag an alle Menschen, wobei Papst Johannes Paul II. ermahnt: „… im ständigen

Bemühen um Anpassung eurer Pastoralmethoden vergesst nicht, dass die Voraussetzung für

jegliche wahre Erneuerung in der persönlichen inneren Erneuerung liegt“ (J.P.II. 1986.06.27:

1484). Aus diesem Grund wird es sich bestimmt lohnen, sich mit einer etwas ausführlicheren

Aufarbeitung der Neuevangelisierungsidee unter den Immigranten als Zusammenlebens-

chance zu befassen.

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2.3.1. Die Kirche als neue geistliche Heimat für alle

Spricht man über Neuevangelisierung Europas, nimmt man zuerst mit Recht die

globalen Hintergründe für ein solches apostolisches Wirken unter die Lupe (siehe: III.1.3.).

Fokussiert man aber das Thema etwa auf die Neuevangelisierung der Europäer, taucht

plötzlich ein konkreter Mensch auf. Die Person eines Bürgers Europas und ihre Fähigkeiten

zum geistlichen Austausch wurden schon teilweise angedeutet (siehe: IV.1.). Ebenso zeigt die

Rolle der organisierten Menschen unterwegs, also der kirchlichen und anderen

Gruppierungen, die in verschiedenen Systemen funktionieren, eine hoch strukturierte

Gestaltung. Deswegen wäre es falsch, sich nur an der irdischen Perfektionierung kirchlicher

Systeme zu orientieren, wenn man sich mit der Neuevangelisierung der Migranten

beschäftigt. Genauso wie der Mensch Weg der Kirche ist (vgl. RH 14), soll die Kirche zum

Weg der Menschen werden. Sie muss alle, unabhängig davon, ob sie zur Mehrheit oder

Minderheit gehören, nicht nur formell, sondern vor allem geistlich begleiten379. Gerade solche

Mängel an einer geistlichen Begleitung vermehren die Zahl der ´Fremden` im gemeinsamen

Haus Europa. „Viele Menschen (sehen sich) in Osteuropa in ihren Hoffnungen enttäuscht,

aber auch immer mehr Menschen in der EU erfahren bei allem ´äußeren` Wohlstand ´innere`

Heimatlosigkeit. In dieser Krise steht die Kirche in der besonderen Herausforderung der

Neuevangelisierung“ (Homeyer 2001: 15). Ein derartiges Verständnis vereinigt die

inländischen und ausländischen ´Fremden` in einer Kirche und macht ihre Koexistenz

untrennbar. „Etwas vom Wichtigsten, was die Neuevangelisierung erfordert, sind daher

Gemeinden, Gemeinschaften und Gruppen, in denen Menschen lebendigen Glauben erfahren

und wo sie Heimat finden“ (Kasper 1992: 241f; vgl. Findl-Ludescher 2000: 42-52). Es ist

jetzt vielleicht wichtig, noch einen Schritt weiter zu gehen, um festzustellen, wer eigentlich

diese betroffenen ´heimatlosen` Menschen sind, die sich im Licht der Neuevangelisierung

hinter den kollektiven Objekten (siehe: III.3.3.2.) verstecken. Zuerst ist es wichtig zu betonen,

dass solche Menschen in der Soziallehre der Kirche, besonders im lateinamerikanischen

Kontext, häufiger als Ausgestoßene, Rechtlose, Ausgegrenzte oder einfach als Arme

bezeichnet werden (vgl. Piepke 1996: 41-51; vgl. Weber 1996: 359-368). Als solche fühlen

379 Franz Kardinal König beruft sich beim Thema Neuevangelisierung Europas auf die fundamentalen Konzils-entscheidungen, die die lebendigen (geistlichen) Menschen und Gemeinden weit über die kirchlichen Strukturen und Vorschriften hinausstellen. „Die beiden Konzilsdokumente über Religionsfreiheit und das Verhältnis zu den nichtchristlichen Religionen stellen mit Nachdruck den Menschen in seiner Freiheit und Würde in den Mittelpunkt. Daher können Büro- und Organisationskonzepte allein für das neue Haus Europa nicht die letzte Weisheit sein, sondern die Kirche, die Menschen in der Kirche, als Volk Gottes und Glaubensgemeinschaft, sind Salz der Erde und Licht auf dem Berge“ (König 1993: 17).

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sie sich, und manche Migranten im europäischen Bereich sind es tatsächlich, was schwere

pastorale Implikationen hat. Sie gehören oft nur formell der Kirche an und gelten als ein

notwendiges Übel. Die tiefgreifende spirituelle Analyse der Migrantenlage (siehe: Rodrigo

1995: 59-69) verlangt von einer Kirche, ein ´Sakrament der Einheit fürs Menschengeschlecht`

zu sein. Man darf also in den europäischen Kirchen keine Abgrenzungen bauen und eine

ganze Reihe von Bedingungen380, die aus der kirchlichen Neuevangelisierungsidee entstehen

müssen alle, d.h. auch Nichtglaubende betreffen. Es ist also verständlich, warum Papst J.P.II.

die gleiche Chance auf eine effektive Neuevangelisierung für alle betroffene Personen ´ex

oriente` und ´ex occidente` sieht (vgl. Weigel 2002: 721). In diesem Sinne betont der oberste

Hirt der Katholischen Kirche, dass sie keine ´Ausländer` kennt und allen Menschen Heimat

sein will, denn „nur so kann die Neuevangelisierung für ein friedliches Zusammenleben in

Europa wirksam werden“ (J.P.II. 1993.01.28: 1405). Dieser Papst bemüht sich um eine

authentische, dauernde und vor allem geistige Einheit von Gläubigen und einen lebendigen

Dialog mit den anderen in Europa (siehe: J.P.II. 1993.08.12: 538; vgl. J.P.II. 1993.09.04:

570). Die Menschlichkeit der Person steht ihm immer vor Augen. Deswegen hat er zum 84.

Welttag der Migranten vor dem Heiligen Jahr 2000 gesagt: „Das Jahr des Heiligen Geistes

fordert somit die Gläubigen auf, die theologische Tugend der Hoffnung auf intensivere Art

und Weise zu leben, denn sie bietet ihnen solide und tiefe Beweggründe für ihren Einsatz in

der Neuevangelisierung und zugunsten jener, die - aus anderen Ländern und Kulturen

stammend - unsere Hilfe erwarten, um ihre menschlichen Fähigkeiten voll zu entfalten“

(J.P.II. 1997.11.09: 8). All denen, die in diesem Geist bzw. aus diesen Motiven in der Kirche

und ihren Gemeinden eine geistliche Heimat für alle bauen, wird von den zuständigen Hirten

dieser Kirche besonderer Dank und Anerkennung zugesagt (siehe: Voß 2001: 40). Es ist ein

gutes Zeichen, dass sich die Kirchen langsam verantwortlich fühlen, ein friedlicheres

Zusammenleben aller Bewohner Europas zu erreichen, das zum Zeugnis werden sollte. Wie

das praktisch aussieht, wird im Folgenden kurz dargestellt.

380 Rodrigo (1995: 53-69) stellt die Migrationen als ein ausschließendes und ausklammerndes Phänomen dar. Nach einer Reihe von sozio-politischen negativen Ausbeutungsbeispielen kommt er zu den pastoralen Implikationen. Die fundamentale Aufgabe der Katholischen Kirche sieht er in der Anklage aller Irregularitäten, damit die Integrationspolitik jedes Landes auch die geistlichen Nöte der Immigranten (aber auch der Inländer) berücksichtigt. Dann spielt für ihn in einer Kirche die Praxis der Ideen wie etwa Solidarität, Brüderlichkeit, Austausch, Toleranz und Dialog eine entscheidende Rolle (vgl. IV.1.2.3.), denn ein bloßer Respekt für die Kultur und Religion der Zuwanderer und Rechtsgarantien sichern das gelungene Zusammenleben noch nicht. In diesem Kontext verlangt er vor allem von allen Gläubigen und Kirchen: erstens, dass sich die Migrantenpastoral nicht auf die Arbeit einiger Spezialisten beschränkt; zweitens, dass man einem Reduktionismus ausweicht, in dem der Immigrant zum passiven Objekt der spezifischen Programme wird.

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2.3.2. Von der Theorie zur Praxis des Gemeinsamen

Die multikulturelle und multireligiöse Realität stellt für die moderne Gesellschaft und

ihre Kirchen nicht nur echte Herausforderungen dar (siehe: II.3.), sondern bringt sogar eine

Neudefinierung des Zusammenlebens mit sich, ohne auf die universalen Prinzipien der

Gleichheit381 zu verzichten. Die letzteren werden auch durch die Kirche garantiert, besonders

in den Stimmen des Konzils, das sich für die Erlösung des Menschen bzw. die Erneuerung der

Gesellschaft in den heutigen Situationen einsetzt (vgl. GS 3, 42). Seitdem haben die Kirchen

„in der Frage des Zusammenlebens mit MigrantInnen eine Verantwortung für die gesamte

Gesellschaft, die nicht an den Grenzen der eigenen Konfession und Religion Halt macht. Sie

sind aufgerufen, die Würde der Menschen als einander gleichgestellter Geschöpfe Gottes zu

verteidigen, und werden von der biblischen Botschaft aufgefordert, sich für das Recht von

Fremden und Benachteiligten einzusetzen“ (Schneider-Harpprecht / Hézser 2002: 275). Solch

eine historische Verantwortung für die zukünftigen Bürger bzw. Gläubigen Europas ist

bestimmt nicht leicht zu erfüllen. Damit die Einheit und Vielfalt kein Gegensatz werden,

strebt die Katholische Kirche nach der Verbreitung der Neuevangelisierungsideen, in denen

die konstitutiven Elemente eines Zusammenlebens wie Dialog und Toleranz ein starkes Echo

finden (siehe: IV.1.2.3.). Ohne diese Elemente wären sowohl die theoretischen Überlegun-

gen382 als auch die praktischen Schritte in der gegenwärtigen Pluralität nur schwer vorstellbar.

Doch es bleibt immer die Aktualität der Frage, wie man den Sprung von manchmal

spitzfindigen Theorien zu ihren konkreten Anwendungen machen soll. Nimmt man die

Erwartungen von Subjekten und Objekten der Neuevangelisierung (siehe: III.3.3.) ernst,

beruhigt man sie nicht mit der allgemeinen Feststellung: „Eine ´zündende Neuevan-

gelisierung` bestehe darin, mitzuteilen, was man selbst erfahren habe“ (Scheele 2001: 1). Viel

realistischer klingen die Appelle von Papst Johannes Paul II. mit konkreten Aufrufen, sich

sozial, kirchlich und vor allem pastoral im Geist der Neuevangelisierung zu engagieren. Er hat

381 Bierbrauer (1998: 188) schreibt voll Überzeugung über die multikulturelle Realität, die ebenso wie die multireligiöse Präsenz ernst genommen werden muss: „Respekt vor fremden Kulturen zu üben, ist nicht nur eine Frage der universellen Toleranz. Respekt für andere kulturelle Anschauungen und Lebensweisen ist in einer liberalen, ethnopluralen Gesellschaft lebensnotwendig, will sie nicht ihre eigenen Prinzipien in Frage stellen. Ihre Legitimität erwächst aus der Toleranz für Diversität, die sich verwirklicht in fairen Verfahrensangeboten. Fair gestaltete Verfahren sind der Schlüssel, um der Gefahr einer zerfallenden Mosaikgesellschaft zu begegnen“. 382 Z.B. die beiden Sondernsynoden für Europa verweisen in ihren Abschlussdokumenten auf die dringliche Notwendigkeit des lebendigen Dialogs und der praktischen Zusammenarbeit mit den anderen Christen, mit Juden, Muslimen und allen, die an Gott glauben. „Gleichzeitig versuchte man klarzustellen, dass die neue Evangelisierung nicht eine ´mittelalterliche Restauration` ist, sondern ein Angebot an Europa, in diesem historischen Moment seiner Gestaltwerdung zu den ´Werten` zurückzukehren, die den alten Kontinent schmiedeten“ (Floristán 1993: 241).

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schon am Anfang 1986 zu den europäischen Bischöfe gesagt: „Die Begegnungen zwischen

den unterschiedlichen Erfahrungen, welche die verschiedenen (Menschen …) gemacht haben,

kann sich als außerordentliche Hilfe für die neue Evangelisierung herausstellen, die der

Kontinent heute braucht“ (J.P.II. 1986.02.01: 220).

Gerade die konkreten Aufgaben der europäischen Kirchen und Ordensgemeinschaften in

enger Mitarbeit mit dem Volk Gottes sollten das Objekt weiterer Untersuchung in dieser

Arbeit werden (siehe: IV.3.). Momentan geht um das Herausarbeiten einer kreativen

Interpretation des Zusammenlebens. „Und weil Menschen Gemeinschaftswesen sind und auch

in Situationen des Zusammenlebens bei unterschiedlicher Religion Kreativität zeigen, wird es

weder bloß heuchlerische Anpassung noch Verrat am eigenen Wesen sein, wenn sie in ihrer

Kommunikation Möglichkeiten für Konvergenzen entdecken“ (Elsas 2002: 26; vgl. IV.1.3.).

Die entsprechenden konkreten Initiativen sollen der Dienst für die Immigranten und die

modernen apostolischen Aufgaben für die Ortskirchen transparenter machen. Von einem

Selbstverständnis der Kirche soll der Weg durch die wichtigsten theoretischen Themen zu

ganz konkreten Schritten in der pluralistischen Gesellschaft und Kirche führen. Ja diese

Schritte müssen gut koordiniert werden, damit die staatlichen und kirchlichen

Unternehmungen allen Bürger Europas dienen können. In der Überzeugung, dass in den zwei

ersten Kapiteln (siehe: I; II.) die tatsächliche Lage der Migranten dargestellt wurde, und die

weiteren zwei (siehe: III; IV.1; IV.2.) eine ziemlich genaue Analyse der Neuevangelisierungs-

möglichkeiten unter ihnen vorlegen, werden nun in den drei folgenden Punkten die

wichtigsten bevorstehenden Aufgaben der Kirchen und Ordensgemeinschaften beschrieben.

Damit lässt sich die Grundstruktur des missiologischen Konzeptes der Neuevangelisierung

Europas unter Immigranten besser erkennen und ihr praktisches Engagement in verschiedenen

pastoralen Bereichen nachweisen. Das entspricht dem zentralen Grundmotiv dieser Arbeit, die

eine klare Erkenntnis von ´Lebenszusammenhängen` zwischen dem Evangelium und den

Menschen unterwegs deutlich fokussieren will. Weil das eine immer mehr präsente Realität

auf dem europäischen Boden ist, die uns alle angeht, soll die nächste Blickrichtung die neuen

Ansatzpunkte für eine solche Pastoral finden.

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3. Europäische Kirchen und Ordensgemeinschaften im Dienst an der Neuevangelisierung unter Migranten

In den weiteren pastoralen Überlegungen dieses Kapitels geht es darum übersichtliche

und praktische Verbindungslinien unter den verschiedenen Aspekten des evangelisatorischen

und sozialen Dienstes für Migranten zu prüfen und sich ergebende Aufgaben abzuleiten.

Bisher wurde die Bedeutsamkeit der Neuevangelisierung unter Migranten auf Personen- und

Gruppenebenen analysiert (siehe: IV.1; IV.2.). Fragt man aber, was dabei an Konkretem

herauskommt, muss man unbedingt die Hauptaufgaben der Kirchen und Ordensgesellschaften

gegenüber diesen Phänomenen konkretisieren. Dabei werden nur ihre wesentlichsten

Elemente383 aufgezeigt, die die Realität der heutigen Migrations- und Neuevangelisierungs-

prozesse zu einer Herausforderung für Kirchen machen. Um dem Eindruck einer separaten

Darstellung dieser Phänomene zu entgehen, wird das ganzheitliche Bild dieses Themas in

seinen Hauptzügen auf die früher erwähnten Herausforderungen der Migration (siehe: II.3.)

und der Neuevangelisierung (siehe: III.3.2.) in Europa verweisen. Spricht man vom Beitrag

der Kirchen und Ordensgemeinschaften Europas am Dienst in der Neuevangelisierung und

Migration gleichzeitig, muss man zuerst den ursprünglichen Sinn und Zweck der Kirche

andeuten. Weil Evangelisierung „die Gnade und eigentliche Berufung der Kirche, ihre tiefste

Identität“ ist (EN 14), muss man zunächst untersuchen, wie sich diese Berufung im

europäischen Kontext realisieren lässt. Die Kirchen und die Ordensgemeinschaften

identifizieren sich klar mit dem Anliegen der Neuevangelisierung. Diese Idee entwickelt sich

in Europa seit fast 25 Jahren und adaptiert sich flexibel an die Veränderungen der

Gesellschaft (siehe: III.2.1.). Auf Grund der bisherigen Darstellungen kann man die

historischen Beiträge der Neuevangelisierung unter den Migranten ziemlich gut verstehen.

Was aber im einzelnen und wie es werden soll, muss jetzt bestimmt werden. Das wird in zwei

Schritten in diesem Punkt gemacht (siehe: IV.3.1; IV.3.2.), um später am Beispiel des

Missionsorden der Steyler Missionare zu untersuchen, ob solche Hinweise realisierbar sind.

Die etwa deutlicher dargestellten Aufgaben sollen weitere, interdisziplinäre, sozio-

theologische Forschungen ermutigen, die neuen Konzepte im Neuevangelisierungsdienst in

die Praxis umzusetzen.

383 In den drei folgenden Punkten geht es um entsprechend breite Aussagen, die für eine künftige neuevangeli-sierende Pastoral unter den Immigranten nützlich werden könnten. Teilweise wurden schon die möglichen pastoralen Auswirkungen besonders der Neuevangelisierung im Kapitel III.3.4. zusammengefasst. Im Zusammenhang mit dem Dienst an Migranten werden tiefergehende, spezialisierte pastorale Themen, wie z.B. die psychosoziologische Seelsorge in Milieu postmoderner Pluralität (siehe: Wittrahm 2001), ausgeschlossen.

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3.1. Aufgaben der Kirchen Europas

Immer wieder erfordern die Fragen nach der Neuevangelisierung und Mobilität der

Menschen mehr religionspraktische als normative Antworten, denn „überall dort, wo

interkulturelle Seelsorge stattfindet, kann die missionarische Dimension des Christentums

deutlich werden“ (Dahling-Sander 2003: 387). Im Folgendem werden also erkenntnisleitende

Perspektiven bzw. Horizonte eröffnet, die sowohl zu einer wissenschaftlichen Annäherung

der betreffenden Disziplinen als auch der praktischen (pastoralen) Ausübung des Dienstes

unter den Immigranten beitragen sollen. Weil die vorliegende Arbeit mehr missiologisch

orientiert ist, werden einige weiterführende Fragestellungen vorgelegt, die aber offen bleiben

müssen, damit sie sich nicht zu weit in andere Bereiche verzweigen. Doch die folgenden

Hauptaufgaben der europäischen Kirchen bzw. Ordensgemeinschaften bilden eine gute Basis

für weitere pastorale, moralische und andere Untersuchungen.

3.1.1. Weckung des Glaubens und intensive Verkündigung

Schon die früheren Erläuterungen des Begriffs ´Neuevangelisierung` in dieser Arbeit

(siehe: III.1.1.) zeigten ganz deutlich, dass sein Ursprung keine modische oder eklektische

Wortschöpfung ist, sondern eine klare Ausprägung der klassischen ´Evangelisierung` als

„Inbegriff dessen, was Kirche ist und wofür sie da ist“ (Hering 1989: 147). Konsequent

basiert die Neuevangelisierung auf den festen Quellen und Inhalten (siehe: III.3.1.), die eine

neue Identität und Sendung der Kirche Europas bestimmen. Fragt man nach dem Ursprung

dieses evangelisatorischen Imperativs, findet man eine einzige und immer gültige Antwort:

„Die weltweite Sendung der Kirche kommt aus dem Glauben an Jesus Christus, wie es im

Bekenntnis des Glaubens an den dreieinigen Gott heißt (…). Allein im Glauben kann die

Sendung verstanden werden; auf ihn hin ist sie gegründet“ (RM 4). Nimmt man also

hoffnungsvoll an, dass die Glaubensgnade in Form einer Einladung zur Liebe ständig

ausgegossen wird, dann wird jeder Mensch herausgefordert, darauf freimütig zu antworten384.

384 Die Enzyklika J.P. II. ´Redemptoris missio` betont von Anfang an die Freiheit des Menschen in dieser fundamentalen Frage. Sie bestätigt, dass man auch ein solches Glaubensangebot verwerfen kann. Ob man das darf, ist eine andere Frage (vgl. RM 7). Der freie Mensch wird also demütig von Gott eingeladen, ihm zu folgen. Erst dann kann man sagen, dass sich jemand auf dem ´Weg der Mission befindet` (vgl. RM 11).

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Der Glaube an Christus, der das ewige Leben hat und spendet (vgl. Joh 17,3), bildet das

Fundament der Neuevangelisierung. Ja, nur eine ganz neue Dynamik der Evangelisierung

kann die Vertiefung eines reinen und festen Glaubens gewährleisten und neue Kräfte für die

ganzheitliche Befreiung des Menschen wecken (vgl. CL 34). Ohne Glauben kann man also

die Grundvollzüge385 des christlichen Lebens nicht praktizieren. Nur der Mensch, der glaubt,

hofft und den Auferstandenen liebt, darf und soll sich im christlichen Sinne als ´Gesandter`

fühlen und konsequent glaubwürdig zum Zeichen der Liebe Gottes werden (vgl. Joh 14, 35;

vgl. RM 42). Ebenso sollen sich die christlichen Kirchen (als transzendente und weltliche)

darstellen. Alle ihre Aufgaben müssen zuerst in Glaube, Hoffnung und Liebe zu Gott fest

verankert sein und dürfen nicht nur auf Vernunft oder Gefühle appellieren (vgl. Ratzinger

2003: 112-117). Die dringliche Erneuerung des Glaubens aller Bewohner Europas kann man

als die fundamentale Aufgabe der Kirche im Geist der Neuevangelisierung ansehen. Es ist

nämlich keine weitere evangelisatorische Aktion möglich, wenn man die Quelle und den

Inhalt (siehe: III.3.1.) des Glaubens nicht klar vor Augen hat. Damit die Kirchen als

Schutzschild der Gläubigen wirken, muss der konkrete Mensch als Adressat im Zentrum

stehen (siehe: III.3.3.2.). Ein Autor bemerkt dazu: „Es geht in der Evangelisation also nicht

einfach nur um die Verkündigung des Evangeliums, ohne dass eine Reaktion des Hörers im

Blick wäre. Evangelisation ist immer zielorientiert: eben auf das Christwerden des Hörers in

der Umkehr zu Gott, im Glauben an Jesus Christus“ (Burkhardt 2002: 110).

In diesem Kontext kann man verstehen, warum Europa nicht als ein geographischer

Kontinent, sondern als eine moderne menschliche Gesellschaft (vgl. III.3.3.2.) zum wichtigen

Ansatzpunkt der Neuevangelisierung wird. Die Menschen und nicht die Strukturen stehen im

Zentrum dieser evangelisatorischen Idee und zwar in erster Reihe die, denen der Verlust des

Glaubens droht. Eine dieser benachteiligten386 Personen-Gruppen in Europa sind die

385 Schon im Neuen Testament werden die drei Grundvollzüge des christlichen Lebens (Glaube, Hoffnung und Liebe) aufgezählt (vgl. Röm 5,1-5; 1 Kor 13, 1-13; Gal 5,5f; Eph 3, 12-21; 1 Thess 1, 3-6; 1 Petr 1, 2-25). Eine besondere Verbundenheit besteht zwischen dem Glauben und der Hoffnung. Sie sind Vollzüge, die die Beziehung zu Gott deutlich machen, lassen. Sie äußern sich in Dank, Lob, Anbetung und Bitte, und sind ausgerichtet auf die Erlösung durch den Tod und die Auferstehung Christi. Wer glaubt und hofft, gewinnt einen total neuen Bezug zu Gott, zu den Menschen und zur Welt sowie zu sich selbst. Dieser neue Bezug zur Wirklichkeit muss sich im sittlichen Handeln erweisen. Damit ist die Liebe als christlicher Grundvollzug mit neuem Inhalt gefüllt (anders als die der Ungläubigen). Die gleiche Liebe zu Gott, zu den anderen und zu sich selbst (vgl. 1 Joh 3,13f; 4, 20) soll jeden Christen charakterisieren und damit wird zugleichzeitig zum Kriterium der Sendung bzw. der Neuevangelisierung. 386 Die breite Bearbeitung des Themas in den ersten zwei Kapiteln dieser Arbeit, vor allem die Geschichte (siehe: I.2.) und die Sozialtypen (siehe: II.1.3.) der gegenwärtigen Migranten, wecken beim aufmerksame Leser genug dramatische Eindrücke. Die soziale, ökonomische, politische, aber auch religiöse Lage der Immigranten zeigt, obwohl unterschiedlich im Vergleich zu den Einheimischen, fast immer Nachteile. Sie werden in der Kirche immer zu den ´Bedürftigen` gezählt (vgl. J.P.II. 2000.10.22a: 7), die im Rahmen der Mission alle Hilfe und Verkündigung des Evangeliums längst verdient haben.

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Migranten, die überall als Fremde bezeichnet werden. Sie werden auch die sog. ´vierte Welt`

genannt (vgl. Bakalarz 2000: 2f), bzw. unpassende mobile Elemente der europäischen

Gesellschaft. Ihnen werden zwar die kulturellen und religiösen Freiheiten garantiert (siehe:

IV.1.1; vgl. Wuthe 2002: 33-111), aber der echte Dialog verschwindet oft im Meer von

Vorurteilen. Deswegen wurde schon in früheren Auslegungen dieser Arbeit eine bestimmte

´Entmythologisierung` ihrer Zuwanderung postuliert (vgl. II.3.1.). Die koordinierte Erfüllung

ihrer sozio-politischen und kulturell-religiösen Bedürfnisse muss ein positives Gehör bei den

zivilen Autoritäten der Staaten finden387. Weil das nur selten passiert, sehen sich die Kirchen

Europas durch die multikulturelle Gesellschaft herausgefordert und stellen sich zur

Verfügung. Ja, sie wollen die immer stärker säkularisierte, multiethnische und multireligiöse

Gesellschaft für sich gewinnen. Dies ist auf kirchlicher Ebene möglich und die zwei

Hauptpunkte dieser Arbeit weisen deutlich darauf hin, dass die Neuevangelisierungsidee

imstande ist, Ausländern und Inländern genauso wie Gläubigen und Ungläubigen bestimmte

Beziehungs- bzw. Dialogfelder zu garantieren und zum wertvollen Austausch zu mobilisieren

(siehe: IV.1.). Auch die längst etablierten religiösen Minderheiten als Gruppen finden in der

einen Kirche ihre Heimat. Sie sind kreativ, denn „migrant Christians and their congregations

and churches can help established Christianity in Europe to renew its mission and

evangelism“ (Jongeneel 2003: 33). Und so gehen sie dem christlichen Glaubens- und

Sendungsimperativ entgegen. In diesem Sinne meinte der ehemalige Sekretär des Rates der

Europäischen Bischofskonferenzen I. Fürer mit Recht: „Eine Neuevangelisierung oder eine

Neu-Missionierung ist aber ohne Sendungsbewusstsein, ohne offensiven Einsatz nicht

möglich“ (Fürer 1993: 44). Damit die klaren Aufgaben der Kirchen nicht so überheblich

klingen, spricht man lieber über den eifrigen Dienst, der ganz neue Methoden und

Ausdrucksformen mit sich bringt (siehe: III.3.4.). Allerdings bleiben die hervorgehobenen

Ziele der Neuevangelisierung unverändert (vgl. III.3.2.1.). Es geht prinzipiell um die

Erleichterung des modernen Menschen, seine Begegnung mit Gott im Akt des Glaubens, zu

verwirklichen, sein Umkehr zu vertiefen und in unmittelbarer Weiterverkündigung des

Erlebten aufstrahlen zu lassen.

387 In langen Diskussionen um das sog. Kirchenasyl wird argumentiert, dass der Schutz jedes Lebens in allen Rechtsordnungen der europäischen Staaten längst angelegt worden ist. „Mit seinem Bekenntnis zur Unantastbarkeit der Menschenwürde enthält das Grundgesetz eine unbedingte Verpflichtung allen staatlichen Handelns. (…) Kirchenasyl ist kein Bruch geltender Gesetze, sondern ein Dienst am Rechtsstaat. Es erinnert den Staat an Gerechtigkeitslücken. Es geht um Hilfe in konkreten Notsituationen. Der Rechtsstaat leidet nicht, wenn solche Hilfe geleistet wird, er leidet aber wohl, wenn Menschen durch sein Handeln zu Schaden kommen“ (Huber 2003: 11).

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3.1.2. Vertiefung der ´Communio` eines pluralistischen Kontinents

Die christliche Sendung, die vom Glauben an Christus und der universalen

Bestimmung des Evangeliums ausgeht, bringt in Europa noch immer große Institutionen und

unzählige Individuen auf den evangelisatorischen Dienstweg. Dabei muss die stark veränderte

welt- bzw. europapolitische und religiöse Lage ohne Angst als geltender Bestand in Europa

ernst genommen werden. Auch wenn heute christliche Kirchen und Religionen

paradoxerweise eine ´nach-christliche` Phase erleben388, brauchen sie sich nicht zu ver-

stecken. Doch gerade im Pluralismus des globalisierten Kontinents sollen sie die Universalität

des Evangeliums ausnützen und ihre Zeugen werden. Solche Universalität hat zwar mit den

Globalisierungs- und Pluralisierungsprozessen wenig zu tun (vgl. Collet 2002: 65), bekräftigt

aber, dass sie im Sinne der Neuevangelisierung die eine, gleiche und ´commune` (für alle

Bereiche des Lebens) eine gültige Frohbotschaft an alle Personen, Gruppen, Kulturen

darstellt. In dieser Vorstellung hat der lateinamerikanische Autor recht, der schreibt: „Die

neue Evangelisierung besteht nicht nur in einem Prozeß, der sich auf das Kerygma

beschränkt. Obwohl es zum Bestandteil der Evangelisierung gehört, gehen ihre Ziele über die

Verkündigung hinaus. Sie versucht vor allem Menschen und Gemeinschaften zu formen, die

im Glauben gereift, eine Antwort auf die neue Situation geben, in der wir leben, ´die durch

soziale und kulturelle Umwälzungen innerhalb der modernen Gesellschaft gekennzeichnet

ist`“ (Cruz 2001: 168). Das soll eigentlich die nächste konstruktive Aufgabe der Kirchen

Europas werden. Sie sollen sich eben im verstärkten Pluralismus aller Bereiche des Lebens

konkurrenzfähig zeigen. Mitten in den höchst negativen Phänomenen wie Säkularismus,

Materialismus, Entchristlichung etc. sollen die Kirchen motiviert werden, ihre geistlichen

Eigentümlichkeiten ans Licht zu bringen. Denn „die Eigenart des religiösen Pluralismus im

säkularen Kontext Europas erlaubt Kirche und Christentum keinen Verzicht auf eine klare

Formulierung und Weitergabe ihres eigenen Glaubenszeugnisses“ (Hummel 1999: 95). Es ist

also dringend erforderlich, im gegenwärtigen Europa eine neue Evangelisierung in erneuerten

388 Kardinal Basil Hume von Westminster sieht die christlichen Kirchen in der europäischen Vielfältigkeit als Chance für alle Staaten und Lokalkirchen des Kontinents. Voll Glaube und Hoffnung verschließt er seine Augen nicht vor den dringlichen Problemen bzw. Gefahren. Er nennt sie ganz konkret als Tatsachen z.B.: „- Die Tatsache, dass so viele Europäer sich selbst als ´gläubig` bezeichnen, obwohl die Familie als solche sowie andere gesellschaftlichen Organe offenbar immer weniger imstande sind, ein soziales Umfeld zu schaffen, wo der Glaube gelernt und gelebt werden kann. – Die Tatsache, dass die Religion immer mehr privatisiert wird und so sich allmählich ganz am Rande der Gesellschaft befindet. – Die Tatsache, dass Teilnahme am Glauben und an der religiösen Praxis sowie das Festhalten an moralischen Normen immer mehr eine Frage der Intensität und der persönlichen Auswahl wird. – Schließlich die Tatsache, dass die Leute ihre religiöse Unterstützung in neuen Gruppen und Bewegungen finden“ (Hume 1991: 227f).

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Kirchen zu betreiben, die imstande sein sollten, die Kluft zwischen vager Religiosität und

statistischer Zugehörigkeit zu Institutionen zu nivellieren. Sie müssen ihre religiösen

Aufgaben immer horizontal zur Welt und vertikal zu Christus sehen (vgl. Windisch 1989: 40).

Ganz gleich, ob die Kirchen in der Mehrheit oder in der Minderheit sind sollten sie und ihre

Christen sollen unbedingt in der Nachfolge Christi Salz und Licht werden (vgl. Mt 5, 13-16),

und zwar in allen Bereichen der pluralistischen Gesellschaft. Um nur die wichtigsten zu

erwähnen, in denen die Kirchen nicht immer eine ganz klare Position zu vertreten wissen:

- der Bereich der Kultur;389

- der Bereich die Politik;390

- der Bereich der Wirtschaft.391

389 In diesem Bereich betreibt die Kirche einige Evangelisierungskonzepte, die unter dem nicht ganz klaren Begriff ´Inkulturation` eine neue Hermeneutik der modernen Verkündigung im Rahmen der Neuevangelisierung immer intensiver realisiert. Besonders die lateinamerikanischen Hintergründe und Methoden evangelischer Befreiung des Menschen (vgl. III.1.2.) können eine gewisse Inspiration für Europäer werden. „Inkulturation ist ebenso eine bleibende Aufgabe der Christen und Kirchen in den (nach-christlichen) Kulturen der westlichen Gesellschaften. Denn auch für sie gilt, dass der ´Bruch zwischen Evangelium und Kultur ohne Zweifel das Drama unserer Zeitepoche (ist), wie es auch das anderer Epochen gewesen ist` (EN 20). Weil Inkulturation nicht allein Thema der Theologie ist, sondern ein interdisziplinäres Problem bildet, das auch Anthropologen, Historiker und Philosophen beschäftigt, sind terminologische Klärungen unumgänglich…“ (Collet 2002: 173). Die Inkulturationsidee verlangt also eine interdisziplinäre Betrachtung. Denkt man an die kirchliche Inkultura-tion des Evangeliums, muss man schon sehr viel Mut und Flexibilität zeigen, was Bischof Erwin Kräutler als ´neuralgisch` für heutige Institutionen nennt (vgl. Weber 2001: 185). 390 Die Politik wird oft als ein Bereich betrachtet, in dem das Engagement der Kirchen unerlässlich ist, obwohl gerade das manchen Politikern nicht passt. Die Politik soll hauptsächlich das Gemeinwohl aller Menschen suchen und dabei die Würde jedes menschlichen Wesens achten. Die drei fundamentalen Werte wie Gerechtig-keit, Subsidiarität und Solidarität markieren (zum mindest theoretisch) jedes politische System. Die Christen richten sich mit ihrem Evangelium in der Gesellschaft ein und inspirieren mit seinen Werten die politischen Führer. Deswegen steht die Anwendung der christlichen Soziallehre unter den dringlichsten Aufgaben der Neuevangelisierung (siehe: III.3.2.). Die politischen Optionen müssen demokratisch respektiert werden, solange sie die Würde der Personen nicht bedrohen. Die christlichen Kirchen mit ihren Mitgliedern sollen nicht zögern, öffentlich Stellung zu nehmen und sich einzusetzen für die Achtung der einmal demokratisch ernsteren Rechte. Dass in diesem Bereich immer Mangel auftreten, zeigt eine traurige Beschreibung gegenwärtiger Wirklichkeit. „Viele haben damit gerechnet, dass politische Umwälzungen – z.B. in Osteuropa -, die alte Grenzen, Fronten und Mauern beseitigt haben, zu positiven Entwicklungen führen könnten. Längerfristige Ereignisse in der Welt sprechen jedoch eine andere Sprache. Das Auseinanderbrechen nationaler Einheiten führt dazu, dass die Welt nach wie vor unter vielerlei Formen von Ungerechtigkeit, Ausbeutung und Ungleichheit leidet. Gefahren einer nuklearen und ökologischen Zerstörung bedrohen die Menschheit noch immer und fordern dringend eine neue Mentalität für die Erhaltung des Lebens auf unserer Erde“ (Müller 1993a: 88). 391 In diesem Bereich kann auch das Studium der Soziallehre der Kirche im Geist der Neuevangelisierung sehr behilflich sein. Es geht nicht nur um die christliche Bedeutung (Sakralisierung) der Arbeit, sondern vor allem um die Würde der Menschen, die sie machen. Der Zusammenbruch der marxistischen Ökonomie und die heutige globale Verbreitung des marktwirtschaftlichen Modells zeigen nur, welch starke Umwälzung in diesem Gebiet herrscht. So gibt es ungefähr hundert Jahre nach der Enzyklika ´Rerum novarum` und vierzig nach dem II.V.K. und nur zwanzig nach der Enzyklika ´Laborem exercens` sehr viel zu tun, um eine ethische bzw. gerechte globale und lokale Wirtschaft zu treiben. Thomas Schroedter zeigt ziemlich objektiv die Geschichte und Folgen der heute umstrittenen Globalisierung sowie die wiederholten Versuche, die Finanz- und Handelsströme zu regulieren. Man kann leicht merken, dass diese Prozesse zu einer Entdemokratisierung der Arbeitsregeln, zu immer größeren Abgrenzungen zwischen den Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie zu einer Dehumanisierung der Arbeit selbst führen. Das sind ganz moderne wirtschaftliche, aber auch kirchliche Krisenbereiche, die eine dringliche Antwort brauchen (siehe: Schroedter 2002: 7-89; vgl. Heimbach-Steins / Lienkamp 1997: 241-245).

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All diese Bereiche, einschließlich des religiösen, bilden die Lebensumgebung des

modernen Menschen. Die Universalkirche existiert mit ihrer Universalverkündigung nicht nur

transzendent, sondern wirkt real in den konkreten Orten und Bereichen. In ihr verwirklicht

sich das Prinzip der Communio im Sinne des ´corpus ecclesiarum` (vgl. LG 23) aber auch im

Sinne des ´corpus universum`, weil sie Schöpfungs- und Erlösungsordnung392 verbindet. Die

Kirche ist also für immer ein konstitutiver Teil des Reiches Gottes. Seine vielfältigen Aspekte

„schwächen die Grundlagen und Ziele der missionarischen Tätigkeit nicht, sie bestärken und

erweitern sie vielmehr. Die Kirche ist Sakrament des Heilen für die ganze Menschheit, und

ihre Tätigkeit beschränkt sich nicht auf jene, die die Heilsbotschaft annehmen“ (RM 20). Nun

nach diesen Beispielen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, kann man verstehen, warum die

Neuevangelisierung alle Menschen Europas betrifft (vgl. III.3.3.2.) und warum die gleiche

Idee in Bezug auf Migranten keinen ausschließt. Die weitgehenden Folgerungen des

´Communioprinzips` nehmen jeden Migranten (als Person oder Gruppe) in ihren Schutz,

unabhängig von seiner Religions- bzw. Kirchenzugehörigkeit. Die Hauptaufgabe der Kirche

besteht in der Bewahrung der Würde eines Menschen auf seinem Wege, ganz gleich aus

welchen Gründen seine Mobilität geschieht (vgl. I.1.1; II.1.2.). Jeder Mensch gehört

prinzipiell zur Weltgesellschaft, und weil er auch lokal einer sozio-politischen und religiös-

kulturellen Gesellschaft angehören muss, braucht er in seiner Mobilität einen ´globalen

Anwalt`, der ihn überall schützen soll. Solch ein anwaltschaftliches Engagement im Horizont

des Reiches Gottes (vgl. Krockauer 2003: 74-86) bietet den modernen Kirchen Europas im

Hinblick auf die Immigranten die ´Communio in Vielfalt` an. Zuletzt wird im Kontext der

neuevangelisatorischen Kirchenaufgaben über einen zukünftigen europäischen Arbeitsboden

voller ´Einverschiedenheit` gesprochen (siehe: Nissim 2002: 156), wo die Vielfalt als größte

Herausforderung der Einheit Europas gesehen wird. Zu solcher ´Communio` bzw. zu einem

menschwürdigen Zusammenleben kann die Kirche einen wertvoll Beitrag leisten (siehe:

IV.2.3.). Doch es kann nur geschehen in einem sehr geduldigen Bemühen.

392 Die Kongregation für das katholische Bildungswesen und die Päpstliche Kommission für den Menschen unterwegs haben 1987 in ihren interdisziplinären Studien über Migranten eines der fundamentalsten theologischen Werke für dieses Thema herausgegeben. Dort findet man die tiefe Rechtfertigung der doppelten Sendung der Kirche zu den Menschen unterwegs, sowie die Aufgaben der Kirchen in allen Lebensbereichen. „Die Sendung der Kirche wird damit eine doppelte. Vor allem insofern diese den Willen zum Überleben ausdrücken, muß die Kirche die Nationen und die völkischen Minderheiten verteidigen, denn es gehört zu deren Grundrechten aufgrund der Schöpfungsordnung. Diese Verteidigung liegt auf der gleichen Ebene wie die Verteidigung der Grundrechte der menschlichen Person. Es liegt also eine Aufgabe der Förderung des Menschen vor, die freilich in ihren wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Auswirkungen nicht ausschließlich Sache der Kirche ist: sie geht alle Menschen an. Die Kirche fügt sich in diesen Prozeß des Schutzes und der Förderung ein als erlöste Wirklichkeit, die dank der Offenbarung den Menschen besser kennt als dieser sich selbst, wie K. Barth betont hat“ (Corecco 1987: 55).

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3.1.3. Erweiterung der interkulturellen Seelsorge

Wie schon angedeutet wurde, gehören zu den fundamentalen Aufgaben der Kirchen

Europas gegenüber den Migranten die Erweckung des Glaubens, sowie das eifrige

Engagement für ein ´Communio` der Kirchen in pluralistischer Gesellschaft (siehe: IV.3.1;

IV.3.2.). Die weitere Konsequenz solcher Begleitung im Geist der Neuevangelisierung ist eine

wahre Seelsorge aller, die einen Lebensraum in Europa finden. Ja, gerade in einer

multikulturellen Gesellschaft soll sich die Kirche weder in den alten Strukturen der Pastoral

abkapseln, noch sich nur an die Assimilierung der ´Neugekommenen` um jeden Preis richten.

„Auf der Suche nach verbindlichen Orientierungen muß die Kirche ihre in Christus gründende

Identität in der Begegnung mit den Völkern und Kulturen immer wieder neu entdecken. (…)

Die Vielgestaltigkeit der Kulturen der Menschheit erhält dabei größeres Gewicht. Sie

verschafft dem Evangelium bei den Menschen einen neuen Zugang“ (Müller 1993a: 88). In

der Überzeugung, dass man in den ´traditionellen` Methoden393 der Seelsorge noch viel Neues

erfinden und einführen kann, legt man auf diesen Abschnitt der Arbeit einen starken Akzent.

Die ständige Interaktion mit der Ortskirche bzw. Gesellschaft scheint fundamental zu sein.

Es geht um die Bewahrung eines ständigen pastoralen Austausches zwischen den Ausländern

und Inländern, damit eine ganz moderne interkulturelle Seelsorge entsteht und fruchtbar

kultiviert wird. Damit geht es weder um die üblichen pastoralen Projekte für sog. reguläre

Seelsorge (vgl. Zulehner 2000: 80), noch um große Pläne der Migrantenseelsorge (vgl. Paolis

1981; vgl. KKBW/PKMU 1987). Die nächste dringende Hauptaufgabe der Kirchen Europas

soll sein, eine adäquate pastorale Antwort zu finden, die diese einmal getrennten Seelsorge-

bereiche in eine interaktive und sogar interdependente Betreuung einbindet. Da die

Fundamente solcher Seelsorge sowohl für die etablierten Minderheiten als auch Mehrheiten

schon längst bestehen (siehe: IV.2.), kommt im Geist der Neuevangelisierung die Zeit einer

´Übersetzung` dieser Systeme, in eine gemeinsame ´sozialethisch konkretisierte

Evangelisierung` (Thiede 1991: 174). Von den heutigen Kirchen verlangt man also keine

393 Es ist praktisch unmöglich die guten alten Methoden der ordentlichen Seelsorge in der Arbeit mit den Migranten zu negieren, besonders das Gespräch, Beratungsformen oder psychologisierte Begegnungstherapien (siehe z.B.: Windisch 1989; Baumgartner / Müller1990; Müller 1993b). Auch die viel aktuelleren pastoralen Hinweise (von z.B. Zulehner 1990) sind fundamental für das gelungene Wirken unter ihnen. Man denkt aber vor allem an die interdisziplinäre pastorale Orientierung für die Arbeit unter Migranten in der unmittelbar gegenwärtigen und gerade durch die Migration geänderten Situation Europas. So sind z.B. die Anstöße für eine neue Pastoral (von Entrich / Wanke 2001) oder Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge in mobiler Gesellschaft (von Franz-Peter Tebartz-van Elst 2001) oder Analysen und Orientierungen für interkulturelle Beziehungen der Gemeinden (von Monika Scheidler 2002) von außergewöhnlich großem Wert für eine interkulturelle Seelsorge.

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große Aktualisierung ihrer Doktrin, sondern eine höchst flexible Lebendigkeit in veränderten

Situationen des Kontinents. „Denn Individualisierung und Pluralisierung in Staat und

Gesellschaft, in Kirche und Gemeinde, verlangen den Bürgern wie Christen viel ab: Bewe-

glichkeit, Eigenständigkeit, differenzierte Wahrnehmungsfähigkeit, starkes Selbstbewußtsein,

Urteilskraft, Toleranz. (…) Denn Kirche kann einfach aus dieser ihr vorgegebenen

Gesellschaft nicht aussteigen, sie aber wohl kritisch-konstruktiv vom Evangelium her

mitgestalten und verändern“ (Kochanek 1996a: 959). Die Kirchen Europas sollen eine neue

effektive, praktisch-theologische Pastoral betreiben, die in einer multiethnischen Gesellschaft

in gleichem Maße die Ausländer und Inländer betrifft. Schon bei der Entstehung der

interkulturellen Seelsorge wurde es klar, dass alle pastoralen Fragen beide Gruppen betreffen

und es um einen interpersonalen Austausch394 geht. Es ist nicht zu übersehen, dass sich gerade

damals, Mitte der 80er Jahre, die politischen Grenzen öffneten und „verantwortliche Christen

aus ganz Europa einschließlich des Ostblocks sich über die Grenzen ihrer Länder und

Traditionen hinweg kennen gelernt und einander versprochen (haben), gemeinsam auf eine

Neu-Evangelisierung Europas hinzuarbeiten“ (Barkenquast 1988: 17; vgl. Scheffbuch 1988:

7). Zeichen der gemeinsamen pastoralen Unternehmungen gibt es glücklicherweise in den

Kirchen und Gemeinden Europas genug, es werden aber auch häufig entsprechende

Arbeitsfelder außerhalb ihrer Mauern395 gesucht. Die Neuevangelisierung verlangt nach neuen

Methoden und Ausdrucksformen, wobei der apostolische Eifer zum Motor aller Unterneh-

mungen wird und die interkulturelle Seelsorge mit all ihren oft unkonventionellen pastoralen

Methoden des Dienstes braucht. Auffällig dabei ist, dass die Migranten als freie Menschen

unterwegs bzw. gleichberechtigte Bewohner Europas im Zentrum des kirchlichen Suchens

stehen. Es ist auch ermutigend, wenn man heute so viel über ein gemeinsames Patrimonium

Europas hört396. Anderseits ist der Weg einer interkulturellen Seelsorge im Geist der Neu-

evangelisierung eine außerordentlich schwere (für mehrere auch unverständliche bzw.

394 Die ersten Grundlagen für eine systematische interkulturelle Seelsorge sind Mitte der 80er Jahre entstanden. Die interkulturellen pastoralen Seminare, Bewegungen, Veranstaltungen „ und damit interkulturelle Seelsorge – leben vom Fragen. Wie lebt der andere Mensch? Warum lebt er so? Wie bewältigt er seinen Alltag? Was macht ihm Freude? Was treibt ihn um? Welche Fragen darf ich stellen, ohne dass es peinlich wird? Was kann er verstehen, wenn ich ihm von mir erzähle? Durch Fragen zeige ich mein Interesse, durch Fragen setze ich mich dem Anderen aus und zeige meine Begrenzung“ (Weiß 2002: 17). 395 Die verschiedenen kompetenten Autoren im Buch von Karl Federschmidt (2002: 109-164) zeigen, wie man die multiethnische Begegnung der Ausländer und Inländer nutzen kann zur Entstehung einer gemeinsamen multikulturellen Identität z.B. in den Schulen, Krankenhäusern, Gefängnissen etc. (vgl. Weiß 2002a: 262). Solche Begegnung in der Differenz ist eine Einübung interkultureller Seelsorge. 396 „La Iglesia católica, en diálogo con las demás Iglesias cristianas y las otras Comunidades religiosas, puede hacer una contribución importante a la definición de una nueva Europa pluricultural, abierta al resto del mundo, ante el desafío que plantea el pluralismo cultural, sobrevenido con las migraciones. El aporte de los colectivos inmigrantes será también, (...) patrimonio común de los europeos y de la misma Iglesia“ (Martínez 1995: 89).

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sinnlose) Aufgabe397 und lässt mit Recht die Frage aufkommen: „wie kann nun Seelsorge –

eine spezifisch christliche Aufgabe – überhaupt den Anspruch erheben, interkulturell bzw.

interreligiös zu sein“ (Dahling-Sander 2993: 385)? Doch gerade missiologisch und pastoral

gesehen, erhält diese charakteristische, heutige Seelsorge ihren missionarischen Akzent durch

ihre Offenheit auf Dialog (vgl. IV.1.). Darum werden in dieser Pastoral nicht nur bloße

Toleranz und Dialog postuliert, sondern eine demütige d.h. vorurteilslose Annnahme der

´Differenz-Aufmerksamkeit` im Umgang mit dem ´Fremden` (vgl. Kochanek 1996a: 960f).

Diese Seelsorge muss also kontextuell sein und darf vor sozio-politischen und kultur-

religiösen Dimensionen der betroffenen Menschen nicht fliehen. Solch eine Fähigkeit kommt

nicht von selbst, sondern muss einfach gelernt werden; denn interreligiöses bzw.

interkulturelles Lernen gehört zu den irreversiblen Herausforderungen unserer Zeit, was die

neuen Forschungsbereiche beweisen (siehe: Scheidler 2002: 11-15; vgl. Weiß 2002: 262-274;

vgl. Rickers 1998: 119-137). Das Formationsmaterial fehlt offensichtlich nicht, vielmehr die

Überzeugung, Offenheit und das Streben nach professionellem und zugleich christlichem

Umgang im interkulturellen Milieu. Es ist erkennbar, dass die Neuevangelisierung eine Sache

der Kompetenz398 ist, die auch Konkurrenz nicht ausschließt. Doch wer besser auf die

christliche Interkulturalität vorbereitet wird (vgl. Nunnenmacher 2002: 189-203), kann auch

höhere Hoffnungen hegen für ein neu- bzw. anders-christliches Europa.

397 „Die Neuevangelisierung Europas ist eine langwierige und schwere Aufgabe, die von den Christen den Heroismus der Heiligkeit fordert“ (J.P.II. 1991.10.31: 1315). Vgl. solche wenig optimistischen Worte des Papstes mit seiner Aussage: „Wer sich auf interkulturelle Seelsorge einlässt, gerät in fragile Ambivalenz. Die jeder seelsorglichen Tätigkeit innewohnende Spannung zwischen Allmachts- und Ohnmachtsgefühlen tritt hier besonders prägnant hervor“ (Hauschildt 2002: 241). 398 Eine evangelische Autorin lenkt darauf die Aufmerksamkeit. „Interkulturelle Kompetenz ist die Fähigkeit, mit interkulturellen Begegnungen respektvoll umgehen zu können, eine unerlässliche Voraussetzung für die interreligiöse Seelsorge. Sie ist ein Lernprozess, bei dem es darum geht, sich der eigenen Gefühle und Handlungsmuster bewusst werdend, respektvoll und nicht-wertend mit verschiedenen Norm- und Wertesystemen umgehen zu können“ (Groß 2003: 387).

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3.2. Beiträge der europäischen Ordensgemeinschaften

3.2.1. Einsatz spezifischer Charismen für die Migrantenpastoral

„Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib das Geld den

Armen; so wirst du einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir

nach“ (Mt 19,21). In dieser biblischen Antwort Jesu einem jungen Mann gegenüber wurden

die konstitutiven bzw. charakteristischen Lebensformen eines Jüngers bestimmt. Nachfolge

Jesu bedeutet offensichtlich eine größere Freiheit gegenüber den materiellen Bedürfnissen

und dem Streben nach Selbstbestimmung, aber was oft übersehen wird, seine Nachfolge

bedeutet auch sein physisches ´Folgen` überall dahin, wohin er selber geht bzw. sendet. Es ist

wichtig in der Tradition des Ordenslebens, im Unterschied zum Mönchtum, eine genauso alte

Dimension des aktiven apostolischen Lebens zu betonen. Die ersten sog. ´Wanderasketen`,

deren bewegliche Lebensform die frühchristlichen Schriften nachweisen (siehe: Sudbrack

1994: 16), finden im hl. Paulus das berühmteste Beispiel. Ja, die ganze Apostelgeschichte

beweist399, dass effektive Verbreitung des Glaubens nur durch die eifrige und anstrengende

(oft zum Martyrium führende) Verkündigung möglich war. „Geht zu allen Völkern“ (Mt,

28,19) bedeutet eindeutig eine Sendung hin ins Fremde. Dabei genügt die nur auf den

göttlichen Sender gerichtete Liebe nicht, sie erfordert auch Liebe für die, zu denen man

gesandt ist. „Die Liebe zu den Fremden, eine – wie die hl. Schrift (vgl. Mt 25, 35; 1 Tim 3,2;

5, 10) und die Kirchenväter lehren – wichtige christliche Tugend, die in der frühen Kirche

einzeln geübt wird, kann im 4. Jahrhundert, nach der Anerkennung des Christentums durch

den Kaiser, in neuen, gemeinschaftlichen Formen gelebt werden“ (Holkenbrink 1995: 82).

Damals kam es also zu den ersten organisierten Einrichtungen der Migrantenseelsorge. In der

historischen Entstehung der sog. Xendochien, bzw. der im Westen bekannten Hospizen (vgl.

ebd. 83-86) gab es Grundlagen für professionellen Umgang mit den Menschen unterwegs.

399 Der historischen Gerechtigkeit wegen gibt man zu: „Von dorther lässt sich allerdings keine historisch eindeu-tige Linie, keine kontinuierliche Weiterentwicklung zeigen, die hinführt zu den Lebensformen, die nun nach dem geschichtlichen Zeugnis das christliche Ordensleben in die Wege leiten. Auch von den Qumran-Texten und anderen Funden her gibt es keine geschichtlich aufweisbare Entwicklung zum Ordensleben hin“ (Sudbrack 1994: 17). Das Studium der alttestamentlichen Formen des Gemeinschaftslebens erlaubt auch den lateinamerikani-schen Autoren festzustellen: „Es wäre falsch und anachronistisch, in diesen biblischen Formen echte Vorläufer unseres Ordenslebens sehen zu wollen. Doch lassen sie, auf persönlicher wie auf kommunitärer Ebene, bereits Kraftlinien erkennen, die das Evangelium vertiefen wird: Weihe an Gott, Dienst am Volk, Wertschätzung der Gemeinschaft, eschatologische Spannung und Vorrang des Wortes Gottes vor irdischen Gütern wie vor der leiblichen Familie“ (Codina / Zevallos 1991: 18).

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Der aufnehmende ´Xendochus` wurde gewöhnlich vom Kreis der Mönche gewählt, die sich

oft als ´heimatlose Asketen` im Dienst an den Heimatlosen gesehen hatten400. Von ihrer

spezifischen Spiritualität und dem Wunsch eines konkret gezielten Apostolats401 her wurde

ihnen die Seelsorge der Fremden unter den Bedingungen einer engen Mitarbeit mit dem

Lokalklerus anvertraut. So gründeten sie die missionarischen Gemeinschaften, Klöster,

Schulen, Krankenhäuser etc., und damit lagen die Fundamente für die moderne

Migrantenpastoral fest.

Ohne sich zu tief in die Geschichte und Natur des Ordenslebens402 einzulassen, fragt

man sich doch: Was haben heute all diese Institute, Gesellschaften bzw. Kongregationen

Spezifisches für die Migrantenseelsorge anzubieten? Schon die unmittelbaren Darlegungen

dieser Arbeit zeigen klar genug, dass das anfängliche Engagement der Ordensleute für die

Migrantenseelsorge ohne Unterstützung des Heiligen Stuhls unmöglich wäre. Doch gerade

durch die Unterschiede in der Struktur403 bzw. im kirchenrechtlichen Status sind die

Ortskirchen (Bistümer, Pfarreien) und Ordensgemeinschaften zwar anders entstanden aber

immer komplementär. Manchmal aber haben die Ortskirchen eine „Versuchung, im

monastischen Leben eher ein nützliches Instrument für ihre apostolischen Vorhaben auf

Diözesanebene zu sehen als ein prophetisches Charisma, das zur Vertiefung des christlichen

Lebens einlädt. Nicht in jedem Fall lässt sich die Spannung vermeiden, aber auch nicht in

jedem Fall ist der Konflikt negativ. Möglicherweise ist er ein Zeichen für die Lebendigkeit

der Kirche“ (Codina / Zevallos 1991: 38). Solche Interpretierung der Lebendigkeit von ganzer

Kirche kommt leicht zum Ausdruck, besonders wenn die sog. weltlichen Angelegenheiten

400 „Schon Nilus von Ankyra (gest. um 430; früher fälschlich N. Sinaita genannt) spricht in seinen asketischen Schriften X. (Xeniteia D.C.) von asketischer Heimatlosigkeit, d.h., der Asket gibt sich ganz in Gottes Hand, indem er in eine Gegend zieht, in der er vollkommen fremd ist. Die iro-schottischen Wandermönche griffen diese Form der Askese erneut auf, die für das Festland von großer Bedeutung wurde (Columbanus u.a.)“ (Lanczkowski 1993: 258). 401 Die Kirche war in ihren ersten drei Jahrhunderten in Gefahr, sich nur in den christlichen oft unreifen Gemeinschaften bequem zu etablieren. Das Mönchtum und die apostolischen Bewegungen waren also Teil einer Reaktion darauf und zugleich eine äußerst radikale Erfüllung des Missionsmandates. Die spätere geschichtliche Entwicklung des monastischen bzw. apostolischen Lebens hat das Kloster zum Modell der neuen mittelalteri-schen Gesellschaft gemacht. Klöster wurden meistens dort gestiftet, wo man die beste Auswirkung auf religiöser, sozialer und politischer Ebene erreichen konnte. 402 Empfehlenswerte und ausführliche Bearbeitungen der Geschichte bzw. Theologie des christlichen Ordens-lebens findet man u.a. bei den: (Holtz 1986; Herzig 1991; Schmiedl 1999). 403 „Im Gegensatz zu den Weltpriestern, die bei der Weihe einer Kirche oder – nach späterem Verständnis – einer Diözese adskribiert werden, werden die Ordensmitglieder bei Ablegung der endgültigen Gelübde ihrem Institut inkorporiert und bedürfen daher bei der Weihe keiner weiteren Adskription. Aufgrund der den Instituten eigenen Struktur können sie von einer Niederlassung ihres Institutes zu einer anderen geschickt werden, ohne dass sie ihre Adskription verlieren oder ohne dass diese geändert werden müsste“ (Holkenbrink 1995: 180).

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nicht mit den ekklesialen in Übereinstimmung stehen404. Die hierarchische Kirche fühlt sich

in Krisensituationen solidarisch unterstützt durch die Ordensleute und umgekehrt. In Bezug

auf die Migrantenseelsorge genießen die Letzteren eine klare Anerkennung des allgemeinen

Kirchenrechts, denn ihr religiöser Stand, „auch wenn er nicht zur hierarchischen Struktur der

Kirche gehört, ist dennoch für ihr Leben und ihre Heiligkeit bedeutsam“ (CIC 207 §2), ja, sie

sind ein Geschenk Gottes an die allgemeine Kirche (vgl. CIC 575). Auch die Erforschung der

kirchlichen Dokumente405, die das Ordensleben und die Migrationspastoral angehen, hinter-

lässt den unveränderten Eindruck, dass gerade die Ordensleute durch ihre außergewöhnliche

Spezialisierung im Sinne des Charismas, durch ihre Flexibilität im kirchenrechtlichen Sinne,

und durch die dreifache besondere Verbindung mit Christus durch die Gelübde im spirituellen

Sinne, für den Migrantendienst hervorragend geeignet sind. „Einschränkend muß hier

vermerkt werden, dass für die Migrantenseelsorge nicht alle Ordensgeistlichen in Frage

kommen. Voraussetzung für ihren Einsatz ist nämlich, dass er mit der spezifischen

Zielsetzung des Ordens vereinbar ist“ (Holkenbrink 1995: 181). Diese Einschränkung ist

selbstverständlich, denn die Mission unter den Immigranten kann entweder vom ganzen

Institut oder von einem einzelnen Seelsorger getragen werden, wobei die Treue zu

grundlegenden Ordensnormen immer beachtet werden muss (vgl. Paolis 1981: 112-122). Sind

die Normen, allen Schwierigkeiten zum Trotz, erfüllt, kann man mit Sicherheit feststellen,

dass ein gemeinsamer Weg der Kirche mit den Menschen immer möglich ist. Die immer

elastischeren Normen bringen die gemeinsame Orientierung der Ordens- und Diözesanpriester

in dieser Pastoral effektiv nach vorne. Ja, die möglichen Zweideutigkeiten werden immer

präziser durch die National- bzw. Diözesandelegaten nachgeprüft, und damit wird die

Migrantenpastoral immer weniger Sonderpastoral. Eine qualitative Antwort der

Ordensgemeinschaften auf die Herausforderungen der Migration (siehe: II.3.) erfordert aber

zuerst eine Überprüfung ihrer ursprünglichen Charismen. Werden in ihnen bestimmte

Voraussetzunge bestätigt, könnte man durch eine gezielte Bewusstseinsbildung ihrer

Mitglieder die Schritte einer Neuorientierung leicht einführen.

404 Solche Situationen waren teilweise providentiell für die Entstehung neuer Ordensgemeinschaften, die sich besonders der Migranten-, Jugend- oder Missionspastoral widmeten. Die Zeit des 19. und 20. Jahrhunderts, die von Kulturkampf, Nationalismen und Krisen gekennzeichnet waren, gaben der Kirche Europas die Mehrheit von heutigen Kongregationen, Gesellschaften und Instituten des geweihten Lebens (siehe: Holtz 1986: 268-275). 405 Verlässt man sich auf die Ergebnisse eines der größten Forscher in diesem Bereich, Prof. Velasio de Paolis CS, könnte man auch gewisse Feststellungen und Postulate an die gegenwärtige Situation der Kirche bzw. Ordensgemeinschaften formulieren. 1) Juridische Entscheidungen des Kodex binden qualitativ bedeutend und unterstützen fest die pastoralen Strukturen. 2) Die Lokalkirche mit ihrem Bischof muss zuerst die am meisten bedürftigen Sozialgruppen schützen. 3) Der Priester, egal welcher Herkunft, spielt eine fundamentale Rolle in der Migrantenpastoral. 4) Gegenwärtig ist es höchste Zeit, die ganze Sozial- und Pastorallehre neu zu überdenken (vgl. Paolis 1987: 170f; vgl. Paolis 1981: 123-133).

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Die gerade erwähnte ´Neuorientierung`, die sowohl im Allgemeinen bei allen Ordens-

gemeinschaften als auch in der spezifischen Migrantenpastoral immer mehr gefragt wird,

fließt eigentlich aus einer ehrlichen Anerkennung eigener Schwäche, bzw. aus christlicher

Überzeugung für die mehr effektive Wirkung406. Es ist durchaus einzusehen, dass es

manchmal zu Extremen zwischen steifem Festhalten an ursprünglichen Charismen und einer

Neigung zum Laxismus der Apostolatsformen kommt. Anerkennt man die Ordensleute als

geeignet zur Migrantenpastoral, muss man sie zu einer ausgewogenen Erneuerung des

Ordenslebens407 und einer permanenten Formation (siehe: III.3.2.2.e) aufrufen. In diesem

Kontext ist es also notwendig, dass sowohl die Migrantenseelsorger als auch „die pastoralen

Mitarbeiter in ihrer Ausbildung die Gegebenheiten der Mobilität oder der Migration kennen

lernen“ (Vöcking 2003: 189). Dass die Erfüllung eines solchen Postulats nicht leicht ist,

wusste schon Kard. William Baum, dem die professionelle Pastoral für die Menschen

unterwegs sehr am Herzen lag408. Er weist darauf hin, dass diese Pastoral kein unsicheres

´Minenfeld` für die Kirche sein darf (vgl. Scheuermann 1989: 15). Sie soll auf zahlreichen

Normen für die Erziehung und Ausbildung basieren, um möglichst viele auf diese, herausfor-

dernde Pastoral gut vorzubereiten. Das bestätigt auch eine wissenschaftliche Autorität für

dieses Thema, Prof. Paolis, wenn er feststellt: „The secret of authentic and specific pastoral

care for migrants perhaps lies in the formation and preparation of the priests, and in their

keeping themselves abreast of the current developments“ (Paolis 1985: 148).

406 Es war immer so, wenn, die Orden in einer Autokritik die Reformen suchten aber die gemütliche Anpassung an die Welt ihrer Zeit die Taten bremste. Die postkonziliaren Schwächen des europäischen Ordenslebens sind auch bekannt. „Die Säkularisierung des Ordenslebens habe deutlich zugenommen. Dazu trügen die größeren Kontakte mit der Außenwelt (bei), (…) Die Verfügbarkeit der einzelnen Ordensmitglieder sei eingeschränkt; (…) Verweltlichung zeige sich auch im Lebensstil. (…) Die größten Gefahren lägen nach Meinung der Kommission in den Massenmedien, in modernen theologischen Richtungen und in der Angleichung an die gleichartigen weltlichen Berufe“ (Schmiedl 1999: 537). 407 Im Bewusstsein, dass die Erneuerung der gesamten Kirche, der Ordensgemeinschaften und der Gläubigen zum großen Teil von priesterlicher Erneuerung abhängt, hat das II.V.K. ein Dekret über die Ausbildung der Priester ´Optatam totius` und ein Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens ´Perfectae caritatis` erlassen (siehe: Rahner / Vorgrimler 1998: 287-330). Glücklicherweise bestehen seitdem gute Hinweise für eine solche Erneuerung. Sie gleichen oft den allgemeinen Aufgaben der Kirchen im gegenwärtigen Europa (siehe: IV.3.1.). Beispielweise sieht Grabner-Haider (1975: 142-166) diesen Prozess als dreistufiges Ziel der Ordensleute: 1) Rückkehr zu den Quellen des Glaubens (vgl. IV.3.1.1.); 2) Kennen lernen und Mitgestalten der Lebenswelt (vgl. IV.3.1.2.); 3) Erneuerung des Gemeinschaftslebens, aber auch des Apostolats (vgl. IV.3.1.3.). 408 Der damalige Präfekt der Kongregation für das katholische Bildungswesen, Kard. Baum schrieb besorgt um die Mitte der 80er Jahre über die Migrationsherausforderungen für die Katholische Kirche: „Die pastorale Bedeutung so vieler Menschen unterwegs ist derart groß, dass sie bei der Ausbildung der künftigen Priester nicht unberücksichtig bleiben darf. Es muß alles, was möglich ist, geschehen, damit die Weisungen der Päpste und des Heiligen Stuhles möglichst bald getreu für jede Kirche oder kirchliche Gemeinschaft angewendet werden, auch für alle Riten und Religionen. (…) Eine besondere akademische Ausbildung wird vor allem für jene Priester notwendig sein, die die Pastoral am Menschen unterwegs auf nationaler oder regionaler Ebene koordinieren sollen“ (Baum 1987: 5f, 7).

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275

3.2.2. Bedeutung spezifischer Charismen für die Neuevangelisierung

Am Anfang dieses Abschnittes ist anzumerken, dass die verschiedenen Dimensionen

der Neuevangelisierung schon ausgedehnt dargestellt wurden (siehe: III.). Unter anderem

wurde die Rolle der Ordensleute teilweise hervorgehoben, als es um ihre Charismen und sie

selbst als Hauptsubjekte der Neuevangelisierung (siehe: III.3.3.1.a) ging. Jetzt wird aber die

umgekehrte Richtung dieser Prozesse gezeigt und die Antwort auf die Frage gesucht: Was

können die gottgeweihten Menschen zur Neuevangelisierung beitragen? Unter diesem

Blickwinkel erscheint die aktive Teilnahme der Ordensleute an der gesamten Neuevangelisie-

rungsidee der Kirche als fundamental. Dabei wäre es höchst unverantwortlich, wenn nicht

destruktiv, sich wegen eigener partikulärer Ordensziele vor dieser Idee zu verschanzen.

Gerade jetzt tragen die gottgeweihten Personen in der Begleitung der jungen Menschen, die

zu den wichtigsten Fortführern bzw. ´Subjekten` der Neuevangelisierung werden, eine klare

moralische Verantwortung für die Erneuerung des alten Kontinents. Ja, die Kirche rechnet vor

allem mit diesen Ordensgemeinschaften, denen Ursprung, Theorie und heutige Hintergründe

(siehe: III.1.) dieser Neuevangelisierungsidee bekannt sind. Es wird gehofft, dass „die

Institute des gottgeweihten Lebens und die Gemeinschaften des apostolischen Lebens immer

mehr werden, was sie sind: Werkzeuge im Dienst der Neuevangelisierung Europas“ (J.P.II.

2001.11.17: 8). Man rechnet einfach mit ihnen als mit den effizienteren Interpretatoren lokaler

Angelegenheiten als ´Gotteszeichen`. Ihre Traditionen, Charismen und Aktivitäten sollen zu

einer ´Relecture` der Realität409 beitragen und die Kraft ihres gottgeweihten Standes soll zu

einer praktischen Antwort darauf führen. Natürlich müssen sie selbst ihren Stand bzw. ihre

Berufung ständig prüfen und sich selbst in aller Demut als Objekte der Neuevangelisierung

(siehe: III.3.3.2.d) ansehen. Nur so können sie zweifelsohne, trotz ihrer personalen und

kommunalen Identitätsschwierigkeiten410, ein Gottesgeschenk für die heutigen Menschen

unterwegs und für die Neuevangelisierung sein (vgl. RM 72).

409 Als Ordensleute sollen sie besonders fähig werden die Offenbarung Gottes unter den Menschen, in der Geschichte und in den sozialen Ereignissen theologisch interpretieren zu können (vgl. DV 2; vgl. GS 4). In diesem Geist und Engagement für Neuevangelisierung sollen sie als die wichtigsten Subjekte auf keinen Fall die wichtigsten Objekte der Neuevangelisierung aus dem Auge verlieren. Ja, die Europäer als Personen und Europa als die menschliche Gesellschaft sollen zu ihrem Gemeinwohl immer zusammen halten (vgl. GS 25, 26). 410 „Wir können sogar sagen, dass die Berufung das eigentliche Herz der neuen Evangelisierung an der Schwelle zum dritten Jahrtausend darstellt, dass sie der Aufruf Gottes an den Menschen ist zu einer neuen Ära der Wahr-heit und Freiheit, und zu einer ethischen Neubegründung der europäischen Kultur und Gesellschaft“ (Laghi / Martins 1997: 20).

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a) Das evangelische Zeugnis des geweihten Lebens

Will man die Aufgaben der Ordensleute für die Neuevangelisierung der Welt is Licht

setzen, muss man auf den konziliaren Aufruf zur Erneuerung des geweihten Lebens

zurückgehen. Die allgemeinen Hinweise411 wurden durch Papst Paul VI. im apostolischen

Schreiben über die Evangelisierung in der Welt von heute konkretisiert, wobei er die

Ordensleute als ´privilegiertes Mittel` für erfolgreiche Evangelisierung gesehen hatte (vgl. EN

69). Nimmt man die Ziele der heutigen Neuevangelisierung ernst (siehe: III.3.2.1.), die auf

innerer Begegnung mit Gott und dem äußeren Glaubenszeugnis basieren, muss man zuerst im

gesellschafts-kirchlichen Kontext Europas (siehe: III.1.3.), und zwar für alle Typen des

Ordenslebens, auf das Lebenszeugnis hinweisen (vgl. RM 42). „Der erste Auftrag ist nicht das

apostolische Wirken, sondern das Lebenszeugnis, …“ (Ballesteros 1992: 60). Dieses Zeugnis,

dass Jesus für andere lebt, weswegen die Menschen auch für andere Menschen leben sollten,

ist der fundamentale Sinn der Ordensgelübde (vgl. PC 12-14). Die Form des gesamten Lebens

ist eine effiziente, oft wortlose Verkündigung des Gottesreiches. Am Zeugnis für Gott hängt

heute die moderne Neuevangelisierung, was kürzlich in Bezug auf Europa besonders treffend

von J.P.II. betont worden ist. „Von besonderer Aussagekraft ist das Zeugnis der Personen

gottgeweihten Lebens. In diesem Zusammenhang muß vor allem die fundamentale Rolle

anerkannt werden, die das Mönchtum und das gottgeweihte Leben bei der Evangelisierung

Europas und beim Aufbau seiner christlichen Identität gespielt hat. Diese Rolle darf heute

nicht vernachlässigt werden, in einer Zeit, in der eine ´Neuevangelisierung` des Kontinents

dringend notwendig ist und der Aufbau komplexerer Strukturen und Bindungen einen heiklen

Wendepunkt erreicht hat. Europa braucht immer die Heiligkeit, die Prophetie, die Evangeli-

sierungstätigkeit und den Dienst der Ordensleute. Hervorgehoben werden muß auch der

spezifische Beitrag, den die Säkularinstitute und die Gesellschaften apostolischen Lebens

anbieten durch ihr Bestreben, die Welt durch die Kraft der Seligpreisungen von innen heraus

umzugestalten“ (EE 37). Es zeigt sich, dass das Zeugnis der Ordensleute lebensnotwendig für

den Geist der gesamten Kirche ist. Ein lebendiges Zeichen solches Geistes wird künftig

bestimmt mehr gesucht als unendliche Worte, Predigten, oder lehramtlichen Erklärungen.

Genauso wie in der Frage der Neuevangelisierung erfordert jetzt das ganze Gottesvolk „einen

neuen glühenden Eifer, neue Methoden und eine neue Ausdruckweise für die Verkündigung

und das Zeugnis des Evangeliums“ (Hoyos 2000: 1).

411 Das Dekret ´Perfectae caritatis` spricht über eine zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens als permanente Verpflichtung der Ordensleute (vgl. PC 1). Schon im nächsten Punkt weist das Dokument auf die Notwendigkeit einer Rückkehr zu den christlichen Quellen des Glaubens (vgl. III.3.1.) hin, zum Charisma des jeweiligen Gründers und zur Anpassung an die gegenwärtigen Angelegenheiten der Welt (vgl. PC 2).

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277

b) Die vordringliche Option für die Benachteiligten

In der langen Kirchengeschichte gab es immer Orden, Lokalkirchen oder Einzelne, die

in einer radikalen Form für Armut optierten. Eine von den lebendigeren Inspirationen für das

arme Leben als Zeugnis einer solidarischen Evangelisierung und zugleich eines sozialen

Widerspruchs wird in Lateinamerika theologisch stark begründet und praktisch radikal gelebt.

„Seit Medellín, aber insbesondere in Puebla wurde die vorrangige Option für die Armen als

´die bedeutendste Tendenz des lateinamerikanischen Ordenslebens` verankert“ (Ballesteros

1992: 62). Die auf dieser Basis entwickelte Neuevangelisierungsidee (siehe: III.1.2.) bestärkt

kleinere und größere Ordensgemeinschaften und lässt sie zweifelsohne erfolgreich wirken.

Man kann recht einig sein, wenn man sagt: „Solche Gemeinschaften bleiben auch weiter

Hoffnungsträger, lebendige Antworten des Evangeliums auf die Nacht der Welt. Aber sie

reichen nicht aus, wenn an die Neuevangelisierung Europas gedacht werden soll,…“

(Spaemann 1993: 285). Ja, sie können zu ineffizienten Subjekten werden; und bleiben sie

verschlossen z.B. gegenüber den sozialen Herausforderungen, dann haben sie keine

Bedeutung für die Lebendigkeit der Kirchen Europas. Zurzeit scheinen die Benachteiligten

immer mehr, „trotz der Betonung der Option für die Armen in amtskirchlichen Dokumenten

und in der pastoraltheologischen Reflexion, weithin zu einer ´optionslosen Pastoral` bestimmt

(zu sein). In den christlichen Gemeinden scheint es oft an der Bereitschaft zu fehlen, wirklich

Position auf der Seite der Armen und Rechtlosen zu beziehen und dafür auch gesellschaftliche

Nachteile in kauf zu nehmen“ (Weber 1996: 367). Nimmt man die Bekämpfung des

´Neuheidentums` mit dem Werkzeug der Soziallehre (siehe: III.3.2.2.) als Herausforderung

einer spirituellen Armutsbekämpfung ernst, kann man sich sofort an die längst herausgearbei-

teten Aufgaben für die Ordensleute anschließen412. Die Armutsbekämpfung bedeutet, „etwas

beizutragen für andere Erfordernisse der Kirche und für den Unterhalt der Armen, die alle

Ordensleute im Herzen Christi lieben sollen“ (PC 13). Es ist also dringend erforderlich, dass

die, die sich auf dem radikalen Weg der evangelischen Räte befinden, auch radikal auf der

Seite aller Benachteiligten, Marginalisierten, Ausgestoßenen und Armen in Europa stehen.

412 In Lateinamerika wurden solche Aufgaben (meistens durch Ordensleute) für Ordensleute systematisiert. Nach E.S. Ballesteros könnte man die wichtigsten wiederholen: „– Theologische und spirituelle Beweggründe werden nachdrücklich als Hauptantrieb der Option für die Armen dargestellt. (…). - Die Option für die Armen vereinigt und verbindet andere Tendenzen des Ordenslebens, wie z.B. eine neue Spiritualität, die Umformulierung des Charismas, den Auftrag innerhalb der Kirche und die Forderung nach einer neuen Bildung. – Die Eingliederung und Verwurzelung in das Leben der Armen als eine privilegierte Form der Option für die Armen hat eine integrale Entwicklung durchlaufen: (…). – Die Option für die Armen, insbesondere über die Eingliederung und Verwurzelung in das Leben der Armen, hinterfragt weiterhin alle Formen des Ordenslebens, …“ (Ballesteros 1992: 63).

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c) Die Ordensvielfalt zur Bereicherung eines vielfältigen Europas

Das Ordensleben macht die mystische Verbundenheit (vgl. LG 44) mit der ganzen

Kirche zum Auftrag für all seine Glieder. Trotz der Vielfalt von den streng kontemplativen bis

hin zu apostolischen Gemeinschaften, spielen deren Partikularitäten für die Neuevangelisie-

rungsidee alles in allem eine sehr große Rolle. Vom Ursprung her sind die hiesigen

Ordensleute fast alle europäischer Herkunft und fast alle vertreten sie die Interessen

europäischer Kirchen. In ihnen „offenbart sich ferner die Vielfalt der Charismen des Geistes

im Leben der Kirche, die für die Aufgaben der Neuevangelisierung einen großen Reichtum

darstellen“ (J.P.II. 1992.10.10: 461). Ihre kollektive, wertvolle Teilnahme an den Aufgaben

der Kirchen Europas (siehe: IV.3.1.) bleibt außer Diskussion. So tragen sie alle zur

Neuevangelisierung bei und tauschen ihre Charismen, Erfahrungen, spirituellen Güter

untereinander aus. Ja, die neuen Situationen Europas suchen unerwartet meist alte413, aber

vergessene Erfahrungen einiger Orden zu nutzen. Die Vielfältigkeit der Ordensgemein-

schaften zeigt sich hier als sehr erwünscht. Das nächste Postulat an alle Ordensleute, wäre so

ihre Lebens- und Dienstwirklichkeit zu modifizieren, dass sie jederzeit aus ihrem Schatz dem

plurikulturellen europäischen Menschen etwas geben können. „Die Aufgabe der

Neuevangelisierung, die dazu verpflichtet, das ewige Heilswort in die Ausdrucksweise und

die Erfahrung der heutigen Menschen zu übertragen, darf nie die Tatsache in den Schatten

stellen, daß die Heiligkeit die allen Glaubenden gemeinsame Berufung ist“ (J.P.II.

1993.09.25: 669). In diesem Kontext zeigen die Prognosen der menschlichen Mobilität (siehe:

II.2.) sowie die Osterweiterung (siehe: I.1.4.) eine Dissonanz zwischen der wachsenden Zahl

und Vielfalt der Europäer und der raschen Verringerung der Zahl der Ordensleute auf dem

alten Kontinent. Deswegen sucht der Initiator der Neuevangelisierungsidee Papst J.P.II. am

Anfang dieses Jahrhunderts vor allem unter den Ordensleuten, Jugendlichen und Gläubigen

(siehe: III.3.3.1.) begabte Mitarbeiter414. Er glaubt tief, dass die wesenhafte Einheit der Kirche

(vgl. RM 116) in der Vielfalt ihrer Glieder durch eine einheitliche Neuevangelisierung zu

einer spirituellen Verbundenheit Europas effizient beitragen kann. Ob ein solches Europa

christlich und reich an Ordensleuten bleibt, scheint für ihn eine sekundäre Rolle zu spielen.

413 Der Missiologe Juan Esquerda-Bifet weist auf die dringende Not hin, mit welcher der heutige Mensch eine spirituelle, ja kontemplative Erfahrung sucht. Deswegen verlangt er vor allem von den gegenwärtigen Aposteln (Missionaren) nicht nur irgendwelche oberflächliche kontemplative Erfahrung, sondern, dass sie selbst kontemplative Menschen sind (siehe: Esquerda-Bifet 1999: 185-190; vgl. RM 91).

414 „Dieses geduldige und unersetzliche Werk der Neuevangelisierung braucht Menschen, die durch ihre Seins- und Handlungsweise die absolute Neuheit Christi sichtbar zu machen wissen“ (J.P.II. 1992.05.01a: 330). „Die Kirche blickt auf euch mit besonders gespannter Erwartung, da wir die Neuevangelisierung unternehmen, zu der der Heilige Geist uns im Morgengrauen des neuen Jahrtausends auffordert“ (J.P.II. 1998.09.11: 656).

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3.3. Arbeitsanteil der Steyler Missionare in Europa

Bei Überlegungen über die kirchlichen Aufgaben im Dienst an der Neuevangelisie-

rung unter Migranten kann die Gesellschaft des Göttlichen Wortes (SVD) als ein konkretes

Beispiel dargestellt werden. Ihre Mitglieder, bekannt im deutschsprachigen Raum als Steyler

Missionare, bemühen sich prinzipiell seit über 125 Jahren, ihre Mission im Sinne von ´Ad

gentes` auf allen Kontinenten der Welt durchzuführen. Doch neben der Erstevangelisierung,

welche die eigentliche Berufung und Identität dieser Gesellschaft ist (siehe: Ko. 102; vgl. EN

14), pflegt sie auch andere Aktivitäten, die Abbilder der Lokalsituation bzw. Herausforde-

rungen der Zeit sind. Die genaue Bestimmung ihres Engagements und ihrer Charismen in

Europa heute bildet das Objekt weiterer Untersuchung im Laufe dieser Arbeit. Sie soll

nachprüfen, in welchem Maße die charakteristischen Unternehmungen dieser Gesellschaft

transformiert werden müssen, um den Herausforderungen der Neuevangelisierung unter

Migranten in Europa eine adäquate Antwort zu geben. Besonders wichtig wird dabei die

Untersuchung der Tendenzen und Orientierungen der letzten Generalkapitel (GK) dieser

Gesellschaft, die zwischen der Treue zu den Aufgaben der Vergangenheit und den neuen

dringlichen Anforderungen der heutigen Zeit schweben. Die wertvollen Hinweise für Europa,

sowie die Entstehung der sog. SVD-Zone Europa, aber auch zahlreiche Unternehmungen der

einzelnen Provinzen und Regionen in den Strukturen der Steyler Missionare auf dem alten

Kontinent sollen die Reichhaltigkeit ihrer modernen Leistungen zeigen. Das bisherige

Studium über Migranten und Neuevangelisierung in Europa (siehe: I; II; III.) darf als

wichtiger Referenzpunkt für unsere partikulare Untersuchung gelten, wobei die Gesellschaft

des Göttlichen Wortes nicht als eine ganz besondere dargestellt wird, sondern als eine von

vielen ursprünglich europäischen Gesellschaften, die heute einen Prozess der Transformation

durchlaufen, betrachtet wird. In diesem Sinne kann sie einigermaßen repräsentativ für all die

Ordensgemeinschaften werden, die heute noch immer auf dem europäischen Boden wirken.

Die kirchlichen Anstrengungen verschiedener Subjekte sollen beweisen, in welche Richtung

die modernen evangelisatorischen Unternehmungen gehen und welche Aufgaben für sie die

wichtigsten sind.

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3.3.1. Herausforderung SVD-Prioritäten zur Neuevangelisierung

Nach dem Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils stellte sich gemeinsam mit der

ganzen Kirche auch die Gesellschaft des Göttlichen Wortes die Frage nach interner und

externer Erneuerung. Der unerwartete Umbruch der Kirche stellte die relativ junge

Ordensgesellschaft vor die Fragen ihrer Ordens- und Missionsidentität. Ihre institutionelle

Struktur und ihr evangelisatorisches Engagement bedurften einer neuen, stabilen Fassung in

Form neuer Konstitutionen und einer Programmierung der zukünftigen Aufgaben. Die interne

Berufungskrise und zahlreiche Personalverluste, schwache Zusammenarbeit unter den

einzelnen Provinzen, die Interpretationsspannungen bei Fragen zur Identität des Ordenslebens

und Mangel an klarer Bestimmung der regionalen Aufgaben der SVD waren nur einige von

den Herausforderungen der damaligen Zeit. Zu den praktischen Folgerungen in den ersten 20

Jahren nach dem Konzil hat die starke Konzentration der SVD auf ihre internen Probleme als

Ordensgesellschaft gehört. Geht man den Entscheidungen der ersten vier nachkonziliaren

Generalkapitel nach, findet man überwiegend die Fragen nach struktureller Reorganisation

der SVD, juridischer Anordnung des Ordenslebens der Mitbrüder, Klärung ihrer Spiritualität

und nur wenige Hinweise auf ihre rein missionarischen Prioritäten. Die Zusammenstellung

der beim X., XI., und XII. Generalkapitel bearbeiteten Themen beweist diese Tendenzen:

X. Generalkapitel (1972)

(siehe: Spreti 1973: 1)

XI. Generalkapitel (1977)

(siehe: ND 8/1977: 1)

XII. Generalkapitel (1982)

(siehe: NvK 1/1982: 3)

1. Unsere Missionsaufgabe heute

2. Missions- und Ordensberufung

3. Unser Gebetsleben

4. Armut und Gehorsam

5. Integration der Mitbrüder

6. Konstitutionen

7. Ausbildung der Kandidaten

8. Weiterbildung der Mitbrüder

9. Planung, Finanzen, Altersvorsorge

1. Erneuerung der Gemeinschaften

2. Missionarische Charismen

3. Kommunikationsmittel

4. Gerechtigkeit und Frieden

5. Berufungspastoral

6. Bruderberufung

1. Gerechtigkeit und Frieden

2. Armut als Lebensstil

3. Brüder und ihr Status

4. Berufe und Jugend

5. Neue Dienste

6. Visitationen

7. Wahlmethoden

8. Finanzen

9. Kommunikation

Die oben aufgezählten Themenkreise werden nicht nach Wichtigkeits- oder Bearbeitungs-

ordnung vorgestellt. Doch ist nicht zu übersehen, dass in der SVD neben den der internen

Fragen auch über neue Einsatzmöglichkeiten besonders im Bereich von Gerechtigkeit und

Frieden nachgedacht wurde.

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Anfang der 80er Jahre wurde in Europa sowohl durch neue Migrationsbewegungen

(siehe: I.1.4.2.) als auch durch andere soziokulturelle Ereignisse (siehe: III.1.3.) eine starke

Basis für die Neuevangelisierung geschaffen. Die Kirche Europas findet sich einerseits mit

langsam sich abgekühlten Nachwirkungen bzw. Folgen des II.V.K. konfrontiert und

anderseits mit neuen gesellschaftlichen Herausforderungen. In dieser Situation versuchte auch

die Gesellschaft des Göttlichen Wortes einen neuen Entwurf ihrer missionarischen Identität zu

erstellen und sich nach innen mehr kontinental (regional) auszurichten. Von fundamentaler

Bedeutung zeigten sich dafür die neugefassten am 5. November 1983 endgültig promulgierten

Konstitutionen SVD415. Für die kontinentale Angelegenheit bzw. einen europäischen Anfang

der Neuevangelisierungsidee in der SVD kann die erste Zonenversammlung der europäischen

Provinzen 1984 in PienięŜno (Polen) gelten. Obwohl dort vor allem die Interpretation der Ko.

102416 diskutiert worden ist, kam es auch zu einer gründlichen Analyse der damaligen

Situation der Gesellschaft in der veränderten Konstellation Europas. Die immer größere

politische und kulturelle Offenheit der westlichen und östlichen Länder und die neue Phase

der menschlichen Wanderungen (siehe: I.2.3.) haben auch die Gedanken der europäischen

Steyler Missionare offener werden lassen. Eine plastische Beschreibung der eigenen SVD-

Identität, die Suche nach ´neuen Wegen` in der Berufspastoral und nach Austausch- bzw.

Rotationsprogrammen für europäische Missionare öffnen ein neues Kapitel der

Evangelisierungsidee (siehe: DdW 9/1985: 24f). Seitdem ist die SVD in Europa viel selbst-

bewusster. „Wir verstehen uns als eine Gemeinschaft im Dienst der Weltkirche, die aus ihrer

Begegnung mit Christus ein Zeugnis christlicher Gemeinschaft zu geben versucht, die

Ortskirche für ihre missionarischen Aufgaben sensibilisieren will und versucht, die

missionarische Erfahrung der Kirchen der Dritten Welt exemplarisch in die Ortskirchen

Europas einzubringen“ (ebd.). Solch ein konkretes Verständnis der eigenen Aufgaben zeigt

deutlich, wie groß der damalige Wandel des gesellschaftlichen Paradigmas war. Die

europäische SVD, die sich über 100 Jahre über die ´Missionen ad extra` gekümmert hat,

optiert jetzt für eine eigene ´Mission ad intra` in Europa und ist bereit, die außereuropäischen

Werte bzw. Erfahrungen bei sich einzuführen. Ständig werden auch neue Aufträge,

415 Sie wurden offiziell mit dem Dekret des Hl. Stuhls vom 19. Oktober 1983 genehmigt und am 5. November 1983 vom damaligen neuen SVD-Generalsuperior Heinrich Heekeren promulgiert. Ursprünglich beinhalten sie 735 Hauptpunkte und gelten mit wenigen Änderungen vom Jahre 2000 den Steyler Missionaren bis heute als eine der besten Vorschriften für Ordensleute, der Logik und Theologie nach. 416 Der Anfang dieser SVD-Konstitution Nr. 102 lautet: „Als Mitglieder der Gesellschaft des Göttlichen Wortes sehen wir unsere Verpflichtung darin, das Wort Gottes allen Menschen zu verkünden, neue Gemeinschaften des Volkes Gottes zu wecken und ihr Wachstum wie auch ihre Gemeinschaft untereinander und mit der Gesamt-kirche zu fördern. Wir arbeiten zuerst und vor allem dort, wo das Evangelium nicht oder nur ungenügend verkündet ist, und wo die Ortskirche aus sich nicht lebensfähig ist. Andere Aufgaben müssen auf diese ersten Ziele ausgerichtet sein“ (Ko. 102). Für eine breitere Interpretation dieser Konstitution siehe die internen SVD-Ausgaben (siehe: DdW 8/1985: 16-29).

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Evangelisierungsobjekte, Ziele, Charismen gesucht und weiter entdeckt. Dabei wird vor allem

eine ´neue Mission` in Europa konkretisiert, was natürlich nicht ohne Widerstand in einigen

Kreisen der SVD angenommen worden ist. In offiziellen Gremien aber wurden die

´Neuheiten` mehr realistisch geduldet. Die Steyler Missionare meinten: das „´stets neu` will

nicht heißen, daß wir unsere Berufung in jeder Epoche derart neu entdecken müssten, als ob

sie keine eigene Geschichte hätte. Vielmehr will sie, die stets die gleiche bleibt, immer wieder

neu verstanden und formuliert werden, wie es den veränderten Bedingungen von Zeit und Ort

entspricht“ (DdW 8/1985: 63). Im Zuge dieser neuen Selbstbestimmung als SVD wurden die

detaillierten Vorbereitungen417 des nächsten Generalkapitels geführt, um zu bestimmen,

welche Themen bzw. Unternehmungen zu den wichtigsten für diese Gesellschaft im Jahr

1988 werden. Die Situation eines immer mehr säkularisierten Europas führte zum ersten Mal

dazu unter den wichtigsten Aufgaben der SVD eine „erneute Evangelisierung in Europa und

Mission in den entwickelten Ländern, um den Glauben dort neu zu entzünden“ (NvG 1/1988:

12; vgl. Bettscheider 1988: 390), zu betonen. Ja, die SVD-Mission fand in den Augen der

Kapitulare, mit den zwei ganz nahe liegenden Themen, nämlich Spiritualität und Ausbildung

in der SVD heute, die größte Anerkennung. Diese entwickelten sich zu den drei

Hauptdokumenten418 des XIII. Generalkapitels und wurden zugleich ein spannender Stoff zur

Weiterbearbeitung für viele Jahre. Dabei wurde die SVD-Mission heute in der Ortskirche und

in einer säkularisierten Welt klar situiert, die aber in der Evangelisierungsfrage „neue Wege

christlicher Präsenz und Verkündigung“ (WfW 1/1988: 30) suchen soll und von einer

modernen missionarischen Spiritualität, die im Paschageheimnis verankert ist, schöpfen soll.

Diese Einstellung lässt sich nicht nur theoretisch verstehen, sondern generiert unter den

Steyler Missionaren ganz konkrete Verhaltensmodelle und Arbeitsmethoden. Vor allem aber

417 Das Vorbereitungsteam für dieses XII. Generalkapitel hat an alle damals 47 SVD-Provinzen in der Welt einen Fragebogen gerichtet mit der Bitte um eine Bestimmung der für sie wichtigsten Themen. 41 Provinzen haben geantwortet und in einer Zusammenstellung hat sich eindeutig gezeigt, dass über 50% der Provinzen einig waren, die folgenden 5 Themen seien dringlich zu bearbeiten: Mission (36 Provinzen); Gemeinschaft (32 Provinzen); Ausbildung (26 Provinzen); Spiritualität (23 Provinzen); Option für die Armen (23 Provinzen). Detaillierte Unterthemen in diesen Gruppen (siehe: NvG 1/1988: 1-7; vgl. Bettscheider 1988: 387). 418 Der neu gewählte SVD-Generalsuperior Heinrich Barlage und die modernen Kommunikationsmedien erlaubten schon am 15. August 1988 ein Bulletin unter dem Titel ´Wir folgen dem Wort` Nr. 1. (siehe: WfW 1/1988) zu veröffentlichen. Es ist eine Zusammenfassung der drei Hauptanliegen dieses XIII. Generalkapitels. 1) SVD Mission heute: a) Die SVD in den Ortskirchen; b) Die SVD und der Dialog; c) Die SVD-Mission und Inkulturation; d) Die SVD in einer säkularisierten Welt; e) Die SVD und die Förderung von Gerechtigkeit und Frieden. 2) Die Spiritualität der SVD heute: a) im Paschageheimnis; b) in den Schlüsselelementen wie Trinität, Wort Gottes; Hl. Geist; c) in der Nachfolge Jesu; d) im Hinübergehen zu den anderen Kulturen; e) im Hinübergehen zu den Armen; f) im Dialog. 3) Missionarische Ausbildung in der SVD: a) Leitlinien; b) Besondere Themen wie z.B. Brüderausbildung; Praktisches Jahr in Übersee; Einführung von Neumissionaren; Ausbildung der Erzieher und Spezialisten; c) Durchführung.

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drängt alles zur vielfältigen Öffnung auf die äußere Welt419. Hiermit hat die Sendung der SVD

einen ganz konkreten Hinweis bekommen, an wen sie ihre neuevangelisatorischen Aktivitäten

richten soll. Es wurden dabei die Kulturen, die Armen und die Menschen, die zum Dialog

offen sind, erwähnt (siehe: WfW 1/1988: 51-57; WfW 2/1989: 36-112). Es ist nicht zu

übersehen, dass die Entwicklung der Neuevangelisierungsidee unter den Steyler Missionaren

mit den lehramtlichen Äußerungen zu diesem Thema übereinstimmt. Die SVD sucht

tatsächlich eine ´geistliche Antwort auf die soziokulturellen` Veränderungen (vgl. III.2.1.1.)

und versucht ihre Mission durch die aktualisierten pastoralen Aufgaben neu zu orientieren

(vgl. III.2.1.2.). Obwohl der Begriff ´Neuevangelisierung` bisher nur selten angewendet

worden ist, wurden seine Varianten im eigentlichen Sinn (siehe: III.1.1.4.) oft gemeint und

gebraucht. Nach einem historischen Treffen der SVD-Provinziale in Roscommon (Irland)

kam es 1990 zum bedeutenden bzw. offiziell bestätigten Wendepunkt. Seitdem sehen sich alle

europäischen SVD-Provinzen motiviert mit der ganzen Kirche das ´gemeinsame Haus

Europa` weiterzubauen und positiv solche Herausforderungen wie etwa ´Säkularisierung,

Neuevangelisierung und neue Beziehungen Kirche-Staat` ohne Komplexe im rein

missionarischen Geist anzugehen (vgl. Hollweck 1999: 149f). Es war auch die Zeit, da sich

die Steyler Missionare auf frühere Aufrufe des Papstes J.P.II. zur Neuevangelisierung und auf

die lateinamerikanischen (besonders biblischen) Erfahrungen mit dieser Idee gerne berufen

haben. Der damalige Generalmissionssekretär sagte: „Die Ziele ´Erneuerung` und ´missiona-

rische Unterscheidung` sind auch für uns Steyler von grundlegender Bedeutung. (…) Zur

Durchführung dieser ganzen, weitgesteckten Programme der Neuevangelisierung sind wir

Ordensleute die ersten, die eingeladen sind, großzügig Antwort zu geben“ (Pape 1992: 1).

Und solche Antwort kam sofort, d.h. schon im dritten SVD-Bulletin nach der XIII. GK, zum

Ausdruck, wo man ausdrücklich und breit über Neuevangelisierung als SVD-Aufgabe

spricht420. Sie wird im ursprünglichen Sinn dieser Idee (vgl. III.3.2) als eine Suche nach

neuem Eifer, Methoden und Ausdrucksformen der modernen Evangelisierung verstanden.

Dabei findet die SVD eine weitgehende Übereinstimmung zwischen den modernen Kontexten

419 Die Erneuerung der Spiritualität wurde auf dem XIII. Generalkapitel SVD und danach sehr ernst genommen. Mit dem berühmten Ausdruck ´Hinübergehen` (englisch: ´Passing Over`; spanisch ´Exodo`) möchte man die drei konkreten Objekte der Evangelisierung im Kontext einerseits moderner Welt und anderseits moderner Theologie (siehe: Pernia 1989: 367-384; vgl. Piskaty 1990: 381-384) erforschen. Dieses Generalkapitel stellte fest, dass die Steyler Missionare vom Paschamysterium des Herrn leben wollen. Die interessante biblisch-theologische Erklärung dieses ´Hinübergehens` verdient besondere Aufmerksamkeit (siehe: WfW 2/1989: 16-35). 420 Es ist besonders wichtig hier, den 3. Punkt dieses Teiles aufzugreifen (siehe: WfW 3/1991: 59-66). Dort wurden zuerst die wichtigen Quellen der kirchlichen Lehre zitiert, um dann bewusst zu betonen: „Der Ruf nach einer Neuen Evangelisierung ist die Antwort auf die tief greifenden Veränderungen, die in der Weltordnung erfolgt sind und die Menschheit insgesamt betroffen haben. (…) Heute stehen wir vor der Aufgabe, die Neuheit der Frohen Botschaft für die Menschen unserer Zeit zu entdecken. (…) Das Bibelapostolat nimmt in der Neuen Evangelisierung eine zentrale Rolle ein…“ (ebd. 60).

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der Welt und den eigenen Veränderungen als Missionsgesellschaft, die zur aktiven

Neuevangelisierung unausweichlich herausfordern. Diese damaligen Charakteristiken der

Welt, die sich in der SVD teilweise spiegelten waren (vgl. WfW 3/1991: 62-66):

- Der kulturelle Pluralismus, der zur Inkulturation des Evangeliums führt (vgl. III.1.2.2.)

- Die ungerechten sozio-politischen und wirtschaftlichen Bedingungen (vgl. II.1.2.)

- Die ethnische, religiöse und geschlechtsbezogene Marginalisierung (vgl. IV.1.1.)

- Die Sorgen um die Umwelt, Ökologie und Bewahrung der Schöpfung (vgl. II.1.2.)

- Der religiöse Pluralismus und die Veränderungen der christlichen Gemeinden (vgl. IV.2.)

- Die immer größere Demokratisierung und die Freiheitsrechte der Länder (vgl. I.1.4; I.2.4.).

Mitte der 90er Jahre, nach bedeutsamen sozio-politischen (u.a. Wende), kirchlichen

(u.a. Enzyklika RM) und SVD-internen (u.a. XIII. GK) Wandlungen, sehen sich die Steyler

Missionare vor der Jahrtausendwende „an der Schwelle einer neuen Epoche“ (siehe: WfW

4/1992: 15-34). Die erfolgreiche Entwicklung der Zonalstrukturen im Rahmen der SVD, aber

auch bevorstehende Schwierigkeiten, erlauben dem europäischen Zonenkoordinator, sich so

zu äußern: „The difficulties and limitations mentioned above could be enough to make us lose

heart. The ´Roscommon Consensus`, however, calls attention to ´this world`. It encourages us

to head off in a new direction, trusting in the light and the power of the Holy Spirit“ (Raabe

1994: 113). Die neuen Wege für eine missionarische Sendung der SVD im Geist der

Neuevangelisierung werden also besonders auf Europa bezogen. Die immer stärkere Einheit

des alten Kontinents, aber auch das bevorstehende Millennium (vgl. III.2.1.3.), machen aus

den Mitgliedern der SVD eine engagierte Operationsgruppe für eine breit verstandene Einheit

der Menschen, aber auch für die interne Einheit der Kirche und der eigenen Gesellschaft. In

der Überzeugung, dass ´Communio und Mission` untrennbar sind, wurde unter diesem Motto

1994 das XIV. Generalkapitel SVD einberufen. Die starke Internationalität der über 6.000

SVD-Mitglieder wurde dabei zwar als ein klares Zeichen der eigenen Identität wieder

entdeckt (siehe: Pernia 1997: 45-61), aber auch geschätzt als ein sehr geeignetes Mittel einer

erneuten Evangelisierung421. Es hat sich also ein theologisches und praktisches ´Steyler

Stammdenken und –wirken` entwickelt, das deutlicher ein internationales Zeugnis der Einheit

im Glauben ablegen wollte. Dafür werden auch in den nächsten Jahren nichteuropäische

Mitbrüder absichtlich und bis heute immer häufiger bestimmt. Nach diesem Muster

421 Pater João Edênio Valle, der Koordinator der Panamerikanischen Zone, hat sich in einem Gespräch mit dem Generalsuperior der SVD und mehreren Zonenkoordinatoren geäußert: „Ich würde sagen, wir kommen zu dem Schluß, dass wir als Steyler Missionare einer getrennten (sic!) Welt ein Zeichen der Hoffnung sein sollten, ein Zeichen der Communio, in dem wir in internationalen und multikulturellen Gemeinschaften zusammenleben. Uns eint eine gemeinsame Spiritualität, eine gemeinsame Sache, vor allem aber dieselbe Liebe in unserem Leben für die Völker, unter denen wir unseren Dienst tun. In dem Maße, in dem wir in Communio leben, können wir auch Werkzeuge der Communio werden“ (WfW 6/1995: 36).

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internationalisiert sich die Gesellschaft des Göttlichen Wortes auf dem Alten Kontinent422

genauso wie die Zivilgesellschaft der Bürger Europas.

Den spirituellen Vorbereitungen zum Jubiläumsjahr 2000 und zugleich zum XV.

Generalkapitel der SVD wurde schon am 13. Juni 1999 durch die Seligsprechung von vier

polnischen Steyler Missionaren zuvorgekommen. Es waren Br. Grzegorz Frąckowiak, P.

Stanisław Kubista, P. Alojzy Liguda und P. Ludwig Mzyk (siehe: Śliwka 2000: 41-43).

Bei dieser Gelegenheit wurde mehrmals betont, dass jedes Martyrium eine gewisse

Bedeutung im Sinne der Neuevangelisierung für Gläubige und auch für die Steyler

Missionare selbst hat. „Wir leben in einer Zeit des Überganges, einer Zeit neuer

wirtschaftlicher und sozialer Systeme, einer Zeit neuer Ausdrucksformen für Religion und

Glauben“ (WfW 10/1999: 33), und deswegen wird das Zeugnis von den neuzeitlichen

Märtyrern ein hochgeschätztes Mittel moderner Evangelisierung (vgl. Siwek 2000: 177-202).

Die gemarterten Missionare dienen also der säkularen Welt als Vorbilder einer radikalen

Liebe, Treue zu den höchsten Werten und Solidarität mit allen Verfolgten. Solch eine

Evangelisierungsmotivation hat auch die zwei neuen Heiligen Steyler Missionare Arnold

Janssen und Josef Freinademetz charakterisiert (siehe: Nunnenmacher 2003: 261-277; vgl.

Poruthur 2003: 191-199). Obwohl sie keine Märtyrer waren, waren ihr Leben und ihr Werk

ein Zeichen der Gottesmission auf der Erde. Eine weitere ´Entzifferung der Zeichen der Zeit`

wurde am Ende des Jahrtausends den verschiedenen SVD-Provinzen empfohlen423. In ihren

Berichten an das XV. Generalkapitel hat die Hälfte von ihnen ein direktes Engagement für

Neuevangelisierung bestätigt424 und die vielfältigen Situationen beschrieben, die dafür in

422 Solch eine Praxis verursachte auch die ersten Schwierigkeiten für den (neu-) evangelisatorischen Einsatz in einem Europa, das sich nach Regionen pastoral sehr unterscheidet. Deswegen bat das XIV. Generalkapitel von 1994 „die Zone Europa – als Antwort auf ihren Hilferuf - ´klarzulegen, für welche Aufgabenbereiche Mitbrüder aus anderen Kontinenten erwünscht sind…`“ (WfW 8/1997: 33). Vielleicht deswegen kam 1995 der SVD-Generalsuperior auf die Idee, mehrere von den europäischen Missionaren aus Übersee wieder für Europa zu gewinnen. „Über 900 in Europa geborene Mitbrüder arbeiten derzeit außerhalb ihres heimatlichen Kontinents. P. General forderte sie nun in einem Rundbrief auf, sich über neue Wege missionarischer Arbeit in ihrer alten Heimat Gedanken zu machen. Ein Fragebogen soll ihnen dabei behilflich sein. Das Generalat erhofft sich damit neue Ideen, den sogenannten ´Roscommon-Beschluß`, wonach Europa Missionsland ist, auch praktisch zu verwirklichen“ (AN/Dez.1994 - Jan. 1995: 8). 423 In einem Arbeitspapier für das XV. Generalkapitel beruft sich der Generalsuperior auf die Ko. 105 und bittet: 1) Gottes Willen erkennen nach dem Beispiel des (damals noch) Seligen Arnold. 2) Gottes Willen erkennen in der SVD heute. 3) Gottes Willen erkennen zusammen mit Jesus (siehe: Barlage 2000: 8-17). 424 Meistens wurden ihre Aktivitäten in sinnverwandten Termini geäußert (vgl. III.1.1.), es geht jedoch eindeutig um die Neuevangelisierungsidee. So fordert z.B. die spanische SVD-Provinz einen starken Anstieg des Laientums für eine ´verantwortungsvolle Reevangelisierung`. Die norddeutsche SVD-Provinz versucht sich in der veränderten gesellschaftlichen Situation ´neu zu orientieren`. Es wurde auch dort gehofft, dass die Appelle des Papstes J.P.II. für Neuevangelisierung eine Inkulturation des Evangeliums erleichtern wird. Die Provinz Niederlande-Belgien sucht nach ´neuen Formen des Glaubens und des gesellschaftlichen Engagements`, wehrt sich jedoch jeder Form von Re-Evangelisierung gegenüber. Die polnische SVD-Provinz will vor allem eine offene missionarische Kirche bauen und sucht dafür nach ´neuen Methoden und neuen Formen` der Evangelisierung (siehe: Hollweck 1999: 151, 163, 166, 191, 204, 207).

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Frage kommen. Obwohl das XV. Generalkapitel in seinen Schlussdokumenten einen Appell

an die Steyler Missionare richtet, die „Missionsliebe zu erneuern, um auf die Herausforde-

rungen zu Beginn des neuen Millenniums zu antworten“ (DmW 1/2000: 7), ist es relativ

schwer, dort eine direkte Relevanz zur Neuevangelisierung zu bemerken. Viel besser wurden

in den Dokumenten dieses GK die Kontexte der gegenwärtigen Mission der Steyler

Missionare angedeutet425. Vielmals wird von all den negativen Hintergründen moderner

Evangelisierung (vgl. III.1.3.) gesprochen, die als neue ´missionarische Situationen`

verstanden werden. Sie haben das Verständnis von Mission bzw. Sendung der Steyler

Missionare soweit verändert, dass sich vier neue ´neuralgische Momente herauskristallisiert`

haben und jetzt auf eine klare Antwort warten. Das sind: „Erstverkündigung und Re-

Evangelisierung; Engagement für die Armen und Ausgegrenzten; interkulturelles Zeugnis und

interreligiöses Verständnis“ (DmW 1/2000: 31). Diese Aussage wurde praktisch zum Kern

dieses XV. Generalkapitels und seiner späteren Ausarbeitungen des sog. vierfachen Dialogs

und der vier charakteristischen Dimensionen SVD426. In den folgenden Jahren wurde die

Neuevangelisierungsidee, obwohl sie wörtlich als Begriff (vgl. III.1.1.) unter den Steyler

Missionare etwas weniger benutzt worden ist, zu einem konstitutiven Element von

missiologischen Gedanken und Projekten427. Ja, die erneuerte SVD verliert das alte Europa in

den neuen sozio-politischen und kulturell-religiösen Bedingungen bestimmt nicht aus den

Augen. Eine praktische und wissenschaftliche Anwendung dieser Idee auf die partikulare

Migrantenfrage verfolgt diese Gedanken weiter.

425 Das Hauptdokument des XV. SVD-Generalkapitels (siehe: DmW 1/2000) wurde sehr logisch aufgebaut. Im ersten Kapitel wird der Kontext der Mission heute dargestellt, d.h. unsere Welt, Kirche und SVD. Im zweiten Kapitel wird die Berufung der Steyler Missionare zur Mission angedeutet, d.h. eine Sendung die, von Gott, von der Kirche und von der SVD als Mandat her betrachtet wird. Dabei wurde die SVD aufgerufen: zum Zeugnis der Universalität; zum Engagement im Dialog; zur Erfüllung ihres eigenen charakteristischen Charismas. Im dritten Kapitel wird die SVD zur missionarischen Antwort aufgerufen. Antwort auf die dringlichsten Herausforde-rungen zu geben; Antwort auf die bisherigen Verpflichtungen; Antwort auf die zur Verfügung stehenden Mittel. 426 Als eine vorrangige missionarische Verpflichtung sehen sich die Steyler Missionare in den vierfachen Dialog einbezogen: 1) ´… mit den Menschen, die keiner Glaubensgemeinschaft angehören, und mit denen, die auf der Suche nach dem Glauben sind`. 2) ´… mit den Menschen, die arm und an den Rand gedrängt sind`. 3) ´… mit den Menschen verschiedener Kulturen`. 4) ´… mit den Menschen unterschiedlicher Glaubenstraditionen und säkularer Ideologien` (vgl. DmW 1/2000: 33f, 36f; vgl. DmW 2/2001). Zu den charakteristischen Dimensionen bzw. wesentlichen SVD-Prioritäten wurden vier Vorschläge formuliert, die schon längst in den Konstitutionen Platz gefunden haben. Durch die Ernennung eines Verantwortlichen für jeden Bereich werden sie konkret realisiert. „Es handelt sich um das Bibelapostolat (Ko. 106-108), um die missionarische Bewusstseinsbildung (Ko. 109.), um die Anliegen von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung (GFS; Ko. 112) und um die Kommunikation (Ko. 115)“ (DmW 1/2000: 39; vgl. DmW 3/2002). 427 Nach dem XV. SVD-Generalkapitel erschienen mehrere wertvolle missiologische Bearbeitungen des Themas ´SVD-Aufgaben in Europa heute` (siehe: Bettscheider 2000: 529-551; Üffing 2001: 429-455; Bettscheider 2002a: 206-231; Nunnenmacher 2002: 189-203; Pernia 2002: 143-159).

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3.3.2. Engagement der SVD für die Pastoral der Migranten

Der historischen Gerechtigkeit wegen ist es wichtig, kurz darauf hinzuweisen, dass das

erste Engagement der Steyler Missionare für eine direkte Pastoral der Migranten schon in der

Lebenszeit ihres Stifters stattgefunden hatte. Der hl. Arnold Janssen war nämlich gegenüber

dem Los der europäischen Auswanderer im 19. ´Jahrhundert der Massenwanderungen` (vgl.

I.2.1.1.) nicht gleichgültig. Das Phänomen der Migration wurde damals in Kirchenkreisen

stark diskutiert428. Die Nachfrage für Seelsorger, die bereit wären, die Auswanderer in

Übersee geistlich zu begleiten, war so groß, dass man sie einfach nicht ignorieren konnte. Der

hl. Arnold Janssen sah in diesen Zeitumständen ein klares Gotteszeichen und neben seinem

erstrangigen Missionsziel für die sog. ´Heidenmission`, lenkte er auch den Blick auf die

deutschen, holländischen und slawischen Auswanderer (siehe: Alt 1999: 580-590). Jegliche

weitere Forschung in diesem geschichtlichen Bereich wäre sehr wünschenswert, weil sich

aber das Thema dieser Dissertation nur mit der gegenwärtigen Beschäftigung der Kirche und

SVD mit den Migranten auseinandersetzt, muss eine lange Zeitspanne übersprungen werden.

Doch ist zu unterstreichen, dass vom Anfang des SVD-Bestehens (1875) an jede neue

Aufgabe, Tätigkeit oder ein Dienst in dieser Richtung immer Spannungen in der Zielsetzung

der Mission auslöste. So heißt der Titel eines SVD-Arbeitsdokuments gerade 110 Jahre später

(1985) zu Recht: ´Mission unser stets neuer Auftrag`429. Deswegen wurde über die Flexibilität

der Gesellschaft des Göttlichen Wortes und ihre ständige Anpassung an die evangelisatori-

schen Prioritäten schon gesprochen (siehe: IV.3.3.1.). Das pastorale Dilemma430 in der

Migrantenfrage unter den Steylern war, ist und wird immer präsent sein.

428 Dank der hervorragenden SVD-Historiker wie der Patres Fritz Bornemann und Josef Alt weiß man aus ihren Biografien über den hl. Arnold Janssen, dass sich dieser Ordensstifter im Thema Migranten bzw. Auswanderer sehr gut orientiert hat. Er kannte persönlich und konsultierte oft den Gründer des ´Raphaelvereins` Peter Paul Cahensly, der sich der Betreuung von Auswanderern und Seeleuten widmete. Er kannte auch das ´Komitee zum Schutz deutscher Auswanderer` und die zahlreichen Unternehmungen der Jesuiten, Redemptoristen und Franziskaner, die in Lateinamerika in der Seelsorge der europäischen Auswanderer tätig waren (siehe: Alt 1999: 204, 571-575). 429 In einer offenen SVD-Selbstkritik liest man: „Man hat mitunter den Eindruck, als ob sich noch viele Mitbrüder in dieser so wichtigen Frage, beim Überdenken der eigentlichen Berufung unserer Gesellschaft, in einer Atmosphäre der Unsicherheit und der Unklarheit bewegen, als ob im Werke Arnold Janssens von Anfang an gegensätzliche und sogar widersprüchliche Optionen vorgelegen hätten“ (DdW 8/1985: 12). Unmittelbar danach folgen die Erklärungen der ursprünglichen Ziele des Gründers, seine Interpretation des Missionsbegriffes und sein weiterer Pastoralrahmen. 430 Pater Arnold Janssen räumte europäischen Christen bzw. Auswanderern, in der ´Glaubensgnadenordnung`, einen gewissen Vorzug vor anderen Menschen, besonders vor sog. ´Heiden` ein. Anders gesehen war aber die Migrantenseelsorge eine kluge und sichere Basis für den Anfang der weiterreichenden Missionsaufgaben im Ausland, wo man am Anfang immer einen Brückenkopf haben sollte (siehe: Alt 1999: 562-575).

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Ein neues Bewusstsein und Verständnis für die grundsätzlichen Veränderungen Europas

(siehe: I.1.4.2.), für die verstärkte Mobilität der Europäer und Zuwanderungen überhaupt

(siehe: I.2.4.), sowie für eindeutige Zeichen einer erneuten Evangelisierung (siehe: III.1.3.)

waren für die Steyler Missionare genügend, um sich selbst, d.h. ihre Dienstorientierungen zu

reformieren (siehe: IV.3.3.1.). Ihre Verfügbarkeit für neue soziale Aufgaben zeigten sich

deutlich am Anfang 80er Jahre. Eine klare ´Förderung von Gerechtigkeit und Frieden in

Solidarität mit den Armen und Unterdrückten` war nicht nur das Thema des SVD-

Generalkapitels im Jahr 1982, sondern ein ganz konkreter Schritt, um eigene Ordensaufgaben

noch einmal mit den Hauptprinzipien in den neuen Konstitutionen (1983) in Einklang zu

bringen. Solch eine offizielle Unterstützung öffnete neue Perspektiven eines sozialen

Engagements, was auch im Bereich der Migrantenseelsorge ein großes Echo fand. In einem

Bericht an die Gesellschaft aus dem Jahr 1985 zeigen sich mindestens drei europäische SVD-

Provinzen (deutsche, niederländisch-belgische und spanische) direkt in den Migrantendienst

verwickelt431. Dann kam eine Dekade praktischer Ausbreitung dieser spezifischen Seelsorge

in verschiedenen Formen je nach den lokalen (provinzialen) Bedingungen und Erfordernissen.

Die zonale Konsolidierung der SVD in Europa und eine offene Auseinandersetzung mit der

säkularisierten Welt brachten das XIII. SVD-Generalkapitel (1988) zu einer klaren Option für

´Gerechtigkeit, Frieden und ganzheitliche menschliche Entwicklung`, wobei die Flüchtlings-

und Auswandererprobleme unter die sieben größten der Welt eingestuft worden sind432. In

den Befürchtungen um ihre eigene Identität haben die Steyler Missionare aber festgestellt:

„Wir müssen den Einsatz für die Gerechtigkeit und die Solidarität mit den Armen als die

horizontal-sichtbare Dimension der Evangelisierung sehen lernen“ (WfW 1/1988: 34). Solche

Meinungen und spätere Empfehlungen ließen die einzelnen Provinzen, besonders in Europa,

nachdenken und sich noch mehr für die Migrantenpastoral engagieren. Immer neue Unterneh-

mungen in diesem Dienstbereich waren aber wenig hinreichend koordiniert. Doch kann man

folgende Entwicklungsphasen und betreute Gruppen auflisten.

431 Die Norddeutsche SVD-Provinz begleitete die Auslandsstudenten in vier verschiedenen Heimen und betreute die Minderheitsgruppen von Vietnamesen, Ghanais, Filipinos und anderen. Die niederländisch-belgische Provinz kümmerte sich um ausländische Studenten eigener und anderer Ordensgesellschaften. In der spanischen Provinz begleiteten zwei philippinische Mitbrüder mehrere philippinische Gemeinden (siehe: DdW 9/1985: 26, 27, 29). Eine andere Quelle erwähnt die britische Provinz und drei SVD-Patres, die eine Asiaten-Kaplanei in London führten (siehe: AN/April 1989: 8-9). 432 Eigentlich jedes dort erwähnte Problem (Massive Armut; Soziale, politische und religiöse Unterdrückung; Lokale und regionale Kriege; Rassen- und Klassendiskriminierung; Verbrechen gegen das menschliche Leben; Zerstörung der Umwelt) ist eine klare Ursache für Flucht und Auswanderung der Menschen (siehe: WfW 1/1988: 33; vgl. II.1.2.).

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Tabelle Nr. 6.

Die europäischen SVD-Provinzen, die zwischen von 1983 bis 2003 aktiv in der

Migrantenpastoral waren (fast alle Stellen existieren auch heutzutage)

Süddeutsche Provinz - für außereuropäische Studenten in München

- für europäische SVD-Studenten in Tirschenreuth

- für Ukrainer433

Norddeutsche Provinz

- für Angolaner und Mozambiquaner434

- für Russen bzw. Wolgadeutsche435

- für Flüchtlinge aus dem Balkan436

- für Chinesen437

- für Filipinos438

- für Ghanaer439

- für Vietnamesen440

- für Indonesier441

- für Japaner442

Spanische Provinz - für Filipinos443

- für Diözesanbüro für Migranten in Getafe444

- für eine multikulturelle Pfarrei in Madrid445

- für Polen446

- für Afrikaner447

- für Lateinamerikaner448

433 Siehe: Rissinger 2001: 02/01. 434 Siehe: AN/Jan.-Feb. 1991: 7. 435 Siehe: AN/Jan.-Feb. 1991: 7; vgl. AN/Juni 1993: 4. 436 Siehe: AN/Jan.-Feb. 1993: 11; vgl. AN/März 1994: 6f. 437 Siehe: Hollweck 1999: 167. 438 Siehe: AN/Juni 1993: 7; vgl. AN/März 1997: 12; vgl. AN Mai/2001: 10. 439 Siehe: AN/November 1993: 7; vgl. AN/März 1996: 6; AN Mai/1999: 10. 440 Siehe: AN/Jan.-Feb. 1994: 9; vgl. AN/März 1996: 6; vgl. AN/März 1997: 12; vgl. AN/Nov.-Dez. 2002: 9. 441 Siehe: Hollweck 1999: 167. 442 Siehe: Hamaguchi 2004: 02/04. 443 Siehe: AN/November 1992: 8; vgl. AN/April 1996: 10. 444 Siehe: AN/November 1992: 8; vgl. AN/Juni 1993: 8. 445 Siehe: AN/Mai 1994: 9; vgl. AN Januar 1999: 12; vgl. AN März/2003: 8. 446 Siehe: AN/April 1996: 10. 447 Siehe: Hollweck 1999: 154. 448 Siehe: Calzada 1999: 2.

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Britische und Irische Provinz - für Asiaten (Englisch sprechende) in London449

- für Flüchtlinge aus dem Balkan in Irland450

Niederländisch-belgische Provinz - für Vietnamesen451

- für Afrikaner452

- für multiethnische Gruppen453

Österreichische Provinz - für Bosnier454

- für Lateinamerikaner455

Italienische Provinz - für den ´Päpstlichen Rat für die Seelsorge der

Menschen unterwegs` - P. Michael Blume456

- für Filipinos u.a.457

- für europäische Koordination der SVD-Migranten-

pastoral – P. Domenico Gaioni458

Portugiesische Provinz - für eine multikulturelle Pfarrei (vorw. Afrikaner)459

Polnische Provinz - für Vietnamesen460

- für Chinesen461

- für Koreaner462

Schweizerische Provinz - für Asylbewerber463

Region Ural (Russland) - für Deutsche464

- für Afrikaner465

- für Russen, Weißrussen und Polen466

449 Siehe: AN/April 1989: 8-9; vgl. Hollweck 1999: 157; vgl. Nuntius 1988: 645. 450 Siehe: Hollweck 1999: 182; 184. 451 Siehe: AN/Jan.-Feb. 1994: 9. 452 Siehe: AN/Februar 1996: 13; vgl. AN/Oktober 1996: 11; vgl. AN/Feb.-März 2000: 13; vgl. AN/Juni 2001: 9; vgl. AN/März 2002: 8. 453 Siehe: AN/Aug.-Sept. 2001: 12; vgl. Hollweck 1999: 195. 454 Siehe: AN/Februar 1996: 12f. 455 Siehe: AN/Januar 1998: 11; vgl. Hollweck 1999: 131; vgl. Barrios 2000: 1-3. 456 Siehe: AN/Dez.1994/Jan.1995: 3; vgl. AN/September 1995: 6-7,13; vgl. AN Aug.-Sept./2003: 12; vgl. 457 Siehe: Hollweck 1999: 188; vgl. Sathiyaseelan 2000: 1. 458 Siehe: AN/März 2001: 10. 459 Siehe: AN/Januar 2000: 10f; vgl. AN/Februar 2002: 9; vgl. Cortés 2002: 44-47; vgl. Schüttenkopf 1998: 4-7. 460 Siehe: AN/April 2002: 9; vgl. AN/Februar 2003: 7; vgl. AN/März 2003: 8; vgl. Hollweck 1999: 207. 461 Siehe: http://www.svd.de 2002: 1. 462 Siehe: Osiecki 2000: 3. 463 Siehe: Hollweck 1999: 223. 464 Siehe: AN/Dez.96-Jan. 1997: 12f; vgl. AN/März 1997: 12; vgl. AN/Mai 1997: 9; vgl. AN/Januar 1998: 12; vgl. Hollweck 1999: 172. 465 Siehe: AN/Nov.-Dez. 2000: 12. 466 Siehe: Hollweck 1999: 229. Je nachdem in welchem Land dieser Region gearbeitet wird, kommt man zum gezielten Austausch mit den anderen zwei Minderheiten.

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Auf den ersten Blick scheint das ziemlich lange Verzeichnis der Aktivitäten zugunsten

der Migranten in den letzten 20 Jahren der SVD recht imposant zu sein. Nimmt man an, dass

früher die europäischen SVD-Provinzen nur wenig Erfahrung darin hatten, ist die Anpassung

ihrer Aufgaben als Antwort auf die gegenwärtigen Herausforderungen zu bewundern. Hinter

jeder neugeöffneten Migrantenstelle steht eine Geschichte, aber viele Namen von Steyler

Missionaren467 sind damit verbunden, denn es war sowohl den Vorgesetzten als auch den

Pastoren nicht immer leicht, geeignete Persönlichkeiten für diese schwierige Aufgaben zu

finden. Doch möglicherweise ist bei diesen Anstrengungen gewissermaßen von einem

´Paradigmenwechsel` reden (vgl. Pernia 2000: 7), sieht man das Engagement der SVD im

Licht einer gut verstandenen und erstrebten Neuevangelisierung Europas (vgl. IV.3.3.1.). Die

SVD ist sich schon längst bewusst, dass man bei einer modernen Evangelisierung, neu in

ihrem Eifer, ihren Methoden und Ausdrucksformen, mit sehr vielen Schwierigkeiten rechnen

muss468. Im Fall der Migrantenseelsorge nimmt man als Priorität die Mühe auf sich, nicht nur

um die entsprechende Mittel zu sorgen und fähiges Personal dafür zu gewinnen, sondern auch

unter den anderen SVD-Mitgliedern das Bewusstsein einer ´interkulturellen Seelsorge` (vgl.

IV.3.1.3.) zu schaffen. Zu den größten Ereignissen in diesen 20 Jahren des SVD-Engagements

für die Migranten kann man ein paar wichtige Momente auflisten.

- Zuerst sei noch einmal klar hervorgehoben, dass die Entwicklung einer solchen Pastoral dem

allgemeinen Kontext der erneuerten SVD zu verdanken ist. Ohne die drei letzten

Generalkapitel (1988, 1994, 2000) mit ihrem Ruf nach einer Neuevangelisierung bzw. nach

einer Bestimmung neuer Arbeitsbereiche in Europa würde sich die Migrantenpastoral nie so

entwickelt haben469. Seitdem leben die zahlreichen SVD-Migrantenpastöre mit der Hoffnung

auf ausgesprochenen ´Dialog` mit ihnen, wie es sich das letzte Generalkapitel vom Jahr 2000

467 Die Geschichten dieser einzelnen Migrantenseelsorgestellen, die pastoralen Gründe ihrer Entstehung und Führung, das missionarische und missiologische Verständnis der Steyler Missionare für solche Unternehmungen und vor allem die persönlichen Erfahrungen von über 50 (amtlich und nebenamtlich) SVD-Mitgliedern, sind Objekte weiteren Studiums von D.C. 468 „Es braucht Mut, das gewohnte Vergangene zurückzulassen und die neue Situation mit ihren Aufgaben und Krisen anzunehmen. Dieser erste Schritt wird die Erfahrung des Nicht-Wissens, der Frustration, der Dunkelheit mit sich bringen. Wahrscheinlich fühlen wir uns manchmal, als suchten wir den ´abwesenden` Gott. Die Versuchung, aufzugeben und zurückzugehen, wird sehr stark werden“ (WfW 3/1991: 61). 469 Das wahre ´Hinübergehen vom Vergangenen zum Gegenwärtigen` entspricht dem ´Hinübergehen vom allgemeinen zum konkreten Gläubigen` in europäischer Realität, wobei die Position eines Menschen in sozialer Not besonders zu beachten ist. Das XIV. Generalkapitel betonte eine ´Communio` unter den Steyler Missionaren, aber auch eins mit den meist Vernachlässigten. Das Verhalten gegenüber den Fremden fand einen spirituellen Einklang in der SVD-Mission (vgl. WfW 7/1996: 44-51), der zum missionarischen Zeugnis verpflichtet (vgl. WfW 10/1999: 33f). Und die fundamentale Analyse der Situation und Aussage des XV. Generalkapitel im Jahr 2000 bestätigt die SVD mit den Worten: „Wir rufen die Provinzen und Regionen wie auch das Generalat auf, sich in Zusammenarbeit mit anderen, auf diesem Gebiet tätigen Organisationen, für die Flüchtlinge, Vertriebenen und Ein- und Auswanderer zu (sic!) einzusetzen“ (DmW 1/2000: 43).

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wünscht. Sie bleiben in ihrem Dienst im vierfältigen Dialog bzw. in Beziehungen, nämlich zu

den Suchenden, Ausgestoßenen, den Angehörigen anderer Kulturen und unterschiedlicher

Glaubenstraditionen – und das alles in einem stark säkularen Europa (vgl. DmW 2/2001: 5-8).

- Das Ereignis des XV. SVD-Generalkapitels ging dem ersten Zonaltreffen der SVD-

Migrantenseelsorger voraus. Auf Initiative des damaligen europäischen Zonenkoordinators

Pater Michał Studnik wurden über 20 Steyler Missionare470 vom 24. bis 27. Januar 2000 nach

Sankt Augustin (Deutschland) zu einem Treffen eingeladen. Das Thema lautete: ´Pastoral der

Immigranten und ethnischen Minderheiten als wachsende missionarische Herausforderung für

die Steyler Missionare`. Es war die erste offizielle Gelegenheit, die Berichte dieser Seelsorger

über ihre Arbeit zu hören und zu diskutieren. Auch der Hauptvortrag von P. Michael Blume

(siehe: Blume 2000: 1-18) über die Situation der Migranten aus der Sicht des Hl. Stuhls war

von außergewöhnlicher Bedeutung. Fundamental war aber vor allem die von unten, d.h. von

den Partizipanten wachsende Überzeugung und Anerkennung der Wichtigkeit ihres Dienstes

in den Kirchen Europas. Deswegen wurde schon ein Jahr später, also nach dem XV. SVD-

Generalkapitel, das Zweite Treffen vom 21. bis 24. Mai 2001 in Lissabon (Portugal)

organisiert. Diesmal haben über 40 Teilnehmer471 das Thema „Dialogue between Cultures for

a Civilization of Love and Peace“ diskutiert. Die drei Hauptreferate472 haben sich oft über die

Entscheidungen des vergangenen Generalkapitels geäußert. Das versammelte Gremium hat

am Ende des Treffens bewusst für alle Provinzsuperioren der Zone Europa eigene

Bemerkungen und Empfehlungen formuliert473.

470 Die Teilnehmerliste mit dem Datum 06.01.2000 beinhaltet 23 Namen, aber auf der damals beigefügten Liste der ´Kapläne der Immigranten` figurieren 31 Namen, sowie 4 des ´Workshop-Teams`, d.h. der praktischen Organisatoren dieses Treffens. Es waren: P. Studnik Michał (Koordinator der Eurozone); P. Seigel Michael (Koordinator der GSF für die SVD); P. Mushoff Norbert (Koordinator der GFS für die Süddeutsche Provinz) und P. Blume Michael (Untersekretär des Päpstlichen Rates für Migranten und Menschen unterwegs aus Rom). 471 Diesmal figurieren auf der am 14.05.2001 herausgegebenen Liste der Steyler Missionare, die in Europa mit den Migranten arbeiten, 45 Namen und Adressen. Darunter sind aber einige, die sich nur nebenamtlich für diesen Dienst engagieren. Als Teilnehmer wurden P. Herbert Scholz (SVD-Generaladmonitor aus Rom); P. Michael Blume (Untersekretär des Päpstlichen Rates für Migranten und Menschen unterwegs aus Rom) und P. Norbert Mushoff (Koordinator der GFS für die Süddeutsche Provinz) geführt. Mehrere Steyler und andere Ordens-schwestern sowie einige Theologiestudenten aus Lissabon wurden als Gäste ebenfalls eingeladen. 472 Pater Herbert Scholz hielt ein Referat unter dem Titel: „The View of the Society and the General Chapter on SVD Migrant Ministry in Europe“. P. Michael Blume hat, wie ein Jahr vorher, das Thema: „The Holy See and Migration in Europe“ dargestellt. P. Valentim Gonçalves hat, als Koordinator der GFS für die Gastprovinz dieses Treffens – Portugal, das Thema: „Relatório do nosso trabalho pastoral com os migrantes na cidade de Lisboa“ entwickelt. (siehe: Scholz 2001: 1-11; Blume 2001: 1-18; Gonçalves 2001: 1-8). 473 Am Ende des Treffens wurden in drei Sprachen (deutsch, englisch, spanisch) kurze Empfehlungen formuliert: „Die Versammlung war der Überzeugung, dass die Sorge für Einwanderer, Flüchtlinge, Asylsuchende, Nicht-sesshafte und Minderheiten als dringende Priorität der Zone betrachtet werden soll. Wir sind auch der Meinung, dass der Umgang mit Zuwanderern unser Charisma als Missionare vom Göttlichen Wort bereichert, für den Geist öffnet und zu größerer Hingabe zur Verkündigung der frohen Botschaft anregt“ (STM-2, 2001: 1).

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Die drei letzten SVD-Generalkapitel als theologische Hintergründe, die zwei zonalen

Treffen der SVD-Migrantenseelsorger und unzählige Initiativen der lokalen Superioren in

Europa, die zu ständig neuen Einsatzformen unter Migranten führen (siehe: Tab. 6), kann man

als eine harmonische Kontinuität der Mission in Europa einstufen. Es ist sowohl eine

theoretische bzw. missiologische und spirituelle als auch sehr praktische bzw. konkrete und

berechenbare Antwort auf die Herausforderungen der Gegenwart. In der Überzeugung eines

Vorgesetzten ist „für die SVD weltweit und für die Zone Europa die Seelsorge unter

Migranten in Europa eine echte Missionstätigkeit der SVD. (…) Das Kapitel billigt eindeutig

den Dienst unter Migranten. Deswegen müssen wir wohlüberlegt und entschieden die

Antwort organisieren und dem Dienst der SVD unter Migranten eine klare Form geben“

(Scholz 2001a: 3; 4). Diese Meinung suggeriert, dass man eigentlich noch viel mehr vor sich

zu tun hat, als man denkt. Auch wenn die besonderen Aufgaben der Kirchen gegenüber der

Neuevangelisierung (siehe: IV.3.1.) sowie die staatlichen Aufgaben gegenüber der Migration

(siehe: II.3.) allgemein aber ziemlich klar angedeutet wurden, bleibt die Frage ihrer

praktischen Anwendung in der Gesellschaft des Göttlichen Wortes nach wie vor offen. Eine

Inkorporierung dieses Dienstes in die Neuevangelisierung und eine gleichzeitige Zustimmung

aller möglichen Instanzen garantieren noch nicht die Entwicklung im Rahmen entsprechenden

Kirchen-, Ordens- und SVD-Bereiches. Auch die Veröffentlichung einzelner Berichte und

bewegender Zeugnisse (siehe: DmW 3/2002: 27) haben das allgemeine Bewusstsein der

Steyler Missionare von der Situation noch nicht besonders verändert. Stattdessen stapeln sich

vor ihnen Fragen auf wie etwa: Wie sollen die europäischen SVD-Provinzen auf den klaren

Aufruf für den Einsatz unter Migranten antworten (vgl. DmW 1/2000: 43)? Gelten die

charakteristischen Dimensionen, z.B. Engagement für ´Gerechtigkeit und Frieden`, nur für

Spezialisten oder für alle Steyler (vgl. DmW 3/2002: 23-27; vgl. Ascheman 2001: 132f)?

Oder viel konkreter: Was bedeutet die Tatsache, dass nach dem letzten begeisterten Treffen

der SVD-Migrantenseelsorger in Lissabon im Mai 2001 weder Superioren noch damalige

Teilnehmer einen Vorschlag für das nächste Treffen machten? Ob und eventuell wie die

wissenschaftlichen Institutionen der Steyler Missionare an dieser theoretischen Problematik

mit praktischem Engagement partizipieren können, lässt sich im Folgenden noch kurz

andeuten.

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3.3.3. Wissenschaftliche Unterstützung der evangelisatorischen Aufgaben

Am Ende des 19. Jahrhunderts sieht man in den Forschungen von Gustav Warneck

und Joseph Schmidlin die Entstehungszeit der deutschen Missionswissenschaft (siehe:

Wrogemann 2003: 18f; vgl. Müller 1987: 35-37). Die Betonung solcher Forschungen hatte

bestimmt viel mit immer stärkerer Evangelisierung der außereuropäischen Welt zu tun, die

von allgemeiner Sorge um die ´Rettung der Seelen` erfüllt war. In dieser Zeit wurde unter

anderen auch die Gesellschaft des Göttlichen Wortes gegründet (1875) und es erstaunt, dass

ihr Stifter Arnold Janssen von Anfang an gerade diese jungen wissenschaftlichen Zweige für

pragmatische Ziele seiner Mission nutzen wollte. Er war genau so tief wie Warneck

überzeugt, dass jedes Sendungsgeschehen eine wissenschaftliche Begleitung benötigt. Die

akademische Institutionalisierung dieser Wissenschaft, ihre pädagogische Anwendung in der

Ausbildung und der Gebrauch anderer humanistischer Studien im Dienst der Steyler

Missionare wurden zum Stein des Anstoßes am Anfang dieser Gesellschaftsgeschichte474.

Doch muss man Arnold Janssen unbedingt Recht geben, wenn er sagt: „Je mehr die

katholische Kirche in ihren Mitgliedern und Instituten sich hervortun wird auf den drei

Gebieten des Glaubens, der christlichen Liebe und der Wissenschaft, desto schneller und

sicherer wird sie die Herrschaft über die Geister an sich reißen und desto eher und

vollständiger als die Braut des himmlischen Königs erkannt werden“ (Alt 1999: 475). In

solchem Geist wollte er, dass sowohl die Grundausbildung als auch die Spezialisierung der

Missionare vor allem zu kritischer, persönlicher und wissenschaftlicher Reflexion hinführen

sollten. Das Bemühen um ein gründliches Kennen lernen des eigenen und fremden religiös-

kulturellen Erbes wurden schon bei in ersten offiziellen SVD-Entscheidungen ernst

genommen. Eine moderne interkulturelle Missionstheologie bzw. Praxis resultierte aus den

ersten populären aber auch wissenschaftlich bearbeiteten Missionsberichten, Exponaten, etc.

Die Sensibilisierung der Steyler Missionare begann und dauerte fort durch ein breites

Presseapostolat (vgl. Werding 1995: 13-21). Diese Aktivitäten gehören neben den wissen-

schaftlichen Forschungen auch heute zu den höchsten Aufgaben, Methoden und Zielen der

SVD.

474 Dieser Streit um die Bedeutung der Wissenschaften im Missionsdienst der Steyler Missionare, und die dabei geäußerte Hartnäckigkeit von Arnold Janssen, wurde in der Biografie dieses Stifters plastisch beschrieben (siehe: Alt 1999: 131, 135, 142, 148, 200, 825). Die Pflege einer christlichen Wissenschaft lag dem hl. Arnold so tief am Herzen, dass er sie immer als zweites (und nicht zweitrangiges) Hauptziel der Mission sah (siehe: ebd. 82). Es ist nicht zu übersehen, dass man in der damaligen Zeit eine recht große Hoffnung besonders auf die Naturwissenschaft gesetzt hatte. Es ist nicht auszuschließen, dass man auch teilweise unbewusst sogar den Glauben rational irgendwie beweisen wollte.

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Der notwendige Raum für die Pflege verschiedener Wissenschaften war also praktisch

innerhalb der SVD immer juridisch gesichert. Deswegen findet man auch heute in den neuen

SVD-Konstitutionen von 1983/2000 klare Hinweise darauf, wie wichtig diese Aktivitäten

sind. Die gründliche Erforschung von Kulturen, Religionen (vgl. Ko. 113,2), Atheismen (vgl.

Ko. 114,3) sowie der säkularisierten Welt wird eng verbunden mit der Evangelisierung

gesehen. Die wichtigen Wandlungen in Kirche, Theologie und Wissenschaft sollen alle

Steyler Missionare zum permanenten Studium, zur fachlichen Fortbildung und zur

menschlichen Reife drängen (vgl. Ko. 520, 503); alles mit dem Ziel, sachliche Argumente und

beeinflussende Glaubenszeugnisse weitergeben zu können. Dabei geht es um die effiziente

Bewusstseinsbildung der eigenen Mitglieder der SVD, aber auch um die Sensibilisierung

anderer Menschen (vor allem Laien), weil sich die Motivationen, Herausforderungen und

Perspektiven des Missionsdienstes in der Geschichte ständig ändern (vgl. Rzepkowski 1995:

258-285). Aus diesen Gründen bedarf jede missionswissenschaftliche Analyse eines

Kontextes breiterer missionstheologischer Reflexion. Auch die Hilfe anderer humanistischer

Wissenschaften erweist sich als notwendig, will man in diesen Reflexionen z.B. sozio-

kulturelle Fragen angehen. Es ist so, weil sowohl viele Wissenschaftszweige als auch die

SVD selbst vor ganz neuen Aufgaben stehen, wie etwa Inkulturation, Dialog, Interreligiosität,

kontextuelle Theologie u.a. Sie wollen darin nicht nur ´Zauberworte` sehen (vgl. Delgado

1996: 794ff), sondern daraus nützliche wissenschaftliche Begriffe entwickeln.

Man kann sich fragen: was haben eigentlich heute die Steyler Missionare in ihrem

Dienst zur Verfügung, wenn es um eine echte Wissenschaft geht, die die neuesten

Herausforderungen wie etwa ´Neuevangelisierung unter Migranten in Europa` unterstützen

könnte475? Ohne jetzt die einzelnen wissenschaftlichen SVD-Institutionen in Europa detailliert

darzustellen476, ist es schon nützlich, zumindest einen kleinen Tabellenüberblick zu haben.

Danach wird auf die akademische Grundausbildung der Steyler Missionare und auf die drei

wissenschaftlichen Institute in Sankt Augustin besondere Aufmerksamkeit gelenkt.

475 Es gibt in der Überzeugung der SVD auch andere große Themen von kontinentaler Bedeutung, die zweifelsohne starke wissenschaftliche Unterstützung brauchen. Es sind: Säkularisierung; Neuevangelisierung; die Beziehungen Kirche-Staat; der Regionalismus; die Rolle der Theologen; Ökumenismus; moderne Bildung des Klerus und vielleicht die ganz aktuellen Themenkreise wie: Globalisierung; Osterweiterung; christliche Prinzipien in der EU; Gewalt und Frieden unter den Nationen; etc. (vgl. WfW 4/1992: 30). 476 Einen Gesamtüberblick über alle in der SVD (oder nur in Europa) bestehenden wissenschaftlichen Institutio-nen, Aktivitäten und vor allem ihrer zahlreichen Wissenschaftler gibt es noch nicht. Doch die einzelnen Institute oder sogar SVD-Provinzen (siehe: Mądro 2002: 283-286) verfügen über teilweise gesammelte und bearbeitete Materialien. Auf diese wird als wertvolle Quellen hingewiesen.

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Tabelle Nr. 7.

Liste der wissenschaftlichen Institute und Ausbildungszentren SVD, sowie der mit ihnen

kollaborierenden kleineren Institutionen SVD in Europa (Stand:01.01.2004)

Wissenschaftliche INSTITUTE LOKALISIERUNG

Philosophisch-theologische Hochschulen und

Ausbildungsgemeinschaften und das

Religions-theologische Institute

1) in Sankt Augustin (Deutschland)

2) in PienięŜno (Polen)

3) in Mödling (Österreich)

Missionswissenschaftliches Institut - in Sankt Augustin (Deutschland)

Anthropos Institut - in Sankt Augustin (Deutschland)

Institut Monumenta Serica - in Sankt Augustin (Deutschland)

Wissenschaftliche ZENTREN LOKALISIERUNG

China-Zentrum (formell kein SVD-Werk) - in Sankt Augustin (Deutschland)

Dialogszentrum der Kulturen und Religionen - in Olsztyn (Polen) erst ab 24.10.2003.

Akademie Völker und Kulturen - in Sankt Augustin (Deutschland)

Erneuerungs- ZENTREN LOKALISIERUNG

Biblisches Zentrum Dei Verbum - in Nemi (Italien)

Spirituelles Zentrum Arnold Janssen - in Steyl (Niederlande)

Exerzitienhaus Josef Freinademetz - in Oies (Italien)

Zentrum Duchowości Werbistowskiej - in Nysa (Polen)

Buch- und Zeitschriften VERLAGE LOKALISIERUNG

Editorial Verbo Divino - in Estella (Spanien)

Steyler Verlag - in Nettetal (Deutschland)

Verlag Sankt Gabriel - in Mödling (Österreich)

Wydawnictwo Verbinum - in Warszawa (Polen)

MUSEEN LOKALISIERUNG

Museum im Haus Völker und Kulturen - in Sankt Augustin (Deutschland)

Muzeum Misyjno-Etnograficzne - in PienięŜno (Polen)

Missionsethnologisches Museum - in Mödling (Österreich)

Missionsethnologisches Museum - in Steyl (Niederlande)

Missionsethnologisches Museum - in Sankt Wendel (Deutschland)

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Klare Leitlinien für wissenschaftliche SVD-Aktivitäten wurden beim XIII.

Generalkapitel sehr präzis herausgearbeitet477. Zu den wichtigsten Aufgaben, die auch eine

Neuevangelisierung unter Migranten unterstützen, wurde eine professionelle Ausbildung

gezählt, die „für die Welt (öffnet), zumal für die Nichtevangelisierten, die Randgruppen, die

Armen und Unterdrückten“ WfW 1/1988: 67). Nimmt man statistisch an, dass über 11% der

Steyler in der Ausbildung und weitere 10% in der Erziehung tätig sind (siehe: Ascheman

2002: 263), beweist dies, dass die Vorbereitung eigener Mitglieder ernst genommen wird.

Doch viel mehr versprechend scheint in Europa das Profil der SVD-Hochschulen bzw.

Ausbildungszentren478 zu werden. Sie versuchen auch eine Antwort auf die Frage nach den

missionarischen Aufgaben der Kirche und Ordensgemeinschaften in Europa zu erleichtern

(siehe: IV.3.1; IV.3.2.). Sie geben aber auch vielen Laien eine außergewöhnliche Möglichkeit

sich an den missionarischen Aufgaben in der Lokalkirche zu beteiligen und so praktisch ihre

wissenschaftlichen Kenntnisse einzubringen. Die Hochschulen und SVD-Ausbildungs-

kommunitäten sind in Europa meistens stark international gemischt. Diese Realität wird

natürlicherweise zur Anregung für die zukünftige Evangelisierung durch und in solchen

multikulturellen Gremien. Die systematische bzw. wissenschaftliche Vorbereitung pastoraler

Akteure für evangelisatorische Zwecke ist schwer, hat aber auch ihre Vorteile479.

477 Schon die Einleitung zu diesem Dokument betont, dass die Ausbildung alle SVD-Mitglieder angeht, d.h. nicht nur einigen Spezialisten übergelassen wird. Sie soll gekennzeichnet werden durch die Offenheit für die Welt im ständigen Dialog mit ihr. Die persönlichen Erfahrungen sollen die Kandidaten vor allem in der eigenen kulturellen und ethnischen Identität fest zu verankern. Von den konkreten Institutionen wurden erwähnt: Ordensinstitute für Brüder; Studienzentren für Kleriker; eine Unterbrechung des Studiums für ein praktisches Jahr in Übersee; Einführungskurse für Neuangekommene; eine permanente Weiterbildung; Ausbildung der Erzieher und der Spezialisten (siehe: WfW 1/1988: 65-81). 478 Die größte und seit dem 28.08.1999 selbstständige SVD-Fakultät ist in Europa die kirchlich und staatlich anerkannte (siehe: Nuntius 1999: 18) ´Theologische Fakultät Sankt Augustin` bei Bonn. Diese philosophisch-theologische Hochschule bietet das Grundstudium (Diplom), Aufbaustudium (Lizentiat) und Promotionsstudium (Doktorat) an. Sie spezialisiert sich im Fach ´Missionstheologie`, wobei die Studieninhalte viele interkulturell- bzw. interreligiöse Themen beinhalten. Die Zahl der immatrikulierten Studenten steht bei 200. Die zweite wichtige SVD-Hochschule in Europa befindet sich in PienięŜno (Polen), die der Theologischen Fakultät in Olsztyn (Allenstein) angeschlossen ist. Als selbstständige Ausbildungseinheit begleitet sie (Anfang 2004) über 100 SVD-Studenten (Brüder und Kleriker). Die dritte offiziell noch immer bestehende SVD-Hochschule in Europa ist die Theologische Hochschule Sankt Gabriel bei Wien. Obwohl sie ihre Aktivitäten, wegen Mangel an Interessenten, momentan stillgelegt hat, ist ihr in der wissenschaftlichen SVD-Geschichte viel zu verdanken. Es gibt auch eine relativ große Zahl der SVD-Ausbildungsgemeinschaften in Europa, deren zugehörige Studenten an anderen (nicht den Steyler gehörenden) theologischen Zentren studieren; sie befinden sich in Lissabon, Madrid, Bratislava, Maynooth und Rom. 479 Zu den fundamentalen Schwierigkeiten der Führung internationaler Gruppen gehört bestimmt entsprechendes Ausbildungspersonal. Siehe Bemerkungen von Prof. E. Nunnenmacher (2002: 197), der für die SVD-Kommunitäten das Engagement eines internationalen Teams von Erziehern postuliert. Es zeigt sich, dass ´multiethnische` Studenten den anderen multiethnischen Gruppierungen im pastoralen Dienst helfen können (siehe: IV.2.). Vor allem aber sind sie ein lebendiges Beispiel aller Schwierigkeiten und Erfolge eines Lebens im Ausland. Ihre Präsenz sensibilisiert die lokalen Mehrheiten für die Problematik wie etwa: Migration, soziale Ungerechtigkeit, Solidarität, Toleranz, etc.

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Neben den theologischen SVD-Hochschulen in Europa als Trägerinnen einer ´regulären

Missionsfachausbildung` muss man die wissenschaftlichen Institute erwähnen, die sich mit

den ´speziellen Forschungen` beschäftigen. Sie bilden nicht nur SVD-Mitglieder aus, sondern

stellen sich auch mit ihren wertvollen Erfahrungen und Forschungen der ganzen Kirche zur

Verfügung. Ihre wissenschaftlichen Ergebnisse, Zeitschriften, Bibliotheken, weitere

Infrastruktur und die Wissenschaftler selbst fördern ein katholisches missionswissenschaftli-

ches Selbstverständnis (vgl. Collet 2000: 90-100), auch wenn einige Institute nicht rein

missiologische Ziele verfolgen. Dabei ist die Bedeutung der drei Institute von Sankt Augustin

außergewöhnlich groß. Das Anthropos Institut480 befasst sich mit den Wissenschaften vom

Menschen im Bereich Völkerkunde, Religionswissenschaft, Anthropologie, Ethnologie,

Linguistik u.a. Die multidisziplinären Forschungen werden in einer internationalen Zeitschrift

´Anthropos` publiziert. Eine reiche Fachbibliothek (ca. 90.000 Bände und 300 laufende

Zeitschriften; vgl. Werding 1995: 49-52) bietet einen lohnenden Hintergrund für komplemen-

täre theologische bzw. missiologische Forschung z.B. für das Studium der Herkunftsländern

der Immigranten und ihrer Inkulturation in Europa (vgl. II.1.1.1.). Ebenso gibt die

wissenschaftliche Erforschung der Geschichten, Kulturen und Religionen Chinas und seiner

Nachbarländer eine besondere Basis für sozio-kulturelle und ethno-religiöse Studien dieser

Völker auf europäischem Boden. Das gewährleistet das Institut ´Monumenta Serica`, das eine

gleichgenannte Zeitschrift481 herausgibt. Die sinologischen Forschungen von Monumenta

Serica in St. Augustin sind zwar in der Welt nicht die einzigen (siehe: Malek 1991: 491-510),

stellen aber für die Steyler Missionare einen besonderen Wert dar wegen der historischen

Anfänge der SVD in Asien und wegen der noch heute dort realisierten Missionsdienste. Das

Institut unterhält weltweit fachliche und bibliothekarische Austauschbeziehungen. Die ca.

90.000 Bände und 350 Zeitschriften (davon die Hälfte im Chinesischen) helfen, zusammen

mit dem China-Zentrum (vgl. Tab. 7), zahlreiche Forschungsvorhaben zu koordinieren. Die

Studien des asiatischen Kultur- und Religionsraumes tragen wesentlich zum Verständnis und

praktischen Zugang der fernöstlichen Imigrantengruppen und zur Entwicklung von Modellen

ihrer Neuevangelisierung in Europa bei.

480 Es ist vor allem dem berühmten P. Wilhelm Schmidt zu verdanken, dass man 1931 formell dieses Institut ins Leben gerufen hat. Gegründet in Mödling bei Wien, kam es über die Schweiz Ende der 50er Jahre nach Sankt Augustin bei Bonn. Heutzutage, d.h. nach der Reorganisierung des Institutes im Jahr 2001 (siehe: Nuntius 2001: 171-173) werden seine traditionellen Aktivitäten weitergeführt, doch in enger Beziehung mit dem neukonzipier-ten ´Anthropos International` in Nemi (Italien). 481 Die Geschichte des Institutes ist von der Geschichte seiner wissenschaftlichen Zeitschrift praktisch untrenn-bar (siehe: Malek 1985: 261-276; vgl. Gumbrecht 1994: 33-100; vgl. Werding 1995: 55-61; vgl. Kollár 2001: 272-282). Beide haben ihren Anfang in Peking 1935 gefunden und setzen bis heute sowohl ihre sinologischen Publikationen als auch das Institut selbst fort. Zurzeit werden zwei theologisch-sinologische Forschungen als Dissertationen der Steyler Missionare an der Philosophisch-Theologischen Fakultät Sankt Augustin vorbereitet.

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Einen besonderen Status in den Forschungen der Völker unter den Aspekten wie

Evangelisierung, Dialog, Inkulturation, und anderen mehr pastoralen Einsichten stellt das

Steyler Missionswissenschaftliche Institut, ebenfalls in Sankt Augustin, dar. Hier werden vor

allem die gegenwärtigen Signaturen der Zeit erforscht und innerhalb der Missionstheologie

kontextualisiert. Es vermittelt wissenschaftlich arbeitsmissionarische Erfahrungen und

Situationen und stellt diese Studien als wertvolle Ergebnisse den Kirchen zur Verfügung. Die

interessante Geschichte, die Schwerpunkte und das Engagement des Institutes selbst wurden

schon bibliografisch ziemlich gut bearbeitet482. Sie bleiben aber immer in aktuellen

missiologischen Trends, wie es z. B. der Enzyklika ´Redemptoris missio` entspricht (vgl.

Rzepkowski 1992: 3-12). Über 30.000 Bände und 160 laufende Zeitschriften rüsten das

Institut genügend stark aus (vgl. Werding 1995: 33-44), um sich mit den modernsten „Fragen

zur Erst- oder Neuevangelisierung in ständig sich ändernden Sozialmilieus, Auseinandersetz-

ungen mit Unklarheiten bezüglich Dialog, Inkulturation, Säkularisierung, Globalisierung,

Mobilität, Migration, Multikulturalität, Religionspluralismus, Religionslosigkeit usw.“

(Nunnenmacher 2002a: 249) wissenschaftlich zu konfrontieren. Diese Interessenbereiche

lassen die über 30 Mitglieder des Instituts ihre Prioritäten483 klar zum Ausdruck bringen und

die Ergebnisse ihrer Forschungen grundsätzlich in der Fachzeitschrift ´Verbum SVD` (siehe:

Ascheman 2002: 253-272) und in anderen Publikationen ans Licht der Öffentlichkeit bringen.

Eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit anderen Forschungsinstituten und unter den eigenen

Mitgliedern wird offiziell durch die Gesellschaft des Göttlichen Wortes anerkannt (siehe:

DmW 1/2000: 49), stellt an sie aber auch immer höhere Erwartungen. Besonders die drastisch

veränderte missionarische Situation in Europa lässt viele Personen bzw. Institutionen mit

ihren Projekten bei diesem Institut eine professionelle, d.h. wissenschaftliche Hilfe suchen484.

Deswegen versucht das Institut nicht nur ´reaktiv`, sondern vor allem ´proaktiv` zu werden

(vgl. Üffing 2001: 452), um sich selbst, die SVD, andere Ordensgemeinschaften und die

gesamte Kirche immer wieder mit Ideen und Vorschlägen zu weiterer Evangelisierung zu

konfrontieren.

482 (Siehe: Müller 1987a: 1-18; Bettscheider / Nunnenmacher 2000: 609-617; Nunnenmacher 2002a: 243-251). 483 Die Leiter des Instituts stellen sie in einer generellen Beschreibung dar als: „- academic research in missiology and mission theology; publication of the findings; - research into today’s missionary situations in Europe; - preparing students for contact with other religions and cultures; - cooperation with SVD academic institutions and especially Missiological institutes; - fostering exchange of experiences with churches in other contexts; - dialog with other religions” (Bettscheider / Nunnenmacher 2000: 612). 484 Die gegenwärtig entwickelten Initiativen verschiedener europäischer SVD-Provinzen wie etwa: in der Schweiz das Projekt ´Inkulturation`, in Österreich das Projekt ´Neumissionare`, in Italien das sog. ´Exodus-Programm` oder das, von der Leitung des Steyler Missionswissenschaftlichen Institutes in Deutschland initiierte, Projekt ´Europa` suchen im Potential des Institutes eine fachliche Unterstützung, wenn es um Integration und Interkulturalität geht (vgl. Nunnenmacher 2002: 195-200).

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Schlussbemerkungen zum vierten Kapitel

Prüft man theologisch das heutige Christentum im multiethnischen Europa unter

missiologischer Sicht der Neuevangelisierung, erscheint die frühere Bestandsaufnahme gültig,

dass sowohl die Präsenz der Migranten (siehe: I; II.) als auch die Wirklichkeit einer

Neuevangelisierung (siehe: III.) bloßes Provisorium für Europa darstellen. Beide Realitäten

wecken immer neue Herausforderungen auf der personalen, kollektiven und institutionellen

Ebene. Das Christentum in Europa, das heute ein postmodernes ´multikulturelles Antlitz`

trägt, soll auf diesen drei Ebenen geprüft werden. Seit Jahren fragen sich Theologen: „Wie

kann Multikulturalität zur Konvivialität werden, d.h. zum fruchtbaren Miteinander und nicht

nur zum konfliktgeladenen Nebeneinander der unterschiedlichen Kulturwelten?“ (Metz 1993:

217). Im gegenwärtigen, mehr pastoralen Teil dieser Arbeit wurde, ohne auf äquivalente

fachliche Begriffe einzugehen, eine ´neutrale Kategorie` der Europäer hervorgehoben, um die

konkreten Aufgaben der Einzelnen, Gruppen und Ordensgemeinschaften in einer Kirche

möglichst klar darzustellen. Auf der ersten Ebene hat sich gezeigt (vgl. IV. 1.), dass die

Selbsteinschätzung aller Bürger Europas ernst genommen zu werden verdient, auch wenn sie

selbe stark säkularisiert sind. Ihre religiös-ethische Identität muss in ganzer Freiheit

respektiert werden, denn sie hat immer eine positive humanisierende Wirkung. Jede Person

trägt in sich Werte, Wahrheiten und religiöse bzw. sittliche Überzeugungen, die sich für einen

sinnvollen Dialog und folglich vielleicht auch für einen fruchtbaren Austausch mit anderen

anbieten. Es sollte im Interesse der Europäer liegen, solche Kontakte zum Wohl aller zu

nutzen, was zweifelsohne effektiv zu Partnerschaft und Frieden führen kann. Die Migranten

sollten also eher als wertvolle Stabilisatoren und nicht als Störfaktoren gesehen werden. Im

staatlichen aber auch im evangelisatorischen Sinne sind sie zu wichtigen Transformatoren der

Werte, d.h. aktive Subjekte der Bereicherung Europas geworden.

Die formelle Kirchenmitgliedschaft der Ausländer und Inländer resultiert in der Praxis

in der Entstehung von multiethnischen pastoralen Gruppierungen. Sie stehen nicht in der

Opposition zu den Nicht- oder Anders-Glaubenden. Der Flexibilität der lehramtlichen und

juridischen Entscheidungen der Kirchen ist es zu verdanken, dass die verschiedenen Gruppen

bzw. Kommunitäten in Europa mehr oder weniger in einer Kirche Platz finden (vgl. IV. 2.).

Sie vertreten verschiedene religiöse und ethische Traditionen und mit Recht erwarten sie, sich

so ausdrücken zu dürfen, wie sie es im Heimatland gelernt, erlebt und praktiziert haben.

Deswegen ist es „unzulässig, das verbreitete Gottesbild von einem höheren Wesen leichtfertig

und vorschnell als heidnisch oder gegenchristlich abzuwerten“ (Zulehner / Denz 1993: 238).

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Die Lokalkirchen sind also aufgerufen, sich nicht nur strukturell an die neuen Situationen

Europas anzupassen, sondern sich vor allem geistlich so formieren zu lassen, dass sie in der

Vielfalt eines der größten Geschenk Gottes entdecken können. „Für alle theologischen

Positionen ist selbstverständlich, dass zwischen den Kulturen und Religionen eine

respektvolle wechselseitige Kenntnisnahme gefordert, diese aber nicht ohne ausdrückliche

Lernbereitschaft zu erreichen ist“ (Zirker 1998: 62). Dabei geht es, in der Meinung der

Pastoraltheologen, nicht so sehr um das wissenschaftliche Lernen oder moralische Bewerten,

sondern um den fruchtbaren Dialog (siehe: Müller 1993a: 73f; vgl. Troll 2001: 209-212),

damit alle in Europa Lebenden spüren, dass die Kirchen eine freundliche Heimat für alle sind.

In einem solchen Zusammenhang sind die konkreten Aufgaben der Ordensgemein-

schaften im Allgemeinen und der Steyler Missionare im Besonderen zu sehen (siehe: IV.3.).

Eine interkulturelle Selbst- und Fremdwahrnehmung im Licht der Neuevangelisierung wird

veranschaulicht am Beispiel der missionarischen Kongregation SVD. Hier zeigt sich, dass der

Dienst an den Migranten sowohl für den Staat wie auch für die Kirchen sehr bedeutungsvoll

sein kann. Auf dieser Weise lässt sich die folgende Liste einordnen:

- Die Auseinandersetzung der SVD mit den sensiblen politischen und religiös-kulturellen

Herausforderungen der Zuwanderungsgesellschaft (vgl. I.1.4.);

- Aktive Teilnahme an den Integrations- und Koordinierungsprozessen (vgl. II.3.);

- Die Rolle eines wichtigen Subjekts des Neuevangelisierungsprogramms (vgl. (III.3.);

- Ein Beitrag beim schwierigen Dialog zugunsten der europäischen Einheit (vgl. IV.1.);

- Die Stiftung internationaler, offener Kommunitäten besonders in den Städten (vgl. IV.2);

- Teilnahme in Diözesan-Ausländerseelsorge je nach Notwendigkeiten (vgl. IV.3.1);

- Generierung neuer Charismen in der veränderten Situation Europas (vgl. IV.3.2.);

- Anregungen auf der praktischen, pastoralen und wissenschaftlichen Ebene (vgl. IV.3.3.);

Das Erwachen solch tiefer christlicher und missionarischer Überzeugungen bildet in

Europa sozusagen den roten Faden aller kirchlichen Wirksamkeit. Die Dimension eines

Fremden unter uns, der unter der Neuevangelisierung seine Existenz und Glaubenseinstellung

prüfen soll, scheint als sozio-religiöse Dimension noch nicht genügend verstanden zu sein

unerschwert das Bemühen von Staaten und Kirchen Europas, eine effektive ´Communio` zu

bauen. Weil die Vielfältigkeit der Lokalkirchen bzw. Ordensgruppen der Vielfältigkeit der

ethnischen Gruppen und ihrer Bedürfnisse annähernd entspricht, ist es eigentlich nicht

unmöglich zu bestimmen, wer wohl wem am besten dienen kann. Dabei könnte man die

Neuevangelisierung als ein ´Apostolat für höheres Bildungswesen` (vgl. Nuntius 1994: 85)

bezeichnen, das aber enorme Flexibilität, Empathie und Wissen benötigt.

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ZUSAMMENFASSUNG DER ARBEIT

Eine Analyse und Beschreibung der neuesten Tendenzen und Herausforderungen, der

geschichtlichen Ursachen wie auch zukünftiger Trends unter den Migranten in Europa stößt

schon am Anfang dieser Arbeit auf die Schwierigkeit einer befriedigenden Definition. Über

das, was ein Migrant und was Europa ist, kann man je nach dem Ansatz unendlich

diskutieren; und es wird vermutlich nie zu einer festen Begriffsklärung kommen. Doch der im

I. Kapitel präsentierte Verlauf der Migrationsgeschichte weckt im nicht gleichgültigen Leser

zuerst den Respekt für eine mutige Entscheidung von Millionen Menschen, die sich auf den

Weg machen. Vielleicht ist die Anzahl der mobilen Menschen nicht so wichtig für die

Beurteilung wie die spezielle europäischen Bedingungen, deren Mechanismen sich so

entwickelt haben, dass man die letzte Epoche als ´Jahrhundert der Wanderungen` nennen

kann (vgl. Casteles / Miller 1998: 8). Obwohl die vielfältigen Ereignisse des letztes Jahrhun-

derts in Europa historisch, geographisch und politisch nur oberflächlich eingeordnet wurden,

war es möglich festzustellen, dass sich die Menschen vor allem in den westlichen Ländern

vermischten, wobei die Mittel-, Ost- und Südeuropäischen Staaten als Auswanderungsquellen

galten. Nach dem sog. ´Annus mirabilis`, d.h. nach der Wende von 1989 verstärkten sich

diese Tendenzen so weit, dass man sich im Westen fast keine andere Fragen mehr stellt als die

nach der ´Überschwemmung mit Migranten`, ´Grenzen der Belastbarkeit` oder der

´Bewahrung der Identität` (vgl. Märker / Schlothfeldt 2002a: 7f). Seitdem verflechten solche

Themen praktisch alle Länder und Bürger Europas, aber die globale Dimension dieser

Phänomene wird oft übersehen. Immer weniger fragt man nach den Ursachen, die die

Mobilität der Menschen bis in kleinste Einzelheiten hinein konditionieren. Stattdessen wird

häufiger nach Abwehrsystemen gegen diese Menschenflut gefragt. Ein solcher Stand der

Dinge generiert einerseits eine ´spekulative Migration` mit hoch komplizierter Informations-

basis für alle (vgl. Rethmann 1996: 33); anderseits schließt er in unbegründeten Vorurteilen

das ganze Europa in eine politische und wirtschaftliche ´Festung`485 ein. Das bringt eine

weitere Aufteilung des Kontinents in zwei oder mehrere ungleiche Zonen mit sich, die nicht

485 Der große Forscher der europäischen Migrationen Klaus J. Bade sieht objektiv in diesen Tendenzen zwei Neigungen. „Die Rede von der ´Festung Europa` ist bei alldem falsch und richtig zugleich: Sie ist falsch, weil Europa offen blieb für viele auf nationalen Ebenen erwünschte oder aufgrund übergeordneten europäischen Rechts bzw. universalistischer Prinzipien tolerierte Zuwanderer, was eine erhebliche, aber überschaubare Zugänge-Zahl ermöglicht. Sie ist richtig im Blick auf die Zuwanderungsbeschränkungen bzw. auf die Abwehr unerwünschter Zuwanderer, bevor sie über europäische Grenzen in den Geltungsbereich solchen Rechts und solcher Prinzipien kommen, was eine nur schätzbare, aber in jedem Fall unvergleichbar größere Zahl ausschließt“ (Bade 2000: 450).

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besonders optimistische Perspektiven für dieses Jahrhundert erweckt. Damit stimmen die

hypothetischen Prognosen der Zuwanderung in Europa für die nächsten Jahrzehnte überein.

Sie präsentieren nicht nur künstliche Daten und Zahlen, sondern stellen auch verschiedene

Szenarien bzw. Herausforderungen dar, die sowohl von zivilen als auch kirchlichen Gremien

ernst genommen werden sollten. Als ein praktisches Fazit werden die Bevölkerungs- und

Migrationsprojektionen am Ende des II. Kapitels in deutlicher Form dargestellt. Das

prinzipiell wichtigere bleibt jedoch die Auflösung der Vorurteile vor Fremden. Die immer

häufigeren Begegnungen mit den Ausländern in der eigenen Heimat sollen die positiven

Aspekte einer multikulturellen Gesellschaft wecken. Viel zu wenige wagen das zu bemerken

und mit Kraft zu betonen, dass die Vielgestaltigkeit Europas seine größte Stärke und ein

Grund zur Zukunftshoffnung ist (vgl. Hürten 1993: 18f). Es ist wahr, dass kulturell-religiöse

Vielgestaltigkeit eine gewisse Komplexität, Widersprüchlichkeit und eine bestimmte negative

Interdependenz mit sich bringt. Sie ermöglicht aber auch Austausch, Bereicherung und

Ausbildung durch gegenseitiges Kennen lernen. Wollen die europäischen Bürger, unabhängig

von ihren Weltanschauungen in Frieden leben, sollten sie vor allem für das Andere offen

bleiben, auch für das, was keine europäischen Züge trägt. Schon vor über 50 Jahren

„behauptete M. Eliade rundweg, dass ´das wesentliche Phänomen des 20. Jahrhunderts nicht

die Revolution des Proletariats gewesen ist noch sein wird (…), sondern die Entdeckung des

nichteuropäischen Menschen und seiner geistigen Welt`“ (Floristán 1993: 242). Im Kontext

dieser Bemerkung scheint der Kampf um eine Anerkennung der geistig- geistlichen Welt der

Menschen in Europa eine entscheidende Phase zu erreichen. Die traditionelle europäische

Werteordnung hat zwar nie die unantastbare Würde des Menschen geleugnet, in der Zeit der

globalen Politik und Gemeinschaften aber reicht das nicht mehr aus. Die feierliche

Proklamation der Charta der Grundrechte der EU im Dezember 2000 in Nizza und der vor

kurzem im Dezember 2003 geplatzte EU-Gipfel wegen des Mangels an Konsens in

Nizzafragen hat deutlich gemacht, dass den europäischen Bürgern noch viel bevorsteht. Eine

klare Anerkennung der geistlichen und nicht nur humanen Werte wird für Europäer zum

Reifetest, der eine Neuevangelisierung beschleunigen kann. Es ist nicht zu verbergen, dass die

Rolle des Christentums (nicht nur die invocatio Dei in der Verfassung) sowie eindeutige

Verhältnisse von Kirche und Staat die Präsenz der Migranten in Europa prägen werden.

Deswegen ist es dringend erforderlich, alle kirchlichen und staatlichen Integrationsebenen zu

aktivieren. Bedauernsweise lebt momentan „die freiheitliche säkularisierte Europäische Union

von Voraussetzungen, die sie selbst nicht garantieren kann“ (Däubler-Gmelin 2002: 51). Die

Präsenz der Migranten drängt jedoch die Staaten und Kirchen, ihr Potenzial als eine Chance

für alle zu nützen.

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Man braucht nicht groß zu beweisen, dass die gesellschaftlichen Herausforderungen

der Migration mit den kirchlichen Interessen und umgekehrt verbunden sind. Die

europäischen Gläubigen leben nicht getrennt von den Nicht-Glaubenden genauso wenig wie

die Christen getrennt von anderen Religionen. Ihre Wünsche und Grenzen wollen alle

Menschen guten Willens in gegenseitigem Respekt teilen (vgl. EN 63). Natürlich kommt den

Kirchen ein besonderer Auftrag der ständigen Evangelisierung zu und sie selbst haben sich

davon nie ausgeschlossen. Trotz ihrer Zögerlichkeit, immer den Weg der Erneuerung zu

gehen, folgen sie die neuen theologischen Aufgaben, die der Natur dieser Institution

entsprechen (vgl. LG 8; GS 44). Eine offene Aufgabestellung, die sich generell an die

jeweiligen sozio-kulturellen Kontexte anpassen soll, kann keine planmäßige Ordnung werden.

Auch die Neuevangelisierung ist kein fertiges Wunderprogramm486 für alle Schwierigkeiten

der gegenwärtigen Kirche. Das beweisen sowohl die bisherige 25-jährige Geschichte und in

der Gegenwart die inneren Ströme bzw. Akzente, die im III. Kapitel dargestellt worden sind.

Es handelt sich um eine mutige Unternehmung der Kirche, die immer neue Ziele und

Aufgaben vor sich sieht. Sie ist äußerst flexibel und sensibel für alle sozio-kulturellen Signale

der Umgebung und ändert ihr Erscheinungsprofil (d.h. Ziele, Träger und Adressaten) je nach

der Lokalsituation. Deswegen unterscheidet sich diese Neuevangelisierungsidee in Europa

wesentlich von der in Lateinamerika. Ja, sie unterscheidet sich in jeder Dekade und in jedem

Land des europäischen Kontinents und setzt ihre Akzente von sozio-politischen über

kulturellen bis zu rein pastoralen Realitäten. Die Kirche selbst, ist dieser Idee gegenüber

kritisch genug, um keine triumphalistische Rückkehr eines noch vor kurzem in Europa

blühenden Katholizismus vorauszusagen. „Der notwendige Realismus verlangt freilich, daß

nicht zu optimistisch geurteilt werden kann. Die Chancen des christlichen Europa wachsen

noch nicht in den Himmel. Dennoch ist das christliche Europa keine Utopie. Es ist nicht

einmal nur eine Idee. Es ist bereits Realität. Freilich eine Realität, die durch neue

Evangelisierung wieder wachsen muß“ (Stimpfle 1984: 128). Die Tatsache also, dass die

Neuevangelisierungsidee stark an Europa orientiert bleibt, ist nicht zu verneinen. Der Mensch

und seine Gruppierungen, die Gesellschaft und ihre Kirchen stehen im Zentrum dieser Idee,

ohne sich dabei politisch, kulturell oder religiös wesentlich zu unterscheiden. Das spirituelle

Gut der Menschen auf diesem Kontinent, wurde zum fundamentalen Prinzip dieser Idee, für

die ein erneuerter Eifer und moderne Methoden sowie Ausdrucksformen charakteristisch sind.

486 Man kann sich nicht abfinden auf die These, dass das doch ein Programm ist bzw. ein „Therapievorschlag angesichts der Diagnose eines dramatischen Bruches zwischen Evangelium und moderner Kultur“ (Koch 1993: 112). Wäre es ein Wunderprogramm für die postkonziliare Kirche, hätte sie nicht so viel von ihrer Lebendigkeit verloren. Auch die Meinung, dass dieser Begriff ´Neuevangelisierung` oder die Idee selbst schon alles hinter sich hat, scheint eine zu leichte Abschreibung zu bedeuten.

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Was bedeuten diese gerade erwähnten drei allgemeinen Charakteristika? Wie weit sind

sie anwendbar? Welche Aufgaben stellen sie gegenüber den Migranten dar? Das sind bei der

Untersuchung der Neuevangelisierung unter Migranten die heikelsten Hauptfragen, die im

Kontext des säkularisierten Europa missiologisch und pastoral beantwortet werden. Ja, nach

allen präsentierten lehramtlichen und theologischen Überlegungen ist der Akzent auf

möglichst konkrete Lösungen zu setzen. Denn „die ´Neuevangelisierung` ist keine Frage von

Betrachtungsweisen oder guten Empfehlungen. Sie braucht klare Richtlinien, konkrete

Orientierungen und kühne Entscheidungen“ (Tapia 1992: 105). Diese Unternehmung ist aber

unerwartet auf eine Kernschwierigkeit gestoßen. Wenn die mühsame Sammlung fast aller

lehramtlichen Äußerungen möglich war, musste jetzt gewagt werden, die nicht immer

konventionellen Anregungen, Vorschläge oder bloß pastoralen Experimente zu formulieren.

Dafür braucht man nicht nur einen Traum von der Zukunftskirche, sondern den Mut, den

lehramtlichen Inhalt der Neuevangelisierung theologisch zu interpretieren und das Beste für

die Lokalkirche vorzuschlagen (vgl. 1 Thess 5,21). Die Formulierung neuer pastoraler

Angebote für Einzelne, Gruppen und kirchliche Institutionen erfordert im IV. Kapitel eine

indirekte Interpretation des apostolischen Eifers, der Methoden und Ausdrucksformen von

Neuevangelisierung. Zuerst wird auf die unvergänglichen Vorbilder im Eifer um ´Gottes

Haus`, d.h. auf die Apostel hingewiesen. Dieses Modell betrifft natürlich jeden Christen, der

im Kontakt mit den Anderen offen bleiben soll und sich gleichzeitig von der Evangelisie-

rungsaufgabe nicht zurückzieht. Die heutigen plurireligiösen bzw. –kulturellen Umstände in

Europa drängen auf die Qualität der Christen und nicht auf ihre Quantität. Die zahlreichen

Austritte aus den christlichen Kirchen, ihre schwachen und manchmal schädlichen Mitglieder

sind vorprogrammiert. Der glühende Eifer der apostolischen Verkündigung, die immer auf

Pfingsten verweist (vgl. NMI 40), kennt keine Angst vor der Säkularisierung, sondern setzt

sich mit ihr in einem Dialog bewusst auseinander. „Die schlimmsten Folgen solcher Denkart,

in der man für Dechristianisierung andere Personen und äußerliche Ursachen beschuldigt, ist

unser Ablassen vom sehr eifrigen Gebet, von radikaler Umkehr und vom sehr deutlichen

Zeugnis für Christus“487. Eine eifrige Verkündigung zielt also zuerst auf ein eigenes Leben,

das das Religiöse mit den Anderen zu teilen bzw. zu transformieren fähig ist.

487 Im polnischen Original steht: „Najgorszym następstwem stylu myślenia, który przypisuje dechrystianizację głównie przyczynom zewnętrznym jest to, Ŝe sami unikamy gorliwszej modlitwy, radykalnego nawrócenia i bardziej wyrazistego świadectwa o Chrystusie” (Sepioło 2001: 23). Fragt man, wie man im Neuevangelisie-rungskonzept eigentlich beten soll, wäre es zu einfach, nur auf Lk 11,1 hinzuweisen, denn „ein kurzschlüssiger Rückgriff auf alte Traditionen bzw. die ´Reaktivierung von Tradition` gewährleisten ja nicht von selbst die Evangeliumsgemäßheit einer gelingenden Neuevangelisierung“ (Collet 1996: 821). Doch gibt es in jüngeren Strömungen der Neuevangelisierung genug Beispiele, wie man dem Gebet einen neuen Inhalt geben kann (siehe z.B. Weigel 2002: 848; vgl. Nunnenmacher 1999: 226).

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Solch ein neuer Evangelisierungsstil setzt also Kenntnisse eigener und benachbarter

Kulturen voraus, was auch eine ständige Beobachtung bzw. Bewertung der angewendeten

evangelisatorischen Methoden impliziert. Diese sollen, je nach dem Empfänger, entsprechend

adaptiert werden. Es ist deshalb unmöglich, eine generelle, für alle Situationen transparente

Methode der Neuevangelisierung zu bieten. Doch in verschiedenen Kontexten entstehen

langsam solche Methoden, die aber spezifisch lokale Bedürfnisse zu befriedigen versuchen488.

Dabei bleiben die Quellen, Ziele und vor allem Inhalte der Neuevangelisierung (vgl. III.3.)

fast immer gleich, aber für eine adäquate Vermittlung des Evangeliums hält man noch mehr

als bloß didaktische Methodik. „Wir brauchen eine neue Pädagogik des Glaubens und neue

Methoden für die Neu-Evangelisierung: prophetische Methoden und Zeugnisse“ (O.A. 1992:

185). Aus diesem Grund ist es also viel besser, über spezifische, pastorale und vor allem

dynamische Unternehmungen zu reden, als künstlich ein allgemeines methodologisches

´panaceum` für Neuevangelisierung zu suchen.

Spricht man über neue Ausdrucksformen, ist nichts so wichtig wie einen ´neuen

pastoralen Lebensstil` zu verwirklichen, wie das Papst J.P.II. fordert (vgl. PDV 18). Diesen

neuen Stil bilden aber die konkreten Formen des Redens und Wirkens. Dabei muss unbedingt

jede Aktion des Subjekts der Neuevangelisierung von den Objekten gut bzw. klar bestimmt

und verstanden werden. Der feurige Eifer des Verkünders und seine effektivsten Medien

nützen nichts (vgl. EN 11), wenn die Perzeptionsfähigkeiten der Adressaten von Neuevange-

lisierung ungenügend sind. Deshalb weisen einige Autoren auf zwei fundamentale pastorale

Fehler bei der Auswahl von Formen der Verkündigung hin. Beide basieren auf der

Überzeugung, dass der religiöse Glaube und Glaubens-Wissen der Europäer ungenügend

ist489. Auch wenn das nur teilweise wahr wäre, würde das bloße Jammern über solche Realität

nicht helfen, wenn man nicht bereit wäre, den eigenen pastoralen Zugang zum Problem zu

reformieren. Besonders im Kontakt mit ethnischen Minderheitsgruppen ist es wichtig, ihre

Geschichte, Gewohnheiten und Glaubenseinstellungen gründlich kennen zu lernen. Das

gelungene gemeinschaftliche Zusammenleben setzt Erkennung und Anerkennung voraus.

488 Eine der schon erwähnten Methoden der Neuevangelisierung ist in dieser Arbeit die lateinamerikanische Inkulturationsmethode (siehe: III.1.2.2.c). Auf dem europäischen Kontinent schlägt man in Italien eine Methode der sog. ´Zellen` (G. Macchioni 1994) vor. In Polen beruft sich ein Autor auf Bibelapostolatsmethoden als einen bedeutenden Teil von Neuevangelisierung (siehe: Chrostowski 2001: 43-56). In Deutschland spricht man über die ´glaubwürdigen Methoden der Neuevangelisierung` (siehe: Koch 1992a: 646-653). 489 Bischof Zyciński behauptet, dass die ´normalen Gläubige` die ´traditionelle Seelsorge` deshalb nur wenig begreifen, weil die Priester bei ihren Zuhörern einen bestimmten Grad des Glaubens voraussetzen, wenngleich letztere denken, glauben und leben wie ´Heiden` (siehe: Zyciński 1992: 27). Ebenso scheint die Voraussetzung falsch zu sein, dass der gegenwärtige Mensch trotz seiner Religions- bzw. Ethikausbildung und Praktizierung fähig genug wäre, die übliche biblische, liturgische oder katechetische Sprache gut zu verstehen. Heute soll die Weitergabe der Neuevangelisierung „in der Kultur der Menschen, ihrer Sprache und ihrer Mentalität als Lebensfülle gefeiert werden“ (O.A. 1992: 184).

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Wie schon in den ersten zwei Kapiteln dieser Arbeit angedeutet, haben die Migranten

in ihrer Verschiedenheit genug Gründe bzw. Rechte, um in Europa zu bleiben, aber auch

genug Voraussetzungen, um sich als Bürger und Gläubige hier zu Hause zu fühlen. Natürlich

gibt es noch sehr viel zu tun und die Kirche als ´Leiterin` des schon gut entwickelten

Neuevangelisierungsprogramms soll sich auf keinen Fall daraus zurückziehen. Besonders die

Lokalkirchen, die schon lange Zeit nicht nur Kontakte, sondern sogar eine Symbiose mit den

ausländischen Menschen unterwegs bilden, sollen nach bemerkenswerten Aufforderungen

von Kard. Lehmann nicht an Wagemut leiden und nicht feige bzw. zu bequem werden (vgl.

Lehmann 2000: 178; vgl. Reese 1998: 378-383). Aus der konstruktiven Kritik in den eigenen

Reihen ist leicht zu lernen, dass Europa nicht die Welt ist und die europäische Kirche nicht

das Maß aller Dinge sein kann. Deswegen wird eine dringende Neugestaltung der Seelsorge

auf dem alten Kontinent gesucht. Die dargestellten Neuevangelisierungsaufgaben beinhalten

eine hohe Zahl konkreter Schritte und möglicher Anwendungen, um das gemeinsame

Zusammenwirken in einer Kirche fruchtbar zu machen. Die immer stärkere interkulturelle

Seelsorge braucht die einheimischen und ausländischen Gläubigen nicht zu einer

´Shoppingtour` durch die Gemeinden zu zwingen, bis sie sich einigermaßen wohl fühlen. Die

Neuevangelisierung unter Migranten verlangt für die Zukunft eine gewisse Neugestaltung der

europäischen Kirche. Solch eine „Kirche hätte nur eine Chance, wenn sie weniger steif,

weniger eintönig, weniger antiquiert auftreten würde, wenn sie buntere, vielfältigere,

lustbetontere Angebote offerieren würde“ (Barz 1997: 47), und das scheint möglich zu sein.

Wenn die aktuelle Wirklichkeit einer bedeutsamen Präsenz von Migranten einerseits und der

Neuevangelisierung in Europa anderseits mehr als bloßes Appellieren, Moralisieren und

Planen sein soll, dann ist nur eine flexible Pastoral, wie der Heilige Geist sie eingibt,

hinreichend imstande diese zwei Phänomene ziemlich nahe zusammenbringen. Dies kann

auch eine entscheidende Grundlage werden für ein friedliches postchristliches, aber doch

christliches Zusammenleben zwischen allen Arten von Menschen in einem gemeinsamen

europäischen Haus.

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308

A N H A N G

1. Abkürzungsverzeichnis

1.1. Allgemeine Abkürzungen

AAS Acta Apostolicae Sedis. Rom 1909 ff

Abb. Abbildung(en)

Abs. Absatz

AiD Ausländer in Deutschland. Saarbrücken 1984 ff

AIJ Amnesty International Jahresbericht

AN Arnoldus Nota (SVD-interner Nachrichtendienst)

Art. Artikel

Aufl. Auflage

AuslG Ausländergesetz

Bd(e). Band bzw. Bände

BAaF Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge

BEnz. Brockhaus Enzyklopädie. 19. Aufl. Mannheim 1986 ff

BND Bundesnachrichtendienst

Can. Kanon des CIC

CCEE Concilium Conferentiarum Episcopalium Europae

CEHILA Centro de estudios hispánicos e latinos. Asunción.

CELAM Consejo Episcopal de Latino América

CEP Conferencia Episcopal Paraguaya

CIC Codex Iuris Canonici

CPE Charta von Paris für ein neues Europa

DAS Der Apostolische Stuhl. Vollständige Dokumentation. Vatikan – Köln 1982 (1984)ff

DBK (Katholische) Deutsche Bischofskonferenz

D.C. Kürzel des Autors ´Damian Cichy`

DdW Diener des Wortes (Postkapitulare Bulletins SVD 1-12)

DfD Direktorium für Diakone

DfK Direktorium für Katechese

DfP Direktorium für Priester

d.h. das heißt

Diag. Diagramm

DmW Im Dialog mit dem Wort (Postkapitulare Bulletins SVD 1-3)

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309

DSW Deutsche Stiftung Weltbevölkerung

EAG Europäische Atomgemeinschaft

ebd. ebenda

ECRE European Council on Refugees and Exiles

Ed. editio, edicón, edited

EG Europäische Gemeinschaft

EGKS Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl

EKD Evangelische Kirche Deutschlands

EMR Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948

EMZ Evangelische Missionszeitschrift. Stuttgart 1940 ff

EOB Erzbischöfliches Ordinariat Berlin

ER Europarat

erw. erweiterte

EU Europäische Union

EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

EZU Europäische Zahlungsunion

Fasc. Faszikel

FFM Forschungsgesellschaft Flucht und Migration e.V.

gedr. gedruckt

GEO Bevölkerungsgeographie

GFS Kommission für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung

GG Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland

GK Generalkapitel SVD

GUS Gemeinschaft Unabhängiger Staaten

H. Heft

HdA Handbuch der Asylarbeit. Karlsruhe 2001ff

Hg. Herausgeber bzw. herausgegeben(e)

HK Herder Korrespondenz. Freiburg/Br. 1961ff

HRWR Human Rights Watch Report

IASE Institute for Applied Socio Economics

IDW Institut der deutschen Wirtschaft

II.V.K. Zweites Vatikanisches Konzil

IKaZ Internationale Katholische Zeitschrift (Communio)

IMIS Institut für Forschung und Interkultu relle Studien

INS Instrumentum Laboris

IOM International Organization for Migran ts

Jhg. Jahrgang

J.P.II. Papst Johannes Paul II.

Kard. Kardinal

KEK Konferenz Europäischer Kirchen

KKBW Kongregation für das Katholische Bildungswesen

Ko. Konstitutionen der Gesellschaft des Göttlichen Wortes. Rom 1983/2000

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310

LThK Lexikon für Theologie und Kirche. 3., völlig neu bearbeitete Aufl. Freiburg 1993 ff

NATO North Atlantic Treaty Organization

ND Nachrichtendienst des XI. Generalkapitels SVD (Bulletins 1-8)

NGO Non-Governmental-Organisation

Nr. Nummer

NSKM Nationaldelegatur der Spanischsprachigen Katholischen Missionen

NvG Neues vom XIII. Generalkapitel SVD (Bulletins 1-10)

NvK Neues vom XII. Kapitel SVD (Bulletins 1-8)

o.A. ohne Autor

OBS Ordentliche Bischofssynode

o.g. oben genannte

o.J. ohne Jahr

O.R. L´ Osservatore Romano. Vatikanstadt 1849ff

o.V. ohne Verlag

PCPMI Pontifical Commissions for the Pastoral of Migrants and Itinerant People

PITAC President’s Information Technology Advisory Committee

PKMU Päpstliche Kommission für den Menschen unterwegs

Pkt. Punkt

PWGB Päpstliches Werk für Geistliche Berufe

S. Seite

SBSE Sonderbischofssynode für Europa

SD Santo Domingo - Schlussdokumente

SDBK Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz

SDÜ Schengener Durchführungsübereinkommen – sog. Schengen II. von 1985

SdW Stimmen der Weltkirche

sog. so genannt

StZ Stimmen der Zeit. Freiburg / Breisgau 1871 ff

StL Staatslexikon. Hg. von H. Sacher. 7. Aufl. Freiburg-Basel-Wien 1985ff

STM -1 Das Erste Treffen der Steyler Migrantenseelsorger in St. Augustin 2000

STM -2 Das Zweite Treffen der Steyler Migrantenseelsorger in Lissabon 2001

SVD Societas Verbi Divini (Steyler Missionare)

Tab. Tabelle

ThG Theologie der Gegenwart. Hennef / Sieg 1957ff

ThPQ Theologisch-praktische Quartalschrift. Linz an der Donau 1848 ff

u.a. und andere

Übers. Übersetzung bzw. übersetzt

UN United Nations

UNHCR United Nations High Commissioner for Refugees

UN-GA United Nations - General Assembly

UN-PD United Nations - Population Division

VdAS Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls

verb. verbessert

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311

vgl. vergleiche

Vol. Volumen

WB Weltbank

WBB Weltbevölkerungsbericht

WEU Westeuropäische Union

WfW Wir folgen dem Wort (Postkapitulare Bulletins SVD 1-10)

WMR World Migration Report

z.B. zum Beispiel

ZfK Zeitschrift für Kulturaustausch. Stuttgart 1950 ff

ZMR Zeitschrift für Missionswissenschaft und Religionswissenschaft. Münster 1950 ff

1.2. Abkürzungen und Quellen kirchlicher Dokumente

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2. Literaturverzeichnis für das I. und II. Kapitel

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232-233. J.P.II. 1986.06.22: Ansprache an die belgische Gemeinde von Rom in der Kirche San Guiliano dei Fiamminghi am 22. Juni 1986. In: DAS 1986: 1463-1466. J.P.II. 1986.06.27: Ansprache anläßlich der europäischen Tagung der Missionare der Auswanderer (UCEI) am 27. Juni 1986. In: DAS 1986: 1481-1484. J.P.II. 1987.06.14: Homilia wygłoszona 14 czerwca 1987 r. na placu Defilad w Warszawie na zakończenie II Krajowego Kongresu Eucharystycznego. In: Chrostowski 2001: 43. J.P.II. 1987.07.04: Ansprache beim zweiten Pastoralbesuch in Österreich am 4. Juli 1987. In: Dokumentation der österreichischen Kirchenzeitungen, Nr. 27. Zitat nach Scheffczyk 1990: 332. J.P.II. 1987.11.26: Ansprache J.P. II. an die Mitglieder der Jahresversammlung der Päpstlichen Kommission für die Seelsorge am Menschen unterwegs am 26. November 1987. In: DAS 1987: 1724-1726. J.P.II. 1988.01.23: Ansprache an die Bischöfe der west- und norddeutschen Kirchenprovinzen anlässlich ihres Ad-limina-Besuchs am 23. Januar 1988. In: DAS 1988: 1571-1575. J.P.II. 1988.02.15: Angelus am 15. Februar 1998. In: DAS 1998: 22-23. J.P.II. 1988.05.25: Ansprache bei der Generalaudienz am 25. Mai 1988. In: DAS 1988: 86-91. J.P.II. 1988.06.05: Ansprache in der Pfarrkirche von Castel S. Giovanni am 5. Juni 1988. In: DAS 1988:

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In: DAS 1988: 609-615. J.P.II. 1988.10.12: Ansprache bei der Generalaudienz am 12. Oktober 1988. In: DAS 1988: 174-179. J.P.II. 1989.05.14: Predigt in der Eucharistiefeier am Pfingstsonntag, 14. Mai 1989. In: DAS 1989: 930-933. J.P.II. 1989.06.01: Ansprache an die Nordische Bischofskonferenz in Oslo (Norwegen) am 1. Juni 1989.

In: DAS 1989: 364-368. J.P.II. 1998.08.23: Ansprache bei der Generalaudienz am 23. August 1989. In: DAS 1989: 163-166. J.P.II. 1989.09.05: Ansprache an 600 Pilger des Bistums Regensburg am 5. September 1989.

In: DAS 1989: 1044-1045. J.P.II. 1989.10.02: Gemeinsame Erklärung zum Abschluss der Begegnung mit dem Primas der Anglikanischen Gemeinschaft, Erzbischof Robert Runcie, vom 2. Oktober 1989. In: DAS 1989: 1513-1515. J.P.II. 1989.12.04: Ansprache beim Ad-limina-Besuch der kolumbianischen Bischöfe am 4. Dezember 1989.

In: DAS 1989: 1313-1317. J.P.II. 1990.02.24: Ansprache an die brasilianischen Bischöfe der Region ´Süd IV` beim Ad-limina-Besuch am 24. Februar 1990. In: DAS 1990: 1293-1298. J.P.II. 1990.03.18: Ansprache an die Priester, Ordensleute und Laien in der Kathedrale von Ivrea am 18. März 1990. In: DAS 1990: 354-357. J.P.II. 1990.05.13: Predigt bei der Eucharistiefeier in Willemstadt (Niederländische Antillen) am 13. Mai 1990. In: DAS 1990: 509-511. J.P.II. 1990.05.31: Ansprache an die brasilianischen Bischöfe der Region ´Nord II` anlässlich ihres Ad-limina- Besuches am 31. Mai 1990: In: DAS 1990: 1312-1315. J.P.II. 1990.06.05: Ansprache an die Mitglieder der Tagung zur Vorbereitung der Sonderversammlung der Bischofssynode für Europa am 5. Juni 1990. In: DAS 1990: 931-938. J.P.II. 1990.06.16: Ansprache an Pilger aus Wittichenau/Görlitz am 16. Juni 1990. In: DAS 1990: 943. J.P.II. 1990.07.02: Predigt bei der Eucharistiefeier in Benevent am 2. Juli 1990. In: DAS 1990: 552-553. J.P.II. 1990.07.05: Ansprache an die brasilianischen Bischöfe der Region ´Mitte-West` bei ihrem Ad-limina- Besuch am 5. Juli 1990. In: DAS 1990: 1319-1322. J.P.II. 1990.09.23: Ansprache an die Bevölkerung von Argenta sowie Kirchenvertreter aus der ganzen Region Emilia-Romagna am 23. September 1990. In: DAS 1990: 690-693. J.P.II. 1990.10.14: Predigt bei der Messe auf der Piazza della Vittoria am 14. Oktober 1990. In: DAS 1990:

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In: DAS 1991: 287-290. J.P.II. 1991.03.19a: Predigt beim Pastoralbesuch in Camerino / San Severino (Marken) am 19. März 1991.

In: DAS 1991: 279-282. J.P.II. 1991.04.11: Ansprache J.P. II. an die Teilnehmer der 11. Vollversammlung des Päpstlichen Rates der Seelsorge für die Einwanderer und Menschen unterwegs am 11. April 1991. In: DAS 1991: 1003ff. J.P.II. 1991.04.22: Ansprache an die Mitglieder des Generalkapitels der Unbeschuhten Karmeliter am 22. April 1991. In: DAS 1991: 1034-1036. J.P.II. 1991.04.23: Predigt in der Messe zu Ehren des hl. Ignatius von Loyola anlässlich des 450. Jahrestages der Gründung der Gesellschaft Jesu am 23. April 1991. In: DAS 1991: 1039-1042. J.P.II. 1991.05.13: Ansprache an die Portugiesische Bischofskonferenz am 13. Mai 1991. In: DAS 1991:

354-359. J.P.II. 1991.05.13a: Brief an die Mitbrüder im Bischofsamt des europäischen Kontinents vom 13. Mai 1991.

In: DAS 1991: 1140-1142. J.P.II. 1991.05.25: Ansprache an italienische Generalobere und -oberinnen am 25. Mai 1991. In: DAS 1991: 1165-1167. J.P.II. 1991.08.16: Predigt bei der Eucharistiefeier in Esztergom am 16. August 1991: In: DAS 1991: 611-617. J.P.II. 1991.08.18: Ansprache bei der ökumenischen Begegnung in Debrecen am 18. August 1991. In: DAS 1991: 644-649. J.P.II. 1991.09.08: Ansprache an die Priester und Ordensleute am 8. September 1991. In: DAS 1991: 702-706. J.P.II. 1991.10.25: Ansprache beim Ad-limina-Besuch der Bischöfe Liguriens am 25. Oktober 1991. In: DAS 1991: 1445-1448. J.P.II. 1991.10.31: Ansprache zum Abschluss des vorsynodalen Symposions europäischer Wissenschaftler im Vatikan am 31. Oktober 1991. In: DAS 1991: 1312-1316. J.P.II. 1991.12.07: Predigt beim Ökumenischen Gebetsgottesdienst anlässlich der Sondersynode für Europa am 7. Dezember 1991. In: DAS 1991: 1359-1362. J.P.II. 1991.12.17: Predigt beim Gottesdienst mit Studenten und Lehrern der römischen Hochschulen am 17. Dezember 1991. In: DAS 1991: 1379-1382. J.P.II. 1991.12.23: Ansprache im Anschluss an die Glückwünsche der Kardinäle am 23. Dezember 1991.

In: DAS 1991: 1382-1389. J.P.II. 1992.01.01: Predigt am Weltfriedenstag, 1. Januar 1992. In: DAS 1992: 521-523. J.P.II. 1992.01.18: Ansprache an die Bischöfe der Region ´Nordfrankreich` bei ihrem Ad-limina-Besuch am 18. Januar 1992. In: DAS 1992: 1097-1101. J.P.II. 1992.01.19: Angelus am 19. Januar 1992. In: DAS 1992: 13-14. J.P.II. 1992.03.08: Angelus am 8. März 1992. In: DAS 1992: 41-43. J.P.II. 1992.04.09: Ansprache beim Treffen mit den Jugendlichen in Rom am 9. April 1992. In: DAS 1992:

736-739. J.P.II. 1992.04.25: Ansprache beim Ad-limina-Besuch der österreichischen Bischöfe am 25. April 1992.

In: DAS 1992: 1183-188. J.P.II. 1992.05.01: Predigt auf dem Messegelände in Pordenone am 1. Mai 1992. In: DAS 1992: 316-320. J.P.II. 1992.05.01a: Ansprache an die Priester und Ordensleute der Diözese von Triest am 1. Mai 1992.

In: DAS 1992: 328-332. J.P.II. 1992.05.14: Ansprache an die Italienische Bischofskonferenz während ihrer 35. Vollversammlung am 14. Mai 1992. In: DAS 1992: 801-808. J.P.II. 1992.05.18: Ansprache an die Pilger bei der Sonderaudienz anlässlich der Seligsprechung von Josemaría Escrivá de Balaguer am 18. Mai 1992. In: DAS 1992: 815-818 J.P.II. 1992.06.14: Angelus am 14. Juni 1992. In: DAS 1992: 101-102. J.P.II. 1992.06.16: Botschaft zum 91. Deutschen Katholikentag vom 16. Juni 1992. In: DAS 1992: 855-858. J.P.II. 1992.06.19: Grußworte an die Österreichische Katholische Hochschulverbindung ´Amelungia` vom 19. Juni 1992. In: DAS 1992: 860-861. J.P.II. 1992.07.11: Ansprache an die Schweizer Bischöfe bei ihrem Ad-limina-Besuch am 11. Juli 1992.

In: DAS 1992: 1202-1207. J.P.II. 1992.10.03: Rede an die Bischöfe von Afrika, die für die Familien-Pastoralarbeit verantwortlich sind.

In: O.R. (deutsch) 3. Oktober 1992. S. 4f. J.P.II. 1992.10.10: Predigt in der heiligen Messe mit dem Klerus und den Ordensleuten in Santo Domingo am 10. Oktober 1992. In: DAS 1992: 458-465. J.P.II. 1992.10.12: Eröffnungsansprache zur 4. Generalversammlung der lateinamerikanischen Bischöfe in Santo Domingo am 12. Oktober 1992. In: DAS 1992: 479-485.

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J.P.II. 1992.10.13: Botschaft an die Afroamerikaner in Santo Domingo am 13. Oktober 1992. In: DAS 1992: 504-507. J.P.II. 1992.10.21: Generalaudienz am 21. Oktober 1992. In: DAS 1992: 152-153. J.P.II. 1992.11.08: Angelus am 8. November 1992. In: DAS 1992: 168-169. J.P.II. 1992.11.12: Ansprache an die Vollversammlung des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden am 12. November 1992. In: DAS 1992: 954-955. J.P.II. 1992.11.26: Ansprache an die Vorsitzenden der Pastoralkommissionen der europäischen Bischofskonfe- renzen ´Familie und Leben` am 26. November 1992. In: DAS 1992: 993-995. J.P.II. 1992.12.06: Angelus am 2. Adventssonntag, 6. Dezember 1992. In: DAS 1992: 192-193. J.P.II. 1992.12.13: Angelus am 3. Adventssonntag, 13. Dezember 1992. In: DAS 1992: 198-199. J.P.II. 1992.12.14: Ansprache an die Bischöfe aus Nordwestdeutschland anlässlich ihres Ad-limina-Besuchs am 14. Dezember 1992. In: DAS 1992: 1074-1082. J.P.II. 1992.12.18: Ansprache an das Generalkapitel der Legionäre Christi am 18. Dezember 1992. In: DAS 1992: 1030-1032. J.P.II. 1993.01.15: Ansprache beim Ad-limina-Besuch der zweiten Gruppe polnischer Bischöfe am 15. Januar 1993. In: DAS 1993: 1387-1395. J.P.II. 1993.01.28: Ansprache an die ungarischen Bischöfe beim Ad-limina-Besuch am 28. Januar 1993.

In: DAS 1993: 1399-1405. J.P.II. 1993.02.27: Ansprache an die litauischen Bischöfe bei ihrem Ad-limina-Besuch am 27. Februar 1993.

In: DAS 1993: 1335-1339. J.P.II. 1993.03.06: Dankworte zum Abschluss der Fastenexerzitien am 6. März 1993. In: DAS 1993: 776-777. J.P.II. 1993.04.14: Schreiben an die Versammlung des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen vom 14. April 1993. In: DAS 1993: 839-841. J.P.II. 1993.04.16: Ansprache an den Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) am 16. April 1993.

In: DAS 1993: 841-846. J.P.II.1993.04.24: Ansprache an die Teilnehmer des internationalen Symposiums über das Kanonische Recht am 23. April 1993. In: DAS 1993: 872: 876. J.P.II. 1993.04.29: Ansprache an die Präsidenten der Katechesekommissionen der Bischofskonferenzen am 29. April 1993. In: DAS 1993: 880-884. J.P.II. 1993.05.07: Schreiben an den Generalabt der Prämostratenser anlässlich der 850-Jahr-Feier der Ordensgründung vom 7. Mai 1993. In: DAS 1993: 899-901. J.P.II. 1993.05.13: Ansprache an die Italienische Bischofskonferenz am 13. Mai 1993. In: DAS 1993: 904-907. J.P.II. 1993.06.02: Botschaft an das Generalkapitel der Kongregation der Priester vom Heiligsten Sakrament vom 2. Juni. 1993. In: DAS 1993: 943-945. J.P.II. 1993.06.12: Ansprache an die Bischöfe, Priester und Ordensleute in der Kathedrale von Sevilla am 12. Juni 1993. In: DAS 1993: 453-456. J.P.II. 1993.08.12: Predigt in der Messe mit den Delegierten des Internationalen Jugendforums in Denver am 12. August 1993. In: DAS 1993: 536-540. J.P.II. 1993.08.15: Botschaft an die Jugendlichen der Welt zum VIII. Weltjugendtag in Denver am 15. August 1993. In: DAS 1993: 1116-1121. J.P.II. 1993.08.29: Angelus in Castel Gandolfo am 29. August 1993. In: DAS 1993: 153-154. J.P.II. 1993.09.04: Ansprache auf dem internationalen Flughafen von Vilnius am 4. September 1993. In: DAS 1993: 569-570. J.P.II. 1993.09.15: Ansprache bei der Generalaudienz am 15. September 1993. In: DAS 1993: 161-164. J.P.II. 1993.09.21: Ansprache an die amerikanischen Bischöfe aus Neu-England anlässlich ihres Ad-limina- Besuchs am 21. September 1993. In: DAS 1993: 1435-1439. J.P:II. 1993.09.25: Ansprache an die Priester, Ordensleute und Mitglieder der Säkularinstitute in der Kirche

S. Secondo in Asti am 25. September 1993. In: DAS 1993: 669-671. J.P.II. 1993.11.19: Ansprache an die kanadischen Bischöfe aus Ontario anlässlich ihres Ad-limina-Besuchs vom 19. November 1993. In: DAS 1993: 1326-1330. J.P.II. 1993.11.21: Botschaft an die Jugend der Welt zur Feier des IX. und X. Weltjugendtages vom 21. November 1993. In: DAS 1993: 1216-1221. J.P.II. 1993.11.26: Ansprache an die Teilnehmer am internationalen Kongress der Generaloberen am 26. November 1993. In: DAS 1993: 1224-1228. J.P.II. 1994.01.06: Angelus am Fest der Erscheinung des Herrn, 6. Januar 1994. In: DAS 1994: 9-10. J.P.II. 1994.02.12: Ansprache an die Delegierten der 17. Versammlung des Italienischen Exerzitienbundes (FIES) am 12. Februar 1994. In: DAS 1994: 458-459. J.P.II. 1994.03.16: Ansprache an die Jugendlichen am 16.03.1994. In: DAS 1994: 510-511. J.P.II. 1994.03.29: Ansprache an die UNIV-Jugend am 29.03.1994. In: DAS 1994: 544-547. J.P.II. 1994.09.27: Ansprache beim Ad-limina-Besuch der Bischöfe von Peru (2. Gruppe) am 27. September 1994. In: DAS 1994: 991-995. J.P.II. 1994.11.10: Apostolisches Schreiben an die Bischöfe, Priester und Gläubigen zur Vorbereitung auf das Jubeljahr 2000 vom 10. November 1994. In: DAS 1994: 747-781.

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J.P.II. 1994.11.14: Ansprache an die Mitglieder der Synode der Chaldäischen Kirche am 14.November 1994. In: DAS 1994: 1013-1017.

J.P.II. 1994.11.20: Botschaft J.P. II. zum WELTTAG für die MIGRANTEN am 20. November 1994 (vom 6. August 1993). In: DAS 1994: 672-675. J.P.II. 1994.12.03: Brief an Pater Peter-Hans Kolvenbach, Generalleiter des Gebetsapostolats, zu dessen 150. Gründungstag, vom 3. Dezember 1994. In: DAS 1994: 836-838. J.P.II. 1995.06.08: Ansprache aus Anlass der IV. Internationalen Konferenz über die Seelsorge für die Nomaden; am 7. Juni 1995. In: O.R. (deutsch) vom 30 Juni 1995. Nr. 26. S. 10-11. J.P.II. 1995.09.09: Ansprache auf dem Europäischen Jugendtreffen mit dem Papst in Loreto am 9.Sept. 1995. In: Schwarz 1996: 1039-1041. J.P.II. 1995.09.14: Nachsynodales Apostolisches Schreiben ´Ecclesia in Africa` von 14. September 1995.

In: O.R. (deutsch) vom 29. Sept. 1995. Nr. 39. S. 9-23. J.P.II. 1997.06.03: Predigt bei der heiligen Messe in Gnesen am 3. Juni 1997. In: O.R. (deutsch) Nr. 24/1997. S. 9-11. J.P.II. 1997.11.09: Botschaft zum 84. Welltag der Migranten und Flüchtlinge 1998; aus dem Vatikan am 9. November 1997. In: O.R. (deutsch) von 12. Dezember 1997. Nr. 50. S. 7-8. J.P.II. 1998.01.06: Predigt bei der Bischofsweihe am Hochfest der Erscheinung des Herrn, 6. Januar 1998. In: DAS 1998: 368-370. J.P.II. 1998.01.16: Ansprache an die Vollversammlung der Päpstlichen Kommission für sakrale Archäologie am 16. Januar 1998. In: DAS 1998: 391-393. J.P.II. 1998.02.15: Angelus am 15. Februar 1998. In: DAS 1998: 22-23. J.P.II. 1998.05.18: Ansprache an die Mitglieder des Generalkapitels des Kleinen Werkes der Göttlichen Vorsehung (Don Orione) am 18. Mai 1998. In: DAS 1998: 531-534. J.P.II. 1998.06.19: Predigt bei der Eucharistiefeier im Dom zu Sankt Rupert und Virgil in Salzburg am 19. Juni 1998. In: DAS 1998: 285-290. J.P.II. 1998.06.21: Ansprache bei der Seligsprechung der Diener Gottes Restituta Kafka, Jakob Kern und Anton Maria Schwarz 21. Juni 1998. In: O.R. (deutsch) vom 26 Juli 1998. Nr. 25. S. 8. J.P.II. 1998.07.01: Generalaudienz am 1. Juli 1998. In: DAS 1998: 93-95. J.P.II. 1998.09.11: Ansprache für das III. Internationale Benediktinerinnen-Symposium der Äbtissinnen und Priorinnen am 11. September 1998. In: DAS 1998: 654-656. J.P.II. 1998.09.14a: Ansprache beim Ad-limina-Besuch der Bischöfe der Tschechischen Republik am 14. September 1998. In: DAS 1998: 1005-1008. J.P.II. 1998.10.04: Ansprache bei der Begegnung mit der Kroatischen Bischofskonferenz in Split am 4. Oktober 1998. In: DAS 1998: 341-345. J.P.II. 1998.10.04a: Predigt bei der Eucharistiefeier in ´Znjan`- Split am 4. Oktober 1998. In: DAS 1998:

349-352. J.P.II. 1998.10.06: Ansprache bei der Sonderaudienz für die Mitglieder des Katholischen Apostolates – Pallottiner am 6. Oktober 1998. In: DAS 1998: 759-761. J.P.II. 1998.10.16: Ansprache bei der Sonderaudienz für die polnischen Pilger anlässlich des 20. Jahrestages der Papstwahl am 16. Oktober 1998. In: DAS 1998: 773-776. J.P.II. 1998.10.24: Ansprache beim Ad-limina-Besuch der amerikanischen Bischöfe von Boston und Hartford (USA) am 24. Oktober 1998. In: DAS 1998: 1075-1080. J.P.II. 1998.11.29: Verkündigungsbulle des Großen Jubiläums des Jahres 2000 vom 29. November 1998 ´Incarnationis mysterium`. In: DAS 1999: 845-857. J.P.II. 1998.12.08: Predigt am Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria am 8. Dezember 1998. In: DAS 1998: 873-876. J.P.II. 1998.12.26: Brief an die Arbeitnehmer der Stadt Rom vom 26. Dezember 1998. In: DAS 1998: 1026f. J.P.II. 1999.01.22: Nachsynodales Apostolisches Schreiben ´Ecclesia in America` vom 22. Januar 1999

In: VdAS; Nr. 114. Hg. von SDBK. Bonn. J.P.II. 1999.02.02: Botschaft zum Welttag für die Migranten 1999. In: O.R. (deutsch) vom 26. Februar 1999.

Nr. 9. S. 8-9. J.P.II. 1999.03.28: Predigt am Palmsonntag von 28. März 1999. In: O.R. (deutsch) vom 16. April 1999. Nr. 16. S. 8f. J.P.II. 1999.04.25: Regina Caeli am Sonntag 25. April 1999. In: O.R. (deutsch) vom 30. April 1999. Nr. 18. S. 1. J.P.II. 1999.06.11: Botschaft an die polnische Bischofskonferenz vom 11. Juni 1999. In: O.R. (deutsch) vom 2. Juli 1999. Nr. 27. S. 7f. J.P.II. 1999.06.11a: Predigt zum Abschluss der II. Polnischen Nationalsynode am 11. Juni 1999. In: O.R. (deutsch) vom 2. Juli 1999. Nr. 27. S. 8f. J.P.II. 1999.08.28: Ansprache an die Bischöfe der Elfenbeinküste zum Ad-limina Besuch am 28. August 1999. In: O.R. (deutsch) vom 24. Sept. 1999. Nr. 39. S. 8f. J.P.II. 1999.09.17: Ansprache an die Bischöfe Litauens zum Ad-limina Besuch am 17. September 1999.

In: O.R. (deutsch) vom 22. Okt. 1999. Nr. 43. S. 15f.

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J.P.II. 1999.10.01: Predigt zur Eröffnung der Zweiten Sonderversammlung der Bischofssynode für Europa am 1. Oktober 1999. In: O.R. (deutsch) vom 8. Okt. 1999. Nr. 41. S. 1. J.P.II. 1999.11.14: Angelus am Sonntag 14. November 1999. In: O.R. (deutsch) vom 19. Nov. 1999. Nr. 47.

S. 1. J.P.II. 1999.12.15: Generalaudienz am 15. Dezember 1999. In: O.R. (deutsch) vom 24. Dez. 1999. Nr. 52/53.

S. 2f. J.P.II. 1999.12.31: Homilie – Vesper und ´Te Deum` zum Jahresabschluss am 31. Dezember 1999. In: O.R. (deutsch) vom 7. Jan. 2000. Nr. 1. S. 6. J.P.II. 2000.01.15: Ansprache an die Teilnehmer des Treffens zur Vorbereitung des Weltjugendtages; am 15. Januar 2000. In: O.R. (deutsch) vom 4. Feb. 2000. Nr. 5. S. 9. J.P.II. 2000.02.19: Ansprache beim ´Jubiläum der Ständigen Diakone` am 19. Februar 2000. In: O.R. vom 3. März 2000. Nr. 9. S. 11. J.P.II. 2000.02.20: Angelus am Sonntag 20. Februar 2000. In: O.R. (deutsch) vom 18. Feb. 2000. Nr. 8. S. 1. J.P.II. 2000.03.31: Ansprache an die Vollversammlung der Päpstlichen Kommission für die Kulturgüter der Kirche am 31. März 2000. In: O.R. (deutsch) vom 14. April 2000. Nr. 15. S. 12. J.P.II. 2000.04.16: Angelus am Sonntag 16. April 2000. In: O.R. (deutsch) vom 21. April 2000. Nr. 16. S. 7. J.P.II. 2000.10.22: Angelus am Sonntag 22. Oktober 2000. In: O.R. (deutsch) vom 27. Okt. 2000. Nr. 43. S. 1. J.P.II. 2000.10.22a: Predigt am 22. Oktober 2000 in der Eucharistiefeier auf dem Petersplatz am Weltmissionssonntag. In: O.R. (deutsch) vom 3. November 2000. Nr. 44. S. 7. J.P.II. 2000.11.10: Botschaft an die Römische Union des Ursulinenordens vom 10. November 2000. In: O.R. (deutsch) vom 2. Feb. 2001. Nr. 5. S. 10. J.P.II. 2001.01.19: Ansprache an die Professoren und Studenten des Päpstlichen Instituts für Kirchenmusik anlässlich des 90. Jahrestages seiner Gründung am 19. Januar 2001. In: O.R. (deutsch) vom 9. Feb. 2001. Nr. 6. S. 10. J.P.II. 2001.01.20: Ansprache an die Teilnehmer des Symposiums zum 10. Jahrestag der Enzyklika ´Redemptoris missio` am 20. Januar 2001. In: O.R. (deutsch) vom 9. Feb. 2001. Nr. 6. S. 8. J.P.II. 2001.01.24: Botschaft zum 35. Welttag der sozialen Kommunikation vom 24. Januar 2001. In: O.R. (deutsch) vom 2. Feb. 2001. Nr. 5. S. 11. J.P.II. 2001.02.03: Ansprache an die albanischen Bischöfe bei ihrem Ad-limina-Besuch am 3. Februar 2001.

In: O.R. (deutsch) vom 16. März 2001. Nr. 11. S. 9f. J.P.II. 2001.02.09: Ansprache an die Bischöfe Zentralasiens bei ihrem Ad-limina-Besuch am 9. Februar 2001. In: O.R. (deutsch) vom 2. März 2001. Nr. 9. S. 10. J.P.II. 2001.02.13: Ansprache anlässlich des 70-jährigen Bestehens von Radio Vatikan; am 13. Februar 2001.

In: O.R. (deutsch) vom 2. März 2001. Nr. 9. S. 9. J.P.II. 2001.02.14: Botschaft an die Diözese Rom zum Abschluss des großen Jubiläumsjahres 2000 vom 14. Februar 2001. In: O.R. (deutsch) vom 2. März 2001. Nr. 9. S. 10. J.P.II. 2001.03.30: Ansprache an die Mitglieder der Kommission der Bischofkonferenzen der Europäischen Gemeinschaft am 30. März 2001. In: O.R. (deutsch) vom 13. April 2001. Nr. 15/16. S. 15. J.P.II. 2001.06.01: Botschaft an die Teilnehmer der 12. Generalversammlung des Päpstlichen Instituts für auswärtige Missionen am 1. Juni 2001. In: O.R. (deutsch) vom 20. Juli 2001. Nr. 29. S. 12. J.P.II. 2001.06.24: Ansprache an die ukrainischen Bischöfe in Kiew am 24. Juni 2001. In: O.R. (deutsch) vom 6. Juli 2001. Nr. 27. S. 8. J.P.II. 2001.06.29: Angelus am Sonntag 29. Juni 2001. In: O.R. (deutsch) vom 6. Juli 2001. Nr. 27. S. 2. J.P.II. 2001.07.25: Botschaft zum Welttag der Migranten und Flüchtlinge vom 25. Juli 2001. In: O.R. (deutsch) vom 30. Nov. 2001. Nr. 48. S. 8. J.P.II. 2001.09.09: Angelus am 9. September 2001. In: O.R. (deutsch) vom 14. Sept. 2001. Nr. 37. S. 3. J.P.II. 2001.11.10: Botschaft an die geistliche Familie ´Das Werk` vom 10. November 2001. In: O.R. (deutsch) vom 16. Nov. 2001. Nr. 46. S. 4. J.P.II. 2001.11.17: Botschaft an die Vereinigung der Konferenzen der höheren Ordensoberen auf europäischer Ebene; vom 17. Nov. 2001. In: O.R. (deutsch) vom 7. Dezember 2001. Nr. 49. S. 8. J.P.II. 2001.12.11: Ansprache an die Bischöfe der Chaldäischen Kirche aus Anlass ihres Ad-limina-Besuchs, am 11. Dezember 2001. In: In: O.R. (deutsch) von 04.01.02. Nr. 1. S. 11. J.P.II. 2001.12.22: Audienz für die Mitglieder der Römischen Kurie am 22. Dezember 2001. In: O.R. (deutsch) von 11.01.02. Nr. 2. S. 7. J.P.II. 2002.01.06: Predigt bei der Bischofsweihe am Hochfest der Erscheinung des Herrn, 6. Januar 2002. In: O.R. (deutsch) vom 11.01.02. Nr. 2. S. 1. J.P.II. 2002.02.11: Botschaft an Msgr. Luigi Giussani zum 20. Jahrestag der Anerkennung der Fraternität von ´Comunione e Liberazione` durch den Päpstlichen Rat für die Laien; am 11. Februar 2002. In: O.R. (deutsch) von 19. April 2002. Nr. 16. S. 9. J.P.II. 2002.02.15: Audienz für das Generalat des Dominikanerordens am 15. Februar 2002. In: O.R. (deutsch) vom 22. März 2002. Nr. 12. S. 8. J.P.II. 2002.03.09: Audienz für eine polnische Pilgergruppe anlässlich (…) der Neuordnung der Kirche in Polen am 9. März 2002. In: O.R. (deutsch) vom 26.04.02. Nr. 17. S. 9.

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J.P.II. 2002.03.11: Audienz für eine Delegation der griechisch-orthodoxen Kirche am 11. März 2002. In: O.R. (deutsch) vom 19.04.02. Nr. 16. S. 10-11. J.P.II. 2002.03.22: Botschaft für die Teilnehmer des Generalkapitels der Kongregation der christlichen Brüder am 22. März 2002. In: O.R. (deutsch) vom 19.04.02. Nr. 16. S. 12. J.P.II. 2002.04.25: Ansprache für die Teilnehmer des Symposiums der Europäischen Bischöfe vom 25. April 2002. In: O.R. (deutsch) vom 10. Mai 2002. Nr. 19. S. 9. J.P.II. 2002.05.13: Botschaft an Kard. Paul Poupard am 13. Mai 2002. In: O.R. (deutsch) vom 20.06.02.

Nr. 26. S.12. J.P.II. 2002.05.17: Botschaft an die Teilnehmer am Generalkapitel der Kongregation der Patres und Brüder vom Hl. Vinzenz von Paul; am 17. Mai 2002. In: O.R. (deutsch) vom 20.06.02. Nr. 26. S. 8. J.P.II. 2002.05.31: Audienz für die Teilnehmer an der Versammlung der Kongregation für die Evangelisierung der Völker am 31. Mai 2002. In: O.R. (deutsch) vom 21. Juni 2002. Nr. 25. S. 10. J.P.II. 2002.06.25: Botschaft an den Großerzbischof von Lemberg, Lubomyr Kard. Husar, anlässlich einer Versammlung der griechisch-katholischen Kirche der Ukraine; aus dem Vatikan am 25. Juni 2002.

In: O.R. (deutsch) vom 10.07.02. Nr. 29. S. 8. J.P.II. 2002.07.05: Botschaft an den Generaloberen der Regulärkleriker vom 5. Juli 2002. In: O.R. (deutsch) vom 13. September 2002. Nr. 37. S. 8. J.P.II. 2002.07.10: Schreiben an den obersten Rat der Columbusritter vom 10. Juli 2002. In: O.R. (deutsch) vom 06.09.02. Nr. 36. S. 11-12. J.P.II. 2002.07.11: Botschaft an das Generalkapitel der Schwestern vom Hl. Johannes dem Täufer und der Hl. Katharina von Siena; vom 11. Juli 2002. In: O.R. (deutsch) vom 06.09.02. Nr. 36. S. 8. J.P.II. 2002.09.05: Ansprache an die Bischöfe von Brasilien (Region Ost 1) anlässlich ihres Ad-limina-Besuches am 5. September 2002. In: O.R. (deutsch) von 27.09.02. Nr. 39. S. 10-11. J.P.II. 2002.09.21: Ansprache an die Katechisten und Priester des neokatechumenalen Weges vom 21. September 2002. In: O.R. (deutsch) vom 11.10.02. Nr. 41. S. 9. J.P.II. 2003.01.12: Botschaft J.P. II. am 12. Januar 2003 zum Weltmissionstag 2003. In: O.R. (deutsch) vom 28.02.03. Nr. 9. S. 7.

3.3. Literatur aus dem Internet

ANTES, Peter, 1998: Europäische Identität und die Religionen. Abstrakt des Vortrages, gehalten am 17. Nov. 1998 im Rahmen des Forschungskolloquiums Europäische Integration Universität Hannover. In: //www.soz.uni-hannover.de/eu/antes1.htm gedr. 06.03.01.

BAKALARZ, Józef, 2000: Misjonarz Migrantów w prawodawstwie powszechnym Kościoła.

In: //www.wsds.poznan.pl/rae/ksiazka_tytul.htm gedr. 03.11.00. BAKALARZ, Józef, 2000a: Misjonarz Migrantów w prawodawstwie powszechnym Kościoła.

In: //www.wsdsc.poznan.pl/rae/ksiazka_koniec.htm gedr. 03.11.00. CCEE, 2003: Dem Herzen Europas Christus erzählen. Pressemitteilung von der 33. CCEE-Vollversammlung in Vilnius. In: //www.ccee.ch/deutsch/presse/2003plenariafine.htm gedr. 08.11.03. CHARTA, 2001: Charta Oecumenica. Leitlinien für die wachsende Zusammenarbeit unter den Kirchen in Europa. (Originalsprache: Deutsch). Hg. vom Rat der Europäischen Bischofskonferenzen und der Konferenz Europäischer Kirchen. St. Gallen / Geneva. In: //www.ccee.ch/deutsch/arbeitsfelder/ Charta%20TEDESCO.htm gedr. 30.11.02. DECHOW, J. u.a., 2003: Zum Missions- und Ökumeneverständnis der Hauptvorlage „Gott hat sein Volk nicht verstoßen“. In: //www.oikoumene.de/oekumene/dialog/stellung01.htm gedr. 13.01.03. DfK, 1997: Direktorium für Katechese. Hg. von der Kongregation für den Klerus am 15. August 1997.

In: //www.vativan.va/roman_curia/congregations/cclergy/dokuments/ gedr. 26.03.02.

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GIORDANO, Aldo, 2002: A visit to the frontiers of Europe. The President of the CCEE visits Kazakstan. In: http://www.ccee.ch/english/press/kasachstan.htm gedr.08.11.03.

GRAB, Amédée, 2003: Prolusion by Bishop Amédée Grab, CCEE President. Plenaria CCEE in Vilnius, 2-5 ottobre 2003. Dok. Nr. 1.6. In: //www.ccee/english/press/prolusione% presidente%20inglese.pdf

gedr. 08.11.03. HOYOS, Castrillón Darío, 2000: Der Priester, Diener der Hoffnung und Epiphanie Gottes unter den Menschen. Vortrag am 15. Mai 2000. In: //www.vatican.va/roman_curia/congregations gedr. 17.10.02. KEK, 2002: Konferenz Europäischer Kirchen. Offizielle Internetseite. In: /www.christkath.ch/oekumene/kek.htm gedr. 02.12.02. LEHMANN, Karl, 1996 : Dokumente des IX. Symposiums der Europäischen Bischöfe, Rom 1996. „Kirche und Glaube in einer pluralistischen Gesellschaft“. In: //www.ccee.ch/deutsch/ereignisse/symposion/referat 6.htm gedr. 30.11.02. MURPHY-O’CONNOR, Cormac, 2002: X. Symposium der europäischen Bischöfe. „Die Evangelisierung junger Menschen im postmodernen Europa“. 24.-28. April 2002. Rom. In: //www2.chiesacattolica.it/sir/fromsir/oconnorted.rtf gedr. 26.10.02. MUSZYNSKI, Henryk, 1996: Dokumente des IX. Symposiums der Europäischen Bischöfe, Rom 1996. „Der

Platz der Kirche bei der Mitgestaltung pluralistischer Gesellschaften“. In: //www.ccee.ch/deutsch/ ereignisse/symposion/referat6.htm gedr. 30.11.02.

PRZECISZEWSKI, Marcin, 2001: Nowa Ewangelizacja. E.Kai Agencja. Warszawa. 26.10.2001. In: http://andrzej.kai.pl/ekai/papiez/?print=1&MID=1202 gedr. 15.03.02. SBSE, 1999: Botschaft der Zweiten Sonderversammlung für Europa der Bischofssynode. „Jesus Christus, der in seiner Kirche lebt. Quelle der Hoffnung für Europa“. Vom 22. Oktober 1999. In: http://www.vatican.va/ gedr. 26.03.01. SBSE-LIN, 1998: Lineamenta. Bischofssynode. Zweite Sonderversammlung für Europa. „Jesus Christus, der in seiner Kirche lebt. Quelle der Hoffnung für Europa“. In: http://www.vatican.va. Gedr. 26.03.01. SCHEELE, Paul-Werner, 2001: Zündende Neu-Evangelisierung im letzten Jahr des Jahrtausends. Ansprache im Jahresschluss-Gottesdienst im Würzburger Dom. In: //www.pow.bistumwuerzburg.de/POW0199- /AbschlussPOW0199w.html gedr. 06.03.01. SCHRAMM, Michael, 2000: Religionsökonomik. Die Katholische Kirche Deutschlands in sozialwissen-

schaftlicher Analyse. In: //uni-erfurt.de/theol/lehrangebot/vorl.htm gedr. 26.03.00. SDBK, 2002: Chronologie der Bischofssynoden. In: http://dbk.de/stichwoerter/ in_sw_ Bischofssynode2.html gedr. 29.11.02. SEM-polonijne, 2002: Nauczanie Kościoła odnośnie migrantów. In: //sem-polonijne.edu.pl/nauczanie.html gedr. 26.05.02. TEITELBAUM, Alejandro, 2002 : La deuda externa: mecanismo de despojo de los pueblos de los países pobres. In: http://www.sedos.org/spanish/teitelbaum.htm gedr. 03.07.02. VARELA, Rouco, 1999a: Kirche und Europa: Fehlentwicklungen und Hoffnungssignale.

In: KATHweb: ein elektronischer Informationsdienst der Österreichischen Katholischen Presseagentur KATHPRESS. http://www.kathpress.co.at/news/eurosyn99/kwb-k199905581.htm gedr. 22.09.01.

VLK, Miloslav, 1996: Dokumente des IX. Symposiums der Europäischen Bischöfe, Rom 1996. „Unter einem offenen Himmel leben“. Eröffnungsrede von Kardinal Miloslav Vlk, Prag. Vorsitzender des CCEE.

In: //www.ccee.ch/deutsch/ereignisse/symposion/referat5.htm gedr. 30.11.02. VLK, Miloslav / ARNOLD, John, 1997: Zweite Europäische Ökumenische Versammlung (EÖV2), Graz, Österreich, 23.-29. Juni 1997. Pressemitteilung zum Abschluss der EoeV2. Graz. Schlussbilanz. In: www.ccee.ch/deutsch/ereignisse/graz/schluss.htm gedr. 30.11.02.

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3.4. Quellen der Abbildungen, Tabellen und Diagramme Abb. Nr. 1: Typologien der menschlichen Mobilität. In: D.C. Abb. Nr. 2: Unterscheidung zwischen Asylsuchenden, De-facto-Flüchtlingen und Asylberechtigten in Deutschland. In: HdA 2001: S. 04.008.001. Abb. Nr. 3: EU-Beitrittsländer und assoziierte Staaten. In: Baratta 2001: XXX. Abb. Nr. 4: Die wichtigsten europäischen Vereinbarungen, die Migrationspolitik bzw. Migranten betreffen. In: Eigene von D.C. Abb. Nr. 5: Die drei Pfeiler bzw. Säulen der EU. In: Nach dem CD Brockhaus multimedial 2000 premium. Abb. Nr. 6: Die konventionellen Grenzen Europas (in grüner Farbe). In: Baratta 2003: VI-VII. Abb. Nr. 7: Hauptdaten der 45 Staaten Europas vom Jahr 2001. In: D.C. nach Baratta 2003; Atlas 1993: 17. Abb. Nr. 8: Auswanderungen nach Übersee zwischen 1880-1940. In: Atlas 2000: Karte Nr. 37. Abb. Nr. 9a: Zahl der Zuwanderer nach den USA von 1880 bis 1998. In: D.C. nach Daten von Bade 2000a:

136-185; Sassen 2000: 53-66. Abb. Nr. 9b: Herkunft der Zuwanderer nach den USA von 1835 bis 1985. In: D.C. nach Daten von Bade 2000a: 136-185; Sassen 2000: 53-66. Abb. Nr. 10: Migrantenströme in der Welt zwischen 1945-1989. In: Atlas 2000: Karte Nr. 38. Abb. Nr. 11: Zahlen und Zielländer der ethnischen Wanderer und Flüchtlinge aus ex-kommunistischen Ländern zwischen 1950-1992. In: Fassmann / Münz 2000a: 23. Abb. Nr. 12: Zahl der Asylanträge in der EU (1999-2000). In: D.C. nach Daten von UNHCR 2001: 3. Abb. Nr. 13a: Zuwanderung nach Schweden aus europäischen Ländern 1980-1998. In: Öberg 2000: 114. Abb. Nr. 13b: Zuwanderung nach Dänemark aus europäischen Ländern 1960-1997. In: Madsen 2000: 3f. Abb. Nr. 14a: Karte Gibraltars und seiner Nachbarn. In: Leuthard 1999: 16. Abb. Nr. 14b: Karte Litauens und seiner Nachbarn. In: Leuthard 1999: 238. Abb. Nr. 15: Geschätzter finanzieller Aufwand für das ´Schleppen`. In: Tarek 2000: 15. Abb. Nr. 16: Demographische Daten Europas. In: D.C. nach Daten von DSW 2001: 1. Abb. Nr. 17: Migrationsströme in der Welt im Jahr 2000. In: Baratta 2003: XXXIV. Abb. Nr. 18: Ausländerzahlen in einigen EU-Staaten. In: Fassmann / Münz 1996: 31, 39. Abb. Nr. 19: Verteilung der Türken, Ex-Jugoslawen, Italiener und Marokkaner in einigen EU-Staaten. In: Fassmann / Münz 1996a: 40-44. Abb. Nr. 20: Vier Staaten Europas mit höchster Aufnahmezahl von Migranten.

In: Fassmann / Münz 1996a: 32-37. Abb. Nr. 21: Abwanderung der Fachkräfte von EU in die USA. (Schema von Sami Mahroum).

In: Horvath 2000: 2. Abb. Nr. 22a: Drei Bevölkerungsprojektionen nach Regionen für das Jahr 2050. In: Gelbard 2000: 33f. Abb. Nr. 22b: Drei Projektionen des Weltbevölkerungswachstums (in Mrd.) bis zum Jahr 2050. In: D.C. nach Daten von Gelbard: 2000: 33f. Abb. Nr. 23: Jährlich notwendige Zuwanderung, um die Anzahl der arbeitsfähigen Menschen (zwischen 16-64 Jahre) zu behalten. (Pro 1 Mio. der Einwohner). In: D.C. nach Daten von UN-PD 2000: 3. Abb. Nr. 24: Politisch instabile Zonen mit möglichen Bevölkerungsverschiebungen im eurasischen Raum.

In: Brzezinski 1999: 183. Abb. Nr. 25: Schema der Integrationsebenen. In: D.C. Abb. Nr. 26: Die häufigsten Kategorien, wie sie im Wortlaut der Quellen als ´Subjekte und Objekte` der Neuevangelisierung erschienen. In: D.C.

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Abb./Tab./Diag. Nr. 1. Typologien der menschlichen Mobilität (Quelle: D.C.)

ZEITLICH

a) saisonal b) temporär c) langfristig d) ständig

RÄUMLICH

a) ohne Ortsveränderung b) mit Wohnstandortverlagerung c) Binnenwanderungen d) Außenwanderungen

QUALITATIV

a) edukative b) lukrative c) touristische d) militärische

QUANTITATIV

a) individuelle b) familiäre c) Gruppen d) Massen

ETHISCH

a) legale b) Befehl c) Zwang d) illegale

SOZIOLOGISCH

a) Einzelne Personen b) Gruppen, Familien, Klane c) Klassen, Kasten, Stände d) Stämme, Völker

GESCHICHTLICH

a) Antike b) Mittelalter c) Neuzeit

d) Moderne

TECHNISCH

a) personal b) phonisch / visuell c) schriftlich d) elektronisch

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Abb./Tab./Diag. Nr. 2. Unterscheidung zwischen Asylsuchenden, De-facto-Flüchtlingen und Asylberechtigten in Deutschland (Quelle: HdA 2001: S. 04.008.001.) Asylsuchende De-facto-Flüchtlinge Asylberechtigte Familie - Kein Nachzug v. Angehörigen

- bei Umverteilung wird höchstens auf den engsten Familienkreis Rücksicht genommen (Ehepartner, Minderjährige, Kinder)

- Kein Nachzug v. Angehörigen - Verteilung in andere Bundesl. nur in Härtefällen (z.B. zu Familienangehöri-gen)

- nur die engsten Familienange-hörigen dürfen in die BRD einreisen.

Aufent-haltsrecht

- Nationalpass wird eingezogen, - Aufenthaltsgestattung mit kurzer Gültigkeitsdauer u. Verlängerungspflicht für die Dauer des Asylverfahrens (in Zukunft in der Diskussion Asyl-Card) - räumliche Beschränkung des Aufenthalts auf Kreis, Stadt oder Gemeinde

- Duldungsbescheinigung f. i. d. R. längstens 6 Monate /teilw. nur 3 Monate oder weniger) - räumliche Beschränkung i.d.R. auf das Bundesland

- unbefristete Aufenthaltserlaubnis, - Aushändigung eines Reiseausweises mit Verlängerung im Turnus von je 2 Jahren - Visumfreiheit innerhalb der EU zu den meisten westeur. Staaten

Sprache - kein Anspruch auf Sprachförderung

- kein Anspruch auf Sprachförderung - 6 bis 8 monatige Sprachkurse, - (beantragen b. Arbeitsamt, Sozialamt oder Otto-Benecke-Stiftung)

Schule und Ausbildung

- unterschiedliche Regelungen in den verschiedenen Bundesländern - keine Schulpflicht - keine Fortsetzung des Schulbesuchs nach 12jähriger Schulzeit - keine berufliche Ausbildung - keine staatliche Förderung für Hochschulbesuch - keine berufliche Fortbildung

- unterschiedliche Regelungen in den verschiedenen Bundesländern - keine Schulpflicht - keine Fortsetzung des Schulbesuchs nach 12jähriger Schulzeit - keine berufliche Ausbildung - keine staatliche Förderung für Hochschulbesuch - keine berufliche Fortbildung

- Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAFöG) - Einstufung der im Herkunftsland erworbenen Schulabschlüsse - Fortsetzung der schulischen Ausbildung

Arbeit - während des Aufenthalts in der Erstaufnah-meeinrichtung (die ersten 3 Monate max.) herrscht Arbeitsverbot! - danach unselbständige Erwerbstätigkeit durch Ausländerbehörde gestattet - Aber: Arbeitserlaubnis v. Arbeitsamt erforderlich! Wird nur nach Arbeitsmarkt-lage erteilt (Erlass BMA 1993) - Flüchtlinge, die nach dem 15.05.97 eingereist sind, erhalten keine Arbeitserlaubnis mehr

- unselbst. Erwerbstätigkeit durch Ausländerbehörde gestattet - Aber: Arbeitserlaubnis v. Arbeitsamt erforderlich! Wird nur nach Arbeitsmarkt-lage erteilt (Erlass BMA 1993) - Flüchtlinge, die nach dem 15.05.97 eingereist sind, erhalten keine Arbeitserlaubnis mehr

- wie für Deutsche, unabhängig von der Arbeitsmarktlage für alle Tätigkeiten

Wohnen - Zwangsweise Unterbringung in Lagern. Bis längstens 3 Monate Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtung - Danach Umverteilung in Gemeinschafts- unterkünfte / Lager oder Zuweisung auf Gemeinden

- Verbleib in Gemeinschaftsunterkünften / Lagern wie während des Asylverfahrens - in der Regel kein Anspruch, eine eigene Wohnung zu beziehen

- Anspruch auf Sozialwohnung und Wohngeld - freie Wahl des Wohnortes, wie Deutsche

Gesundheit - eingeschränkte Krankenhilfe nach dem AsylLG / oder BSHG (Gesundheitsbegriff 2. Klasse) - fehlende medizinische Versorgung bei Gefolterten - nur Behandlung von Akutfällen, keine chronischen Erkrankungen - Rest immer schwieriger durchsetzbar

- eingeschränkte Krankenhilfe nach dem AsylLG / oder BSHG (Gesundheitsbegriff 2. Klasse) - fehlende medizinische Versorgung bei Gefolterten - nur Behandlung von Akutfällen, keine chronischen Erkrankungen - Rest immer schwieriger durchsetzbar

- gesetzliche Krankenversicherungs- pflicht / Regelleistungen, wie Deutsche - freie Wahl des Wohnortes, wie Deutsche

Sozialhilfe - Die ersten 3 Jahre (ab 1.6.97) reduzierte Leistungen nach dem AsylLG - Hilfe z. Lebensunterhalt soll in Form v. Sachleistungen gewährt werden - Gemeinschaftsverpflegung ist möglich - Sonstige Leistungen nur nach Ermessen - Taschengeld monatlich 80,- DM (Kinder 40,- DM)

- Die ersten 3 Jahre (ab 1.6.97) reduzierte Leistungen nach dem AsylLG - Hilfe z. Lebensunterhalt soll in Form v. Sachleistungen gewährt werden - Gemeinschaftsverpflegung ist möglich - Sonstige Leistungen nur nach Ermessen - Taschengeld monatlich 80,- DM (Kinder 40,- DM)

- Anspruch auf alle Regelleistungen des BSHG, wie bei Deutschen

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Abb./Tab./Diag. Nr. 3. EU-Beitrittsländer und assoziierte Staaten (Quelle: Baratta 2001: XXX)

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Abb./Tab./Diag. Nr. 4. Die wichtigsten europäischen Vereinbarungen, die Migrations-politik bzw. Migranten betreffen (Quelle: D.C.)

1985 Schengener Übereinkommen (SÜ oder Schengen I): Übereinkommen zwischen Deutschland, Frankreich, Belgien, Niederlande und Luxemburg über schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen.

1990 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ oder Schengen II): Übereinkommen derselben Staaten über völliger Abbau der Personenkontrollen an den gemeinsamen Binnengrenzen, Reduzierung der Kontrollen der Waren und Verlegung bzw. Verstärkung derselben an den Außengrenzen.

bis 1996 Beide Schengener Übereinkommen haben 13-EU Länder unterzeichnet (ohne Irland und England) und zwei assoziierte Nicht EU-Staaten (Island und Norwegen)

1990 Übereinkommen von Dublin – über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliederstaat der EG gestellten Asylantrages.

1992

Maastrichter Vertrag 07.02 über die Entstehung der Europäischen Union und die zukünftige Unionsbürgerschaft mit dem Ziel u.a. einer Harmonisierung der europäischen Asylpolitik.

1993 Vertrag von Maastricht über gemeinsame Innen-, Justiz- und Außenpolitik in Europa. Diese sog. 3 Säulen betreffen besonders die Asylgesetze

1993-94 Rückübereinkommen zwischen Deutschland, Österreich, Polen, Tschechien, und Ungarn regulieren Wanderungsbewegungen an diesen Grenzen und verpflichten die Mitteleuropäischen Staaten auf Rücknahme der sog. „Illegalen“ aus dem Westen.

1995 Vereinbarung EU mit der Türkei über zollfreien Wahrenverkehr, später aber ein Beschluss, die Türkei nicht mit anderen EU-Beitrittskandidaten gleich zu stellen.

1995 Erst am 26.03. traten die beiden Übereinkommen von Schengen (SÜ und SDÜ) vollkommen in Kraft.

1997 Abkommen des Europarates zur Erleichterung der doppelten Staatsbürgerschaft. 1997 Vertrag von Amsterdam (Revision des Maastrichter Vertrages; Schengener

Übereinkommen wird in den Vertrag aufgenommen; weiterhin bleiben Grenzkontrollen in Großbritannien, Irland und Dänemark). In Kraft ab 01.05.99.

1998 Entscheidung der EU-Kommission über die „Agenda 2000“ bzw. über sog. Agrar-, Struktur- und Haushaltpolitik. Im letzten geht es um Osterweiterung der EU.

1998 Beitrittsverhandlungen um EU-Erweiterung wurden mit Estland, Polen, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern aufgenommen.

2000

Beitrittsverhandlungen um EU-Erweiterung wurden mit Bulgarien, Lettland, Litauen, Malta, Rumänien und Slowakei aufgenommen.

2001

Vertrag von Nizza 26.02.entscheidet über Stimmengewichtung der EU-15 und 12 Beitrittsländer im EU-Rat. Ziel: Bis 01.05.2004 die gemeinsame Einwanderungs-politik Europas zu bestimmen.

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Abb./Tab./Diag. Nr. 5. Die drei Pfeiler bzw. Säulen der EU (Quelle: CD Brockhaus multimedial 2000 premium)

* Zollunion und AUßENPOLITIK * Asylpolitik Binnenmarkt * Kooperation, gemeinsame * Außengrenzen * Agrarpolitik Standpunkte und Aktionen * Einwanderungspolitik * Strukturpolitik * Friedenserhaltung * Kampf gegen * Handelspolitik * Menschenrechte Drogenabhängigkeit Neue oder geänderte * Demokratie * Bekämpfung des Regelungen für: * Hilfe für Drittstaaten organisierten * Wirtschafts- und SICHERHEITSPOLITIK Verbrechens * Unionsbürgerschaft * Gestützt auf die WEU: * Justizielle Zusammen- * Bildung und Kultur * die Sicherheit der Union arbeit in Zivil- und * Transeuropäische betreffende Fragen Strafsachen Netze * Abrüstung * Polizeiliche Zusammen- * Verbraucherschutz * Wirtschaftliche Aspekte arbeit * Gesundheitswesen der Rüstung * Forschung und * Langfristig: Europäische Umwelt Sicherheitsordnung * Sozialpolitik

Die Europäische Union

Erste Säule Zweite Säule Dritte Säule Europäische Gemeinsame Außen- Zusammenarbeit Gemeinschaften und Sicherheitspolitik Innen- und Justizpolitik

Entscheidungsverfahren Entscheidungsverfahren Entscheidungsverfahren EG – Vertrag Regierungszusammenarbeit

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Abb./Tab./Diag. Nr. 6. Die konventionellen Grenzen Europas (in grüner Farbe) (Quelle: Baratta 2003: VI-VII)

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Abb./Tab./Diag. Nr. 7. Hauptdaten der 45 Staaten Europas vom Jahr 2001 (Quelle: Baratta 2003. Vgl. Atlas 1993: 17) * geschätzt Staaten qkm Einwohnerzahl E/qkm Hauptstadt Albanien 28 748 3 164 000 110 Tirana Andorra 468 70 000 150 Andorra la Vella Belgien 32 545 10 286 000 316 Brüssel Bosnien und Herzegowina 51 129 4 060 000 79 Sarajevo Bulgarien 110 994 8 020 000 72 Sofia Dänemark 43 094 5 359 000 124 Kopenhagen Deutschland 357 023 82 333 000 231 Berlin Estland 45 227 1 364 000 30 Tallinn Finnland 338 144 5 188 000 15 Helsinki Frankreich 543 965 59 191 000 109 Paris Griechenland 131 957 10 591 000 80 Athen Großbritannien 242 910 58 800 000 242 London Irland 70 273 3 839 000 55 Dublin Island 103 000 282 000 3 Reykjavík Italien 301 336 57 948 000 192 Roma Kroatien 56 542 4 381 000 78 Zagreb Lettland 64 589 2 359 000 37 Riga Lichtenstein 160,5 30 000 188 Vaduz Litauen 65 301 3 482 000 53 Vilnius Luxemburg 2 586 441 000 171 Luxemburg Malta 316 395 000 1250 Valletta Mazedonien 25 713 2 044 000 80 Skopje Moldawien 33 800 4 270 000 126 Chisinau Monaco 1,95 30 000 15.385 Monaco-Ville Niederlande 41 526 16 039 000 386 Amsterdam Norwegen 323 759 4 513 000 14 Oslo Österreich 83 871 8 132 000 97 Wien Polen 312 685 38 641 000 124 Warschau Portugal 92 345 10 024 000 109 Lissabon Rumänien 238 391 22 408 000 94 Bukarest Russland (europäischer Teil) 4.551.085 * 120 222 000 * 26 * Moskau San Marino 60,5 30 000 496 San Marino Schweden 449 964 8 894 000 20 Stockholm Schweiz 41 285 7 231 000 175 Bern Serbien und Montenegro 102 173 10 651 000 104 Belgrad Slowakische Republik 49 034 5 404 000 110 Bratislava Slowenien 20 253 1 992 000 98 Ljubljana Spanien 504 782 41 117 000 82 Madrid Tschechische Republik 78 866 10 224 000 130 Prag Türkei(europäischer Teil) 23 764 * 6 000 000 * 252 * - Ukraine 603 700 49 093 000 81 Kiew Ungarn 93 030 10 187 000 110 Budapest Vatikanstadt 0,44 264 600 - Weißrussland 207 595 9 970 000 48 Minsk Zypern 9251 761 000 82 Lefkosía ZUSAMMEN ca. 10.477.278 * 709.460.264 * 67 *

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Abb./Tab./Diag. Nr. 8. Auswanderungen nach Übersee zwischen 1880-1940 (Quelle: Atlas 2000: Karte Nr. 37)

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Abb./Tab./Diag. Nr. 9a. Zahl der Zuwanderer nach den USA von 1880 bis 1998 (in Tausend pro Jahr)

0

200

400

600

800

1000

1200

140018

80

1885

1890

1895

1900

1905

1910

1915

1920

1925

1930

1935

1940

1945

1950

1955

1960

1965

1970

1975

1980

1985

1990

1995

1998

Abb./Tab./Diag. Nr. 9b. Herkunft der Zuwanderer nach den USA von 1835 bis 1985 (Quelle: Bade 2000a: 136-185; Sassen 2000: 53-66)

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

1835-1885 1885-1935 1935-1985

aus Europa

aus Asien

aus Kanada

aus Südamerika

aus übriger Welt

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Abb./Tab./Diag. Nr. 10. Migrantenströme in der Welt zwischen 1945-1989 (Quelle: Atlas 2000: Karte Nr. 38.)

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Abb./Tab./Diag. Nr. 11. Zahlen und Zielländer der ethnischen Wanderer und Flüchtlinge aus ex-kommunistischen Ländern zwischen 1950-1992

(Quelle: Fassmann / Münz 2000a: 23)

Ursprungsland Zielland Anzahl Zeitraum Migrationsart DDR Polen UdSSR/GUS Rumänien Ex-CSFR Ex-Jugoslawien Bulgarien Ex-Jugoslawien UdSSR/GUS UdSSR/GUS Rumänien Rumänien UdSSR/GUS Bulgarien, Ungarn Ex-Jugoslawien, Rumänien Ex-Jugoslawien Ex-Jugoslawien Polen Ungarn Ex-CSFR

Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Türkei Türkei Israel, USA Frankreich, USA Israel, USA Westeuropa Griechenland Ungarn Deutschland Rest. Westeuropa Westeuropa, USA, Kanada, Australien Österreich, USA, Skandinavien, Ex- Jugoslaw., Kanada, Australien Deutschland, USA, Österreich, Kanada, Australien

5.275.000 1.430.000 750.000 400.000 105.000 90.000 690.000 300.000 750.000 110.000 220.000 240.000 290.000 140.000 355.000 330.000 250.000 195.000 160.000

1950-90 1950-92 1950-92 1950-92 1950-92 1959-92 1950-92 1950-66 1950-92 1950-92 1950-92 1990-92 1950-92 1987-92 1991-93 1991-93 1980-81 1956-57 1968-69

Übersiedler deutsche Aussiedler deutsche Aussiedler deutsche Aussiedler deutsche Aussiedler deutsche Aussiedler ethnische Türken slawische Moslems ethnische Türken slawische Moslems Juden Armenier, Pfingstler Juden (v.a.) Roma ethnische Griechen (v.a.) ethnische Ungarn Kriegsflüchtlinge Kriegsflüchtlinge Flucht vor Kriegsrecht Niederschlagung des ungarischen Aufstandes Niederschlagung des Prager Frühlings

TOTAL 12.080.000 Ethnische Wanderungen und Flüchtlinge

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Abb./Tab./Diag. Nr. 12. Zahl der Asylanträge in der EU (1990-2000) (Quelle: UNHCR 2001: 3)

0

100000

200000

300000

400000

500000

600000

7000001990=397.0301991=511.1801992=672.3801993=516.7101994=300.2901995=263.6601996=227.8001997=242.7801998=297.2201999=352.338

Staaten Jahr 2000

Belgien 42.690 9,4 %

Bulgarien 1.760 0,4 %

Dänemark 10.080 2,2 %

Deutschland (1) 78.760 17,4 %

Finnland (2) 3.320 0,7 %

Frankreich 38.590 8,5 %

Griechenland 3.000 0,7 %

Großbritannien (3) 97.860 21,6 %

Irland 10.920 2,4 %

Italien (4) 18.000 4,0 %

Liechtenstein 10 0,0 %

Luxemburg 590 0,1 %

Niederlande 43.890 9,7 %

Norwegen 10.320 2,3 %

Österreich 18.280 4,0 %

Polen (5) 4.290 0,9 %

Portugal 200 0,0 %

Rumänien 1.360 0,3 %

Schweden 16.370 3,6 %

Schweiz 17.660 3,9 %

Slowakei 1.550 0,3 %

Slowenien 9.240 2,0 %

Spanien 7.040 1,6 %

Tschechien 8.770 1,9 %

Ungarn 7.800 1,7 %

INSGESAMT 452.350 100 %

EU 389.590 86,1 %

Anmerkungen: Vorläufige Zahlen für 2000 beziehen sich auf Personen. 1) Nur Erstanträge 2) UNHCR-Schätzungen umfassen nur 10 Monate 3) UNHCR-Schätzungen auf Grundlage von Fällen (1 Fall = 1,28 Personen)

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Abb./Tab./Diag. Nr. 13a. Zuwanderung nach Schweden aus europäischen Ländern 1980–1998 (Quelle: Öberg 2000: 114)

Abb./Tab./Diag. Nr. 13b. Zuwanderung nach Dänemark aus (Quelle: Madsen 2000: 3f ) europäischen Ländern 1960-1997 Bulgarien UdSSR* Ungarn Polen Rumänien GUS Jugoslawien* insgesamt 1960- 1988

5.500 213.900 49.700 17.200 22.700 6.500 11.800 327.300

1989 200 300 700 1.700 1.300 700 1.700 6.600 1990 500 300 500 2.000 1.500 500 2.200 7.500 1991 7.100 200 300 1.600 1.000 300 2.000 12.500 1992 300 100 200 1.500 800 900 1.800 5.600 1993 100 100 200 1.000 400 1.200 24.200 27.200 1994 100 100 100 1.000 300 1.900 42.600 46.100 1995 100 100 200 900 300 1.800 8.100 11.500 1996 100 100 200 700 300 1.400 2.600 5.400 1997 100 100 200 600 200 1.400 5.800 8.400 1989- 1997

8.600

1.400

2.600

11.000

6.100

10.100

91.000

130.800

* ab 1992 als „Ex-Staaten“

Immigranten Nachkommen von Immigranten

Herkunftsgebiet 1980 1990 1998 1980

1990

1998

EU-Staaten 59.500 56.700 64.800 6.400

5.800

7.300

Industrieländer außerhalb der EU

40.300 44.800 79.900 5.800

7.300

12.200

Industrieländer insgesamt

99.800 101.500 144.200 12.200

13.100

19.500

Entwicklungs- länder

34.900 79.600 132.600 6.100

20.300

50.800

INSGESAMT 134.700 181.100 276.800 18.300

33.500

70.300

Gesamtanteil an der Bevöl- kerung in %

2,6

3,5

5,2

0,4

0,7

1,3

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Abb./Tab./Diag. Nr. 14a. Karte Gibraltars und seiner Nachbarn Abb./Tab./Diag. Nr. 14b. Karte Litauens und seiner Nachbarn (Quelle: Leuthard 1999: 16; 238)

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Abb./Tab./Diag. Nr. 15. Geschätzter finanzieller Aufwand für das ´Schleppen (Quelle: Tarek 2000: 15)

Destination bzw. Route Preis in US-Dollars pro Person

RICHTUNG EUROPA Bulgarien – Europa 4.000

Griechenland – Frankreich, Italien, 800-1.200 Türkei – Griechenland 1.400 Ungarn – Slowenien 1.500 Kurdische Gebiete – Deutschland 3.000 Nordafrika – Spanien 2.000-3.500 Sri Lanka – Türkei 4.000 Pakistan – Türkei 4.000 Dominikanische Republik – Europa 4.000-10.000 Dominikanische Republik – Österreich 5.000 China – Europa 10.000-15.000 Afghanistan/Libanon – Deutschland 5.000-10.000 Irak – Europa 4.100-5.000 Palästina – Europa 5.000 RICHTUNG USA

China – New York 35.000 China – USA 30.000 Naher Osten – USA 1.000-15.000 Pakistan/Indien – USA 25.000 Mexiko – Los Angeles 200-400 RICHTUNG KANADA

Iran/Irak – Kanada 10.000 Venezuela – Kanada 1.000-2.500 RICHTUNG IRLAND

Afrika – Irland 5.000 Osteuropa - Irland 3.000 ANDERE

China – Argentinien 30.000 Philippinen – Malaysia, Indonesien, Taiwan

3.500

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Abb./Tab./Diag. Nr. 16. Demographische Daten Europas (Quelle: DSW 2001:1; * Einige Daten können leicht variieren)

Fläche in Tausend qkm

Einwoh- ner pro qkm

Bevölkerung im Jahr 2000 in Mio.

Geburten pro 1000 Einwohner

Todesfälle pro 1000 Einwohner

Natürliche Wachstums-rate in %

Bevölke-rungspro-jektion in 2025

Bevölke-rungspro-jektion in 2050

Gesamt-fruchtbar-keitsrate

Zuwande-rungsrate 1990 pro 1000

Zuwande-rungsrate 1998 pro 1000

Ausländi-scher Be-völkerung in 1998

Erwerbs-bevölkerung2010 in Tausend

EUROPA 22.988 29 728 Mio. 10 11 - 0,1 714 Mio. 658 Mio. 1,4 -- 1,45* 4,0 %* 361.562 NORDEUROPA 1.748 24 96 12 11 0,1 101 100 1,7 -- 1,58* 3,7 % 47.420 1 Dänemark 43 124 5,3 12 11 0,1 5,8 6,1 1,7 1,6 2,1 4,7 2.752 2 Estland 45 32 1,4 8 13 - 0,5 1,3 1,0 1,2 - 2,5 - 0,7 -- 778 3 Finnland 338 15 5,2 11 10 0,2 5,3 4,8 1,7 1,7 0,9 1,6 2.463 4 Großbritannien 245 244 59,8 12 11 0,1 64,1 64,2 1,7 1,2 1,5 3,6 29.152 5 Irland 70 54 3,8 15 9 0,6 4,5 4,5 1,9 - 2,7 5,7 3,0 1.641 6 Island 103 3 0,3 15 7 0,9 0,3 0,3 2,0 - 2,7 3,2 2,1 174 7 Lettland 65 37 2,4 8 14 - 0,6 2,1 1,7 1,2 - 3,3 - 1,3 0,7 1.269 8 Litauen 65 57 3,7 10 11 - 0,1 3,5 3,1 1,3 3,0 0,2 -- 1.943 9 Norwegen 324 14 4,5 13 10 0,3 4,9 5,1 1,8 0,4 3,0 3,6 2.312 10 Schweden 450 20 8,9 10 11 - 0,1 9,3 9,2 1,5 4,1 1,2 5,9 4.784 WESTEUROPA 1.109 166 183 11 10 0,1 188 181 1,5 -- 2,88* 8,2 88.312 11 Belgien 31 366 10,2 11 10 0,1 10,3 10,0 1,6 2,0 1,1 8,9 4.198 12 Deutschland 357 230 82,1 9 10 - 0,1 80,2 73,3 1,3 8,3 0,6 9,0 41.368 13 Frankreich 552 108 59,4 13 9 0,3 64,2 65,1 1,8 1,4 0,7 6,4 27.133 14 Lichtenstein 0,2 206 0,03 14 7 0,7 0,04 0,04 1,6 13,8 1,5 34,3 -- 15 Luxemburg 3 169 0,4 13 9 0,4 0,6 0,6 1,7 10,3 9,4 34,9 187 16 Monaco 0,002 17.000 0,03 20 17 0,3 0,04 0,04 -- -- -- -- -- 17 Niederlande 41 390 15,9 13 9 0,4 17,3 17,2 1,6 3,3 2,8 4,3 7.296 18 Österreich 84 97 8,1 10 10 0,0 8,1 7,7 1,3 9,3 0,6 9,1 3.968 19 Schweiz 41 173 7,1 11 9 0,2 7,6 7,4 1,5 8,4 0,3 19,4 4.126 OSTEUROPA 18.814 16 304 9 13 - 0,5 287 258 1,2 - - 1,11* 0,7 %* 160.556 20 Bulgarien 111 74 8,2 8 14 - 0,6 6,6 5,3 1,1 -36,2 0,1 -- 4.021 21 Moldawien 34 127 4,3 11 11 0,0 4,5 4,2 1,5 - 6,9 - 1,2 -- 2.404 22 Polen 323 120 38,6 10 10 0,0 38,6 33,9 1,4 - 0,3 - 0,3 0,1 20.576 23 Rumänien 238 94 22,4 11 12 - 0,2 20,6 17,8 1,3 - 3,7 - 0,3 -- 10.744 24 Russland 17.075 9 145,2 8 15 - 0,6 136,9 127,7 1,2 - 4,4 2,1 -- 78.422 25 Slowakei 49 110 5,4 11 10 0,1 5,4 4,7 1,4 - 0,4 0,2 0,4 3.031 26 Tschechien 79 130 10,3 9 11 - 0,2 10,2 9,3 1,1 0,1 0,9 -- 5.520 27 Ukraine 604 82 49,5 8 14 - 0,6 45,1 38,4 1,3 1,5 7,7 -- 25.865 28 Ungarn 93 108 10,0 9 14 - 0,5 9,2 8,0 1,3 0,0 0,0 1,5 4.410 29 Weißrussland 208 48 10,0 9 14 - 0,5 9,4 8,5 1,3 - 3,1 1,9 -- 5.564 SÜDEUROPA 2.092 110 145 10 10 0,0 137 118 1,3 -- 1,22* 1,7 % 65.274 30 Albanien 29 119 3,4 18 5 1,3 4,5 5,2 2,2 - 17,3 -- -- 1.978 31 Andorra 0,5 149 0,1 11 3 0,8 0,1 0,2 1,2 61,6 1,8 43,6 -- 32 Bosnien-Her. 51 74 3,8 13 8 0,5 4,2 3,9 1,6 - 4,2 -- -- 2.066 33 Griechenland 132 80 10,6 10 10 - 0,0 10,4 9,7 1,3 7,0 2,1 1,5 4.629 34 Italien 301 192 57,8 9 10 - 0,1 52,4 41,9 1,2 0,4 1,8 1,7 24.546 35 Jugoslawien 102 104 10,7 11 11 0,1 10,7 10,2 1,6 - 8,3 0,0 -- 5.125 36 Kroatien 57 81 4,6 11 12 - 0,1 4,4 3,9 1,5 - 1,1 2,8 -- 2.084 37 Malta 0,3 1.219 0,4 12 8 0,4 0,4 0,4 1,8 2,5 1,5 1,9 151 38 Mazedonien 26 79 2,0 15 8 0,6 2,2 2,1 1,9 - 5,8 - 1,0 -- 1.129 39 Portugal 92 109 10,0 11 11 0,1 9,3 8,2 1,5 - 5,6 1,5 1,8 4.903 40 San Marino 0,01 405 0,03 11 7 0,4 0,04 0,04 1,2 3,9 8,3 14,2 -- 41 Slowenien 20 97 2,0 9 10 - 0,1 1,9 1,6 1,2 - 0,1 - 2,7 1,7 930 42 Spanien 506 78 39,5 9 9 0,0 36,7 30,8 1,2 - 0,5 1,1 1,5 17.654 43 Türkei 775 84 65,3 22 7 1,5 88,0 100,7 2,5 1,3 - 0,1 0,1 37.523

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372

Abb./Tab./Diag. Nr. 17. Migrationsströme in der Welt im Jahr 2000 (Quelle: Baratta 2003: XXXIV)

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Abb./Tab./Diag. Nr. 18. Ausländerzahlen in einigen EU-Staaten (Quelle: Fassmann / Münz 1996: 31, 39)

a) nach Herkunftsland (Z.B. in Deutschland machen die Türken 28,1% aller Ausländer)

Deutsch-land 1994%

Frank-reich 1990%

Groß-brit. 1992%

Schweiz 1993%

Belgien 1994%

Nieder-lande 1994%

Öster-reich 1993%

Italien 1993%

Schwe-den 1994%

Spa-nien 1993%

in 1000

Türkei 28,1 5,6 1,4 6,0 9,6 26,1 18,5 0,5 4,7 0,0 2.704 Ex-Jugoslaw. 18,3 1,5 * 12,7 0,6 1,9 48,3 * 8,5 0,0 1.858 Italien 8,2 7,0 3,7 30,1 23,5 2,2 1,3 * 0,8 3,5 1.534 Marokko 1,2 15,9 * * 16,7 23,8 * 16,0 * 34,8 1.221 Portugal 1,7 17,9 0,9 9,1 2,4 1,2 0,0 0,5 0,3 7,3 959 Algerien 0,0 17,0 * * 1,3 * * * * * 626 Spanien 1,9 6,0 1,9 8,9 5,4 2,2 0,0 1,3 0,6 * 573 Griechenland 5,1 0,2 1,1 0,7 2,2 0,7 0,1 1,9 1,0 0,1 437 Polen 3,8 1,3 1,4 0,4 0,5 0,8 2,9 1,4 3,2 0,8 400 Tunesien 0,0 5,7 * * 0,7 0,4 * 10,7 * * 276 USA 1,5 0,7 5,8 0,9 1,3 1,7 * 2,9 * 3,6 318 Österreich 2,6 0,0 0,2 2,3 0,1 0,4 * 0,8 0,5 0,4 235 Finnland 0,0 0,0 0,3 0,1 0,1 0,1 0,0 0,1 20,0 0,5 116 sonst. Europa 9,7 6,4 36,2 21,1 27,3 20,9 20,2 27,0 26,8 37,5 2.875 sonst. Länder 17,8 14,7 46,9 7,6 8,4 17,6 8,8 36,9 33,7 11,4 3.509 total 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 ausländische Wohnbevölke-rung in 1.000

6.991

3.607

2.008

1.243

921

779

625

566

508

393

17.642

b) nach Zielland (Z.B. in Deutschland leben 72,7% aller ausgewanderten Türken) Deutsch-

land 1994%

Frank-reich 1990%

Groß-brit. 1992%

Schweiz 1993%

Belgien 1994%

Nieder-lande 1994%

Öster-reich 1993%

Italien 1993%

Schwe-den 1994%

Spa-nien 1993%

total

Türkei 72,7 7,6 1,1 2,8 3,3 7,6 4,4 0,1 0,9 0,0 100,0 Ex-Jugoslaw. 69,0 2,9 * 8,8 0,3 0,8 16,8 * 2,4 0,0 100,0 Italien 37,3 16,6 4,9 24,6 14,2 1,1 0,5 * 0,3 0,9 100,0 Marrokko 6,7 46,9 * * 12,5 15,2 * 7,4 * 11,2 100,0 Portugal 12,3 68,2 1,9 12,0 2,3 1,0 0,0 0,3 0,1 3,0 100,0 Algerien 0,0 96,6 * * 1,8 * * * * * 100,0 Spanien 23,1 37,6 6,6 19,2 8,6 2,9 0,0 1,3 0,5 * 100,0 Griechenland 81,4 1,5 5,3 1,9 4,7 1,3 0,2 2,5 1,2 0,1 100,0 Polen 65,8 11,0 6,9 1,3 1,2 1,4 4,3 1,9 3,8 0,8 100,0 Tunesien 0,0 67,7 * * 2,2 1,0 * 19,9 * * 100,0 USA 34,1 7,9 36,9 3,7 3,7 4,2 * 5,2 * 4,5 100,0 Österreich 78,8 1,4 2,1 12,3 0,5 1,2 * 1,8 1,1 0,6 100,0 Finnland 0,0 1,4 5,2 1,6 0,8 1,0 0,0 0,7 87,8 1,6 100,0 sonst. Europa 23,6 7,7 24,2 8,7 8,4 5,4 0,7 5,1 4,5 4,9 100,0 sonst. Länder 35,6 16,7 29,6 3,0 2,4 4,3 0,2 6,6 5,4 1,4 100,0 ausländische Wohnbevölke-rung in 1.000

6.991

3.607

2.008

1.243

921

779

625

566

508

393

17.642

Verteilung in %

39,6 20,6 11,5 7,1 5,3 4,4 3,6 3,2 2,9 2,2 100,0

Anmerkung: Den Daten über die ausländische Wohnbevölkerung liegt die Staatsangehörigkeit zugrunde, nicht der Geburtsort. Anmerkung: * keine Daten verfügbar.

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Abb./Tab./Diag. Nr. 19. Verteilung der Türken, Ex-Jugoslawen, Italiener und Marokkaner in einigen EU-Staaten (Quelle: Fassmann / Münz 1996: 40-44)

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Abb./Tab./Diag. Nr. 20. Vier Staaten Europas mit höchster Aufnahmezahl von Migranten (Quelle: Fassmann / Münz 1996: 32-37)

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Abb./Tab./Diag. Nr. 21. Abwanderung der Fachkräfte von EU in die USA (Quelle: Horvath 2000: 2)

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

FührungskräfteManagers

Ärzte

Natur Wissenschaft

ComputerWissenschaft

Ingenieure undKartographen

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Abb./Tab./Diag. Nr. 22a. Drei Bevölkerungsprojektionen nach Regionen für das Jahr 2050 (in Mio.) (Quelle: Gelbard 2000: 33f)

Region / Land Welt

Hoch-Variante 10.674

Mittel-Variante 8.090

Niedrig-Variante 7.343

Industrieländer 1.361 1.155 990 Entwicklungsländer 9.313 7.754 6.353 Afrika 2.102 1.766 1.467 südlich von Sachara 1.804 1.522 1.272 Asien 6.316 5.268 4.312 China 1.686 1.478 1.250 Japan 117 105 92 Lateinamerika 994 809 654 Nordamerika 464 392 324 Ozeanien 52 46 36 EUROPA 746 628 550

Abbildung Nr. 22b. Drei Projektionen des Weltbevölkerungswachstums (in Mrd.) bis zum Jahr 2050 (Quelle: Gelbard 2000: 33f)

0

2

4

6

8

10

12

2000

2010

2020

2030

2040

2050

hohe Variante(2,5 Kinderpro Frau)

mittlereVariante (2,0Kinder proFrau)

niedrigeVariante (1,6Kinder proFrau)

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Abb./Tab./Diag. Nr. 23. Jährlich notwendige Zuwanderung, um die Anzahl der arbeitsfähigen Menschen (zwischen 16-64 Jahre) zu behalten (Projektion für jede Mio. Einwohner. Quelle: UN-PD 2000: 3 )

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000

Frankreich (59 Mio.)

Deutschland (82 Mio.)

Italien (58 Mio.)

Japan (127 Mio.)

Korea (47 Mio.)

Russland (145 Mio.)

Großbrit. (60 Mio.)

U S A (278 Mio.)

Europa (728 Mio.)

EU-15 (375 Mio.)

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Abb./Tab./Diag. Nr. 24. Politisch instabile Zonen mit möglichen Bevölkerungsverschiebungen im eurasischen Raum (Quelle: Brzezinski 1999: 183)

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Abb./Tab./Diag. Nr. 25. Schema der Integrationsebenen (Quelle: D.C.)

ist Individuum AUSLÄNDER soll INLÄNDER muss Kollektiv INTEGRATION ALS EINE INTERKULTURELLE BEGEGNUNG von PERSONEN IN DREI ZENTRALEN ASPEKTEN

A) Rechtlich-politische Aspekte

B) Sozio-ökonomische Aspekte

C) Kulturell-religiöse Aspekte

AUSLÄNDER INLÄNDER

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Abb./Tab./Diag. Nr. 26. Die häufigsten Kategorien, wie sie im Wortlaut der Quellen als ´Subjekte und Objekte` der Neuevangelisierung erschienen (Quelle: D.C.; vgl. III.2.)

S U B J E K T E:

a) Gottgeweihte Menschen u.a.: - Ordensleute - Priester - Bischöfe - Papst

b) Jungen Laien u.a.:

- Jugendliche - Neokatechumene - Glieder der religiösen Bewegungen

c) Alle Christgläubige u.a.:

- alle Getaufte - alle Christen Europas

d) Kirche und ihre Teile u.a.:

- Lokalkirchen - Gemeinden - Pfarren

e) Andere einzelne Subjekte

O B J E K T E: a) Europa u.a.:

- säkularisiertes Westen - postkommunistisches Osten - postchristliche Nationen

b) Menschliche Gesellschaft u.a.:

- Städte u. Dörfer - ganze Welt - ganze Mensch

c) Junge Menschen u. Familien

d) Kirche und ihre Gemeinden

e) Andere einzelne Objekte