Die Minne Im Wigalois

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Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 2 2. Grundlegende Gedanken zur Minnethematik 3 3. Wigalois als Inbegriff der Tugendhaftigkeit 4 4. Falsche Minneauffassung im Wigalois 8 4.1 Gawein: Einseitige Minne 8 4.2 Roaz: Eigensüchtige Minne 10 4.3 Lion: Minne aus moralisch verwerflichen Motiven 11 5. Der Roman als moralisches Lehrbuch 12 6. Fazit 14 7. Literaturverzeichnis 16

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 2

2. Grundlegende Gedanken zur Minnethematik 3

3. Wigalois als Inbegriff der Tugendhaftigkeit 4

4. Falsche Minneauffassung im Wigalois 8

4.1 Gawein: Einseitige Minne 8

4.2 Roaz: Eigensüchtige Minne 10

4.3 Lion: Minne aus moralisch verwerflichen Motiven 11

5. Der Roman als moralisches Lehrbuch 12

6. Fazit 14

7. Literaturverzeichnis 16

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Die Minne in Wirnts Wigalois

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1. Einleitung

Wirnt von Grafenbergs Artusroman Wigalois entstand wohl zwischen 1210

und 1220 und erfreute sich zur damaligen Zeit einer enormen Beliebtheit. Über das

Leben des Autors ist nichts bekannt und die einzige Spur die er hinterlies bleibt der

Wigalois. Im Gegensatz zu seinen großen Vorgängern Parzival, Êrec und Iwein,

verfuhr die Literaturkritik nicht gerade gnädig mit Wirnts einzigem überlieferten

Werk. So wurde dem Wigalois immer wieder unterstellt, dass sein Autor Thematik

und Handlung bei den großen Dichtern Wolfram und Hartmann abgeschaut habe.

Werner Schröder bezeichnet ihn sogar als „epigonales Zitatengemisch, ohne

Individual- und Gattungsstil“.1 Zwar sind die Anklänge an die großen Werke der

klassischen Artusliteratur nicht zu übersehen, jedoch ist der Wigalois mehr als nur

bloße Abkupferei. Der Roman hat eine ganz eindeutig lehrende Botschaft und

versucht seine Thematik zu nutzen, um als Lehrwerk für die damalige Gesellschaft zu

fungieren. Einen großen Bereich nimmt hierbei die Minne ein. Sie symbolisiert das

wahre Glück, das nur durch ein durch und durch tugendhaftes Verhalten erreicht

werden. Eine Abkehr vom Pfad der Tugend mag zwar zu kurzfristigem Glück führen,

doch ist dieses nie von Bestand. Es führt vielmehr ins Verderben, wohingegen dem

Tugendhaften ewiges Glück beschieden ist. Der Protagonist geht als Paradebeispiel

voran und lässt sich nicht von seinem Weg abbringen. Zum Schluss wird er durch die

wahre Minne belohnt und sein Glück hat Bestand.

1 Hahn, Ingrid: Gott und Minne, Tod und triuwe. Zur Konzeption des Wigalois des Wirnt von

Grafenberg. In: Personenbeziehungen in der mittelalterlichen Literatur. Hrsg. Von Helmut Brall, Barbara Haupt, Urban Küster. Düsseldorf 1994 (= Studia humaniora 25), S. 37

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2.Grundlegende Gedanken zur Minnethematik

Eine genaue Definition der Minne an sich fällt schwer, war sie doch schon seit

jeher immer wieder Gegenstand von Disputen innerhalb der Forschung. Der wohl

einleuchtenste Ansatz ist der, dass eine eindeutige Definition der Minne nicht möglich

ist, da sie je nach Gattung unterschiedlich definiert wird. Die Minne, wie sie in der

Dichtung vorkommt, ist jedoch keine real existente Liebe, sondern sie bleibt immer

nur ein Entwurf des jeweiligen Dichters. Sie ist Zeichen einer Gesellschaftsutopie, die

stehts nur ein poetischer Entwurf blieb. Dies soll nicht heißen, dass der damalige

Zuhörer nichts für sein eigenes Leben ableiten konnte. Die poetische Minne kreiert ein

Ideal, das vom damaligen Zielpublikum so nahe wie möglich verfolgt werden sollte.

In der erzählenden Dichtung führt die Minne fast immer zur Vereinigung der

beiden Liebenden, die unerfüllte Liebe hingegen findet sich selten. In der Artusepik

treten die Helden oft in den Dienst ihrer Angebeteten, um so ihre Tugendhaftigkeit zu

beweisen, denn „[e]in wahrhaft Liebender soll nicht den Mut verlieren, wenn eine

Dame ihm ihre Liebe nicht sofort zugestehen will, sondern er soll ihr dienen, wenn er

freigiebig und tüchtig ist, bis der Lohn kommt.“2 Die Minne eines Ritters soll also

nicht sofort von der Frau erhört werden, der Mann muss sich erst als würdig erweisen.

Nur derjenige, dessen Herz rein ist, kann in den Genuss der Liebe in ihrer reinsten

Form kommen. Sollte dies nicht der Fall sein, so muss der Minnende sich durch edle

Taten läutern, so lange bis er die Voraussetzungen erfüllt. Die Liebe darf nicht von

Triebhaftigkeit gesteuert werden, sondern sie ist an sich der „Quell der Tugend“3. Sie

darf auch nicht erzwungen werden, sondern sie muss von alleine kommen. Wichtig ist

auch, dass sie auf gegenseitigkeit beruht, denn sie kann nicht erzwungen werden. In

der Artusepik steht häufig der Minnedienst im Vordergrund, jedoch nicht im

Wigalois. Hier ist Sachlage anders, denn Wigalois hat schon bevor er durch Larie die

wahre und aufrichtige Minne findet den Auftrag Korntin von Roaz zu befreien. Das

Bestehen dieser Aufgabe schafft nur die Voraussetzung für den Vollzug der Minne.

2 Bumke, Joachim: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. München 1997, S.

512 3 Ebenda, S. 513

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3. Wigalois als Inbegriff der Tugendhaftigkeit

Wigalois muss seine Tugendhaftigkeit unter Beweis stellen und so zeigen, dass

er der hohen Minne würdig ist. Das Rittertum und die Minne werden zwei völlig

verschiedenen Bereichen zugeordnet. Die Minne steht für das beständige Glück,

wohingegen das Rittertum für das schwankende Glück steht.4 König Jorams Reich

kann von keinem Außenstehenden betreten werden. Auch Gawein kann das Reich nur

mithilfe des Zaubergürtels betreten, da auch er nicht vor menschlichen

Unzulänglichkeiten gefeit ist. Die Tatsache, dass ein Ritter sein Glück allein in der

âventiure findet, ist gegensätzlich zum steten Glück, das die Minne bringt und das im

joramschen Reich versinnbildlicht wird. Dem Prinzip der âventiure liegt nämlich auch

immer die Möglichkeit des Versagens zu Grunde, denn der Mensch ist nunmal nicht

und Fehler. Wigalois, der aus der Verbindung von Florie und Gawein hervorgeht,

scheint diese beiden grundsätzlich verschiedenen Bereiche miteinander zu vereinen.

Er ist einerseits Ritter und kann deshalb nicht im joramschen Reich glücklich werden,

da der Drang nach âventiure zu groß wird. Andererseits ist er aber auch nicht wie die

Ritter am Artushof, denn im Gegensatz zu ihnen sind ihm die moralischen

Unzulänglichkeiten, mit denen die Ritter der Tafelrunde zu kämpfen haben, fremd.

Dies wird bei der Tugendsteinprobe deutlich, welche er ganz unbeabsichtig besteht.

Zuo der linden reit der gast,/ sîn pfärt hafter an einen ast/ und saz enmitten ûf den

stein./ sîn herze was âne mein/ und ledic aller bôsheit;/ sîn muot ie nâch bestem streit.

(1489-1494)

Jedem der sich in seinem Leben auch nur einmal moralisch verfehlt hat, ist es

unmöglich sich dem Tugendstein zu nähern. Vor Wigalois war einzig und allein

König Artus selbst in der Lage die Probe zu bestehen. Auch Gawein, der gemeinhin

als bester und tugenhaftester Ritter der Tafelrunde gilt, musste scheitern, da er sich in

seiner Jugend einmal einer Dame gegen ihren Willen genähert hatte.5 Keiner der

Ritter am Artushof ist moralisch so vollkommen wie Wigalois. Diese Makellosigkeit

4 Vgl. Gottzmann, Carola: Deutsche Artusdichtung. Band I: Rittertum, Minne, Ehe und Herschertum.

Die Artusepik der hochhöfischen Zeit. Frankfurt a. M. 1986, S. 296 5 Vgl. Wirnt von Grafenberg: Wigalois. Text, Übersetzung, Stellenkommentar. Text der Ausgabe von

J.M.N. Kapteyn, Übersetzung von Sabine und Ulrich Seelbach. Berlin 2005, Zeilen 1504-17.

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kann nur daher kommen, dass er seine Jugend in König Jorams Reich, fernab aller

moralischen Unvollkommenheit verbracht hat. Jedoch kann sich auch Wigalois dem

Einfluss der menschlichen Unzulänglichkeiten nicht entziehen, was in der ersten

âventiure -Reihe deutlich wird. In seinem Bestreben seine Ritterlichkeit unter Beweis

zu stellen handelt er zwar wiederholt unritterlich, jedoch geschieht dies nie

absichtlich, denn Wigalois handelt stets mit edlen Motiven. Die âventiure-Reihe

beschreibt einen Reifeprozess, denn Wigalois lernt aus seinen Fehlern und ist deshalb

in der Lage seine Tugendhaftigkeit auch jenseits des joramschen Reiches

beizubehalten, um so die Voraussetzunge für zu erfüllen, die für das Finden der hohen

Minne notwendig sind.6 Zudem tritt der lehrende Charakter der ganzen Geschichte

deutlich in den Vordergrund, wenn der Autor widerholt die Handlung unterbricht, um

seine Einwürfe über die Tugenden der guten alten Zeit einzubringen, aber dazu mehr

im 7. Kapitel. Bei der ersten âventiure, die er auf seinem Weg nach Korntin zu

bestehen hat, trifft er bei der Suche nach einem Nachtlager für sich und Nereja auf

einen Burgherren, der ihn zum ritterlichen Kampf um eine Übernachtung

herausfordert. Natürlich nimmt Wigalois die Herausforderung an, wie es sich für

einen Ritter gehört, aber in seinem Übermut tötet er den Burgherren unnötigerweise:

Ez geschach ein teil ân sînen danc/ daz er in alsô hêt erslagen;/ daz wil ich iu vür wâr

sagen,/ wand er begundez von herzen klagen. (1999-2002)

Bei der darauffolgenden âventiure kommt Wigalois einer Jungfrau in Nöten auf

ritterliche Art und Weise zu Hilfe und rettet sie aus den Fängen zweier Riesen. Jedoch

hat Wigalois aus seinem Fehler gelernt und tötet nur einen der Riesen, von dem

anderen lässt er sich Sicherheit geben und schickt ihn mit der Jungfrau an den

Artushof. Wigalois versucht also seine Verfehlung, die er in der ersten âventiure

begangen hat, durch ritterliches Verhalten wieder gut zu machen und zeigt hier den

Beginn des Reifeprozesses. Allerdings wird auch hier wieder deutlich, dass Wigalois

mit der Welt außerhalb des joramschen Reiches wenig vertraut ist, denn ein Ritter

lässt sich normalerweise nur von einem anderen Ritter Sicherheit geben, nicht von

einem Riesen. Ob dieser Wigalois Aufforderung an den Artushof zu gehen Folge

leistet, bleibt fraglich und auch der weitere Verlauf der Geschichte gibt darüber keinen

Aufschluss. Als nächstes folgt die Auseinandersetzung mit einem Ritter, der ein

6 Vgl. Gottzmann, S. 299.

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Hündchen, das Wigalois Nereja geschenkt hat, auf unverschämte Art und Weise

zurückfordert. Wigalois kann die unstandesgemäße Behandlung Nerejas natürlich

nicht dulden und so kommt es zu einem weiteren Duell, in dessem Verlauf der Ritter

den Tod durch Wigalois Hand findet. Wigalois bestattet den Leichnam seines Gegners

nicht und zeigt so wieder verwerfliches Verhalten.7 Diesen Fehler merzt er aber im

Kampf gegen den Roten Ritter wieder aus. Gegen diesen tritt er an, da er Elamie den

ihr rechtmäßig zustehenden Schönheitspreis genraubt hat, um ihn seiner eigenen Frau

zu schenken. Keiner der versammelten Ritter traut sich den Preis zurückzufordern und

so beschließt Wigalois den Roten Ritter zu einem Duell herauszufordern. Dieser

nimmt natürlich an, muss dies aber mit seinem Leben bezahlen. Im Gegensatz zur

vorangegangenen âventiure lässt Wigalois seinen Gegner diesmal aber nicht

unbestattet und zeigt zum zweiten Mal, dass er aus seinen Fehlern gelernt hat. In der

letzten âventiure beweist er, dass der Reifeprozess erfolgreich abgeschlossen ist. Auf

seinem Weg nach Korntin trifft er auf Schaffilun, der seinerseits ebenso das Land von

Roaz befreien möchte. Da natürlich keiner der beiden darauf verzichten möchte seine

Ritterlichkeit zu beweisen, soll ein Vorrechtskampf die Entscheidung bringen.

Nachdem Wigalois sich ausgeruht hat findet der Kamp mit einer für beide Ritter

bisher unbekannten Härte statt. Wigalois verlässt auch hier seine Kampfeskraft nicht

und so besteht er auch dieses Duell siegreich, indem er seinen Gener tötet. Im

Gegesatz zu den vorigen âventiuren handelt er hier durch und durch ritterlich. Der

Tod seines Gegners wurde nicht durch Übermut verschuldet, sondern Schaffilun fiel

nach ritterlichen Regeln im Kampf. Nach dem Kampf weißt Wigalois das Gesinde

seines Gegners an, den Unterlegenen zu einer Kirche zu bringen und dort eine

Totenmesse für ihn zu halten um ihn danach mit christlichen Riten zu beerdigen.

Selbst Nereja, die ihren Unmut, über Artus‘ Entscheidung den jungen und

unerfahrenen Wigalois nach Korntin zu schicken bisher nur schwer verbergen konnte

ist nun, angesichts Wigalois‘ Reifeprozesses, überzeugt, dass einzig und allein er das

Land von Roaz befreien kann. Dieser brachte Korntin in seine Gewalt und vertrieb

Larie an den äußersten Rand des Reiches. Wigalois hat seine Tugendhaftigkeit also

bewiesen und erfüllt nun alle Voraussetzungen um die hohe Minne zu erfahren, wozu

er bei der Ankunft in Laries Burg auch sofort die Gelegenheit bekommt.

7 Vgl. Gottzmann, S. 304

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Als Wigalois sie zum erstenmal sieht, entbrennt sofort die Flamme der Minne in ihm:

Vrou Minne vie den rîter sâ/ und zôch in in ir hamît/ gewalticlîche âne strît,/ daz er

sich niht mohte erwern;/ er muose ir sichern unde swern/ ze tuone swaz si dûhte guot;/

ze gîsel muose er ir den muot/ geben und daz herze sîn,/ daz diu beidiu muosen sîn,/ ir

gevangen biz an ir tôt;/ swaz man ze tuone im gebot/ durch si, daz dûhte in allez

swach,/ swie im doch sîn herze brach/ dô er die schoenen alrêst sach. (4139-52)

Von nun an steht Wigalois, überwätligt vom bloßen Anblick seiner Angebeteten, in

ihrem Dienste. Doch dank seiner Tugendhaftigkeit verfällt er nicht in schwärmerische

Lethargie, sondern hat immer seinen Auftrag im Auge. Hier schafft er, was seinem

Vater Gawein versagt blieb: Er vereint das beständige Glück der Minne mit dem

unbeständigen Glück, welches das Ritterleben mit sich bringt. Deshalb verharrt er

auch nicht lange auf Laries Burg, sondern macht sich bald auf den Weg um sich Roaz

zu stellen, denn er weiß, dass seine Minne nur erfüllt werden kann, wenn er schafft

Korntin von seinem teuflischen Herrscher zu befreien. Wigalois „führt angesichts

direkter teuflischer Herausforderung ein Höchstmaß an Frömmigkeit vor, wie keiner

der Romanhelden Hartmanns und Wolframs es aufgewiesen hatte.“8 Nachdem ihm der

Sieg über Roaz gelungen ist wird er noch einmal auf die Probe gestellt, als er sich

nach dem Kampf mit unminnelichen Gedanken nach Larie sehnt und sie anruft, als

würde sie direkt neben ihm stehen:

Mînue ougen kunden rehte spehen/ dô si dir prîses jâhen!/ wenne kum ich dir sô

nâhen/ daz sich mîn herze erküele an dir!/ du solt von rehte werden mir,/ wand ich

dich vrouwe, erstritten hân. (8118-23)

Hier muss in sein neuer Verbündeter Graf Adân aus seinem Wahn befreien und die

unminnelichen Gedanken vertreiben, indem er ihn auf seine ritterlichen Pflichten

hinweist. Wigalois weiß sich zu besinnen und leistet Adâns Worten Folge und reitet

nach Joraphas, wo ihn Graf Moral als seinen Lehnherren anerkennt. Somit hat er auch

die letzte Prüfung bestanden und ist bereit die wahre Minne zu erfahren. Er schickt

einen Boten mit einem Liebesbrief zu Larie, die ihm nun auch öffentlich ihre Liebe

8 Hahn, S. 50

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gesteht. Nun macht sie sich mit ihrer Mutter und ihrem Hofstaat auf den Weg nach

Joraphas, wo die Hochzeit und auch die Krönungsfeier stattfinden. Wigalois wird so

für seine Tugendhaftigkeit und seine Selbstlosigkeit mir seiner Geliebten und einem

Königreich belohnt. Er hat es also geschafft, das zu vereinen was als unvereinbar

schien – er hat seinen Minnedienst vorbildlich geleistet und sich nicht von

unminnelichen Gedanken vom Pfad der Tugend abbringen lassen. Zudem hat er auch

seine Ritterlichkeit unter Beweis gestellt, indem er aus seinen Fehlern lernt und

letztendlich alle ihm auferlegten âventiure erfolgreich besteht.

4. Falsche Minneauffassung

Im Gegensatz zu Wigalois‘ wahrer Minne gibt aus Beispiele für negatives

Minneverhalten, das unweigerlich zum Unglück der betroffenen Personen führt. Es

treten mehrere Besipiele für eine falsche Auslegung der Minne innerhalb des Werkes

auf. Sie sind sozusagen das genaue Gegenteil zu Wigalois‘ und Laries wahrer Minne.

Die betroffenen Charaktere handeln stehts aus den falschen Motiven, denn ihr

Verhalten ist von Eigensucht und Triebhaftigkeit gesteuert. Sie erfüllen nicht die

moralischen Voraussetzungen um die wahre Minne zu begreifen und deshalb sind

diese Beziehungen alle zum Scheitern verurteilt. „Gaweins Eigensucht, Roaz‘

Hochmut und valsch, Lions Minnebesessenheit steht der durch aventiure erhärtete und

auf Dauer bewährte Minnebund von Wigalois und Larie gegenüber“.9

4.1 Gawein: Einseitige Minne

Das erste Beispiel für eine falsche Auffassung der Minne findet sich gleich zu

Beginn der Geschichte: Die Beziehung zwischen Wigalois‘ Eltern Gawein und Florie.

Gawein gelangt mit Joram und seinem Zaubergürtel in dessen Reich, wo in ihm die

Minne für Florie entbrennt. Aus dieser Verbindung geht Gawein hervor. Wie vorher

schon angesprochen, kann Gawein seine ritterlichen Instinkte jedoch nicht

unterdrücken und schon bald sehnt er sich zurück zu seinen Kameraden an den

9 Hahn, S. 57-8

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Artushof. Wie sein Sohn Wigalois später, genügt Gawein der totale Glückzustand

nicht, sondern er braucht die Gefahr eines möglichen Scheiterns bei einer âventiure

um glücklich zu werden.10

So gibt er vor nach drei Tagen wieder zurückzukehren und

bricht dann heimlich auf, da er das Klagen seiner schwangeren Frau fürchtet. In seiner

Sehnsucht vergisst er aber den Zaubergürtel mit sich zu nehmen und kann deshalb

nicht mehr zu Florie zurück, denn einzig und allein der Gürtel ermöglicht

Außenstehenden den Zutritt zum joramsche Reich. Er kehrt an den Artushof zurück,

muss aber bald feststellen, dass das Leben am Hofe allein ihm auch keine

Befriedigung bringen kann. Die Lust am Rittertum kann auch seine Rückkehr nicht

zurückbringen:

Dône wolde iedoch der degen/ niht turnieren als ê/ wand im tet der jâmer wê/ nâch

sînem schoenen wîbe./ er gedâhte, ‚ob ich belîbe/ lenger hie, des gewinne ich

schaden.‘ (1167-72)

Deshalb verlässt er den Hof wieder und versucht über ein Jahr erfolglos zu Florie

zurückzukehren, muss letztendlich aber einsehen, dass er seine Frau nie wieder sehen

wird. Gaweins Entschluss das Reich des ewigen Glückes zu verlassen, hat für ihn und

Florie schwerwiegende Folgen. Ganz zum Schluss des Romanes überbringt ein

Knappe Wigalois die Botschaft vom Tode Flories:

Diu swaere ir abe daz herze sneit./ sie schiet mit solhen riuwen hin/ daz ich des gewis

bin/ daz got die sêle im habe erkorn./ ir schoenen lîp hât sie verlorn,/ daz wizzet, von

den beiden:/ daz ein was daz scheiden/ daz von ir tet ir lieber man,/ nâch des minne ir

herze bran:/ daz andere daz si iuch verlôs. (11340-49)

Das Problem dieser Minne, ist ihre Einseitigkeit. Während Gawein, zwar unglücklich

über den Verlust seiner Frau, wieder am höfischen Leben teilnimmt, verzehrt sich

Florie vor lauter Sehnsucht nach ihrem Geliebten. So sind die menschlichen

Schwächen Gaweins der Grund für das unglückliche Ende der Beziehung. Selbst der

beste Ritter der Tafelrunde ist nicht unfehlbar und frei vom menschlichen Makel.

Deshalb ist auch er nicht dazu in der Lage die wahre Minne zu finden.

10

Gottzmann, S. 297

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4.2 Roaz: Eigensüchtige Minne

Ein weiteres Beispiel für falsche Minne findet sich in der Beziehung zwischen

Roaz und Japhite. „Die Minne von Raz ist mißtrauisch und eigensüchtig“11

: er vorhte

daz ir minne/ vil lihte diu küniginne/ gewante an einen andern man.(8050-3) Vor

lauter Angst, er könne die Liebe seiner Frau verlieren, lässt er keinen anderen Mann

nahe an sie heran. Stattdessen besteht ihr Gefolge aus Jungfrauen. Roaz‘ von

Eifersucht geprägtes Verhalten lässt keinen Raum für die wahre Minne und deshalb ist

auch er zum Scheitern verdammt. Später wird deutlich, dass sein Verhalten ganz und

gar unbegründet ist, wie Japhites durch ihr Wehklagen und ihr anschließendes

Dahinscheiden, nach dem Tod ihres Geliebten beweist.

Natürlich trifft Roaz sein Verderben in der Person von Wigalois, dem Verfechter der

aufrichtigen Minne. Dieser kann gar nicht scheitern, denn seine Gedanken und

Absichten sind rein und er weiß, dass sein Werben um Larie nur durch die

Beseitigung von Roaz erfolgreich sein kann. So treten Wigalois und Roaz,

stellvertretend für minne und unminne, zum Kampf an. Wigalois schöpft während des

Gefechts Kraft aus minnenden Gedanken an seine Angebetete und kann so auch Roaz‘

schwerste Angriffe überstehen:

[Wigalois] liez ab sînen lîp bliuwen und zehouwen/ durch sîne liebe vrouwen,/ die

schoenen magt Lârîen,/ die er zeiner âmîen/ sînem lîbe erkorn/ ist daz ez dâ niht wirt

verlorn./ daz bewarte ouch er vil vaste (7588-95)

Von dieser Kraft beflügelt, schafft es Wigalois einen weiteren Gegner zu bezwingen

und erlöst so Korntin von seinem teuflischen Herrscher. Jedoch hat auch er den

Kampf nicht unbeschadet überstanden und fällt in Ohnmacht. Dies kann nur bedeuten,

dass moralische Reinheit nicht ohne Anstrengung und Opfer erreicht werden kann,

denn selbst Wigalois, der Ritter mit dem reinsten Herzen, muss all seine Kraft

aufbringen um diese entscheidende âventiure erfolgreich zu besteehen. Die

anwesenden Jungfrauen wollen den wehrlos daliegenden Helden aus Rache töten, aber

im letzten Moment schreitet Graf Adan schützend ein. Er verkündet, dass Roaz die

11

Gottzmann, S. 319

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gerechte Strafe ür sein untugendhaftes Verhalten erfahren hat und gelobt Wigalois die

Treue. Die unminne zwischen Roaz und Japhite, hat fatale Folgen für beide: Während

Roaz im Kampf fällt, verliert Japhite aus Kummer über den Tod ihres Geliebten ihr

Leben. Für Roaz gibt es auch nach dem Tod keine Erlösung, denn die Diener des

Teufels entziehen seinen Körper den Bestattungsriten.12

Dadurch wird deutlich, dass

unmoralisches Verhalten auf Dauer nicht erfolgreich ist, sondern nur Tod und

Verderben bringt. Den Lohn ernten die Tugendhaften und Rechtschaffenden, so wie

Wigalois und Larie, die anstelle des glücklosen Paares nun die Herrschaft über

Korntin übernehmen. Damit ist der Wechsel vollbracht und aus dem ehemals von

gottlosem und unmoralischem Verhalten geprägten Land, wird das Land der Liebe.

Sinnbildlich für diesen bedeutsamen Wechsel ist die Taufe der ehemaligen

Gefolgsleute von Roaz. Sie werden durch Wigalois bekehrt und zurück auf den

rechten Weg geführt.

4.3 Lion: Auf moralisch verwerflichen Motiven basierende Minne

Das offensichtlichste Beispiel für falsches Minneverhalten zeigt jedoch Lion.

Seine Minne beruhr auf reiner Triebhaftigkeit.13

Seinetwegen findet nicht nur er,

sondern auch König Amire und dessen Frau Liamere den Tod. „Falsche Minne wirkt

vernichtend. Sie dient nicht der Erhaltung der Gemeindschaft, sondern bringt

Zwietracht und Tod mit sich.“14

Als Lion Liamere erblickt entbrennt will er sie zu

seiner Frau machen und fordert König Amire, der sich auf dem Weg zu Wigalois‘

Krönungsfeier befindet, zum Duell um dessen Geliebte heraus. Amire fällt und Lion

nimmt die Königin mit sich, vergisst aber dabei, dass nur die Minne die auf

Gegenseitigkeit beruht Befriedigung bringen kann. Der Mord an Amire und der Raub

seiner Frau, bringen ihm nicht den erhofften Preis. Liamere stirbt vor lauter Kummer

über den Tod ihres Geliebten und beweist, dass die wahre Minne nicht durch Gewalt

zu trennen ist. Dies wird durch die gemeinsame Beisetzung der beiden Liebenden

verdeutlicht. In einem gemeinsamen Mausoleum bleiben sie auch nach ihrem Tod

vereint:

12

Vgl. Wirnt (8136-39) 13

Gottzmann, S. 323 14

Gottzmann, S. 323

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Den künic Âmîren truoc man dan/ mit klägelîchem sêre/ dâ vrouwe Lîamêre/ besigelt

in einem sarke lac./ der was lieht alsam der tac/ von golde und von gesteine;/ dar inne

lac diu reine/[...] in den sarc zuo ir dar în/ legt man dô ir gesellen. (11210-25)

Das Motiv der Frau, die ihrem Geliebten in den Tod folgt, kommt hier nicht das erste

mal vor. Beleare, die Frau des Grafen Morals, der vom Drachen Pfetan verschleppt

wurde und auch das Waldweib Ruel, treten als Trauernde auf. Auf die Spitze

getrieben wird dieses Motiv jedoch von Florie, Japhite und Liamere. Sie können den

Tod ihrer Geliebten nicht verkraften und folgen ihnen vor lauter Kummer. Dies

verdeutlicht noch einmal, dass die Einheit, die durch die Minne entsteht, auch über

den Tod hinaus weiter existiert. Hat man einmal einen Partner für sich gefunden, so

scheint das Leben ohne ihn unmöglich und nur der Tod kann die Wiedervereinigung

bringen.

5. Der Roman als moralisches Lehrbuch

Dieser Aufsatz hat bisher nur die Handlungen der einzelnen Charaktere

betrachtet und wie der Zuhörer durch ihr Verhalten Lehren für das eigene Leben

ziehen kann. Dies erfordert aber von diesem eine über das bloße Zuhören

hinausgehende Analyse der Geschichte. Viel offensichtlicher wird der lehrende

Charakter aber, wenn man die Textstellen untersucht, in denen sich der Erzähler

explizit in Form von persönlichen Einwürfen an sein Publikum wendet. Der Erzähler

versucht also sein Publikum dazu zu bewegen ihr eigenes Verhalten kritisch zu

reflektieren. Es wird ganz bewusst und offensichtlich versucht einen moralischer

Verhaltenskodex zu entwickeln.

Während der Riesenâventiure unterbricht der Erzähler die Narration um den

seiner Meinung nach vorhanden Sittenverfall der damaligen Gesellschaft

anzuprangern, und um eine Rückbesinnung oder vielmehr ein Neuorientierung hin zu

den ritterlichen Tugenden zu fordern. Im speziellen wir in diesem Erzählermonolog

der Eidbruch thematisiert, der dem Erzähler ein Dorn im Auge ist. Wigalois hatte

soeben den zweiten Riesen besiegt und ihn somit gezwungen, ihm Sicherheit zu

leisten und die Jungfrau sicher an den Artushof nach Karidôl zu begleiten. Nach

Meinung des Erzählers war das Wort eines Mannes damals mehr wert und

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Eidbrüchige wurden von der Gesellschaft ausgestoßen, was seiner Meinung nach auch

in seiner Zeit von Nutzen wäre.15

Bei Wigalois‘ erster Begegnung mit Larie sinniert der Erzähler über deren

Liebreiz und stellt wieder eine Verbindung zu seiner Zeit her. In der betreffenden

Textstelle wird beschrieben, wie Larie Wigalois‘ Minne mit ihren Blicken erwidert.

Wieder wird die Narration unterbrochen und der Erzähler wendet sich direkt an sein

Publikum und belehrt es darüber, dass etwaige charakterliche Schwächen und Bosheit

durch die Augen erkannt werden können. Der Blick einer guten Frau ist in der Lage

durch die Augen des Mannes direkt in sein Herz zu schauen und dort seinen wahren

Charakter zu erkennen. Nach seiner eigenen Erfahrung sei es nämlich so:

Swâ diu ougen ein ander an/ lange sehent âne wanc,/ daz dâ herze und [ir] gedanc/

mit triuwen zuo ein ander stât;/ swâ ab der blic sô schiere ergât,/ dâ enist niht ganzer

triuwe bî,./ ezn kome alsô daz es sî/ daz sîn die liute werden gwar:/ sô laze er sîn

sehen gar,/ ern blicke dan underwîlen dar.

Es wird auch hier wieder deutlich, dass der Roman mehr als nur bloße Unterhaltung

bieten soll. Dem Zuhörer sollen Ratschläge vermittelt werden, die auch auf sein

eigenes Leben anwendbar sind und nicht nur für die fantastischen Gestalten im Werk

gelten.

In der Fischerepisode liegt Wigalois bewusstlos am Boden, nachdem er den

Drachen besiegt hat. Ein vorbeiziehendes Fischerpaar, beraubt den Ohnmächtigen

seiner Habe. Die Fischersfrau geht sogar soweit und will Wigalois ertränken. Jedoch

on ihrem bringt die Schönheit seines ritterlichen Körpers die Frau zögern und sie

bricht ihr Vorhaben ab. Die schlechte der Frau nutzt der Erzähler um von der

eigentlichen Geschichte abzuschweifen und spricht über die Bösartigkeit mancher

Frauen:

Ez ist ouch noch ein übel wîp/ wirser danne dehein man,/ was si niht bedenken kan/

waz ir dar nâch künftic sî.(5393-6)

Diese Meinung ist nach heutiger Sicht natürlich frauenfeindlich, doch entspricht sie

dem damals herrschenden Weltbild. Man kann dem Autor aber zu Gute halten, dass er

nicht müde wird die edlen Damen zu rühmen. Hat man einmal eine ehrbare Frau

15

Vgl. Wirnt, 2146-58

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gefunden, so sollte man alles tun um sie zu halten, denn die Belohnung wird umso

reichlicher sein.16

Es ist sowieso bemerkenswert, dass es meisten das weibliche Geschlecht ist,

das den Erzähler zu seinen Ausschweifungen anstiftet. Vor allem die schöne Heidin

Japhite scheint es ihm angetan zu haben, denn ihr Verhalten wird als durchweg positiv

dargestellt. Sie wird zu einem vorbildlichen Frauencharakter und bekommt fast

ebensoviel Aufmerksamkeit, wie die eigentliche weibliche Hauptdarstellerin Larie. Er

nutzt ihr vorbildliches Verhalten um Liebesratschläge an die Damen seiner Zeit zu

geben. Eine Frau hat nach seiner Meinung die Pflicht ihrem Mann gehorsam zu sein

und ihm keine Widerworte zu geben, denn das wäre das Rezept für eine

langanhaltenden Liebe.17

Diese direkt an den Zuhörer gewandten Einwände sind Ratschläge für eine

erfolgreiche Minne. Der Wigalois wird so zu einem Handbuch, dass helfen soll die

wahre Minne zu erkennen und sie zu konservieren.

6. Fazit

In Wirnt von Grafenbergs Wigalois wird deutlich, wie der Autor anhand seiner

Charaktere versucht, sein Publikum zu beeinflussen und ihr moralisches Verhalten zu

verbessern. Das höchste Gut eines Ritters ist die wahre Minne einer edlen Frau zu

erstreiten. Dies kann aber nur gelingen, wenn das Herz des Minnenden frei von

jeglicher Schlechtigkeit ist und seine Absichten rein sind. Diese moralische

Makellosigkeit wird vom Protagonisten des Werkes vertreten. Er ist den anderen

Menschen dank seiner Herkunft moralisch bei weitem überlegen. Nur König Artus‘

eigene Tugendhaftigkeit kann sich mit seiner messen, wie die Tugendsteinprobe

beweist. Jedoch ist Wigalois nicht auf Anhieb bereit seine gottgegebene moralische

Überlegenheit auszuspielen, denn die Konfrontation mit den menschlichen Schwächen

lässt auch den Helden nicht unbeeindruckt. So muss er sich erst als würdig erweisen,

die wahre Minne zu finden. Dies geschieht auf der Reise nach Kornitn, auf der er fünf

âventiuren zu bestehen hat. Nach dem er so seine Tugend bewiesen hat, ist er bereit

die Minne zu finden. Der Vollzug kann aber erst nach seiner Erlösungstat geschehen

und so befreit er im Alleingang ein gesamtes Reich von seinem teuflischen

16

Vgl. Wirnt, 5393-412 17

Vgl. Wirnt, 7493-97

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Die Minne in Wirnts Wigalois

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Unterdrücker. Als Preis für seine Tatkräftigkeit erhält er seine Geliebte und die

Herrschaft über zwei Königreiche. So zeigt der Autor, dass ein tugendhaftes Leben

reich belohnt wird. Tugendhaftigkeit ist aber unabhängig von der Geburt und muss

immer wieder aufs Neue bewiesen werden. Wigalois gegenüber stehen Charaktere, die

durch ihr Fehlverhalten sich und ihre Geliebten ins Verderben stürzen. Da wären zum

einen Gawein, der seine Frau aus eigensüchtigen Motiven verlässt und zum anderen

Roaz, der ebenfalls eigensüchtig handelt und seine Frau von der Außenwelt

abschottet. Den schlimmsten Frevel jedoch begeht Lion, dessen Minne nur durch

Triebhaftigkeit gesteuert ist und der in seinem Wahn versucht den Minnebund

zwischen Amire und Liamere zu durchbrechen. Dieser Bund kann aber nicht aufgelöst

werden, sondern besteht auch nach dem Tod der Liebenden weiter. So wird deutlich,

dass es nur eine einzig wahre Minne geben kann, nämlich die, die auf Gegenseitigkeit

beruht. Der Zuhörer soll nun anhand der literarischen Beispiele Lehren für sein

eigenes Leben ziehen. Dieser Lernprozess wir immer wieder durch direktes Eingreifen

des Erzählers unterstützt, der seine eigene Meinung wiedergibt und Ratschläge erteilt,

wie man moralisch richtig handeln kann. Die unterstreicht noch einmal ganz deutlich

die lehrende Intention des Romans und macht ihn zu mehr als einem „epigonalen

Zitatengemisch“.18

18

Hahn, S. 37

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Die Minne in Wirnts Wigalois

16

7. Literaturverzeichnis

Bumke, Joachim: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter.

München 1997.

Hahn, Ingrid: Gott und Minne, Tod und triuwe. Zur Konzeption des Wigalois des

Wirnt von Grafenberg. In: Personenbeziehungen in der mittelalterlichen

Literatur. Hrsg. Von Helmut Brall, Barbara Haupt, Urban Küster. Düsseldorf

1994 (= Studia humaniora 25), S. 37-60.

Gottzmann, Carola: Deutsche Artusdichtung. Band I: Rittertum, Minne, Ehe und

Herschertum. Die Artusepik der hochhöfischen Zeit. Frankfurt a. M. 1986.

Wirnt von Grafenberg: Wigalois. Text, Übersetzung, Stellenkommentar. Text der

Ausgabe von J.M.N. Kapteyn, Übersetzung von Sabine und Ulrich Seelbach.

Berlin 2005.