Die Facebook-Falle - Sascha Adamek & Kim Otto
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Dieses Buch widme ich in Liebe
meinen Kindern Anna, Nils und Max;
Mélanie;
meinen Eltern;
und den Freunden, mit denen ich so viel teile.
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Gute Nacht, Freunde,
s wird Zeit für mich zu geh’n.
Was ich noch zu sagen hätte,
auert eine Zigarette
nd ein letztes Glas im Steh’n.
ür die Freiheit, die als steter Gast bei euch wohnt,abt Dank, daß ihr nie fragt, was es bringt, ob es lohnt.
REINHARD ME
Von dem, was die anderen nicht von mir wissen,
ebe ich.
PETER HANDK
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung - Die Legende vom »sozialen« Netzwerk KAPITEL 1 - In der Facebook-Falle
KAPITEL 2 - Wir bezahlen mit unseren Daten
KAPITEL 3 - Fischen, wo die Fische sind
KAPITEL 4 - Facebook im Netz der Interessen
KAPITEL 5 - Die Fake-PolitikKAPITEL 6 - Kampf gegen die Mafia 2.0
KAPITEL 7 - Wir sind bald eine Milliarde Freunde
Danksagungen
Kleines Netzwerk-Lexikon
AnmerkungenRegister Copyright
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Einleitung
Die Legende vom »sozialen« Netzwerk
Wäre Facebook ein Land, wäre es schon heute darittgrößte der Welt. Ein wirklich erstaunliches Land, w
Menschen in siebzig unterschiedlichen Sprache
miteinander kommunizieren und ihr Privatleben in großeGruppen von durchschnittlich 130 Freunden miteinand
eilen.1 Rund die Hälfte der gut 500 Millionen »Bürgeieses Landes meldet sich jeden Tag bei der Zentraieses weltumspannenden sozialen Netzwerks an. I
chnitt verbringen die Mitglieder von Facebook pro Monund 700 Milliarden Minuten im direkten Austausch mhren Freunden. Monat für Monat laden die Nutzer drMilliarden Fotos und zehn Millionen Videos hoch. Wä
acebook ein Staat, wäre dessen »Regierung« aiesem Wege bestens über die privaten Belang
Konsumvorlieben oder politischen Haltungen seiner Bürgnformiert. Selbst über Dinge, die diese Bürger nicht einmhren Freunden anvertrauen würden. Denn wie restrikeder Facebook-Nutzer seinen Privatsphäre-Filter aucinstellt, alles, was eingespeist wird, landet unweigerlich
en 40 000 Großservern rund um den Globus und verbleiort ohne Zeitbegrenzung. Selbst die Profile vo
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Verstorbenen bleiben erhalten, sie werden iGedenkzustand« weitergeführt.Was fasziniert uns so an Facebook? Ein befreundet
Dokumentar- und Musikfilmproduzent schwärmte schon vahren von MySpace, später dann von Facebook. Wie
egeisterten sich anfangs viele Angehörige dlternativen Kulturszene für Facebook, für sie ein Symbes öffentlichen, des gemeinsamen Netzes. Dahintteckte zu einem Gutteil die diffuse Sehnsucht nach einemanzipatorischen Aufbruch, vielleicht auch nach eine
Gegenpol zu den herrschenden Verhältnissen. Das Internwurde vielfach als ein Medium der Befreiung empfundeas Menschen an den entlegensten Flecken der Erdoziale Teilhabe ermöglicht. Google sei der modern
Kiosk der Medienwelt, schreibt der Blogger unMedienexperte Jeff Jarvis. Und was ist dann Facebook
Dessen Gründer Mark Zuckerberg möchte seine Erfindunum Fenster des World Wide Web machen, und er atsächlich auf dem besten Wege dahin. Um zxpandieren, integriert Facebook die Skype-Interneelefonie, eine Suchmaschinenfunktion und sogar einigene E-Mail-Funktion. Allein in Deutschland haben sicast 13 Millionen Menschen in dem Netzwerk angemeldend es werden immer mehr. Facebook ist in kürzester Zein Mainstream-Medium geworden. In einigen Branchen s als Kommunikationsmedium mittlerweile sognverzichtbar. Wer dort nicht präsent ist, der existiert nich
pätestens wenn wir gezwungen sein werden, domitzumischen, wird das freiwillige »soziale« Netzwerk vo
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reunden endgültig zur Legende. Aber wer steckt hinter diesem Netz, dem wir uns bislanegeistert anschließen? Bei aller Euphorie über die Visioines weltumspannenden, herrschaftsfreien Dialog
müssen wir die Frage stellen, wer die Gönner und Mach
m Hintergrund sind, die an dieser Vision arbeiten, unwelche Interessen sie verfolgen. Eine der Schlüsselfigureei Facebook neben Mark Zuckerberg ist beispielsweisin milliardenschwerer Futurologe und Hedgefond
Manager, der globale Probleme am liebsten dadurch lösewürde, dass er den Staat als Hüter des Gemeinwoherbannt. Einer, der findet, die Menschheit habe überhaueine Probleme, und wenn doch, dann seien sie alleurch den technischen Fortschritt zu lösen. Er stec
Millionen Dollar in die Erforschung Künstlicher Intelligennd träumt von einem transnationalen, technische
eitalter. Und ein weltumspannendes Datenmonstrum wacebook ist, wie wir auf den folgenden Seiten sehe
werden, bestens geeignet, diesem fragwürdigen Zäherzukommen.Bei den Recherchen für dieses Buch bin ich ga
acebooklike‹ vorgegangen. Ich habe Freunde und dreunde der Freunde von Facebook gesucht, um mir eild davon zu machen, wer welche Interessen mit d
weltweiten Expansion dieses Netzwerks verbindeGelandet bin ich teilweise in ziemlich rückwärtsgewandteKreisen, die so gar nicht zum Image des liberale
weltoffenen Netzwerks passen. Ich stieß auf Menschen mKontakten zur CIA, auf Obama-Hasser und auf den bere
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rwähnten Futurologen. Facebook-Gründer Zuckerberg icher kein CIA-Agent, und Facebook ist ganz gewiseine Staatsverschwörung. Aber man muss sich stets v
Augen halten, dass man auf den Seiten dieses sozialeNetzwerks nicht nur Freunde trifft. So leistet sich Faceboo
eispielsweise einen Lobbyisten in Washington, der untnderem Kontakte zum US-Geheimdienstsektor unterhä
was sowohl Google als auch Microsoft und Apple bislanemieden haben. Längst nutzen große Konsumgüte
Konzerne sogenannte »Opinion Mining«-Programme, unsere Meinung in sozialen Netzwerken auszuforsche
Alles, was wir uns auf Facebook mitteilen, wird atichworte hin durchforstet und analysiert: Sind wir einerodukt gegenüber aufgeschlossen, oder kritisieren ws? Die Programme erkennen sogar unseren »Tonfall
Genau derselben Methode bedienen sich von der C
ezahlte Firmen, um die Meinung der Weltnetzgemeindbzuhören. Die Freiheit des Internets droht sich gegen unlle zu kehren.Dessen ungeachtet lieben wir alle das Netz und könne
icht von ihm lassen. So haben die Aktivitäten von Googtreet View in Deutschland im Jahr 2010 zwar Politikller Parteien auf den Plan gerufen, weil sie drivatsphäre bedroht sahen, aber all diese Kritiker sollteich besser fragen, wann sie selbst zum letzten Meispielsweise vor Antritt einer Urlaubsreise bei Goog
Maps stöberten, um sich zu vergewissern, ob der Stran
wirklich sauber, der Weg dorthin nicht zu weit oder dtraße nicht zu nah ist. Wir alle sind das Internet – und ohn
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ns gäbe es kein Facebook. Und dieselben Politiker, dch für Datenschutz und die Wahrung der Privatsphäre i
Netz stark machen, geben selber auf Facebook irivatleben preis, um bei einem Teil ihrer potenzielle
Wähler zu punkten. Die Aufregung der Politik über Goog
treet View steht in keinem Verhältnis zu den wirklicrivaten Daten, die Nutzern und Nichtnutzern digital
Dienste im World Wide Web aus ihren Computern gesauwerden. Und die diese bereit sind, mit dWeltnetzgemeinde zu teilen. Die Satirezeitschrift Titantieß bei ihrer getürkten Aktion »Googlehomeview« arstaunlich wenig Widerstand und konnte zahlreicheutsche Wohnzimmer filmen. Aber was treibt uns, einem engsten Freundeskreis vorbehaltene Informationend intime Details im Internet auszubreiten? Definiert sicas Private heute anders, und was ist noch wirklich privat?
All diesen Fragen geht das vorliegende Buch nach, uns werden Menschen vorgestellt, denen ihr virtuellereiben im realen Leben zum Verhängnis wurde. Mit depuren, die sie im Netz hinterließen, gefährdeten sie nicur ihren Ruf, sondern auch ihre Jobs und sozialeeziehungen. Und natürlich sind nicht nur Arbeitgeber aie Idee gekommen, des Öfteren einen Blick in dacebook-Profile ihrer mitunter gelangweilten Angestellteu werfen. Auch Geheimdienste, Kriminalpolizei und privarmittler haben längst erkannt, dass ihre Klientel sich zw
eal versteckt hält, ihre virtuellen Handlungen manchm
edoch alles andere als verbirgt.Vorgestellt werden auf den folgenden Seiten darüb
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inaus Menschen, die sich um die Schattenseiten dacebook-Welt kümmern, darunter eine Publizistin, dnter Polizeischutz gegen Kinderporno-Ringe im Neämpft, BKA-Beamte, die im Internet ermitteln, und erivatermittler auf den Datenspuren von Top-Manager
Außerdem eine Journalistin, die gegen Umtriebe voRechtsextremisten auf Facebook vorgeht.
Schließlich spürt dieses Buch der großen Frage nach, ond vor allem wie Facebook die Welt verändert. Mauckerberg selber geriert sich öffentlich als radikal
Verfechter persönlicher Transparenz. Er glaubt, dasMenschen verantwortlicher handeln, wenn sie ih
ersönlichkeit, ihre Lebensverhältnisse, ihr Denken unHandeln öffentlich machen, weil auf die Weise die Folgehrer Handlungen öffentlich würden. Was die Welt aDauer ein Stück besser mache. Es ist eine etwas naiv
heorie über das globale Dorf, in dem alle sich liebhabenDabei ist Facebook in Wahrheit ein geniale
Geschäftsmodell – genial wie Google, aber deutlicxpansiver. Geschätzte fast 1,1 Milliarden Dollar au
Werbeeinnahmen und Spiele-Tantiemen wurden im Jah010 in die Firmenkasse gespült. Der Wert des noch nicörsennotierten Unternehmens wird mittlerweile auf mels 30 Milliarden Dollar taxiert. Facebook, darin sind siclle Beobachter einig, ist längst zum große
Herausforderer von Google geworden und der Interneuchmaschine womöglich auf lange Sicht überlege
Google wertet quantitativ aus, welche Websites wie häufngeklickt werden. Das Google-Ranking macht den We
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iner Website für Werbekunden aus. Weil Google aucnsere IP-Adresse registriert, kann das Unternehme
Anzeigen auf den von uns angeklickten Seiten platziereie genau auf unsere Interessen und Bedürfnissugeschnitten sind. Facebook dagegen weiß noch sehr v
mehr über seine Nutzer – und das in Echtzeit. Dort kenman unsere Namen, unser Alter, unsere Interesse
edürfnisse Vorlieben und Abneigungen noch sehr viesser, sodass der Konzern Werbung weit zielgenaulatzieren kann. Für die Werbeindustrie bedeutet die
angfristig den Abschied von der Belästigung durcnerwünschte Werbung, denn Facebook bindet d
Konsumenten ein. Der »Gefällt-mir«- oder »Like«-Buttoat inzwischen 350 000 Websites erobert. Wenn iceispielsweise bei einem Musikvideo auf »Gefällt milicke, sind alle meine Facebook-Freunde sofort üb
meinen musikalischen Geschmack informiert. Und seiewir ehrlich: Gibt es eine bessere Werbung als d
mpfehlung durch unsere Freunde? Zugleich aber bietieses Instrument Facebook die Möglichkeit, unse
nteressen an die werbetreibende Industrurückzumelden.Was für die werbetreibende Wirtschaft vermutlich d
este Idee seit Jahrzehnten ist, wirft uns zugleich auf demit Widrigkeiten gepflasterten harten Bodewischenmenschlichen Zusammenlebens zurück. Denn wagt mir denn, dass meine Freunde überhaupt wisse
wollen, was ich gerade gut gefunden habe? Ich hätte eöchstwahrscheinlich längst wieder vergessen, wenn ic
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inen von ihnen persönlich träfe. Facebook jedoch sorafür, dass Unwichtiges dauerhaft Gewicht erhält. Unelbst deutsche Politiker lassen sich hier zu peinlicheanalitäten hinreißen. Und während Facebook, Twitter un
Co. in demokratischen Staaten das Niveau der politisch
nformation noch weiter verflachen, tappen in diktatorischeändern Menschen scharenweise in die Facebook-Falle. an schlossen sich Menschen Online-Mobilisierungen d
Opposition an und wurden anschließend verhört odnhaftiert. Denn auch das Regime betreibt FacebooAccounts, um seine Gegner auszuforschen.
Die Möglichkeit, uns vielen anderen gleichzeitmitzuteilen, verlockt Menschen auf der ganzen Welt – aunterschiedlichen Motiven. Wir alle dürfen uns wublizisten, Fotografen und Kameramänner fühlen. Ereund, der sich selbst als facebooksüchtig bezeichne
chwärmt, die Plattform sei einzigartig, weil »ich ständmit der ganzen Welt im Dialog stehe«. Er liebt es, auf d
traße oder in einem Lokal von Menschen erkannt zwerden, die ihn bislang nur von Facebook kannten. »Stwas ging früher nur, wenn man Dinge tat, die auch in deitung oder im Fernsehen publiziert wurden.« Ist es alsieses aus der vermeintlichen Bedeutung des eigeneuns und der Beachtung der eigenen Person durc
wildfremde Menschen im Netz resultierende Glücksgefühas uns alle zu mehr oder weniger Facebook-Süchtige
macht? Facebook ist Geben und Nehmen vo
nformationen, und wer sich einigelt und zu wenig von sicreisgibt, ist schnell wieder raus. Wer sich nach sein
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Anmeldung bei Facebook in der Folge an Kommunikatioicht sonderlich interessiert zeigt und sich vielleicht nur aaar Tage oder gar Wochen einloggt, der wird, so deacebook-Jargon, »gedeadded«, sprich: ihm wird dreundschaft gekündigt, er ist sozial tot. So jemand wi
um »Unfriend«, ein Wort, das die Herausgeber deOxford American Dictionary im Jahr 2009 zum Wort deahres wählten.Das Ganze erinnert ein wenig an die Nöte von Sigmun
Marx in Aldous Huxleys literarischer Zukunftsvision Schön
eue Welt . Dort ist die Familie abgeschafft, unmonogame Beziehungen sind geächtet. Jeder soll medem alles teilen, und je mehr Sexualpartner jemand haesto besser. Huxleys Protagonist findet sich in dies
Welt nicht zurecht. Nicht weil er sexuell überfordert wärondern weil er einfach mal für sich sein will. So fliegt er m
einer Angebeteten namens Lenina einmal in eineHubschrauber über das Meer. Er schaltet das Radio aweil er die Dauerberieselung nicht mehr erträgt unusschließlich mit ihr den Anblick des Mondes genieße
möchte:
»Ich habe das Gefühl, als wäre ich mehr ich selbst, wenn du das verstehen kannst. Alswäre ich etwas Selbständiges, nicht nur einTeilchen von etwas anderem. Nicht mehr nur
eine Zelle im sozialen Organismus. Fühlst du
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das nicht auch, Lenina?«
Lenina schluchzte: »O wie schrecklich’,wiederholte sie immer wieder, ’wieschrecklich! Und wie kannst du solche
Dingen sagen, kein Teil des Ganzen sein zuwollen?«
Ganz so gruselig geht es im Facebook-Land natürlich nicu, und Facebook kann durchaus Spaß machen, wie jedon uns schon erfahren hat. Also »teilen« Sie mit mir d
Geschichten dieses Buches, wie Facebook sagen würdUnd seien Sie gewiss: Sie sind nicht allein.
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KAPITEL 1
In der Facebook-Falle
Wie uns die Zurschaustellung desPrivaten ins Verderben reißen kann
Mark Zuckerberg ist ein egozentrisches ArschlocDiesen Satz hätte ich nie zu schreiben gewagt. Denn icabe den Facebook-Gründer nie kennengelernt und aucein Interview mit ihm erhalten, weil er keine Interviews gibch fand diese Formulierung in einer Rezension deKinofilms The Social Network in der Berliner Zeitung, unie Autorin wagte sogar, sie ohne Anführungszeichen z
chreiben.2 Die Welt platzierte diese charakterlichinschätzung des Gründers und Chefs von Facebooogar im Titel ihrer Filmkritik: »Zuckerberg – ein einsame
elfmade Arschloch«.3 Die Suchbegriff-KombinatioZuckerberg Asshole« ergibt bei Google 310 000 Treffe
ie deutsche Kombination immerhin noch 17 700.4 David Finchers Film wird Zuckerberg mehrfach aArschloch bezeichnet. Gleich in den ersten Minuten maceine genervte Freundin mit ihm Schluss und sagt: »Ok, d
wirst später bestimmt mal ein sehr erfolgreich
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Computermensch und wirst ein Leben lang glauben, dasie Frauen nicht auf dich stehen, weil du ein Nerd bist, ic
möchte dir von ganzem Herzen mitteilen, dass das nicer Fall sein wird, es wird daran liegen, dass du e
Arschloch bist.« Am Ende des Films taucht das Arschloc
Motiv abermals auf. Der Prozess um den angeblichedeenklau Zuckerbergs bei zwei reichen Harvarprösslingen steht kurz vor dem Abschluss. Eine jung
Anwältin, die ihn allem Anschein nach sympathisch findeitzt wieder mal mit ihm allein in einem Raum. Und wiedelingt es ihr nicht, dem offenkundig sozial inkompetenteuckerberg menschliche Nähe abzuringen. Bevor sie de
Raum verlässt, sagt sie, er sei gar kein Arschloch, tue ablles, eines zu sein. Das Arschloch vom Anfang des Film
wird in gewisser Weise abgeschwächt, aber in den Medieleibt das Attribut an dem realen Mark Zuckerberg hänge
Der reagierte gelassen auf den Film. In einer Talkshowenige Tage vor dem Kinostart kommentierte er de
treifen knapp als »interessant, aber Fiktion«. Zugleicerkündete er, 100 Millionen Dollar für Schulen in drmen Region um Newark/New Jersey spenden zu wolle
Arbeitet Zuckerberg nun aktiv an seinem Ruf? Nach deilm, der zu einem beträchtlichen Teil auf Aussagen vouckerbergs Weggefährten und Freund Eduardo Savereruht, der in dem Milliardenspiel um Faceboousgebootet wurde und bereits in Ben Mezrichs Buc
Milliardär per Zufall 5 zu Wort kam, dürfte ihm diechwerfallen.
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In dem Film sagt Saverin zu Zuckerberg, er verliere deeinzigen Freund«, den er je hatte – ein für das Imagines Unternehmensgründers, der aufgebrochen ist, al
Welt zu »Freunden« zu machen, tödlicher Satz. Mauckerberg war 19 Jahre jung, als er Facebook startet
ieben Jahre später ist er 6,9 Milliarden Dollar schwer unann eine Erfolgsgeschichte vorweisen, die Millione
Kinogängern gerührte Freudentränen in die Augen treibeönnte, wäre der Film anders, wären die Spuren aus sein
Vergangenheit einfach gelöscht worden.
Wie rette ich meinen Ruf?
Menschen, die sich Zuckerbergs Netzwerk Faceboonvertraut haben, geht es ähnlich. Sie stehen vor eineaum zu lösenden Problem: unangenehme Spuren im Neu löschen. Jeden Monat stellen die Nutzer von Faceboorei Milliarden private Fotos und zehn Millionen Videos aie Plattform. Die Chancen, dabei Fehler zu machetehen also nicht schlecht. Den einen werden Fotos vo
ugendsünden bei ihrer ersten Bewerbung zuVerhängnis, andere schrieben Texte, die sie so nie wiedechreiben würden. Und wer sich früher für erotiscrientierte Facebook-Gruppen interessierte, hat womöglicpäter als Bankberater oder Topmanager emageproblem. All diesen Menschen gemeinsam ist, dasie glaubten, sich in einem »sozialen Netzwerk« fr
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ewegen zu können, bis sie plötzlich feststellten, dass sich damit im weltweiten Netz dauerhaft entblößt habe
Die Zahl der Menschen, die solche Fehler gemacht habend nun ihre digitalen Spuren beseitigen wollen, wächst voag zu Tag.
Doch auch im digitalen Kapitalismus gibt es zum GlücUnternehmen, die diese Not zu Geld machen: Die neu
ranche heißt Reputationsmanagement und kümmert sicarum, den im Internet angeschlagenen Ruf von Mensche
wiederherzustellen. Christian Keppel arbeitet für dAgentur »Dein guter Ruf.de« in Essen. Täglich erreicheie Agentur rund 30 Anfragen von erschrockenen Interne
Nutzern oder, im Fall von Kindern und Jugendlichen, voerstörten Eltern, die Hilfe benötigen. Ich fragte Keppe
was er Zuckerberg raten würde, um sein Arschloch-Imagoszuwerden. »Ich würde ihm vorerst zum Stillhalten raten
agte Keppel, »denn jede sofortige öffentliche Reaktioedeutet noch höhere Aufmerksamkeit für diesnangenehmen Geschichten.« Allerdings würde er ihuch raten, einen Anwalt zu beauftragen, der ohne große
Aufsehen gegen Beleidigungen und möglichalschdarstellungen vorgeht. Vermutlich braucuckerberg aber keinen Reputationsberater, denn er h
ast alles richtig gemacht. Er gab keine Interviews zu deilm und erzeugte zudem mit seiner Schulspende eositives Echo in allen großen Medien.
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Spurenbeseitigung ist ein lukrativesGeschäft
Reputationsmanager können viel davon erzählen, wa
Menschen sich selbst zufügen, wenn sie ihr Privatleben iNetz entblößen. Nehmen wir beispielsweise d
Geschichte von Harry Sorglos6, die den einen odnderen, der einen solchen Zeitgenossen schon einmrleiden musste, mit klammheimlicher Freude erfüllen ma
Harry hatte sich schon immer exzessiv amüsiert, was nicweiter tragisch wäre, hätte er es nicht stets auf Kostenderer getan. In letzter Zeit hat es der 38-Jährige wotwas zu bunt getrieben mit der Damenwelt, wofür rompt die Quittung erhält. Einige der betroffenen Dameründen eine Facebook-Gruppe mit seinem Namen un
em Attribut »Blender«. Das Profil-Foto präsentiert ihn aassischen Goldkettchentyp mit offenem Hemd unonnenbrille. Es ist ein Foto aus seinem Faceboorivatalbum, das für die gesamte Facebook-Gemeinschainsehbar ist. Auf der Pinnwand der Gruppe erfäh
edermann und jede Frau, dass er »der größte Angebes Planeten« sei, dass er seinen weiblichen Opfern steas sage, was sie hören wollten. Gern verspreche rauen zur Abwechslung einen coolen Job oder einechicken Wochenendtrip, um sie ins Bett zu kriegen, waberhaupt sein einziges Trachten sei. Nicht gerad
chmeichelhaft für den Gigolo, aber durchaus sachdienlicür seine potenziellen Opfer. Irgendwann muss dem Man
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eine unvorteilhafte Netzpräsenz aufgefallen sein, denn uchte die Reputationsmanager auf und investierte eintange Geld, die Gruppe zur Auflösung zu zwingen und dinträge löschen zu lassen.Die Geschichten aus dem Reich der Rufrettung beginne
meist bei Dingen, die Menschen auf Plattformen wacebook preisgeben, und enden nicht selten mit dem
was andere daraus machen. Manchmal trifft es aucMenschen, die gar nichts mit dem Internet zu tun haben. Eehrer aus der Schweiz hatte das Problem vieler Lehrer.
war gut drei Jahrzehnte älter als seine Schüler und hatwei »Schwächen«: Er lispelte und kämpfte mit eineuchten Aussprache. Bei seinen Schülern scheint er abuch aus anderen Gründen nicht sonderlich belieewesen zu sein, sonst hätten sie sich kaum solche Mühegeben, ihm digital an den Kragen zu gehen. S
ründeten eine »Fanpage«, eine »Fanseite«, für ihreehrer, samt einem Foto als Profilbild und einer Fülle vo
Aufnahmen, die ihn während des Unterrichts und bei einKlassenfahrt zeigten. Allerdings versahen sie dFanseite« permanent mit üblen Kommentaren zu seine
Marotten und seinem Unvermögen, ordentlich znterrichten. Und auch die Bilder waren wenchmeichelhaft. Da der Mann ansonsten im Netz kaum rscheinung trat, erschien seine Facebook-Fanseite b
Google schon an dritter Stelle – bei insgesamt fünf Trefferenn Facebook hat ein gutes Ranking bei Google. Welch
chüler hinter der Aktion standen, fand der Mann niceraus, denn sie hatten die Seite unter einem Pseudony
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egründet. Also wandte er sich an die EssenReputationsmanager, die das Löschen der Einträgeranlassten. Der Lehrer selbst war nicht einmal bacebook angemeldet.Laut einer Online-Umfrage der Gewerkschaft Erziehun
nd Wissenschaft aus dem Jahr 2008 waren acht Prozeller Lehrer schon einmal Opfer einer Cybermobbin
Attacke, auf ganz Deutschland hochgerechnet wären da
0 000 Lehrer.7
Was immer wir getan haben, es holt uns ein
Wir entgehen unseren Taten nicht. Und selbst wenn w
ichts getan haben, kann es uns überrollen. So ergeht eeit vier Jahren einem jungen Pianisten aus de
Rheinland. Er spielt in einer mäßig erfolgreichen Proand und verdient sein Geld ansonsten mit Musikunterrichgendwann bemerkte er, dass Eltern den Unterricht für ih
Kinder plötzlich absagten. Er war ratlos, denn alle hatteich bei den Vorspiel-Treffen stets zufrieden geäußeine Mutter offenbarte ihm schließlich, dass etwachreckliches über ihn im Netz stehe. Bei seinnschließenden Google-Recherche stieß er gleich auf drsten Seite auf eine Facebook-Gruppe mit seinem Fot
s war aber gewissermaßen nur zum Teil sein Foto, wes ihn zei te wie er Adolf Hitler umarmte. Auch war auf de
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eite vermerkt, er sei pädophil. Auf diese Weise versucin Stalker seit Jahren, ihn zu diskreditieren, und detroffene hat nicht die leiseste Ahnung, wahintersteckt. Um herauszufinden, woher der Stalkeine Fotos hatte, brauchte der Musiker allerdings nic
ange. Seit Jahren lädt er auf der Musiker-PlattforMySpace Bilder hoch und tauscht mit Freunden Songs auAber irgendjemand dort draußen im Netz scheint ihn assen, sodass er immer wieder für viel Geld d
Reputationsmanager beauftragen muss, die Seite
öschen zu lassen. Aber der Stalker hat bis heute nicufgegeben.Mit dem Löschen ist das aber so eine Sache. Jed
acebook-Nutzer kann sein Konto sofort »deaktivierenwie es heißt. Wer glaubt, die Einträge seien damnsichtbar, wiegt sich jedoch in falscher Sicherheit. Den
ieles findet sich bereits bei Google wieder und kann doweiterhin aufgerufen werden. Und selbst löschen heißt b
acebook nicht löschen. Der US-Blog Arstechnica.coerichtete im Oktober 2010, dass Fotos 16 Monate nac
hrer offiziellen Löschung noch immer nicht endgültig au
en Facebook-Servern getilgt waren. Die Autorin JacqCheng fragte deshalb mehrfach bei Facebook aNachdem sie den Zustand öffentlich angeprangert hattöschte Facebook diese Fotos. Arstechnica-Leser Andreourke berichtete daraufhin, dass es ihm seit zweieinhaahren nicht gelungen sei, Fotos, die seinen Soh
albnackt zeigten, bei Facebook löschen zu lasseacebook-S recher Simon Axton wurde schließlich m
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en Worten zitiert, das Unternehmen arbeite daran, dack-Up-Speicherung von gelöschten Fotos nach kurzeit zu beenden. Das Muster ist immer das gleiche. Ekandal wird öffentlich, und Facebook beschränkt sich aie Aussage, man arbeite an dem Problem.
DAS Kommunikationsunternehmen des 21. Jahrhunderrweist sich auch für Reputationsmanager als äußernkommunikativ, wenn es darum geht, Einträge löschen z
assen. »Bei Facebook hat es mit der ersten Anfrage nocie geklappt«, sagt Reputationsmanager Christian Keppe
ine Löschung durchzusetzen dauere in der Regel drWochen, Google brauche dagegen nur drei Tage, dorbeite man in dieser Hinsicht »extrem professionell«.
Schmutzige Rache des Ex-Freundes
acebook sollte sich ein Beispiel an der Pornobranchehmen. Bei Löschanträgen sei diese sehr kooperativ uneagiere zügig, berichtet Keppel. Zum Beispiel im Faliner jungen Lehrerin, die alles andere als exhibitionistisc
eranlagt ist. Allerdings war ein Foto von ihr auf dacebook-Seite ihres Sportvereins zu finden – iogginganzug. Das animierte ihren Ex-Freund dazu, i
Gesicht herauszukopieren und es in ein Gruppensex-Foineinzumontieren. Auch fügte er dem Foto ihren Name
u, sodass es über Google schnell zu finden war. So etwaeschieht häufiger, denn es ist der schnellste We
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nsbesondere Frauen und Mädchen zu diffamiereornoportale beliefern sich gegenseitig mit Material odopieren voneinander. Für eine rasante Verbreitunerunglimpfenden Materials ist dadurch stets gesorgt.Diese Erfahrung hätte beinahe auch ein 19-jährig
chüler gemacht. Er hatte auf einer Partnerseite mit einungen, gut aussehenden Brünetten angebandelt. Zunächhatteten die beiden ein paar Tage miteinander, danacchickten sie sich E-Mails. Irgendwann bat sie um ein Foon ihm, was er ihr auch prompt schickte. Als die jung
Dame kurz darauf anfragte, ob er kein »sexy Foto« voich habe, schickte er eine Nacktaufnahme von sich auem Wohnzimmer. Er sah nun jeden Morgen und jede
Abend in seine Mails. Nichts geschah. Bis er eines Tageine sehr ungemütliche Antwort erhielt. Seine angeblichrünette forderte ihn auf, 50 Euro zu zahlen. Andernfal
werde sein Nacktfoto auf einer Facebook-Fanseite odiner Gruppenseite mit seinem Namen erscheinen. »Es
manchmal sprichwörtlich, der junge Mann dachte meinem gewissen Körperteil«, sagt Christian Keppel. »Oind es erst solche negativen Erfahrungen, die den Useewusst machen, was geschehen kann.« Menschen fändech nur zu gern im Internet wieder: »Sie verhalten sich w
Menschen, die vor jedem Spiegel stehen bleiben, um sicu betrachten.«Gerade Frauen machen sich oft einen Spaß darau
innliche Fotos von sich in ihren Chatroom zu stellen. E
ind schöne Fotografien von schönen Frauen oder solcheie es gerne wären. Aus ihnen spricht immer auch ein
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pur Narzissmus und eben nicht nur das Verlangen nacozialer Wärme und Anerkennung, wie sie uns das reaeben vielleicht manchmal verweigert.
Falscher Glaube an dieGlücksversicherung
Daniela Hein8 hat viel über Privatsphäre gelernt. Die 3
ährige gehört zur großen Zahl der Jobnomaden, derufsbedingt fast immer online sind. Ihr iPhone dient ils mobiles Büro. Sie ist bei Xing angemeldet, um als fre
Übersetzerin für pharmazeutische Texte und aharmareferentin stets im Netz präsent zu sein. Mit eineerlegenen Lächeln gibt sie zu, die Suche nach männliche
ekanntschaften sei ein Grund gewesen, auch Faceboou nutzen. Zuvor war sie lange Jahre in dem Netzwe
MySpace aktiv, außerdem hat sie einen Studi-VZ-Accouner allerdings brachliegt, seit viele ihrer Freunde zacebook gewechselt sind. Ihren Ex-Freund Ralph hat s
otzdem nicht über Facebook kennengelernt, sondewährend einer Konzertnacht in der Berliner KulturbrauereLeider hat sich das nach vier Monaten wiederschlagen«, erzählt sie. Allerdings war Ralph ebenfalei Facebook und beide machten sich einen Spaß darau
hre gemeinsamen Erlebnisse und vor allem jede Meng
otos auf ihren Seiten auszubreiten. »Es war wie eRausch wir konnten nicht anders als all unseren Freunde
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u zeigen, wie glücklich wir waren.« Ihre Freundeskreiswaren sehr unterschiedlich, und es wäre übertrieben zagen, dass Daniela die Freunde von Ralph mochtgendwann war es dann vorbei mit der Verliebtheit, un
Ralph hatte auch schon wieder eine neue Flamm
efunden. Und diese neue Freundin, Madeleine, löcherhn wegen seiner gerade beendeten Beziehung mDaniela.
Drei Monate nach ihrer Trennung besuchte Daniela Hemit einer Freundin den Privatklub in Berlin-Kreuzberg. A
ie ein paar Minuten vor der Toilette wartete, tippte ihemand von hinten auf die Schulter. Sie drehte sich um. Vohr stand eine zierliche Frau in Minirock, schwarzeNetzstrümpfen und schwarzem Anorak. Die Frau sah iirekt in die Augen und sagte: »Endlich lerne ich dicennen, Daniela.« Daniela dachte kurz an ein
Verwechslung, dann fiel ihr in Sekundenbruchteilen eiass diese Frau gerade »Daniela« zu ihr gesagt hatte. V
hr stand Madeleine, die neue Freundin von Ralph. »Ich weschockt, dass mich ein fremder Mensch einfach sennt«, erzählt sie, »da ist mir bewusst geworden, dass w
uf Facebook so eine Art Teilprominenz bekommen.Madeleine hatte sich die Fotogalerie von Ralph ausführlicngesehen, und dort wimmelte es nur so von Danielas.Noch in derselben Nacht schrieb Daniela Hein ihrem E
reund, er möge die Fotos bitte löschen. Sie selbst lud dotos auf ihren Rechner und löschte sie komplett aus ihre
acebook-Account. Auf Facebook mag sie trotz dieseVorfalls nicht verzichten. Sie ist davon überzeu t dass d
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Menschen ihr Verhalten solchen Erfahrungen anpasseEs ist ein ständiges Lernen, aber es bringt gleichzeitig sel Freude.« Ihren Beziehungsstatus »Auf der Suche nacekanntschaften« hat sie bislang nicht geändert, und b
etzt seien alle, die ihr eine Mail geschickt hätten, ziemlic
ett gewesen. Daniela Hein schätzt es, erst einmal »aDistanz« bleiben zu können, wenn sie jemandeennenlernt. Das sei auf Facebook einfacher als im realeeben. So wie die Dinge liegen, kennt unsere Suche nacem Glück auch im Netz keine Grenzen. Aber leider hä
ie Facebook-Welt ebenso wenig eine Glücksversicherunür alle bereit wie die wirkliche Welt.
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Facebook tötet nicht, nur manchmal
Dass solche Geschichten aus dem Internet uns besonderstaunen, mag an der Neuartigkeit dieses Mediumegen. Wenn wir uns bequem zurückgelehnt einen Tatom Fernsehen ansehen, müssen wir nicht fürchten, selbmgebracht zu werden. Wenn wir mit der gleicheässigkeit die Bühne des Internets betreten, können wingegen sehr wohl verletzt, gebrandmarkt oder getil
werden wie im richtigen Leben. Denn was wir im Netz tu
st nur ein Spiegelbild unseres realen Verhaltens, und uneiben die gleichen Emotionen an wie im realen Lebe
Verletzte Eitelkeit, Neid oder Hass lassen Menschen aucirtuell boshaft und verleumderisch agieren. Oder verleiteie gar, Straftaten zu begehen. Im »echten« Leben möge
wir uns über Menschen freuen, die uns bewundern. Weben das Gefühl der Gruppenzugehörigkeit, das Gefühass andere Menschen unsere Interessen teilen. Aacebook kann das
Wort »Fan« oder »Gruppe« einen teuflischeeigeschmack erhalten. Der scheinbar sichere Ort hint
em eigenen Rechner verlockt Stalker und Mobber, iNetz zu tun, was sie im realen Leben niemals wagewürden: andere Menschen verletzen, entstellen, vernichte
umal sie wissen, dass sie niemanden »real« umbringeNur beinahe. Doch manchmal eben tatsächlich »real«.
Wenn Zeitungen über Cybermobbing berichten, fä
meist der Name Holly Grogan.9 Holly war 15 Jahre jung, a
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ie in der englischen Stadt Gloucester von einer Brücke en Tod sprang. Ihre Eltern waren überzeugt davon, das
hre Tochter im Internet gemobbt worden war und deshaen Freitod gewählt habe. Holly Grogan war in drozialen Netzwerken aktiv, neben Facebook auch
MySpace und Bebo. Mehrere Mädchen hätten Holly ahrer Facebook-Seite dauernd beschimpft, berichtetereunde von ihr. Aber dabei blieb es nicht: Auch in dechule wurde sie stigmatisiert – ihr virtuelles und ihr realeeben wurden ihr zur Hölle gemacht. Funktioniert mituntie Flucht in virtuelle Welten, um der realen zu entfliehen, sersagte dieser ohnehin problematische Weg bei Holl
Das Mädchen fühlte sich umstellt.Holly Grogan ist der dritte bekannt geworden
elbstmord in zwei Jahren, der mit Cybermobbing, oderwie es Experten nennen – Cyberbullying (to bully, eng
rangsalieren) in Verbindung gebracht wurde. Der Spiegchrieb dazu: »Der Online-Psychoterror wird zu
Massenphänomen. Das Problem dabei: Die meisteugendlichen nehmen ihn nicht ernst genug – manche aberbrechen daran.«
Cybermobbing unter Schülern weit verbreitet
ei einer nicht repräsentativen Umfrage unter Schüleefragten die Psychologinnen Stephanie Pieschl und Sin
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Urbasik von der Universität Münster 419 Schülerinnen un
chüler zu ihren Erfahrungen mit Cyberbullying.10 Srwarteten eine eher geringe Betroffenheitsquote, da don ihnen befragte Gruppe relativ alt (im Durchschnitt 1ahre), hochgebildet (86% Gymnasiasten) un
berwiegend weiblich (70%) war. Trotzdem gaben 3rozent der Befragten an, mindestens einmal in den letztewei Monaten Opfer von Cyberbullying geworden zu seion Beleidigungen und Gerüchten, die in ihren soziale
Netzwerken wie SchülerVZ oder auf Instant Messeng
erbreitet wurden. Eine Schülerin berichtete laut Umfragon einer nur schwer auszuhaltenden Attacke: »EMädchen hat verbreitet, dass mein Freund mich zum Sewingen würde und hat erzählt, dass ich schwanger war unbgetrieben habe.«Die zweite Zahl aus der Studie ist noch brisanter, den
ie zeigt, dass zu einem Phänomen mit so vielen Opfeuch viele Täter gehören, und manchmal sind Jugendlicheides zugleich: 55 Prozent der Befragten gaben an, ileichen Zeitraum mindestens einmal als Täter akewesen zu sein. »Ich schicke vielleicht mal einer Freund
in Bild, um ihr zu zeigen, wie dämlich dort jemanussieht. Aber das ist eher nur ein Scherz. Ich mache daa nicht, um jemanden bloßzustellen, sondern um Spaß aben«, wird ein Schüler zitiert. Die Grenzen zwischepaß und Ernst verschwimmen in dieser neue
Kommunikationskultur. Damit unterscheidet sich da
nternet nicht von einer realen Gerüchteküche, von Intrige
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nd falschen Gerüchten, wie sie dort gang und gäbe sinDafür sprechen auch die Zahlen einer Studie der Köln
ozialpsychologin Catarina Katzer. Fast 80 Prozent dugendlichen, die auf dem Schulhof oder in der Klass
mobben, täten dies, so Katzer, auch im Internet. Zugleic
rlitten 63 Prozent der »realen« Mobbing-Opfer dasselbm World Wide Web.11
Erfahrungsberichte aus der Welt des
Schüler-Mobbings
Meine Söhne gehen auf ein gut organisiertes GymnasiumGewaltexzesse sind dort unbekannt, und dUnterrichtsalltag verläuft in ruhigen Bahnen. Ich woll
wissen, ob es auch dort ein zweites Leben im Internet gibMein Sohn Max ist zwölf Jahre alt und seit gut einem Jahr em Netzwerk Schueler.CC angemeldet. Die meistechüler melden sich dort unter Pseudonymen an, um zerhindern, dass ihre Daten außerhalb der Schu
missbraucht werden. Eine vernünftige Praxis, die allerdinguch ihre Tücken hat. Max hat sich in der Schule umgehöine Schülerin und ein Schüler berichteten ihm von ihrerlebnissen. Ein Erfahrungsbericht aus dem Blickwink
er jüngsten Internetgeneration12:
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xdaka-/-profipro‹. Ich fand es, aber es war ein Profil ohngendwelche Angaben wie Beziehungsstatus, Freund
Hobbys, Wohnortangaben oder ein Profilbild. Und setatus war ›off‹. Ich klickte dann bei ihm rechts im Profil a
Neue E-Mail schreiben‹. Ich schrieb: ›Hallo xdaka
rofipro, ich wollte dich mal fragen, was der ganze Unfuoll?!? Ich weiß ganz genau, wer du bist und was du tusnd wenn du damit nicht aufhörst, werde ich die Polizei aich hetzen und dein Profil in der Schueler.CC-Zentrale aalsch anzeigen!‹ Das war natürlich geflunkert. Denn icwusste nichts über ihn. Nebenbei sah ich, dass Jordanline war. In dem Augenblick, als ich die Nachricerschickt hatte, war Jordan plötzlich ›off‹. Gleichzeitig ginun aber dieser ›xdaka …‹ online. Da wurde mir klaordan war auch ›xdaka-/-profipro‹. Er war es, der n
Dreck über mich erzählt hatte. Das bewies er mir auch a
ächsten Tag. Er lief an mir vorbei. Ich wollte mit ihm redend er rannte weg.«
Unter Schülern hat sich zwar längst herumgesprocheass man im Netz nicht zu viele private Daten preisgebeollte. Aber dass zu den schützenswerten Dingen vor alleas eigene Passwort gehört, musste ein Schüler außerst unangenehme Art erst noch lernen:
»›Ein neuer Statuskommentar‹ stand rechts in der Lismit Neuigkeiten. Ich klickte darauf, und darin verkündete e
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acebook-Passwort des Mädchens gelangt, denn sntfernten ihr Profilbild und ersetzten es durch einotomontage. Sie zeigte das Gesicht des Mädchens übinen erigierten Penis gebeugt. Entsprechend änderten däter auch die Angaben zu ihren (sexuellen) Vorliebe
Anschließend kopierten sie das manipulierte Profil unerschickten es an Lehrer und alle ihre Freunde unekannten. Der nächste Schultag war eine Hölle für die 1ährige, denn schon auf dem Schulhof wurde sie achlampe, Hure und Nutte beschimpft. Niemand sah sn, als sie die Klasse betrat. Eine Freundin erzählte iann, was passiert war, aber zunächst wollten selbst dltern des Mädchens die Geschichte nicht glauben, was Profilbild täuschend echt wirkte.Leider gebe es gerade unter männlichen Jugendliche
ine »Art Trophäenjagd, wer die schönsten und geilste
Aufnahmen seiner Freundin hat«, berichtet Katzer. Unom Handy bis ins weltweite Netz ist es nur ein Mausklico erging es einer 15-Jährigen aus der Nähe von Köln. Ireund hatte sie gefragt, ob er beim Sex ein Video vo
hnen drehen dürfe. Sie hatte nichts dagegen. Dass dieseVideo nach der Trennung von diesem Freund im Neanden würde, hätte sie natürlich nie vermutet. Dailmchen machte so schnell die Runde an ihrer Schule un
m gesamten Dorf, dass die Eltern beschlossen, mit ihrochter wegzuziehen.
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Abu Ghraib an deutschen Schulen
Das Internet macht uns nicht nur zu Publizisten unserrivaten Wirklichkeit, es macht uns auch zu Kameraleute
Und die Möglichkeit, alles und jedes in »Echtzeiufzunehmen und ins Netz zu stellen, weckt bei mancheie niedrigsten Instinkte. Das irakische Gefängnis Ab
Ghraib, in dem US-Soldaten Häftlinge erniedrigten und ihMisshandlungen per Video dokumentierten, lässt grüße
o erzählt Catarina Katzer von einem 15-jährigen Junge
en seine Mitschüler auf der Schultoilette auszogeAnschließend hätten sie ihn mit dem Kopf in dKloschüssel gedrückt und seinen nackten Körper mWasser bespritzt. Das mit einem Handy gedrehte Videon der Tortur sei später herumgeschickt worden unchließlich auf der Seite einer Facebook-Gruppe gelande81 Prozent der 14- bis 19-Jährigen sind laut d
ktuellen Online-Studie von ARD und ZDF in digitaleozialen Netzwerken wie SchülerVZ, Schueler.CC od
acebook aktiv.13 Zur Anerkennung in der Schulklassehört längst auch die Netzpräsenz. »Das Netz wird au
meiner Sicht immer mehr zum Sozialisationsmedium«, sKatzer. »Wenn Jugendliche nicht in sozialen Netzwerkeind, sind sie out und das nicht nur in sozialen Netzwerkeondern sie gelten auch unter Schulfreunden in der reale
Welt als Outsider.«
Aus diesem Grund sehen Opfer von Cyberbullying häuflle »Fluchtwege« versperrt. Denn wer sich abschalte
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tellt sich noch weiter ins Abseits. Und trotzdem ist dies iweifel der sinnvollste Ausweg für Menschen, die de
Druck nicht länger standhalten. Die digitale Gesellschaat längst ein dichtes Netz aus psychosoziale
Kontrollmechanismen über alle gespannt, die sich mit ihre
rofilen im Internet präsentieren. Und natürlich steigert daie Erwartungen an die Ehrlichkeit. Wo man früher biner Bewerbung unrühmliche Lebens- oder Berufsphaseinfach weglassen konnte, ohne dass es auffiel, hat digitale Mensch dazu keine Chance. Es kommt heraupätestens wenn irgendein versierter Personalchef v
Google nach Informationen über einen Bewerber zu sucheeginnt. Entziehen kann sich dem nur, wer nichts odaum etwas von sich preisgibt. Die vielen Berichte üb
Cybermobbing haben auch Facebook zu Reaktioneewogen. Das Unternehmen bemüht sich nun durc
Medienkampagnen, etwa in Großbritannien, auf dRisiken hinzuweisen sowie für Eltern, Schüler unehrende Informationsmaterial auf seinen Online-Seiteereitzustellen. Darin werden vor allem Jugendlichufgefordert, keine Freundschaftsanfragen von Fremdenzunehmen, Belästigungen zu melden und ihre Seiten f
Mobber zu blockieren. In Deutschland allerdings ist voiesen Bemühungen noch nicht viel zu spüren.Im Jahr 2010 wurde hierzulande vor allem viel über d
rivatsphäre diskutiert. Es ging um die Frage, in welcheAusmaß globale Internetkonzerne sich unsere private
Daten aneignen dürfen. Was zu wenig diskutiert wurde, wie Frage, warum wir den Netzwerken dieser Konzern
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ereitwillig so viel Privates übereignen. Mögliche Motivafür gibt es viele, und sie müssen sich keineswegegenseitig ausschließen. Es kann unsere Sehnsucht nac
Kontakt sein, vielleicht auch pure Langeweile oder daszination der neuen Technologie, die unser Privatlebe
mfassend verwaltet und vernetzt. Zuweilen ist es aucGeltungsbedürfnis und manchmal schiere Dummheit.
Zerplatzte Jobträume
Wie unbedarft sich manche Menschen im Internet verhalteeigt das Beispiel eines IT-Experten. Nachdem er die letzewerbungsrunde eines großen Kommunikationskonzernrfolgreich überstanden hatte und unter zehn Bewerbern aeuer Leiter der Technologie-Sparte ausgewählt worde
war, bezog er sein modernes, helles Büro mit eigenekretärin und genoss das wohlige Gefühl, endlich am Zeiner Träume angekommen zu sein. Die Freude währ
ndes nicht lange. Denn schon nach vier Tagen war dekretärin gar nicht mehr so nett wie am Anfang, und d
ünfte Arbeitstag war denn auch schon sein letzter. In deersonalabteilung überreichte ihm ein Herr, den er bis daoch nie gesehen hatte, ein Schreiben der Konzernleituneine Entlassung. Entgeistert erhaschte er gerade nocinen Blick auf ein Foto, dass ihm sein Gegenüber untie Nase hielt. Es zeigte ihn nackt in einem Kreis voackten Frauen und Männern. Und alle hatten eine Kerz
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uf dem Kopf. Zwar herrscht in DeutschlanReligionsfreiheit, bei allzu freizügigen Extravaganzen höei vielen Arbeitgebern allerdings der Spaß auf. Unsrfolgreicher Bewerber wurde nicht wegen sein
Mitgliedschaft in der esoterisch angehauchte
Meditationsgruppe entlassen, sondern weil sein Fomitsamt Namen im Netz stand. Hätte das Unternehmeereits während der laufenden Bewerbung im Neecherchiert, hätte er den Job gar nicht erst bekommen.
Unternehmen strafen freieMeinungsäußerung ab
Wie häufig recherchieren deutsche Personalchefs vor ein
ewerbung überhaupt im Netz? Diese Frage interessieruch das Bundesverbraucherministerium. In desseAuftrag befragte das Meinungsforschungsinstitut dimatwa 500 Unternehmen aller Branchen und Größen, ob un
n welcher Weise Bewerber zuvor im Internet überprüwürden. Die Frage, ob die Firmen dabei auc
nformationen aus sozialen Netzwerken wie StudiVMySpace oder Facebook nutzten, bejahten immerhin 3
rozent.14 Von diesen wiederum gaben 39 Prozent aewerber aufgrund der Internetrecherchen gar nicht erst zinem Gespräch eingeladen zu haben.
Aber was stößt den Personalchefs besonders negatuf? Sehr rivate Einträ e zum Beis iel Part bilde
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eeinflussen bei 46 Prozent der befragten Firmen dAuswahl negativ. Eine durchaus verständliche Haltunollen doch private Partylöwen keinesfalls digital mit einirma in Verbindung gebracht werden könne
Verständlich ist auch, dass Arbeitgeber die virtue
erfügbaren Informationen über ihre Bewerber mit deAngaben in der Bewerbungsmappe abgleichen. Allzroße Abweichungen kommen bei 49 Prozent d
Unternehmen schlecht an. Die größte Ablehnung (76%chlägt allerdings Bewerbern entgegen, die sich irgendw
m Netz schon einmal negativ über ihre »Arbeit oder daArbeitsumfeld« geäußert haben. Angesichts dieser Zahlen stellen sich gleich mehreragen: Sind soziale Netzwerke möglicherweise keemokratischer Zugewinn, weil die fre
Meinungsäußerung hier unabsehbare negative Folge
aben kann? Oder sind deutsche Unternehmndemokratisch, weil sie Arbeitnehmer für ihre freäußerte Meinung abstrafen? Nehmen wir das Beispines Leiharbeiters, der es wagt, sich im Netz unter seine
Namen über unerträgliche Arbeits- un
ntlohnungsbedingungen bei seiner ehemaligen Firma zußern. Dieser Mann hätte ohne das Internet vermutlich nin Forum für seine berechtigte Kritik gefunden. Unieses Forum kann sogar helfen, andere Arbeitnehmer vieser Firma zu warnen. Das soziale Internet erfüllt alsine demokratische Wächterfunktion. Nach de
rgebnissen der dimap-Umfrage allerdings verbunden mer Gefahr dass die Wächter selbst am Ende im Absei
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anden. Ein demokratisches Internet muss Menschen Mmachen, Ungerechtigkeiten anzuprangern. Es sollmöglich sein, im Netz frei über Arbeitszeiten, Stundenlöhnnd Arbeitsbedingen zu debattieren, ohne das
Arbeitnehmer sich observiert fühlen müssen.
Ein Ermittler auf der Spur von Top- Managern
Nicht nur Arbeitnehmer können in die Facebook-Falappen. Auch Top-Manager in Spitzenkonzernen könneicher sein, dass es Leute gibt, die sich an ihre digitale
puren heften, Leute wie Knut Hoban.15 Der Ermittlrbeitet für internationale Konzerne und Banke
elegentlich auch für öffentliche Unternehmen. Für seinArbeit braucht er nicht viel: ein Telefon, mehreRecherchecomputer und einen bequemen BürostuhHobans großes Kapital ist sein früheres ArbeitslebeNach einem Studium in Berkeley und Harvard zog d
nkel deutscher Einwanderer vor gut zwanzig Jahren as Land seiner Vorfahren. Dort arbeitete er zunächst fnternationale Wirtschaftsberatungsfirmen.
Vor gut zehn Jahren machte sich Hoban dann armittler mit dem TätigkeitsschwerpunKonkurrenzforschung« selbständig. Seine Aufträge führe
hn nicht selten an die Abgründe unsere
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Wirtschaftslebens: Er verfolgt die Spur von ins Auslanerschobenen Millionenbeträgen oder ermittelt gegetrohmänner oder prominente Bankmanager. Für wen m Ende arbeitet, weiß Hoban oft selbst nicht so genaHäufig kenne ich den Hauptauftraggeber nicht, das läu
mmer über eine andere Firma. Das schützt immer deetzten in der Kette. Also bin auch ich geschützt, weil icngeblich nichts weiß.«So bat ihn gerade erst ein Kunde, Informationen üb
ine deutsche Firma zu sammeln. Ein vermutlich britischnvestor interessiert sich für das Unternehmen. »Die wollewissen, was in der Vergangenheit heikel gewesen seönnte. Was ist das für eine Person? Wie soll ich mein
Verhandlungen gestalten? Ist es jemand, der haerhandelt? Gibt es etwas, das ich berücksichtigen muss
Wie ist er politisch eingebettet?« So verbringt Knut Hoba
ele Tage mit Internet- und Datenbank-Recherchen odepricht Personen aus dem Umfeld an, selbstverständlicnter einem erfundenen Vorwand.
Das Matrjoschka-Prinzip - was in der Netz-Identität steckt
Ohne Xing, Facebook, YouTube oder andere Internelattformen ist Hobans Tätigkeit nicht mehr denkbar. Dab
nteressiert ihn vor allem eines: Gibt es Diskrepanzewischen den Identitäten eines Menschen? Die Expansio
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ozialer Netzwerke wie Facebook ermöglicht es ihmMenschen in ihrer Netz-Identität einschließlich sämtlichigital auffindbarer Sozialbeziehungen zu analysieren. Da
st eine ganz neue Dimension, und Hobans Arbeit folem Prinzip der Matrjoschka-Puppen: In jeder neue
erson steckt eine Fülle neuer Sozialbeziehungen, die nalysieren muss. Nehmen wir den Fall de
ankmanagers Gerard Beauville16.Vor ein paar Monaten erreichte Knut Hoban der Anr
ines Kunden. Die Leitung einer weltweit operierende
ank hatte Beauville als neuen Vize-Direktor ausgewähine solche Position erfordert nicht nur fachlichKompetenz und Erfahrung, sondern auch einen Bewerbmit makelloser Vergangenheit. Also beauftragte man KnHoban, nach möglichen Leichen im Keller von Beauville zuchen. »Personenabklärung« heißt das in der Branch
Ziel ist es, bei Vorhandensein von Begebenheiten, die zAngriffsflächen werden könnten, den Vorstanntsprechend zu beraten«, so Hoban. DPersonenabklärung« betrifft nicht nur das geschäftlichondern auch private Umfeld. Gibt es Affären, unbekann
weitwohnungen, sexuelle Vorlieben, die den Neuen aem Posten im Zweifelsfall erpressbar machen?Der Ermittler durchforstet zunächst die offe
ugänglichen Quellen im Netz, liest Artikel über unnterviews mit Beauville und versucht, sich ein Bild von deMann zu machen. Er stößt auf einen Online-Artikel au
iner Kunstzeitschrift mit seinem Namen und notie
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eauvilles Frau Simone betätigt sich politisch. In deArtikel heißt es, das Ehepaar habe fünf Wochen Urlaub inem Künstlerdorf im Tessin gemacht. Fotos zeigen deiden beim Rundgang durch ein Atelier voller Skulpturend an einem Seeufer. Hobans Internetrecherche förde
uch eine Todesanzeige aus der Zeitung Nord Éclaiutage, in welcher der Name Gerard Beauville auftaucheine Großmutter, die in der französischen Provinz Noras-de-Calais gelebt hatte, war vor fünf Jahren gestorbe
m nächsten Schritt prüft er Beauvilles SozialbeziehungeHier muss er sich allerdings vorsehen. Denn währen
acebook-Nutzern nicht mitgeteilt wird, wer auf ihreeiten surft, wird das bei den Premiumkonten von Xinemeldet. Hoban kann dies also nicht mit seinem normale
Account tun. Schnell stellt sich heraus, dass Geraeauville nicht nur mit Geschäftsfreunden, sondern auc
mit ehemaligen Studienfreunden vernetzt ist. Hoban notiech die Namen, denn jeder von ihnen könnte je nacrmittlungsergebnis am Schluss Kandidat für ein verdeceführtes Interview sein. Da er nichts Auffälliges findechreibt er in sein Notebook: »Businesspartner sauber.
Wie aber steht es mit Beauvilles Familie, seinem Soheinen zwei Töchtern und den Enkeln?Hoban ruft die Facebook-Seite von Beauvilles Soh
hilippe auf. Allein die Fülle des Materials macht dermittler nun neugieriger: Hunderte von Fotos, auf deneuch der Bankmanager in spe zu betrachten ist, und e
ink zu einem familieneigenen Blog. Hoban weiß, dass diskrete Bankenweilt allzu offenherzige Mitarbeiter nic
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chätzt. Beauvilles Sohn Philippe ist mit einer Sizilianeramens Rosanna verheiratet, und seit einem halben Jaind beide stolze Eltern des kleinen Ricardo. Daamilienglück scheint aber nicht ungetrübt. So blog
Rosanna: »Ricardo hat mir heute meine Brustwarze blut
ebissen, Ihr glaubt nicht, wie das schmerzt.« In einenderen Eintrag schreibt sie: »Ein Jammer, Phil und icaben keinen Sex, das kann dauern, und ich hoffe, er sucich keine Geliebte ;-).« Rosanna macht aus ihren Ängstend Sorgen kein Geheimnis und sorgt für familiä
nternetpräsenz auf allen Kanälen. Auf der FamilieHomepage finden sich mit YouTube verlinkte Videos unatürlich eine Menge bewegte Bilder mit dem Opa Geraeauville beim Winterspaziergang und sogar in desserivatem Haus. Auch den genauen Standort ihrroßzügigen Stadtwohnung macht Hoban mit eine
Mausklick aus. Die Familie hatte sie zeitweise vermietnd zu diesem Zweck bei Google Maps eingestellt. Drmittler macht einige Screenshots, die er seinem Bericpäter hinzufügen wird. Bei Beauvilles Tochter Laure wirr nicht fündig, sie scheint keine besondere Affinität zunternet zu haben. Von ihrer Familie gibt es keine privatepuren im Netz. Anders verhält es sich mit Dominique Beauville. Auf s
st Hoban bereits im Impressum eines politischeMagazins für Schwule und Lesben gestoßen. Die Artikon Dominique hatten keine anstößigen Inhalte, aber d
rotischen Titelbilder bereiten dem ErmittlKopfzerbrechen. »Ich glaube nicht, dass der Vorstand d
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ank darüber amüsiert sein wird«, sagt er. Er muss meber Dominique erfahren, denn sie könnte sich als dchwachstelle des künftigen Bankmanagers erweise
Merkwürdigerweise findet er zunächst keine Facebooeite. Hoban versucht es mit einer anderen Suchvarian
nd plötzlich erscheint eine Seite: auf Japanisch. Dnternet-Detektiv runzelt leicht die Stirn. Erstaunt und etwamüsiert betrachtet Hoban das Foto: Es zeigt eine blondurzhaarige Frau mit Schnurrbart. Ist es wirklic
Dominique? Hoban muss einen Augenblick lachen. Eeherrscht sieben Sprachen, ausgerechnet Japanisch icht darunter. Nun vergleicht er das Foto mit anderen vo
Dominique. »Hier ist sie noch mal ohne SchnurrbartDominique findet sich an vielen Stellen im Netz. Sie nimmegelmäßig an schwullesbischen Demonstrationen teil unchreibt für diverse Zeitschriften. Mit Dominique begnü
ich der Ermittler allerdings nicht, jetzt sind alle Freundnd insbesondere Dominiques Lebenspartnerin an d
Reihe. Die trägt keinen Schnurrbart. »Dominique Beauvist wirklich ein sehr gutes Beispiel, wie jemand sein ganzerivatleben, nicht nur bei Facebook, sondern im gesamte
Web ausgebreitet hat«, sagt Hoban, »was sie aber machönnte im Stammland dieser Bank als skandalös wirkeo traurig das ist.«Nach acht intensiven Recherchetagen verfasst Hoba
einen Bericht an den Vorstand der Bank. Er schreibass Gerard Beauville europaweit bekannt sei und
ahlreichen Interviews auch zu kontroversen Themen dinanzmarktkrise Stellung genommen habe. Er stellt auc
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ar, dass Beauville allerorten einen guten Ruf genieße uneine Risiken aus seiner Vergangenheit drohte
Allerdings dokumentiert Hoban sehr ausführlich dNetzpräsenz der Familie und folgert in seine
Abschlußbericht über Gerard Beauville (GB)17:
»Bei GB ist als Sicherheitsrisikoanzusehen, dass seine Privatadresse überallleicht zugänglich ist. Ferner ist bedenklich,
dass die familiären Blogs seine Familie undderen Aktivitäten detailliert darstellen. Imersten Fall empfehlen wir die Verwendungeiner Postfachadresse. Im zweiten istanzuraten, dass der Zugang zu den Blogs,YouTube-Filmen und Fotos im Internet nur registrierten Nutzern vorbehalten wird.«
nsbesondere erwähnt Hoban die Aktivitäten voDominique Beauville (DB) und ihre Schnurrbartfotos.
weist den Vorstand der Bank aber darauf hin, dass hiicht mehr viel zu retten ist:
»Da die Aktivitäten von DB bereits im
Internet sind, gibt es nur beschränkteMöglichkeiten, hierauf zu wirken. Jedoch soll
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die Familie auf potenzielle Auswirkungensensibilisiert, und eine Handlungsweise für die Zukunft abgestimmt werden.«
Gerard Beauville wird vermutlich ziemlich erschrockeewesen sein, als ihm der Bankvorstand den 25-seitigeericht vorlegte. Er wird über die vielen Fotos, Videos unlogs gestaunt haben, und vermutlich ist ihm zum erste
Mal in seinem Leben klar geworden, dass sein schöne
eales Leben und das seiner Familie noch einmal existiels virtuelles Dossier. Und dieses Dossier zeichnet daorträt einer Familie, auf die jeder nur stolz sein kann: bunngagiert, kinderfreundlich und intellektuell. Mit Sicherhe
musste sich Gerard Beauville von dem Bankvorstand abagen lassen, dass sich so etwas mit der Diskretion de
Hauses nicht vertrage. Die gute Nachricht lautet: Beauvilekam den Job trotzdem. Aber noch bevor er seine Akte
ns Büro schaffen konnte, dürfte er einige Sonderschichtemit seiner Familie eingelegt haben, um deren Netzpräsebzuschirmen und Daten im Zweifelsfall löschen zu lassen
Pikante Fotos von Mark Zuckerberg
Wer erfolgreich ist, steht besonders unter Beobachtun
as ist ein normaler Reflex und das Lebenselixier doulevardmedien. Wir sind neugierig auf alle Details au
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em Leben einer solchen Person, sei es aus Neid odus dem Ur-Instinkt heraus, uns die Strategien vorfolgsmenschen anzueignen.Mark Zuckerberg hat einfach zu viele großartig
Attribute, um nicht beobachtet zu werden: Gründer und M
rfinder von Facebook, Vorstandschef und jüngstMilliardär der Welt. Wenn ein solcher Mensch Fehlmacht, steigert das die Aufmerksamkeit der Öffentlichkemmer noch um ein paar Grad. Und Ende 2009 machuckerberg einen Fehler. Facebook änderte plötzlich drivatsphäre-Bedingungen. Die standardmäßigen Prof
nformationen inklusive Foto und Namen wurden für daesamte Internet freigeschaltet. Zwar ermöglichte eacebook den Nutzern nun, selbst zu wählen, welchrivaten Daten für »Freunde«, »Freunde von Freundender alle im Netz sichtbar sein sollten. Aber wer sich u
ie Einstellung nicht kümmerte, konnte eine bösÜberraschung erleben. Denn die automatisch
rivatsphäre-Einstellung bedeutete, dass Fotos für a
ichtbar waren.18
Prompt protestierten Nutzer weltweit gegen die radika
Öffnung des Freunde-Netzwerks. Zuckerberg reagierehr persönlich auf den Protest, indem er eine Mengigener Fotos freigab, allerdings nur für »Freunde voreunden«. Vermutlich wollte er demonstrieren, wie sichieses System ist. Das wiederum animierte die Maches frechen Blogs Valleywag, die Zuckerberg- Fotos f
lle herauszufischen und zu veröffentlichen.19 Wir sehe
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Zuck« mit seiner Freundin Priscilla Chan im Arm in eineachthafen. Wir sehen ihn im Facebook-Großraumbüro binem albernen Licht-Schwertkampf mit Priscilla, wir sehe
hn debil grinsend in Pyjamahose, wie er sich auf eineeschmacklosen Sofa lümmelt, einen Teddybär im Arm
nd eine Flasche Bier auf dem Tisch. Ein anderes Foeigt ihn mit zwei Frauen und einem Kerl offenkundetrunken an einem Tisch, auf dem halb geleer
Weinflaschen zu sehen sind. Und dann gibt es Zuckerbeoch mit freiem Oberkörper und Shorts an einewimmingpool. Es sind private Fotos, wie wir sie alle aucon uns kennen, nichts wirklich Kompromittierendes abei, und so können wir davon ausgehen, dasuckerberg nichts dagegen hat, dass wir sie uns ansehe
Denn sie stehen noch immer im Netz. Wäre Zuckerbeber heute nicht Milliardär und Vorstandsvorsitzende
ondern ein 26-jähriger Programmierer auf Arbeitssuchähe die Sache anders aus. In vielen Branchen, die Weuf Seriosität legen, blieben ihm die Türen verschlossend der Einstieg in eine steile berufliche Karriere wäre ihller Wahrscheinlichkeit nach verbaut.
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KAPITEL 2
Wir bezahlen mit unseren Daten
Ein Selbstversuch mit Facebook
weimal im Jahr erhält meine Großmutter Post von eineKaffeemaschinen-Hersteller. Es sind Prospekte zu immeuen chromglänzenden Modellen, verbunden mit de
Hinweis, ihrer Kundschaft im Laden die Wartezeit mutem Kaffee zu versüßen. Allerdings ist meine Großmuttchon seit zwölf Jahren tot, der Laden seit neun Jahreeschlossen, und sie selbst hatte ihn davor schon zwanz
ahre lang nicht mehr betrieben. Nur in der Datenbanieses Unternehmens lebt sie bis heute weiter. Die Firmst offenbar noch nicht im Internetzeitalter angekommen unhnt nicht einmal, dass sie ihre Briefmarken verschwende Auch Facebook speichert die Daten von Toten, sofeie von »Freunden« als tot gemeldet werden. Und d
Daten von Facebook-Nutzern speichert das USUnternehmen, wenn man nicht aufpasst, bis in a
wigkeit. Noch gravierender aber ist, dass Facebook aucDaten von Menschen sammelt und speichert, die noch ntwas mit dem Netzwerk zu tun hatten und auch nich
amit zu tun haben wollen.
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Plötzlich interessierte sich Facebook für mich
Dass ich mich überhaupt für Facebook zu interessiere
egann, hatte damit zu tun, dass Facebook sich iDezember 2009 plötzlich für mich interessierte. Damaand ich in meinem E-Mail-Konto zwei Einladungen vor, iNamen zweier Freunde abgesendet von Facebook. Ewaren Freunde aus meinem realen Leben, daher nahm icn, dass sie hinter den Einladungen steckten. A
gendwann ein dritter Freund hinzukam, rief ich die Leun und sagte ihnen, dass ich gern ihr Freund sei, aber nicuf Facebook. Die Serie der Einladungen riss trotzdeicht ab. Irgendwann stand unter einer dieser E-Mails datz: »Weitere Personen auf Facebook, die du vielleic
ennst.« Die Sache wurde mir allmählich unheimlich. Denort tauchten wieder die Freunde auf, die mich bereirfolglos eingeladen hatten, sowie ein Professor Heinz Gn den ich mich nur noch dunkel erinnern konnte. Drofessor hatte einige Jahre zuvor versucht, mich per
Mail zu einem Fernsehbeitrag zu animieren – e
eruflicher Kontakt, der bereits nach wenigen Wochewieder abriss. Und davon wusste Facebook offenbar. Wwar das möglich?
Ich rief Heinz G. an und fragte ihn, wie er dazu kommacebook meine E-Mail-Adresse mitzuteilen. Schweige
m anderen Ende der Leitung. Mein Gegenüber hatte nicen blassesten Schimmer, was ich von ihm wollte. Als ic
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hm die Sachlage schilderte, räumte er kleinlaut ein, dasein Sohn für ihn die Facebook-Seite betreue und er selbicht viel damit zu schaffen habe. Dass sein Sohn jedoc
meine Kontaktdaten an Facebook weitergeleitet habönne er sich nicht vorstellen.
Mit der Zeit erfuhr ich, dass Facebook vielen Leuteolche merkwürdigen Einladungen schickt, und seschloss ich, mich intensiver mit diesem »sozialen
Netzwerk zu beschäftigen und der Frage nachzugehewarum das US-Unternehmen sich so eifrig in unser
rivatsphäre zu schaffen macht.
Zuckerberg hält Privatsphäre für unzeitgemäß
m Januar 2010 gab der 26-jährige Gründer von FacebooMark Zuckerberg, ein Interview, das weltweit für großeWirbel sorgte. Michael Arrington, Gründer und Chef dewichtigsten US-Internetmagazins TechCrunch, fragte ihwie die Privatsphäre in der Gesellschaft sich veränder
uckerbergs Antwort: »Die Menschen haben sich daraewöhnt, mehr Informationen auf viele Arten offener mnderen zu teilen und mit immer mehr Menschen. Diesoziale Norm hat sich über die Zeit stark weiterentwicke20 Facebook wolle mit seinen Angeboten un
nnovationen lediglich mit der neuen sozialen Norm Schr
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alten. Nach dem Interview titelten alle wichtigen Medieweltweit, Zuckerberg habe die Ära der Privatsphäre feendet erklärt. Er selber hat dieser Deutung niema
widersprochen, doch haben seine Äußerungen daMisstrauen gegenüber Facebook auf der ganzen We
ertieft. Immerhin hatte das Unternehmen kurz zuvor hintem Rücken von 350 Millionen Nutzern seine Privatsphärestimmungen geändert – die Inhalte und das Foto auem persönlichen Profil waren nun nicht mehr nur fegistrierte »Freunde« innerhalb von Facebook, sondeür alle Internet-Nutzer sichtbar. Diese Veränderunedeutete den Bruch mit der Idee eines geschlossene
Netzwerks von Freunden für Freunde. Angesichts seiner rasanten Expansion ist Faceboo
momentan dabei, zur womöglich größten Datensammlunller Zeiten zu werden. Und es sind keine anonymen Date
ie wir dem Netzwerk überlassen, außerdem sind srivater und teilweise intimer Natur. Weltweit ladeacebook-Nutzer Monat für Monat drei Milliarden Fotond zehn Millionen Videos hoch. Die Datenmenge in deurzeit 40 000 Data-Centern, den über den ganzen Globuerteilten dezentralen Datenspeichern des Faceboo
Konzerns, verdoppelt sich dadurch im Jahrestakt, unacebook könnte schon bald über mehr private Dateerfügen als staatliche Bürokratien.
Wie aber schützen wir uns vor den Datenstaubsaugerie aktiv werden, sobald wir online sind? Wie können w
erhindern, zu gläsernen Bürgern und Konsumenten eineweltweit agierenden kommerziellen Netzwerks zu werden
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m realen Leben gelingt dies ohne größere Probleme. Aen Eintrag im Telefonbuch kann man verzichten. Seineriefkasten kann man entleeren und dabei das Wichtigom Unwichtigen trennen. Bei Einkäufen kann man sic
weigern, Adresse, Telefonnummer, E-Mail ode
Geburtsdatum anzugeben. Die Frage ist, ob solchnalogen Strategien auch im Web 2.0 erfolgreich sind.
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Facebook registriert auch Nicht- Mitglieder
Carola Drechsler hat die Probe aufs Exempel gemach
Die Juristin und Mutter zweier Kinder surft gern im Internewie wir alle. Ihre Familie gehört zu den 29 Millionen oder 7
rozent deutscher Haushalte mit Internetanschluss.2
Carola Drechsler surft sogar im Urlaub. Und wäre sie dinladung zu Facebook gefolgt, die vor ein paar Monate
n ihren E-Mails auftauchte, wären in diesem Jahr vielleicuch die Freunde der Familie über das Urlaubsglück iilde gewesen. Aber Carola Drechsler hat die Einladunicht angenommen. Sie lehnt es ab, Mitglied bei Faceboou werden. Wie es kam, dass Facebook sie trotzdentdeckte und registrierte, ist eine gespenstisch
Geschichte.Und die beginnt einige Monate zuvor. Carola Drechsl
lickt auf die Seite der Firma Jobguide, einer OnlinArbeitsvermittlung und Berufsberatung, und bestellt eineNewsletter. Wie in solchen Fällen üblich, tippt sie dazhren Namen und ihre E-Mail-Adresse ein. Am 12. Febru010 erhält sie dann plötzlich eine E-Mail von FacebooHallo, die folgende Person hat dich eingeladen, ihrreundIn auf Facebook zu werden.« Neben der Einladun
ächelt ein Zeichentrick-Porträt, das geradewegs eineManga-Film entsprungen sein könnte. Daneben steh
Jobguide Germany«. Carola Drechsler wundert sicwarum ein Unternehmen, von dem sie lediglich eine
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Newsletter beziehen wollte, ihr eine Einladung zacebook schickt. Und da der Absender nicht Jobguidondern Facebook ist, wird ihr klar, dass Facebook sowo
hren Namen als auch ihre E-Mail-Adresse hat. Nocuspekter wird ihr die Sache, als sie unter der Einladun
echs, zum Teil mit einem Foto versehene Namen voersonen vorfindet, die sie mehr oder weniger gut kenn
Außerdem weist Facebook sie auf »weitere Personen aacebook« hin, die sie kennen könnte, darunter ihr Brud
Robert. Bei den übrigen handelte es sich um ehemaligKommilitonInnen und MitschülerInnen sowie um eine
üheren Schulfreund ihres Mannes, den sie persönlich gicht kannte und der nicht einmal Mitglied bei Facebook is
Carola Drechsler versteht das alles nicht: »Facebook hmich, obwohl ich nicht angemeldet bin, mit sechFreunden‹ in Verbindung gebracht, mit denen ich kau
Kontakt habe. Wie genau die Verbindungen zustandommen, konnte ich nicht nachvollziehen.«Carola Drechsler ist verärgert und misstrauisch. Wie e
igitaler Detektiv beginnt sie im Netz und in ihrem E-MaAccount in eigener Sache zu recherchieren. Sie hofft, hrem früheren Verhalten im Internet Anknüpfungspunkte znden, die sie zu Facebook führen. Die Juristin geht dache systematisch an. Sie wendet sich an d
Düsseldorfer Firma Jobguide, die ihr die Einladuneschickt hatte. Sie beschwert sich darüber, dasobguide ihren Namen und ihre E-Mail-Adress
ffensichtlich an Facebook weiterleitete. Das Unternehmechreibt ihr:
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»Sehr geehrte Frau Dr. Drechsler, habenSie vielen Dank für Ihre freundliche Anfrage.Uns lag Ihre E-Mail-Adresse für die
Zusendung unseres Newsletters vor. Diese Adresse haben wir ausschließlich zu diesemZweck genutzt und nicht weitergegeben.«
um Trost teilt man ihr mit, dass man ihre Kontaktdaten nuelöscht habe. Sie bleibt ratlos, aber auch misstrauiscenn in der Facebook-Einladung heißt es eindeutiobguide habe sie eingeladen.Nachdem Carola Drechsler mir sämtliche Unterlage
nd Belege übergeben hat, wende ich mich an da
Unternehmen, das Jobguide betreibt. Es heißt MatchboMedia und liegt nahe dem idyllischen Schlosspark Benran Düsseldorf. Geschäftsführerin der kleinen Firma minem großen Netzwerk ist die Journalistin Annette Eicke
Dass ihre Firma Kundendaten an Faceboo
weitergegeben habe, könne sie sich nicht vorstellen, meiie. Allerdings nutze Matchbox Media Facebook alattform, um Nachwuchskräfte auf Entwicklungen auf de
Arbeitsmarkt aufmerksam zu machen. »Nicht nur unseeser, auch viele Arbeitgeber bewegen sich nun einmal aacebook«, sagt sie ein wenig entschuldigend. Aber wa
mit Frau Drechsler sei, die nie zu Facebook wollte, will ic
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wissen. Die Rückfrage bei einer Mitarbeiterin, die mit dflege der Facebook-Kontakte betraut ist, ergibt, dasobguide tatsächlich Leser des Newsletters zu Facebooingeladen hat. »Aber nie im Leben wollten wir dab
Daten an Facebook weitergeben«, sagt Annette Eicke
Das erledigte Jobguide, wie Tausende anderer Personend Unternehmen in Deutschland auch. Denn wer bacebook angemeldet ist, dem schlägt das Netzwe
egelmäßig vor, »Freunde« zu finden. Und dazu müsseNutzer ihr E-Mail-Passwort an Facebook senden, sodasas Netzwerk an alle Menschen in diesen AdressbücheFreunde-Einladungen« verschicken kann. Dasacebook dabei in den Besitz von Daten Unbeteiligterät, machen sich die meisten Nutzer in dem Augenblicicht klar. Annette Eicker ist nun alarmiert, weil Daten aus ihr
irmendatenbank per Knopfdruck zu Facebook gelanind. Möglicherweise, sagt sie, gehe das Netzwerk miesen Daten nicht so um, wie es die deutschen Gesetzerlangten. Und plötzlich fällt ihr ein, dass Facebook aucchon ihr Privatleben ins Visier genommen hat. »Bei mat sich ein Geschäftspartner gemeldet und gefragt, waru
ch ihn zu Facebook eingeladen habe«, erzählt sie. »Icweiß beim besten Willen nicht, wie das passiert ist.«
Carola Drechsler will künftig noch vorsichtiger sein, wenie ihre Daten einer Firma überlässt: »Es geht doch indeffekt darum, dass man sich nicht sicher sein kann, o
in Unternehmen, das sich bei Facebook anmeldet, dhm zur Verfügung stehenden Kundendaten nicht auch a
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acebook weitergibt, um zu sagen: Hier sind meinreunde, meine Kontakte, wie auch immer, guck doch ma
welche Verbindungen lassen sich daraus ziehen.« CaroDrechsler möchte selbst entscheiden, wo und wann swem ihre Daten überlässt. Sie hat sich ganz bewus
egen eine Mitgliedschaft bei Facebook entschieden. Unie will, dass Facebook und mit dem Netzwerk verbundenirmen diese Entscheidung akzeptieren. Diese Forderun
st eigentlich nicht weiter verwunderlich. Vielmehr ist eine pure Selbstverständlichkeit, dass wir selbestimmen, wem wir unsere Namen, Adressen unelefonnummern überlassen und wem nicht. Außerdem is eine Forderung des deutschen Gesetzgebers, denn er Bundesrepublik gilt das sogenannte »Recht a
nformationelle Selbstbestimmung.«Im Fall von Carola Drechsler bekamen es via Faceboo
Menschen miteinander zu tun, die ansonsten nicht mehoch nie oder nur einseitig miteinander kommunizieatten. Facebook greift auf diese Weise in das ganersönliche Kommunikationsverhalten von Menschen eiie nichts mit dem Netzwerk zu tun haben wollen.
Mein Facebook-Abenteuer kannbeginnen
s ist nun an der Zeit, mich selber bei Faceboonzumelden. Das Abenteuer kann beginnen. Ich möch
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etzt wissen, wie die ganze Sache funktioniert. Ich geblso meine E-Mail-Adresse ein, erfinde ein Passwort fen Facebook-Zugang, und schon ist es passieacebook schickt mir eine E-Mail, die ich bestätigen musnd das war’s auch schon. Ein Vorgang vo
eeindruckender Schlichtheit im Vergleich beispielsweisur Schaltung eines normalen Telefonanschlusses durcie Telekom. Bei Facebook hat die Anmeldung kaum fü
Minuten gedauert, und in fünf Minuten Mitglied einGemeinschaft zu werden, der schon 500 MillioneMenschen rund um den Globus angehören, ist ein guteGefühl.
Prompt beginne ich nach irgendwelchen Bekannten aumeiner Vergangenheit zu suchen, die mir gerade in de
inn kommen und die möglichst weit entfernt leben. Leidst die Suchmaske für eine angebliche »Freunde
uchmaschine nicht sonderlich ausgefeilt, sodass ich zedem eingegebenen Namen zig Treffer erhalte, nur leidest der von mir Gesuchte nie dabei. Möglicherweise sind ellesamt Facebook-Muffel oder Menschen wie ich, d
Angst vor einer Verletzung ihrer Privatsphäre haben.Nun beginnt die eigentliche Arbeit. Ich muss an meine
rofil feilen. Ein kleiner blauer Balken zeigt meineortschritt an, und je mehr von mir preiszugeben ich berein, desto weiter nach rechts wandert der Balken. Noch aum etwas von ihm zu sehen. Noch existiere ich nicchtig, besser gesagt, mein Avatar ist noch ziemlic
lutleer. Avatar, ein Sanskritwort, meint ursprünglich einGottheit, die sich in irdische Niederungen hinabbegibt.
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er Welt der Online-Spiele dienen Avatare daztellvertretend für uns zu agieren. Wir können ihne
Charaktereigenschaften zuschreiben und sie natürlich nacHerzenslust manipulieren. Fühle ich mich zu klein untwas ängstlich, ist die Versuchung groß, meinen Avata
mutig und ein wenig stattlicher aussehen zu lassen. Es a nur ein Spiel. Facebook aber ist kein Spiel, sondern einlattform, um meine Freunde wiederzufinden und Kontaku knüpfen. Kontakte zu Menschen, die ich aus der reale
Welt kenne und vielleicht auch in der realen Welt treffemöchte. Jedenfalls legt Facebook-Gründer ZuckerbeWert auf die Feststellung, dass wir nur eine Identität habe
ine gewagte These, die uns auf den folgenden Seiteoch beschäftigten wird.Um nun mein Profil zu erstellen, gebe ich meinen Name
mein Geschlecht und mein Geburtsdatum ein. Alle dies
Angaben, auch das Alter, sind zwingend, und Faceboorklärt, warum: »Facebook fordert von allen Nutzern, dasie ihr richtiges Geburtsdatum angeben. Dadurch soll d
Authentizität der Seite und der Zugang zu altersgerechtenhalten gewährleistet werden. Wenn du möchtest, kannu diese Information in deinem Profil verbergen.« Natürlicätte dort auch stehen können, dass man mein Altenötige, weil es ein wichtiges Kriterium für die geziellatzierung von Werbung ist. Aber das steht dort nichbenso wenig, warum man all die anderen Dinge von m
wissen will, die ich aber nicht angeben muss. Da fällt m
in, ich habe noch kein Profilbild. Ich klicke mich durcmeine Bilderordner der vergangenen Monate un
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ntscheide mich schließlich. Jetzt habe ich auf Faceboouch ein Gesicht.Ich bin jetzt ordentliches Facebook-Mitglied, aber d
leine blaue Balken zeigt noch immer keinen sichtbareortschritt an. Ich könnte jetzt also angeben: Interessiert a
rauen oder Männern – auch beides geht, da ist Facebooicht spießig. Und ich könnte unter der Rubrik »Auf duche nach« Angaben darüber machen, was micberhaupt in die Community treibt. Ich kann mehre
mögliche Antworten anklicken: FreundschafteVerabredungen, feste Beziehung, Kontakte knüpfen. Dalingt eher nach Einsamkeit als nach dem Wunscerschollene Freunde wiederzufinden. Aber ich musunächst weiter an meinem Avatar arbeiten. Jetzt fra
mich Facebook nach meiner politischen Einstellung. Icppe spaßeshalber »SPD« ein, im Sprachfeld erschei
un die Somali People’s Democratic Party (SPDParunter das Land: Äthiopien. Merkwürdig. Immerhin bietacebook mir als Alternative auch dozialdemokratische Partei Deutschlands an. Ich lassas Feld frei. Nun fragt Facebook mich nach meinereligiösen Ansichten«. Zur Auswahl stehen alle mögliche
Glaubensrichtungen und Prägungen, von »christlich Amish« bis »katholisch«, von »jüdisch-orthodox« bMoslem-sunnitisch« und sogar »Rastafari«. Ich versuchs mit »tolerant«. Das System schluckt es, aber ictreiche es wieder. Kaum öffne ich danach mein
innwand, sehe ich, dass alle Freunde mir bei meinepielereien zusehen konnten. Dort steht jetzt: »Sascha h
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eine religiösen Ansichten geändert. « Und dass ich dine oder andere Band mag, diesen oder jenechriftsteller hinzugefügt habe, wird ebenfalls auf diesinnwand mitgeteilt. Auch vier meiner Freunde aus de
ealen Leben haben sich innerhalb kurzer Zeit do
ingefunden; sie haben meine Freundschaftsanfragositiv beantwortet. Außerdem erscheint schon aächsten Tag eine Anzeige auf meiner Pinnwand: Gogordello tritt auf. Die Band hatte ich in meinem Profil ainen meiner Favoriten genannt. D
Veranstaltungshinweis ist allerdings wertlos, denn daKonzert ist in San Diego/Kalifornien.
Unterdessen registriert der blaue Balken neben meineAccount trotzdem nur einen mäßigen Fortschritt. Er ist erur Hälfte gefüllt. Ich muss also noch mehr von mreisgeben. Und von den durchschnittlich 130 Faceboo
reunden bin ich auch noch meilenweit entfernt, da ich dmeisten der mir angebotenen Personen gar nicht kennnd diese Freundschaftsanfragen deshalb ignoriere.Dabei macht Facebook mir gleich zu Beginn mein
Anmeldung einen einfachen Schritt schmackhaDurchsuchen deines E-Mail-Kontos ist der schnells
Weg, um deine Freunde auf Facebook zu finden.« Es folie Aufforderung: »E-Mail-Passwort eingeben«. Unacebook verspricht: »Wir werden dein Passwort nacem Import der Informationen deiner Freunde nicpeichern.« Ich muss plötzlich an diesen Professor denke
er mich unwissentlich einlud, und an den Ärger von CaroDrechsler. Und staunend wird mir klar, dass es keine Rol
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pielt, ob ich bei WEB.DE, GMX, Telekom, HotmaGoogle Mail oder Yahoo Mail Kunde bin, denn sobald icmein E-Mail-Passwort eingegeben habe, kann sic
acebook in mein Adressbuch einloggen, die E-MaAdressen herausladen und anschließend an dies
Adressen Einladungen zu Facebook versenden. Abollte ich das tun? Es ist, als würde man in den Urlauahren und den Briefkastenschlüssel nicht beim Nachbarondern bei irgendeinem unbekannten Unternehmebgeben, das die Post nicht nur bis zu unserer Rückke
agert, sondern auch gleich nachsieht, wer uns denn schreibt. Und natürlich verspricht dieses Unternehmeeinesfalls einen Nachschlüssel für unseren Briefkastenzufertigen. Ich tue es nicht, was Facebook seitdem mem immer wiederkehrenden Hinweis auf diese simpreunde-Suchfunktion quittiert.
Schön und einfach, aber tückisch ist die iPhone-Welt
Die Facebook-Welt scheint voller kleiner Dramen ztecken. Wohl selten hatte ein Kollege von mir einen s
wütenden Professor an seinem Handy wie im Frühja010. Der Mann konnte gar nicht fassen, dasusgerechnet Facebook an seine E-Mail-Adresse gelan
war. Kleinlaut erwiderte der Journalist, er könne es sicuch nicht erklären, bis ihm dämmerte, dass er vermutlic
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bermals keine Reaktion, gibt Facebook allerdings auis zur nächsten Gelegenheit, wenn ein andereacebook-Mitglied diese Kontaktdaten hochlädt. Facebook ist diese Art der Suchfunktion bares Geld weägt sie doch zur rasanten weltweiten Expansion de
Netzwerks bei. Zwar bieten auch andere soziaNetzwerke, von der deutschen VZ-Gruppe über Xing bis zinkedIn, diese Möglichkeit, aber die VZ-Netzwerkeispielsweise speichern die Daten von Nicht-Mitgliedeicht über die direkte Einladung hinaus. Vor allem aberknüpfen sie diese nicht mit anderen Datensätzen, unas über Jahre hinaus, wie Facebook es tut.Es bedarf keiner großen Fantasie, um das eigentlich
roblem an dieser Art Datenstaubsauger zu begreifeeder stolze Besitzer eines Smartphones weiß, dass eie Kartei eines ganzen Büros ersetzen kann: Namen, E
Mail-Adressen, Postadressen, Geburtstage, Beruf unArbeitgeber und was sonst noch wichtig bei einem Kontast. Und all diese Daten werden regelmäßig mit dürosoftware synchronisiert. Der Smartphone-Besitzeut sich, auf diese Weise nicht nur jederzeit erreichbar zein, sondern auch jederzeit zu wissen, mit wem er es zun hat. Das gilt für Detektive wie für Rechtsanwälte, fmittelständische Firmenchefs und Versicherungsmaklwie für Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater, für Politiknd Lobbyisten ebenso wie für Prostituierte und Poliziste
Und natürlich auch für Journalisten, die nicht selten üb
ertrauliche, auch den Kollegen nicht bekannte InformanteKontakte verfügen. Nachdem im April 2010 einig
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eitungen über die Synchronisation der iPhone-Kontakmit Facebook berichtet hatten, wollte ich es als Autor de
ernsehmagazins »Monitor« genauer wissen. In dRedaktion diskutierten wir die brisante Frage, welchDaten aus dem iPhone-Adressbuch tatsächlich ausgelese
werden.22 Um das herauszufinden, baten meine KollegMonika Wagener und ich Institute und Hersteller vo
icherheitssoftware um Hilfe. Schließlich sagte das Institür Internetsicherheit der Fachhochschule Gelsenkirchens Unterstützung zu.
Ein brisanter Test entlarvt eineSicherheitslücke
Dazu bauten die Informatiker Marco Smiatek und MalWoelky eine Versuchsanlage, in der sie den Datenabflusus dem iPhone genauestens kontrollieren konnteunächst meldeten sie eine fiktive E-Mail-Adresse aamt geheimem Passwort, mit dem wir den Zugang z
nseren E-Mails gegen andere schützen können. Danaben sie erfundene Daten in das fiktive Adressbuch eiDaten von Freunden, die keine Facebook-Mitgliedwaren. Einen Freund nannten wir Max Mustermann, desse
reundin Paula Irgendwas. Zu Max Mustermann notiertewir außerdem: »Sucht neuen Arb