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Die deutsche Sprache in Deutschland und Österreich Dr. Hüseyin ARAK Universität Erciyes WS 2010/2011 AÖP 213 Sprachgeschichte

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Die deutsche Sprache in Deutschland und Österreich

Dr. Hüseyin ARAK

Universität Erciyes

WS 2010/2011

AÖP 213 Sprachgeschichte

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Untergliederung

Das Bairische kann anhand sprachlicher Merkmale in drei Großräume eingeteilt werden:

Nordbairisch Mittelbairisch (OÖ, NÖ, Wien, Tiroler Unterland, Salzburg ohne

Flachgau, Obersteiermark und nördliches Burgenland) Südbairisch

Zwischen diesen befinden sich jeweils Übergangsräume, die als Nordmittelbairisch und Südmittelbairisch benannt sind.

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Hochsprache

gesprochene deutsche Standardsprache in Österreich stark von bairischen Dialekten beeinflusst

spezieller Wortschatz zum Teil in mittel- und südbairischen Dialekten verankert

außerdem Beeinflussung durch Nachbarsprachen, besonders Tschechisch, Ungarisch, Slowenisch, Slowakisch und Italienisch

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Deutsch als plurizentrische Sprache

Plurizentrisch: Eine Sprache verfügt über mehrere Zentren

Vorkommen in mehreren Staaten

Status der Sprache in diesen Ländern: Muss als offizielle Sprache, aber trotzdem als Teil einer Gesamtsprache angesehen werden.

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Vor allem im Lebensmittelbereich: sehr charakteristischer, vom Norddeutschen abweichender Wortschatz, der viele Lehnwörter aus dem Tschechischen, Italienischen, Ungarischen, Jiddischen und Serbischen umfasst.

In den Beitrittsverträgen Österreichs mit der EU wurden auch einige österreichspezifische Bezeichnungen für Lebensmittel festgeschrieben, die sonst nicht üblich sind.

23 geschützte Begriffe

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23 geschützte Begriffe

Eierschwammerl – Pfifferlinge Erdäpfel – Kartoffel Faschiertes – Hackfleisch Paradeiser – Tomaten Weichseln – Sauerkirschen Karfiol – Blumenkohl Fisolen – Grüne Kren – Meerrettich Marillen – Aprikosen Obers, Schlag(obers) – Sahne etc.

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Varianten der Aussprache

Lese-Aussprache vs. Freie Sprechaussprache

Distanzsprache – distanzierte Nähesprache – Nähesprache

monologisch vs. dialogisch

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Aussprache in Österreich

Mittelbairisch: (meist) fehlende Unterscheidung zwischen p und b t und d k und g (seltener und nur regional)

Endungen auf -ig werden als solche ausgesprochen

Könik, fertik - Könich, fertich

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Aussprache in Österreich

Einige entlehnte Wörter sind im Gegensatz zum deutschen Deutsch nicht eingedeutscht.

Viele Österreicher sprechen das st und sp in lateinischen, griechischen, französischen oder englischen Wörtern nicht als scht- oder schp-, sondern als st- und sp-.

z.B.: Standard, Statistik, spezifisch

in Österreich: Aussprache des Buchstabe s fast nur stimmlos

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Aussprache in Österreich

keine Unterschiede zwischen e und ä (Bär)

Nasalisierung der Vokale vor nachfolgendem Nasal (tun)

Vokalisierung des postvokalischen r zu einem fast offenen Zentralvokal (Urteil)

Vokalisierung des auslautenden -er zu einem fast offenen Zentralvokal (Wasser)

Realisierung des r

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Aussprache, Betonung in Österreich

Viele Lehnwörter unterscheiden sich nicht nur in der Betonung, sondern auch in der Aussprache vom Gebrauch in anderen deutschen Sprachgebieten:

keine Nasalisierung: Balkon, Beton, pensioniert Nasalisierung: Bronze

Aussprache auf k: Chemie, China

Akzent: Mathemàtik, Parfùm, Tabàk, Telefòn

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Präteritum vs. Perfekt

Präteritum und Plusquamperfekt werden seit dem 16./17. Jhdt. in Österreich, in der Deutschschweiz und im Süden Deutschlands nur noch in schriftlicher Form verwendet.Beim mündlichen Erzählen wird das Perfekt gebraucht.

Ö: Ich bin in die Stadt gefahren und habe mir einen Mantel gekauft.

D: Ich fuhr in die Stadt und kaufte mir einen Mantel.

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Präteritum vs. Perfekt

In vielen Fällen kann man auch in der Schriftsprache entscheiden, ob man das Perfekt anstelle des Präteritums verwendet.Die beiden Zeiten haben dabei unterschiedliche Funktionen:

Präteritum: signalisiert Distanz und Nüchternheit

Perfekt: drückt Nähe des Schreibenden an der Sache aus, dass ihm die Sache wichtig ist

Dazu kommt, dass das Präteritum als Erzählform in Österreich als gekünstelt empfunden wird.

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Präteritum vs. Perfekt

Ausnahmen sind die Präteritumformen der Hilfszeitwörtersein, werden, können, etc.

Die Formen war, wurde, konnte, etc. werden auch dann verwendet, wenn im Perfekt erzählt wird.

Die Hilfszeitwörter dienen auch dazu, Präteritumformen mit dem Sprachgefühl in Einklang zu bringen:

aus „Ich fasste es nicht“ wird „Ich konnte es nicht fassen“

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Präteritum vs. Perfekt

Zeitungsmeldungen beginnen oft im Perfekt und wechseln dann ins Präteritum.

Der Beginn signalisiert Aktualität und Anteilnahme.

„Knalleffekt bei der VA Tech: Der bisherige Großaktionär Mirko Kovats hat Sonntag Abend seine Anteile an dem börsenotierten Linzer Technologiekonzern an Siemens verkauft. Die Verträge wurden am späten Nachmittag unterzeichnet, wie der Industrielle am Abend bestätigte. Kovats begründete ...“

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Präpositionen

In einigen Fällen werden in Österreich andere Präpositionen verwendet als in Deutschland:

Ö: Ich kaufe ein Handy um 0 Euro. D: Ich kaufe ein Handy für 0 Euro.

Ö: Er geht schon in die Schule. D: Er geht schon zur Schule.

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Präpositionen

„vergessen“ kann in Österreich zusammen mit „auf“ verwendet werden In Deutschland steht immer der Akkusativ.

Ö: Er war so in die Arbeit vertieft, dass er aufs (= auf das) Essen vergessen hat.

D: Er war so in die Arbeit vertieft, dass er das Essen vergessen hat.

Ö: Haben denn alle auf mich vergessen? D: Haben mich denn alle vergessen?

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Präpositionen, Kollokationen

am als Kurzform von auf dem: am Berg – auf dem Berg

unter der Woche – während der Woche

In Österreich sind subtile Unterscheidungen möglich:

„Ich habe meinen Schirm vergessen.“ (= Ich habe ihn stehen lassen) „Ich habe auf meinen Schirm vergessen.“ (= Ich habe nicht daran

gedacht, ihn mitzunehmen.)

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Unterschiede in der Schreibung auf Grund unterschiedlicher Aussprache

Ö: Buffet (französische Aussprache mit stummem t) D: Büffet (eingedeutscht mit ausgesprochenem t)

Ö: Spaß (langer Vokal) D: Spass (kurzer Vokal)

Ö: Geschoß (langer Vokal; sowohl im Sinn von „Projektil“ als auch Stockwerk)

D: Geschoss (kurzer Vokal)

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Unterschiede in der Schreibung auf Grund unterschiedlicher Aussprache

... wobei man in Österreich zu einem Geschoß eher Stockwerk sagt!

Ö: zweistöckig, dreistöckig, etc. D: zweigeschoßig, dreigeschoßig, etc.

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Umlaute

Ö: zweifärbig, bleihältig D: zweifarbig, bleihaltig

Ö: die Bögen, die Krägen D: die Bogen, die Kragen

Ö: die Generäle, die Admiräle D: die Generale, die Admirale

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Umlaute - Ausnahmen

Ö: Luster D: Lüster

Ö: Kramer D: Krämer

umgangssprachlich wird aber das Prinzip der „Umlauthinderung“ wirksam: hüpfen (schriftl.) - hupfen (mündl.)

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Artikel

Im Zweifelsfall das sächliche Geschlecht (vor allem bei Lehnwörtern)

Ö: das Cola, das Offert, das Service, das E-mail, das Prospekt D: die Cola, die Offerte, der Service, die E-mail, der Prospekt

Ö: der Akt, meist: das Eck D: die Akte, die Ecke

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Ausfallendes Endungs-E bei Substantiven und Adjektiven

Der Ausfall des e am Wortende ist typisch für das österreichische Deutsch und den Sprachgebrauch im süddeutschen Raum.

die Tür – die Türe der Ochs – der Ochse feig – feige stupid – stupide fad – fade

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e in der Wortfuge

Ein e in der Wortfuge ist in Österreich seltener anzutreffen:

Tragtasche – Tragetasche Tagblatt – Tageblatt Taggeld – Tagegeld

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„herum“ statt „umher“

Meist steht in Österreich „herum“ statt „umher“ in Deutschland Unterscheidung von

umher (kreuz und quer) und herum (im Kreis, ringsum)

Ö: Wir sind lange herumgefahren, bis wir das Kino gefunden haben. D: Wir sind lang umhergefahren, bis wir das Kino gefunden haben.

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Verkleinerungsendungen auf -l, -erl, -el usw.

tragen in Österreich in der Mehrzahl immer ein -n, ganz egal um welchen Fall es sich handelt:

Nom.: Die Powidltascherln haben gut geschmeckt. Gen.: Die Fülle der Powidltascherln war ausgezeichnet. Dat.: Er kann den Powidltascherln nichts abgewinnen. Akk.: Wir haben Powidltascherln gegessen.

Es gibt aber auch Wörter, die auf -l enden und keine Verkleinerungsformen sind.

Tückisch sind v. a. Maskulina wie Knödel, Stadel, etc.

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Endungs-S bei einigen Adverbien

Einige Adverbien tragen in Österreich ein Endungs-S:

weiters durchwegs öfters (aber nicht in jedem Fall)

durchgehends ist mittlerweile veraltet; die Form ohne s ist häufiger anzutreffen

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Fugen-S

zwischen Elemente zusammengesetzter Nomen tritt oft ein Fugen-S, wo im Bundesdeutschen keines auftritt, (aber auch umgekehrt):

Schweinsbraten – Schweinebraten Einkommenssteuer – Einkommensteuer Bahnhofshalle – Bahnhofhalle

Adventkalender – Adventskalender Schadenersatz – Schadensersatz

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Reflexivpronomen „sich“

Ö: Es lohnt sich nicht. D auch: Es lohnt nicht.

Ö: Sie soll sich nicht zu viel erwarten. D: Sie soll nicht zu viel erwarten.

Ö: Er soll sich niederknien. D. Er soll niederknien.

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Zahlen

... sind in Österreich im Allgemeinen männlich, nicht weiblich. ... werden in Österreich generell auf -er gebildet.

Ö: Er hat in Mathematik einen Fünfer. D: Er hat in Mathematik eine Fünf.

Ö: Sie ist mit dem Dreier nach Hause gefahren. D: Sie ist mit der Drei nach Hause gefahren.

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Zahlen

Jahreszahlen werden in Österreich gern ohne das Element „hundert“ gesprochen:

1998: neunzehnachtundneunzig statt neuzehnhundertachtundneunzig

14 Uhr 15 wird nicht als Viertel nach zwei sondern als Viertel drei oder Viertel über zwei (OÖ, Salzburg, aber auch Steiermark)

ebenso wird aus 14 Uhr 45 dreiviertel drei

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Gewichtsbezeichnungen

In Österreich ist die Bezeichnung Pfund für 1/2 Kilo absolut unüblich.

Wie auch die Einwohner der meisten anderen Nachfolgestaaten der österr.-ungar. Monarchie bestellt ein Österreicher 10 Deka Extrawurst statt 100 Gramm Extrawurst

Zentner: in Österreich für 100 kg

in Deutschland: 50 kg (Doppelzentner = 100 kg)

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Indirekte Rede und Konjunktiv

In geschriebener Form und in der Hochsprache wird der Konjunktiv in Österreich viel seltener verwendet, als in Deutschland:

Ö meist: Der Bundeskanzler sagte, dass das Gesetz in die Begutachtung gegangen ist.

D meist: Der Bundeskanzler sagte, dass das Gesetz in die Begutachtung gegangen sei.

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Indirekte Rede und Konjunktiv

In Österreich wird der Konjunktiv vor allem als Irrealis benu/ützt, und um Zweifel auszudrücken.

Er sagte, dass sich die Grippeepidemie rasch ausbreite.

... wird in Deutschland als neutrale Wiedergabe einer Aussage empfunden.

In Österreich hat der selbe Satz einen anderen Klang: es entsteht der Eindruck, dass der Erzähler den Wahrheitsgehalt nicht überprüfen konnte oder ihn sogar in Frage stellt.

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Verben, die Körperhaltungen ausdrücken

z.B. „stehen“, „sitzen“, „liegen“ verlangen in Österreich (und Süddeutschland) „sein“ und nicht „haben“!

Ö: ich bin gestanden, bin gesessen, bin gelegen, etc. D: ich habe gestanden, habe gesessen, habe gelegen, etc.

Gleiches bei allen Zusammensetzungen dieser Wörter (dabeistehen, stillstehen, gegenüberstehen, etc.)

Ö: Er ist unter Stress gestanden. D: Er hat unter Stress gestanden.

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Hilfsverben im Zusammenhang mit Hitze, Kälte, etc.

Ö: Es hatte 30 Grad im Schatten. Es hatte einen furchtbaren Gestank in diesem Zimmer.

D: Es waren 30 Grad im Schatten. Es war ein furchtbarer Gestank in diesem Zimmer.

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Italienische Entlehnungen

... sind in Österreich häufiger. Die italienische Herkunft ist oft an der Schreibung erkennbar.

Aviso – das/der Avis detto – ditto Kassa – Kasse die Pasta – die Paste Mocca – Mokka

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„Eindeutschungen“

In Deutschland ist in einigen Fällen eine stärker eingedeutschte Schreibung und Aussprache üblich, während man sich in Österreich ans Original hält.

das Buffet – das Büfett die Sauce (franz. Schreibung) – die Soße das Praliné – die Praline Bravour – Bravur Charme, charmant – Scharm, scharmant Nougat – Nugat Mayonnaise – Majonäse

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Mehrzahl

kein falsches Mehrzahl-s in Österreich Ursprung in Norddeutschland

die Fräuleins, die Mädels, die Bengels

kein Mehrzahl-s als Kollektivbezeichnung für Mitglieder einer Familie

D: die Schulzens, die Hämmerles Ö: die Familie Schulz, das Ehepaar Hämmerle

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Parallelformen

Ausdrücke des deutschen Deutsch, die durch Ausdrücke des österreichischen Deutsch ersetzt werden könnten:

ab und an – ab und zu Abfindung – Abfertigung Abitur – Matura alle sein – aus sein, ausverkauft sein anfassen – angreifen Ausrufezeichen – Rufzeichen bescheuert, bekloppt – deppert, blöd bohnern – wachsen

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Parallelformen

Brötchen – Semmel Brühe – klare Suppe Buletten, Frikadellen – Fleischlaibchen Bürgersteig – Gehsteig Diele – Vorzimmer Falschfahrer – Geisterfahrer Feldsalat – Vogerlsalat (Kärnten: Rapunzel)

Kartoffel – Erdapfel, „Grumpern“

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Parallelformen

Klöße – Knödel kneifen – zwicken Kommandeur – Kommandant Krümel – Brösel Lache (Wasser) - Lacke (aber: Blutlache) Maulschelle (ugs.) - Watschen(n) (ugs.) Pensionär (D: nur Beamte), Rentner – Pensionist Reneklode – Ringlotte, „Kriacherln“ Sahne – Schlag, Rahm, Obers, Schlagrahm, Schlagobers Sauerkirsche – Weichsel

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Parallelformen

Sauerkohl – Sauerkraut Schnake – Gelse Schnürsenkel – Schuhbänder Schornstein – Rauchfang Schreiner – Tischler Schubkarren – Scheibtruhe Sonnabend – Samstag sputen, sich – tummeln, sich Tabakladen – Trafik Tomate – Paradeiser (wobei Tomate auch üblich ist) Zwetschge – Zwetschke zyprisch – zypriotisch

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Falsche Freunde

Ö: Pension für „Altersversorgung“ und „kleines Hotel“D: Pension nur für „kleines Hotel“ oder „Altersversorgung der Beamten“ (Altersversorgung = Rente)

Ö: Sessel für „Sitzmöbel mit Lehne“D: Sessel nur für „Fauteuil“ (nicht aber für „Stuhl“)

Ö: angreifen für „attackieren“ und „in die Hand nehmen, berühren“D: angreifen nur für „attackieren“ (berühren = anfassen)

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Asterix: Hast du die Reiseroute?

Majestix: Ja, Asterix und außerdem auf dieser Tafel eine Liste der besten Gastwirtschaften, die auf unserem Weg liegen!

Asterix: Aber sollst du nicht Diät halten?

Majestix: Wenn ich schon Kur mache, soll sich´s auch lohnen.Außerdem ist das alles Blödsinn. Ich fühle mich ganz ausgezeichnet. Ich war nur

geistig etwas abgespannt.

Obelix: Ah! Ich hab´s ja gewußt, daß man vom Essen nicht krank wird!

Asterix: Woasst, wou s hiigeet?

Majestix: E kloa, Asterix, und dazua nou a Toofl mit di beistn Wiatshaisa, ba die ma vabaikumman!

Asterix: Oba suizt du di net holtn?

Majestix: Wenn i scho a Kua moch, sui si s aa auszoin. Aussadem is des ollas Bledsinn. I bin supa banaund. I woa nua gaistig net guat drauf.

Obelix: Aa! I hobs jo gwusst, dass ma voum Essn net kraunk wiad!

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Quellennachweise

http://oewb.retti.info/literatur.html

http://gregor.retti.info/docs/malter.pdf

http://de.wikipedia.org/wiki/Bairisch

http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreichisches_Deutsch

http://www.das-oesterreichische-deutsch.at/das_oesterreichische_deutsch_01.pdf

http://members.chello.at/heinz.pohl/OesterrDeutsch.htm

MUHR, Rudolf (2000) : „Österreichisches Sprachdiplom Deutsch“ ÖBV & _HPT Verlags GmbH & Co. KG=