Diagnose und Therapie - meduniwien.ac.at · CME Differenzialdiagnose Der QRS-Komplex einer SVT ist...

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Monatsschr Kinderheilkd 2010 · 158:1263–1278DOI 10.1007/s00112-010-2268-3Online publiziert: 5. Dezember 2010© Springer-Verlag 2010

S. Albinni · A. Hanslik · M. MarxAbteilung Pädiatrische Kardiologie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Wien

Tachykarde Herzrhythmus-störungen im Kindes- und JugendalterDiagnose und TherapieZusammenfassungUnter den tachykarden Rhythmusstörungen ist die paroxysmale, supraventrikuläre Tachykardie (PSVT) mit einer Inzidenz von 0,1–0,4% die häufigste Arrhythmie, ventrikuläre Tachykardien tre-ten weitaus seltener auf. Meist handelt es sich um eine atrioventrikuläre (AV) Reentrytachykardie (AVRT) unter Einbeziehung einer akzessorischen Bahn oder um eine AV-nodale Reentrytachykar-die (AVNRT). Adenosin, welches selektiv die AV-Überleitung kurzfristig blockiert, wird bei beiden Formen erfolgreich zur Tachykardieterminierung eingesetzt. Neben der antiarrhythmischen The-rapie als Rezidivprophylaxe gewinnt die elektrophysiologische Untersuchung mit Ablation als ku-ratives Verfahren bei Kindern, die älter als 5 Jahre sind, mit primären Erfolgsraten zwischen 86% und 97% zunehmend an Bedeutung. Eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit einem pädiatrischen Elektrophysiologiezentrum ist zu empfehlen.

SchlüsselwörterSupraventrikuläre Tachykardie · Ventrikuläre Tachykardie · Antiarrhythmika · Elektrophysiologische Untersuchung · Katheterablation

Tachycardias in infants and children · Diagnosis and treatment

AbstractParoxysmal supraventricular tachycardia (SVT) is the most common type of tachyarrhythmia oc-curring with an incidence of 0.1–0.4%. The occurrence of ventricular tachycardia is significantly lower in children and adults. The most frequent types of SVT in children are atrioventricular re-entry tachycardia (AVRT) mediated by an accessory pathway and AV-nodal reentry tachycardia (AVNRT) using fibres with different conduction capacities (dual physiology of the AV-node). Both types can be successfully terminated with adenosine which selectively blocks conduction through the AV-node. Long-term pharmacological therapy represents one therapeutic option for recurrent episodes of SVT but it is increasingly being replaced by radiofrequency catheter ablation, which represents a curative treatment of SVT with success rates between 86% and 97%, especially when applied in children older than 5 years. Thus, long-term management of children with tachyarrhyth-mias should include early contact with pediatric electrophysiological centres.

KeywordsTachycardia, supraventricular · Tachycardia, ventricular · Antiarrhythmic drugs · Electrophysiological testing · Catheter ablation

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RedaktionB. Koletzko, MünchenW. Sperl, Salzburg

1263Monatsschrift Kinderheilkunde 12 · 2010 |

Tachykarde Herzrhythmusstörungen können in jedem Alter auftreten. Die hämodynami-sche Auswirkung und damit die klinische Symptomatik sind abhängig von der Höhe der Herzfrequenz, dem Alter des Patienten und der anhaltenden Dauer der Arrhythmie. Dem-entsprechend findet man ein breites Spektrum von einem Zufallsbefund bis zur akut le-bensbedrohlichen Situation. Die richtige klinische Beurteilung und die rasche Diagnose der zugrunde liegenden Arrhythmie bestimmen das weitere Management des Patienten. Nach der Lektüre dieses Beitrages wird der Leser auch in einer Notfallssituation in der La-ge sein, die Arrhythmie klinisch und differenzialdiagnostisch richtig einzuschätzen und die richtigen therapeutischen Maßnahmen einleiten.

Hintergrund

Unter tachykarden Herzrhythmusstörungen versteht man zu schnelle, regelmäßige oder unregelmä-ßige Herzaktionen. Diese führen besonders dann zu relevanten hämodynamischen Auswirkungen, wenn zusätzlich eine kardiale Grunderkrankung vorliegt. Sie können das Auswurfvolumen herabset-zen und zu einem 7 reduzierten Perfusionsdruck sämtlicher Organe beitragen.

Die tachykarden Rhythmusstörungen werden nach ihrem Entstehungsort in 2 Hauptgruppen un-terteilt: F  supraventrikuläre undF  ventrikuläre Tachykardien.

Neben dieser anatomischen Einteilung erscheint die funktionelle Einteilung in F  Schmalkomplextachykardien (entspricht den supraventrikulären Tachykardien) bzw.F  Breitkomplextachykardien.

vom klinischen Standpunkt aus wichtiger, wobei Breitkomplextachykardien bis zum Beweis des Ge-genteils als ventrikuläre Tachykardien einzustufen sind.

Definition

Aufgrund der großen physiologischen Variabilität der altersbezogenen Herzfrequenzen ist die Defi-nition einer Tachykardie eine willkürliche, und diese muss bei jedem Patienten individuell beurteilt werden. Ein klinisch praktikabler Beurteilungsmaßstab ist in . Tab. 1 dargestellt.

Die wichtigsten zugrunde liegenden Pathomechanismen beruhen auf Reentry, gesteigerter Auto-matie oder getriggerter Aktivität:

Reentry. Es handelt sich um den häufigsten Mechanismus für supraventrikuläre und ventrikuläre Tachykardien. Die elektrophysiologischen Voraussetzungen dafür sind:F  zumindest 2 miteinander verbundene anatomische oder funktionelle Leitungsbahnen,F  eine unterschiedliche Erregungsleitung im Reentrykreis mit Blockierung der Erregungsfront in

einer und Fortleitung in die andere Richtung,F  eine Zone der langsamen Erregungsleitung, damit die anfangs blockierte Bahn beim Eintreffen

der kreisenden Erregung nicht mehr refraktär ist.

Gesteigerte Automatie. Sie entsteht durch 7 diastolische Spontandepolarisation in der Phase IV des Aktionspotenzials. Sinustachykardien entstehen durch sympathikusvermittelte gesteigerte, physiologi-sche Automatie als Reaktion auf psychische oder phy-sische Reize.

Getriggerte Aktivität. Sie entsteht durch 7 Nach-schwankungen des Aktionspotenzials während oder am Ende der Repolarisationsphase.

7  Reduzierter Perfusionsdruck

Die funktionelle Einteilung in Schmal- bzw. Breitkomplextachykardien ist vom klinischen Standpunkt aus wich-tiger als die anatomische Differen-zierung 

Die wichtigsten der Tachykardie zu-grunde liegenden Pathomechanis-men beruhen auf Reentry oder ge-steigerter Automatie oder getrigger-ter Aktivität

7  Diastolische Spontan-depolarisation

7  Nachschwankung

Tab. 1 Altersabhängige Tachykardiefre-quenzen

Altersgruppe Tachykardiefrequenz (/min)

Neugeborene >200 

Säuglinge >190

Kleinkinder >160

Schulkinder >140

Jugendliche >120

Erwachsene >100

1264 | Monatsschrift Kinderheilkunde 12 · 2010

CME

Die einer speziellen Rhythmusstörung zugrunde liegenden pathogenetischen Mechanismen, die für die Differenzialdiagnose und die Therapie bekannt sein müssen, sind in . Tab. 2 zusammen-gefasst.

Klinik und Anamnese

Eine Tachykardie kann anfallsartig (paroxysmal) oder permanent (inzessant) auftreten. Die Symp-tome sind v. a. bei Neugeborenen und Säuglingen oft unspezifisch. Zu nennen sind F  Blässe,F  Zyanose,F  Unruhe,F  Irritabilität undF  vermehrtes Schwitzen.

Trinkschwierigkeiten und Tachypnoe können bereits Zeichen einer Herzinsuffizienz sein, welche v. a. bei Säuglingen unter 4 Monaten auftritt. Die Inzidenz einer kardialen Dekompensation in diesem Al-ter wird mit bis zu 35% angegeben [4].

Bei Kleinkindern zeigen sich Zeichen der Herzinsuffizienz durch Übelkeit, Erbrechen und Bauch-schmerzen, was gelegentlich zur Fehldiagnose einer Gastroenteritis führt. Erst ältere Kinder beschrei-ben Stenokardien, Palpitationen oder Herzrasen. Zu beachten ist jedoch, dass – wie Langzeit-EKG-Aufzeichnungen (EKG: Elektrokardiogramm) zeigten – von manchen Kindern/Jugendlichen auch SVT (Schmalkomplextachykardien) mit Frequenzen über 200/min, tachykardes Vorhofflimmern, ventrikuläre Tachykardien und sogar kurz anhaltende Torsade de pointes subjektiv nicht bemerkt werden [10].

Supraventrikuläre Tachykardien – Schmalkomplextachykardien

Definition und Einteilung

Bei Tachykardien mit schmalen Kammerkomplexen (QRS-Dauer altersabhängig, Jugendliche <120 ms) handelt es sich überwiegend um eine SVT. Der Ursprungsort liegt oberhalb der Auftei-lung des His-Bündels. Eine SVT hat mindestens 3 konsekutive Tachykardiezyklen und ist durch eine um mindestens 20% gegenüber dem Grundrhythmus verkürzte Zykluslänge definiert.

Eine Tachykardie kann anfallsartig (paroxysmal) oder permanent (inzes-sant) auftreten

Trinkschwierigkeiten und Tachypnoe können bereits Zeichen einer Herzin-suffizienz sein

Eine SVT hat mindestens 3 konseku-tive Tachykardiezyklen mit einer um mindestens 20% gegenüber dem Grundrhythmus verkürzten Zyklus-länge 

Tab. 2 Pathogenetische Mechanismen verschiedener Tachykardieformen

Tachykardieform Pathogenetischer Mechanismus

Reentry Abnorme Automatie Getriggerte Aktivität

Sinusknotenreentrytachykardie + - -

Vorhofflattern + - -

Intraatriale Reentrytachykardie + - -

AVNRT + - -

PJRT + - -

Akzessorische Leitungsbahnen + - -

VT + - +

Inappropriate Sinustachykardie - + -

Atrial ektope Tachykardie - + -

Junktional ektope Tachykardie - + -

Akzelerierter junktionaler Rhythmus - + -

Akzelerierter idioventrikulärer Rhythmus - + -

VT bei Myokardschaden - + -

Torsade de pointes - - +

Digitalisintoxikation - - +

AVNRT atrioventrikuläre, nodale Reentrytachykardie, PJRT permanente junktionale Reentrytachykardie, VT ventrikuläre Tachy-kardie

1265Monatsschrift Kinderheilkunde 12 · 2010 |

Eine klinisch praktikable Einteilung der Schmalkomplextachykardien ist in . Tab. 3 dargestellt. Die Miteinbeziehung des AV-Knotens in den Reentry ist sowohl von diagnostischer als auch von the-rapeutischer Bedeutung.

Epidemiologie

Die SVT ist die häufigste tachykarde Rhythmusstörung – in jedem Lebensalter. Die Inzidenz der SVT wird mit 1:1000–4:1000 Patienten geschätzt [11], dabei handelt es sich meist um eine AVRT oder eine AVNRT. Das diagnostisch hilfreiche typische WPW-EKG (WPW: Wolff-Parkinson-White; . Abb. 1) als Ausdruck einer 7 overten Präexzitation über eine akzessorische Bahn tritt in 1:1000–3:1000 Personen auf [2]. Davon entwickeln etwa 30–50% auch Tachykardien. Die Synopse eines EKG mit overter Präexzitation und des Auftretens von Tachykardien wird als 7 Wolff-Parkinson-White-Syndrom (WPW-Syndrom) bezeichnet. Leider werden die beiden Termini overte Präexzitation und WPW-Syndrom sowohl im klinischen Alltag als auch in der Literatur oft synonym verwendet, was zu einer beträchtlichen Verwirrung führen kann.

Etwa 66% der SVT treten im Säuglingsalter auf [8], dabei handelt es sich zumeist um eine AVRT unter Verwendung eines Bypasstrakts (BPT). Da etwa die Hälfte der Patienten mit akzessorischen Leitungsbahnen nur über eine retrograde Leitung über den BPT verfügt [verborgener („concealed“) BPT], kann die Diagnose im anfallsfreien EKG nicht gestellt werden. Im späteren Lebensalter kom-men AVRT und AVNRT etwa gleich häufig vor (. Tab. 4). Bemerkenswert ist die Abhängigkeit ei-ner Rezidivtachykardie vom Zeitpunkt der Erstmanifestation. Tritt eine SVT im 1. Lebensjahr auf, liegt die Rezidivrate bei 30% und steigt auf 98% bei erstmaligem Auftreten der SVT jenseits des 1. Le-bensjahres [9].

Ätiologie und Pathogenese

Die meisten Patienten mit einer SVT haben ein strukturell normales Herz. Als Auslöser für eine Tachykardie sind 7 Infektionen (Fieber) sowie Zustände, die eine 7 adren-

erge Stimulation verursachen (psychischer oder physischer Stress, Schmerz), zu nennen, welche wie-derum ihrerseits der Trigger für SVES (supraventrikuläre Extrasystole) oder VES (ventrikuläre Ex-trasystole) sind. Weitere prädisponierende Faktoren sind 7 angeborene Herzfehler [Ebstein-Ano-malie, L-TGA (L-Transposition der großen Gefäße, „levo-transposition of the great arteries“)] oder 7 Herzerkrankungen wie Kardiomyopathien, Myokarditiden, Mitralklappenprolaps oder seltener Herztumoren. Weitere Ursachen können Elektrolytentgleisungen, Hypovolämie, Anämie, Hyper-thyreose, Ischämien und Medikamente (Digitalis, Antiarrhythmika) sein.

Die Miteinbeziehung des AV-Kno- tens in den Reentry ist sowohl von  diagnostischer als auch von thera-peutischer Bedeutung

Die Inzidenz der SVT wird auf 1:1000–4:1000 Patienten geschätzt

7  Overte Präexzitation

7  Wolff-Parkinson-White-Syndrom

Die Häufigkeit einer Rezidivtachykar-die hängt vom Zeitpunkt der Erstma-nifestation der SVT ab

7  Infektion7  Adrenerge Stimulation

7  Angeborener Herzfehler7  Herzerkrankung

Tab. 3 Einteilung der Schmalkomplextachykardien

Mit Einschluss des AV-Knotens

AVRT Akzessorische Bahn (Bypasstrakt) Overt: WPW-EKG

„concealed“ (verborgen)

Sonderform Bypasstrakt PJRT 

AVNRT    

Ohne Einschluss des AV-Knotens

Reentry Sinusknotenreentry  

Intraatrialer Reentry  

Vorhofflattern/Vorhofflimmern  

Fokal Atrial AET 

MAT

Junktional JET

Sonderformen Inappropriate Sinustachykardie  

POTS   AET atrial ektope Tachykardie, AV atrioventrikulär, AVNRT AV-Knoten Reentrytachykardie, AVRT AV-Reentryta-chykardie, EKG Elektrokardiogramm, JET junktional ektope Tachykardie, MAT multifokal atriale Tachykardie, PJRT permanent junktionale Reentrytachykardie, POTS posturales orthostatisches Tachykardiesyndrom, WPW Wolff-Parkinson-White

Tab. 4 Tachykardieart in Abhängigkeit vom Lebensalter – Häufigkeit

≤1. Lebens-jahr

≥1. Lebens-jahr

AVRT (%) 80 50

Atriale Tachy- kardie (%)

15 10

AVNRT (%)

5 40

1266 | Monatsschrift Kinderheilkunde 12 · 2010

CME

Differenzialdiagnose

Der QRS-Komplex einer SVT ist überwiegend schmal, Ausnahmen sind: vorbestehender Schenkelblock, funk-tioneller Schenkelblock während der Tachykardie und antegrade (antidrome) Leitung über eine akzessorische Bahn. Des Weiteren werden zur Befundung einer Ta-chykardie die AV-Ratio, die Vorhoffrequenz (regulär, variabel oder chaotisch) sowie das VA-Intervall (RP-Intervall, VA: ventrikuloatrial) beurteilt. Das entspre-chende Diagramm ist in . Abb. 2 dargestellt.

SVT mit Einschluss des AV-Knotens

Atrioventrikuläre Reentrytachykardie (AVRT)Voraussetzung für das Zustandekommen dieser Tachykardieform sind 7 extranodale akzessori-sche Leitungsbahnen zwischen Vorhof und Ventrikel. Sie sind Teil einer Kreisbahn, welche mit dem normalen Reizleitungssystem den Reentrykreis ergibt. Diese Bahnen können in allen Abschnitten des Trikuspidal- bzw. Mitralklappenanulus vorkommen, am häufigsten jedoch im Bereich der freien Wand des linken Ventrikels (. Abb. 3).

Akzessorische Bahnen, welche nur retrograd (ventrikuloatrial) leiten können, werden als versteckt („concealed“) bezeichnet. Diejenigen mit antegrader (atrioventrikulärer) Leitung über die Kurz-schlussbahn zeigen im EKG eine overte Präexzitation (7 δ-Welle im EKG). Bei einer 7 intermittie-renden Präexzitation kommt es zu einem Verschwinden der δ-Welle spontan oder bei Belastung.

Ein Großteil dieser Bahnen (etwa 90%) leitet während einer Tachykardie ausschließlich in ventri-kuloatrialer Richtung (7 orthodrome Tachykardie mit schlanken Kammerkomplexen). Bei anteg-rader Leitung über die akzessorische Bahn (selten, etwa 3–10%) und retrograder Leitung über das His-Bündel imponiert die Tachykardie wie eine ventrikuläre Tachykardie (7 antidrome Tachykar-die mit breiten Kammerkomplexen).

Patienten mit einer overten Präexzitation sind beim Auftreten von Vorhofflimmern aufgrund der möglichen schnellen Überleitung auf den Ventrikel evtl. vital gefährdet, da präexzitiertes Vorhofflim-mern [im EKG an einer FBI-Tachykardie (FBI: „fast“, „broad“, „irregular“) erkennbar] rasch zu Kam-merflimmern degenerieren kann. Die Gefährdung ist abhängig von der antegraden Refraktärzeit des BPT, welche die Leitungskapazität der Bahn bestimmt.

Zur Risikostratifizierung werden die Ergometrie, die transösophageale Vorhofstimulation (in eini-gen Zentren) und die elektrophysiologische Untersuchung (EPU) verwendet. Verschwindet die Prä-exzitation unter Belastung, besteht keine (dringliche) Behandlungsindikation. Kommt es bei Vorhof-stimulation oder bei der EPU zu einem induzierten Vorhofflimmern mit schneller antegrader Über-leitung, besteht die Indikation zur Ablation auch bei asymptomatischen Patienten. Ein antegrad über die akzessorische Bahn geleitetes RR-Intervall <240 ms bzw. eine effektive Refraktärperiode <240 ms sind potenziell lebensbedrohlich.

Sonderform BPT

Permanent junktionale Reentrytachykardie (PJRT). Hierbei handelt es sich um eine spezielle Form der AVRT mit einer posteroseptal gelegenen, ausschließlich retrograd und langsam leitenden Bahn mit dekrementalen Leitungseigenschaften. Im EKG finden sich typischerweise negative P-Wellen in II, III und aVF sowie ein langes RP-Intervall (RP>PR). Da diese Tachykardie typischerweise perma-nent auftritt, ist die Entwicklung einer 7 tachykardieinduzierten Kardiomyopathie v. a. bei Patien-ten mit hoher Tachykardiefrequenz möglich.

AV-Knoten-Reentrytachykardie (AVNRT)Der elektroanatomische Hintergrund einer AVNRT ist die funktionelle Längsdissoziation des AV-Knotens mit einer dualen Leitungscharakteristik von 2 unterschiedlich schnell leitenden Bahnen [eine langsam leitende („slow pathway“) und eine rasch leitende -Bahn („fast pathway“)] innerhalb

Der QRS-Komplex einer SVT ist über-wiegend schmal 

7  Extranodale akzessorische Leitungsbahn

7  δ-Welle7  Intermittierende Präexzitation

7  Orthodrome Tachykardie

7  Antidrome Tachykardie

Zur Risikostratifizierung werden die Ergometrie, die transösophageale Vorhofstimulation und die elektro-physiologische Untersuchung ver-wendet

7  Tachykardieinduzierte Kardio-myopathie

Verkürzte PQ-ZeitTräger Anstieg der R-Zacke (delta-Welle)

Verbreiterter QRS-Komplex

Abb. 1 8 WPW-EKG (EKG bei overter Präexzita-tion), EKG Elektrokardiogramm, WPW Wolff-Par-kinson-White

1267Monatsschrift Kinderheilkunde 12 · 2010 |

des AV-Knotens. Bei der typischen Form der AVNRT läuft die Erregung antegrad über die langsame und retrograd über die schnelle Bahn (Slow-fast-AVNRT: 7 „AVNRT common type“) (. Abb. 4).

SVT ohne Einbeziehung des AV-Knotens

Von den in . Tab. 2 aufgeführten Formen sollen neben dem neonatalen Vorhofflattern nur die bei-den Sonderformen, die inappropriate Sinustachykardie und das posturale orthostatische Tachykar-diesyndrom, erwähnt werden.

Neonatales VorhofflatternIhm liegt ein Makroreentry zugrunde, welcher große Teile des rechten Vorhofs einschließt. Beim 7 typischen Flattern findet man im EKG negative, sägezahnartig konfigurierte Flatterwellen in den Ableitungen II, III und aVF, was einer Erregungsausbreitung entgegen dem Uhrzeigersinn entspricht. Beim 7 atypischen Flattern sind die Flatterwellen in den genannten Ableitungen positiv. Die Flat-terfrequenzen liegen bei etwa 250–400/min, die Kammerfrequenz variiert je nach Überleitungsver-hältnis (2:1; seltener 3:1, 1:1 oder wechselnd).

Bei der typischen Form der  AVNRT läuft die Erregung antegrad über die langsame und retrograd über die schnelle Bahn 

7  „AVNRT common type“

7  Typisches Flattern

7  Atypisches Flattern

1:1 > 1:1 < 1:1

VA-Intervall

>70 ms

Vorho�requenz JET

< 70 ms

AVNRT ORT (AVRT)

>> 70 ms

PJRT

Regulär

IART/Flattern

Variabel

EAT

Chaotisch

MAT/ A�b

QRS schmal

AV-Ratio

Abb. 2 8 Differenzialdiagnose von Schmalkomplextachykardien, Afib „atrial fibrillation“, AV atrioventrikulär, AVNRT AV-Knoten-Reentrytachykardie, AVRT AV-Reentrytachykardie, IART „intraatrial reentry tachycardia“, EAT ektope atriale Tachykardie, JET junktional ektope Tachykardie, MAT multifokal atriale Tachykardie, ORT orthodrome Reentrytachy-kardie, PJRT permanent junktionale Reentrytachykardie

Lokalisation der akzessorischen Bahnen Häu�gkeit Ablationserfolg

Freie Wand des linken Ventrikels 47 % 97 %Freie Wand des rechten Ventrikels 20 % 95 %im posteroseptalen Bereich 19 % 93 %im anteroseptalen Bereich 14 % 86 %

rechts linksanterior anterior

anterolateralanterolateral

AV-Knoten

laterallateral

posterolateralposterolateral

posteriorposteriorparaseptal

CS

TV MV

Abb. 3 9 Lokalisation der akzesso-rischen Bahnen, AV atrioventrikulär, CS Coronarsinus, MV Mitralklappe („mitral valve“), TV Trikuspidalklappe („tricuspid valve“)

1268 | Monatsschrift Kinderheilkunde 12 · 2010

CME

Die Rhythmusstörung ist fetal und bei Neugeborenen relativ häufig, gut zu erkennen und mit einem transösophagealen Overdrive-Pacing oder mit der elektrischen Kardioversion (R-Zacken ge-triggert, 0,5–1 J/kg) gut zu terminieren.

Aufgrund der 7 guten Prognose ist eine medikamentöse Therapie zumeist nicht erforderlich.

Inappropriate SinustachykardieEs handelt sich um eine fokale Tachykardie aufgrund erhöhter Automatizität im Sinusknoten, wobei alle möglichen Ursachen einer Sinustachykardie ausgeschlossen sind. Sie ist gekennzeichnet durch unangemessene Frequenzsteigerung des Sinusknotens nach körperlicher Anstrengung und wird v. a. bei weiblichen Adoleszenten beobachtet. Nächtlich kommt es zur Frequenznormalisierung.

Therapie der Wahl sind 7 β-Blocker.

Posturales orthostatische Tachykardiesyndrom (POTS)Es manifestiert sich bei 7 Lageänderung als überschießende, orthostatische Tachykardie ohne signi-fikante orthostatische Hypotonie. Es ist mit zahlreichen anderen Symptomen vergesellschaftet, wie Belastbarkeitseinschränkung, Palpitation, Schwäche und Benommenheit. Als Ursache wird eine au-tonome Dysregulation angenommen.

Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen

Bei anhaltender Tachykardie hängt das weitere Vorgehen von der klinischen Situation des Patienten ab, wie in . Tab. 5 für stabile bzw. instabile Patienten dargestellt.

Im klinischen Alltag sind folgende Punkte zu beachten:Eine qualitativ verwertbare EKG-Dokumentation mittels eines 12-Ableitungs-EKG (Rhythmus-

streifen ist nicht ausreichend!) während der Tachykardie und v. a. auch bei einer Verabreichung von Adenosin ist unverzichtbar. Erst dadurch werden eine Differenzialdiagnose der Tachykardie, aber auch das rechtzeitige Erkennen von Komplikationen möglich.

Adenosin blockiert selektiv die Überleitung im AV-Knoten und kann somit eine Tachykardie, wel-che diesen mit einbezieht (AVRT, AVNRT), unterbrechen. Gelegentlich ist dies nur für 1–2 Schlä-

Neonatales Vorhofflattern ist  fetal  und bei Neugeborenen relativ   häufig, leicht zu erkennen und gut  zu  terminieren

7  Gute Prognose

7  β-Blocker

7  Lageänderung

Als Ursache von POTS wird eine auto-nome Dysregulation angenommen

Adenosin blockiert selektiv die  Überleitung im AV-Knoten 

AVNRT

retrograd fast

A A HH

Antegrad slow Antegrad slow

AKH Wien Univ. Klinik f. KardiologiePatient: ID: Recorded on March 27, 2007 at 11:40:24.998

I

avF

V1

RAA-p

HIS-p

HIS-m

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TA-p

TA-dS2 S3

Page: basic Speed: 200 mm/s Current Event: Sensed double Procedure: Basic Date of Procedure: March 27 2007 Protocol: A-doublesCurrent Event Info: Time = 11:40:25, Event # 14 Stim1 = RAA-d E-:2 E+;1 Stim2 = O�; Stim3 = O�; Stim4 = O�;S2S3= 290, Cycle = Sense; Stimuli = S2S3; Site = RAA-d;

58

Abb. 4 8 „AVNRT common type“: Induktion einer AVNRT durch Abgabe von 2 atrialen Stimuli (rote Pfeile), 1. Stimu-lus: normales AH-Intervall (AH: Zeit, in welcher die elektrische Erregung den AV-Knoten durchläuft) als Ausdruck der Leitung über den „fast pathway“ des AV-Knotens, 2. atriale Stimulus: vorzeitige Gabe in Refraktärphase des „fast  pathway“, antegrade Leitung über „slow pathway“ an langem AH-Intervall erkennbar, unmittelbar danach retro-grade Leitung über den „fast pathway“ und damit Beginn der AVNRT

1269Monatsschrift Kinderheilkunde 12 · 2010 |

ge der Fall, somit ist größte Aufmerksamkeit erforderlich, um die richtige Diagnose nicht zu überse-hen. Manchmal ist nur der erste QRS-Komplex nach einem adenosininduzierten AV-Block präexzi-tiert (δ-Welle) und ermöglicht die Diagnose einer akzessorischen Bahn.

Die Blockierung des AV-Knotens durch Adenosin kann des Weiteren eine zugrunde liegende at-riale Arrhythmie demaskieren, wie dies beim Vorhofflattern,- flimmern oder einer EAT der Fall ist. Hier wirkt Adenosin diagnostisch.

Adenosin wird im Allgemeinen gut toleriert, es sind jedoch 7 protrahierte AV-Blockierungen beschrieben. In seltenen Fällen kann durch die Gabe von Adenosin auch Vorhofflimmern induziert werden, was bei einem Patienten mit einer rasch antegrad leitenden akzessorischen Bahn lebensbe-drohlich sein kann. Der 7 Defibrillator muss daher vor der Adenosingabe für den Patienten adap-tiert und geprüft werden (. Tab. 6).

Indikationen zur medikamentösen Behandlung oder EPU mit Ablation

Die Indikation einer antiarrhythmischen Dauertherapie hängt von der Häufigkeit und der hämody-namischen Auswirkung der Tachykardieanfälle ab. Bei Neugeborenen und Säuglingen ist die Rezi-divrate hoch, hier sind im Sinne einer 7 Rezidivprophylaxe bereits nach der ersten Tachykardie eine Monitorüberwachung und/oder eine medikamentöse Therapie (. Tab. 7) sinnvoll. Kalziumantago-nisten sollten bei Säuglingen wegen der gesteigerten myokardialen Empfindlichkeit mit der Gefahr einer ausgeprägten systemischen Hypotension und der Möglichkeit von höhergradigen AV-Blockie-rungen und Asystolien nicht verwendet werden.

Verapamil und Digoxin sind bei einem WPW-Syndrom kontraindiziert, da bei Vorhofflimmern eine rasche Überleitung über den BPT Kammerflimmern induzieren könnte. Paroxysmales Vorhof-flimmern tritt bei Kindern mit einem WPW-Syndrom signifikant häufiger auf, die Inzidenz steigt zudem mit zunehmendem Alter an [6].

Für Jugendliche stellt die Methode 7 „pill in the pocket“ ein interessantes Konzept dar. Für Pati-enten nach der ersten PSVT oder für Patienten mit seltenen, aber anhaltenden (länger als 2–3 h) und hämodynamisch gut tolerierten Tachykardien sind bei Erwachsenen Erfolgsraten bis zu 80% inner-halb von 2 h bei entsprechender klinischer Sicherheit beschrieben [1].

Ein mögliches therapeutisches Stufenschema ist in . Tab. 8 dargestellt.Wie ersichtlich sollte die EPU mit Ablation generell älteren Kindern oder nur in Ausnahmefällen

jüngeren Kindern nach medikamentösem Therapieversagen oder nach Auftreten von signifikanten Nebenwirkungen der antiarrhythmischen Therapie vorbehalten bleiben. Bei primären Erfolgsraten

7  Protrahierte AV-Blockierung

7  Defibrillator

Die Indikation einer antiarrhyth-mischen Dauertherapie hängt von der Häufigkeit und der hämodyna-mischen Auswirkung der Tachykardie-anfälle ab

7  Rezidivprophylaxe

Kalziumantagonisten sollten bei Säuglingen nicht verwendet werden

7  „pill in the pocket“

Die EPU mit Ablation sollte älteren Kindern vorbehalten bleiben und nur in Ausnahmefällen bei jüngeren Kin-dern zur Anwendung kommen 

Tab. 5 Therapeutisches Vorgehen bei Schmalkomplextachykardien

Allgemein Blutgasanalyse nach Astrup und ElektrolytbestimmungEKG-Dokumentation

Schmal-komplexta-chykardie

Hämodynamisch stabiler Patient

Vagale Manöver Eisbeutel  

Atem anhalten  

Valsalva-Manöver  

Adenosingabe: 0,1–0,3 mg/kgKG rasch i.v. (Defibrillator bereit?)

Erfolgreich AVRTAVNRT

Diagnostisch VorhofflatternVorhofflimmernEAT

Erfolglos JET (VT)

Sofortrezidiv Medikamentöse Therapie

Propafenon, FlecainidEsmololAjmalinVerapamil (nicht im 1. Lebensjahr)Amiodaron

Hämodynamisch instabiler Patient

„pediatric basic and advanced life support“

Kardioversion: R-Zacken getriggertEvtl. vorher 1 mg/kgKG Lidocain (bei Digitalismedikation)

AVNRT AV-Knoten-Reentrytachykardie, AVRT AV-Reentrytachykardie, EAT ektope atriale Tachykardie, EKG Elektrokardiogramm, JET junktional ektope Tachykardie, KG Körpergewicht, VT ventrikuläre Tachykardie

1270 | Monatsschrift Kinderheilkunde 12 · 2010

CME

bis zu 97% (. Abb. 3) und niedrigen Komplikationsraten (. Tab. 9) – in schwierigen Fällen kann mittels Kryoablation das AV-Block-Risiko noch weiter gesenkt werden – ist die Ablation somit im-mer öfter die Therapie der Wahl [5]. Bezüglich der detaillierten Indikationsleitlinien zur 7 Hochfre-quenzstromablation muss auf die entsprechende Literatur verwiesen werden [3].

Moderne 3D-Mappingverfahren (z. B. Carto XP, Biosense Webster®) sind zur Lokalisierung von fokalen Arrhythmien äußerst hilfreich. In . Abb. 5 ist der linksatriale Map eines Patienten mit einer inzessanten atrialen Tachykardie dargestellt.

7  Hochfrequenzstromablation

Moderne 3D-Mappingverfahren sind zur Lokalisierung fokaler Arrhythmien äußerst hilfreich

Tab. 6 Medikamentenauswahl für die Akuttherapie bei Tachyarrhythmien

Klasse Substanz Dosierung EKG-Verände-rungen

Besonderheiten und Kontraindi-kationenKind Erwachsene/Jugendliche

  Adenosin 0,1–0,3 mg/kg jeweils rascher i.v. Bolus

6 mgMaximal 12 mg

AV-BlockierungSinusbradykardie(Vorhofflim-mern)

Defibrillator und Reanimationsbe-reitschaft!

Cave:Asystolie, BronchospasmusApnoen

I a Ajmalin (Gi-lurytmal®)

Bolus: 1 mg/kg in 5–15 minMaximal. 50 mgBP: 1 mg/kg/h

20–50 mg langsam i.v.Maximal 1,2 g/Tag

PQ↑QRS↑

Cave:ZNS-NW (Krämpfe, Koma)

Lidocain (Xylo-cain 2%®)

Bolus: 1–2 mg/kg in 1 minWH nach 5 minBP: 1–3 mg/kg/h 

50–100 mgBP: 1–4 mg/min

QT↓ Gering negativ inotropGeringe therapeutische Breite

Cave:ZNS-NW (Krämpfe, Koma)

b Phenytoin (Epanutin®)

Bolus: 1,25 mg/kg alle 5 min bis Maxi-maldosis 15 mg/kgErhaltung: 5–10 mg/kg/Tag in 2–3 ED

3–5 mg/kg WH nach 5–10 minMaximal: 3 Gaben

  Cave:BradykardieHypotension

c Propafenon (Rytmonor-ma®)

Bolus: 1–1,5 mg/kg in 10 minWH nach 30 minBP: 0,25–0,40 mg/kg/h oder5–10 mg/kg/Tag

2 mg/kg in 10 min PQ↑QRS↑

Cave:Negative Inotropie

Flecainid (Aristocor®)

Bolus: 0,5–1 mg/kg in 5–10 minWH nach 15 min: 0,5 mg/kgBP: 0,1–0,2 mg/kg/h oder3–6–maximal 10 mg/kg/Tag

2 mg/kg in 10 min SinusbradykardiePQ↑QRS↑QTc↑

Cave:Hypotonie, negative Inotropie, ProarrhythmieDekompensierte HerzinsuffizienzPostoperativ bei Herzfehler

II Esmolol (Brevibloc®)

Bolus: 100–500 mcg/kg für 1 min dannBP: 50–200 mcg/kg/min

500 mcg/kg in 1 min, danach 50 mcg/kg (4 min)BP: 100–maximal 200 mcg/kg/min

SinusbradykardiePQ↑QT↓

HWZ: 8 min

III Amiodaron (Seda-coron®)

Bolus: 5 mg/kg über 10–30 minWH: je 5 mg/kg bis zu einer Maximal-dosis von 20 mg/kgBP: 5–10 mg/kg/Tag oder 300–600 mg/m2/Tag (maximal 1 Woche)

Pulslose Tachykardie: 300 mg ver-dünnt rasch i.v., WH: 150 mgMaximaldosis: 2,2 g/24 hBP: 1000 mg/24 h, davon: 15 mg/min (10 min)→1 mg/min (6 h)→0,5 mg/min (18 h)

SinusbradykardiePQ (↑)QRS↑QTc↑

Erhöhte Digoxinspiegel

Cave:Bei Sick-Sinus-Syndrom

Sotalol (Sotacor®)

Bolus: 0,5–1–2 mg/kg in 15 minBP: 0,2–maximal 1 mg/kg/h

Bolus: 20 mg über 5 minWH 1-mal nach 20 min möglich

SinusbradykardieAV-Knoten ↓(QT↑)

Cave:Sick-Sinus-SyndromProarrhythmie (V)

Ibutilide (Corvert®)

Keine Daten bei Kindern <60 kgKG: 0,01 mg/kg 10 min>60 kgKG: 1 mg in 10–30 minWH: 1-mal nach 10 minNach Herzoperation evtl. halbe Dosierung

QTc↑ Cave:VT, TDP: Defibrillationsbereitschaft

KI: HypokaliämieMonitoring für 4–6 h

IV Verapamil (Isoptin®)

Bolus: 0,1–0,3 mg/kg über 30 minWH nach 30 minMaximal 10 mg oder 0,3 mg/kgBP: 0,1–0,3 mg/kg/h oder 3–7 mg/kg/Tag

Bolus: 5 mgWH nach 15–30 minMaximal 15 mg

AV-Block Grad I, II, IIISinusbradykardie

KI:Säuglinge <1 JahrVorhofflimmern bei WPW-SyndromHerzinsuffizienz

AV atrioventrikulär, BP Bypass, ED Einzeldosis, EKG Elektrokardiogramm, HWZ Halbwertszeit, KG Körpergewicht, KI Kontraindikation, NW Nebenwirkung, TDP Torsades de pointes, VT ventrikuläre Tachykardie, WH Wiederholung, WPW-Syndrom Wolff-Parkinson-White-Syndrom, ZNS zentrales Nervensystem

1271Monatsschrift Kinderheilkunde 12 · 2010 |

Ventrikuläre Tachykardien – Breitkomplextachykardien

Definition und Einteilung

Eine VT hat ≥3 konsekutive Tachykardiezyklen, deren Ursprung distal des His-Bündels liegt. Bei Ta-chykardien mit breiten Kammerkomplexen (QRS-Dauer altersabhängig, Jugendliche >120 ms) han-delt es sich überwiegend um eine VT.

Tab. 7 Medikamentenauswahl für die Langzeittherapie bei Tachyarrhythmien

Klasse Substanz Dosierung Hauptindikation Praktische Tipps

I a Chinidin 400–900 mg/m2/Tag in 2–5 EDVorher Testdosis 100 mg/m2

Vorhofflattern Vorhofflimmern 

Wegen NW kaum Anwendung bei Kindern

Disopyramid 10–20 mg/kg/Tag in 4 ED

Lidocain (Xylocain 2%®)

Keine orale Applikation   Nur für Akuttherapie

b Mexiletin (Mexitil®) 5–15 mg/kg/Tag in 3 EDErwachsene 600–900 mg/Tag in 3 EDMaximal 1,2 g/Tag

VT ZNS-NW

Phenytoin (Epanutin®) 5–10 mg/kg/Tag in 2–3 ED VT  

c Propafenon (Rytmonorm®)

Beginn 5 mg/kg/Tag in 3–4 EDZiel: 10–15 mg/kg/Tag in 3–4 EDErwachsene 400–600–maximal 900 mg/Tag in 3 ED

AT, AVNRT, AVRT, PJRT (bei guter VF)JETVorhofflimmernVT

Individuelle DosisanpassungNW: selten gastrointestinal, ZNS (Müdigkeit, Schwindel, Zephalea)

Flecainid (Aristocor®)

3–6 mg/kg in 2 EDErwachsene 100–300 mg/Tag in 2 ED

AT, AVNRT, AVRT, PJRT (bei guter VF)JETVorhofflimmern und PräexzitationVT

Kombination mit β-Blockern möglich

IIBeta-blocker

Propranolol (Inderal®)

Start: 0,5 mg–1 mg/kg/Tag in 3–4 EDZiel: 2–4–6 mg/kg/Tag in 3–4 ED

SinustachykardieAtriale/ventrikuläre EktopieAT, AVRT, ANRTJETVT (LV, RV)

Individuelle DosisanpassungCave:Propranolol ist nicht kardio-selektiv!

Atenolol (Tenormin®)

Start: 0,8–1 mg/kg/Tag (1–2 ED)Ziel: 1–2 mg/kg (1–2 ED)Maximal 100 mg/Tag

Metoprolol (Beloc®, Seloken®)

1–maximal 5 mg/kg/Tag in 1–2 ED

III Amiodaron (Sedacoron®)

10–15 mg/kg/Tag in 2 EDNach 10 Tagen: 3–5 mg/kg/Tag (1 ED)Ziel: 1–2,5 mg/kg/Tag (1 ED)Erwachsene 800–1600 mg/Tag (1–3 Wo-chen)Erhaltung: 400 mg/Tag (1–2 ED)Nach 4 Wochen: 100–200 mg/Tag

AT, AVNRT, AVRT, PJRTJETVT

Kombination mit Ib und IV möglichCave bei chronischer Anwendung:PhotosensibilitätKorneaablagerungHypo-/HyperthyreoseLungenfibrose

Sotalol (Sotacor®)

2–8 mg/kg in 2–4 EDErwachsene 160–320 mg/Tag in 2 ED

AT, AVNRT, AVRTVorhofflimmern±PräexzitationVT (besonders RV), VES

KI:Asthma bronchialeCave:Bei Herzinsuffizienz

IV Verapamil (Isoptin®)

2–8 mg/kg/Tag in 2–3 EDErwachsene 120 mg–480 mg in 3 ED

AT, AVNRT, AVRT (ohne Präexzitation)JETLV-VT, faszikuläre VT

KI:Säuglinge <1 JahrAVRT + antidrome Leitung

  Digoxin Nach DosierungstabelleLoading 30 mcg/kg in 3 ED

AT, AVNRT, AVRT (ohne Präexzitation)Vorhofflimmern

Kombination mit Propafenon oder β-Blocker möglichKI:AVRT+ antidrome LeitungVorhofflimmern + Präexzitation

Frühgeborene: 20–25 mcg/kg in 3 EDErhaltung: 5–10 mcg/kg (1–2 ED)

Erwachsene:Loading: 0,75–1,5 mgErhaltung: 0,125–0,5 mg/Tag

AT atriale Tachykardie, AV atrioventrikulär, AVNRT AV-Knoten-Reentrytachykardie, AVRT AV-Reentrytachykardie, ED Einzeldosis, JET junktional ektope Tachykardie, LV linker Ventrikel, NW Nebenwirkung, PJRT permanent junktionale Reentrytachykardie, RV rechter Ventrikel, VES ventrikuläre Extrasystolen, VF Ventrikelfunktion, VT ventriku-läre Tachykardie, ZNS zentrales Nervensystem

1272 | Monatsschrift Kinderheilkunde 12 · 2010

CME

VT mit einem schmalen QRS-Komplex sind extrem selten. Sie entstehen meist in oder in unmit-telbarer Nähe von den Faszikeln der beiden Tawara-Schenkel, sodass die Erregungsausbreitung trotz des ventrikulären Ursprungs schnell über das His-Purkinje-System zum Myokard erfolgen kann.

Es werden monomorphe VT mit formgleichen QRS-Komplexen von polymorphen unterschieden. Es besteht eine AV-Dissoziation, seltener eine 1:1-ventrikuloatriale Leitung. Bezüglich der Dauer wer-den eine anhaltende VT (>30 s) von einer nichtanhaltenden VT (<30 s) unterschieden. Eine klinisch praktikable Einteilung der Breitkomplextachykardien ist in . Tab. 10 dargestellt.

Epidemiologie, Ätiologie und Differenzialdiagnose

VT gehören zu den seltenen Rhythmusstörungen im Kindesalter, eine kardiale Grunderkrankung sollte dabei immer ausgeschlossen werden (Myokarditis, Tumor, Kardiomyopathie, Herzfehler, Elek-trolytimbalancen, Ischämien, Ionenkanalerkrankungen und Digitalisintoxikation).

Eine Breitkomplextachykardie mit regelmäßigen QRS muss immer von F  einer SVT mit vorbestehendem Schenkelblock,F  einer SVT mit funktionellem Schenkelblock (tachykardieinduziert) undF  einer antidromem AVRT

unterschieden werden. Bis zum Beweis des Gegenteils muss eine Breitkomplextachykardie wie eine VT behandelt werden.

7 Polymorphe Breitkomplextachykardien [wie bei LQTS (Long-QT-Syndrom) oder CPVT (ka-techolaminerge polymorphe ventrikuläre Tachykardie)] müssen von tachykardem Vorhofflimmern mit vorbestehendem Schenkelblock bzw. Vorhofflimmern mit Präexzitation differenziert werden.

VT mit einem schmalen QRS-Komplex sind extrem selten

Eine kardiale Grunderkrankung sollte vor Stellung der Diagnose VT immer ausgeschlossen werden 

Bis zum Beweis des Gegenteils muss eine Breitkomplextachykardie wie  eine VT behandelt werden

7  Polymorphe Breitkomplex-tachykardie

Tab. 8 Therapeutisches Stufenschema bei Schmalkomplextachykardiena

Behandlungsindikationen:- 1. lang anhaltende PSVT- hämodynamisch schlecht tolerierte PSVT- häufige Rezidive einer PSVT

Stufe Alter <5 Jahre Alter >5 Jahre

1 Dauer-therapie 

Mit Präexzitation β-Blocker „pill in the pocket“: (Do-sierung für Jugendliche/Er-wachsene)

β-Blocker Propranolol 40 mg

Ohne Präexzitation Digoxin±β-Blocker Metoprolol 50 mg

Propafenon, Flecainid Propafenon: 150–400 mg

Sotalol Flecainid: 100–300 mg

Verapamil (nicht bei Säuglingen, nicht bei Präexzitation)

Verapamil: 40–160 mg

2 Amiodaron Dauertherapie β-Blocker

Propafenon

Kombinationstherapie Sotalol

Verapamil

3 EPU + Ablation

Medikamentöse Therapieversager EPU + Ablation Patientenwunsch/Compliance

Nebenwirkungen der medikamentösen Therapie

Medikamentöse Therapiever-sager oder Nebenwirkungen

EPU elektrophysiologische Untersuchung, PSVT paroxysmale, supraventrikuläre Tachykardie aZu den einzelnen Wirkstoffen/Me-dikamenten s. auch . Tab. 6 und 7

Tab. 9 Komplikationsraten pädiatrischer Hochfrequenzstromablationena. (Nach [5])

Zeitraum 1991–1995 1996–1999

Anzahl Patienten 4050 n=3187

AV-Block Grad III 36 0,89% 18 0,56%

Perforation/Erguss 28 0,69% 17 0,53%

Thromben/Embolien 14 0,35% 6 0,18%

Todesfälle 3 0,07% 1 0,03%AV atrioventrikulär aVergleich zweier Beobachtungszeiträume innerhalb der größten pädiatrischen Datenbank für Hochfre-quenzstromablation, Auftreten von folgenschweren Komplikationen jeweils deutlich unter 1%, häufigste Nebenwirkung der elektrophysiologischen Untersuchung: Hämatome an den Punktionsstellen (3%)

1273Monatsschrift Kinderheilkunde 12 · 2010 |

VT-Formen

Akzelerierter idioventrikulärer RhythmusEs handelt sich um einen ektopen Rhythmus ventrikulären Ursprungs mit etwa der gleichen oder etwas schnelleren Frequenz als der des vorangegangenen Sinusrhythmus (bis zu ≤120%). Es besteht eine AV-Dissoziation, seltener eine 1:1-VA-Leitung, es können Fusionsschläge auftreten, durch Be-schleunigung des Sinusrhythmus (SR) lässt sich der idioventrikuläre Rhythmus unterdrücken.

Die an sich benigne Rhythmusstörung bedarf keiner Therapie, Gründe für eine VT sollten jedoch ausgeschlossen werden.

Idiopathische RVOT-VT (RVOT: rechtsventrikulärer Ausflusstrakt) (Typ Gallavardin)Typischerweise findet sich ein Steil- bis Rechtstyp mit einer LSB-artigen Morphe (LSB: linker Sep-tumblock). 80% aller idiopathischen VT kommen aus dem RVOT, sie sind katecholaminsensitiv und sprechen zumeist auf Verapamil, β-Blocker oder Sotalol gut an.

Idiopathische LV-VT (LV: linker Ventrikel)Im EKG findet sich eine superiore Achse (linksanteriorer Hemiblock) mit RSB-Morphe (RSB: rech-ter Septumblock). Die Tachykardie ist oft inzessant und spricht meist gut auf Verapamil, β-Block-er oder Sotalol an.

Idiopathische LV-VT vom posterioren Faszikel (Typ Belhassen)Sie tritt eher bei älteren Kindern oder Jugendlichen auf, im EKG zeigt sich eine superiore Achse (linksanteriorer Hemiblock) mit RSB-Morphe. Die Tachykardie spricht gut auf Verapamil an.

Weitere FormenErkrankungen, bei denen VT oder Kammerflimmern auftreten, können hier nur kursorisch erwähnt werden und sind in . Tab. 11 zusammengefasst.

Therapeutisches Vorgehen

Das entsprechende akute Vorgehen bei stabilen bzw. instabilen Patienten ist in . Tab. 12 dargestellt.Im Anschluss an die Akutversorgung (. Tab. 6) ist zumeist eine prophylaktische Dauertherapie

(. Tab. 7), speziell bei Patienten mit einem angeborenen Herzfehler (v. a. nach Herzoperation) in-diziert.

Beim akzelerierten idioventrikulären Rhythmus handelt es sich um eine benigne Rhythmusstörung 

Abb. 5 9 Carto-Map einer links-atrialen ektopen Tachykardie, nach transseptaler Punktion und Ableiten eines Propagationsmaps (3D-Darstel-lung des elektrischen Erregungsab-laufs, damit Sichtbarmachung des Ausgangspunktes der Erregung) er-folgreiche Ablation unterhalb der lin-ken unteren Lungenvene, rote Ge-fäße linksseitige Lungenvenen, rote Kugeln Ort der Hochfrequenzstrom-abgabe 

1274 | Monatsschrift Kinderheilkunde 12 · 2010

CME

Eine EPU mit Ablation ist bei Kindern älter als 5 Jahre (>15 kg) bei anhaltender, symptomati-scher VT, bei therapierefraktärer VT und bei signifikanten Nebenwirkungen der medikamentösen Therapie zu überlegen.

In besonders komplexen Fällen (ARVCM, HCMP, LQTS, Brugada-Syndrom), v. a. nach Reanima-tion wegen Kammerflimmerns, ist die Implantation eines Defibrillators (ICD) indiziert. Bei weiter-hin nicht behandelbarer VT muss auch an eine 7 Herztransplantation gedacht werden.

In besonders komplexen Fällen  einer Breitkomplextachykardie ist die  Implantation eines Defibrillators  indiziert

7  Herztransplantation

Tab. 12 Therapeutisches Vorgehen bei Breitkomplextachykardiena

Allgemein Blutgasanalyse nach Astrup und ElektrolytbestimmungEKG-Dokumentation

Breitkom-plexta-chykardie

Hämodyna-misch sta-biler Patient

Adenosingabe: 0,1–0,3 mg/kgKG rasch i.v. (Defibrillator bereit?)

Erfolgreich SVT mit Schenkelblock: vorbestehend oder funktionellAntidrome SVT bei akzessorischer Bahn

Erfolglos VT (evtl. Kardioversion)

Medikamentöse Therapie Lidocain  

Ajmalin  

Verapamil (nicht im 1. Lebensjahr)

Amiodaron  (Cave: LQTS)

Esmolol bei CPVT

Phenytoin bei digitalisinduzierter VT

Hämody-namisch instabiler Patient

„pediatric basic and ad-vanced life support“

   

Defibrillation (2 J/kgKG)    

Medikamentöse Therapie Amiodaron  

Sonderform: Polymorphe VT (bei LQTS)

Angeboren Magnesiumsulfat hochdosiert

Pacing

Lidocain, Phenytoin

Isoproterenol

Erworben Magnesiumsulfat hochdosiert

β-Blocker

Lidocain

Cave: Isoproterenol kontraindiziert!

CPVT katecholaminerge polymorphe ventrikuläre Tachykardie, LQTS Long-QT-Syndrom, SVT supraventrikuläre Tachykardie, VT ventrikuläre Tachykardie aZu den einzelnen Wirkstoffen/Medikamenten s. auch

Tab. 11 Mit VT bzw. Kammerflimmern assoziierte Erkrankungen

Erkrankungsgruppe Erkrankung Abkürzung

Kardiomyopathien Hypertrophe Kardiomyopathie HCMP 

Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie ARVCM 

Ionenkanaldefekte Long-QT-Syndrom LQTS 

Brugada-Syndrom  

Katecholaminerge polymorphe ventrikuläre Tachykardie CPVT 

Tab. 10 Einteilung ventrikulärer Tachykardien

Ventrikuläre Tachykardien EKG-Morphologie

Akzelerierter idioventrikulärer Rhythmus LSB (seltener RSB)

Idiopathische RVOT-VT (Typ Gallavardin) Steil- bis Rechtstyp, LSB

Idiopathische LVOT-VT üLT (links anteriorer Hemiblock), RSB

Idiopathische LV-VT vom posterioren Faszikel (Typ Belhassen) üLT (links anteriorer Hemiblock), RSB

Schenkelblockreentrytachykardie (selten) LSBEKG Elektrokardiogramm, LSB linker Septumblock, LV linker Ventrikel, LVOT „left ventricular outflow tract“, linksventrikuläre Ausflussbahn, RSB rechter Septumblock, RVOT „right ventricular outflow tract“, rechtsventrikuläre Ausflussbahn, üLT über-drehter Linkstyp, VT ventrikuläre Tachykardie

1275Monatsschrift Kinderheilkunde 12 · 2010 |

D

Fazit für die Praxis

Die Akutversorgung von Schmal-, aber auch Breitkomplextachykardien mit Adenosin ist unter Be-achtung der entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen (Defibrillator angepasst und geprüft?) eine si-chere Methode mit großer diagnostischer und therapeutischer Bedeutung. Vor und während der Anwendung ist auf eine gute EKG-Dokumentation zu achten. Die Notwendigkeit und die Art ei-ner antiarrhythmischen Therapie sind für jeden Patienten individuell zu entscheiden. Nach den gel-tenden Leitlinien stellen die elektrophysiologische Untersuchung und Ablation für Kinder älter als 5 Jahre eine gute therapeutische Option dar. Das Patientenmanagement sollte daher in Absprache mit einem elektrophysiologischen Zentrum erfolgen.

KorrespondenzadresseProf. Dr. M. Marx

Abteilung Pädiatrische Kardiologie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde,  Medizinische Universität WienWähringer Gürtel 18–20, A-1090 [email protected]

Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur

  1.  Alboni P, Tomasi C, Menozzi C et al (2001) Efficacy and safety of out-of-hospital self-administered single-dose oral drug treatment in the ma-nagement of infrequent, well-tolera-ted paroxysmal supraventricular ta-chycardia. J Am Coll Cardiol 37:548–535

  2.  Chung KY, Walsh TJ, Massie E (1965) Wolff-Parkinson-White syndrome. Am Heart J 69:116–133

  3.  Friedman RA, Walsh EP, Silka MJ et al (2002) NASPE Expert Consen-sus Conference: radiofrequency ca-theter ablation in children with and without congenital heart disease. Report of the writing committee. North American Society of Pacing and Electrophysiology. Pacing Clin Electrophysiol 25(6):1000–1017

  4.  Gross GJ, Epstein MR, Walsh EP, Saul JP (1998) Characteristics, manage-ment and midterm outcome in in-fants with atrioventricular nodal reentry tachycardia. Am J Cardiol 82(8):956–960

  5.  Kugler JD, Danford DA, Houston KA, Felix G; Pediatric Radiofrequency Ab-lation Registry of the Pediatric Elec-trophysiology Society (2002) Pedia-tric radiofrequency catheter ablati-on registry success, fluoroscopy ti-me and complication rate for supra-ventricular tachycardia: comparison of early and recent eras. J Cardiovasc Electrophysiol 13(4):336–341

  6.  Lee PC, Hwang B, Tai CT et al (2004) The different electrophysiological characteristics in children with Wolff-Parkinson-White syndrome between those with and without atrial fibril-lation. Pacing Clin Electrophysiol 27(2):235–239

  7.  Marx M, Schlemmer M, Frey B et al (2001) Interventionelle Behandlung kindlicher Herzrhythmusstörungen. Monatsschr Kinderheilkd 149:1034–1043

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  9.  Riggs TW, Byrd JA, Weinhouse E (1999) Recurrence risk of supravent-ricular tachycardia in pediatric pati-ents. Cardiology 91(1):25–30

10.  Santinelli V, Radinovic A, Mangu-so F et al (2009) The natural histo-ry of asymptomatic ventricular pre-excitation – a long-term prospec-tive follow-up study of 184 asymp-tomatic children. J Am Coll Cardiol 53(3):275–280

11.  Weindling SN, Saul JP, Walsh EP (1996) Efficacy and risks of medical therapy for supraventricular tachy-cardia in neonates and infants. Am Heart J 131(1):66–72

1276 | Monatsschrift Kinderheilkunde 12 · 2010

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Welche der aufgezählten Arrhythmieformen beruht aus elektrophysiologischer Sicht ausschließlich auf einem Reentrymechanismus?  Torsades de pointes  Akzelerierter idioventrikulärer 

Rhythmus  Akzelerierter junktionaler 

Rhythmus  VT (ventrikuläre Tachykardie)  PJRT (permanente junktionale 

Reentrytachykardie)

Im klinischen Alltag kann im-mer wieder mit der Vorstellung von Patienten mit einer paro-xysmalen supraventrikulären Tachykardie gerechnet wer-den. Epidemiologische Fakten sind für das Patientenmanage-ment hilfreich. Welche Aussa-ge trifft zu?  SVT (supraventrikuläre Tachy-

kardie) treten hauptsächlich bei Kindern mit einem ange-borenen Vitium auf.

 Mehr als die Hälfte der SVT treten innerhalb des ersten Lebensjahres auf.

 Die Inzidenz der SVT im Kin-desalter wird mit etwa 10/1000–40/1000 Patienten geschätzt.

 Im Jugendlichen- und Erwach-senenalter sind SVT etwa gleich häufig wie VT.

 Eine über 2 h anhaltende SVT mit einer HF>180/min (HF: Herzfrequenz) führt bei Klein-kindern praktisch immer zu einer akuten kardialen Dekom-pensation.

Ein 13-jähriger Knabe wird in der Ambulanz mit erstmals aufgetretenen Palpitationen vorstellig. Im EKG (Elektro-kardiogramm) zeigt sich eine Schmalkomplextachykardie mit einer konstanten HF von 160/min, und es findet sich ei-ne AV-Ratio von 1:1. Welche der folgenden differenzial-diagnostischen Überlegungen ist falsch?  Das RP-Intervall (RP: Zeit 

 zwischen R-Zacke im QRS-Komplex und Beginn der  P-Welle) muss beurteilt wer-den, um eine AVNRT (atrio-ventrikuläre nodale Reentry-tachykardie) abzugrenzen.

 Das RP-Intervall ist etwa 80 ms, daher ist das Vorliegen einer AVRT (atrioventrikuläre Reentrytachykardie) mit  orthodromer Leitung wahr-scheinlich.

 Eine AVRT mit antidromer  Leitung ist möglich.

 Eine PJRT ist möglich, wenn negative P in Ableitung II, III und aVF erkennbar sind.

 Eine Sinustachykardie ist  möglich, aber unwahr-scheinlich.

Im klinischen Alltag werden EKG-Veränderungen im Sinne einer Präexzitation und das WPW-Syndrom (Wolff-Parkin-son-White-Syndrom) sehr oft miteinander vermischt. Welche Aussage trifft für das WPW-Syndrom zu?  Das Vorhandensein einer 

 Präexzitation im Oberflächen-EKG ohne klinischen Hinweis auf Tachykardien nennt man WPW-Syndrom.

 Das WPW-Syndrom kann nur durch eine elektrophysio-logische Untersuchung  bewiesen werden.

 Eine Breitkomplextachykardie schließt ein WPW-Syndrom aus.

 Eine overte Präexzitation im Ruhe-EKG bei einem Patienten mit Tachykardien definiert das WPW-Syndrom.

 Bei einem WPW-Syndrom ist der QRS Komplex nicht ver-breitert.

Welche Aussage trifft für die Adenosinanwendung nicht zu?  Durch die Blockade des AV-

Kno tens (AV: atrioventrikulär) wird Vorhofflattern demaskiert.

 Adenosin führt zu Unterbre-chung einer AVRT und AVNRT.

 Die Adenosinanwendung hat keinen Stellenwert in der Akuttherapie einer Breitkom-plextachykardie.

 Adenosin kann als Nebenwir-kung gelegentlich Vorhofflim-mern auslösen.

 Bei ausbleibendem Effekt soll-te eine Wiederholung der Ade-nosingabe in gesteigerter Do-sierung erfolgen.

Welche der folgenden Sub-stanzen ist die erste Wahl für die Langzeitbehandlung einer VT aus dem LV (linker Ven-trikel) bei einem Schulkind?  Verapamil  Amiodaron  Digoxin  Propafenon  Keines der obigen 

 Medikamente

Ein 2,9 kg schweres Neugebo-renes mit einer Schmalkom-plextachykardie [HF (Herz-frequenz) von 197/min] wird zur weiteren Betreuung auf Ihrer Intensivstation auf-genommen. Nach der ersten Adenosingabe demaskiert sich im EKG ein Vorhofflattern. Wie ist das weitere Vorgehen?  Der Patient ist hämodyna-

misch stabil, Sie empfehlen daher eine medikamentöse Therapie mit Propafenon i.v.

 Sie empfehlen nach erfolg-reicher elektrischer Kardiover-sion eine orale Therapie mit Propafenon zur Rezidivpro-phylaxe.

 Sie empfehlen eine elektrische Kardioversion, danach ist in der Regel eine medikamen-töse Therapie nicht nötig, da Rezidive selten sind.

 Man kann zuwarten, da neo-natales Vorhofflattern in der Regel selbstlimitierend ist.

 Keine der obigen Aussagen ist richtig.

1277Monatsschrift Kinderheilkunde 12 · 2010 |

CME-Fragebogen Bitte beachten Sie: F Antwortmöglichkeit nur online unter: CME.springer.deF Die Frage-Antwort-Kombinationen werden online individuell zusammengestellt. F Es ist immer nur eine Antwort möglich.

kostenfreie Teilnahme für Abonnenten

Ein 13-jähriges Mädchen wird Ihnen in der Ambulanz mit Herzrasen vorgestellt. Anam-nestisch wären in den letzten Jahren bereits mehrmals sol-che Episoden aufgetreten. Ein angeborener Herzfehler wurde im Kleinkindesalter operiert. Das EKG zeigt eine Breitkom-plextachykardie. Die Patientin ist hämodynamisch stabil. Wel-che Aussage trifft zu?  Bei einem Vitium ist die Dia-

gnose einer VT möglich.  Eine SVT ist auch möglich.  Adenosingabe nur unter De-

fibrillatorbereitschaft.  Spricht die Patientin auf die 

Gabe von Adenosin nicht an, wäre der nächste Schritt eine elektrische oder medika-mentöse Kardioversion.

 Alle der hier genannten Ant-worten sind richtig.

Die elektrophysiologische Untersuchung (EPU) stellt für viele Arrhythmien ein kura-tives Verfahren dar, dennoch können dabei Komplikationen auftreten. Nennen Sie die häufigste Komplikation bei einer EPU:  Perforation  AV-Block Grad III  Hämatome an den Punktions-

stellen  Thrombenbildung intrakavitär  Systemische Embolien

Eine wichtige Differenzial-diagnose einer SVT ist die AVNRT. Welche Aussage trifft zu?  Die AVNRT ist die häufigste 

Rhythmusstörung bei Säug-lingen.

 Bei der AVNRT vom „common type“ läuft die Erregung an-tegrad über die schnellen,  retrograd über die langsamen Fasern des AV-Knotens.

 Die AV-Ratio ist >1:1  „Antegrad slow“, „retrograd 

fast“ ist die typische Er-regungsausbreitung einer  AVNRT.

 Die EPU ist nicht die Therapie der Wahl.

Diese Fortbildungseinheit ist 12 Monate aufCME.springer.de verfügbar.Den genauen Einsendeschluss erfahren Sie unterCME.springer.de

1278 | Monatsschrift Kinderheilkunde 12 · 2010