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Der Nervenarzt Übersichten Nervenarzt 2020 · 91:324–336 https://doi.org/10.1007/s00115-020-00887-z Online publiziert: 2. März 2020 © Der/die Autor(en) 2020 S. Knecht 1,2 · T. Schmidt-Wilcke 1,2 1 Institut für Klinische Neurowissenschaften, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland 2 St. Mauritius Therapieklinik, Meerbusch, Deutschland Der zweite Blick: praktische diagnostische und therapeutische Checks in der rehabilitativen Neurologie Hintergrund Die Neurorehabilitation ist einer der größten Schwerpunktbereiche der Neu- rologie, in dem ungefähr ein Drittel aller neurologischen Betten angesiedelt sind. Allgemeiner medizinischer Fortschritt, Multimorbidität und demographische Alterung haben in der Neurorehabi- litation eine Dynamik ausgelöst, die derjenigen der Schlaganfallneurologie vor 20 Jahren ähnelt [43]. Allein die Zahl der neurologischen Frührehabili- tationskomplexbehandlungen hat sich seit 2008 mehr als verdoppelt (Ge- sundheitsberichterstattung des Bundes, 2019). Patienten profitieren, weil eine systematische und frühe Aktivierung entscheidend für den Wiedergewinn von Selbstständigkeit und Teilhabe ist [42]. Gleichzeitig ist rehabilitative Neu- rologie in vielerlei Hinsicht noch he- terogen. Sie ist in unterschiedlichen Sektoren des Gesundheitssystems und bei unterschiedlichen Kostenträgern an- gesiedelt. Bei absehbaren Chancen auf Wiederaufnahme von Erwerbstätigkeit wird Neurorehabilitation nach dem neu- rorehabilitativen Phasenmodell durch Rentenversicherer in Rehabilitationskli- niken finanziert, ansonsten meist von Krankenkassen. Besteht akutstationärer Versorgungsbedarf, kann sie auch in Krankenhäusern erfolgen. Dabei ist die Neurorehabilitation in den meisten Fäl- len einer anderen stationären Behand- lung nachgeschaltet. Noch kommt mehr als die Hälſte der Patienten aus neu- rologischen Akutkliniken – wenn auch vermehrt auf Umwegen über geriatrische Abteilungen. Ein zunehmender Teil der Patienten wird aber aus Neurochirurgien und allgemeinen Intensivstationen zu- verlegt [60]. Heterogen ist auch noch die Behandlungsauffassung der Neuroreha- bilitierenden. Vereinzelt wird weiter auf die funktionelle Behandlung fokussiert und die Akutbehandlung einschließlich Medikation als gesetzt betrachtet. Dieser Ansatz ist bei immer kürzer werdenden Verweildauern in den akutneurologi- schen Abteilungen und häufig fortbe- stehender Krankheitsdynamik nicht zu halten. Die häufigste Diagnose in der Neuro- rehabilitation ist bisher noch der Schlag- anfall. Amerikanische Daten zur Schlag- anfallversorgung zeigen, dass selbst die- ser relativ standardisierte Prozess sehr lückenhaſt ist. „Defektfreie“ Behand- lung, v.a. bei der Sekundärprävention von Hirninfarkten, fand sich in nicht- spezialisierten Zentren nur bei 20% der Patienten, bei Stroke-Unit-zentrierter Behandlung nur in knapp der Hälſte der Fälle (Übersicht in [46]). Die Versorgung in deutschen Stroke- Units ist nach unserem Eindruck deut- lich besser als die in o. g. amerikanischen Zahlen. Aber mehr als ein Zehntel der Schlaganfallpatienten in der Neuroreha- bilitation wird nicht primär neurologisch versorgt, etwa weil Patienten zunächst unter anderen Verdachtsdiagnosen sta- tionär aufgenommen wurden oder weil Schlaganfälle, insbesondere ischämische, als Komplikationen bei anderen Eingrif- fen aufgetreten sind. So haben Schlag- anfallpatienten häufig keine abgeschlos- sene Diagnostik oder nur Verweise wie „Befund folgt“ (vulgo: folgt nicht). Eine sekundärpräventive Medikation ist nicht immer initiiert. Begründet wird dies mit der Sorge um Blutungskomplikationen durch eine (zu) früh nach Hirninfarkt begonnene antithrombotische Behand- lung – insbesondere, wenn radiologisch blutige Veränderungen beschrieben wur- den. Darüber hinaus finden sich in der stationären Neurorehabilitation vor al- lem schwerbetroffene und multimorbide Patienten mit kardiologischen und ne- phrologischen Zusatzerkrankungen. An- dere Patienten wiederum sind kürzlich erst operiert worden oder haben vaskulä- re Stents erhalten. Hier gelten Protokolle zur Sekundärprävention, mit denen Neu- rologen oſt weniger vertraut sind und die mit neurologischen Indikationen abzu- stimmen sind. Bei zuvor intensivmedi- zinisch versorgten Patienten schließlich führen vitale Indikationen die erapie an, vaskuläre Sekundärprävention hin- gegen wurde nachrangig oder nicht be- handelt. Die rehabilitative Neurologie muss da- her einen zweiten Blick auf die bisherige Diagnostik und erapie werfen und oſt ein zweites Mal „Hand anlegen“. Heraus- forderungen dabei sind, diesen Prozess neben dem rehabilitativen Kerngeschäſt zu organisieren, Befunde aus verschie- denen Fachgebieten zusammenzutragen, 324 Der Nervenarzt 4 · 2020

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Der Nervenarzt

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Nervenarzt 2020 · 91:324–336https://doi.org/10.1007/s00115-020-00887-zOnline publiziert: 2. März 2020© Der/die Autor(en) 2020

S. Knecht1,2 · T. Schmidt-Wilcke1,2

1 Institut für Klinische Neurowissenschaften, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf,Deutschland

2 St. Mauritius Therapieklinik, Meerbusch, Deutschland

Der zweite Blick:praktische diagnostische undtherapeutische Checks in derrehabilitativen Neurologie

Hintergrund

Die Neurorehabilitation ist einer dergrößten Schwerpunktbereiche der Neu-rologie, in dem ungefähr ein Drittel allerneurologischen Betten angesiedelt sind.Allgemeiner medizinischer Fortschritt,Multimorbidität und demographischeAlterung haben in der Neurorehabi-litation eine Dynamik ausgelöst, diederjenigen der Schlaganfallneurologievor 20 Jahren ähnelt [43]. Allein dieZahl der neurologischen Frührehabili-tationskomplexbehandlungen hat sichseit 2008 mehr als verdoppelt (Ge-sundheitsberichterstattung des Bundes,2019). Patienten profitieren, weil einesystematische und frühe Aktivierungentscheidend für den Wiedergewinnvon Selbstständigkeit und Teilhabe ist[42].

Gleichzeitig ist rehabilitative Neu-rologie in vielerlei Hinsicht noch he-terogen. Sie ist in unterschiedlichenSektoren des Gesundheitssystems undbei unterschiedlichen Kostenträgern an-gesiedelt. Bei absehbaren Chancen aufWiederaufnahme von Erwerbstätigkeitwird Neurorehabilitation nach dem neu-rorehabilitativen Phasenmodell durchRentenversicherer in Rehabilitationskli-niken finanziert, ansonsten meist vonKrankenkassen. Besteht akutstationärerVersorgungsbedarf, kann sie auch inKrankenhäusern erfolgen. Dabei ist dieNeurorehabilitation in den meisten Fäl-len einer anderen stationären Behand-lung nachgeschaltet. Noch kommt mehr

als die Hälfte der Patienten aus neu-rologischen Akutkliniken – wenn auchvermehrt aufUmwegenüber geriatrischeAbteilungen. Ein zunehmender Teil derPatientenwird aber aus Neurochirurgienund allgemeinen Intensivstationen zu-verlegt [60]. Heterogen ist auch noch dieBehandlungsauffassung der Neuroreha-bilitierenden. Vereinzelt wird weiter aufdie funktionelle Behandlung fokussiertund die Akutbehandlung einschließlichMedikation als gesetzt betrachtet. DieserAnsatz ist bei immer kürzer werdendenVerweildauern in den akutneurologi-schen Abteilungen und häufig fortbe-stehender Krankheitsdynamik nicht zuhalten.

Die häufigste Diagnose in der Neuro-rehabilitation ist bisher noch der Schlag-anfall. Amerikanische Daten zur Schlag-anfallversorgung zeigen, dass selbst die-ser relativ standardisierte Prozess sehrlückenhaft ist. „Defektfreie“ Behand-lung, v. a. bei der Sekundärpräventionvon Hirninfarkten, fand sich in nicht-spezialisierten Zentren nur bei 20% derPatienten, bei Stroke-Unit-zentrierterBehandlung nur in knapp der Hälfte derFälle (Übersicht in [46]).

Die Versorgung in deutschen Stroke-Units ist nach unserem Eindruck deut-lich besser als die in o. g. amerikanischenZahlen. Aber mehr als ein Zehntel derSchlaganfallpatienten in der Neuroreha-bilitationwird nicht primärneurologischversorgt, etwa weil Patienten zunächstunter anderen Verdachtsdiagnosen sta-tionär aufgenommen wurden oder weil

Schlaganfälle, insbesondere ischämische,als Komplikationen bei anderen Eingrif-fen aufgetreten sind. So haben Schlag-anfallpatienten häufig keine abgeschlos-sene Diagnostik oder nur Verweise wie„Befund folgt“ (vulgo: folgt nicht). Einesekundärpräventive Medikation ist nichtimmer initiiert. Begründet wird dies mitder Sorge um Blutungskomplikationendurch eine (zu) früh nach Hirninfarktbegonnene antithrombotische Behand-lung – insbesondere, wenn radiologischblutigeVeränderungenbeschriebenwur-den. Darüber hinaus finden sich in derstationären Neurorehabilitation vor al-lem schwerbetroffene und multimorbidePatienten mit kardiologischen und ne-phrologischenZusatzerkrankungen.An-dere Patienten wiederum sind kürzlicherst operiertwordenoder haben vaskulä-re Stents erhalten. Hier gelten Protokollezur Sekundärprävention,mit denenNeu-rologen oft weniger vertraut sind und diemit neurologischen Indikationen abzu-stimmen sind. Bei zuvor intensivmedi-zinisch versorgten Patienten schließlichführen vitale Indikationen die Therapiean, vaskuläre Sekundärprävention hin-gegen wurde nachrangig oder nicht be-handelt.

Die rehabilitativeNeurologiemussda-her einen zweiten Blick auf die bisherigeDiagnostik undTherapie werfen und oftein zweites Mal „Hand anlegen“. Heraus-forderungen dabei sind, diesen Prozessneben dem rehabilitativen Kerngeschäftzu organisieren, Befunde aus verschie-denen Fachgebieten zusammenzutragen,

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Indikationen abzustimmen und zusätz-lich die Belange der aktivierenden Neu-rorehabilitation zu berücksichtigen.

VordemHintergrundvielfältigerkon-kreter Erfahrungen stellen wir daher imFolgenden die häufigsten in der Neu-rorehabilitation unseres Erachtens not-wendigen diagnostischen und therapeu-tischen „Checks“ vor. Diese Checks ha-ben nicht den Anspruch, Leitlinien zusein, sollen aber Hinweise geben, wannim Einzelfall bisherige Diagnostik undTherapie überdacht und ggf. angepasstwerdenmüssen. In vielen Bereichen fehltsystematische Evidenz oder publizierterKonsens, sodass wir, um diese nicht aus-sparenzumüssen,darstellen,wiewirder-zeit in unserer Einrichtung vorgehen.

Eingangscheck

Grundlage für eine angemessene rehabi-litationsneurologische Versorgung meistnochkritischkrankerPatientenmitkom-plexenVorgeschichten ist eine lückenloseVorinformation. Dazu gehören Entlass-briefe, Vorbefunde und ganz wesentlichradiologische Bilder. Der erste Check giltdaherderVollständigkeitdieserInforma-tion.

Nicht allen Beteiligten ist hinrei-chend klar, dass eine Bring- und eineHolschuld für medizinische Vorinfor-mation besteht [50]. Die Bringschuldder in die Neurorehabilitation (oder zueiner anderen stationären Behandlung)Zuweisenden wird geregelt durch dasärztliche Berufsrecht (hier § 7 Abs. 7 derMusterberufsordnung) und die der So-zialgesetzgebung untergeordnete Kran-kenhauseinweisungsrichtlinie des Ge-meinsamen Bundesausschusses (hier§ 5). Diese Normen beinhalten nichtnur die Pflicht zur Vorlage eines Arzt-briefes nach Facharztstandard, sondernauch von Befunden und bedeutsamenUnterlagen. Im Falle der Neurorehabili-tation sind dies auch Arztbriefe, die demVorbehandler zugegangen sind, und v. a.die radiologischen Bilder. Dies gilt auchvor dem Hintergrund der europäischenDatenschutzgrundverordnung.

Die gesetzlichen Normen verweisenzudem auf Rechtzeitigkeit der Über-mittlung relevanter Befunde (s. Muster-berufsordnung für Ärzte § 7 Abs. 7).

Im Falle der Neurorehabilitation istdies der Moment der Aufnahme desPatienten in die Neurorehabilitationskli-nik. Denn hier werden erheblich krankePatientennach zwischenzeitlicherTrans-portbegleitung an ein wiederum völligneues therapeutisches Team überge-ben. Zusätzlich wurden oft um diesenZeitpunkt herum therapeutische Ände-rungen durchgeführt (Entfernung derextraventrikulären Drainage vor Verle-gung, medikamentöse „Abschirmung“während des Transportes etc.). Zur ad-äquaten Beurteilung und Betreuung desPatienten bei Aufnahme in eine Rehabi-litationsklinik müssen daher zu diesemZeitpunkt alle relevanten Informationenvorliegen.

Gelegentlich werden von Zuweisernnicht alle erforderlichen Unterlagen beiVerlegung zur Verfügung gestellt. BeiNachfrage wird dann manchmal zu-nächst eine schriftliche Einverständnis-erklärung des Patienten verlangt. Diesist rechtlich nicht haltbar. Denn Re-habilitationsbehandlungen setzen nach§ 9 der Richtlinie des GemeinsamenBundesausschusses über Leistungen zurmedizinischen Rehabilitation Einver-ständnis und Mithilfe des Patientenvoraus, sodass davon auszugehen ist,dass der Patient oder sein gesetzlicherBetreuer die Übermittlung relevanterInformationen in jedem Fall billigt undzusätzlich in der Regel im Interesse einersachgerechten Weiterbehandlung auchdringend wünscht.

Eine Holschuld für Vorbefunde er-wächst Rehabilitationsneurologen ausder allgemeinen ärztlichen Sorgfalts-pflicht, die eine erschöpfende Erhebungoder Beibringung relevanter Befunde ge-bietet (s. BürgerlichesGesetzbuch § 630 aAbs. 2). Diese Aufgabe kann sich auf-wendig und verzögert gestalten, wennsie organisatorisch nicht hinreichendvorbereitet ist.

In der Vergangenheit war v. a. dieBeibringung radiologischer Bilder einProblem. Technisch ist dies heute gutlösbar. Teleradiologieverbünde und kli-nikinterne Bildmanagementsysteme er-lauben die Verfügbarkeit radiologischerBilder direkt bei der Aufnahme von Pa-tienten oder während der Visite auf derStation. Zusätzlich können diese oder

während der Neurorehabilitation er-stellte Bilder verzögerungsfrei Vor-, Mit-oder Nachbehandlern zur Verfügung ge-stellt werden. Unsere eigene Einrichtungnimmt an einem regionalen Teleradio-logieverbund mit rund 400 Klinikenteil (www.medecon-telemedizin.de). ImJahr 2018 erhieltenwir über dieses Portalüber 12.000 Untersuchungen aus knapp100 Einrichtungen. Etwa 70% dieserBilder lagen bei Aufnahme vor, 20%innerhalb der ersten Woche und 10%später. Daneben kamen ca. 20% unsererPatienten aus Häusern, die dem Telera-diologieverbund nicht angeschlossensind oder noch keine effektiven Nut-zungsalgorithmen etabliert haben. Hiergestaltet sich das Beibringen von Bildernund damit die Versorgung der verlegtenPatienten schwerer. Wichtig erscheintdie Aufklärung von Zuweisern und dieAufforderung zur verbesserten Orga-nisation der Informationsübermittlung.DennMängel bei den Zuweisern könnennicht nur Haftungsverschulden begrün-den, sondern schlagen sich inMehrarbeitder Rehabilitationseinrichtungen niederund damit leicht in Änderungen vonAufnahmepriorisierungen.

Diagnostikchecks

Mit Originalbildern in Form konventio-neller Röntgenographien, Computerto-mographien (CT), Magnetresonanzto-mographien (MRT)oder auchAngiogra-phien lassen sich Zuweisungsdiagnosenvon Patienten in der Neurorehabilitationmeist am genauesten nachvollziehen undfür die Rehabilitationsplanung nutzen.Für Neurorehabilitation relevante Struk-turschäden spiegeln sich in schriftlichenBefunden meist nicht differenziert undverlässlich genug wider. Eine Hemiple-gie durch einen kortikalen Infarkt hateine erheblich bessere Prognose als einInfarkt mit Beteiligung der Capsula in-terna. Eine mnestische Störung nacheinem Infarkt im Versorgungsgebiet derArteria cerebri posterior einschließlichdes medialen Temporallappens hat einebessere Prognose, als wenn eine de-menzielle Entwicklung vermutet werdenmüsste. Daneben sind Originalbilderdie Grundlage für Kontrollbildgebung,wenn Funktionen sich nicht wie erwar-

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tet bessern oder sogar verschlechtern –etwa wenn es nach einer intrazerebralenBlutung mit Ventrikeleinbruch zu einemverzögerten Liquoraufstau mit Hirn-druck kommt. Gelegentlich korrigierenOriginalbilder aber auch diagnostischeArbeitshypothesen der Vorbehandler(. Abb. 1).

Diagnostikchecks zu Ursachen

Diagnostikchecks zu Erkrankungsursa-chen sind am häufigsten beim Schlag-anfall angezeigt, weil die Identifizierungeiner Schlaganfallsursache therapierele-vant ist.

Second-look-Langzeitelektrokardio-graphien(EKGs) führen wir bei allenSchlaganfallpatienten ohne zuvor detek-tiertes Vorhofflimmern oder hochgradi-ge A.-carotis-Stenosen durch. LakunäreSchlaganfälle sind verschwindend seltenin der Neurorehabilitation. Wir findenin 7% der so untersuchten Fälle bisherunbekanntes Vorhofflimmern, sodasswir eine entsprechende Antikoagulationbeginnen. In weiteren 16% der Fällefinden wir absolute Arrhythmien vonunter 30 s Dauer. Hier verlängern wirdie Langzeitelektrokardiographien oderantikoagulieren in Einzelabwägung [40,41]. Daher halten wir ergänzende Lang-zeit-EKGs bei diesen Patienten für sehrversorgungsrelevant.

Gefäßdiagnostik, in unserem FallDopplersonographie oder MR-Angio-graphie, führen wir durch, wenn aus denVorbefunden der zervikale und intrakra-nialeGefäßstatus unbekannt oder unklarbleibt. Im Falle hochgradiger intrakra-nieller Gefäßstenosen eskalieren wir dieantithrombotischeTherapie; imFall über50%iger (systolische Spitzengeschwin-digkeit >200cm/s) symptomatischerArteria-carotis-Stenosen nach NASCETund kurzer Latenz nach dem Ereignisleiten wir in den meisten Fällen eine zü-gige Thrombendarteriektomie ein [14].Eine „Operation nach der Reha“, wiegelegentlich von Vorbehandlern vorge-schlagen, halten wir für kontraindiziertwegen des hohen Rezidivrisikos in derfrühen Phase nach Schlaganfall [14].

Zusammenfassung · Abstract

Nervenarzt 2020 · 91:324–336 https://doi.org/10.1007/s00115-020-00887-z© Der/die Autor(en) 2020

S. Knecht · T. Schmidt-Wilcke

Der zweite Blick: praktische diagnostische und therapeutischeChecks in der rehabilitativen Neurologie

ZusammenfassungDieNeurorehabilitation versorgt oft Patienten,die schwer und mehrfach erkrankt sind undhäufig zuvor durch nichtneurologische Fach-disziplinen behandelt wurden. Medizinischsind diese Patienten oft noch instabil, sodassdie bisherige Diagnostik und Therapien neubewertet und gegebenenfalls adaptiert oderergänzt werden müssen. Bestimmte, auch dieNeurologie überschreitende diagnostischeund therapeutische Probleme – häufig zu

antithrombotischer Therapie – tauchendabei immer wieder auf. Diese werden inForm zu überprüfender Punkte (Checks)vorgestellt, welche Hinweise geben sollen,wann im Einzelfall bisherige Maßnahmen zuhinterfragen und anzupassen sind.

SchlüsselwörterNeurologie · Rehabilitation · Postakut ·Prävention · Komplikation · Schlaganfall

Second look: practical diagnostic and therapeutic checks inneurorehabilitation

AbstractPost-acute inpatient neurorehabilitationfacilities are increasingly treating patientswho are not only severely ill and multimorbidbut who are also referred from non-neurological departments. These patientsare still often medically unstable so that theprevious diagnostics and treatment must bereevaluated and when necessary adaptedor supplemented. Certain interdisciplinarydiagnostic and therapeutic problems, such as

antithrombotic therapy, regularly reoccur. Thisarticle presents these problems in a checklistfashion, which should provide indicationsin individual cases when previously carriedout measures need to be questioned andadapted.

KeywordsNeurology · Rehabilitation · Postacute ·Prevention · Complication · Stroke

Diagnostikchecks zum Zustand

Sehr häufig treffen Patienten deutlichschläfriger in Neurorehabilitationsklini-ken ein als von Verlegenden angekündigtoder nach Unterlagen oder Übergabedurch Begleitpersonal anzunehmen ist.Häufige Ursachen sind dabei Ermüdungdurch den Krankentransport, Exsikko-se, Sedierung vor oder während desTransportes. Aber auch andere Ursa-che kommen differenzialdiagnostischinfrage, die dann der unmittelbarenAbklärung und Behandlung bedürfen,wie epileptische Anfälle oder erhöhterintrakranieller Druck. Hier ist oft einschneller zweiter Blick nötig – mittelsElektroenzephalographie bei der Fra-ge nach einem nichtkonvulsiven Anfalloder mittels zerebraler Bildgebung beider Frage eines Liquoraufstaus. Einblu-tungen oder Nachblutungen sehen wirdabei seltener.Die obigenFragenkönnen

natürlich auch im weiteren Verlauf derBehandlung auftreten, wenn Patientennachträglich schläfriger werden.

Wenn Patienten nicht oder wenig rea-gibel sind unddies demVernehmennachbereits bei den Vorbehandlern der Fallwar, dieser Zustand aber nicht zu der do-kumentierten oder nachweisbaren Hirn-schädigung passt, müssen auch Opera-tionsberichte oder Noteinsatzprotokol-le geprüft werden, da mangelnde Rea-gibilität auf zwischenzeitliche zerebra-le Hypovolämie oder Hypoxie oder er-höhten Hirndruck zurückgehen könnte.StimmenAusfallsmuster insgesamt nichtmit der Zuweisungsdiagnose überein, istreguläre neurologische Differenzialdiag-nostik einschließlich einschlägiger Zu-satzdiagnostik gefragt [39]. So diagnos-tizieren wir gelegentlich Motoneuroner-krankungen bei Patienten, die unter demVerdacht einer zervikalen Myelonkom-pression laminektomiert wurden.

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Übersichten

Abb. 18 Beispiele für differenzialdiagnostische Bedeutung vonOriginalbildern gegenüber brieflichkolportiertenBefundungen.aAusGeriatrie zugewiesenePatientinmit schriftlicherAngabeeinesSub-duralhämatoms links parietooccipital (unterer Pfeil) und Subarachnoidalblutung links temporal, diecomputertomographischbereits indenOriginalbildernZeicheneines ischämischenHirninfarkteslinksoperkulär aufwies (großer Pfeil).bPatientmit imOriginalbildHypodensität entsprechendeinemrech-ten vorderen Kapselinfarkt (Pfeil) und klinisch linksseitiger Hemiparese, die nachVerlegungsbrief amehesten lagerungsbedingt sei, nachdemobigesComputertomogrammalsohneHinweis auf Ischämieeingestuft wordenwar

Abb. 28 Beispiel eines 80-jährigen Patientenmit einem langjährigenM. Parkinson und einemkürz-lich stattgehabtenHirninfarkt imMediastromgebiet rechts.DerPatienthattebereitswiederMus (Dys-phagiekost I)erhaltenundwarlautAngehörigendamit„ganzgut“zurechtgekommen.AmzweitenTagfiel eine Vigilanzminderung auf, amehesten durch eine beginnende Aspirationspneumonie, klinischfand sich eine belegte Stimme. Eine daraufhindurchgeführte FEES-Untersuchung zeigte deutlichePenetrationshinweise für die KonsistenzMus (PAS 5; a) sowie Aspirationshinweise fürWasser (ohneAusstoßen aus der Trachea; PAS 7;b). Der Patientwurde antibiotisch anbehandelt und erhielt 3 Tagespäter eine PEG

Schluckstörungen können klinischleicht übersehen werden und sind daswichtigstesRisiko fürPneumonien inderNeurorehabilitation [1]. Das Schluckas-sessment ist mittlerweile eine Standard-prozedur auf den Stroke-Units. Aller-dings ist zu beachten, dass das Ausmaßeiner Dysphagie fluktuieren und sich so-mit auch kurzfristig wieder verschlech-

ternkann,z.B.beiabnehmenderVigilanzinfolge eines Infektes. Daher weisen Pa-tienten manchmal einen, im Vergleichzu den Vorbefunden aus der verlegen-denKlinik, verändertenDysphagiestatusauf, welcher dann eine Neueinstufungder Kostform erforderlich macht. Einebesondere Herausforderung für neuro-logische Rehabilitation ist hierbei die

Abwägung zwischen dem Schutz vorAspiration (z.B. durch die Maßnahme„nihil per os“) und einer durch die-selbe Maßnahme iatrogen verursachtenVerschlechterung der Dysphagie durchprolongierten „non-use“. Vorsicht kannauchgebotenseinbeiPatientenausnicht-neurologischen Abteilungen, die dortbereits „normal“ gegessen haben sollen.Daher werden alle Patienten standardi-siert ärztlich auf Schluckstörungen „ge-screent“ durch 1. klinische Hinweise aufSchluckstörungen durch Patienten, An-gehörige, Pflegekräfte oder Unterlagender Zuweiser, 2. Nachweis von Schluck-störung in der klinischen Untersuchungoder 3. Einstufung als dysphagieträch-tige Konstellation wie Versorgung mitErnährungssonde, Hirnstammaffektion(faziale Schwäche, Hinweise auf eineHypoglossus- oder Glossopharyngeu-sparese, eine Dysarthrie, eine schwereDysphonie oder eine belegte Stimme),aber auch eine schwere Aphasie. Im po-sitiven Fall erfolgt eine standardisierteTestung zum Schlucken von Wasser undApfelmus und dann gegebenenfalls eineKostrestriktion nebst einer frühen fibe-roptischen Evaluation des Schluckaktes(. Abb. 2).

Therapiechecks

Aktivität und Prävention sind die Ma-ximen der Neurorehabilitation. Entspre-chendmuss die vorbestehendeMedikati-onüberprüftund angepasstwerden. EineHerausforderung ist dabei das Absetzenvon Medikamenten.

Aktivität

Akut-und Intensivbehandlung zielen zu-nächst auf dieKontrolle homöostatischerund vegetativer Abweichungen. Entspre-chend erhalten Patienten häufig Anti-konvulsiva, Benzodiazepine, Neurolep-tika, Opioide, α2-Adrenozeptor-Agonis-ten, β-Blocker,AntihistaminikaoderAn-ticholinergika. Einige dieser Substanzensind bei der Verlegung in die Neuroreha-bilitation bereits wieder abgesetzt, ande-re nicht. Erläuterungen zu den jeweiligenIndikationen werden häufig nicht über-mittelt. Alle diese Substanzen sedierenund zwar besonders bei bereits beein-

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trächtigter Gehirnfunktion [24]. Tierex-perimente und klinische Beobachtungenlegen außerdem nahe, dass etliche derSubstanzen die funktionelle neurologi-sche Erholung als solche verschlechtern[28]. Daher muss versucht werden, die-se sedierenden Substanzen so früh undsoweit es geht abzusetzen. Dazu gehö-ren die oft detektivische Recherche nachmöglichen Indikationen und der klini-scheWeitblick für eine kalkulierte Been-digung von Medikamenten.

Antikonvulsivabehandlung findenwir nach Primärprophylaxe, vermutetenoder verlässlich beobachteten Anfällensowie nach akut-symptomatischen An-fällen (innerhalb von 7 Tagen nach einerGehirnverletzung) oder unprovoziertenAnfällen (mehr als 7 Tagen danach).Eine belastbare Indikation für eine Fort-führung antikonvulsiver Behandlungergibt sich nur für verlässlich beobachte-te Anfälle mehr als 7 Tage nach Ereignis[3].

Schmerzmedikation mit Opioiden istein häufiges Thema in intensivmedizini-scher Neurorehabilitation, weil das Feh-lenvonSchmerzengerne als Indikations-bestätigung angesehenwird. Da Schmer-zenaberzunächstSymptomesind, ist ihreUrsache zu identifizieren und dann spe-zifisch zu behandeln. Im Falle von Ge-lenks- oder Gewebsschädigung ist diesvorübergehend gut mit Antiphlogistika(allerding wegen kardiovaskulärer Ne-benwirkungen kurz und in niedriger Do-sis) oder Metamizol (cave: Agranulozy-tose [70]) zu leisten, im Falle neuropa-thischer Schmerzen gut mit wenig sedie-renden Antikonvulsiva statt Opioden.

Neuroleptika werden häufig wegen„Unruhe“ des Patienten eingesetzt. Be-dacht werden muss jedoch, dass Unruhevon Patienten in der Neurorehabilitationgewollt ist und in gezielte Aktivität ge-lenkt werden sollte. Wegen ihrer antido-paminergen und damit lernbeeinträch-tigenden Wirkung sind Neuroleptika fürdie Funktionserholung nach Gehirnver-letzung besonders problematisch [25].Daher sollten Neuroleptika, wo möglich,zunächst überTag unddann auch abendsreduziert werden.

Neben der Beendigung sedierenderMedikation muss in der Neurorehabili-tation der Beginn aktivierender Medika-

tion überlegt werden, wenn Patienten inWachheit, Reagibilität, Antrieb oderMo-tivation beeinträchtigt erscheinen. Hierist der (teilweise Off-label-)Einsatz vonSubstanzen zu prüfen wie Amantadin,Dexamphetamin,Methylphenidat, Levo-dopa, Fluoxetin oder anderen Antide-pressiva [7].

Prävention

Prävention in der Neurorehabilitationumfasst die Vermeidung absehbarerKomplikationen und v. a. vaskulärer Re-zidive. Zu Komplikationen trägt nichtselten auch die Medikation bei. Vielein der Notfall- oder Intensivmedizinsegensreiche Medikamente sind für diefortgesetzte Behandlung ungeeignet undsolltendaherzügigabgesetztwerden.Da-zu gehören neben den o. g. sedierendenSubstanzen Präparate wie Dihydralazinoder Urapidil, die schnell und effektivden Blutdruck senken, aber v. a. wegenihrer kurzen Halbwertzeit nicht für oraleDauerbehandlung geeignet erscheinenoder erprobt wären. Darüber hinaus istzu beachten, dass es im Rahmen derrehabilitativen Therapie zu einer zuneh-menden Mobilisation und körperlichenBeanspruchung der Patienten kommt.Dabei werden neue Ansprüche an dasHerz-Kreislauf-System gestellt, die häu-fig mittelfristig auch mit Veränderungendes Blutdrucks einhergehen (in beideRichtungen). Ein Monitoring, ggf. ei-ne medikamentöse Anpassung, auch inVorbereitung auf die häusliche Situati-on, erachten wir als wichtig. Bei schwereinstellbaren Blutdrücken führen wirLangzeitblutdruckmessungen durch, beifehlenderNachtabsenkung oder anderenHinweisen auf das mögliche Vorliegeneines Schlafapnoesyndroms erfolgt einSchlafapnoescreening.

DanebenistPolypharmazieeineQuel-le für absehbare Komplikationen. Sie er-höhtdasRisiko fürpharmakologische In-teraktionen, Medikationsfehler und mit-telfristig Adhärenzverlust.

Die Beers-Kriterien (https://dcri.org/beers-criteria-medication-list/) gebeneinen guten Überblick über häufig ein-gesetzte, aber für ältere Menschen un-günstige Medikamente [23]. Sie bietenauch für Neurorehabilitationspatienten

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eine gute Orientierung. Einige Präparatestehen in derNeurorehabilitation beson-ders häufig zur Disposition und werdendaher im Folgenden herausgegriffen.

Amiodaron hat trotz seiner mit Jod,welches über ein Drittel der Substanzausmacht, assoziierten Toxizität einenStellenwert in der kardialen Rhythmus-kontrolle, v. a. zur Verhinderung vonVorhofflimmern oder rezidivierendenmalignen ventrikulären Tachyarrhyth-mien. Bei Gabe für letztere Indikationfindet sich jedoch metaanalytisch –möglicherweise wegen Lungen- undSchilddrüsentoxizität – keine Verringe-rung der Gesamtmortalität [59]. ZeigenPatienten trotz Amiodaron-Medikationein Vorhofflimmern, kann Amiodaronmeist abgesetzt werden [32].

Digitalispräparate tauchen trotz ihresengen therapeutischen Fensters immerwieder in der Medikation von Patientenauf, haben aber derzeit nur noch einenStellenwert als Ergänzungspräparate inder Frequenzkontrolle bei Vorhofflim-mern [69].

Protonenpumpeninhibitoren senkendas Risiko für Stressulzera, sodass sie imIntensivsetting sinnvoll erscheinen. Sieerhöhen aber u. a. das Risiko für Clos-tridium-difficile-assoziierte Diarrhöen[74] und beeinflussen die kardiopro-tektive Wirksamkeit von Plättchenhem-mern [35], sodass sie jenseits einerIntensivstation abgesetzt werden soll-ten. Ausnahmen sind die Behandlungmit hochdosierten Kortikosteroiden,Antiphlogistika, doppelter thrombozy-tenaggregationshemmender Therapieoder Hinweise für ein gastroduodenalesUlkus [30].

Allopurinol findet sich bei sehr vie-len Patienten in der Neurorehabilitationwie auch bei ambulanten Patienten, weiles reflektorisch bei Harnsäurewertenoberhalb des statistischen Referenzbe-reiches (7,0mg/dL) verschrieben wird,die im Übrigen bei 10% der Erwach-senen wenigsten einmal im Leben zufinden sind [10]. Allopurinol ist in Euro-pa die häufigste Ursache für das selteneaber gefährliche (Letalität von 20%)Stevens-Johnson-Syndrom (Lyell-Syn-drom), das besonders bei Patienten miteingeschränkter Nierenfunktion auftritt[63]. Wenn Patienten keine Tophi, Ana-

mnese für Gicht oder Nephrolithiasisund keine aktuelle Chemotherapie ha-ben, gibt es derzeit keine gute Indikationfür die medikamentöse Behandlung ei-ner asymptomatischen Hyperurikämie[49].

Vaskuläre antithrombotische Sekun-därprävention mit Thrombozytenaggre-gationshemmern oderAntikoagulanzienist in der Neurorehabilitation meist mul-tiindikativ und dynamisch. Denn Pati-enten haben verschiedene vaskuläre Er-krankungen, sodass unterschiedliche In-dikationen berücksichtigt werden müs-sen[31].Ungefähr jederzweite Schlagan-fallpatienten in der Neurorehabilitationhat Vorhofflimmern, viele eine koronareHerzkrankheitodervaskuläreStents[40].Dynamisch muss die Prävention deswe-gen sein, weil die Patienten sich nochkurz nach dem Ereignis befinden undsich in dieser Phase die relativen Risikenfür Thrombenbildung und Blutungen zueinander verschieben.

Daneben haben Patienten in derNeu-rorehabilitation fast immer ein erhöhtesBlutungsrisiko infolge ihres meist fortge-schrittenen Alters, der Hirnschädigungund oft anderer Erkrankungen. Wennzusätzlich eine Antikoagulation nötigist, steigt das statistische Risiko für kli-nisch signifikante Blutungen erheblich.So zeigt eine kürzlich veröffentlichtegroße norwegische Registerstudie zuantikoagulierten Patienten ein Grundri-siko für klinisch relevante Blutung von2% pro Jahr. Diese erhöht sich um je-weils weiter 2% für jeden der folgendenEinzelfaktoren: männliches Geschlecht,Alter über 65, Alter über 75, Hyper-tonie, chronische Nierenerkrankung,Herzinsuffizienz, Schlaganfall, COPD,Anämie während der letzten 12 Mo-nate, jedwede Krankenhauseinweisungwährend der letzten 12 Monate oderklinische Blutung. Letzter Faktor erhöhtdas Blutungsrisiko sogar um 4% [64].DieÜberlegenheit deroralenAntikoagu-lation gegenüber anderen Substanzen inder Schlaganfallsekundärprävention beiVorhofflimmern trotz des erhöhten Blu-tungsrisikos ist breit belegt (Überblickz.B. in [9]). Das Risiko verlangt jedoch,zusätzliche Thrombozytenaggregations-hemmer nur unter engen Kriterien und

in einem engen Zeitfenster zu geben(. Tab. 1).

Beginn der oralen AntikoagulationBei Patienten mit einer Indikation füreine orale Antikoagulation, meist we-gen Vorhofflimmerns, ist zu Beginn derNeurorehabilitation oft noch keine effek-tive Antikoagulation begonnen worden.Nicht selten kommen Patienten jedochmit subkutanem Heparin in nicht effek-tiven, aber oberhalb der zurThrombose-prophylaxe nötigen Dosen. Dies schaffteine falsche Sicherheit in der Abwägungzwischen Blutungs- und Thromboserisi-ko. Daher beginnen wir früh und algo-rithmisch mit der oralen Antikoagulati-on und orientieren uns, wo das möglichist, an publizierten Konsensusvorschlä-gen (. Tab. 1). Parallel dazu registrierenundanalysierenwirunsereBlutungs-undThrombosekomplikationen, da uns dieswegen der großen Bettenzahl und lan-gen Verweildauer in Neurorehabilitati-onseinrichtungen, also der überblicktenPatiententage, aussagekräftig erscheint.

Neue, sprich direkte orale Antikoagu-lanzien sind Vitamin-K-Antagonistenwegen der besseren Steuerbarkeit undgeringeren Blutungsrate in den meistenIndikationen überlegen ([38]; für andereEvidenz s. [51]).Dies schließt trotz bisherschmaler Evidenz die Antikoagulationnach Sinusvenenthrombose ein [22].Ausnahmen sind jedoch die Indikationdurch mechanische Herzklappen [16]undeinAntiphospholipidantikörpersyn-drom [8]. Auch bei Vorhofflimmern mitmittelgradiger oder hochgradiger Mi-tralklappenstenose (valvulärem VHF)wird derzeit noch eine Antikoagulationmit Vitamin-K-Antagonisten empfoh-len [20]. Weitere Ausnahmen sind derausdrückliche Wunsch des Patientenoder des betreuenden niedergelassenenArztes nach Gabe eines Vitamin-K-Antagonisten.

HirnblutungensindkeineKontraindi-kationenfürantithrombotischeTherapie.Die Wiederaufnahme einer Thrombozy-tenaggregationshemmungnachHirnblu-tung hat sich als sicher erwiesen [80].Die Wiederaufnahme einer oralen Anti-koagulation wegen Vorhofflimmerns re-duziert das Risiko für thrombembolischeEreignisse, ohne das Risikos für intraze-

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Tab. 1 Checks für antithrombotische Therapie in der Neurorehabilitation. (In Anlehnung an [31, 21, 54])

Niedriges Blutungsrisiko Hohes Blutungsrisiko(gilt für die meistenNeuroreha-Patienten)a

OAK aus anderen Gründen,z.B. VHF

Hirninfarkt ASS oder (ASS+ Clop für 3 Wo, dann ASS; [36, 61]) ASS Nur OAK

Hirninfarkt unter Plättchenhem-mern

Weiter wie zuvor [19] Weiterwie zuvor Nur OAK

Hirninfarktmit PFO ohne andereUrsachen, >mittlerer Shunt undzwischen 16 und 60 Jahren

Disc-Occluder Disc-Occluder Nur OAK

Nach Disc-Occluder ASS+ Clop für 3 Mo dann Mono für 24 Mo ASS+ Clop für 1 Monatedann Mono für 12 Monate

Ohne Disc-Occluder ASS, wenn Rezidiv oder Thrombophilie OAK (z. B.[37])

ASS, wenn Rezidiv oderThrombophilie OAK (z. B.[37])

Nur OAK

Hirninfarkt infolge Halsgefäßdis-sektion

ASS oder OAK ASS oder OAK [48] Nur OAK

Vorhofohr-Occluderwg. VHF (Evidenz bisher unvoll-ständig [66]!)

ASS+ Clop für 3 Mo, dann ASS für 9 Mo [4, 17]Alternativ [34] OAK für 6 Wo [62], dann ASS+ Clopfür 3 Mo gefolgt von ASS für 7,5 Mo [62]

– –

TEA ASS ASS Nur OAK

Karotisstent ASS+ Clop für 1 Mo, dann ASS ASS+ Clop für 1 Mo, dannASS

Analog peripherer. Stent(s. unten)

Hochgradige intrakranielle Stenose ASS+ Clop für 6 Mo, dann Reevaluation [5] ASS+ Clop für 3 Mo, dannReevaluation [5]

Nur OAK [6]

Intrakranieller Stent ASS+ Clop für 3 Mo, dann ASS ASS+ Clop für 1 Mo, dannASS

Analog koronarer Stent

Akutes Koronarsyndrom ASS+ (Clopb oder TIC) für 12 Mo, dann ASS ASS+ Clop für 1 Mo, dannASS

OAK+ Clop+ ASS für 1 Mo,dann OAK+ Clop für 12 Mo,dann nur OAK [47, 73]

Koronarer Stent ASS+ Clop für 6 Mo, dann ASS ASS+ Clop für 1 Mo, dannASS

OAKc+ Clop+ ASS für 1 Mo,dann OAKc+ Clop für 6 Mo,dann nur OAK [47, 73]

Akutes Koronarsyn-drom+ koronarer Stent

ASS+ (Clop oder TIC) für 12 Mo, dann ASS [76] ASS+ (Clop oder TIC) für6 Mo, dann ASS

OAKa+ Clop für 6–12 Mo,dann nur OAK (s. stabile KHK)

Stabile KHK ASS (ev.+ 2× 2,5mg Rivaroxaban; [15]) ASS Nur OAK [71]

TAVI ASS+ Clop für 3–6 Mo, dann ASS ASS+ Clop für 1–3 Mo,dann ASS

OAK+ASS für 3 Mo, dannOAK[75]

Aortenbioprothese/TEVAR ASS für 3 Mo ASS für 3 Mo OAK+ASS für 3 Mo, dann nurOAK

Biologische Herzklappen OAKmit VKA für 3 Mo, dann ASS OAKmit VKA für 3 Mo,dann ASS

OAK

Mechanische Herzklappen Entfällt Entfällt OAKmit VKAa

Symptomat. PAVK Clop (oder ASS), (ev. ASS+ 2× 2,5mg Rivaroxaban;[15])

Clop (oder ASS) Nur OAK

Peripherer Stent ASS+ Clop für 1 Mo, dann Clop (oder ASS) ASS+ Clop für 1 Mo, dannClop (oder ASS)

Nur OAK

ASSAspirin 100mg/Tag („loading dose“ 300mg),ClopClopidogrel 75mg („loading dose“ 600mg; P2Y12-Antagonist),MoMonat,OAKorale Antikoagulation(wegen Vorhofflimmern [VHF], venöse Embolie o.Ä.), PFO „patent foramen ovale“ (offenes Foramen ovale), PAVK periphere Verschlusskrankheit (für asym-potmatische PAVK keine Medikation), stabile KHK koronare Herzkrankheit (>12 Mo nach Herzinfarkt oder >6 Mo nach koronarem Stent), TAVI „transcatheteraortic valve implantation“ (kathetergeführte Aortenklappenprothesenimplantation), TEA Karotisthrombendarteriektomie, TEVAR „thoracic endovascularaortic repair“ (Stentgraft), TIC Ticagrelor 2× 90mg (P2Y12-Antagonist), VHO Vorhofohr, VKA Vitamin-K-Antagonist,WoWochenaINR-Zielwert (nicht Marge) abhängig von Klappentyp und Patientenrisiko zwischen 2,5 und 4 [20]bNur bei Kontraindikation gegen Ticagrelor oder RasugrelcAuch mit 15mg Rivaroxaban (Xarelto) möglich [27]

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Übersichten

Tab. 2 Faustformel fürBeginnoderWiederaufnahmederoralenAntikoagulation (beiVHF)nachstattgehabtem Infarkt. (In Anlehnung an [9, 33, 44, 68, 72])

Latenz zu Ereignis

IschämischerSchlaganfall

Transitorische Attacke 1 Tag

Kleiner Infarkt ohne Funktionsausfälle(NIHSS <8)

3 Tagea

Mittlerer Infarkt mit Funktionsausfällen(NIHSS: 8–16)

6 Tagea

Großer Infarkt(NIHSS >16)

12 Tagea

Infarkt mit hämorrhagischer Inbibierungoder geringer lyseassoziierter intrazerebra-ler Blutung

Entspr. Infarktgröße (s. oben)b

Infarkt mit erheblicher intrazerebraler Ein-blutung

4Wochen, wenn stabil oderRückbildung per Bildgebungb

IntrazerebraleBlutung

Ursache traumatisch oder behandelbar,Risikofaktoren beherrscht

4 Wochen

Spontane Blutung 4 (–7) Wochenc

Ursache und Risikofaktoren nichtbehandelbarb

Ev. Vorhofohrverschluss

Subdural-hämatom

Traumatisch 2 Wochen, wenn Rückbildungper Bildgebungb

Nichttraumatisch Per Bildgebung undmit zusätz-licher Bildkontrolle nachWie-derbeginn der Antikoagulationb

NIHSS National Institutes of Health stroke scaleaGgf. früher, wenn intrakardiale Thromben oder LungenemboliebVorgehen in der Einrichtung der AutorencBasierend auf schwedischer Registerstudie, die statische Überlegenheit für OAK-Beginn 7 Wochennach Blutung fand, bei neurorehabilitationstypischen Hochrisikopatienten aber bereits nach 4 [58]

Tab. 3 Dosisanpassung für neue orale Antikoagulanzien. (Angelehnt an [72])

Dabigatran(Pradaxa®)

Rivaroxaban(Xarelto®)

Apixaban (Eliquis®) Edoxaban(Lixiana®)

Regeldosisbei GFR>50

2× 150mg 1× 20mg 2× 5mg 1× 60mg

Dosis beiGFR 30–50

2× 150mg 1× 15mg 2× 5mg 1× 30mg

Dosis beiGFR 15–30

n.e. 1× 15mg 2× 2,5mg 1× 30mg

Dosis beiGFR <15

n.e. n.e. n.e. n.e.

Dosisan-passungim Alter

2× 110mg, wenn≥80 Jahre oder Kome-dikationmit Verapa-mil

Nicht erfor-derlich

2× 2,5mg bei 2 Kriterienvon:≥80 Jahre; ≤60kgKG oderKreatinin ≥1,5mg/dl

Nicht er-forderlich

n.e. nicht empfohlen, GFR glomeruläre Filtrationsrate

rebrale Blutungen zu erhöhen [52]. Al-lerdings müssen für Ischämien und Blu-tungen unterschiedliche Latenzen bis zuBeginnoderWiederbeginneinerAntiko-agulation eingehalten werden (. Tab. 2).

Im Intervall bis zur Antikoagulationerfolgt nur eine allfälligeThrombosepro-phylaxe, aber kein Bridging mit Heparin.

Denn relativ zu keiner Überbrückungerhöht Bridging nur das Blutungsrisiko,ohne das Thromboserisikos zu mindern[79]. Zur Gabe von Thrombozytenag-gregationshemmern im Intervall bis zurAntikoagulation gibt es unterschiedlicheStellungnahmen [9, 44]. Wir geben diesenur unmittelbar nach Herzinfarkt oder

Stentplatzierung, aber nicht als „wenigerblutungsträchtige“ Zwischentherapie ei-nes Vorhofflimmerns.

Bildgebung zu Beginn der oralenAntikoagulationRehabilitationsneurologen haben seltenPatientenmit kleinenHirninfarktenodergar transitorisch ischämischenAttacken,bei denen die Vorteile eines neuen ora-lenAntikoagulans innerhalb weniger Ta-ge nach Ereignis mittlerweile gut belegtsind [67, 77]. In der Neurorehabilitationdominieren Patienten mit mittleren undgroßen Hirninfarkten und solchen mitEinblutungen sowie Patienten mit pri-mären Blutungen. Hier steht eine Anti-koagulation einem höheren Risiko fürEin- oder Nachblutung entgegen. ZurEingruppierung in Risikostufen ist zu-nächst die zerebrale Bildgebung initialund im frühen Verlauf notwendig. Offenist, welchen Beitrag Bildgebung währendder Neurorehabilitation leisten kann.

Eine hämosiderinsensitive MRTkannHinweise auf eine zerebrale Amyloi-dangiopathie und ein somit erhöhtesBlutungsrisiko geben [78]. Es werdenunterschiedliche Zahlen für magnet-resonanztomographisch nachgewieseneMikroblutungen vorgeschlagen, ober-halb derer nicht antikoaguliert werdensolle, z.B. 5 [44] oder 10 [72].Weder sindderzeit empirisch belastbare Grenzmaßenoch magnetresonanztomographischeSpezifika wie Feldstärke, Sequenz, Grö-ße oder Lokalisation benannt, nochliegen Ergebnisse zu randomisiertenStudien mit einem entsprechenden Ent-scheidungsalgorithmus vor. Lediglicheine kleine Serie zeigte, dass OAKs bin-nen eines Jahres zumindest die Zahlvon Mikroblutungen nicht vermehrten[65]. Daher ist derzeit der Beitrag einerMRT oder Computertomographie vor(Wieder-)Aufnahme einer OAK offen.

Nach einem ischämischen Hirnin-farkt durch VHF empfehlen Praxislei-tlinien zwar vor (Wieder-)Aufnahmeeiner OAK eine Verlaufsbildgebung zuerwägen, insbesondere wenn innerhalbder ersten 12 Tagen nach Ereignis anti-koaguliert wird [71]. Diese Empfehlunggeht u. a. auf eine Studie zurück, in dernach ischämischem Schlaganfall durchVHF bei 3,6% der Patienten symptoma-

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Tab. 4 Periprozedurales Blutungsrisiko. (In Anlehnung an [29, 72])

Risiko Eingriff

Vernach-lässigbar

ZVK-Entfernung, BlasendauerkatheterentfernungUnkomplizierte zahnärztliche Eingriffe (u. a. Zahnziehen, Abszessspaltung)Routinemagen- oder -darmspiegelung ohne PolypenabtragungTransösophageale Echokardiographie (TEE)Augenärztliche LokaleingriffeHautbiopsie oder kleinere ExzisionenElektromyographieb

Niedrig Angiographie und KoronarinterventionDie meisten BiopsienHand-, Schulter- und Fußchirurgie, abdominelle HernienoperationPolypenabtragung bei DarmspiegelungIntramuskuläre InjektionenLumbalpunktiona

Hoch Jeder operative Eingriff >45min DauerNeurochirurgische Eingriffe und Operationen (z. B. VPS, Kalottenplastik)Herz- und Gefäßoperationen (z. B. Thrombendarterektomie)Abdominelle und gastrointestinale Operationen (z. B. PEG, PEJ)Urologische (z. B. SPBK) oder große orthopädische OperationenBandscheibenoperationen

Ein niedriges periprozedurales Blutungsrisiko kann unterstellt werden, wenn berichtete Blutungs-komplikationen unter 1,5% liegen [45]ZVK zentraler Verweilkatheter, PEJ perkutane endoskopische JejunostomieaEingeordnet basierend auf Blutungsrisiko unter 1,5% [13],bEingeordnet in Analogie zu zahnärztlichen Eingriffen

Tab. 5 Aussetzen direkter OAKs vor Eingriff. (In Anlehnung an [45, 72])

Dabigatran(Pradaxa®)

Rivaroxaban(Xarelto®)

Apixaban(Eliquis®)

Edoxaban(Lixiana®)

GFR >80 N: 1 TagH: 2 Tage

N: 1 TagH: 2 Tage

N: 1 TagH: 2 Tage

N: 1 TagH: 2 Tage

GFR:50–80

N: 1–2 TageH: 2–3 Tage

N: 1–2 TageH: 3–4 Tage

GFR:30–50

N: 2–3 TageH: 4–5 Tage

N: 1–2 TageH: 3–5 Tage

N: 1–2 TageH: 3–4 Tage

N: 2–3 TageH: 4–5 Tage

GFR15–30

Entfällt N: 2–3 TageH: 4–7 Tage

N: 2–3 TageH: 4–5 Tage

N niedriges periprozedurales Blutungsrisiko entspr.. Tab. 4, H hohes periprozedurales Blutungsri-siko entspr.. Tab. 4, GFR glomeruläre Filtrationsrate

tische zerebrale Einblutungen gefundenwurden. Davon trat die Mehrzahl inner-halb der ersten 2 Wochen nach Ereignisauf [55]. Zu Hirnblutungen und Antiko-agulation wird allerdings auf eine korea-nische Serie verwiesen mit 254 Patientenmit intrakranialen Blutungen und VHF,die mit OAK behandelt wurden. Unterdiesen fanden sich sekundäre Einblutun-gennurbeiPatientenmit unvollständigerBlutungsrückbildung [57]. Tatsächlichhatten aber 36% dieser Patienten einSubduralhämatom. Subduralhämatomeaber haben eine eigene Pathophysiologieund sind äußerst nachblutungsträchtig.Patienten mit Subduralhämatomen, ins-besondere atraumatischen, und Indikati-

on für Antikoagulation untersuchen wirengmaschig magnetresonanztomogra-phisch und auch nach Wiederansetzender OAK. Daher sagt die o. g. Studie un-seres Erachtens nur wenig über die Rolleder Rückbildung einer intrazerebralenBlutung für das Risiko einer OAK aus.

Bildgebung ist für Rehabilitationskli-niken teilweise mit erheblichem Auf-wand verbunden. Eine Bildgebung vorjedem (Wieder-)Beginn einer Anti-koagulation würde daher oft erst mitVerzögerung erfolgen. Gleichzeitig istein rechtzeitiger (Wieder-)Beginn einerAntikoagulation entscheidend für diePrävention ischämischer Rezidive. Sozeigt die RAF NOAC Study die nied-

rigste Rate für kombinierte ischämischeund vaskuläre Rezidive bei Patienten,die 3 bis 14 Tage nach Ereignis mitdirekten OAK antikoaguliert wurden.Danach stieg die Rezidivrate von 2%auf über 9% an [56]. Ein Algorith-mus zur erneuten Bildgebung, welchermöglicherweise zu einer Verzögerungder Einleitung einer antithrombotischenTherapie führt, sollte daher gut fundiertsein. Hier fehlen Studien oder zumin-dest Registerdaten. Bisher finden wiraus der Originalliteratur für Patienten,die sich klinisch nicht verschlechtert ha-ben, keinen zwingenden Anlass für eineBildgebung vor (Wieder-)Beginn einerAntikoagulation jenseits von 2 Wochennach Hirninfarkt oder 4 nach intrazere-braler Blutung. Wichtig ist die Kontrolleerhöhten Blutdrucks.

Dosisanpassung neuer oralerAntikoagulanzienViele Patienten werden mit reduzierterAntikoagulation in die Neurorehabilita-tion verlegt. Teilweise erfolgt dies als Ab-wägung eines erhöhten Blutungsrisikosnach akutem Schlaganfall oder Blutung,teilweise wegen anfänglich verminderterNierenausscheidung, teilweise aus nichtnachvollziehbaren Gründen. Hier mussin der Neurorehabilitation entsprechendetablierter Kriterien nachjustiert werden(. Tab. 3).

Periprozedurale Unterbrechungantithrombotischer Therapie

Während der Neurorehabilitation müs-sen manche Interventionen mit gewisserDringlichkeit durchgeführt werden, jenach Indikation z.B. die Anlage einessuprapubischenBlasenkatheters (SPBK),einer perkutane endoskopische Gastro-stomiesonde (PEG) oder eines ventrikul-operitonealen Shunts (VPS) oder einerKalottenplastik wegen eines Sunken-brain-Syndroms. Dazu muss eine anti-thrombotische Therapie unterbrochenwerden. Operateure neigen dazu, auf pe-riprozedurale Blutungskomplikationenzu fokussieren. Rehabilitationsneurolo-gen sollten zusätzlich das Thrombembo-lierisiko berücksichtigen und daher mitdem periprozeduralen Management vonAntithrombotika vertraut sein.

Der Nervenarzt 4 · 2020 333

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Übersichten

Es gibt bisher nur retrospektive Datenaus Zulassungsstudien sowie internatio-nal und nach Fachdisziplin differierendeEmpfehlungen und Vorgehensweisen.Zunächst orientiert sich das Manage-ment aber an der Halbwertszeit des ein-gesetzten Präparates. Die Halbwertszeitwiederum wird bei renaler Eliminati-on von der Nierenleistung beeinflusst.Daneben wird das Blutungsrisiko ge-planter Eingriffe berücksichtigt [2]. BeiEingriffen mit vernachlässigbarem Blu-tungsrisiko können Antikoagulanzienunterbrechungsfrei fortgesetzt werden(. Tab. 4). Für direkte orale Antikoagu-lanzien genügt bei niedrigem peripro-zeduralem Blutungsrisiko ein Aussetzenvon 2 bis 3 Halbwertszeiten vor demEingriff; bei solchen mit hohem Risikosollten 4 bis 5 Halbwertszeiten eingehal-ten werden (. Tab. 5).

PostoperativkönnendirekteOAKsbeiniedrigem postoperativem Blutungsrisi-ko am Tag nach dem Eingriff wieder be-gonnen werden; bei hohem postoperati-vem Blutungsrisiko sollten 48–72h ein-gehalten werden und eine postoperativeHämostase sichergestellt sein [11]. Zu-sätzlichsollteberücksichtigtwerden,dassdie renale Ausscheidungsleistung post-operativ beeinträchtigt sein kann, sodasshier die Dosis direkter OAKs vorüber-gehend angepasst werden müsste.

FürVitamin-K-AntagonistenwirdbeiEingriffen mit niedrigem Blutungsrisikomittlerweile kein Absetzen mehr emp-fohlen. Vor Eingriffen mit hohem Risi-ko sollte der Vitamin-K-Antagonist un-ter INR-Kontrolle entsprechend seinerHalbwertzeit Tage zuvor abgesetzt wer-den [2]. Ein zusätzliches präoperativesBridging bringt keinen Vorteil, sondernerhöht nur die Blutungsrate [12]. EinBridging wird einzig für die Unterbre-chung einer oralen Antikoagulation beimechanischen Herzklappen empfohlen[20].

Thrombozytenaggregationshemmungmit Acetylsalicylsäure kann nach denmeisten Empfehlungen auch bei Eingrif-fenmithohemBlutungsrisikofortgeführtwerden. Zusätzliche Plättchenhemmerwie Clopidogrel oder Ticagrelor solltenrelativ zur durchschnittlich 10-tägigenThrombozytenlebensdauer 5 bis 7 Ta-ge vor einem Eingriff abgesetzt und

unmittelbar postoperativ wieder ange-setzt werden. Unter Thrombosepräven-tionsgesichtspunkten sollten wegen deserhöhtenThromboserisikos in der Früh-phase nach einem vaskulären EreignisIntervention daher möglichst spät erfol-gen. Heparine in Prophylaxedosierungkönnen am Tag des Eingriffes ausgesetztwerden [18].

Der dritte Blick

AuchnachAbschluss einerNeurorehabi-litation bleibt die Behandlung der meistälterenundmultimorbidenPatientenan-spruchsvoll. Insbesondere da Rehabilita-tionsneurologen wissen, wie wichtig dieInformationskette für die Patientenver-sorgung ist, sollten sie dem Nachbehan-delnden den sozusagen dritten Blick er-leichtern.

Über den geltenden Standard des Ent-lassmanagements hinaus müssen hierzuErläuterung von Medikationsindikatio-nen und Dosierungen gehören. Mittel-fristig sollten abermedizinischeUnterla-genvollständigelektronischbereitgestelltwerden.

Fazit für die Praxis

4 Neurorehabilitation umfasst reha-bilitative und über Fachdisziplinenhinausgehendemedizinische Versor-gung.

4 Komplette Informationsweitergabeist Pflicht für Vorbehandler undRehabilitationsneurologen.

4 Überweisungsdiagnosen und The-rapien müssen hinterfragt und ggf.angepasst werden.

4 Insbesondere die Medikation musszeitnah angepasst werden.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. S. KnechtSt. Mauritius TherapieklinikStrümper Straße 111,40670 Meerbusch,[email protected]

Danksagung. Wir danken Dr. Kyrill Makoski, Fachan-walt für Medizinrecht, für die unterstützende Bera-tung.

Funding. Open Access funding provided by ProjektDEAL.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt. S. Knecht undT. Schmidt-Wilckegeben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Für diesenBeitragwurden vondenAutoren keineStudien anMenschenoder Tierendurchgeführt.Für die aufgeführten Studiengelten die jeweils dortangegebenen ethischenRichtlinien.

Open AccessDieser Artikelwird unter der CreativeCommonsNamensnennung4.0 International Lizenzveröffentlicht, welche dieNutzung, Vervielfältigung,Bearbeitung, VerbreitungundWiedergabe in jegli-chemMediumundFormat erlaubt, sofern Sie den/dieursprünglichenAutor(en)unddieQuelle ordnungsge-mäßnennen, einen Link zur Creative Commons Lizenzbeifügenundangeben, obÄnderungen vorgenom-menwurden.

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WeitereDetails zur Lizenz entnehmenSie bitte derLizenzinformation auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de.

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