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Dr. Peter Stolz Der Ost-West-Konflikt: Die Welt der USA und die der UdSSR oder die Aporien der Blöcke Eine Unterrichtsreihe für eine 10. Klasse Geschichte. Multiperspektivischer Geschichtsunterricht mit dem Schulbuch produkt.qxd 30.01.2006 09:26 Seite 1

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Dr. Peter Stolz

Der Ost-West-Konflikt: Die Welt der USA und die der UdSSRoder die Aporien der Blöcke

Eine Unterrichtsreihe für eine 10. Klasse Geschichte.Multiperspektivischer Geschichtsunterricht mit dem Schulbuch

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Druck A1 / Jahr 2006

Druck und Bindung: westermann druck GmbH, Braunschweig

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Einleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

Dr. Peter Stolz, Berlin:Multiperspektivität als Makromethode . . . . . . . . 4

Dr. Gerhard Weil, Lisum Berlin:Interkulturalität und Geschichtsunterricht . . . . . 6

Der Ost-West-Konflikt: Die Welt der USA und die der UdSSR oder die Aporien der Blöcke . . . . . . . . . . . 8

1. Rahmenplanbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2. Darstellung der Unterrichtsreihe . . . . . . . . . . . 8

2.1 Ziele der Unterrichtsreihe . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.2 Die Unterrichtsreihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.3 Konzeption der Einzelstunden . . . . . . . . . . . 10

1) Die Welt im Kalten Krieg: Der Fall Kuba . . . . . . . . . . . . . . . 10

2) 13 Tage bis zum Atomkrieg: Die Lösung der Kuba-Krise . . . 13

3) Zwischen Wettrüsten und Rüstungsvereinbarungen: Die Schatten des Overkills . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

4) Die Grenzen der Macht der USA: Vietnam . . . . . . . . . . . . . 20

5) Die Grenzen der Macht der UdSSR: Afghanistan . . . . . . . . 24

6) Das Ende des Kalten Krieges: Der Beginn der „Einen Welt“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

7) Nach dem Kalten Krieg der heiße Krieg: Fundamentalismus und Terror – eine Facette der „Einen Welt“? . . . . . . . . . . . . 30

8) Ist der Sozialismus am Ende? Eine mögliche Bilanz . . . . . . 34

Inhalt

I.

II.

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Dr. Peter Stolz

Einleitung: Multiperspektivität als Makromethode

Nach jahrelangen Debatten über Rolle und Funktion des Geschichts-schulbuches scheint dieses Medium nun nicht mehr grundsätzlich alsSkandalon des Geschichtsunterrichts gebrandmarkt zu werden.1

Arbeitsblätter und Schulbuch können offensichtlich nebeneinanderexistieren. Sicherlich liegt dies u.a. auch an der Erkenntnis, dass eserstens auch brauchbare Schulbücher gibt, die den Anforderungen einesmodernen Geschichtsunterrichts – auch im Zeitalter des PISA-Schocks– genügen, und zweitens, dass das Zeitalter der ständigen Infragestellungdes Schulbuches – unter dem fachdidaktischen Axiom des Leitziels„Emanzipation“ – einem gewissen Realismus und Pragmatismus gewi-chen ist. Das Schulbuch ist fester Bestandteil der Arbeit des Lehrers, dieFrage stellt sich nur, welches Schulbuch wählt er aus und welchenAnforderungen muss es genügen.2

Die Anforderungen, denen das Geschichtsbuch genügen muss, kön-nen aus dem Zusammentreffen einer Reihe von Diskursen definiert wer-den, die unter heutigen Bedingungen im realen Unterricht in Beziehungtreten: Die PISA-Studie unterstreicht vor allem die Problemhaftigkeitdes Unterrichts, die Selbstständigkeit der Schülerarbeit und den Team-geist, der beim problemlösenden Arbeiten entwickelt wird. Neu sind die-se Erkenntnisse nicht, sie sind nur offensichtlich etwas in Vergessenheitgeraten.3 Problemlösungskompetenz können Schülerinnen und Schü-ler4 vor allem durch multiperspektivische und multimediale Herange-hensweisen erlangen, die besonders sinnvoll in Partner– oder Grup-penarbeit erreicht werden können.5 Reine Problemlösungskompetenz,d.h. letztendlich Methodenkompetenz ohne Inhalte, ist dabei ein Glas-perlenspiel. Auch hier gibt es die verschiedensten Konzepte des multi-perspektivischen Ansatzes: Im Blickwinkel der heutigen Gefahrendurch die Globalisierung und den weltweiten Terrorismus ist sicherlichdem Konzept Heumanns eher zuzustimmen als dem Bergmanns. Heu-mann postuliert ein „universales Geschichtsbild“, d.h. nicht additive,enzyklopädische „Weltgeschichte“, sondern fachbegrifflich strukturier-te „Universalgeschichte“, die „… den Blick auf die gesellschaftlichen,staatlichen und wirtschaftlichen Strukturen der Großgruppen in derWelt“6 richtet.

Legt man in Bezug auf die Inhaltsauswahl die Kategorien des Gegen-warts– und Zukunftsbezugs von Geschichtsunterricht an Bergmannsanthropologisch–soziologischen Ansatz an, so ist er heutzutage proble-matisch. Bergmann postuliert eine kulturelle Geprägtheit deutscherSchüler durch die deutsche und angelsächsisch-amerikanische, d.h.„westliche“, Kultur, die ihn bei der Inhaltswahl dazu bringt zu behaup-ten: „Daraus aber schließen zu wollen, nun seien auch Kurse in chine-sischer oder russischer, irakischer oder indischer Geschichte angezeigt,um die Welt mit den Augen der anderen sehen zu können, führt in dieIrre, weil die damit verbundene ungeheure und fast beliebig erweiterba-re Ausdehnung der narrativen Wissenskomplexe schon in sich proble-matisch ist, vor allem aber nur einen abstrakt erkennbaren Bezug zu denLebenszusammenhängen der Schülerinnen und Schüler hat.“7 Selbst-

4

11 Vgl. dazu die Einführung in das

Medium SCHULBUCH: Ursula A. J. Becher:

„Schulbuch.“ In: Pandel, H.-J., Schneider, G.:

Medien im Geschichtsunterricht. Schwal-

bach/Ts., 1999, S. 45 ff.

22 Vgl. zur Diskussion um Kriterien zur

Beurteilung guter Schulbücher u.a. Rüsen, J.:

„Das ideale Schulbuch. Überlegungen zum

Leitmedium des Geschichtsunterrichts.“

In: Internationale Schulbuchforschung, 14,

1992, S. 237-250 und neueste Entwicklun-

gen: Rohlfes, Joachim: „Geschichtsdidaktik-

Geschichtsunterricht, Teil II: Schulbücher fürdie Sek. I.“ In: GWU, 9, 2001, S. 533 ff., bzw.

ders.: „…, Teil III: Lernmaterial für die Sek. II.“ In: GWU, 9, 2001, S. 621 ff.

33 Vgl. H. Heumann: ProblemorientierterGeschichtsunterricht. Ziele, Methoden,

Modelle, Band 1-4, Frankfurt am Main, 1989

ff. und Vgl. Uwe Uffelmann et al.: Problem-orientierter Geschichtsunterricht. Grundle-

gung und Konkretionen, Villingen-Schwen-

nigen, 1990 und ders.: „Problemorientierter

Geschichtsunterricht“ In: Bergmann, Kuhn,

Rüsen, Schneider (Hrsg.): Handbuch derGeschichtsdidaktik. Seelze, 1997, S. 282-287.

Von aktueller Brisanz als Verknüpfung von

Bedingungsanalyse und fachdidaktischer

Diskussion siehe auch: Uffelmann, Uwe

(Hrsg.): Identitätsbildung und Geschichtsbe-wußtsein nach der Vereinigung Deutsch-lands. Deutscher Studienverlag, 1993, ders.:

Historisches Lernen im vereinten Deutsch-land. Nation – Europa -Welt. Weinheim:

Deutscher Studien Verlag, 1994 und ders.:

„Problemorientierung“. In: Mayer, Ulrich /

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verständlich ist dem letzten Teil seiner Ausführungen zuzustimmen,aber allein das „Erlernen von Perspektivenübernahme“ als „Erlerneneiner übertragbaren Kompetenz“8, d.h. als methodisches Prinzip, istzwar die notwendige Bedingung von gelungenem Geschichtsunterricht,die Inhaltsfrage kann heutzutage aber nur global beantwortet werden,was die aktuelle Diskussion um Islamismus und Terrorismus zeigt.

Gegenwarts- und Zukunftsbezug der Inhalte kann im Zeitalter derGlobalisierung nicht zur Beschränkung auf „unsere“ Kultur führen,denn dies würde die Urteilsfähigkeit der Schüler ideologisch einschrän-ken. Erst der inhaltlich fundierte Diskurs führt zur Kommunikation derKulturen, Methode allein ist an dieser Stelle zu wenig, Fachwissen indidaktisch reduzierten klaren Inhalten gehört dazu. Der problemorien-tierte Geschichtsunterricht verfehlt aber seinen methodischen Gegen-warts- und Zukunftsbezug, wenn er nicht die vielen diskrepanten Dis-kurse, die heutzutage alle mehr oder weniger gleichberechtigt innerhalbunserer Gesellschaft vorkommen, berücksichtigt. Diesen Widerstreit derIdeen und Interessen in einem toleranten aber klar standpunktorien-tierten Gespräch auszutragen, ist ein dezidiertes Leitziel moderner histo-risch-politischer Bildung.

Der Blick für die multiplen Standpunkte kann aber nur im Unterrichtgeschärft werden, die Wahrnehmung muss folglich zentraler fokussiertwerden, diskrepante Wahrnehmungen können nicht mehr als jeweilswahr oder falsch kategorisch apostrophiert werden. Der methodischeZugang ist daher nur im Sinne eines multiperspektivischen Geschichts-unterrichts möglich, in dem neben dem eher sozialwissenschaftlichenERKLÄREN auch das hermeneutische VERSTEHEN steht: Wahrnehmungder Andersartigkeit von Perspektiven, Verständnis dafür, Übernahmeder diskrepanten Perspektiven und schließlich Integration dieserzunächst fremden Perspektiven in das eigene Koordinatensystem, dasdadurch automatisch erweitert und verändert wird, dies alles führt zutolerantem Umgang mit der Verschiedenheit und zum Aufbau von fle-xiblen Identitäten mit sozialer Kompetenz.9

Multiperspektivität und Geschichte „selber denken“ sind daher zweiwichtige fachdidaktische Prinzipien, die schülerorientierten und hand-lungsorientierten Unterricht stützen. Besonders ROLLENSPIELE, KREATI-VE SCHREIBANLÄSSE oder andere „METHODISCHE ARRANGEMENTS“ (Brie-fe in einer bestimmten Perspektive, Bittschriften, …)10, schüler- undhandlungsorientierte UNTERRICHTSEINSTIEGE11 bzw. Einbindung derHausaufgaben in die Unterrichtsstunde sind Möglichkeiten, diesemethodische Entscheidung zu realisieren.

Ziel des Unterrichts ist es beispielsweise durch Rollenspiele im Sin-ne des multiperspektivischen Geschichtsunterrichts nach Bergmann dieEntwicklung einer konkreten „narrativen Kompetenz“ für jeden einzel-nen Schüler zu gewährleisten, so dass Geschichtsunterricht nicht mehrdie monoperspektivische Kulturleistung einer Gesellschaft bleibt, son-dern eine je individuelle Brechung durch den handelnden, mündigenBürger erfährt: Die GESCHICHTE wird dann zu den vielen GESCHICHTEN,die alle miteinander zusammenhängen und – fern eines subjektivenRelativismus – für jeden Schüler auch ihre je eigene kompetente undargumentativ belegte Färbung tragen. Geschichtsunterricht wirddadurch demokratischer und kommunikativer. Die praxisnahe undpragmatische Grundlage dieses multiperspektivischen und methodischdiversifizierten Unterrichts ist deshalb das Schulbuch.

5

Pandel, Hans-Jürgen / Schneider, Gerhard

(Hrsg.): Handbuch Methoden im Geschichts-unterricht. Schwalbach/Ts., 2004, S. 78-90.

44 Wenn im Folgenden aus Gründen der

Lesbarkeit ausschließlich die maskuline Form

(„Schüler“ etc.) verwendet wird, so sind

selbstverständlich damit immer beide

Geschlechter intendiert.

55 Vgl. dazu das Konzept von H. Heu-

mann: Problemorientierter Geschichtsunter-richt, a.a.O., 1989, S. 12-13 und die sehr

überzeugende Weiterentwicklung bei

Bergmann, Klaus: Multiperspektivität.Geschichte selber denken. Schwalbach/Ts.,

2000, da besonders die verschiedenen

Stadien der Perspektivdifferenz bis hin zur

Perspektivübernahme auch entwicklungs-

psychologisch sehr differenziert dargestellt

werden.

66 Vgl. H. Heumann: ProblemorientierterGeschichtsunterricht, a.a.O., 1989, S. 10.

77 Vgl. Bergmann, Klaus: Multiperspekti-vität. Geschichte selber denken. Schwal-

bach/Ts., 2000, S. 65.

88 Ebenda, S. 66.

99 Ebenda, S. 1-89.

1100 Vgl. dazu Pandel, H.-J.: Quelleninter-pretation. Die schriftliche Quelle imGeschichtsunterricht. Schwalbach/Ts., 2000,

S. 183 ff. und ders.: „Textquellen im Unter-

richt. Zwischen Ärgernis und Erfordernis.“

In: Geschichte lernen, 46, 1995, S. 14-21.

1111 Vgl. dazu Schneider, Gerhard:

Gelungene Einstiege. Voraussetzung für

erfolgreiche Geschichtsstunden. Schwal-

bach/Ts., 1999.

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Dr. Gerhard Weil, LISUM Berlin

Einleitung: Interkulturalität undGeschichtsunterricht

Dem Konzept der Interkulturalität ist das Prinzip der Multiperspektivitätnotwendig eigen. Ein interkultureller Zugriff auf Vergangenheit ist somiteine Spielart multiperspektivischer Geschichtsbetrachtung. Eine zen-trale Rolle spielt dabei der (interkulturelle) Perspektivwechsel, der denWechsel zur kulturellen Fremdperspektive in besonderer Weise betont.

So heißt es folgerichtig in dem Beschluss der Kultusministerkonfe-renz (KMK) mit Empfehlungscharakter vom 25.10.1996 „Interkulturel-le Bildung und Erziehung in der Schule“:

„In der Auseinandersetzung zwischen Fremdem und Vertrautem istder Perspektivwechsel, der die eigene Wahrnehmung erweitert und denBlickwinkel der anderen einzunehmen versucht, ein Schlüssel zu Selbst-vertrauen und reflektierter Fremdwahrnehmung. Die durch Perspektiv-wechsel erlangte Wahrnehmung der Differenz im Spiegel des anderenfördert die Herausbildung einer stabilen Ich-Identität und trägt zurgesellschaftlichen Integration bei. Eine auf dieser Grundlage gewonne-ne Toleranz akzeptiert auch lebensweltliche Orientierungen, die mit deneigenen unvereinbar erscheinen, sofern sie Menschenwürde und -rech-te sowie demokratische Grundregeln achten.“

Unter den didaktischen und methodischen Hinweisen dieses Be-schlusses wird das Fach Geschichte ausdrücklich genannt:

„Dabei sind es beispielsweise im Geschichtsunterricht weltge-schichtliche Querschnitte und Quellen, die Ereignisse aus unterschied-lichen Perspektiven verdeutlichen.“

Gerade der Geschichtsunterricht hat eine lange Entwicklung voneinem sehr auf die deutsche Nation bezogenen (germanozentrierten)Ansatz der Geschichtsvermittlung zu eher multiperspektivischen Sicht-und Handlungsweisen durchlaufen. Dennoch steht an manchen Schu-len diese fundamentale neue Weichenstellung in der Unterrichtspraxisnoch aus. Die Vereinigung Deutschlands und die „Globalisierung“haben die Bereitschaft, sich von tradierten Unterrichtsinhalten undMethoden zu trennen, gefördert. Dies lässt sich auch bei den Rahmen-lehrplänen erkennen.

Die Geschichtsbücher sind den multiperspektivischen und interkul-turellen Postulaten der Geschichtsdidaktik und den Anforderungen derKMK in zunehmender Weise gerecht geworden. Dabei geht es im Zugeder politischen Vereinigung Europas um Fragen wie die nach dem„Europäischen Geschichtsbuch“, d.h. einer grundsätzlichen Abwen-dung von einer „nationalen“ Geschichtsperspektive zugunsten einerdurchgehenden Betrachtungsweise von europäischen Aspekten. Schonlange vor dem Mauerfall und trotz der Ost-West-Gegensätze waren z.B.auch die Ergebnisse der „Deutsch-Polnischen Schulbuchkommission“richtungweisend. Welche nachhaltigen Störungen die Nichtaufarbei-tung der Vergangenheit in Schulbüchern bewirken kann, sieht man amchinesisch-japanischen Konflikt über die japanische Besatzungszeit inder Mandschurei.

Zum anderen bieten erst in jüngerer Zeit zugänglich oder interessantgewordene Quellen die Möglichkeit, die begrenzte Objektivität bisher

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als gültig erachteter Berichte von z.B. kirchlicher Seite über die Kreuz-züge durch interkulturellen Perspektivwechsel zu neuen Erkenntnissenoder Relativierungen zu führen. Als Beispiel sei hier das Buch von AminMaalouf „Der Heilige Krieg der Barbaren – Die Kreuzzüge aus der Sichtder Araber“12 angeführt, das drastisch über die Handlungsweisen der„eigenen“ Machthaber urteilt, gleichzeitig aber Hintergründe liefert, diebei der Geschichtsschreibung in Europa früher keine Rolle spielten. Alsklassisches Anschauungsmaterial kann dazu auch die Schrift von W.Montgomery Watt: „Der Einfluß des Islam auf das europäische Mittel-alter“13 gesehen werden, das von einer Kette von Geschichtsfälschun-gen mit dem Ziel berichtet, die kulturelle und wissenschaftliche Vor-machtstellung der Araber jener Zeit zu relativieren, zu „christianisieren“oder Ergebnisse „neu“ zu erfinden. Die für Historiker manchmal Ver-unsicherung schaffende Tendenz, als belegt und unumstößlich angese-henen Tatsachen mit respektloser, dem Perspektivwechsel verbundenerUnverzagtheit neu gegenüber zu treten, macht auch die Beschäftigungmit ferneren Geschichtsepochen wieder spannend. Mitunter ergibt sichdabei auch der hervorragend nutzbare „Nebeneffekt“, die Kulturen derMigrantenschüler in Deutschland in positiver Weise zu entdecken undeinzubeziehen.

Eine andere Frage der Didaktik wird auch in dem genannten KMK-Beschluss angesprochen:

„Interkulturelle Zusammenhänge können aus der isolierten Sichteinzelner Fächer allerdings nur unvollständig erarbeitet werden, dasfächerübergreifende Anliegen interkultureller Bildung wird in derfächerverbindenden Abstimmung und Kooperation verwirklicht, durchdie Bezüge hergestellt, Zusammenhänge und Wechselwirkungen be-wusst gemacht werden. Das erfordert ein hohes Maß an Kooperationund Koordination in der Schule. Möglichen Vorurteilen und Ängstenwird am wirkungsvollsten zum Beispiel in Gemeinschaftsarbeiten undProjekten, in Simulationen und Rollenspielen begegnet; in ihnen kön-nen Erkenntnisse praktisch erprobt und Erfahrungen beispielhaftgewonnen und aufgearbeitet werden, lassen sich interkulturelle Kon-flikte im gemeinsamen Handlungsfeld bewältigen.“

Hier ist der Geschichtsunterricht aufgefordert, gerade vor dem Hinter-grund der Notwendigkeiten einer interkulturellen Erziehung und derMöglichkeiten von schulinternen Curricula – nicht zuletzt im Interessevon Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund – vor Ort aufdie Vertreter anderer Fächer zuzugehen, um anknüpfend an dieseGedanken eine neue Kultur des Lernens und fächerübergreifende, hand-lungsorientierte Projekte und Kooperationen zu realisieren.

Wer sich ausführlicher mit der Interkulturalität beschäftigen möchte,dem seien neben den bereits erwähnten KMK-Empfehlungen vor allemdie „Eckwerte Interkulturalität“ vom Juni 2004 des Comenius-InstitutsSachsen empfohlen, wo unter:

http://www.sn.schule.de/~ci/1024/bg_lp_grundsaetze.htmleine lesenswerte pdf-Datei zu diesem Thema heruntergeladen werdenkann.

7

1122 Amin Maalouf: „Der Heilige Kriegder Barbaren – Die Kreuzzüge aus der Sichtder Araber“, dtv, München 2003.

1133 W. Montgomery Watt: „Der Einflußdes Islam auf das europäische Mittelalter“,

Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 1988.

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Der Ost-West-Konflikt: Die Welt der USAund die der UdSSR oder die Aporien derBlöcke.Eine Unterrichtsreihe für eine 10. KlasseGeschichte. MultiperspektivischerGeschichtsunterricht mit dem Schulbuch

1. Rahmenplanbezug

Im neuen Berliner Rahmenlehrplan für das Fach Geschichte – gültig abdem Schuljahr 2006/2007 – wird das Thema für die Doppeljahrgangs-stufe 9/10 als dritter Schwerpunkt (3. Konfrontation der Blöcke und dieDeutsche Frage, Ost-West-Gegensatz und Kalter Krieg) ausgewiesen.Mit nachfolgender Unterrichtsreihe können auch die Unterpunkte desvierten Schwerpunktes „Aktuelle weltpolitische Problemfelder: Krisen-herde und internationales Konfliktmanagement“ abgedeckt werden,wobei der Schwerpunkt auf 3. liegt.

Die Reihe umfasst 8 Unterrichtsstunden, enthält aber auch vielemethodische und mediale Vertiefungsphasen und -stunden, so dass derRahmenplan auf allen Kompetenzebenen erfüllt werden kann.

Moderner Geschichtsunterricht wird daher nach den Erkenntnissender Fachdidaktik (Schüler-, Handlungsorientierung, Einüben voninstrumentellen Techniken – Karteninterpretation, Quelleninterpretati-on, Karikaturinterpretation und schülerorientierte Sicherung von Unter-richtsergebnissen) in einer Unterrichtsreihe komplex verwoben konzi-piert. Die Stunden bauen zwar aufeinander auf, es können aber auchEinzelstunden im Sinne einer Modultechnik herausgetrennt werden,wenn Zeitnot oder pädagogische Entscheidungen dies erfordern, ohnedass der rote Faden inhaltlich verloren geht (Stunde 7 und 8 sind fakul-tativ). Diese flexible Planung berücksichtigt im Sinne der verschiedeneno.g. Elemente einer Bedingungsanalyse die diskrepanten Lernsituatio-nen vor Ort.

2. Darstellung der Unterrichtsreihe (8 Unterrichtsstunden)

2.1 Ziele der Unterrichtsreihe

Jede Unterrichtsreihe besitzt Leitziele, die für die gesamte Reihe gelten.Methodenlernen ist nicht nur ein „Modewort“ der Fachdidaktik, esmuss auch stets inhaltlich vernetzt zu realistischen Kompetenzerweite-rungen für die Schüler führen.

Eine wichtige Kompetenzerweiterung ist die möglichst selbstständi-ge Beschaffung, Auswertung, Erläuterung und Sicherung von Informa-tionen, die auf fachbegrifflich sauberer und klarer Ebene verhandelt wer-

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den. Das weitgehend selbstständige Erstellen eines Tafelbildes lässt dieSchüler erleben, wie Geschichtsunterricht zu „ihrem“ Unterricht wird.

Eine weitere methodische Komponente dieser Reihe ist das Verste-hen, Erklären, sich Hineinversetzen und kritische Integrieren von frem-den Perspektiven, ihre Erkenntnis, ihr Verständnis und die koordinier-te Integration ins eigene Denken und Fühlen im multiperspektivischenGeschichtsunterricht. D.h. die Schülerinnen und Schüler entdecken,beschreiben, unterscheiden, bewerten und übernehmen unterschiedli-che Perspektiven unterschiedlicher Gruppen in konkreten historischenSituationen.

Medienerziehung hängt eng mit dem Erwerb von Methodenkompe-tenz zusammen, deshalb wird der Umgang mit Karikaturen in dieser Rei-he besonders geübt14: Die Schülerinnen und Schüler erkennen unduntersuchen die Merkmale von Karikaturen, indem sie sie beschreiben,analysieren, erläutern, kontextualisieren und bewerten; sie erwerbendadurch eine vertiefte Medienkompetenz.

Neben diesem methodischen Ziel ist auch ein affektives Ziel wich-tig, nämlich die Bereitschaft, sich mit der Komplexität der Geschichtefreudig auseinander zu setzen, sie nicht als unheilvolle Unübersichtlich-keit zu betrauern, sondern sie als vielfältige, kreative Lebendigkeit zubegrüßen, die zu Toleranz und Interesse am Anderen, Unbekannten undFremden anleitet. Die Schülerinnen und Schüler erwerben damit einStück Orientierungskompetenz, indem sie im individuellen Werturteilauch Verständnis für das Fremde, Unbekannte und Andere zeigen.

Ein weiteres Ziel besteht darin, dieses Methodentraining mit einemSchulbuch durchzuführen, d.h. nicht eine Flut von Medien und Arbeits-bögen einzusetzen, sondern den Schülern zu zeigen, dass die alte „Gu-tenberg-Galaxis“, das Schulbuch, ein faszinierendes Medium sein kann,mit dem man – fest gebunden – Geschichte verflüssigen und damit leben-dig werden lassen kann.

Ein zusätzliches Ziel ist es, Teamfähigkeit und Präsentationskompe-tenz zu erreichen: Fast in jeder Stunde wird in Gruppen- oder Partner-arbeit gearbeitet und werden interaktive Elemente eingeplant, so dassdie Schüler den Gegenstand untereinander verhandeln, erläutern undpräsentieren.

Diese fünf Leitziele bestimmen nicht nur jede Einzelstunde, sondernauch die Reihe als Ganzes.

2.2 Die Unterrichtsreihe

Insgesamt umfasst die Unterrichtsreihe acht Stunden und ist damit pra-xisnah im Rahmenplan der 10. Klasse zu realisieren:

1) Die Welt im Kalten Krieg: Der Fall Kuba2) 13 Tage bis zum Atomkrieg: Die Lösung der Kuba-Krise3) Zwischen Wettrüsten und Rüstungsvereinbarungen:

Die Schatten des Overkills4) Die Grenzen der Macht der USA: Vietnam5) Die Grenzen der Macht der UdSSR: Afghanistan6) Das Ende des Kalten Krieges: Der Beginn der „Einen Welt“?7) Nach dem Kalten Krieg der heiße Krieg: Fundamentalismus

und Terror – eine Facette der „Einen Welt“?8) Ist der Sozialismus am Ende? Eine mögliche Bilanz

9

1144 Im Buch „Expedition Geschichte“,

Band 4, hrsg. von Florian Osburg und

Dagmar Klose, Frankfurt a. M. 2003, gibt es

zur Karikaturanalyse eine Methodenseite

(S. 29, „Gewusst wie! Die Analyse von

Karikaturen“), die den Vierschritt metho-

disch vertieft (beschreiben, analysieren/er-

läutern, kontextualisieren und schließlich

beurteilen); außerdem erklärt der Autor,

dass es vor allem in dieser Epoche des Kalten

Krieges „eine Flut von Karikaturen“ gab, so

dass sich hier auch fachwissenschaftlich

dieser Methodenbaustein anbietet.

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2.3 Konzeption der Einzelstunden

1) Die Welt im Kalten Krieg: Der Fall Kuba

In der Einstiegsstunde ist es wichtig, dass die Schüler zunächst, indemsie an Bekanntes anknüpfen15, mit mehreren diskrepanten Medien dieGrundproblematik der Zeit erfassen. Dadurch werden verschiedeneLernertypen angesprochen, so dass möglichst alle Schüler der Lern-gruppe bereits zu Beginn der Unterrichtseinheit erreicht werden, umeinen hohen Grad an Motivation zu erlangen.

Methodisch gesehen, ist eine Hypothesenbildung im Sinne des pro-blemorientierten Geschichtsunterrichts anzuraten, so dass die Schülerin einer zweiten Phase mit geeignetem Lernmaterial – gestützt durch eingelenktes Unterrichtsgespräch – dann erste Ergebnisse an der Tafelselbstständig und stichwortartig festhalten können.

Das instrumentelle Lernziel der Stichwort-, d.h. Begriffsbildung undder handlungsorientierte Aspekt, dass Schüler ihr Tafelbild weitgehendselbstgesteuert erstellen, ist ein Leitziel für die gesamte Reihe (s.o.) undwird mittels des einfachen Bild- und Kartenmaterials in der ersten Stun-de der Reihe bereits angebahnt. Die Schüler können durch diese Bild-und Kartenmedien an den bekannten Stoff (Ergebnisse des ZweitenWeltkrieges) anknüpfen, ihn reaktivieren und das Neue besser verste-hen. Sie erhalten genügend Sprechanlässe, da es sich nicht um ver-sprachlichte Medien handelt, aus denen sie einfach nur Sätze heraus-schneiden und sie dann im Unterricht äußern können, sondern die Bild-medien müssen erst versprachlicht werden. Die Schüler können folglichnicht einfach nur Stichworte anschreiben und nennen, sondern müssenjeden angeschriebenen Begriff auch erläutern, d.h. lernen komplexereshistorisches Denken in einem ersten Transferakt.

Das didaktische Problem dieser Stunde ist es, für die Schüler denÜbergang von der unmittelbaren Nachkriegszeit und dem Zerbrechender Anti-Hitler-Koalition zum Denken innerhalb des starren Rahmensder Kalten-Kriegs-Logik problemhaft und exemplarisch am Fall Kubadeutlich zu machen. Die neuen Gefahren des Atomzeitalters stellendabei eine Bedingung und gleichzeitig auch eine Aporie dieser Logikdar, was u.a. zu einem vernunftgeleiteten Krisenmanagement führt, indem sich Kennedy und Chruschtschow zur Etablierung des roten Tele-fons entschließen und den Konflikt rational und ohne der Logik desAtomzeitalters bis zum Ende zu folgen lösen.

Als Einstieg sollen die Schüler daher mittels der Bilder und der Karte aufden Seiten 34 und 35 Hypothesen zum Stundenthema „Die Welt im Kal-ten Krieg: Der Fall Kuba“ entwickeln. Zunächst sollen in einem gelenk-ten Unterrichtsgespräch die beiden visuellen Medien interpretiert wer-den und der Zustand der Welt erläutert werden. Dabei erlauben es diebeiden visuellen Medien den Schülern, den Zustand der Welt in eigeneWorte zu fassen, da sie nicht mit Texten arbeiten; sie führen somit zueiner starken Aktivierung des Schülerdenkens.

Die Impulse des Lehrers könnten dann lauten: Wer besetzt Kuba, fürwen ist dies eine Bedrohung, wie könnte die Bedrohung aussehen, waskönnte damit beabsichtigt sein, welche Konsequenzen könnten sichdadurch für die beiden Supermächte ergeben, was bedeutet dies für denWeltfrieden? Durch die Hierarchisierung der Impulse wird den Schülern

10

1155 Vgl. zu diesem Konzept aus der

Lernbiologie: Vester, Frederic: Denken,Lernen, Vergessen, Stuttgart, 199421.

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auch das Stundenthema deutlicher, dass es sich nämlich bei dem Kuba-Konflikt um einen globalen Konflikt handelte.

Durch die Hypothesenbildung16 werden die zentralen Probleme derStunde angebahnt, die dann in der Erarbeitungsphase mit Material ver-tieft werden können. Die Hypothesen werden von den Schülern aufeiner vorstrukturierten Folie selbstständig fixiert, so dass die Folie auchfür weitere Stunden nutzbar ist, da sicherlich viele Hypothesen in die-ser Einstiegsstunde nicht überprüft werden können. Die vorstrukturier-te Folie könnte folgende Form haben:

Durch diese Aufteilung auf der Hypothesenfolie ist bereits die Differen-ziertheit des Falles Kubas angedeutet.

In der Erarbeitungsphase können sich die Schüler anhand eines dar-stellenden Texts selbstständig Hintergrundinformationen erarbeiten, umden Fall Kuba genauer kennen zu lernen und sich in einem ersten Schrittzu erklären, warum gerade Kuba weltpolitisch in diese Lage geriet. Dieselbstständige Erarbeitung entspricht sowohl den Forderungen des Ber-liner Schulgesetzes (§ 3 (2): „Die Schülerinnen und Schüler sollen ins-besondere lernen, … sich Informationen selbstständig zu verschaffenund sich ihrer kritisch zu bedienen …“) als auch den fachdidaktischenErkenntnissen, dass dadurch Geschichtsunterricht schülerorientierterwird, dass Schüler sich eigenständig ein Tafelbild erarbeiten, indem siedarstellendes Hintergrundmaterial stichpunktartig zuspitzen. Sie lernendamit methodisch zweierlei: Zunächst eine Grundlage für einen multi-perspektivischen Geschichtsunterricht („Hintergrundnarratio“) selbst-ständig zu legen – und nicht durch Lehrervorträge geleitet zu werden –und dann den Unterricht selbst zu gestalten, d.h. aus „dem“ Geschichts-unterricht „ihren“ Geschichtsunterricht zu machen.

Der Text „1.2 Am Rande des Atomkriegs – die Kubakrise“, S. 37/38dient dabei als Schwerpunktmaterial für die Stunde und erlaubt es denSchülern, in Partnerarbeit in folgendes, vom Lehrer vorstrukturiertesSchema dann beispielsweise die u.g. antizipierten Stichworte einzutra-gen:

11

1166 Hypothesenbildung ist ein Baustein

für problemorientierten Geschichtsunter-

richt und eine wichtige Kompetenz des

neuen RLP. Die Schülerinnen und Schüler

erreichen am Ende der 10. Klasse folgenden

Standard: „Sie stellen Hypothesen auf und

überprüfen sie.“ Da es sich um die erste

Stunde dieser Reihe handelt, kann die

Hypothesenbildung nur durch Leitfragen

angebahnt werden.

Die Welt im Kalten Krieg: Der Fall Kuba

HYPOTHESEN

Wer besetzt Kuba?

Welche Konsequenzen könnten sich daraus für die beiden Supermächte ergeben?

Für wen ist dies eine Bedrohung?

Was könnte damit beabsichtigt sein?

Wie könnte die Be-drohung aussehen?

Was bedeutet dies für den Weltfrieden?

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Der Schwerpunkt der Stunde liefert den Schülern genügend Hinter-grundinformationen, um die eingangs erstellten Hypothesen teilweise zubeantworten und – bei Zeitüberschuss – eine Vertiefungsphase einzu-planen (binnendifferenzierte Maßnahme). Außerdem bietet diese Stun-de eine gute Informations-Grundlage zur zweiten multiperspektivischausgerichteten Stunde.

In der Vertiefungs- und Problematisierungsphase könnten demnachmethodisch die Eingangs-Hypothesen wieder aufgegriffen werden undalle Fragestellungen zumindest ansatzweise beantwortet werden bzw.die Hypothesen dazu falsifiziert werden: Wer besetzt Kuba, für wen istdies eine Bedrohung, wie könnte die Bedrohung aussehen, was könntedamit beabsichtigt sein, welche Konsequenzen könnten sich dadurch fürdie beiden Supermächte ergeben, was bedeutet dies für den Weltfrieden?

Durch diese Methode erlernen die Schüler eine wissenschaftspropä-deutische Vorgehensweise und erkennen, dass alle Teile des Unterrichtsin einem sinnvollen Zusammenhang stehen.

Bei leistungsstarken Lerngruppen kann die Vertiefungsphase metho-disch durch eine Karikaturinterpretation ergänzt werden, da die Kari-katur, S. 38 mit dem Arbeitsauftrag A2 eine ideale Ergänzung zumLernergebnis dieser Stunde darstellt.17 Dieses Material bietet ebenfallswieder verschiedene binnendifferenzierte Möglichkeiten in Abhängig-keit von der zur Verfügung stehenden Zeit und der Stärke und media-len Kompetenz der Lerngruppe: Entweder wird der Prozess nurbeschrieben und dadurch die Perspektiven der beiden Großmächte ver-tieft oder er wird auch analysiert und bewertet, so dass bereits ein ver-tieftes Verständnis für die Aporien der beiden Perspektiven erlangt wird.Der multiperspektivische Ansatz wird dadurch gestärkt und das eigen-

12

1177 Dazu kann die Methodenseite S. 29

benutzt werden oder jedes gängige Schema

zur Karikaturanalyse nach dem Vierschritt:

beschreiben, analysieren/erläutern, kontex-

tualisieren und bewerten/beurteilen.

KKUUBBAA (1898-1959)- 1898 formal unabhängig- ökon. US-Dominanz- Batista-Diktatur 50er Jahre- Guerillabewegung (Castro)

CCAASSTTRROO ((11995599--11996611))- Enteignungen (trifft US-Eigentümer)- Reaktion der USA: militärische

Invasion- Castro u. die UdSSR

FFRRÜÜHHJJAAHHRR 11996611--11996622- Kuba: Bedrohung durch die USA, Schutz durch die UdSSR

- UdSSR/USA : Kuba/Türkei

1122..77..--1144..1100..11996622- UdSSR liefert Truppen und Raketen unter Deck

- USA erkennen dies erst am 14.10.

„„1133 DDAAYYSS““- Kennedys Reaktion: Der Blockadering- Chruschtschows Reaktion: Abzug und Bedingun-gen an die USA (Nichtangriffspakt mit Kuba, Abzug der US-Raketen aus der Türkei)

- Eskalation des Konflikts (Abschuss)- Kennedys Angebot: Rückzug der sowj. Raketen, geheimer Rückzug der US-Raketen aus der Türkei u. Nichtangriff auf Kuba

- Chruschtschows Einlenken

KKUUBBAA--KKRRIISSEE HHEEUUTTEE- Höhepunkt des Kalten Krieges

- Gefahr eines Atom-krieges

- Einsicht: Friedliche Koexistenz und Rüstungskontrolle

AmRande des Atomkrieges: Die Kuba-Krise

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ständige Urteilsvermögen geschult. Außerdem verstärkt sich die Einsichtder Schüler, die sie bereits im Informationstext (S. 37f.) analysiert haben:„Erst diese Krise brachte den Politikern die Einsicht, dass es zur friedli-chen Koexistenz keine Alternative gab.“ Um Zeit zu sparen sollte diesim gelenkten Unterrichtsgespräch geschehen; ist noch ein Zeitüber-schuss vorhanden, kann die Karikaturanalyse auch in Partnerarbeitdurchgeführt werden, um die soziale Kompetenz der Schüler zu stärken.Es kann auch der Arbeitsauftrag A2, S. 38 benutzt werden, der es denSchülern ermöglicht, das gerade am Tafelbild Erlernte in neuem Kon-text anzuwenden und dadurch zu vertiefen.

Als Hausaufgabe sollte die Karikatur S. 40 bearbeitet werden; derArbeitsauftrag könnte lauten: „Beschreibe und analysiere die KarikaturS. 40 und bereite dich auf eine mündliche Erläuterung vor.“ Mit dieserHausaufgabe ist gewährleistet, dass die Lernergebnisse der ersten Stun-de, auch wenn die Transferphase nur im Ansatz (Vergleich der Hypo-thesen mit dem Erlernten) erreicht wurde, in einem neuen Kontext wie-der angewendet werden und damit gefestigt werden. Sollte bereits dieganze Transferphase inklusive Karikaturinterpretation erreicht wordensein, dann wird die methodisch-mediale Kompetenz der Schüler imHinblick auf eine Karikaturanalyse vertieft. Auf jeden Fall wird eineGrundlage für die Einstiegsphase der zweiten Stunde gelegt, auf derdann die multiperspektivische Gruppenarbeitsphase aufbaut.

13

2) 13 Tage bis zum Atomkrieg: Die Lösung der Kuba-Krise

Am Stundenthema wird bereits deutlich, dass es in dieser Stunde auchum „Konfliktmanagement“ geht, wie es im Rahmenplan gefordert wird:Mehrere Perspektiven werden untersucht, um dann am Ende die Kon-fliktlösung im Falle Kubas beurteilen zu können und die Eingangshy-pothesen der ersten Stunde auf höherer Ebene nochmals bewerten zukönnen.

Die Einstiegsphase wird durch die Hausaufgabe (Karikatur, S. 40)bestimmt: Die Schüler beschreiben, analysieren, erläutern und bewer-ten die Karikatur im gelenkten Unterrichtsgespräch (Zeitökonomie). Sieverstehen dadurch beide Perspektiven, erkennen den Ernst der Lage(„13 Tage bis zum Atomkrieg?“, d.h., die Welt stand real vor einemnuklearen Schlagabtausch) und können dadurch Perspektivdifferenzund Perspektivübernahme als wichtige Kompetenzen multiperspektivi-schen Geschichtsunterrichts anbahnen. Dieser Prozess bildet eine wich-tige Grundlage für die multiperspektivische Gruppenarbeit, in der diebeiden Perspektiven vertieft und bewertet werden.

Im Zentrum der Stunde steht die Gruppenarbeit als Arbeitsform, die– schülerorientiert und einem multiperspektivischen Ansatz angemessen– den Schwerpunkt der Stunde bildet. Im Buch wird die Leitfrage „13Tage bis zum Atomkrieg?“ vorgegeben und vier Quellen (Q1-Q4) S. 39bilden das Ausgangsmaterial für die multiperspektivische Quellenarbeit.Sollen die Schüler selbstständig die Quellen bearbeiten und die beidenPerspektiven herausarbeiten, ohne dass der Lehrer eine stark leitendeFunktion übernimmt, muss geeignetes Quellenmaterial vorhanden sein,das selbsttätig bearbeitet werden kann. Insgesamt ist das „Quellenar-rangement“ dafür sehr wichtig, denn wenn sich die Schüler nicht selbst-

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ständig mit dem Material die verschiedenen Perspektiven erarbeitenkönnen, ist die Beeinflussungsmöglichkeit des Lehrers zu groß18: DasBuch bietet zwei Quellen aus der Sichtweise der USA und zwei aus derSichtweise der UdSSR, beide aus den 13 Tagen oder in direktem Bezugdazu (Q1), alle vier sind authentische Quellen. Die Schüler könnendadurch selbstständig – in diesem Fall – eine größtenteils biperspektivi-sche Quellenarbeit durchführen. Es werden acht Gruppen à vier Schülergebildet (sollten die Klassen kleiner oder größer als 32 Schüler sein, sinddie Gruppen anzupassen; es gehen auch acht Gruppen à drei Schüleroder Zwischenformen); möglichst bekommen alle eine Gruppenkarte,auf der die Arbeitsaufträge klar beschrieben sind. Diese kann folgendeForm haben:

Da es sich um vier verschiedene Texte handelt, erhalten vier Gruppenein jeweils zur Quelle passendes Folienstück, die anderen vier Gruppenmüssen sich nur auf den mündlichen Vortrag vorbereiten.

Um die anschließende Auswertung und Sicherung möglichst inten-siv zu gestalten, müssen alle wichtigen Lernertypen integriert werden:auditive und visuelle Typen, am Ende auch die haptischen Lerntypen.Zunächst tragen also die Gruppen vor, die keine Folie erhalten haben,d.h. die auditiven Typen werden bedient; da aber viele Schüler visuelleLerntypen sind, wird in einem zweiten Durchgang, jeweils im Anschlussan die Quelle, d.h. zunächst Q1 (auditiv) und dann Q1 (visuell) unddann erst Q2 (auditiv) und so weiter, die Foliengruppe gebeten, ihreErgebnisse auf den OHP zu legen und zu erläutern. Danach sollen imgelenkten interaktiven Unterrichtsgespräch die Schüler sich gegenseitigüber Aspekte der vier Quellen/Perspektiven befragen. Am Ende der Pha-se kann über OHP das korrigierte Ergebnis von allen gesichert werden.

Dadurch entsteht eine Dreifachsicherung, die den Inhalt besondersvernetzt bereits im Langzeitgedächtnis verankert19: zunächst im münd-lichen Schülervortrag, dann im Schülervortrag visuell über Folienan-schrieb gestützt und schließlich in der schriftlichen Übernahme der kor-rigierten OH-Folienfassung.20 Der Arbeitsbogen könnte folgender-maßen aussehen:

Die möglichen Stichpunkte könnten folgende Form haben:

14

1188 Vgl. dazu Mickel, W.: Handbuch zurpolitischen Bildung. 1999, „Der Beutelsba-

cher Konsens“, S. 171-178.

1199 Vgl. dazu Vester, Frederic: Denken,Lernen, Vergessen. Stuttgart, 199421.

2200 Dadurch werden verschiedene

Lernkanäle benutzt (auditiv, visuell,

kinästhetisch), die wiederum verschiedenen

Lernertypen entsprechen und praktisch alle

Schüler ansprechen. Die Sicherung ist daher

sehr intensiv und schülerorientiert. Vgl.

Vester s.o.

GRUPPENKARTE

1. Lest zunächst euren Quellentext (Q1) und unterstreicht dabei die wesentlichen Kernaussagen, die die Perspektive des Autors kenn-zeichnen.

2. Legt ein treffendes Stichwort für die jeweilige Kernaussage fest und schreibt es auf euren Arbeitsbogen bzw. euer Folienstück.

3. Bereitet euch auf die mündliche Erläuterung eurer Stichworte vor.4. Wählt 1-2 Sprecher, die diese vortragen und erläutern.

10. Klasse Geschichte Thema: Der Fall Kuba Datum: . . .Dr. Stolz Leitfrage: „13 Tage bis zum Atomkrieg?“

EXPERTENGRUPPE AN FERNSEHANSPRACHE BRIEF CHRUSCH- BOTSCHAFT CHRUSCH-KENNEDY (13.6.61) KENNEDYS (23.10.62) TSCHOWS (27.10.62) TSCHOWS (28.10.62)

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In der Problematisierungsphase kann nun im gelenkten Unterrichtsge-spräch über die Berechtigung der beiden Perspektiven diskutiert wer-den. Hilfreich wäre dazu eine Zuspitzung der Ergebnisse der Gruppen-arbeit auf zwei Grundpositionen. Dies müsste in einer ersten Phase her-ausgearbeitet werden. Der Impuls dazu könnte lauten: „WelcheGrundpositionen vertreten die USA, welche die UdSSR?“ Ein mögli-ches Tafelbild könnte folgende Form haben:

Grundpositionen

Den Schülern wird dadurch klar, dass beide Seiten in ihrer Perspektiveein berechtigtes Interesse haben, ihre Position weiter zu verfolgen: DieUSA aus ökonomischen, ideologischen und sicherheitspolitischenInteressen, die UdSSR ebenfalls aus ideologischen und sicherheitspoli-tischen Interessen, aber auch aus moralisch-rechtlichen Interessen(Gleichheit/Sicherheit für alle). Das Verständnis der Perspektive desanderen erhellt den Schülern, dass es große Überschneidungspunktezwischen den beiden Positionen gibt, auch wenn sie oberflächlichbetrachtet diametral entegegengesetzt erscheinen. Beide wollen Sicher-heit und keine Bedrohung durch den anderen. Diese Erkenntnis zeigtden Schülern, dass man oft die Perspektive des anderen genau untersu-chen muss, um Gemeinsamkeiten zu entdecken, die dann zu einer Win-

15

10. Klasse Geschichte Thema: Der Fall Kuba Datum: . . .Dr. Stolz Leitfrage: „13 Tage bis zum Atomkrieg?“

EXPERTENGRUPPE FERNSEHANSPRACHE BRIEF CHRUSCH- BOTSCHAFT CHRUSCH-AN KENNEDY (13.6.61) KENNEDYS (23.10.62) TSCHOWS (27.10.62) TSCHOWS (28.10.62)

- Kein Zusammenlebenmit Castro als Nachbar

- Zwei Möglichkeiten derBegegnung:1. passives Abwarten2. aktives Eingreifen(Gewalt); Problem:endete schon einmal miteiner Niederlage

- Raketenbasen auf Kubasind Bedrohung derwestlichen Welt undBruch bisheriger Traditio-nen zwischen USA undUdSSR

- Reaktion der USA: Seeblockade Kubas.Vergeltungsschlag, fallsdie UdSSR eine Raketeauf irgendeinen Staatder westl. Hemisphäreabschießt

- Konsequenz: Atom-krieg

- Recht auf Sicherheit füralle Staaten,Gleichberechtigung füralle Staaten

- USA bedrohen UdSSRvor der Haustür (Türkei)mit Raketen, wollen aberRaketen vor eigenerHaustür (Kuba) nichtakzeptieren

- UdSSR half Kuba, dassich von den USAbedroht fühlte

- USA versprechen nun:kein Angriff, keineInvasion in Kuba

- Dadurch: Wegfall derBedrohung Kubas durchdie USA

- Konsequenz: UdSSRbaut alle Raketen aufKuba ab, da die Bedro-hung Kubas nicht mehrbesteht

UUSSAA- Kritik an der Enteignung von US-Konzernen

- Revolution in Kuba: Antiamerika-nismus und Kommunismus vor der Haustür

- Sowj. Raketen vor der Haustür

UUddSSSSRR- US-Raketen in GB, I und Türkei- UdSSR fühlt sich von USA

bedroht- Sicherheit für alle- Kuba fühlt sich von USA

bedroht: UdSSR hilft nur

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Win-Situation führen, so dass beide ihre Interessen realisieren können.Am Ende fühlen sich sowohl die USA als auch die UdSSR sicherer undgleichberechtigt und der Weltfrieden ist gerettet. Die Schüler erhaltendadurch ein Modell eines möglichen Krisenmanagements und könnendie Leitfrage „13 Tage bis zum Atomkrieg?“ beantworten: Sicherlich ja,wenn man nicht versucht, die Perspektive des anderen genau zu verste-hen und seine Interessen zu berücksichtigen; sicherlich nein, wenn einWin-Win-Krisenmanagement installiert wird, in dem beide etwas abge-ben müssen, um letztendlich etwas zu gewinnen: Frieden und Sicher-heit. Die Phase muss an dieser Stelle vom Lehrer gesteuert werden, umden Schülern ein zielorientiertes Lernen zu gewährleisten, für eine 10.Klasse kann hier noch nicht ein interaktives schülergelenktes Verfahrenempfohlen werden, es sei denn, es wurde in den Klassen 7-9 eingeübt.

Sollte noch Zeit vorhanden sein, können methodisch die Eingangs-Hypothesen aus der ersten Stunde wieder aufgegriffen werden und alleFragestellungen nun vertieft beantwortet werden bzw. die Hypothesendazu überprüft werden: Wer besetzt Kuba, für wen ist dies eine Bedro-hung, wie könnte die Bedrohung aussehen, was könnte damit beab-sichtigt sein, welche Konsequenzen könnten sich dadurch für die bei-den Supermächte ergeben, was bedeutet dies für den Weltfrieden?

Durch diese Methode erlernen die Schüler eine wissenschaftspropä-deutische Vorgehensweise und erkennen, dass alle Teile des Unterrichtsin einem sinnvollen Zusammenhang stehen und wie groß bereits ihrLernfortschritt nach zwei Stunden der Reihe geworden ist. Dies stärktu.a. auch ihre personale Kompetenz, ihre Identität und ihr Selbstver-trauen und lässt sie mehr auf ihre eigene Leistungsfähigkeit vertrauen.

Die Hausaufgabe bildet eine Wiederholung der Lernergebnisse der bei-den Stunden, so dass es drei Möglichkeiten für den Beginn der nächstenStunde gibt: erstens eine Hausaufgabenkontrolle mit dem Thema „DerFall Kuba: Lösung einer globalen Krise“ und dem Arbeitsauftrag „Stel-le die Grundprobleme der Kuba-Krise 1962 dar und analysiere die bei-den Grundpositionen.“; zweitens eine BSL, die allerdings eine Wochevorher angekündigt werden muss (ca. 23'), mit dem Thema „Cuba libre:ein Entwicklungsland im Strudel der Weltpolitik?“ und den Arbeitsauf-trägen: „Stelle die Grundprobleme Kubas bis 1962 dar. Analysiere underläutere die Kuba-Krise. Bewerte die Lösung der Kuba-Krise.“; oderdrittens: es wird nur eine Vorbereitung für den Einstieg der dritten Stun-de geschaffen, in dem erneut eine Karikaturanalyse im Zentrum stehensoll, die aber ohne Hintergrundwissen nicht zügig erfolgen kann.

16

3) Zwischen Wettrüsten und Rüstungsvereinbarungen: Die Schatten des Overkills

In dieser Stunde soll als Einstieg erneut eine Karikaturanalyse gewähltwerden. Neben der Einübung von Medienkompetenz bietet sich dieBeschäftigung mit der Karikatur auch fachwissenschaftlich an, da derKalte Krieg sicherlich die Hochzeit der Karikaturen war.

S. 41 hält eine Karikatur zum Thema „Atomzeitalter und Rüstungs-wettlauf“ bereit. Die Schüler können dazu (Arbeitsauftrag A 4, S. 41)zunächst eine Hypothese oder eine Leitfrage aufstellen und am Ende derStunde die zweite Frage „Hat er damit Recht?“ zusammen mit der Leit-

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frage oder der Hypothese in einer Pro- und Contradiskussion beant-worten. In der Erarbeitungsphase werden sich die Schüler deshalbschwerpunktmäßig mit einem Schaubild und einem Hintergrundtextkomplexe Sachinformationen erarbeiten, um damit die Beantwortungder Leitfrage/Hypothese zu garantieren. Die Hypothese könnte folgen-dermaßen formuliert werden und wird auf die linke äußere Tafelseitegeschrieben:

„Das Gleichgewicht des Schreckens garantiert den Frieden.“Oder als Leitfrage:

„Garantiert der Atomwaffenbesitz der beiden Supermächte den Weltfrieden?“

Bei der Analyse der Karikatur (s.o. oder S. 29) kann das Wissen aus denbeiden vorangegangenen Stunden zum Fall Kuba eingebracht werdenund eine breite Basis für die Erarbeitungsphase und die Problematisie-rungsphase dieser dritten Stunde liefern.

In der Erarbeitungsphase soll durch einen Quellenmix eine solideGrundlage zur Beurteilung der Eingangshypothese/Leitfrage gelegt wer-den. Da die Schüler die Materialien selbstständig und in Partnerarbeitbearbeiten, sollen sie möglichst eigenständig zur Urteilbildung21 gelan-gen, ein wichtiges Bildungsziel des Berliner Schulgesetzes aber auch desFaches Geschichte und seines RLP.

In dieser Phase soll noch eine weitere Kompetenz im Bereich desMethodenlernens angebahnt werden, die besonders für die Sek II sehrwichtig ist: das Arbeiten mit Diagrammen, Statistiken oder Schaubil-dern.

In Erarbeitungsphasen – als Schwerpunkt der Unterrichtsstunde –zeigen besonders Erfahrungen aus dem Erdkundeunterricht, dassSchüler bei der komplexen Verbindung zwischen Statistiken, verschie-denen Diagrammtypen (Baum-, Torten-, Säulendiagramm, …), Schau-bildern und anderen nicht-textgebundenen Medien mit hohem Abstrak-tionsgrad größere Schwierigkeiten haben. Sowohl die Ergebnisse imUnterricht als auch in Klausuren und im Abitur belegen diese Schwächeder Schüler. Auffallend ist dabei, dass die Medienhandbücher des Poli-tik- und Geschichtsunterrichts dieser Problematik kein Kapitel wid-men.22 Andererseits sprechen die Ergebnisse der PISA-Studie an dieserStelle eine deutliche Sprache: Sowohl im Bereich „Informationen ermit-teln“, als auch in den Bereichen „textbezogenes Interpretieren“ und„Reflektieren und Bewerten“, d.h. in allen drei Anforderungsbereichen,die die KMK als Abituranforderungen definiert, schneiden deutscheSchüler schlechter ab als der OECD-Durchschnitt, wenn es sich um Sta-tistiken, Schemata oder Diagramme als Interpretations- oder Lesemate-rial handelt. So fällt es ihnen schwerer, die Informationen aus einemBaumdiagramm zu reflektieren und zu bewerten, ein Säulendiagrammund eine Schemazeichnung zu interpretieren und aus einer Schema-zeichnung in einem Koordinatensystem Informationen zu ermitteln, alsdem OECD-Durchschnitt.23

Weniger Probleme haben deutsche Schüler hingegen mit reinenSach- oder Gebrauchstexten, und zwar in allen drei Anforderungsbe-reichen. Zu behaupten, dass die Lesekompetenz deutscher Schülerschwach ist, ist demnach unzutreffend: Texte verstehen sie wesentlichbesser als abstraktere, im Wesentlichen non-verbale Medien. Didak-

17

2211 Urteilsbildung ist ein zentrales Ziel

des Geschichtsunterrichts und des neuen

RLP. Vgl. Jörg Kayser / Ulrich Hagemann:

Urteilsbildung im Geschichts- und Politikun-terricht. BpB, Bonn, 2005.

2222 Weder im Band Pandel, H.-J. /

Schneider, G.: Medien im Geschichtsunter-richt. Düsseldorf, 1985 noch im aktuellen

Handbuch Pandel, H.-J. / Schneider, G.:

Medien im Geschichtsunterricht. Schwal-

bach/Ts., 1999, findet man ein Kapitel über

Statistiken und Diagramme als Medien und

die Schwierigkeiten beim Unterrichtseinsatz

dieser Medien. Auch Mickel, W.: Handbuchzur politischen Bildung. 1999, erwähnt diese

Problematik nicht. Der Begriff „Statistik“

wird nur einmal im Bereich „Methoden der

Sozialwissenschaften“ unter wissenschafts-

theoretischen Gesichtspunkten, aber nicht

als methodisch-didaktisch-mediales Problem

von Unterricht erwähnt. Eine Ausnahme

bildet dabei das lesenswerte Kapitel

„Umgang mit Statistiken“ von Ulrich Mayer,

S. 208-224, in: Ulrich Mayer / Hans-Jürgen

Pandel, Gerhard Schneider (Hrsg.): Hand-buch Methoden im Geschichtsunterricht,Schwalbach/Ts., 2004.

2233 Vgl. dazu die Ausführungen von

Jürgen Baumert et al. (Hrsg.), PISA 2000,

a.a.O., S. 91-95, und die abgedruckten

Materialien, S. 527 und 529.

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tisch-methodisch sinnvoll ist daher ein Quellenmix: Sachtexte solltenmit Statistiken, Tabellen und Diagrammen gemischt werden, um dieSchwierigkeiten bei letztgenannten Medien zu verringern, indem manteilweise Inhalte bereits in den reinen Sprach-Texten vorentlastet – imÜbrigen eine gängige Praxis im Erdkundeunterricht. Diese Stunde ver-sucht genau dieser Erfahrung zu folgen und eröffnet den Schülern dieMöglichkeit, ihre Medienkompetenzen zu vertiefen und die Desiderateaus der PISA-Studie zu erfüllen: Schulung der Medienkompetenz imBereich abstrakter, überwiegend non-verbaler Medien (Statistik, Dia-gramme, Tabellen …).

Die nächste Stunde wird dazu noch Statistiken und Tabellen ein-bauen (S. 44). Sicherlich geschieht dies auf einem niederen Niveau; dieKompetenz soll ja auch erst angebahnt werden, um dann in der Sekun-darstufe II darauf aufzubauen. Die Schüler bearbeiten daher die Texte,die Zeitleiste und das Schaubild S. 41 mit Hilfe des Arbeitsauftrags:

„Erarbeite aus den Materialien S. 41 ein Tafelbild, in das du stich-wortartig die Probleme des Wettrüstens der 50/60er Jahre, die Doppel-strategie der USA und der UdSSR nach der Kuba-Krise und die wirt-schaftlichen Konsequenzen dieser Politik bis 1989 für beide Super-mächte einträgst und bereite dich mit deinem Partner auf eineErläuterung der Stichworte vor.“

Das Tafelbild ist vom Lehrer vorstrukturiert und könnte folgende Formhaben, in die die Schüler nachfolgende Stichworte eintragen könnten:

Die Schüler schreiben in ihren Partnergruppen die Stichworte (kursiv)an die Tafel und erläutern diese anhand der Materialien auf S. 41.Dadurch werden die Schüler aktiviert, erstellen ihr eigenes Tafelbild undlegen eine Grundlage zur Beantwortung der Eingangshypothese, Leit-frage. Möglichst alle Partnergruppen (15 oder 16) können drankommen,da es sich um in etwa so viele Stichworte handelt.

18

Zwischen Wettrüsten und Rüstungsvereinbarungen: Die Schatten des Overkills

50/60ER JAHRE DOPPELSTRATEGIE NACH DER KUBA-KRISE ÖKONOMISCHE KONSEQUENZEN

Stellvertreterkriege in Afrika und Asien

- gigantisches Wettrüsten

- USA ziehen an, UdSSR zieht nach

- mehrfache Over-kill-Kapazität

WWeettttrrüüsstteenn

- weiteres Wettrüsten

RRüüssttuunnggssbbeeggrreennzzuunngg

- Verhandlungen zur Rüstungsbe-grenzung:Atomteststopp,Nichtweitergabe,Obergrenze für Raketen,Ächtung von Giftwaffen

UUSSAA

- hohe Gewinne- Sicherung von Arbeitsplätzen

- hohe Staatsver-schuldung

UUddSSSSRR

- ökonomischer Niedergang

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In der Vertiefungs- und Problematisierungsphase können die Schülernun im gelenkten Unterrichtsgespräch oder – wenn dies bereits vorhereingeübt wurde – im interaktiven Schülergespräch (Methode: Schüler Animmt Schüler B dran, der erläutert seine Meinung zur Hypothese/zurLeitfrage und fragt, wer noch etwas ergänzen möchte; dann nimmt derSchüler B, der zuletzt erläutert hat, den nächsten Schüler C zum Erläu-tern/Beurteilen dran u.s.w.) die Leitfrage beantworten oder die Hypo-these beurteilen.

Die Hypothese „Das Gleichgewicht des Schreckens garantiert denFrieden“ kann dabei nur differenziert beurteilt werden, denn sie ist nichtfalsch, aber verkürzt. Sicherlich trifft sie zu, aber die Kosten sind hoch:Das Wettrüsten zerstört die Wirtschaftskraft der UdSSR und durch zahl-reiche Stellvertreterkriege verlieren Millionen von unschuldigen Men-schen ihr Leben. Es kann zusätzlich ein Rückgriff auf die Karikatur S. 41erfolgen. Auch die Doppelstrategie müsste diskutiert werden, da dieRüstungsbegrenzungsverhandlungen stets von Kriegen und vom Wett-rüsten auf anderen Gebieten begleitet waren: Nur im Kerngebiet (USA,UdSSR und Europa) wurde dadurch der Frieden erhalten. Erkauft wur-de er aber durch unzählige Stellvertreterkriege in Asien und Afrika.

Ähnlich sollte die Diskussion der Leitfrage: „Garantiert der Atom-waffenbesitz der beiden Supermächte den Weltfrieden?“ verlaufen.Methodisch sehen die Schüler, dass ihr Wissen ansteigt, dass sie Lern-erfolge haben und dass für sie Einstiegshypothesen oder Leitfragen nachder Erarbeitungsphase methodisch und inhaltlich besser zu beantwor-ten sind. Sie sehen auch, dass sich ein methodisches und inhaltlichesArrangement auszahlt und dass sie sich selbstständig einen Kompe-tenzgewinn erarbeiten können. Außerdem wurde durch diese Stundeeine Basis für die nächsten Stunden gelegt, die der Fragestellung nach-gehen werden, was passierte bei diesen Stellvertreterkriegen und wiewirkte sich dies auf die Supermächte aus?

Die Hausaufgabe wird sich daher mit dem Vietnamkrieg, dem exempla-rischen Stellvertreterkrieg der USA beschäftigen. Die Schüler sollensich wiederum mit einem Quellenmix (Erklärung s.o.) beschäftigen, deraus Texten, Bildern und Statistiken/Tabellen besteht. Es handelt sich umdie darstellenden Texte S. 42 und 44 oben, die Bilder S. 42 und S. 44 (bei-de) und die Tabelle/Statistik auf S. 44 oben.

Der Arbeitsauftrag lautet: „Analysiere die Materialien S. 42 und 44zum Vietnamkrieg und bereite dich auf ein interaktives Schülergesprächvor, indem du dir zentrale Begriffe aus den Materialien herausschreibstund sie mündlich erläutern kannst. Bereite dich auch auf eine Bildin-terpretation vor.“

Wie bereits in der dritten Stunde steht auch nun im Sinne des Desi-derats der PISA-Studie ein nicht-textgebundenes Material in Verbin-dung mit einem darstellenden Text zur Verfügung, so dass die Medien-kompetenz im Bereich Statistik/Tabelle verbessert oder angebahnt wird.

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4) Die Grenzen der Macht der USA: Vietnam

Der Einstieg erfolgt über die Hausaufgabe in einer Gesprächsform, dieentweder bereits in den Klassen 7-9 geübt wurde oder nun neu einge-führt werden soll, dem interaktiven Schülergespräch:

Die Schüler sollen anhand von Stichpunkten, die der Lehrer vorgibt,möglichst eigenständig ein Gespräch führen, indem sie sich ohne Leh-rereingriff selbstständig drannehmen, die Begriffe erläutern und ergän-zen und die Materialien dazu interpretieren und analysieren. Dermethodische Auftrag dazu lautet: „Schüler A nimmt Schüler B dran, dererläutert das Stichwort und fragt, ob noch jemand etwas ergänzen möch-te; dann nimmt der Schüler, der zuletzt erläutert hat (meist B), dasnächste Stichwort und nimmt Schüler C zum Erläutern dran u.s.w.“ Dieinhaltliche Gliederung erfolgt über die Stichworte, die der Lehrer mög-lichst auf einer Folie vorgibt. Es könnten hier folgende Begriffe sein:Indochina als Kolonie (Ende des 19. Jhs. bis 1945), Indochina bis 1954,Indochina 1954 bis 1964, Rolle der USA, Krieg, Kriegstechnik, Kom-battanten, Ergebnisse des Krieges, Reaktionen auf den Vietnamkrieg.Die Einstiegsfolie könnte dann folgende Form haben:

Durch den schülergesteuerten Einstieg haben die Schüler ihren eigenenZugang zum Stundenthema, sie erarbeiten sich eine Hintergrundnarra-tio, um in der Schwerpunktphase der Stunde den multiperspektivischenBlick auf die damalige Zeit zu schärfen. Als Zusatz und Übergang zurmultiperspektivischen Unterrichtsphase kann durch die Karte S. 42noch der Ereignisraum besser verortet werden und die methodischeKompetenz „Karteninterpretation“ der Schüler, die in der 10. Klassesicherlich bereits vorhanden ist, vertieft werden.

Ähnlich wie in der zweiten Stunde steht nun die Gruppenarbeit imZentrum der Stunde als Arbeitsform, die schülerorientiert und einemmultiperspektivischen Ansatz angemessen den Schwerpunkt der Stun-de bildet. Im Buch wird die Leitfrage: „Der Vietnamkrieg der USA – einschrecklicher Irrtum?“ vorgegeben und fünf Quellen24 (Q1-5), S. 42/43bilden das Ausgangsmaterial für die multiperspektivische Quellenarbeit.Sollen die Schüler selbstständig die Quellen bearbeiten und die unter-

20

METHODE: Interaktives Schülergespräch

Schüler A nimmt Schüler B dran, der erläutert das Stichwort undfragt, ob noch jemand etwas ergänzen möchte; dann nimmt derSchüler, der zuletzt erläutert hat (meist B), das nächste Stichwortund nimmt Schüler C zum Erläutern dran u.s.w.

INHALT: Der Vietnamkrieg – ein Stellvertreterkrieg

- Indochina als Kolonie (Ende des 19. Jhs. bis 1945)- Indochina bis 1954- Indochina 1954 bis 1964- Rolle der USA- Krieg, Kriegstechnik, Kombattanten- Ergebnisse des Krieges- Reaktionen auf den Vietnamkrieg

2244 Aufgrund der didaktisch-methodi-

schen Reduktion wird an dieser Stelle

bewusst nicht zwischen Darstellung und

Quelle unterschieden.

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schiedlichen Perspektiven herausarbeiten, ohne dass der Lehrer einestark leitende Funktion übernimmt, muss geeignetes Quellenmaterialvorhanden sein, das selbsttätig bearbeitet werden kann (s.o.). Das Buchbietet zwei offizielle Quellen, eine aus der Sichtweise der USA und eineaus der Sicht Vietnams an (Q1 Kennedy und Q2 Ho Chi Minh) und dis-kutiert in drei weiteren Quellen kontrovers – passend zur Leitfrage – deninneramerikanischen Konflikt des Vietnamkrieges, so dass die bereits inStunde drei genannten übergeordneten Leitfragen beantwortet werdenkönnen: „Was passierte bei den Stellvertreterkriegen und wie wirkte sichdies auf die Supermächte aus?“

Die fünf Quellen sind authentische Quellen, so dass die Schülerdadurch selbstständig – in diesem Fall nun wirklich eine multiperspek-tivische Quellenarbeit (Kompetenzsteigerung zur Stunde zwei) durch-führen können. Es werden zehn Gruppen à drei Schüler gebildet (soll-ten die Klassen kleiner oder größer als 30 Schüler sein, sind die Grup-pen anzupassen); alle bekommen eine Gruppenkarte, auf der dieArbeitsaufträge klar beschrieben sind. Diese kann folgende Form haben:

Da es sich um fünf verschiedene Texte handelt, erhalten fünf Gruppenein jeweils zur Quelle passendes Folienstück, die anderen fünf Gruppenmüssen sich nur auf den mündlichen Vortrag vorbereiten.

Um die anschließende Auswertung und Sicherung möglichst inten-siv zu gestalten, müssen alle wichtigen Lernertypen integriert werden:auditive und visuelle Typen, am Ende auch die haptischen Lernertypen.Es erfolgt also wie bereits in der zweiten Stunde eine Dreifachsicherung,die den Inhalt besonders vernetzt im Langzeitgedächtnis verankert25

(s.o.): zunächst im mündlichen Schülervortrag, dann im Schülervortragvisuell über Folienanschrieb gestützt und schließlich in der schriftlichenÜbernahme der korrigierten OH-Folienfassung.26 Der Arbeitsbogenkönnte folgendermaßen aussehen:

Die möglichen Stichpunkte könnten folgende Form haben:

21

GRUPPENKARTE

1. Lest zunächst euren Quellentext (Q1) und unterstreicht dabei die wesentlichen Kernaussagen, die die Perspektive des Autors kenn-zeichnen.

2. Legt ein treffendes Stichwort für die jeweilige Kernaussage fest und schreibt es auf euren Arbeitsbogen bzw. euer Folienstück.

3. Bereitet euch auf die mündliche Erläuterung eurer Stichworte vor.4. Wählt 1-2 Sprecher, die diese vortragen und erläutern.

2255 Vgl. dazu Vester, Frederic: Denken,Lernen, Vergessen. Stuttgart, 199421.

2266 Dadurch werden verschiedene

Lernkanäle benutzt (auditiv, visuell,

kinästhetisch), die wiederum verschiedenen

Lernertypen entsprechen und praktisch alle

Schüler ansprechen. Die Sicherung ist daher

sehr intensiv und schülerorientiert. Vgl.

Vester s.o.

10. Klasse Geschichte Thema: Der Vietnamkrieg Datum: . . .

Dr. Stolz Leitfrage: „Der Vietnamkrieg der USA – Ein schrecklicher Irrtum?“

PETRA PINZLER

(2000)

JOHNSON AN

KENNEDY

(23.5.63)

HO CHI MINH

AN JOHNSON

(1967)

BARBARA

TUCHHEIM

(1984)

ROBERT

MCNAMARA

(1996)

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Bei der Erläuterung in der Auswertungsphase wird den Schülern beson-ders durch die Quelle Q4 deutlich, wie wichtig eine multiperspektivischeSichtweise bei historisch-politischen Problemlagen ist: McNamaraspricht die Probleme an, die entstehen, wenn eine Supermacht alles nuraus ihrer Perspektive heraus, d.h. monoperspektivisch und unilateralbetrachtet. Es fehlt das Verständnis für die andere Kultur, es folgen dar-aus Fehleinschätzungen in Bezug auf Freund und Feind und eine völligunkalkulierbare Politik, die alte, demokratische Wert in der Heimat ver-nachlässigt. Für die Schüler entsteht bei dieser Quelle ein Synergieeffekt,indem Inhalt und Methode kongruieren. Durch die anderen Sichtwei-sen werden die Schüler auf die Parallelität mit dem Fall Kuba hinge-wiesen (Position Ho Chi Minhs ähnelt der Castros) und erfahren, dasses trotz der Daten und Fakten, die heutzutage offen liegen (s. Tabelle S. 44) und die die Schüler kennen, immer noch „Befürworter des Viet-namkrieges“ (Q 5) gibt, die trotz der Toten und der Verluste alles in einehistorisch-politische Strategie einbetten.

Gerade aufgrund der sehr kontroversen Positionen können dieSchüler die allgemeinen Leitfragen dann in der Problematisierungspha-se beantworten: „Was passierte bei den Stellvertreterkriegen und wiewirkte sich dies auf die Supermächte aus?“ und „Der Vietnamkrieg derUSA – ein schrecklicher Irrtum?“ Die letzte Frage kann direkt nach derAuswertungsphase von den Schülern differenziert beantwortet werden:Durch das Quellenarrangement haben sie nun genügend Argumente, um

22

10. Klasse Geschichte Thema: Der Vietnamkrieg Datum: . . .Dr. Stolz Leitfrage: „Der Vietnamkrieg der USA –

ein schrecklicher Irrtum?“

JOHNSON AN KENNEDY

(23.5.63)

- Kampf gegenden Kommunis-mus in Asien

- Hauptschauplät-ze: Thailand undVietnam

- Entweder Sieg inVietnam gegenKommunismusoder Rückzug bisSan Francisco

- Ziel: Eindäm-mung des Kommu-nismus in Asien

HO CHI MINH AN

JOHNSON (1967)

- Aggressor = USA

- USA verewigenTeilung in Vietnam

- USA wollenVietnam alsMilitärkolonie

- USA führenVernichtungskrieggegen die Bevöl-kerung Vietnams

BARBARA TUCHHEIM

(1984)

- USA habenüberreagiert, Lagevöllig verkanntund „Gespenster“beschworen:Südvietnam warnicht demokra-tisch und freiheits-liebend, Nordviet-nam war nicht sounterentwickelt,wie es die USAsahen

- US-Außenpolitikwar gefährlich undunrealistisch

ROBERT MCNAMARA

(1996)

- USA haben alleinaus ihrer Perspek-tive (Werte, Tradi-tionen) herausgehandelt (= Monoperspekti-vismus)

- DARAUS FOLGTE:1. Unterschätzung

Nordvietnams2. Überschätzung

Südvietnams3. Unkenntnis der

Kultur Indo-chinas

4. Vernachlässi-gung der eige-nen demokra-tischen Kultur

PETRA PINZLER (2000)

- Position ex post(2000): Der KalteKrieg von USAgewonnen

- Vietnam warnotwendigeSchlacht gegenden Kommunis-mus

- diese teureSchlacht hat Kom-munismusgebremst, auchwenn USA sieverloren haben

- nachträglicheRechtfertigungdurch Kalten Krieg

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ihr eigenes Urteil differenziert zu untermauern. Ein einfaches Ja oderNein ist nicht möglich. Die Phase sollte im gelenkten Unterrichtsge-spräch geführt werden, da der Lehrer hier sicherlich methodisch undinhaltlich in einer 10. Klasse lenken muss. Es spricht auch viel dafür,dass sich die USA kulturell und landeskundlich in diesem Gebiet über-haupt nicht auskannten und „Gespenstern“, wie Barbara Tuchheim diesausdrückte, nachjagten, andererseits waren die USA, zwei Jahre nachder Kuba-Krise, für die Ausbreitung des Kommunismus sehr sensibili-siert und wollten nun auf der pazifischen Seite ihrer Hemisphäre keinzweites Kuba haben. Genau in diesem Spannungsverhältnis muss dis-kutiert werden, einseitige Positionen verkennen die weltpolitische Lageim Kalten Krieg. Auch die längerfristigen Fragen können beantwortetwerden: Was passierte bei den Stellvertreterkriegen und wie wirkte sichdies auf die Supermächte aus? Die USA wurden moralisch und wirt-schaftlich geschwächt, aber die UdSSR wurde auch gewarnt, die USAwollten keine Ausbreitung des Kommunismus, die Verteidigung desStatus quo war den USA so wichtig, dass sie ihre eigene Kultur bis anihre Grenzen belastete (innere Unruhen in den USA, Vietnamgegner …).

Unter dieser Fragestellung könnte man die These wagen, dass dieStellvertreterkriege den Status quo des Patts der Supermächte im Kal-ten Krieg stützten, aber zu welchem Preis? Wenn noch Zeitüberschussvorhanden ist, können an der Tafel mögliche Argumente für die Beant-wortung der Leitfrage gesichert werden:

Die Hausaufgabe dient der Vorbereitung der nächsten Stunde: DieSchüler interpretieren zu Hause die Karikatur S. 46 und lesen dazu dendarstellenden Text auf S. 46 ab „Als die UdSSR in Mitteleuropa …“. Siebereiten dadurch den Einstieg in das Thema „Die Rolle der Stellvertre-terkriege, die UdSSR und Afghanistan“ vor, sozusagen der andere Flü-gel zum Thema „Die USA und Vietnam“. Auch hier werden die langfris-tigen Fragen „Was passierte bei den Stellvertreterkriegen und wie wirk-te sich dies auf die Supermächte aus?“ gestellt. Die Schüler sollen sichauf die Interpretation der Karikatur vorbereiten, es wird kein Tafelbildzu Anfang der Stunde erstellt.

23

„Der Vietnamkrieg der USA – ein schrecklicher Irrtum?“

AArrgguummeennttee ffüürr IIRRRRTTUUMM

- Verkennung der Kultur Indochinas

- Über- und Unterschätzung der Freunde/Gegner

- zu hoher Blutzoll- eigene demokratische Kultur wird gefährdet (= Glaubwürdigkeitskrise) …

AArrgguummeennttee ffüürr NNOOTTWWEENNDDIIGGKKEEIITT

- Eindämmung des Kommunismus

- Erhaltung des Status quo- verlorene Schlacht, gewonne-ner Krieg: USA als Sieger des Kalten Krieges …

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5) Die Grenzen der Macht der UdSSR: Afghanistan

Der Einstieg erfolgt über die methodische Interpretation der Karikaturauf S. 46 (Methodentraining: Karikaturanalyse S. 29, Vertiefung derMedienkompetenz der Schüler).

Durch die Karikatur wird den Schülern bereits die Parallelität zur 4.Stunde und zum Grundkonflikt im Kalten Krieg deutlich: Beide Super-mächte versuchen über Stellvertreterkriege ihre Machtsphären zu stabi-lisieren (USA) oder auszubauen (UdSSR). Auch die Leitfrage der Stun-de (S. 46, Q1):

„Die Afghanistan-Invasion – das sowjetische Vietnam?“kann an dieser Karikatur herausgearbeitet werden und auf der Tafel alsLeitfrage der Stunde fixiert werden, da die Bildelemente (suchende Sol-daten auf dem Panzer, die offensichtlich keine „landeskundlichen“Kenntnisse besitzen – Parallelität zur USA in Vietnam) und die Textele-mente, „Vietghanistan“ als Inschrift des Willkommenstextes, eindeutigdarauf hinweisen.

Durch den schülergesteuerten Einstieg haben die Schüler ihren eige-nen Zugang zum Stundenthema, sie erarbeiten sich eine Problem-grundlage, um in der Schwerpunktphase der Stunde den multiperspek-tivischen Blick auf die damalige Zeit zu schärfen. Als Zusatz und Über-gang zur multiperspektivischen Unterrichtsphase müsste sicherlich ineiner 10. Klasse durch eine Wandkarte noch der Ereignisraum besserverortet werden und die methodische Kompetenz „Karteninterpretati-on“ der Schüler, die in der 10. Klasse sicherlich bereits vorhanden ist,vertieft werden. Hier muss auf eine am Fachbereich vorhandene Asien-karte zurückgegriffen werden.

Ähnlich wie in der vierten Stunde steht nun die Gruppenarbeit imZentrum der Stunde als Arbeitsform, die schülerorientiert und einemmultiperspektivischen Ansatz angemessen den Schwerpunkt der Stun-de bildet.

Im Buch wird die Leitfrage „Die Afghanistan-Invasion – das sowje-tische Vietnam?“ vorgegeben und vier Quellen (Q1-Q4), S. 46/47, bil-den das Ausgangsmaterial für die multiperspektivische Quellenarbeit.Sollen die Schüler selbstständig die Quellen bearbeiten und die unter-schiedlichen Perspektiven herausarbeiten, ohne dass der Lehrer einestark leitende Funktion übernimmt, muss geeignetes Quellenmaterialvorhanden sein, das selbsttätig bearbeitet werden kann (s.o.). Das Buchbietet zwei offizielle Quellen, eine aus der Sichtweise der UdSSR undeine aus der der UNO an (Q1/2) und diskutiert in zwei Quellen kon-trovers – passend zur Leitfrage – den innersowjetischen Konflikt desAfghanistankrieges, so dass die bereits in Stunde drei und vier genann-ten übergeordneten Leitfragen beantwortet werden können: Was pas-sierte bei den Stellvertreterkriegen und wie wirkte sich dies auf dieSupermächte aus?

Die vier Quellen sind authentische Quellen, so dass die Schülerdadurch selbstständig eine multiperspektivische Quellenarbeit (Kom-petenzsteigerung zur Stunde zwei und Weiterführung der Fertigkeitender Stunde vier) durchführen können.

Es werden acht Gruppen à vier Schüler gebildet (sollten die Klassenkleiner oder größer als 32 Schüler sein, sind die Gruppen anzupassen);alle bekommen eine Gruppenkarte, auf der die Arbeitsaufträge klarbeschrieben sind. Diese kann folgende Form haben:

24

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Da es sich um vier verschiedene Texte handelt, erhalten vier Gruppenein jeweils zur Quelle passendes Folienstück, die anderen vier Gruppenmüssen sich nur auf den mündlichen Vortrag vorbereiten. Um die an-schließende Auswertung und Sicherung möglichst intensiv zu gestalten,müssen alle wichtigen Lernertypen integriert werden (s.o.). Es erfolgtalso wie bereits in der zweiten und vierten Stunde eine Dreifachsiche-rung, die den Inhalt besonders vernetzt im Langzeitgedächtnis verankert(s.o.): zunächst im mündlichen Schülervortrag, dann im Schülervortragvisuell über Folienanschrieb gestützt und schließlich in der schriftlichenÜbernahme der korrigierten OH-Folienfassung. Der Arbeitsbogenkönnte folgendermaßen aussehen:

Die möglichen Stichpunkte könnten folgende Form haben:

25

GRUPPENKARTE

1. Lest zunächst euren Quellentext (Q1) und unterstreicht dabei die wesentlichen Kernaussagen, die die Perspektive des Autors kennzeichnen.

2. Legt ein treffendes Stichwort für die jeweilige Kernaussage fest und schreibt es auf euren Arbeitsbogen bzw. euer Folienstück.

3. Bereitet euch auf die mündliche Erläuterung eurer Stichworte vor.4. Wählt 1-2 Sprecher, die diese vortragen und erläutern.

10. Klasse Geschichte Thema: Der Afghanistan-Krieg Datum: . . .

Dr. Stolz Leitfrage: „Die Afghanistan-Invasion – das sowjetische Vietnam?“

SICHT DER SOWJ. UNO-RESOLUTION PROTEST SACHA- SWETLANA ALEXI-REGIERUNG (14.01.1980) ROWS (1980) JEWITSCH (1999)

10. Klasse Geschichte Thema: Der Afghanistan-Krieg Datum: . . .Dr. Stolz Leitfrage: „Die Afghanistan-Invasion – das sowjetische Vietnam?“

SICHT DER SOWJ. REGIERUNG

- Imperialismus führtfaktisch nicht erklärtenKrieg gegen das revolu-tionäre Afghanistan- Gefahr für Afghanistan:Verlust der Unabhängig-keit u. Verwandlung inAufmarschgebiet desImperialismus- Afghanische Regierungbat UdSSR deshalb 1979um Hilfe- Bindungen an Afghanis-tan u. Internationalismusverpflichteten UdSSR zurUnterstützung

UNO-RESOLUTION

(14.01.1980)

- 104 Staaten für dieResolution, 18 Staaten(hauptsächlich des Ost-blocks) dagegen- Afghanistans Souverä-nität ist UN-Grundsatz- die sowjet. Interventionwiderspricht diesemGrundsatz- keine Intervention inAfghanistan egal vonwelcher Seite- Afghanistan soll souve-rän seine Angelegenhei-ten regeln

PROTEST SACHAROWS

(1980)

- Die Invasion der UdSSRkostet viele Zivilisten dasLeben, ist kriegstreibend,widerspricht den Abrüs-tungsbemühungen,erschwert alle weltweitenFriedenbemühungen,vergrößert weltweit dieMilitärausgaben, steigertdas Wettrüsten, militari-siert die Gesellschaft derUdSSR- Invasion ist ein Fehlerund Expansion der UdSSR

SWETLANA ALEXI-JEWITSCH (1999)

- Afghanistan-Invasionführte zu neuem Be-wusstsein in der UdSSR,sie war völlig sinnlos- Zu Beginn des Krieges:illusionärer Glaube aneine Revolution inAfghanistan- Am Ende: sowjet.Soldaten waren keineHelden sondern Mörder

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Bei der Erläuterung in der Auswertungsphase wird den Schülern beson-ders durch die Quelle Q4 deutlich, wie wichtig eine multiperspektivischeSichtweise bei historisch-politischen Problemlagen ist: Swetlana Alexi-jewitsch spricht – ähnlich wie in der vierten Stunde McNamara – dieProbleme an, die entstehen, wenn eine Supermacht alles nur aus ihrerPerspektive heraus, d.h. monoperspektivisch und unilateral betrachtet.Es fehlt das Verständnis für die andere Kultur, es folgen daraus Fehl-einschätzungen in Bezug auf Freund und Feind und eine völlig unkal-kulierbare Politik, die alte, sozialistische Werte in der Heimat vernach-lässigt.

Für die Schüler entsteht bei dieser Quelle – wie in der vierten Stun-de – ein Synergieeffekt, indem Inhalt und Methode kongruieren. Durchdie anderen Sichtweisen werden die Schüler auf die Parallelität mit demFall Kuba hingewiesen (die „Internationalistische Hilfsaktion“ ähneltdem Fall Kuba) und erfahren, dass es trotz der Daten und Fakten, dieheutzutage offen liegen (s. Q 4) und die die Schüler kennen, immer noch„Befürworter des Afghanistankrieges“ (Q 4) gibt, die der Autorin vor-warfen, sie hätte aus Helden Mörder gemacht. Auch an dieser Stelle istdie Parallelität zur vierten Stunde und der „Verblendung“ in den USAaugenfällig.

Gerade aufgrund der sehr kontroversen Positionen können dieSchüler die allgemeinen Leitfragen dann in der Problematisierungspha-se beantworten: „Was passierte bei den Stellvertreterkriegen und wiewirkte sich dies auf die Supermächte aus?“ und „Die Afghanistan-Inva-sion – das sowjetische Vietnam?“ Die letzte Frage kann direkt nach derAuswertungsphase von den Schülern differenziert beantwortet werden:Durch das Quellenarrangement haben sie nun genügend Argumente, umihr eigenes Urteil zu untermauern. Ein einfaches Ja oder Nein ist nichtmöglich.

Die Phase sollte im gelenkten Unterrichtsgespräch geführt werden,da der Lehrer hier sicherlich methodisch und inhaltlich in einer 10. Klas-se lenken muss. Es spricht viel dafür, dass sich die UdSSR kulturell undlandeskundlich in diesem Gebiet überhaupt nicht auskannte und „ideo-logischen Gespenstern“, um die Worte Barbara Tuchheims zu ergänzen,nachjagte, andererseits war die UdSSR 1979, als „die NATO, ihrerseits(begann) neue Mittelstreckenwaffen zu stationieren“ (S. 46, Hausauf-gabentext zu dieser Stunde), sicherlich sehr sensibilisiert für die Gefahreiner Ausbreitung des US-Kapitalismus und wollte nun an der Südflan-ke ihres Landes keinen zweiten amerikanischen Stützpunkt wie in Euro-pa haben. Genau in diesem Spannungsverhältnis muss diskutiert wer-den, einseitige Positionen verkennen die weltpolitische Lage im KaltenKrieg.

Auch die längerfristigen Fragen können beantwortet werden: „Waspassierte bei den Stellvertreterkriegen und wie wirkte sich dies auf dieSupermächte aus?“ Die UdSSR wurde moralisch, ideologisch und wirt-schaftlich geschwächt, der Zusammenbruch des Imperiums begann undendete in einem bodenlosen Strudel, der schließlich die Sowjetunionhinwegfegte und das Ende des Kommunismus besiegelte. Die Verteidi-gung des Status quo war der UdSSR offenbar so wichtig, dass sie ihreeigene Kultur bis an den Rand des Untergangs und sogar darüber hin-aus führte (innere Unruhen, wirtschaftliches Chaos …).

Unter dieser Fragestellung könnte man die These wagen, dass dieStellvertreterkriege den Status quo des Patts der Supermächte im Kal-

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ten Krieg stützten, aber zu welchem Preis, zu dem des Untergangs derUdSSR? Wenn noch Zeitüberschuss vorhanden ist, können an der Tafelmögliche Argumente für die Beantwortung der Leitfrage gesichert wer-den:

Schließlich sollte den Schülern klar werden, dass durch die Logik desWettrüstens und der Stellvertreterkriege kein strategisches Patt erreichtwurde, sondern dass es eine antagonistische Vernichtungslogik war, inder es einen Sieger und einen Verlierer gab: Die beiden Supermächterüsteten solange, bis es sich eine Supermacht wirtschaftlich nicht mehrerlauben konnte und kollabierte. Diese Erkenntnis leitet zur nächstenStunde über, zum Ende des Kalten Krieges.

Die Hausaufgabe besteht darin, eine Schemazeichnung zu interpretie-ren, und zwar mittels eines Quellenmixes (s.o.): Die Schüler beantwor-ten stichpunktartig den Arbeitsauftrag A1, S. 48 und bereiten sich aufeine mündliche Interpretation und Erläuterung des Schaubildes S. 48vor, indem sie zusätzlich dazu den Darstellungstext „1.8 Das Ende desKalten Krieges“ auf S. 48 lesen.

27

„Die Afghanistan-Invasion – das sowjetische Vietnam?“

AArrgguummeennttee ddaaffüürr

- Verkennung der Kultur Afghanistans

- Über- und Unterschätzung der Freunde/Gegner

- zu hoher Blutzoll- eigene sozialistische Kultur wird gefährdet(= Glaubwürdigkeitskrise) …

AArrgguummeennttee ddaaggeeggeenn

- keine Eindämmung des Kapitalismus

- keine Erhaltung des Status quo- verlorene Schlacht, verlorener Krieg: UdSSR als Verlierer des Kalten Krieges …

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6) Das Ende des Kalten Krieges: Der Beginn der „Einen Welt“?

Der Einstieg erfolgt über die Interpretation des Schaubildes S. 48. DieSchüler erkennen, dass es auch Mitte der 80er Jahre noch ein Gleichge-wicht des Schreckens gab, wobei jede Supermacht auf anderen Gebie-ten stärker war als ihr Gegner.

Aus dem Text wissen sie, das Reagan auf die Afghanistan-Invasionmit einer Verschärfung des Wettrüstens reagierte, die UdSSR aber öko-nomisch nicht mehr mithalten konnte, so dass Gorbatschow schließlichdie Wende einleitete und zum ersten Mal echte Abrüstungsvorschlägemachte. Um diese Informationen möglichst schülernah vorzustellen,müssen die Schüler erneut ein interaktives Schülergespräch führen(s.o.).

Der Lehrer hat dazu folgendes Tafelbild an der Innenseite der Tafelvor der Stunde erstellt, dessen oberen Teil die Schüler interaktiv erläu-tern müssen.

Ein Schüler beginnt dann mit dem ersten Begriff „Afghanistan“ undnimmt danach die anderen Schüler dran. Dadurch können das Lerner-gebnis der letzten Stunde und die Hausaufgabe eingebunden werdenund die Schüler gestalten den Beginn ihrer Stunde selbst:

Der Rest des Tafelbilds bildet den Anfang der Erarbeitungsphase alsSchwerpunkt der Stunde. An dieser Stelle sollen sich die Schüler in Part-nerarbeit wichtige Positionen und Stationen des Endes des Kalten Krie-ges selbstständig erarbeiten, Stichpunkte an die Tafel schreiben und die-se mündlich erläutern. Jede Partnerarbeitsgruppe darf nur einen Stich-punkt anschreiben, so dass möglichst viele Schüler drankommen. DieErarbeitung entspricht einer modifizierten Form des multiperspektivi-schen Geschichtsunterrichts. Dabei arbeiten zwei Schüler mit den Quel-len Q1 und Q2 und zwei Schüler mit den Quellen Q3 und Q4, S. 49, sodass bei 30 Schülern jeweils 15 die Quellen Q1 und Q2 und 15 die Quel-len Q3 und Q4 bearbeiten und sich gegenseitig ergänzen können. Dieserhöht die Interaktivität zwischen den Schülern und fördert die Kom-munikation in der Lerngruppe.

Die Erarbeitung könnte durch folgenden Arbeitsauftrag geleitet wer-den: „Lest bitte die Quellen Q1 und Q2 und schreibt in Stichwörtern dieHauptideen auf. Bereitet euch dann auf eine mündliche Erläuterung derStichpunkte vor. Schreibt nur einen Stichpunkt an die Tafel, den ihr

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Afghanistan

Reagan Gorbatschow

Abrüstung

Stationen des Endes des Kalten Krieges

1984 1985 1987 1990

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euch vorher ausgesucht habt. Wenn dieser Stichpunkt bereits ange-schrieben wurde, nehmt ihr euren zweiten etc.“ Der Tafelanschriebkönnte dann folgendermaßen aussehen:

In der Problematisierungsphase diskutieren die Schüler nun A3 auf S. 48. Kontrovers soll argumentativ belegt werden, ob Reagans „Politikder Stärke und des Dialogs“ entscheidend war oder Gorbatschows „ein-seitige Abrüstung“; es kann auch wieder – nun auf einer Folie, da derTafelanschrieb die ganze Tafel einnimmt – mit folgendem Tafelbild gear-beitet werden:

Am Ende der Stunde sollten erneut Hypothesen erstellt werden, die inden nächsten Stunden verifiziert werden sollen. Aus der aktuellen Situa-tion in der Welt ist die Frage berechtigt, hat das Ende des Kalten Krie-ges die Welt wirklich sicherer gemacht oder hatte das „Gleichgewichtdes Schreckens“ nicht auch einzelne positive Kennzeichen. Das Stun-dethema dient daher als Leitfrage zur Hypothesenbildung:

„Das Ende des Kalten Krieges: Der Beginn der Einen Welt?“

Die Hypothesen werden auf einer Folie gesammelt, um in den nächstenStunden benutzt werden zu können. Die Methode ist den Schülerngeläufig (s.o.), ebenso ihr Sinn.

Die Lernergebnisse der Stunde sind sehr gut geeignet, um in dernächsten Stunde entweder eine Hausaufgabenkontrolle oder eine BSLzu schreiben. Das Thema der BSL könnte sein: „Das Ende des KaltenKrieges: der Beginn der Einen Welt?“, die Arbeitsaufträge könnten lau-ten: „Stelle bitte die Stationen des Endes des Kalten Krieges dar, erläu-tere die verschiedenen Positionen und bewerte die Leitfrage im Thema:Wer oder was leitete das Ende des Kalten Krieges ein und war dies derBeginn der Einen Welt?“

29

Stationen des Endes des Kalten Krieges

1984REAGAN:

- Politik der Stärke und des Dialogs

- Ziel: Frieden und Abrüstung

1985GORBATSCHOW:

- Politik der einseitigen Abrüstung in Mittel-europa

- UdSSR rüstet stets mehr ab als USA

1987REAGAN/GORBATSCHOW:

- gemeinsamer Vertrag- echte, kontrollierte Abrüstung

- Ziel: Ende des drohen-den Atomkriegs

1990NATO / WARSCHAUER PAKT:

- Ende des Kalten Krieges

- neue Partnerschaft und Freundschaft in Europa

- nur noch Verteidigungs-bereitschaft

Wer/Was war ausschlaggebend für das Ende des Kalten Krieges?

Reagans Gorbatschows „Politik der Stärke „Politik der einseitigen und und des Dialogs“ kontrollierten Abrüstung“

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Die Hausaufgabe besteht darin, den darstellenden Text S. 203f. „Fun-damentalismus und Terror“ zu lesen und stichwortartig die aktuellenProbleme in der „Einen Welt“ zu skizzieren und sich darauf vorzube-reiten, sie in einem interaktiven Gespräch zu erläutern. Zusätzlich sol-len sich die Schüler auf eine Bildanalyse (S. 204) vorbereiten und dieHypothesen der letzten Stunde unter der Leitfrage „Das Ende des Kal-ten Krieges: der Beginn der Einen Welt?“ analysieren und sich auf eineDiskussion vorbereiten.

30

7) Nach dem Kalten Krieg der heiße Krieg: Fundamenta-lismus und Terror – eine Facette der „Einen Welt“?

Der Einstieg erfolgt über die Hausaufgabe in einer methodischenGesprächsform, die in der 4. Stunde neu eingeführt wurde oder bereitsbekannt ist, dem interaktiven Schülergespräch:

Die Schüler sollen anhand von Stichpunkten, die der Lehrer vorgibt,möglichst eigenständig ein Gespräch führen, indem sie sich ohne Leh-rereingriff selbstständig drannehmen, die Begriffe erläutern und ergän-zen und die Materialien dazu interpretieren und analysieren. Der metho-dische Auftrag dazu lautet: Schüler A nimmt Schüler B dran, der erläu-tert das Stichwort und fragt, ob noch jemand etwas ergänzen möchte;dann nimmt der Schüler, der zuletzt erläutert hat (meist B), das nächsteStichwort und nimmt Schüler C zum Erläutern dran u.s.w. Die inhaltli-che Gliederung erfolgt über die Stichworte, die der Lehrer möglichst aufeinem Plakat vorgibt oder vor Stundenbeginn auf die Tafel schreibt, daer den OHP für die Hypothesen aus der letzten Stunde braucht. Es könn-ten hier folgende Begriffe sein: Globale Situation im ausgehenden 20.Jahrhundert, 11. September 2001, Reaktion der USA, Osama binLaden/Al Kaida, Irak. Das Einstiegsplakat oder der Tafelanschriebkönnten dann folgende Form haben:

Sollte die Methode noch Schwierigkeiten bereiten, kann die Folie ausder 4. Stunde aufgelegt werden: Der Methodenteil wird aufgedeckt, sodass die Schüler nochmals den Ablauf der Methode nachlesen können.

Die Schüler sollen während des Gesprächs erkennen, dass die Logikder Stellvertreterkriege und das Gleichgewicht des Schreckens vorbeisind, die Welt aber auf keinen Fall friedlicher geworden ist. Die Bild-analyse (S. 204) soll ihnen deutlich machen, dass die neue Gefahr fürden Frieden der Welt, der Terrorismus, keinen Kalten Krieg sonderneinen heißen Krieg führt, der global und spontan jeden treffen kann. DieHypothesen und die beiden Leitfragen können in diesem Zusammen-hang diskutiert werden, so dass die Schüler erkennen, dass die Logik desKalten Krieges auch positive Effekte für den Weltfrieden hatte und das

METHODE: Interaktives Schülergespräch

INHALT: Fundamentalismus und Terror

- Globale Situation im ausgehenden 20. Jahrhundert- 11. September 2001- Reaktion der USA- Osama bin Laden/Al Kaida- Irak

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Krisenmanagement aus der Kuba-Krise sicherlich heutzutage sinnvollwäre, aber wesentlich schwieriger zu erreichen sein wird. Durch diesebreit angelegte sehr schülerorientierte Einstiegsphase sind die Schülerfür den Schwerpunkt der Stunde sensibilisiert. Wichtig sind nun die„Ursachen des Terrors“ (S. 204-205, Q1-Q7), um multiperspektivisch zuverstehen und zu erklären, wie der aktuelle Unfrieden in der „EinenWelt“ möglicherweise veränderbar wäre.

Den Schwerpunkt der Stunde bildet die Erarbeitungsphase: An die-ser Stelle sollen sich die Schüler erneut in Partnerarbeit wichtige Posi-tionen zur Ursachenforschung in Bezug auf den aktuellen Terrorismus(S. 204-205, Q1-Q7) selbstständig erarbeiten, Stichpunkte auf die OHFschreiben und diese mündlich erläutern. Jede Partnerarbeitsgruppe darfnur einen Stichpunkt anschreiben, so dass möglichst viele Schüler dran-kommen. Die Erarbeitung entspricht einer modifizierten Form des mul-tiperspektivischen Geschichtsunterrichts. Dabei arbeiten zwei Schülermit der Quelle Q1, zwei mit der Quelle Q2 etc., so dass bei 28 Schülernjeweils zweimal alle Quellen bearbeitet werden. Die Schüler könnensich also bei der Auswertung gegenseitig ergänzen. Dies erhöht die Inter-aktivität zwischen den Schülern und fördert die Kommunikation in derLerngruppe. Alle Partner bekommen eine Partnerkarte, auf der dieArbeitsaufträge klar beschrieben sind. Diese kann folgende Form haben:

Da es sich um sieben verschiedene Texte handelt, erhalten sieben Part-nergruppen ein jeweils zur Quelle passendes Folienstück, die anderensieben müssen sich nur auf den mündlichen Vortrag vorbereiten. Um dieanschließende Auswertung und Sicherung möglichst intensiv zu gestal-ten, müssen alle wichtigen Lernertypen integriert werden: auditive undvisuelle Typen, am Ende auch die haptischen Lerntypen. Es erfolgt alsowie bereits in der zweiten und vierten Stunde eine Dreifachsicherung,die den Inhalt besonders vernetzt bereits im Langzeitgedächtnis veran-kert (s.o.): zunächst im mündlichen Schülervortrag, dann im Schüler-vortrag visuell über Folienanschrieb gestützt und schließlich in derschriftlichen Übernahme der korrigierten OH-Folienfassung. DerArbeitsbogen könnte folgendermaßen aussehen:

Die möglichen Stichpunkte könnten folgende Form haben:

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PARTNERKARTE

1. Lest zunächst euren Quellentext (Q1) und unterstreicht dabei die wesentlichen Kernaussagen, die die Perspektive des Autors kennzeichnen.

2. Legt ein treffendes Stichwort für die jeweilige Kernaussage fest und schreibt es auf euren Arbeitsbogen bzw. euer Folienstück.

3. Bereitet euch auf die mündliche Erläuterung eurer Stichworte vor.

10. Klasse Geschichte Thema: Fundamentalismus und Terror Datum: . . .Dr. Stolz Leitfrage: „Nach dem Kalten Krieg der heiße Krieg?“

ORIANA FALLACI

(2002), ITALIEN

FRANCIS FUKUYAMA

(2002), USADER SPIEGEL

(2001), BRDDER STERN

(2001), BRDNORDKURIER

(2001), BRDDIE ZEIT

(2001), BRDDER SPIEGEL

(2001), BRD

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Bei der Erläuterung in der Auswertungsphase wird den Schülern beson-ders durch die Quelle Q7 deutlich, wie wichtig eine multiperspektivischeSichtweise bei historisch-politischen Problemlagen ist:

Klaus Staeck spricht – ähnlich wie in der vierten Stunde McNamara– die Probleme an, die entstehen würden, wenn die Supermächte oderdie Nordhälfte des Globus alles nur aus der eigenen Perspektive heraus,d.h. monoperspektivisch bzw. unilateral betrachteten. Es fehlte das Ver-ständnis für die andere Kultur, für die Entwicklungsländer und ihre Pro-bleme, für die Religion und Kultur eines vom amerikanisch-europäi-schen Kulturkreis devianten Weges, der weder besser noch schlechter,sondern einfach anders ist. Eine beschränkte Perspektive würde Fehl-einschätzungen in Bezug auf Freund und Feind und eine völlig unkal-kulierbare Politik nach sich ziehen, da eine Einteilung in gut und bösedie Probleme nicht löst, sondern zum Krieg, zum „Kreuzzug“ aufruft unddamit die eigenen demokratische Werte vernachlässigt. Letztlich wäredadurch den Fundamentalisten Recht gegeben: Seht her, die westlichenDemokratien sind eigentlich nur scheindemokratisch, unter dieser Mas-ke sitzt ihr martialisches eigentliches Ego.

Für die Schüler entsteht bei dieser Quelle – wie in der vierten Stun-de – ein Synergieeffekt, indem Inhalt und Methode kongruieren. Durchdie anderen Sichtweisen werden die Schüler auf die Parallelität mit demOst-West-Konflikt hingewiesen und erfahren, dass es trotz der Datenund Fakten, die heutzutage offen liegen, eine klare „Verblendung“ derwestlichen Welt gibt (Staeck: „Wir sind kurzsichtig geblieben und wer-den kurzsichtig gemacht.“ S. 205, Q7).

Ähnlich wie im Ost-West-Konflikt kann eine multiperspektivischeSichtweise, die das Andere versteht und erklärt, hier Abhilfe schaffen.Wobei eines klar sein muss: Verstehen und erklären heißt nicht akzep-tieren, aber vor der klaren Ablehnung des Fundamentalismus muss eineklare und multiperspektivische Ursachenforschung stehen, die die

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10. Klasse Geschichte Thema: Fundamentalismus und Terror Datum: . . .Dr. Stolz Leitfrage: „Nach dem Kalten Krieg der heiße Krieg?“

ORIANA FALLACI

(2002), ITALIEN

- Kampfgegen Osmabin Laden,weil er unse-re Kulturablehnt,unser Lebengefährdet

FRANCIS FUKUYAMA

(2002), USA

- islamischeWelt bringtislamischenFaschismushervor

- islamischeWelt muss sichentscheiden,ob sie diesenbekämpfenwill oder sichihm hingibt

DER SPIEGEL

(2001), BRD

- Terrorismusist die Waffeder Schwa-chen

- USA unter-drücken zuviele schwa-che Staaten

- schwacheStaatenhassen USAdafür

DER STERN

(2001), BRD

- Osma binLaden istnicht derIslam

- Der Westenzerstört durchseine ökon.Macht dieislamischeWerte- undLebenswelt= Verantwor-tung desWestens

NORDKURIER

(2001), BRD

- Kampfgegen Osmabin Laden istScheinlösung

- Lösung:neue Formvon demokra-tischererGlobalisie-rungspolitikund -wirt-schaft

DIE ZEIT

(2001), BRD

- Fundamen-talismus istnicht Islam

- Fundamen-talismus istFanatismus

DER SPIEGEL

(2001), BRD

- einfachesDenken hilftnicht(gut/böse)- Ost/West-Konflikt hatBlick für denNord/Süd-Konfliktgetrübt- Eskalationder Gewalt istFolge dieserzu engenPerspektive

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Schüler in dieser Stunde selbstständig mit geeignetem Material durch-führen, um vorschnelle Vorurteile zu vermeiden.

Gerade aufgrund der sehr kontroversen Positionen können dieSchüler die allgemeinen Leitfragen dann in der Problematisierungspha-se beantworten: „Das Ende des Kalten Krieges: Der Beginn der EinenWelt?“ und „Nach dem Kalten Krieg der heiße Krieg?“ Durch das Quel-lenarrangement haben sie nun genügend Argumente, um ihr eigenesUrteil differenziert zu untermauern. Ein einfaches Ja oder Nein ist nichtmöglich. Die Phase sollte im gelenkten Unterrichtsgespräch geführt wer-den, da der Lehrer hier sicherlich methodisch und inhaltlich in einer 10.Klasse lenken muss. Wenn genügend Zeit vorhanden ist, kann auchzusätzlich die Frage A2 auf S. 204 gestellt werden: „Wie könnten gewalt-freie Konfliktlösungen aussehen?“ Diese Frage kann allerdings nur instarken Lerngruppen gestellt werden, da die Schüler hier ein breites All-gemeinweisen besitzen müssen, um auch über Entwicklungsländer undihre Problematik Bescheid zu wissen.

Ein Ziel der Problematisierungsphase sollte sein, dass die Schülererkennen, dass eine einfache Logik „Westen = gut, islamische Welt =schlecht“ eine dogmatische Weiterführung des Ost-West-Konflikts mitanderen Vorzeichen wäre. Andererseits sollten die Schüler aber aucherkennen, dass die Abwesenheit des Gleichgewichts des Schreckens unddie neue Qualität des Terrors die Welt in unseren Breiten wesentlichunsicherer gemacht hat, da es Stellvertreterkriege nun nicht mehr gibt.Würde man das Krisenmanagement der Kuba-Krise ernst nehmen, dannhätte dies für unser Wirtschaftssystem auch auf globaler Ebene deutli-che Folgen. Dies sollten die Schüler erkennen, so dass diese Stunde nurAnstöße geben kann, da wirkliche Lösungskonzepte erst in einer Reiheüber die Rolle der Entwicklungsländer zustande kommen könnten.

Mit dieser Stunde kann die Reihe abgeschlossen werden. Sollte einkritischer Ausblick gegeben werden, dann kann noch eine achte Stun-de „Ist der Sozialismus am Ende: Eine mögliche Bilanz?“ angeschlos-sen werden. Zuvor müssen die Schüler sich allerdings mit dem real exis-tierenden Sozialismus in der DDR beschäftigt haben, ansonsten ist die-se Stunde nicht sinnvoll, da die Grundlage für eine erweiterteDiskussion fehlt. Der Rahmenplan fordert dazu ja die beiden Pflicht-themen: „Überwindung der Blockkonfrontation“ und „Leben inDeutschland: Aspekte der Alltagsgeschichte“. Wird diese Stunde ange-fügt, dann ist folgende Hausaufgabe sinnvoll:

Die Hausaufgabe besteht darin, den darstellenden Text S. 66 „Der Sozia-lismus: eine Bilanz“ zu lesen und stichwortartig die aktuellen Problemein der „Einen Welt“ zu skizzieren und sich darauf vorzubereiten, sie ineinem interaktiven Gespräch zu erläutern. Zusätzlich sollen sich dieSchüler auf eine Karikaturanalyse (S. 59 unten) vorbereiten (metho-disch-mediales Leitziel der Reihe), die einige ökonomische Aspekte derGrundprobleme der kapitalistischen Wirtschaft verdeutlicht.

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8) Ist der Sozialismus am Ende? Eine mögliche Bilanz

Der Einstieg geschieht mittels einer Karikaturanalyse (Karikatur S. 59,Methode S. 29, s.o.). Bereits auf der Beschreibungsebene können dieSchüler ihre Erkenntnisse aus dem Text S. 66 einfließen lassen: DieErgebnisse der sozialistischen Gesellschaft sind ein grauer Alltag undeine eintönige Wohnlandschaft. Jeder hat eine einheitliche Wohnung,alles ist genormt, es gibt keine Freiheit. Der Sozialismus, am Anfang,1917, gegen die kapitalistische Ausbeutung (in der Karikatur mit denBegriffen „Preissteigerung, Kriminalität, Inflation“ symbolisiert) als Uto-pie gegründet, kommt in der Realität an: „Die Realisierung einer sozia-listischen Gesellschaft ist gescheitert“ (S. 66). Die Leitfrage (S. 67) „Istdie Idee vom Sozialismus tot?“ führt zu einer Hypothesenbildung, in derdie Schüler erneut eine wissenschaftspropädeutische Methode kennenlernen. Der Lehrer schreibt unter die bereits vor Stundenbeginn auf derTafel notierte Leitfrage „Ist die Idee vom Sozialismus tot?“ die Hypo-thesen der Schüler, die dann durch die Ergebnisse der Erarbeitungs-phase überprüft werden.

Ähnlich wie in den vorigen Stunden steht nun die Gruppenarbeit imZentrum der Stunde als Arbeitsform, die schülerorientiert und einemmultiperspektivischen Ansatz angemessen den Schwerpunkt der Stun-de bildet. Im Buch wird die Leitfrage: „Ist die Idee vom Sozialismus tot?“vorgegeben und fünf Quellen (Q1-Q5) auf S. 67 bilden das Ausgangs-material für die multiperspektivische Quellenarbeit. Sollen die Schülerselbstständig die Quellen bearbeiten und die unterschiedlichen Per-spektiven herausarbeiten, ohne dass der Lehrer eine stark leitende Funk-tion übernimmt, muss geeignetes Quellenmaterial vorhanden sein, dasselbsttätig bearbeitet werden kann (s.o.). Das Buch bietet geeignete kon-troverse Quellen an, so dass die Leitfrage beantwortet werden kann. Diefünf Quellen sind authentische Quellen, die Schüler können dadurchselbstständig eine multiperspektivische Quellenarbeit durchführen. Eswerden zehn Gruppen à drei Schüler gebildet (sollten die Klassen klei-ner oder größer als 30 Schüler sein, sind die Gruppen anzupassen); allebekommen eine Gruppenkarte, auf der die Arbeitsaufträge klar beschrie-ben sind. Diese kann folgende Form haben:

Da es sich um fünf verschiedene Texte handelt, erhalten fünf Gruppenein jeweils zur Quelle passendes Folienstück, die anderen fünf Gruppenmüssen sich nur auf den mündlichen Vortrag vorbereiten. Um die an-schließende Auswertung und Sicherung möglichst intensiv zu gestalten,müssen alle wichtigen Lernertypen integriert werden: auditive und visu-elle Typen, am Ende auch die haptischen Lerntypen. Es erfolgt also wiebereits zuvor eine Dreifachsicherung: zunächst im mündlichen Schüler-

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GRUPPENKARTE

1. Lest zunächst euren Quellentext (Q1) und unterstreicht dabei die wesentlichen Kernaussagen, die die Perspektive des Autors kennzeichnen.

2. Legt ein treffendes Stichwort für die jeweilige Kernaussage fest und schreibt es auf euren Arbeitsbogen bzw. euer Folienstück.

3. Bereitet euch auf die mündliche Erläuterung eurer Stichworte vor.4. Wählt 1-2 Sprecher, die diese vortragen und erläutern.

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vortrag, dann im Schülervortrag visuell über Folienanschrieb gestütztund schließlich in der schriftlichen Übernahme der korrigierten OH-Folienfassung. Der Arbeitsbogen könnte folgendermaßen aussehen:

Die möglichen Stichpunkte könnten folgende Form haben:

Bei der Erläuterung in der Auswertungsphase wird den Schülern beson-ders durch die Quellen Q1, Q4 und Q5 deutlich, wie wichtig eine mul-tiperspektivische Sichtweise bei historisch-politischen Problemlagen ist:

Die Leitfrage wird sehr kontrovers diskutiert. Während die Quelle 1die menschliche Tragödie des Kommunismus und seine diktatorischenFolgen betont, betonen die Quellen 4 und 5 – völlig losgelöst von dersozialistischen Erfahrung zwischen 1917 und 1989 – die Werte derGerechtigkeit und der Sekundärverteilung innerhalb einer Gesellschaftund kritisieren die Probleme einer kapitalistischen Wirtschaft aus sozia-listischer Perspektive, ohne dabei an die Folgen für das Zusammenlebenzu denken, als ob es nicht ein Denkgebäude des Sozialismus gegebenhätte, in dem die „Diktatur des Proletariats“ mit der „gerechten Vertei-lung der Ressourcen und der Vermögen“ unweigerlich zusammenhing.

Die Schüler lernen an dieser Stelle, dass Quellen immer nur Per-spektiven darstellen und bestimmte Aspekte betonen, andere ausblen-den.

So blendet die Quelle 1 die sozialen Errungenschaften des Sozialis-mus aus und betont die politischen, die Quellen 4 und 5 betonen diesozialen Errungenschaften und blenden die politischen Probleme aus.Die Quellen 2 und 3 betonen wieder andere Aspekte, so z.B., dass die

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10. Klasse Thema: Sozialismus, eine mögliche Datum: . . .Geschichte BilanzDr. Stolz Leitfrage: „Ist die Idee vom Sozialismus tot?“

DANIELLE MITTE-RAND (1997)

SCHWARZBUCH

DES KOMMUNIS-MUS (1997)

JOSCHKA F.(1992), DIEGRÜNEN/BÜNDNIS 90

DER SPIEGEL

(1993)

„BILANZ DES

SOZIALISMUS“(1992)

10. Klasse Geschichte Thema: Sozialismus, eine mögliche Bilanz Datum: . . .

Dr. Stolz Leitfrage: „Ist die Idee vom Sozialismus tot?“

SCHWARZBUCH DES

KOMMUNISMUS

(1997)

- Real existieren-der Kommunismuswar Terrorregime,eine Diktatur

JOSCHKA FISCHER

(1992), DIE GRÜ-NEN/ BÜNDNIS 90

- Linke Politik mussaus dem Terrorre-gime sowjetischerPrägung lernenoder verschwinden

DER SPIEGEL (1993)

- Kapitalismus hatgesiegt

- Sieg ist bitter:Globalisierungerzeugt Verar-mung und Unter-drückung, es gibtkeine erkennbareneue Ordnung

„BILANZ DES SOZIALIS-MUS“ (1992)

- Kapitalismusverarmt undbeutet Menschenaus

- Konsequenz:neuer, reformier-ter Sozialismusmuss her

DANIELLE MITTERAND

(1997)

- Welt soll gerechtsein, Arbeit sollzum Wohle desMenschen undnicht der Reichenallein genutztwerden

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Linke aus dem Scheitern des Sozialismus lernen müsste oder dass derSieg des Kapitalismus auch bittere Seiten für die Bevölkerung hat.

Gerade aufgrund der sehr kontroversen Positionen können dieSchüler die allgemeine Leitfrage dann in der Problematisierungsphasebeantworten: „Ist die Idee vom Sozialismus tot?“ Durch das Quellenar-rangement haben sie nun genügend Argumente, um ihr eigenes Urteil zuuntermauern. Ein einfaches Ja oder Nein ist nicht möglich. Die Phasesollte im gelenkten Unterrichtsgespräch geführt werden, da der Lehrerhier sicherlich methodisch und inhaltlich in einer 10. Klasse lenkenmuss.

Es spricht viel dafür, dass die Idee des Sozialismus abgewirtschaftethat, dass man politische und soziale Errungenschaften und Theorie undPraxis nicht voneinander trennen darf. Trotzdem gibt es in der RealitätMenschen, die weiterhin die Ideen des Sozialismus vertreten (dieSchüler kennen beispielsweise die Partei PDS). Als Hilfsimpuls kann dasBild (S. 66) mit dem Arbeitsauftrag A1 zusätzlich benutzt werden: Kannman die Denker Marx und Engels und ihre Ideen von den späterenMachthabern, die den Sozialismus in die Praxis umgesetzt haben, tren-nen, sind die Denker „unschuldig“ oder ist eher das Volk „unschuldig“und die Denker und die Realisatoren des Sozialismus verantwortlich?

Pro- und Contraargumente können an der Tafel gesammelt werdenund mit den eingangs aufgestellten Hypothesen verglichen werden.Dadurch erkennen die Schüler auch ihren Lernfortschritt und dass sieMeinungen stets argumentativ fundieren müssen.

Wenn noch Zeitüberschuss vorhanden ist, können an der Tafel mög-liche Argumente für die Beantwortung der Leitfrage gesichert werden:

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Ist die Idee vom Sozialismus tot?

PRO: CONTRA:… …

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