Der Junge mit dem Koffer

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Project Initiators Official Partners

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Diese Inszenierung ist 2010 / 2011 in Koproduktion mit dem indischen Ranga Shankara Theater aus Bangalore entstanden und war Abschluss und Höhepunkt der dreijährigen Theaterpartnerschaft Do I know U?. Neben den Schnawwl Schauspielern werden der junge indische Schauspieler Shrunga B.V. und die in Südindien als Nachwuchsstar gefeierte Sängerin Pallavi Arun auf der Bühne stehen. Die Musik entsteht in Zusammenarbeit des Komponisten Coordt Linke mit dem international bekannten Gitarristen Konarak Reddy aus Bangalore.

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Project Initiators

Of�cial Partners

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Schnawwl, Mannheim, Germany & Ranga Shankara, Bangalore, India

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S. 6-9 ........... GrußworteS. 10-11 .......... Liebes PublikumS. 12-13 ......... Das Stück – Der Junge mit dem Koffer / Boy with a Suitcase

S. 14-15 ......... Die Theaterpartnerschaft – Do I know U?

Das Cyber Class ProjektS. 16-21 .........Who is Who der Migration – ein Glossar

S. 22-25 ....... Heimatlos aber nicht hoffnungslos –

Indiens Flüchtlingskinder S. 26-29 ...... Afghanische Flüchtlingskinder berichten

S. 30-31 ....... Drei Fragen an Mike KennyS. 32-33 ....... Bangalore-England und zurück –

Gewinner des Essay Wettbewerbs

S. 36-39 ...... BesetzungS. 39 ............. Impressum

Inhalt

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Mit viel Freude besuchte ich im Mai 2009 das Festival „Augenblick mal!“. Dort sah ich

die große Vielfalt an Theaterformen für ein junges Publikum, das Deutschland über

die Jahre entwickelt hat. Die Wertschätzung für ein Theater für Kinder in Deutschland

ist ein Zeichen für die Investition in die Zuschauer der Zukunft.

Im ganzen Land existiert ein vernetztes System von Dramaturgen, Pädagogen, Schau-

spielern, Bühnenbildnern und Regisseuren – alle arbeiten an neuen Kunstwerken für

Kinder. Das hat mich fasziniert.

Im Ranga Shankara haben wir ein solides Theaterangebot für Kinder namens AHA!, das

jährlich etwa 100.000 Kinder erreicht. Mit neuen Produktionen und den Ferienwork-

shops „Summer Express“ erweitern wir unser Publikum jährlich. 2009 haben wir den

Workshop „Theater für Kleinkinder“ angeboten und organisierten anschließend eine

Konferenz zum Thema Theaterpädagogik. Wie Sie sehen, wollen wir lebendige Spuren

für unsere jungen Zuschauer hinterlassen! Spuren, die von anderen Theatermachern

in Indien weiter verfolgt werden können. Dieser Weg führte uns auch zum Schnawwl

und zum Regiehandwerk von Andrea Gronemeyer.

Außerdem interessiert uns, wo wir in der langen Tradition des indischen Theaters

stehen. Welche Rolle können wir in der Erweiterung unseres künstlerischen Horizonts

und im Finden von neuen Formen und Inhalten spielen? Auf diesem Weg ist eine Ko-

produktion mit Künstlern einer anderen Kultur immer ein interessanter Katalysator.

Und schließlich hat das Ranga Shankara eine fast symbiotische Beziehung zum Goe-

the-Institut in Bangalore und über die letzten drei Jahre eine ebenso enge Beziehung

zum Schnawwl aufgebaut. Wir freuen uns, dass die Kulturstiftung des Bundes im

Fonds Wanderlust unsere Theaterpartnerschaft mit dem Schnawwl fördert. Freu-

dig gespannt schließe mit dem Wunsch „Möge unsere internationale Theaterfamilie

wachsen!“

Arundhati Nag,

Künstlerische Leiterin Ranga Shankara, Bangalore, Indien

grußworte

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Page 9: Der Junge mit dem Koffer

Was hat der Mannheimer

Schnawwl in Indien

zu suchen?Die Kultur einer Stadt ist das, was die Menschen, die in ihr leben, gemeinsam definie-

ren. Unsere Kultur, das sind unsere Werte, unsere Visionen und auch die Spielregeln

unseres Zusammenlebens. Und weil sich unsere Städte so sehr verändern, verändert

sich auch unsere Kultur. In Mannheim leben Menschen aus 170 Nationen. Wie können

sie sich über ihre Kultur verständigen, wie können sie bei aller erwünschter Unter-

schiedlichkeit auch eine gemeinsame Kultur schaffen, die nicht nur eine Toleranz des

jeweils anderen sondern ein Zusammenleben ermöglicht? Im Kinder- und Jugendthe-

ater trifft sich tatsächlich die gesamte junge Bevölkerung der Stadt. Was aber wissen

wir über unsere jungen Zuschauer? Wissen wir, wie es sich anfühlt in der interkulturel-

len Kommunikation immer der Fremde zu sein, der sich in die Mehrheitskultur integ-

rieren soll? Internationaler Austausch macht für uns vor allem dann Sinn, wenn wir die

Herausforderung des Fremdseins so radikal wie möglich suchen und uns so ehrlich wie

möglich um wahrhaftige Kommunikation mit unseren fremden Freunden bemühen.

Auf keiner unserer Gastspielreisen fühlten wir uns so von einem anderen Stern wie in

Indien. 2006 gastierten wir dort mit einem Stück über die Schwierigkeiten interkul-

tureller Verständigung und waren überwältigt von der Gastfreundschaft, der Lust auf

Kunst und Bildung und dem Drang nach internationalem Austausch unserer Kollegen.

Diese Lust hat sich auf uns übertragen und wir wollen damit auch unser Publikum

anstecken und von unserem Einblick in fremde Welten profitieren lassen. Im Rahmen

unseres Projektes „Do I know U?“ mit dem Ranga Shankara Theater treffen wir uns nun

über drei Jahre lang regelmäßig. Bangalore und Mannheim sind für uns heute nicht

mehr Welten voneinander entfernt, sondern nur noch acht Flugstunden. Am Flugha-

fen in Bangalore holen uns heute keine Unbekannten mehr ab, sondern liebe Kolle-

gen, die uns manchmal vielleicht noch fremd sind, aber mit denen wir uns über eines

immer einig sind: Die Erwachsenen von morgen brauchen heute schon gutes Theater.

Möge die Reise weitergehen!

Andrea Gronemeyer,

Direktorin Schnawwl, Nationaltheater Mannheim

Grußworte

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immer mehr Menschen leben nicht mehr da, wo sie geboren wurden. Manchen sieht

man es an, anderen nicht. Manche sprechen die Sprache des neuen Landes, andere

müssen sie erst lernen.

Was ist Heimat, wenn wir uns so viel bewegen? Und was erleben Kinder, die ohne ihre

Eltern unterwegs sind, in einem Land, das sie noch nie gesehen haben?

Auf der ganzen Welt sind ungefähr 20 Millionen Kinder auf der Flucht, 2 Millionen

davon sind Kinder unter fünf Jahren.

Meistens ist ihr Zuhause zerstört worden, oder sie sind so arm, dass ihre Eltern eine

bessere Zukunft für sie erhoffen. Manche Eltern schicken ihre Kinder allein nach Eu-

ropa und Amerika oder in eine Großstadt wie Bangalore. In Ländern wie Afghanistan,

Irak, dem ehemaligen Jugoslawien und vielen afrikanische Ländern, sowie auf dem

Land in Indien, kann das Leben so unerträglich und hoffnungslos werden, dass Eltern

sich lieber von ihren Kindern trennen, um Ihnen eine vermeintlich bessere Zukunft

woanders zu ermöglichen. Von einem solchen Kind erzählt das Stück „Der Junge mit

dem Koffer / Boy with a Suitcase“.

Zwischen 500 und 1000 Kindern kommen jedes Jahr ohne ihre Eltern oder andere

Begleiter nach Deutschland und suchen hier ein neues Zuhause. Die Eltern der Kinder

haben zwischen 4000 und 10.000 Euro an Schmuggler gezahlt, ohne genau wissen zu

können, ob ihre Kinder gesund und sicher in Deutschland ankommen werden. Manche

Kinder erfrieren in Flugzeugen im Gepäckabteil oder ersticken in Lastwägen. Viele

ertrinken bei der Mittelmeer-Überfahrt in Schlauchbooten. Aber einige schaffen es

auch und bekommen Asyl in Deutschland.

Nach Bangalore und in andere indische Großstädte sind Kinder aus anderen Gründen

unterwegs. Sie kommen mit ihren Eltern oder alleine in die Städte, um der Armut auf

dem Land zu entkommen. In den Städten leben sie in notdürftig errichteten Zelten

neben Baustellen, in Slums oder auf der Straße. Oft arbeiten ihre Eltern als Bauarbei-

ter. Die Kinder arbeiten als Zeitungsverkäufer, sammeln und sortieren Müll, verkaufen

Kleinkram an Kreuzungen oder arbeiten als Geschirrspüler in Restaurants.

Die Schauspieler, aus Bangalore, der Schweiz, Weißrussland, Luxemburg und Deutsch-

land spielen gemeinsam die Geschichte von Naz und Krysia, die alleine auf dem ge-

fährlichen Weg in eine große Stadt am anderen Ende der Welt sind. Auf den nächsten

Seiten erzählen die Schauspieler und Musiker, wo ihr persönliches Zuhause ist zwi-

schen Moers und Taiwan, zwischen den spanischen Eltern, Luxemburg und Mannheim.

Liebes Publikum,

Page 12: Der Junge mit dem Koffer

Davids Link-Tipp

David Benito Garcia

donde estan mis migasZuhause ist, ...

wo meine Krümel sind

Page 13: Der Junge mit dem Koffer

Ich bin David Benito Garcia. Ich bin 33 Jahre alt und arbeite als Schauspieler am Schnawwl

in Mannheim. Ich bin in Luxembourg geboren worden, einem kleinen Land in der Nähe von

Belgien und Holland. Ich habe zwei Nationalitäten: Luxemburgisch und Spanisch, weil meine

Eltern aus Spanien kommen. Mit 21 bin ich nach Freiburg gezogen, um Schauspiel zu studie-

ren. Da bin ich vier Jahre geblieben. Dann bin ich am Theater in Konstanz als Schauspieler

engagiert worden, das liegt an der Schweizer Grenze. Seit drei Jahren bin ich jetzt in Mann-

heim am Schnawwl. Ich spreche sieben Sprachen.

Eines Morgens muss Naz ganz plötzlich los. Weg aus dem kleinen Haus in den Bergen,

denn die Soldaten kommen. Unterwegs begreift er, dass er nicht mehr zurückkommen

wird. Er ist jetzt ein Flüchtling auf dem weiten Weg nach London, wo seine Schwes-

ter lebt. Nur leider hat er kein Geld und Bus- und Schiffsreisen sind teuer. Unterwegs

trifft er Krysia, die ziemlich clever ist. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg ans

andere Ende der Welt. Es ist fast genauso gefährlich und aufregend wie Sindbads

Reisen, findet Naz. Krysia findet Naz’ Geschichten ganz schön nervig, besonders wenn

sie mit ihm zusammen tagein, tagaus in einer Fabrik T-shirts nähen muss, um sich den

nächsten Reiseabschnitt zu verdienen. Als sie sich bei einem Unglück auf dem Meer

verlieren, ist das alles natürlich egal. Ob sie es trotzdem nach London schaffen? Und

ist London dann das Paradies, wie Naz’ Schwester es auf ihre Postkarte beschrieben

hat?

Im Online-Spiel „Last Exit Flucht“ könnt ihr selber überprüfen, ob ihr gewappnet wärt

für eine Flucht.

Wer sich für Indien und die Situation der Kinder interessiert, kann hier bei Unicef auf

Englisch nachlesen.

Informationen über unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Deutschland gibt es hier

beim BUMF und Pro Asyl.

Die Situation von Kinderflüchtlingen weltweit ist hier bei UNHCR dokumentiert.

Spannende und wahre Geschichten von Flüchtlingskindern findet man auf Englisch auf

der website I Respect.

Besonders zum empfehlen sind die Geschichten „The Storm“ von Nikolina aus

Kroatien und „War Wounds“ und „Refugee“von Carmen aus Burundi.

Das Stück

ZUM weiterlesen

TIPP

Page 14: Der Junge mit dem Koffer

Nikolais Link-Tipp

Nikolai Jegorow

Дом это где моя страстьZuhause ist, ...

wo meine Leidenschaft ist

Page 15: Der Junge mit dem Koffer

Ich heiße Nikolai Jegorow. Ich bin 28 Jahre alt und arbeite am Schnawwl als Schauspieler. Ich

bin in Weißrussland in Minsk geboren worden und aufgewachsen. Mit 19 bin ich mit meiner

Familie nach Deutschland gekommen ohne ein einziges Wort Deutsch zu sprechen. Nach

drei Jahren intensivem Sprachtraining bin ich in Wien an der Schauspielschule aufgenommen

worden. Ich bin ein großer Fan von deutschen Gedichten.

Drei Jahre lang haben sich die beiden Theater Schnawwl in Mannheim und Ranga

Shankara in Bangalore getroffen und zusammen gearbeitet. Es begann mit Workshops

zu Theaterpädagogik, Gastspielen vom Schnawwl in Bangalore, und jeweils einer

Produktion mit künstlerischer Beteiligung des Partnertheaters. So entstand „Das Lied

von Rama“, eine Version des indischen Epos „Ramayana“ in Mannheim und „Robinson

& Crusoe“, ein Remake der Schnawwl Inszenierung in Bangalore.

Die Koproduktion von „Boy with a Suitcase“ mit deutsch-indischer Besetzung ist der

Höhepunkt der Theaterpartnerschaft. Das Stück wird im April in Mannheim, im Juni in

Bangalore und 2012 noch einmal in Indien gezeigt.

Die Erfahrungen der Beteiligten sind auf dem Do I Know U Blog dokumentiert.

Sechs Schulklassen in Mannheim und Bangalore sind durch „Der Junge mit dem Kof-

fer“ Cyber-Briefreunde geworden. Per e-mail, Blog und Skype tauschen sie sich über

Theater, ihre Städte und die indisch-deutsche Inszenierung aus.

Auf ihrem Blog ist alles aktuell nachzulesen.

Der Gewinnertext des Essay-Wettbewerbs ist auf Seite 31 zu lesen.

Die Theaterpartner-

schaft „Do I Know U?“

Cyber Class Project

Page 16: Der Junge mit dem Koffer

Coordts Link-Tipp

Coordt Linke

Zuhause ist, ... wo ich meinen

koffer explodieren lasse

Page 17: Der Junge mit dem Koffer

Mein Name ist Coordt Linke. Geboren wurde ich 1968 in Orsoy. Aufgewachsen und zur

Schule gegangen bin ich in Moers, das liegt am Niederrhein am Rande des Ruhrgebiets 40

km östlich der niederländischen Grenze.

Ich habe mich schon immer für fremde Länder und Kulturen interessiert, obwohl ichin der

Schule nicht besonders gut in Erdkunde oder Sprachen war.

Als freischaffender Musiker hat es mich in zahlreiche Länder verschlagen. Leben tue ich

noch immer auf diesem Planeten.

AsylDas Wort bedeutet so viel wie „Heim“ und „Zufluchtsstätte“. In vielen Ländern wer-

den Menschen wegen ihrer religiösen oder politischen Überzeugungen verfolgt,

verhaftet, gefoltert, mit dem Tode bedroht oder sogar umgebracht. Deswegen fliehen

viele Menschen und bitten in anderen Ländern um Asyl. Das heißt, sie möchten dort

ohne Verfolgung und Bedrohung leben und arbeiten. In vielen demokratischen Staa-

ten steht in der Verfassung, dass der Staat Asyl gewährt. In Deutschland heißt es zum

Beispiel im Artikel 16 des Grundgesetzes: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“

2005 haben 55.000 Menschen in Deutschland Asyl beantragt, 99 % der Anträge wur-

den abgelehnt.

BinnenvertriebeneBinnenvertriebene sind Menschen, die innerhalb ihres eigenen Landes vertrieben wer-

den und vor Gewalt, Menschenrechtsverletzungen und Krieg fliehen. 2008 gab es laut

UNHCR 26 Millionen Binnenvertriebene.

Emigration und ImmigrationVon Emigration / Auswanderung spricht man, wenn jemand aus dem Land, aus dem er/

sie stammt, wegzieht. Emigranten werden in ihrer neuen Heimat dann zu Immigran-

ten / Einwanderern. Es gibt auch Menschen, die innerlich emigrieren, also öffentlich

nicht mehr ihre Meinung sagen oder ihre Religion zum Schein wechseln, damit sie sich

und ihre Familie schützen und nicht emi- bzw. immigrieren müssen.

Who is Who der Migration

Page 18: Der Junge mit dem Koffer

Pallavis Link-Tipp 1 und Link-Tipp 2

M.D. Pallavi

Zuhause ist, ... wo ich mit den Men-

schen bin, mit denen ich sein möchte

Page 19: Der Junge mit dem Koffer

Mein Name ist M.D. Pallavi. Ich bin 31 Jahre alt und bin in Bangalore geboren. Meine Familie

zog nach Goa, als ich drei war. Da bin ich auch zur Schule gegangen. Nach 13 Jahren sind wir

zurück nach Bangalore gekommen. Ich kann fünf Sprachen: Englisch, Kannada, Konkani und

Hindi und Tamil. Ich komme aus einer Künstlerfamilie, deswegen habe ich schon früh mit

Singen und Schauspielen angefangen. Ich habe einen Abschluss in Hindustani Musik und

einen Bachelor in Journalismus, Englisch und Psychologie.

Migrant

Als Migranten werden Menschen bezeichnet, die von einem Wohnsitz/Land zu ande-

ren Wohnsitzen/Ländern wandern beziehungsweise durchziehen. Entweder sind sie

dauerhaft nicht-sesshaft wie beispielsweise viele Sinti und Roma, oder sie geben ihren

bisherigen Wohnsitz auf, um zu einem anderen Wohnsitz zu ziehen.

Eine Gruppe der Migranten sind Flüchtlinge, deren Status durch die Genfer Flücht-

lingskonvention geregelt ist. Diese haben gewisse Rechte, zum Beispiel Recht auf

politisches Asyl. Der Begriff des Flüchtlings umfasst nach dem Genfer Abkommen aus-

schließlich Personen, die aufgrund von Hautfarbe, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit

zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Ethnie) oder politischer Überzeugung ihr Land

verlassen. Er schließt also Elends- und Umweltflüchtlinge, Klimaflüchtlinge und Wirt-

schaftsflüchtlinge aus. 2008 gab es laut UNHCR 15,2 Millionen Flüchtlinge im Sinne der

Genfer Konvention. Im deutschen Sprachgebrauch unterscheidet man außerdem zwi-

schen Asylberechtigten, die in ihrem Heimatland individuell politisch verfolgt wurden,

und Kontingentflüchtlingen, die aufgrund von Kriegen fliehen mussten.

Die Umschreibung „Menschen mit Migrationshintergrund“ fasst Migranten und ihre

Nachkommen unabhängig von der tatsächlichen Staatsbürgerschaft zusammen.

Arbeitsmigranten sind die größte Gruppe von Migranten. 2006 schätzte man welt-

weit 175 Millionen Immigranten. Darunter befanden sich laut UNHCR-Angaben 8,4

Millionen Flüchtlinge. Viele Flüchtlinge davon kommen auf illegalem Weg mithilfe von

Menschenschmugglern nach Europa.

In Mannheim haben 37,5 % der Bevölkerung einen Migrationshintergrund.

MenschenschmuggelDer Menschenschmuggel bezeichnet den illegalen Transfer von Menschen über inter-

nationale Grenzen hinweg. Die Schmuggler erhalten von den geschmuggelten Men-

schen in der Regel hohe Summen für den Transport. Die Geschmuggelten und ihre

Familien verschulden sich dafür tief. Von China in die USA zahlt man ca. 50.000 €, was

in reicheren Regionen Chinas rund zwei durchschnittlichen Jahresgehältern entspricht.

Menschenschmuggler werden auch als Schlepper oder Schleuser bezeichnet.

Who is Who der Migration

Page 20: Der Junge mit dem Koffer

Shrungas Link-Tipp

B.V. Shrunga

Zuhause ist, ... wo ich vertrauen

kann und mir vertraut wird

Page 21: Der Junge mit dem Koffer

Ich heiße B.V. Shrunga und bin 25 Jahre alt. Ich wurde in Belgaum im indischen Bundesstaat

Karnataka geboren und bin in Bangalore aufgewachsen. Ich lebe mit meinen Eltern in Banga-

lore. Wir sind in den letzten 14 Jahren dreimal umgezogen, aber nur innerhalb einer Straße,

der 11ten Hauptstraße in Hanumanthnagar. Also keine große Migration bei uns.

Ich habe eine Ausbildung als Ingenieur, aber eigentlich bin ich Schauspieler. Obwohl ich

keine Schauspielschule besucht habe, hatte ich das Glück, von sehr talentierten Menschen

zu lernen. Manche von ihnen sind Meister in dem, was sie tun.

Ich spreche Kannada, Englisch und Hindi.

UNHCRDie UNO hat die Stelle eines Hohen Flüchtlingskommissars (abgekürzt UNHCR) einge-

richtet. Diese Organisation beschäftigt sich speziell mit dem Flüchtlingsproblem und

hat verschiedene Hilfswerke eingerichtet.

UNO/Vereinte NationenNach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1945 die „United Nations Organization“ (auf

Deutsch „Vereinte Nationen“) mit Sitz in New York gegründet. Man wollte verhindern,

dass sich solche Weltkriege wiederholen. Die UNO hat viele Unterorganisationen

gegründet. Eine davon ist das Weltkinderhilfswerk UNICEF, das sich um Kinder in der

ganzen Welt kümmert; eine andere die UNHCR, die sich speziell um Flüchtlinge küm-

mert.

Unbegleitete Minderjährigen

Flüchtlingen (UMF)Die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge sind Kinder und Jugendliche, die ohne

Eltern oder andere Begleiter fliehen. Durch den Verlust von Familie, Freunden, und

Sprache, also der kompletten Heimat, sind sie sehr verletzlich. Oft kommen noch dra-

matischen Erlebnisse (wie z.B. Krieg, Armut, sexuelle Gewalt) in den Herkunftsländern

und/oder auf der Flucht hinzu.

2008 kamen mindestens 763 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Deutschland.

Who is Who der Migration

Page 22: Der Junge mit dem Koffer

Konaraks Link-Tipp

Konarak Reddy

tappu panna, paravailleZuhause ist, ...

wo ich Fehler machen kann

Page 23: Der Junge mit dem Koffer

Ich heiße Konarak Reddy. Ich bin 55 Jahre alt und zu einem Viertel Tamile, einem Viertel

Bengale und der Rest von mir ist aus Andhra Pradesh. Wir waren so multi-indisch, dass wir

zu Hause dann Englisch gesprochen haben. Jetzt lebe ich mit meiner wunderschönen Frau

Kirtana und unserer bezaubernden Tochter Zui zusammen, mit drei Hunden die Bamboo,

Mushroom und Prudence heißen, und unserer geliebten Katze Kiara. Ich liebe Musik. Gitarre

spielen ist mein Leben. Ich spiele sogar, wenn ich das Instrument nicht in der Hand halte.

Und jetzt in den Worten von Jimi Hendrix “Excuse me, while I kiss the sky.”

von Reema Moudgil

Ein Flüchtling hat nicht immer Zeit, seinen Koffer zu packen. Wenn sich Tragödien wie

Krieg und Naturkatastrophen ereignen, bleibt den meisten Menschen nur die schreck-

liche Erinnerung an die Zerstörung ihres Zuhauses und den Verlust ihrer Freunde und

Familie.

Noch tragischer ist es, ein Flüchtling in seinem eigenen Land zu sein. In Indien ist

Armut die häufigste Ursache für die Umsiedlung vom Dorf in die Stadt. Dabei ist auch

eine große Anzahl von Kindern zur Migration gezwungen, wenn die Landwirtschaft

in den Dörfern von den Industrieprojekten oder Staudämmen verschluckt wird und

andere Gefahren wie Überflutungen oder Erdbeben das Zuhause der Kinder zerstört.

Alleine oder mit ihren Familien fliehen sie aus den Dörfern in ein schutzloses Leben

auf den Straßen der indischen Städte.

Die Legende von einem besseren Leben treibt Unmengen von Kindern vom Land in

die Städte. Die kleinen Migranten verlassen ihre Heimat, um als Zeitungs- oder Blu-

menverkäufer zu arbeiten, halsbrecherische Akrobatiknummern vorzuführen oder zu

betteln. Statistiken zeigen, dass 12.6 Millionen Minderjährige Kinderarbeit verrichten.

Indien hat weltweit die höchste Zahl an Arbeitskräften unter 14 Jahren und zudem die

höchste Zahl von Straßenkindern, von denen viele der Mafia, Gewalt oder Drogen

zum Opfer fallen, sich prostituieren oder sonstige harte körperliche Arbeit verrichten

müssen.

Trotz ihrer so offensichtlich schlimmen Lage, bewahren sie sich ihre leuchtenden Au-

gen und ihr sorgloses Lächeln und hoffen alle auf ein glückliches Ende. In einem Film

wie Danny Boyle’s „Slumdog Millionnaire“, erreicht ein Waise aus dem Slum dieses

unmögliche Happy-End, aber solange klare Gesetze fehlen, die sich den Rechten die-

ser Kinder widmen und sich für diese stark machen, werden immer mehr Kinder vom

Land in die Stadt flüchten ohne dort jemals das Nötigste wie Essen, ein Dach über

dem Kopf und schulische Bildung zu finden.

Heimatlos aber nicht

Hoffnungslos

Indiens Flüchtlingskinder

Page 24: Der Junge mit dem Koffer

wo ich cha loslah

Simones Link-Tipp 1 und Link-Tipp 2

Simone Oswald

Zuhause ist, ...

wo ich loslassen kann

Page 25: Der Junge mit dem Koffer

wo ich cha loslah

Ich heiße Simone Oswald und bin im Elternhaus meines Vaters in einem kleinen Dorf am

See am Fuße eines Berges in der Schweiz aufgewachsen. Mit 20 bin ich nach Hannover

gezogen, um Schauspiel zu studieren. Nach vier Jahren Studium habe ich meine erste Stelle

als Schauspielerin in Ingolstadt in Bayern angetreten. Nach zwei Jahren bin zurück in den

Norden nach OIdenburg gezogen. Dort war ich wiederum zwei Jahre. Dann zog ich nach

Mannheim, wo ich jetzt seit drei Jahren lebe. Die Sprache, die ich am häufigsten spreche, ist

Deutsch, meine Muttersprache ist allerdings Schweizerdeutsch.

Vor einigen Jahren entstand das Buch „If I were Rain“, um die Kraft der benachteiligten

Kinder in indischen Städten zu feiern. Es zeigte eindrucksvoll, welch unschätzbares

menschliches Potential in den Straßen verschwendet wird und wie die jungen Men-

schen dennoch ihren Traum vom besseren Leben bewahren. Rani, ein 12-jähriges Stra-

ßenkind, lieferte die Inspiration zum Buchtitel mit ihrer Bemerkung: „Wenn ich Regen

wäre, würde ich dorthin gehen, wo es kein Wasser gibt.“

So ist es vielleicht – verborgen unter vielen Schichten von Schmerz – diese Hoff-

nung, die Kinder wie Rani in ihren unsichtbaren Koffern an fremde Orte tragen. Eine

Hoffnung, dass der Regen eines Tages vom Himmel fallen wird und die Welt zu einem

weniger schlimmen Ort machen wird. Und vielleicht wird sie sich dann wie Zuhause

anfühlen.

... Heimatlos aber nicht

Hoffnungslos

Fortsetzung

Page 26: Der Junge mit dem Koffer
Page 27: Der Junge mit dem Koffer

von links: Andrea Gronemeyer, Eva Roos, Angelika Schlaghecken, Amba Sanyal

„Was ich suche, wenn ich ein Stück schreibe, ist ein Weg, die Zuschauer auf eine uni-

verselle Reise mitzunehmen”, schreibt der Autor Mike Kenny.

Das heißt aber nicht, dass Kenny seine Geschichte von Naz und Krysia frei erfunden

hat. „Der Junge mit dem Koffer” ist sehr nah an der Realität vieler Flüchtlingsgeschich-

ten, wie z. B. der von afghanischen Kindern, die illegal und alleine nach Schweden

gekommen sind. Die UN hat 42 von diesen Kindern interviewt und im Jahr 2010 eine

Studie über ihre Erfahrungen veröffentlicht.

Die meisten der befragten Kinder kamen ursprünglich aus afghanischen Bergregio-

nen, wo sie in Lehmhütten lebten. Ihre Eltern waren Bergbauern, die Kühe und Schafe

hielten. Sie flüchteten vor den Kämpfen zwischen den US-Soldaten und den Taliban.

Einige berichten auch von Vergewaltigung und Entführung durch die Taliban. Alle wa-

ren sich einig, dass sie keine erträgliche Zukunft in Afghanistan für sich sahen.

Die meisten flohen über die Berge in den Iran, wo sie über mehrere Monate oder Jahre

in Flüchtlingslagern lebten. Für die meisten haben ihre Eltern die Reise nach Europa

arrangiert und bezahlt, ohne den Kindern Genaueres zu erzählen. Einige wurden unter-

wegs von ihren Familien getrennt. Viele waren zur Kinderarbeit gezwungen. Ein 18-jäh-

riger Junge, der Afghanistan mit fünf Jahren verließ, erklärte: „Ich war in einer Fabrik

und habe Taschen genäht, drei bis vier Jahre. Ich bekam dann extreme Rückenschmer-

zen und musste aufhören. Du sitzt hinter einer großen Nähmaschine auf einem Stuhl.

Du arbeitest hart, die ganze Zeit. Arme und Beine sind konstant in Bewegung. Meine

Augen wurden rot.” Die Kinder arbeiteten im Schnitt 12 Stunden pro Tag für 30 - 60 US

Dollar in der Woche. Viele werden für immer Schäden an Rücken, Beinen und Augen

haben.In den Interviews beschwerten sich die Kinder aber nicht über die Arbeitsbedingun-

gen. Alle sagten, dass es immer noch besser gewesen sei als ihr Leben in Afghanistan.

Die Bedrohung der Abschiebung war groß, alle hatten ständig Angst vor der Polizei.

Die Reise vom Iran über die Berge in die Türkei beschrieben viele als traumatisch. Sie

wussten, dass sie in den Bergen erfrieren könnten, dass Hunger und Durst sie begleiten

würden, dass sie erschossen oder festgenommen werden könnten. Sie berichteten mit

Schuldgefühlen, dass viele Mitreisende wegen Erschöpfung oder nicht ausreichendem

Proviant auf dem Weg zurückgelassen wurden.

Als sie an der Iranisch-Türkischen Grenze angekommen waren, so erzählte ein Junge,

schossen 12 Grenzpolizisten auf die Flüchtlingsgruppe. Zwei starben.

Flüchtlingskinder aus

Afghanistan berichten

Page 28: Der Junge mit dem Koffer
Page 29: Der Junge mit dem Koffer

hinten: Kirtana Kumar, Anne Richter; vorne: Julia Dina Heße, Sophia Stepf

Die weitere Reise mit dem Lastwagen war hart: Die Kinder waren zusammengepfercht

im Dunkeln, die stickige Luft roch nach Angstschweiß und Exkrementen. Einige erin-

nerten sich, wie sie 36 Stunden unter Obstkisten hockten, ohne die Beinen ausstre-

cken zu können. In Istanbul wurden sie dann tagelang in kleinen Zimmern festgehal-

ten, mit nur wenig Essen, Wasser und nur einem Toilettengang pro Tag.

Die nächste Etappe per Schlauchboot über das ägäische Meer nach Griechenland be-

schrieben sie als die gefährlichste. Viele wären fast ertrunken, weil Wasser in das Boot

kam oder die Wellen das Boot umzukippen drohten. Einige wurden von der griechi-

schen Polizei abgefangen und zurück in türkisches Gewässer geschleppt. Einige Kinder

berichteten davon, immer wieder abgefangen, zurückgeschickt und dann von der

türkischen Polizei in den Iran deportiert geworden zu sein, wo sie erneut die Reise be-

gannen. Ein Junge sagte: „Es war eine harte Situation, aber was kann man tun? Ich hatte

das Gefühl, wo immer ich ankam, gab es einen Haufen Probleme. Aber du hast diese

treibende Kraft, dass du es das nächste Mal schaffst.” Von Griechenland verstreuten

sich die meisten über den Landweg weiter illegal in andere europäische Länder. Die 42

Befragten leben heute in Schweden.

Flüchtlingskinder ...

Fortsetzung

Page 30: Der Junge mit dem Koffer
Page 31: Der Junge mit dem Koffer

von links: Anne Gorath und Arundhati Nag

Was und wo ist Zuhause für dich ?Mike Kenny: Zuhause war immer ein etwas schwieriges Konzept für mich. Der Ort, an

dem ich jetzt lebe, wo ich am meisten arbeite und meine Kinder großgezogen habe,

ist Yorkshire, im Nordosten Englands. Es ist rau und schön, mit einer steilen Küste,

einem rauen Klima und abgehärteten Menschen. Ich liebe es. Aber hier bin ich nicht

aufgewachsen. Ich bin im Westen aufgewachsen, am Rande von Wales. Da ist es viel

wärmer und feuchter, die Menschen sind weicher. Ich liebe auch das. Aber meine El-

tern kommen auch nicht von da. Meine Mutter war Walisin und mein Vater Ire. Meine

Vorfahren sind viel herumgekommen, jede Generation ist umgezogen, meistens um

Arbeit zu finden und manchmal der Liebe wegen. Ich bin der Erste in meiner Fami-

lie, dem das Haus gehört, in dem er lebt. Eine Weile lang haben wir auf einem Boot

gelebt, das hat sich natürlich immer bewegt. Also ist Zuhause für mich viele Orte und

Menschen. Ich arbeite am Theater, das hat mich in die ganze Welt reisen lassen. Wenn

ich heute meine Koffer packen müsste, um morgen loszuziehen, würde ich die Sachen

mitnehmen, die ich brauche und mir woanders ein neues Zuhause schaffen.

Fühlst du dich verstanden da, wo

du lebst?Mike Kenny: Meine Mutter hat als Kind Walisisch gesprochen. Mein Vater sprach nur

Englisch. Wo ich jetzt lebe, spreche ich mit einem anderen Akzent. Sobald ich den

Mund aufmache, gebe ich mich als jemand zu erkennen, der aus einem anderen Teil

des Landes kommt. Aber meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass es überall auf der Welt

Menschen gibt, die dieselbe ‚Sprache’ wie ich sprechen, und zugleich Menschen in

meiner Straße, mit denen ich mir gar nichts zu sagen habe.

Wo willst du sein, wenn du alt bist?Mike Kenny: Ich bin gerade 60 geworden. Ist das alt? Ich denke, es ist wahrscheinlich

der Anfang von alt. Ich habe eine Gruppe von Freunden. Keine Kindheitsfreunde, wir

haben uns getroffen, als wir unsere Kinder großgezogen haben. Die meisten Kinder

sind jetzt erwachsen und weg von zu Hause. Mein Jüngster ist jetzt 16 und wird auch

bald gehen. Diese Freunde von mir verbringen gerne Zeit zusammen, wir reden, essen,

trinken, lachen, singen und tanzen zusammen. Wir haben uns oft gesagt, wir sollten

nah zusammen leben, um uns zu unterstützen, uns umeinander zu kümmern und zu

reden, essen, trinken, lachen, singen und tanzen, bis wir das nicht mehr können. Und

wer als Letzter übrig bleibt, muss dann das Licht ausmachen und abschließen.

Drei Fragen

an Autor Mike Kenny

Page 32: Der Junge mit dem Koffer
Page 33: Der Junge mit dem Koffer

hinten: Muhammad Mustafa A., Christian Thurm; vorne: Robert Schlenkermann, Sridhar Murthy

von Deeksha Verender

Gewinnerin des Aufsatzwettbewerbs „Migration in meiner Familie“

Inventure Academy in Bangalore, Klasse 7B

Meine Familie lebt seit mehreren Generationen in Indien. Die Eltern und Geschwister

meines Vaters in Delhi und die Eltern und Geschwister meiner Mutter in Bangalore –

bis ich zwei Jahre alt war. Wir hatten uns in unserem einfachen Leben in Bangalore

eingerichtet, wir drei in unserer Kleinfamilie. Als mein Vater zu uns sagte, dass wir nach

England umziehen würden, weil er für seine Arbeit dorthin musste, dachten wir, er

spricht eine Fremdsprache. So fremd war die Vorstellung für uns. Meine Mutter hatte

ihr ganzes Leben lang in Karnataka in Südindien gelebt. Ihre weiteste Reise hatte sie

nach Delhi, der Hauptstadt im Norden gebracht, um da die Familie meines Vaters zu

besuchen. Ich hatte in meinen zwei Lebensjahren die südliche Hälfte Indiens nicht

verlassen.

Aber wir sind dann tatsächlich nach England gezogen, in eine andere Dimension – so

kam es uns zumindest vor. Als wir ankamen, fühlten wir uns wie in einer völlig anderen

Welt. Alles war so neu. Die Menschen gaben uns das Gefühl, am falschen Ort zu sein,

die Läden haben uns beeindruckt und die Sauberkeit überall hat uns förmlich umge-

hauen.Nach sieben Jahren haben wir uns entschieden, wieder nach Indien zurück zu kom-

men. Alles war so anders als in England. Die Straßen waren dreckig. In den Läden billige

Sachen in schlechter Qualität. Die Leute waren vulgär und hatten keine Manieren. Ich

dachte, ich würde das Leben hier überhaupt nicht mögen.

Aber nach einem Monat in meinem neuen Leben, habe ich etwas erkannt. Indien hat

etwas, was kein anderes Land hat. Indien hat so ein Zugehörigkeits-Gefühl, es hat so

eine Atmosphäre, dass du hier ein Zuhause hast, egal ob du aus China, Amerika oder

England kommst.

In Indien mögen dich die Leute, egal wie arrogant du bist oder wie unmöglich du dich

benimmst. Sie lieben dich für das, was du bist.

In England kann man sehr gut leben, aber wenn es nach mir gegangen wäre, wären wir

nie dahin gezogen... Man sagt ja, Zuhause ist da wo das Herz ist. Mein Herz ist in Indi-

en.

Bangalore, England

und zurück

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bei den Proben in Nrityagram, Indien

Boy with a Suitcase / Der Junge mit dem Koffer

von Mike Kenny

Übersetzung ins Deutsche: Herta Conrad

Es spielen:

B.V. Shrunga, Coordt Linke, David Benito Garcia, Konarak Reddy,

M. D. Pallavi, Nikolai Jegorow, Lea Whitcher

Regie: Andrea Gronemeyer

Bühne: Christian Thurm

Kostüm: Amba Sanyal und Eva Roos

Musik: Coordt Linke, Konarak Reddy und M. D. Pallavi

Dramaturgie: Sophia Stepf

Dramaturgische Mitarbeit: Kirtana Kumar

Lichtdesign: Robert Schlenkermann

Theaterpädagogik Mannheim: Anne Gorath

Regieassistenz Bangalore: Kirtana Kumar

Regieassistenz Mannheim: Angelika Schlaghecken

Lichtassistenz: Muhammad Mustafa A.

Bühnenbau Bangalore: Sridhar Murthy

Produktionsassistent Bangalore: Muhammad Mustafa A.

Kostümassistenz: Heidi Buehl

Rechte: Pegasus Theater- und Medienverlag GmbH, Berlin

In Mannheim

Technische Leitung: Christian Thurm | Licht/Technik: Robert Groß, Robert Schlenker-

mann | Technik/Ton: Joshua Lengenfelder | Leitung Kostüme und Requisite: Eva Roos

| Öffentlichkeitsarbeit/Marketing: Julia Dina Heße | Kostümanfertigung/ Garderobe:

Heidi Buehl | Requisite: Gabriela Stein | Maske: Gerlinde Maue | Das Bühnenbild wurde

von den Werkstätten des Nationaltheater Mannheim angefertigt Technischer Direk-

tor: Christian De la Rosée | Produktionsleitung: Christian Thurm | Leiter des Ateliers:

Thomas Busse | Leiterin der Dekorationsabteilung: Regina Silbereis Leiter der Schreine-

rei: Lothar Karepin | Leiter der Schlosserei: Bernd Oberle | Vielen Dank für die Unter-

stützung an die Kostümabteilung unter der Leitung von Manfred Scholz und an die

Requisitenabteilung unter der Leitung von Stefanie Durstberger

Besetzung

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bei den Proben in Nrityagram, Indien

In Bangalore

Künstlerische Leitung Ranga Shankara: Arundhati Nag

Management Ranga Shankara: Gayathri Krishna, Ranga Rao, Ruhi Jhunjhunwala,

Veronica Shantini

Technische Direktion: Muddanna Rattehalli

Produktionsleitung: Jagadish Malnad

Cyber Class Projekt: Anne Richter und Julia Dina Heße (Mannheim), Kirtana Kumar

(Bangalore)

Künstlerische Leitung „Do I Know U?“: Andrea Gronemeyer, Arundhati Nag

und Sophia Stepf

Finanzmanagement: Ruhi Jhunjhunwala und Susanne Brauer

Wir danken: Dr. Evelin Hust vom Goethe-Institut für ihre beständige und jahrelange

Unterstützung, Nicole Libnau für jahrelanges interkontinentales Disponieren, Aunty

June Fernandez in Nrityagram für gutes Essen, den Odissitänzerinnen für Inspiration

und der Nutzung ihrer Probenbühne und unserer Fee Mangala.

Schnawwl, Theater für junge Menschen am Nationaltheater Mannheim

232. Spielzeit 2010/11 | Generalintendantin: Regula Gerber | Direktorin des Schnawwl:

Andrea Gronemeyer | Illustration und Layout: Tanja Jacobs, www.tanjajacobs.com

Texte wenn nicht anders gekennzeichnet: Sophia Stepf

Who is Who der Migration: Anne Richter

Übersetzung aus dem Englischen: Sophia Stepf und Julia Dina Heße

Redaktion: Anne Richter, Julia Dina Heße, Kirtana Kumar und Sophia Stepf

Endredaktion: Sophia Stepf

Fotographie: Christian Kleiner, Virginia Rodrigues

Grafische Gestaltung: Tanja Jacobs

Besetzung

Impressum

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