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Michael Hüther · Gerhard Naegele (Hrsg.)

Demografi epolitik

Herausforderungen und Handlungsfelder

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ISBN 978-3-658-00778-2 ISBN 978-3-658-00779-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-00779-9

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HerausgeberProf. Dr. Michael Hüther Institut der deutschen Wirtschaft Köln Köln, Deutschland

Pr f. Dr. Gerhard NaegeleTU Dortmund Dortmund, Deutschland

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Inhalt

Vorwort 9

I. Für eine ressortübergreifende und mehrebenenorientierte Demografiepolitik

Michael Hüther / Gerhard Naegele Demografiepolitik: Warum und wozu? 13

Kristina Schröder Demografiepolitik als Gesellschaftspolitik der fairen Chancen 34

Hans-Peter Friedrich Die Demografiestrategie der Bundesregierung 46

Rolf G. Heinze Anpassung oder Gestaltung? Institutionelle und kulturelle Erblasten in der Demografiepolitik 49

II. Die demografische Herausforderung: Fakten und Trends

Christoph M. Schmidt Die demografische Herausforderung – ein aktueller Überblick 71

Axel Börsch-Supan Mikro- und makroökonomische Dimensionen des demografischen Wandels 96

Hans-Peter Klös / Gerhard Naegele Alter als „Ressource“ – Befunde und verteilungspolitische Implikationen 123

Jürgen Dorbritz / Norbert F. Schneider Familiendemografische Trends in Deutschland – Herausforderungen für zukünftiges politisches Handeln 142

Harald Künemund Demografie, Politik und Generationenbeziehungen 164

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6 Inhalt

III. Vorleistungsverpflichtungen einer Demografiepolitik: Der Einzelne und die Gesellschaft

Jutta Reich-Claassen und Rudolf Tippelt Erwachsenen- und Weiterbildungspolitik – Zur Notwendigkeit der Berücksichtigung der mittleren und späteren Lebensphasen in der Bildungspolitik 179

Christiane Flüter-Hoffmann / Mirko Sporket Arbeit und Beschäftigung im demografischen Wandel – Konsequenzen für das strategische Personalmanagement 200

Ulla Walter / Daniel Reuter Prävention und Gesundheitsförderung als politische Strategien für Beschäftigungsfähigkeit und Teilhabe im Alter 223

Gerhard Naegele Gesundheitliche Versorgung in einer alternden Gesellschaft 245

Jörg Bogumil / Sascha Gerber / Maren Schickentanz Handlungsmöglichkeiten kommunaler Demografiepolitik 259

IV. Demografiepolitik und gesellschaftliche Öffnung: Chancen und Herausforderungen

Hilmar Schneider Arbeitszeitpolitik als Bedingung flexibler Lösungen im Lebensverlauf 283

Ute Klammer Gleichstellungspolitik als Baustein von Demografiepolitik und (Teil-)Antwort auf den Fachkräftemangel 299

Thomas Straubhaar Integrationspolitik und die Chancen der Zuwanderung 315

Caja Thimm Digitale Gleichberechtigung der Generationen – Altern in einer mediatisierten Gesellschaft 326

Thomas Klie Zivilgesellschaft und Aktivierung 344

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Inhalt 7

V. Demografiepolitik und Demografiestrategie: Was notwendig ist

Michael Hüther und Gerhard Naegele Demografiepolitik und Demografiestrategie – Was notwendig ist 365

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 379

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Vorwort Ein Sammelband zur Demografiepolitik für Deutschland begründet sich heute fast wie von selbst: Erstens gibt es bislang nichts Vergleichbares für die deutsche Debatte, zweitens befindet sich die Bundespolitik mitten in einem ersten strategischen Aufbruch zur Gestal-tung des demografischen Wandels.

Die Idee zu diesem Band drängte sich den Herausgebern im Nachgang zu der über dreijährigen Mitarbeit am 6. Altenbericht der Bundesregierung auf. Dabei ging es um die Bedeutung von Altersbildern als individuell wie kollektiv ausgeprägten Stereotypen für die Bewältigung der aus der Alterung der Gesellschaft sowie der Perspektive des längeren Lebens sich ergebenden Herausforderungen. So sehr mit dem 6. Altenbericht – anknüpfend an seinen „Vorläufer“, den 5. Altenbericht – eine wichtige Lücke in der Debatte über den demografischen Wandel geschlossen werden konnte, so sehr wurde uns deutlich, dass eine ebenso beachtliche Lücke bei der konzeptionellen Unterlegung einer entsprechenden Poli-tikstrategie besteht.

Der Weg bis zum Erscheinen dieses Bandes war – wie bei Sammelbänden nahezu üb-lich und deshalb erwartbar – kurvenreich und allemal länger als gehofft. Insofern gilt unser besonderer Dank allen Kolleginnen und Kollegen, die nicht nur pünktlich oder immerhin mit nur erträglicher Verspätung ihre Texte geliefert haben, sondern auch bereitwillig unsere Hinweise für eine Überarbeitung oder Ergänzung aufgenommen haben. Für die Herausge-ber wurde der produktive Prozess des Editierens und des Erarbeitens eigener Positionen zum Einstieg in den Band sowie zur konzeptionellen Schlussfolgerung der Beleg für die besondere Leistungsfähigkeit eines altersgemischten Teams.

Dennoch wäre die Herausgeberschaft nicht ohne die tatkräftige Mitwirkung sonst na-mentlich üblicherweise untergehender Kollegen/innen gelungen. Wir möchten uns an dieser Stelle ausdrücklich bedanken bei Lena Mörbitz, Dortmund, Simone Schüttler und Markus Mill, Köln, sowie Paul Hüther, Wiesbaden, für die redaktionelle Unterstützung. Michael Hüther und Gerhard Naegele, Köln und Dortmund im August 2012

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I. Für eine ressortübergreifende und mehrebenenorientierte Demografiepolitik

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Demografiepolitik: Warum und wozu? Michael Hüther / Gerhard Naegele

1 Für einen breiten Ansatz in der Demografiepolitik: Individuum und Gesellschaft Warum ein Buch zur Demografiepolitik? Deutschland hat sicher keinen Mangel an Debat-ten und an Politikinitiativen zum demografischen Wandel. Aber noch vor wenigen Jahren wurde dieses Thema öffentlich fast nur unter dem Gesichtspunkt erörtert, wie die sozialen Sicherungssysteme stabilisiert werden können, oder es führte allenfalls zu bildungspoliti-schen Überlegungen. Damit richtete sich die Aufmerksamkeit auf Fragen der Anpassung an den demographischen Wandel, aber auch der Beeinflussung entsprechender Trends (Institut der deutschen Wirtschaft Köln 2004). Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der ge-samtwirtschaftlichen Entwicklung erörterte in seiner Expertise „Herausforderungen des demografischen Wandels“ die Konsequenzen des demografischen Wandels für die ver-schiedenen ökonomischen Kontexte und leitete dafür Anpassungsnotwendigkeiten ab (Sachverständigenrat 2011) (siehe den Beitrag von Schmidt in diesem Buch).

Aus einer anderen Betrachtungsrichtung haben die ersten vier Altenberichte der Bun-desregierung die Lebenssituation älterer Menschen in darauf konzentrierten Analysen dis-kutiert. Dieser primär auf höheres Alter bezogene Problem- und Anpassungsdiskurs domi-niert heute jedoch die Debatte um den demografischen Wandel immer weniger, der Fokus hat sich geweitet. So wurden mit dem 5. Altenbericht der Bundesregierung die „Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft“ thematisiert und damit der Potenzialdiskurs aus den Fachdebatten in eine breitere Öffentlichkeit gestellt (BMFSFJ 2006).

Bereits die Enquête-Kommission „Demografischer Wandel“ des Deutschen Bundesta-ges, die von 1992 bis 2002 über drei Legislaturperioden hinweg ein entsprechendes Mandat erhalten hatte, nämlich Vorschläge für die individuelle wie gesellschaftliche Gestaltung der Folgen des demografischen Wandels vorzulegen, eröffnete die Möglichkeit für einen brei-ten Politikdiskurs (Deutscher Bundestag 2002). Der demografische Wandel wurde über-wiegend als Chance, die ältere Generation als für die Gesellschaft bedeutsames Humanka-pital und nicht als Kostenfaktor, bewertet. Mit den Themen Generationenverhältnisse, Ar-beit und Wirtschaft, Integration und Migration, Alterssicherung sowie Gesundheit, Pflege und soziale Dienste wurde ein breites Panorama eröffnet. Eine konsistente und systemati-sche Politikstrategie war damit dennoch nicht gefunden und angelegt, ein eigenständiges Politikfeld nicht erkennbar. Auch wurde der Bericht selbst außerhalb der scientific commu-nity kaum ernsthaft zur Kenntnis genommen (Naegele 2012).

Offenkundig ist es auch in offenen, aufgeklärten Gesellschaften ein langer Weg von der Erkenntnis bis zur angemessenen, nicht nur punktuellen Handlung. Ein derartige time lag gilt für demografische Themen in ganz besonderer Weise (Walker 2009). Nicht selten dauert es eine Generation, bis sich eine gewonnene grundlegende Einsicht in der Breite Akzeptanz verschaffen kann. Wenn Politik und Öffentlichkeit dafür noch nicht aufnahme-bereit sind, dann verpuffen selbst allerhöchste Impulse. Dies gilt selbst für das Forum De-mografischer Wandel, das der ehemalige Bundespräsident Köhler während seiner ersten

M. Hüther, G. Naegele (Hrsg.), Demografiepolitik,DOI 10.1007/978-3-658-00779-9_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

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14 Michael Hüther / Gerhard Naegele

Amtsperiode mit Jahreskonferenzen veranstaltete (Bertelsmann Stiftung/Bundes-präsidialamt 2009). Am Ende blieb eine kaum zu verbergende Ratlosigkeit, die im Hinter-grundpapier zur Abschlusskonferenz greifbar dokumentiert ist (ebd., 3):

„Handlungsbedarf sahen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgerforums in bürokrati-schen Hürden und verhärteten Strukturen sowie in mangelnder Kooperation zwischen unter-schiedlichen Akteuren. Eigeninitiative werde von den Behörden noch zu wenig gefördert und zu wenig professionell begleitet. Beklagt wurde in diesem Zusammenhang auch ein Mangel an Nachhaltigkeit. … Als stark verbesserungswürdig wird auch die Kommunikation zwischen den Akteuren bewertet: Verwaltung, freie Träger und Engagierte gingen oft von unterschiedlichen Erwartungen und Zielen aus, was häufig zu Verständnisproblemen führe.“

In einer für diese Abschlusskonferenz auf der Basis computergestützter Interviewverfahren durchgeführten Studie „Der Demographische Wandel als gesellschaftliche Herausforde-rung“ wurden weitere Hemmnisse auf dem Weg zu einer systematischen und umfassenden Demografiepolitik deutlich (Bundespräsidialamt/Bertelsmann Stiftung 2009, 9):

„Das Bild der Befragten vom Alter ist erstaunlich diffus und uneindeutig.“ Und: „Anders als zu erwarten wäre, konnte kein Wertemuster nachgewiesen werden, dass für eine Mehrheit der Be-fragten – die sogenannte Mitte – zutreffend ist. Insgesamt lassen sich aus der Studie acht ver-schiedene Werte-Ensembles ableiten, deren Angehörige auf unterschiedliche Weise für die Her-ausforderungen des demographischen Wandels mobilisiert werden müssen: Gruppe 1: Individuelle Leistungsfähigkeit (13 Prozent der Befragten): Eigeninitiative und Be-reitschaft zur Leistung; hohe Integrationsfähigkeit der Gesellschaft; Einsicht in die Notwendig-keit, langfristig in Zukunftsentwicklung zu investieren; eigene Entfaltung als zentrales Lebens-ziel. Gruppe 2: Gemeinsame Innovationskraft (18 Prozent der Befragten): Persönliche Potenziale er-kennen und fördern; Attraktivität für Zuwanderung von Intelligenz; Innovationskraft durch le-benslanges Lernen; Bildung als zentraler Beitrag für die Zukunft. Gruppe 3: Persönliche Gestaltungsfreiheit (9 Prozent der Befragten): Unabhängiges und selbst-bestimmtes Nischendasein; weitgehend individuelle Chancengleichheit; entlastende Betreu-ungsangebote für Eltern; Eigenverantwortung von mündigen Bürgern. Gruppe 4: Gesicherte Lebensgrundlage (7 Prozent der Befragten): Geborgenheit; garantierte fi-nanzielle Grundsicherung für alle; tolerante experimentierfreudige Gesellschaft; bereicherndes Lernen von anderen Kulturen. Gruppe 5: Nachbarschaftliche Solidarität (23 Prozent der Befragten): Atmosphäre gegenseitiger Anerkennung; menschlich respektvoll miteinander umgehen; sich nachbarschaftlich umeinander kümmern; unbeschwert optimistische Lebenseinstellung. Gruppe 6: Bürgerschaftliches Engagement (6 Prozent der Befragten): Zusammenhalt durch ech-tes Identitätsgefühl; sich bewusst für die Gesellschaft engagieren; gerechte Verteilung finanziel-ler Ressourcen; Lebenssinn durch kulturellen Reichtum. Gruppe 7: Ehrenamtliche Initiativen (7 Prozent der Befragten): verantwortlich für die Gesell-schaft aktiv sein; Erfahrungen und Werte weitergeben wollen; gesund und aktiv am Leben teil-nehmen können; motivierend optimistische Aufbruchstimmung. Gruppe 8: Gesundes Wachstumsklima (17 Prozent der Befragten): Wohlstand und gesicherter Lebensstandard; Generationen unterstützen sich gegenseitig; Ausbildung und Förderung von Fachkräften; weitgehende individuelle Chancengleichheit. Aus den unterschiedlichen Wertvorstellungen der einzelnen Gruppen folgt, dass diese durch maßgeschneiderte Programme angesprochen werden müssen. …

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Demografiepolitik: Warum und wozu? 15

Zusammenfassend lässt sich aus der Studie folgern, dass die Menschen in Deutschland das „Wir“ wiederentdecken. Die Bewertungen der Befragten lassen auf einen „turnaround“ von der Individualisierung zu einem neuen, intelligenten „Wir“ schließen. Eine zentrale Frage für die Menschen in Deutschland ist, wie sowohl der Einzelne als auch die Gemeinschaft solidarisch und leistungsfähig zugleich sein können.“

Die Ergebnisse dieser Studie machen deutlich, dass bislang zumindest die uneinheitliche und diffuse politische Reaktion auf den demografischen Wandel ihre Entsprechung in ver-gleichbar diffusen Vorstellungen der Bürgerinnen und Bürger zu diesem Thema findet. Vor dem Hintergrund dieser Befunde kann es nicht verwundern, dass die Bundesregierung erst jüngst das Thema grundsätzlich aufgenommen hat: Der „Bericht der Bundesregierung zur demografischen Lage und künftigen Entwicklung des Landes“ ist am 26.10.2011 erschie-nen; der Bericht „Jedes Alter zählt – Demografiestrategie der Bundesregierung“ (BMI 2012) vom April 2012 baut darauf auf und ist Grundlage für die Ressortabstimmung mit Hinführung zum ersten Demografiegipfel im Oktober 2012 (siehe den Beitrag von Hans-Peter Friedrich in diesem Buch). Die Stoßrichtung ist klar: Es geht um die Mobilisierung von individuellen Lebenschancen im längeren Leben und die Erschließung von gesell-schaftlichen Entwicklungsperspektiven im demografischen Wandel. Damit werden zwangs-läufig sehr unterschiedliche Aspekte und Perspektiven aufgerufen und gemeinsam zu disku-tieren sein. Eine umfassende Demografiepolitik als erklärtem und institutionalisiertem Politikfeld mit klaren Zielsetzungen und definierten Erfolgsindikatoren als Grundlage für ein Monitoring ist damit freilich noch nicht erreicht. Auch scheint die Bundesregierung noch etwas unbestimmt zu sein, denn während die vom Kabinett verabschiedete Demogra-fiestrategie den zitierten Titel trägt, wird das Ganze im Internet unter dem Label: „Politik für alle Generationen“ angeboten (http://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Themen/ Demografiestrategie/_node.html). Das muss sich zwar nicht widersprechen, es führt aber doch zu Fragen nach der Kohärenz und der Konsistenz der damit angelegten Politik. „Jedes Alter zählt“ eröffnet einen Diskurs über die Potenziale jedes Alters und des Alterns, „Poli-tik für Generationen“ adressiert die Vorleistungsverpflichtung des ermöglichenden Staates, möglicherweise aber auch sehr viel stärker den vorsorgenden und kurierenden Staat.

Während die systematische Behandlung des Themas auf Bundesebene noch ganz am Anfang steht, beobachten wir in den Bundesländern teilweise eine bereits längere Tradition der Demografiepolitik. Einzelne Bundesländer haben sich bereits frühzeitig den Fragen des spezifischen demografischen Wandels gestellt und Kommissionen mit der Erarbeitung von Handlungsempfehlungen beauftragt (z. B. Staatskanzlei Freistaat Sachsen 2006). So finden sich insbesondere für die neuen Bundesländer, für die der demografische Wandel schon seit den 1990er Jahren ein relevantes Faktum darstellt, umfangreichere Politikansätze, während in den westdeutschen Ländern die Befassung mit diesem Thema meist jüngeren Datums ist und überwiegend weniger systematisch erfolgt (vgl. Übersicht 1). Allerdings: In einigen Internet-Landesportalen findet sich zu den Begriffen Demografie, Demografiepolitik und demografischer Wandel nicht ein Treffer! Die in den Bundesländern gefundenen Lösungen einer Institutionalisierung sind sehr unterschiedlich (vgl. Übersicht 2). All dies macht deut-lich, wie weit der Weg zu einer kohärenten und konsistenten Demografiepolitik sowohl in den Ländern wie im Bund und erst recht gemeinsam noch ist.

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Übersicht 1: Laufende Demografiekonzepte und –politik der Bundesländer

Bundesland ProgrammBaden-Württemberg

- Seniorenpolitik (Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Fami-lie und Senioren) o Aktionsprogramm „Ältere Generation im Mittelpunkt“

- Familienpolitik (Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Fami-lie und Senioren) o Konzept „Kinderfreundliches Baden-Württemberg

- Unternehmenspolitik (Ministerium für Finanzen und Wirtschaft) o Demografie Exzellenz Award

- Demografiespiegel des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg

Bayern

- Aktionsplan Demographischer Wandel „Aufbruch Bayern“ (Nov. 2011)

- Demographiestrategie „Jedes Alter zählt“ (Apr. 2012) - Regionale Demographie-Initiativen und kommunale Praxisbei-

spiele - Bevölkerungsvorausberechnung für Kommunen des Bayrischen

Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung - Fachinformationen der Ressorts für Kommunen - Informationen über die öffentliche Bautätigkeit mit Bezug auf den

demographischen Wandel (Innenministerium) Berlin

- Infoportal im Interneto Good Practice, Praxisbeispiele

- Demografiekonzept für Berlin (2009) o Integrierte Strategieansätze aller Politikfelder

- Stadtentwicklungskonzept – „konzept 2020“ Brandenburg

- IMAG-Bericht „Demografischer Wandel“ (2011) - „Brandenburg aktiv“ (Zuständig: Staatskanzlei)

o Auf der Grundlage des Berichts „Demografischer Wandel – Erneuerung aus eigener Kraft“ (2011)

o Räumliche und sektorale Neuausrichtung der Förderpolitik o Strategien zur Fachkräftesicherung o Familienpolitisches Maßnahmenpaket

- Marktplatz der Möglichkeiten – Vorstellung von“ best practice“ Initiativen

- Handlungshilfen Bremen

- Interaktives Demografie-Monitoring des Statistischen Landesamts Bremen

- Zwei Studien zum demografischen Wandel in der Stadt Bremen des Senators für Umwelt, Bau. Verkehr und Europa in Kooperati-on mit dem Statistischen Landesamt, der Senatskanzlei und dem Institut für Arbeit und Wirtschaft (IAW)

- Partner im Demografieprojekt DC NOISE (Demographic Change: New Opportunities in Shrinking Europe“

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Bundesland Programm Hamburg

- Demographie-Plattform Hamburg- Partner im Demografieprojekt DC NOISE (Demographic Change:

New Opportunities in Shrinking Europe“ - Projekt „Lernen vor Ort“

Hessen

- IMAG (Interministerielle Arbeitsgruppe Demographie): „Strategie für eine demographische Trendwende in Hessen“ (2012)

- Hessischer Demografiepreis - Projektion der kleinräumigen Bevölkerungsentwicklung durch die

Hessen Agentur - Kommunaler Demografie-Dialog - Praxisforen Demografie der Hessischen Staatskanzlei – praktische

Informationen, Vorstellung von Projekten - Hessisch-Sächsische Demografiepartnerschaft - „Kompetenznetz Vitale Orte 2020 – Demografie gestalten“ – In-

formation über Fördermöglichkeiten, Instrumente und Ansprech-partner

Mecklenburg-Vorpommern

- IMAG-Strategiebericht: „Weltoffen, modern, innovativ. Den de-mografischen Wandel gestalten“ (2011)

- Initiative Fach- und Führungskräfte für Positionen in MV zu ge-winnen, via www.mv4you.de

- Enquête-Kommission „Älter werden in MV“ (April 2012) Niedersachsen

- Bericht der Enquête-Kommission „Demografischer Wandel“ (2007) des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration.

- Entwurf Handlungskonzept „Demografischer Wandel“ (2012) der Niedersächsischen Landesregierung

- Bericht zum Regionalmonitoring 2009, Schwerpunkt Demografi-scher Wandel des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung

- Bevölkerungsvorausberechnung für Niedersachsen des Landesbe-triebs für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersach-sen

Nordrhein-Westfalen

- Informationen über die Auswirkungen des demografischen Wan-dels in der Arbeitswelt auf www.arbeit-demografie.nrw.de (Ar-beitsministerium) o Good Practice Datenbank o Instrumente zum Sofortcheck

- Projekte zum „Miteinander der Generationen“ (Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter

Rheinland-Pfalz

- Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie stellt Informationen zu den Themen Alter und Pflege zur Verfü-gung

- Berichterstattung zur allgemeinen demografischen Entwicklung des Statistischen Landesamts

- Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz (ZIRP) erarbeitet Handlungsleit-linien für Wirtschaft und Politik

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18 Michael Hüther / Gerhard Naegele

Bundesland Programm Saarland

- Stabsstelle Demographischer Wandel im Ministerium für Ge-sundheit und Verbraucherschutz Portal im Internet mit Infor-mationen zum Thema

- Wanderausstellung „Demographischer Wandel“ - Förderwettbewerb „Blickpunkt: Demographischer Wandel“ - Förderwettbewerb „Ideen für Generationen“ - Schülerwettbewerb „Leben im Saarland 2030“ - Projekt „Generationendialog“ zur Förderung bürgerschaftlichem

Engagements Sachsen

- Internetportal www.demografie.sachsen.de mit Informationen zu Konzepten und Projekten

- Handlungskonzept Demografie „Den demografischen Wandel gestalten“ (2010) mit aktualisiertem Zeitstrahl zur Umsetzung (benchmarking)

- Demografietest – alle Entscheidungen der Landeseregierung müssen auf ihre demografische Relevanz und Tragfähigkeit über-prüft werden

- Demografiekongresse und -gipfel zum Erfahrungsaustausch - Generationenpreis „miteinander“ - Demografie-Monitor: Daten, Karten, Diagramme etc.

Sachsen-Anhalt

- Demografieportal Sachsen-Anhalt - Handlungskonzept „Nachhaltige Bevölkerungspolitik in Sachsen-

Anhalt“ (2010) - Interministeriellen Arbeitskreises Raumordnung, Landesentwick-

lung und Finanzen (IMA ROLF) - Demografie-Beirat aus regionalen und überregionalen Vertretern

div. Institutionen aus Wissenschaft und Verwaltung - Demografie-Allianz aus Fachleuten, Verbänden, Vereinen und

Institutionen - Wissenschaftliche Expertenplattform als Schnittstelle zwischen

Wissenschaft und Verwaltung o wzw Wissenschaftszentrum sachsen-anhalt lutherstadt wit-

tenberg - Div. Projekte (Das-Hier-Sind-Wir Portal, YURA, SEMIGRA, Re-Turn,

Demografie-Coaching) Schleswig-Holstein

- Netzwerk Daseinsvorsorge - Initiative „Arbeit im demographischen Wandel“ - Diskussionsbeitrag „Schleswig-Holstein im demographischen

Wandel – Ein Beitrag zur Diskussion“ (2005) - Mehrere Studien bspw. von der IHK Schleswig-Holstein und der

Bertelsmann-Stiftung - DSN-Reporte im Auftrag der Staatskanzlei: „Zukunftsfähiges

Schleswig-Holstein – Konsequenzen des demografischen Wan-dels“ (2004) und „Schleswig-Holstein 2025“ (2008)

- Bevölkerungsvorausberechnungen durch das Statistikamt Nord seit 2007

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Bundesland Programm Thüringen

- Demografiebericht „Bevölkerungsentwicklung des Freistaats Thü-ringen und seiner Regionen“ (2011)

- Handlungskonzept „Daseinsvorsorge im demografischen Wandel zukunftsfähig gestalten“ (2011)

- IMAG „Demografischer Wandel“ - Steuerungsgruppe „Fachkräftebedarf“

o Managementgruppe mit fachlich betroffenen Ressorts und Vertretern u.a. der Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände und Kammern, Regionaldirektion der BA entwickeln Vor-schläge (bis 2010)

o Steuerungsgruppe im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie (seit 2010)

- Thüringer Netzwerk Demografie (TND) – offenes Netzwerk, Pro-jekte für verschiedenste Interessengruppen

- Bevölkerungsvorausberechnungen - Serviceagentur Demografischer Wandel in Kooperation mit dem

Schloss Ettersburg o Ideenbörse und Praxisbeispiele

Quelle: Landesportale, Netzwerk Ländliche Räume (http://www.netzwerk-laendlicher-raum.de/themen/demografischer-wandel/politik-konkret/laender/)

Übersicht 2: Zuständigkeit für Demografie in den Bundesländern

Bundesland Ministerien, die für die Demografie zuständig sind Baden-Württemberg

- Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Senioren - Ministerium für Finanzen und Wirtschaft

Bayern

- Bayrisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Ver-kehr und Technologie

- Bayrisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Fami-lie und Frauen

- Oberste Baubehörde im Bayrischen Staatsministerium des Inne-ren

Berlin - Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Brandenburg - Staatskanzlei Bremen - Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa

- Statistisches Landesamt Bremen - Senatskanzlei

Hamburg - Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Hessen - StaatskanzleiMecklenburg-Vorpommern

- Staatskanzlei

Niedersachsen - Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und In-tegration

- Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung

Nordrhein-Westfalen - Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales- Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter

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20 Michael Hüther / Gerhard Naegele

Bundesland Ministerien, die für die Demografie zuständig sind Rheinland-Pfalz - Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Saarland - Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Sachsen - Staatskanzlei Sachsen-Anhalt - Ministerium für Landesentwicklung und VerkehrSchleswig-Holstein - Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit Thüringen - Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr Quelle: Eigene Zusammenstellung. So trifft die Strategie der Bundesregierung auf stark variierende Voraussetzungen in den Bundesländern. Am Ende wird es aber erfolgsentscheidend sein, ob eine systematische Verzahnung der verschiedenen föderalen Ebenen gelingt, weil nur so eine gesamthafte Demografiepolitik gelingen kann, die zugleich den privaten Akteuren in diesem Politikfeld einen verlässlichen Rahmen für ihr eigenes Handeln, aber auch Anknüpfungspunkte dafür liefert. Beispielhaft war dies mit dem Orientierungsrahmen der Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) zu „Demographischer Wandel und Daseinsvorsorge“ angestrebt, dem ein Bericht des Hauptausschusses zugrunde lag (Hauptausschuss der MKRO 2009). Darin heißt es:

„Bund und Länder haben sich in Erfüllung dieses Auftrags darauf verständigt, in dem zu erar-beitenden Bericht insbesondere auf die Punkte Kooperationsmodelle von Kommunen zur Ge-währleistung der Daseinsvorsorge, Mindeststandards bzw. Qualität der Daseinsvorsorge sowie Demografiechecks einzugehen“ (ebd., 2).

Hier konnten bewährte Institutionen für eine Bund und Länder umfassende Klärung über den Umgang mit dem demografischen Wandel in einem speziellen Thema genutzt werden. Der Regelfall ist das nicht. Und in der neuen Demografiestrategie des Bundes findet sich – soweit ersichtlich – keine explizite Bezugnahme auf solche Vorleistungen.

Auch international ist das Thema Demografie respektive demografischer Wandel sehr unterschiedlich organisatorisch aufgehängt und Gegenstand sehr disparater Politikkonzepte. Im Zusammenhang mit dem Carl Bertelsmann Preis 2006 untersuchte die Prognos AG ausgewählte Länder mit besonderen Strategien für den demografischen Wandel (Barth et al. 2006). Als herausragend und preiswürdig wurde Finnland ausgewählt, das bereits 1997 mit einer Grundsatzentscheidung der finnischen Regierung das National Programme for Ageing Workers auf den Weg brachte (FINPAW) (Bertelsmann Stiftung 2006a). In einem fünfjäh-rigen Programmzeitraum gelang es, umfangreiche Maßnahmen der Beschäftigungssiche-rung umzusetzen und Folgeprojekte für die Qualifizierung, Arbeitsgesundheit und Arbeits-gestaltung anzustoßen. Entscheidend war dafür, dass der demografische Wandel als ge-samtgesellschaftliche Aufgabe begriffen wurde und alle relevanten Akteure eingebunden waren (vgl. Abbildung 1).

Ausgangspunkt für diese Politikstrategie war die schwierige wirtschaftliche Lage des Landes nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und die damit notwendige Umsteue-rung von einer auf Rohstoffproduktion und -verarbeitung beruhenden Volkswirtschaft zu einem erfolgreichen Technologiestandort. Dies hatte weitreichende Folgen für die Erwerbs-tätigkeit, insbesondere für ungelernte und wenig qualifizierter ältere Menschen. Im Mittel-punkt standen damit Fragen der „Employability“ (Beschäftigungsfähigkeit) älterer Beschäf-tigter, was einen Paradigmenwechsel von einer „Kultur der Frühverrentung“ zu einer „Kul-

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tur des längeren Erwerbslebens“ erforderte (Barth et al. 2006). Besonders dramatisch wurde die Entwicklung Mitte der 1990er Jahre, als die Arbeitslosigkeit der Menschen im Alter von 55 bis 59 auf über 20 Prozent anstieg. Man darf bei der Würdigung dieses finnischen Ansatzes aber nicht verkennen, dass die transparenten und überschaubaren politischen Strukturen, das Fehlen komplizierter föderaler Abstimmungsroutinen und die Kleinheit des Landes den Erfolg einer solchen gesamthaften Strategie maßgeblich begünstigt haben. Dennoch muss der politische Wille da sein.

Abbildung 1: Das Beispiel Finnland – Demografie als Querschnittsthema

Quelle: Barth et al. 2006, 178.

Diese ersten Hinweise machen zweierlei deutlich: (1) Erst der spürbare Druck wirtschaftlicher Verhältnisse führt zu breiter aufgestellten Poli-tikantworten; während dies in Finnland die schwierige gesamtwirtschaftliche Lage war, sind dies in Deutschland die nun für jeden sichtbaren Folgen des demografischen Wandels. Der Fachkräfteengpass und die damit verbundenen Probleme für die Sicherung der Wert-schöpfung haben hier den entscheidenden Impuls gesetzt, obgleich seit langem die Profile der Bevölkerungsentwicklung bekannt und problematisiert worden waren. (2) Der traditionelle Ansatz einer Demografiepolitik fokussiert die Effekte des demografi-schen Veränderungsprozesses auf die soziale Sicherung und den Arbeitsmarkt und adres-siert dabei vor allem Fragen der Beschäftigungsfähigkeit; obgleich der thematische Bogen viel weiter zu spannen ist, wenn man alle Aspekte des demografischen Wandels auf der Makro- wie der Mikroebene ernst nimmt. Die Bundesregierung trägt in ihrer Demografiestrategie trotz des Fehlens einer konzeptio-nellen Grundlegungen und einer nicht gerade klaren, jedenfalls vielfältigen und bisher nicht quantifizierten Zielformulierung der thematischen Breite des Themas grundsätzlich Rech-

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nung, indem sie die folgenden Handlungsfelder benennt (BMI 2012) (siehe den Beitrag von Hans-Peter Friedrich in diesem Buch):

Familie als Gemeinschaft stärken Motiviert, qualifiziert und gesund arbeiten Selbstbestimmtes Leben im Alter Lebensqualität in ländlichen Räumen und integrative Stadtpolitik fördern Grundlagen für nachhaltiges Wachstum und Wohlstand sichern Handlungsfähigkeit des Staates sichern.

Mit den für diese Handlungsfelder benannten Themenschwerpunkten wird ansatzweise deutlich, dass Demografiepolitik – wie wir es mit diesem Sammelband deutlich machen und konzeptionell unterlegen wollen – zwei Gesichtspunkten Rechnung tragen muss: Ei-nerseits geht es um die kollektiven Entwicklungen der Schrumpfung und der Alterung der Bevölkerung, andererseits um die aus der individuellen Perspektive des längeren Lebens resultierenden Befunde, Fragen, Probleme und Handlungsbedarfe. Dem kann nur politik-feldübergreifend angemessen entsprochen werden. Der demografische Wandel ist eine Gestaltungsaufgabe, die eine politische Gesamtverantwortung einfordert, so auch die Ex-pertenkommission zum 6. Altenbericht der Bundesregierung (BMFSFJ 2010). Die traditio-nell vorherrschende Sichtweise auf betroffene Makro- und Mikrosysteme greift zu kurz, sie verengt den Handlungsbereich insbesondere auf die Sozialpolitik und die Bildungspolitik. Damit ist auch die Gefahr verknüpft, dass Alter entweder einseitig an seinem Schutzbedarf oder an seinen Potenzialen orientiert thematisiert wird.

Demografiepolitik muss auf einer veränderten Sichtweise auf das Alter respektive das Altern beruhen. Dazu ist zunächst die individuelle Perspektive in den Mittelpunkt zu rü-cken und dafür ein realistisches Altersbild zu konstruieren. Dies muss den Potenzialdiskurs des Alter(n)s mit dem Risikodiskurs des Alter(n)s verbinden. Statt Alter sollte deshalb das Altern als lebenslanger Prozess in den Mittelpunkt gestellt werden (BMFSFJ 2010). Dadurch wird individuell der Lebensverlauf und kollektiv die Generationenfolge zum An-ker der Betrachtung. Es wird – so die These – nur gelingen, die gesellschaftlichen und die ökonomischen Konsequenzen des demographischen Wandels zu gestalten, wenn dessen Folgen für den einzelnen angemessen adressiert werden. Das begründet eine Konsistenzan-forderung an alle Politikbereiche, die darauf zielen. Bedeutsam ist dafür ein entsprechend differenziertes Altersbild. Dafür erscheinen die folgenden Attribute als angemessen: Sollen die Chancen des langen Lebens mobilisierbar sein, dann muss der damit ver-

bundene Potenzialdiskurs mit einer Perspektive individuellen Vertrauens und indivi-dueller Verantwortung unterlegt sein. Selbstsorge und Mitsorge für andere wie für den öffentlichen Raum erfordern Vertrauen in eigene Kräfte und Vertrauen in die Instituti-onen, die die kollektiven Systeme prägen und steuern. Institutionen wie Staat, Gesell-schaft und Wirtschaft sind im Kern nichts anderes als Koordinationsversprechen für unterschiedliche Interessen, Perspektiven und Möglichkeiten. Diese Koordinationsver-sprechen müssen glaubwürdig sein, damit das Vertrauen in eigene Kräfte sich wirksam entfalten kann. Dann aber sind die Rechte des Einzelnen – wie in der Bildungspolitik – auch durch Pflichten gespiegelt, so wie es die Interpretation des Subsidiaritätsprinzips durch Oswald von Nell-Breuning (1976) vorsieht, der von einer gesellschaftlichen

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Vorleistungsverpflichtung ebenso wie von einer daran geknüpften individuellen Leis-tungsverpflichtung spricht.

Unter den Bedingungen des langen Lebens nimmt die Heterogenität der Lebensformen und Lebensmöglichkeiten in späteren Phasen zu. Frühe Differenzierungen reifen zu beachtlichen Unterschieden. Die Heterogenität des Alters als Folge des Alterns der Gesellschaft und der Ausdehnung der Altersphase erfordert einerseits frühe sowie konsequente Interventionen in Bildung und Gesundheit, andererseits ebenso differen-zierte wie umfassende Angebote im hohen Alter.

Die Verletzlichkeit des hohen Alters bedarf zwar der gesonderten Betrachtung und Berücksichtigung. Dennoch darf dadurch Alter insgesamt nicht primär als ein Lebens-abschnitt der besonderen Sorge und des besonderen Schutzbedarfs begriffen werden. Rückt dieser Aspekt einseitig in den Vordergrund, dann wäre die Debatte um Entwick-lung und Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit kaum konstruktiv zu führen. Die Ver-letzlichkeit des hohen Alters erfordert – so wie es im 4. Altenbericht „Risiken, Le-bensqualität und Versorgung Hochaltriger“ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2002) erörtert und skizziert wurde – zweifellos eine besondere Antwort, ohne jedoch das Argument zu bewirtschaften, die Potenziale des Alters seien grundsätzlich fragwürdig.

Vor diesem Hintergrund erscheint es uns als zentral, dass Demografiepolitik einerseits den Verantwortungsdiskurs aufnimmt und die Chancen des längeren Lebens für den einzelnen wie für die Gesellschaft adressiert sowie andererseits dem einen Vertrauensdiskurs hinzu-fügt, der die Vorleistungsverpflichtungen der Gesellschaft für die Realisierung der beim einzelnen angelegten Potenziale ermittelt und würdigt. Grundlage ist die Betrachtung des gesamten Lebensverlaufs (Naegele 2010) sowie die realistische Reflexion unterschiedlicher Lebenslagen in unterschiedlichen Lebensphasen und in unterschiedlichem Bezug zu den gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Bedingungen. Welche Aspekte einer übergreifenden Demografiepolitik sind dafür zu bedenken? Vertrauensfähigkeit von Institutionen durch Verlässlichkeit der Koordinationsverspre-

chen. Politik muss gerade in der Gesellschaft des langen Lebens ihren Anspruch da-rauf richten und dafür durch entsprechende Vorkehrungen treffen, so dass die Vorleis-tungsfunktion des Staates nachhaltig zu erfüllen ist. Die Messung der Funktionalität von Systemen muss sich an deren Zielsetzungen orientieren, beispielsweise an folgen-den Fragen: Welches Leistungsniveau soll das Bildungssystem in welchen Lebensla-gen und Lebensphasen erreichen? Welche Integrationsleistung kann und soll dem Ar-beitsmarkt für bestimmte Kohorten abverlangt werden? Wie muss die Zeitpolitik in den Bereichen Bildung und Arbeit gestaltet werden, um den Raum für eine nachhaltige Entwicklung des einzelnen in seinem familiären Umfeld zu eröffnen? Welchen Anfor-derungen müssen das Gesundheitssystem und das Pflegesystem genügen? Wie muss eine Gleichstellungspolitik aussehen, um diskriminierungsfrei die Partizipation im Bildungssystem und im Arbeitsmarkt zu ermöglichen? Zu vielen dieser Fragen will der vorliegende Sammelband Antworten liefern.

Selbstverantwortung und Mitverantwortung. Wenn die Basis für die Bildung individu-ellen Vertrauens gegeben ist und der Staat seiner Vorleistungsverpflichtung nach-kommt, dann sind die Selbstverantwortung und die Mitverantwortung des Einzelnen

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berechtigt einzufordern. Die Pflicht zur Bildung ist die faire Gegenbuchung zum kol-lektiven Angebot an Bildungseinrichtungen und weitergehenden Unterstützungsmaß-nahmen. Ebenso ist jede Einzelperson verpflichtet „durch eine selbstverantwortliche Lebensführung Potenziale auszubilden, zu erhalten und für sich selbst und andere zu nutzen“ (BMFSFJ 2010, 27). Demografiepolitik muss die legitimen – weil fairen – Zumutungen des Kollektivs an den einzelnen reflektieren. Dies richtet sich vor allem auf das denkbare zivilgesellschaftliche Engagement und damit auf die konkrete Be-gleitung der Alterung in den verschiedenen Lebenskontexten.

Demografiepolitik als Querschnittsaufgabe. Demografiepolitik stellt sich umfassend im Sinne einer Querschnittsverantwortung den Trends der demografischen Entwick-lung, sie versucht einerseits diese zu beeinflussen und damit präventiv zu wirken so-wie andererseits deren Folgen auf einzelwirtschaftlicher wie gesamtwirtschaftlicher Ebene anzunehmen und damit kurativ zu wirken. Dafür muss Demografiepolitik sich auf den gesamten Lebensverlauf und alle Lebenslagen beziehen, sie muss ressortüber-greifend und als Mehrebenenstrategie gestaltet sein. Der Blick auf den gesamten Le-benslauf führt wegen der bestehenden Zuständigkeiten verschiedener Ressorts und der föderalen Ebenen zwingend dazu. Dies eröffnet zugleich das Panorama für das zivil-gesellschaftliche Engagement in einer Gesellschaft des längeren Lebens.

Demografiepolitik hat somit zunächst einen präventiv ausgerichteten Gestaltungsauftrag, der sich sowohl an die gesellschaftlich relevanten Akteure wie an den Einzelnen richtet. Der Gestaltungsauftrag für förderliche Rahmenbedingungen des Umgangs mit demografischen Prozessen richtet sich dabei sowohl auf die gesellschaftliche wie die individuelle Ebene, um individuelle Gestaltungsoptionen und -möglichkeiten zu schaffen und zu gewährleisten. Letztlich geht es um die Herstellung von Optionen durch Demografiepolitik, die allerdings die Menschen nicht überfordern dürfen. Der stärker kurativ ausgerichtete Gestaltungsauftrag betrifft die Nebenwirkungen demografischer Prozesse, dabei vor allem die Risiken, die Men-schen überfordern können und es oftmals tatsächlich tun, aber auch die Gesellschaft vor zu-sätzliche Herausforderungen stellen (Beispiele Pflege und Gesundheitsversorgung). Demo-grafiepolitik kommt hier eine kompensatorische Funktion zu. Demografiepolitik hat dabei die übergeordnete Aufgabe, sich kritisch und konstruktiv zugleich mit den demografischen Her-ausforderungen auseinanderzusetzen, welche die Gesellschaft und den einzelnen betreffen. Es geht um eine sachliche und konstruktive Auseinandersetzung mit Negativszenarien, ohne deren potenzielle Bedeutung zu leugnen oder gar verniedlichen zu wollen.

Der vorliegende Band zur Demografiepolitik folgt in seiner Struktur und seinen Bei-trägen diesen grundsätzlichen Erwägungen. Nachdem in Teil I eine Demografiepolitik im politischen System der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich beleuchtet wird und dabei insbesondere die strukturellen Vorbedingungen diskutiert werden, präsentiert Teil II die bedeutsamen Fakten und Trends zum demografischen Wandel, wobei dieser nicht als Bedrohung oder Überforderung der gesellschaftlichen und ökonomischen Zusammenhänge betrachtet wird, sondern als gestaltbare Entwicklung. Teil III nimmt die Interaktion des einzelnen mit der Gesellschaft in den Blick und fragt nach den gebotenen Vorleistungsver-pflichtungen des Staates. Dagegen thematisiert Teil IV die möglichen und gebotenen sys-temischen und strukturellen Antworten, die für gesellschaftliche Öffnungsprozesse infolge des demografischen Wandels zu geben sind. Abschließend versucht Teil V zusammenbin-dend die Anforderungen und Aspekte einer umfassenden Demografiepolitik zu formulieren.

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2 Als Einladung zum Diskurs: Zur thematischen Einordnung der verschiedenen Beiträge

Die Beiträge in diesem Buch versuchen jeweils aus unterschiedlichen disziplinären Zugän-gen eine Demografiepolitik zu begründen und – bezogen auf zentrale Dimensionen – Hand-lungsperspektiven aufzuzeigen. Eingeladen dazu wurden fachwissenschaftlich wie fachpo-litisch ausgewiesene Autorinnen und Autoren, die an verschiedenen Stellen an demografie-politischen Themen arbeiten. Die Beiträge zielen dabei nicht primär auf Analysen und dgl., sondern sind stets anwendungsorientiert. Das Ziel besteht darin, den Umriss und die zentra-len Inhalte einer Demografiepolitik für den Bundesstaat zu konturieren, die den zuvor abge-leiteten Aspekten Rechnung trägt. Insgesamt lassen sich die Einzelbeiträge dieses Buches den fünf großen Hauptgruppen zuordnen.

Im ersten großen Themenblock, in dem es um die Begründung einer ressortübergrei-fenden und mehrebenenorientierten Demografiepolitik geht, beginnt BM Hans-Peter Friedrich mit einem kurzen Überblick über die Demografiestrategie der Bundesregierung. Der Beitrag benennt die verschiedenen Handlungsfelder Familie, Arbeitswelt, selbstbe-stimmtes Leben im Alter, regionale Dimensionen, Bildung und Ausbildung sowie Erhalt der Handlungsfähigkeit des Staates. „Zur Umsetzung der in der Strategie beschriebenen Ziele setzt die Bundesregierung auf einen übergreifenden Ansatz“.

BM Kristina Schröder geht in ihrem Beitrag auf die Frage ein, wie Politik – und ins-besondere die ihres Hauses – dazu beitragen kann, „den gesellschaftlichen Zusammenhang in einer sich (demografisch; M.H./G.N.) grundlegend veränderten Gesellschaft zu wahren“. Dabei wird die Grundannahme dieses Buches gestützt, dass Demografiepolitik Gesell-schaftspolitik sein muss. Um den Gestaltungsherausforderungen des demografischen Wan-dels gerecht zu werden, sind nicht etwa isolierte fachpolitisch-spezifische Lösungen im Sinne von „Reparaturen in einzelnen Politikfeldern“ gefragt, sondern eine ressortübergrei-fende „genuin demografiepolitische Strategie“. Eine Grundvoraussetzung dafür wiederum ist der Zusammenhalt der Generationen, den es durch eine nachhaltige Demografiepolitik zu stärken gilt. Damit wird zugleich eine bevölkerungspolitische Perspektive eingenom-men: „Vertrauen in den gesellschaftlichen Zusammenhalt macht Mut und Lust auf Kinder“. Die für eine Konzeption von ressortübergreifender „Demografiepolitik als Gesellschaftspo-litik der fairen Chancen“ aus Sicht der Autorin (bzw. aus der Sicht ihres Zuständigkeitsbe-reiches) zentralen „Knotenpunkte“ sind Familie, die Lebensphase Alter, das Verhältnis der Geschlechter, die Kinder- und Jugendpolitik sowie die Bürgergesellschaft. Damit werden Handlungsbereiche benannt, die in späteren Beiträgen dieses Buches jeweils wieder aufge-griffen werden.

Der Beitrag von Rolf G. Heinze stützt und vertieft die Argumentation. Es wird konsta-tiert, dass die „Alterung der Gesellschaft auf politischer Ebene erst sehr spät wahrgenom-men und bearbeitet“ wurde, dass sich nun aber „der Wind gedreht“ habe und dass Politik seit kurzem das Feld der Demografie entdeckt habe. Offen sei noch, ob es sich dabei um „symbolische Politik“ oder um einen grundlegenden Politikwandel handele. Das lange Zeit vorherrschende politische Desinteresse an dem Querschnittsthema demografischer Wandel wird – neben dem für Deutschland bis vor kurzem dominanten demografischen Krisen- bis Katastrophendiskurs („demografische Horrorszenarien“) – vor allem als Konsequenz der Fragmentierung („Abschottung“) des politisch-administrativen Systems interpretiert, die im Interesse einer wirksamen Demografiepolitik überwunden werden muss. Plädiert wird für

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eine „sozialinvestive“ und auf „Nachhaltigkeit“ bedachte integrierende, sektorübergreifen-de Strategie in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Dem Staat wird eine zentrale Verant-wortung als Steuerungsinstanz – gleichsam als „strategic leadership“ – bei zugleich not-wendigen neuen Formen der Governance zugewiesen, womit sich Heinze explizit von der These vom „allseits grassierenden Steuerungspessimismus“ abgrenzt. Am Beispiel des „vernetzten Wohnens im Alter“ wird diese Strategie dann für ein konkretes Handlungsfeld erläutert und um die Dimension der „sozialen Innovation“ erweitert: „Das kollektive Altern der Gesellschaft, das im internationalen Vergleich in besonderer Weise für Deutschland gilt, könnte … zu einem Laboratorium werden, anstatt Horrorszenarien zu entwickeln, ohne zu bedenken, dass es Möglichkeiten zum gegensteuern gibt“.

Der zweite große Themenblock liefert – in den ersten beiden Beiträgen mit Schwer-punkt auf ökonomischen Implikationen – Fakten und Trends zu den demografischen Her-ausforderungen, somit Begründungen für die Forderung nach einer eigenständigen Demo-grafiepolitik.

Christoph M. Schmidt gibt einen Überblick über demografische Megatrends in Deutschland in deren jeweiligen ökonomischen Implikationen – u.a. in Anlehnung an die Expertise des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Ent-wicklung aus dem Jahr 2011. Im Zentrum des Beitrags stehen zu erwartende Wirkungen auf Vermögens-, Güter- und Absatzmärkten, auf das Potenzialwachstum und auf die Situa-tion der öffentlichen und Sozialhaushalte. Im Einzelnen untersucht werden mögliche Fol-gen des kollektiven demografischen Alterns für die Ersparnis- und Immobilienentwicklung, die Konsumgüternachfrage, die Arbeitsmärkte und Arbeitsproduktivität, die künftige Wirt-schaftsleistung, das künftige Wohlstandsniveau sowie für die „Widerstandsfähigkeit“ der Systeme der sozialen Sicherung sowie die „Tragfähigkeit“ der öffentlichen Haushalte. Den jeweiligen Gefährdungsanalysen folgen Hinweise auf Gegensteuerungspotenziale durch Veränderung von relevanten „Rahmenbedingungen“. Diese liegen u.a. in einer Steigerung des Arbeitsvolumens (Anhebung der Altersgrenzen, Ausweitung der Erwerbsbeteiligung von Frauen, auf den Lebenszyklus bezogene Bildungsreformen), der Anhebung des Pro-duktionspotenzials (Migrations-, Bildungs-, Innnovationspolitik) sowie in der Konsolidie-rung öffentlicher Haushalte (Fortsetzung der Schuldensenkungspolitik). Die Begrenztheit ressortspezifischer Handlungsstrategien wird deutlich, wenn komplexe Lösungsstrategien vorgeschlagen werden (wie z. B. Ausschöpfung und Steigerung des Arbeitsvolumens), die jeweils integrierte Zugänge voraussetzen (in diesem Beispiel der Arbeitsmarkt-, Bildungs-, Familien- und Migrationspolitik).

Der Beitrag von Axel Börsch-Supan unterstützt die Argumentation, zu erwartende nega-tive mikro- und makroökonomische Implikationen des demografischen Wandels im Rahmen ressortübergreifender Strategien zu beeinflussen. Das besondere Gefährdungspotenzial liegt demnach in den Interaktionen zwischen Finanzkrise, Schuldenkrise sowie Altern und Schrumpfen der Bevölkerung: „Der demografische Wandel wird … einen tief liegenden mi-kro- wie makroökonomischen Strukturwandel hervorrufen, der alle wichtigen Märkte beein-flussen wird: Arbeitsmarkt, Märkte für Waren und Dienstleistungen sowie die internationalen Kapitalmärkte und damit das Verhältnis zwischen den Industrie- und Entwicklungsländern“. Besonders herausgefordert sind jene Länder, die – wie Deutschland – stark und schnell altern. Angemahnt werden Strukturreformen in den Feldern Arbeitsmarkt-, Bildungs-, Renten- und Altersgrenzenpolitik, u.a. mit den aus der Sicht des Autors überragenden Zielen der Steige-rung der Erwerbsquote (Älterer) einerseits und der Sicherung der Arbeitsproduktivität eines

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alternden Erwerbspersonenpotenzials andererseits. Dadurch könne es möglich sein, den Le-bensstandard nicht nur zu erhalten, sondern sogar zu erhöhen, „wenn die Chancen der zusätz-lichen gesunden Lebensjahre nur klug genutzt werden“.

Hans-Peter Klös und Gerhard Naegele versuchen, die bislang meist als Belastungs-diskurs geführte Diskussion zu relativieren. Bei den verteilungspolitischen Konsequenzen des Alterns und Schrumpfens der Gesellschaft fragen sie nach möglichen „Entlastungen in wichtigen gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Teilbereichen“. Das Bedrohungsszenari-um wird mit dem Potenzialszenarium konfrontiert, etwa nach dem Muster des 5. Altenbe-richtes der Bundesregierung von 2006. Potenziale alternder Gesellschaften werden insbe-sondere in der gestiegenen bzw. beeinflussbaren Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeit-nehmer, in günstigeren Kohorteneffekten in den Bereichen Bildung, Gesundheit, in Res-sourcen für bürgerschaftliches Engagement sowie in Einkommen und Vermögen (letzteres vor allem mit Blick auf den „Wirtschaftsfaktor Alter“) gesehen. Auch wenn eine Quantifi-zierung derartiger „Entlastungseffekte“ (noch) nicht möglich ist, wird „unter verteilungspo-litischer Perspektive … deutlich, dass die Alterung der Gesellschaft nicht nur … als zu-nehmend weniger finanzierbarer Anstieg der Sozialleistungsempfänger … , sondern auch als Chance und Aufforderung für die bessere Nutzung von altersspezifischen Ressourcen und Potenzialen gesehen werden muss“. In der Konsequenz wird Ressourcen- und Potenzi-alförderung in einer alternden und schrumpfenden Gesellschaft als Teil einer hoch voraus-setzungsvollen „demografiepolitischen Gemeinschaftsaufgabe“ konzeptualisiert, die aller-dings bestehende sozial-strukturelle Unterschiede in den Lebenslagen der älteren Menschen beachten muss, um nicht an der Differenziertheit von Altersrealität vorbei zu zielen.

Jürgen Dorbritz und Norbert F. Schneider befassen sich mit neuen „familiendemogra-fischen Trends“ im alternden Deutschland und untersuchen daraus resultierende demogra-fiepolitische Herausforderungen. Gestützt auf umfangreiches empirisches Material werden die Geburtenentwicklung (einschließlich der weit verbreiteten Kinderlosigkeit), der Wandel der Lebensformen sowie das generative Verhalten in unterschiedlichen Lebensformen be-handelt. Signifikante Ost-West-Unterschiede werden ebenso aufgezeigt wie sozialstruktu-relle Einflussfaktoren auf das Fertilitätsverhalten. Besondere Beachtung wird der hier le-benden Bevölkerung mit Migrationshintergrund gewidmet. Für familienpolitisches Handeln bedeutsam ist der Hinweis auf („zwiespältige“) Veränderungen in den Generationenbezie-hungen und auf damit verbundene riskante Belastungen für die künftige Tragfähigkeit von Generationenbeziehungen. Mit Blick auf die Geburtenentwicklung, d.h. auf die „Unterjün-gung der Gesellschaft“ (F.X. Kaufmann), wird für eine „Trendwende“ plädiert, bei der es „nicht hinreichend ist, auf einzelne politische Steuerungsmaßnahmen zu setzen. Erforder-lich sind konzertierte und strategisch ausgerichtete Anstrengungen, die nicht vorrangig auf materielle Transfers und nicht allein auf Infrastrukturmaßnahmen setzen, sondern die Ver-besserung der sozialen Position von Eltern in der Gesellschaft und die kulturelle Verände-rung von Elternrollen zum Ziel haben“. Damit rücken zugleich neue Akteure bzw. neue Politikfelder ins Blickfeld, so neben den Tarifpartnern (betriebliche Beschäftigungs-/Vereinbarkeitspolitik) insbesondere auch die Kommunen im Rahmen ihrer Daseinsvorsor-gepolitik (Familienfreundlichkeit als Standortfaktor).

Harald Künemund befasst sich explizit mit demografisch bedingten Veränderungen in den Generationenbeziehungen. Das lange Zeit weit verbreiteten Konfliktszenario („Krieg der Generationen“) könnte, so seine Befürchtung, bald – gleichsam „im neuen Gewand“ – wieder auftauchen, in vorherrschenden makroökonomischen Krisenszenarien sei dies teil-

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weise schon jetzt der Fall. Das Konfliktszenarium wird aus soziologischer wie gerontologi-scher Perspektive hinterfragt: begrifflich, empirisch und verteilungstheoretisch. Kritisiert wird zudem das Auslassen sozialer Differenzierungen, jeweils mit dem Resultat „problema-tischer Schlussfolgerungen“. Plädiert wird für eine „ausgewogene Beurteilung der Lage und der Entwicklungschancen“ sowie für die Relativierung von einseitigen Schuldzuwei-sungen (z. B. nach dem Muster „Sozialstaat als driving force der Schwächung des Genera-tionenvertrags“). Auch sollten scheinbare Generationenkonflikte als Verteilungskonflikte verstanden werden. Zugleich wird die Korrektur gängiger Klischees gefordert: „Zumindest lässt sich inzwischen auf der Basis belastbarer Daten festhalten, dass die Generationenbe-ziehungen innerhalb der Familien heute besser sind als ihr Ruf. Erwachsene Kinder und Eltern fühlen sich emotional eng miteinander verbunden, stehen häufig miteinander in Kon-takt und unterstützen sich gegenseitig mit finanziellen Transfers und immateriellen Hilfe-leistungen“. In der Konsequenz muss es Aufgabe einer Demografiepolitik sein, potenzielle „Störfaktoren“ für Generationenbeziehungen frühzeitig zu erkennen und politisch zu schwächen/beseitigen.

Der dritte Themenblock trägt die Überschrift „Vorleistungsverpflichtungen einer De-mografiepolitik: Der Einzelne und die Gesellschaft“. Damit wird explizit gemacht, dass auch der einzelne älter werdende/ältere Mensch bei der Bewältigung der Herausforderun-gen des demografischen Wandels Verantwortung übernehmen sollte, dass aber auf ver-schiedenen Ebenen „Vorleistungsverpflichtungen“ dahingehend bestehen, ihn/ihr dabei förderliche Rahmenbedingungen und Ermöglichungsstrukturen zur Seite zu stellen. Mit Blick auf das Individuum wird unter Demografiepolitik somit auch Ermöglichungs- und Befähigungspolitik verstanden.

Jutta Reich-Claassen und Rudolf Tippelt untersuchen Bildungsaktivitäten in den mitt-leren und späteren Lebensphasen (lebenslanges Lernen). Sie „gewinnen sowohl aus gesell-schaftlicher und politischer, aber zunehmend auch aus wirtschaftlicher Sicht an Bedeu-tung“. Wichtige Anknüpfungspunkte für die Bildungsaktivitäten Älterer sind z. B. die Ge-sundheitsförderung, die Employability älterer Arbeitnehmer, die Integration älterer Migran-ten in Wirtschaft und Gesellschaft oder das bürgerschaftliche Engagement. Behandelt wer-den Voraussetzungen, Bedingungen und Effekte von Bildungsprozessen im höheren Er-wachsenenalter (als zentrale Themen einer „alterssensiblen Pädagogik“) unter Bezugnahme auf Ergebnisse der (Erwachsenen-) Bildungsforschung und der Entwicklungspsychologie. Aufgezeigt werden (allerdings empirisch schwer messbare) Rendite und Erträge von Wei-terbildungsaktivitäten für wichtige Lebenslagedimensionen (nicht nur) älterer Menschen (Gesundheit, Einkommen, berufliche Integration, soziale und politische Partizipation). Analysiert wird zudem die Heterogenität von Lernmotiven, Lernbeteiligung und Lernpro-zessen bei älteren Erwachsenen – spiegelbildlich zur wachsenden Heterogenität der Gruppe selbst. Daraus abgeleitet werden didaktische wie bildungspolitische Empfehlungen an die verschiedenen, für lebenslanges Lernen zuständigen Akteure. Die Bedeutung einer auf den gesamten Lebenslauf bezogenen Bildungspolitik sowie ihrer jeweiligen institutionellen Verankerung und finanziellen Förderung in alternden Gesellschaften wird offensichtlich. Im internationalen Vergleich gelten beide hierzulande als unterentwickelt.

Christiane Flüter-Hoffmann und Mirko Sporket beschäftigen sich mit Arbeit und Be-schäftigung im demografischen Wandel und mit ausgewählten Konsequenzen für ein „stra-tegisches Personalmanagement“. Ausgangspunkt sind zum einen das schrumpfende und zugleich im Durchschnitt älter werdende Erwerbspersonenpotenzial, zum anderen die

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„neue“ Rentenpolitik (Rente mit 67) sowie die damit zusammen hängenden Herausforde-rungen für die Arbeitsmarktpolitik und die betriebliche Beschäftigungspolitik. Der Beitrag fokussiert die betriebliche Ebene: „Aus dem demografischen Wandel können sich neue … Unsicherheiten für Organisationen ergeben, die von den Betrieben und Unternehmen im Rahmen ihrer betrieblichen Personalpolitik berücksichtigt und durch eine maßgeschneiderte Personalentwicklung und professionelle Personalarbeit bewältigt werden müssen“. Ausge-hend von einer Risikoanalyse (u.a. drohender Verlust von Wettbewerbsfähigkeit, Produkti-vität und know-how, drohender Fachkräftemangel) werden zunächst allgemeine „Siche-rungspfade“ zur Fachkräftesicherung skizziert und um konkrete Vorschläge zur Sicherung der organisationalen Employability ergänzt (demographic literacy zum Zweck einer „ganz-heitlichen Sichtweise“ und lebenszyklusorientierte Personalpolitik). Plädiert wird für die Schaffung entsprechender Unterstützungsstrukturen vor allem für Klein- und Mittelbetrie-be. Verwiesen wird auch auf neue Verantwortlich- und Zuständigkeiten bei Akteuren, die bislang im Feld der betrieblichen Personalpolitik noch zu wenig engagiert sind.

Ulla Walter und Daniel Reuter sehen in Prävention und Gesundheitsförderung zentrale gesundheitspolitische Strategien für Sicherung und Erhöhung von Beschäftigungsfähigkeit und übrige Teilhabe im Alter. „Vor dem Hintergrund einer verlängerten Lebensspanne ist die Frage relevant, in welchem Gesundheitszustand die nunmehr erweiterte Altersphase (und künftig auch Erwerbsphase; M.H./G.N.) verbracht wird“. Ausgehend von im interna-tionalen Vergleich ungünstigeren Ausgangswerten für Deutschland (z. B. gemessen an der free of activity limitation und den healthy life-years) und einer auch hierzulande ausgepräg-ten sozialen Ungleichheit bei Krankheit im mittleren und höheren Erwachsenenalter fokus-siert der Beitrag auf die betriebliche Gesundheitsförderung und auf die Prävention arbeits-bedingter Gesundheitsgefahren – eingebettet in eine Analyse der gesundheitlichen Lage der über 50-Jährigen. Der rehabilitativen Versorgung gilt ein zweiter Analyseschwerpunkt. Kritische Evaluationen dazu münden in Vorschläge für verbesserte verhältnis- und verhal-tenspräventive wie rehabilitative Konzepte – z.T. basierend auf internationalen Vorbildern (vgl. Finnland mit seinem National Programme for Ageing Workers von 1995). Plädiert wird für Lebenslaufbezug und die Anwendung mehrerer/unterschiedlicher Maßnahmen. Darauf aufbauend wird eine „abgestimmte Präventionspolitik“ im Rahmen eines „konse-quent koordinierten und gesamtstrategisch ausgerichteten Prozesses“ gefordert, die „Res-sorteitelkeiten überwindet und Themenfelder nicht sektoral zersplittet, sondern vielmehr bündelt und ministerienübergreifend zusammenführt“.

Gerhard Naegele fordert in seinem Beitrag eine Anpassung der gesundheitlichen Ver-sorgungssysteme an demografisch bedingte Veränderungen in der Morbiditätsstruktur der Bevölkerung. Notwendig sei eine neue Sicht auf Krankheiten im Alter, die sowohl die (ver-änderten) objektiven Gesundheit (u.a. Multimorbidität, Chronifizierung, psychiatrische Ko-Morbidität, Erkrankungen) wie auch die subjektive Gesundheit – als eigenständiges Deu-tungsmuster wie Handlungsziel – in den Blick nimmt. Es sei notwendig, bedarfsgerecht auf die Multikomplexität der Erkrankungs- und ihrer Entstehungsmuster vor allem bei sehr alten Menschen, die weit mehr als rein medizinische Handlungserfordernisse nach sich ziehen, zu reagieren. Plädiert wird für lebenslaufbezogene Konzepte (vor allem bei Präven-tion und Gesundheitsförderung) sowie für die strategische Berücksichtigung gesundheits-bezogener sozialer Ungleichheiten. Angemahnt wird, die Organisation von gesundheitlicher Versorgung für alternde Gesellschaften im Rahmen einer ganzheitlichen Sicht auf die ge-sundheitliche wie die damit zusammenhängende soziale Bedarfslage vorzunehmen. Das

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Konzept der „integrierten Versorgung“ kann als Pate für weitergehende (soziale) Innovati-onen dienen, die nicht nur die einzelnen Zweige der gesundheitlichen Versorgung besser miteinander vernetzen, sondern auch andere dafür mit zuständige Politikfelder wie Woh-nungswirtschaft, soziale Dienste oder Bildungspolitik.

Die kommunale Ebene steht im Mittelpunkt des Beitrags von Jörg Bogumil, Sascha Gerber und Maren Schickentanz. Demografiepolitik wird zunächst als Teil der kommuna-len Daseinsvorsorge interpretiert, das ein „möglichst integratives Stadtplanungskonzept“ (Demografiegestaltung) voraussetzt. Dieses sollte „dialogorientiert möglichst viele Akteure miteinander vernetzen und auch vor der Öffnung zur inter- und intrakommunalen Koopera-tionen nicht zurückschrecken“. Ausgehend von veränderten kommunalen Rahmenbedin-gungen einerseits (z.T. erhebliche regionale Unterschiede, rückläufige Kommunalfinanzen) und kommunalen Handlungsmöglichkeiten zur Bewältigung der Konsequenzen demografi-scher Prozesse andererseits (Altersstrukturanalysen, „Attraktivitätspolitik“, interkommuna-le Zusammenarbeit, Anpassung der Infrastruktur an Bevölkerungsschrumpfung und Nut-zung des bürgerschaftlichen Engagementpotenzials) werden Möglichkeiten intrakommuna-ler Koordination diskutiert, die sich als zwingende Konsequenz „des Querschnittscharakters des demografischen Wandels“ ergibt. Vorgestellt werden verschiedene Modelle zur institu-tionellen Verankerung des Querschnittsthemas demografischer Wandel in „hochteilig ar-beitsteilig strukturierten Kommunalverwaltungen“. Plädiert wird des Weiteren für eine „demografieorientierte Personalpolitik“ der Kommunen, die sowohl auf die Anpassung des Personals an demografische veränderte Nachfrage nach kommunalen Angeboten als auch auf die demografiebezogene Qualifizierung der kommunalen Mitarbeiter zielt.

Der vierte und letzte Themenblock steht unter der Überschrift „Demografiepolitik und gesellschaftliche Öffnung: Chancen und Herausforderungen“. Damit wird neben spezifi-schen Vorleistungen der Gesellschaft für den einzelnen unter den Bedingungen des länge-ren Lebens die Frage erörtert, welche strukturellen und systemischen Politikkonzepte erfor-derlich sind. Die Stichworte lauten hierzu: Gleichstellung, Integration, Migration, mediale Infrastruktur und Zivilgesellschaft.

Begonnen wird mit einem Beitrag von Hilmar Schneider. Er beschäftigt sich mit der Arbeitszeitpolitik als dem „wohl am stärksten unterschätzten Ansatzpunkt, um den abseh-baren Konsequenzen der demografischen Herausforderungen begegnen zu können“. Dabei fokussiert der Beitrag auf die Erhöhung der Pro-Kopf-Arbeitszeit, um den absehbaren Po-tenzialmängeln auf dem Arbeitsmarkt zu begegnen. Besondere Hürden liegen demnach in den starken Teilzeitanreizen durch das Steuer- und Transfersystem. In der Konsequenz münden die Vorschläge in der Forderung nach einer „gründlichen Beseitigung von Teil-zeitanreizen“. Allerdings erscheint eine Fokussierung der Arbeitszeitpolitik auf ihre ar-beitsmarktpolitische Dimension – trotz aller Berechtigung – verkürzt. Die in anderen Bei-trägen geforderte Umorientierung in klassischen, die Demografiepolitik entscheidend prä-genden Politikfeldern wie etwa der Bildungs-, Familien-, Gleichstellungs-, Präventions- oder Ältere-Arbeitnehmerpolitik sowie insgesamt die produktivere Nutzung der Potenziale älterer Menschen bedürfen ebenfalls einer systematischen Absicherung durch grundlegend-strukturelle Reformen in der bisherigen Organisation von Arbeits- und Lebenszeit in einer Lebenslaufperspektive.

Anschließend folgt ein Beitrag von Ute Klammer zur „Gleichstellungspolitik als Bau-stein von Demografiepolitik und (Teil-) Antwort auf den Fachkräftemangel. „Eine Gleich-stellungspolitik, die auf die Verbesserung der Erwerbschancen von Frauen abzielt, könnte

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einen entscheidenden Beitrag zur Verringerung des Fachkräftebedarfs darstellen“. Ausge-hend von einer Binnenstrukturanalyse des Fachkräftebedarfs wird gezeigt, dass das existie-rende Arbeitskräftepotenzial von Frauen bei weitem nicht ausgeschöpft ist. Der Anstieg in der Erwerbsquote hat demnach nicht zu einer Erhöhung im Erwerbsarbeitsvolumen geführt. Teilzeitbeschäftigung ist nach wie vor eine Domäne von Frauen, zudem noch überdurch-schnittlich stark verbreitet bei jüngeren qualifizierten Frauen nach der Unterbrechungspha-se. Andererseits gibt es ein hohes Interesse erwerbstätiger Mütter, ihr Arbeitszeitvolumen auszudehnen. Der Beitrag analysiert immer noch bestehende Unterschiede in den Lebens- und Erwerbsverläufen von Männern und Frauen und plädiert darauf aufbauend für ein neu-es Leitbild des bzw. der Erwerbstätigen mit Fürsorgeaufgaben im Lebensverlauf. Es wird nicht etwa die weitgehende Delegation der Fürsorgeaufgaben an gesellschaftliche Instituti-onen gefordert, vielmehr „sollen beide Geschlechter die Option haben und entsprechende Rahmenbedingungen dafür vorfinden, Ihre Erwerbsaufgaben mit Fürsorgeaufgaben verein-baren zu können. … Frauenerwerbstätigkeit kann demnach ein wichtiger Baustein bei der Gestaltung des demografischen Wandels sein“.

Thomas Straubhaar befasst sich mit den Möglichkeiten und Grenzen der Integrations-politik und der Zuwanderung bei der Bewältigung des demografischen Wandels. Zuwande-rung wird als eine Möglichkeit zur Reaktion auf demografische Prozesse bei Altern und Schrumpfen der Bevölkerung verstanden, allerdings nicht im Sinne einer Lösung, sondern als (zudem eher geringer) Beitrag zu ihrer Verlangsamung. „Auch wenn Migration den demografischen Wandel nicht aufhalten kann, so trägt sie doch zu einem wesentlichen Teil zur Milderung der Folgen bei.“ In der Zuwanderung wird primär ein arbeitsmarktpolitischer Beitrag für eine Demografiepolitik gesehen, d.h. die zentrale Frage lautet dabei, „wieweit es gelingt, Menschen mit Migrationshintergrund in den hiesigen Arbeitsmarkt zu integrie-ren“. Hierzu müssen verschiedene, auf Integration zielende Strategien verfolgt werden, wobei es prioritär sei, bereits in Deutschland vorzufindende Potenziale besser auszuschöp-fen und „vor allem auch, die Chancen der Vielfalt für mehr Innovationen und damit bessere Beschäftigungs- und Wachstumschancen zu nutzen“. In der Konsequenz ist für den Autor Integrationspolitik nicht nur Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik, sondern „wichtiger Teil einer ganzheitlichen, mehrebenenorientierten Demografiepolitik“ – oder umgekehrt und überspitzt formuliert: Integrations- und Demografiepolitik werden als Dienstleistungsfunk-tionen für Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik interpretiert. Auch wenn hier ein eher spe-zifisches Verständnis von Integrations- wie Demografiepolitik durchscheint, so steht auch dieser Beitrag einmal mehr für die Notwendigkeit, Demografiepolitik als Mehr-Ebenen-Politik zu verstehen.

Caja Thimm beschäftigt sich mit dem Altwerden in einer mediatisierten Gesellschaft. „Mit wachsendem Anteil älterer Menschen steigt auch ihre Einflussnahme und Bedeutung in unserer Gesellschaft. … Das Medium Internet sollte demnach im gesellschaftlichen Bild als verbindendes Generationsmedium und partizipative Möglichkeit für eine selbstbestimm-te Lebensführung im Alter wahrgenommen werden.“ Vor diesem Hintergrund wird nach der aktiven Partizipation älterer Menschen an der Informations- und Mediengesellschaft gefragt und dabei eine steigende Beteiligung zumindest der nachrückenden Kohorten Älte-rer berichtet. Die Nutzerzahlen Älterer steigen ebenso wie ihre aktive Mitwirkung in ver-schiedenen kommunikativen Internetzirkeln sowie insgesamt die Akzeptanz des Internet insbesondere bei jüngeren Älteren. Allerdings deuten die Befunde auch auf sozial-strukturelle Verteilungsmuster. Demnach gelten Bildungsstand und insbesondere die Al-

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tersgruppenzugehörigkeit (hohes Alter) als Ausgrenzungskriterien. Andererseits könnte die Internetnutzung für künftige Kohorten älterer Menschen zu einem wichtigen Instrument der Förderung selbständiger Lebensführung werden – selbst bei Krankheit und Pflegebedürf-tigkeit -, vorausgesetzt die Medienkompetenz älterer Nutzer und Nutzerinnen wird erhöht und die Zugänglichkeit (nicht nur via Beratung, sondern auch finanziell) erleichtert. Schon seit langem belegen insbesondere nordeuropäische Erfahrungen erfolgreiche, die Lebens- und Versorgungsqualität erhöhende Anwendungsmöglichkeiten von ITC-Technologien im Falle von Krankheit und Pflege. „Die aktive Partizipation älterer Menschen an der Informa-tions- und Mediengesellschaft zu fördern, ist entsprechend ein wichtiger Baustein einer zeitgemäßen Technologiepolitik.“

Den Abschluss in diesem letzten Themenblock bildet der Beitrag von Thomas Klie zu den zivilgesellschaftlichen Dimensionen des demografischen Wandels. Ausgangspunkt ist die These, dass sich ohne neue Beteiligungsformen für Bürger der demografische Wandel nicht erfolgreich gestalten lässt. Demnach werden zivilgesellschaftliche Potenziale (auch die einer alternden Bevölkerung) zunehmend bedeutsamer, um die Beteiligung insbesonde-re an der lokalen Demografiepolitik zu gewährleisten sowie im Sinne einer Eigenaktivie-rung „active ageing“ zu befördern. „Bürger sollen in alter und neuer Weise an der Gestal-tung öffentlicher Aufgaben beteiligt sein. Ältere Menschen und ein aktives Altern stehen dabei speziell im Fokus: Sie verfügen in besonderer Weise über Potenziale und Ressour-cen“. Aufbauend auf konzeptionellen Einordnungen von Zivilgesellschaft erfolgt eine Chancenanalyse zivilgesellschaftlicher Aktivitäten in alternden Gesellschaften sowohl aus der Perspektive der Gesellschaft insgesamt wie auch aus der Perspektive des einzelnen älter werdenden/älteren Menschen. Bürgerschaftliches Engagement gilt als das „Paradebeispiel“ aktiver zivilgesellschaftlicher Betätigung. Allerdings zeigen die Befunde auch hier sozial-strukturelle Verteilungsmuster (u.a. Rückgang im höheren Alter). Dennoch schließt der Beitrag mit einer optimistischen Vision: Zivilgesellschaft wird als „Zukunftskonzept“ für eine Gesellschaft im demografischen Wandel konzeptualisiert, da es „bedeutungsvolle Handlungsspielräume eröffnet“ und „wichtige Beiträge zur Lösung gesellschaftlicher Prob-leme“ liefert. Andererseits ist die Herstellung von Zivilgesellschaft eine hoch vorausset-zungsvolle Aufgabe und insbesondere mit einer Reihe von praktischen Steuerungs- und Organisationsproblemen verbunden, die wiederum nur im Rahmen einer (regionalen wie überregionalen) Gesamtstrategie gelöst werden können, ohne große Chancen der Beteili-gung des Marktes. Wer also soll dann die „örtlichen wie zivilbürgerschaftlichen Potenziale stimulieren“; wohl doch der Staat im Sinne seiner „strategic leadership“ (siehe den Beitrag von Heinze in diesem Buch)?

Den Abschluss bildet ein Beitrag von Michael Hüther und Gerhard Naegele, der für eine integrative Sicht bei der Konzeption einer Demografiepolitik wirbt und damit den nahezu durchgängigen Befund aller anderen Beiträge aufnimmt. Doch welche Kriterien sind zu erfüllen, wenn man einerseits auf die Erfahrungen demografiepolitischer Ansätze schaut und andererseits die spezifischen Überlegungen für die einzelnen Handlungsfelder ernst nimmt? Und wie kann Demografiepolitik nicht nur konzeptionell unterlegt werden, sondern zugleich angemessen institutionell eingebunden werden? Die Autoren werben für die Etablierung eines Demografieministeriums, um die notwendigen politischen Weichen-stellungen umfassend und konsistent realisieren zu können. Gleichzeitig eröffnet sich dadurch die Möglichkeit einer effizienten Steuerung und Koordinierung der Demografie-politik im föderalen Geflecht.

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