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DAVID & LEIGH EDDINGS Götterkinder 1

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DAVID & LEIGH EDDINGS

Götterkinder 1

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Buch

Vier Götter beherrschen und behüten das Land Dhrall: Dahlaine und seinBruder Veltan wachen im Norden und im Süden, während der Westen undder Osten von ihren Schwestern Zelana und Aracia beschützt werden. DieMitte des Reiches jedoch entzieht sich ihrer Macht und wird von Götternund Menschen gleichermaßen gemieden. Hier erstreckt sich ein wildes,unwirtliches Land, das von einem unmenschlichen, machthungrigen undskrupellosen Wesen kontrolliert wird – dem Vlagh. In dieser rauen Ödniszieht das teuflische Vlagh seine Brut aus Monstern und Dämonen heran,mit der es ganz Dhrall erobern will. Doch noch besteht Anlass zur Hoff-nung, denn eine uralte Prophezeiung verheißt, dass einst vier Kinder dasBöse aus dem wilden Land besiegen werden – vier unvorstellbar mächtigeKinder, die mit ihren Träumen sogar die Kräfte von Land und Meer beein-

flussen können ...

Autor

David Eddings wurde 1931 in Spokane, Washington, geboren und wurde1982 mit seinem ersten Fantasy-Epos, der »Belgariade«, bekannt. Seitherhat er teils alleine, teils in Zusammenarbeit mit seiner Frau Leigh kontinu-ierlich neue Werke in der Tradition Tolkiens verfasst, die ihm eine ständigwachsende, begeisterte Leserschaft eingebracht haben. David und Leigh

Eddings leben in Caron City, Nevada.

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DAVID & LEIGH EDDINGS

Das wilde LandGötterkinder 1

Deutsch von Andreas Helweg

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Die englische Originalausgabe erschienunter dem Titel »The Dreamers 01 – The Elder Gods«

bei Voyager, HarperCollinsPublishers, London.

Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100Das FSC-zertifizierte Papier Holmen Book Cream

für dieses Buch liefert Holmen Paper, Hallstavik, Schweden

1. AuflageJanuar 2011 bei Blanvalet, einem Unternehmen derVerlagsgruppe Random House GmbH, München.

Copyright © der Originalausgabe 2003 by David und Leigh EddingsCopyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2004 by Wilhelm Goldmann

Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbHUmschlagmotiv: © Artwork HildenDesign unter

Verwendung eines Motivs von mahout / ShutterstockRedaktion: Werner Bauer

HK ∙ Herstellung: samDruck und Einband: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in GermanyISBN: 978-3-442-26775-0

www.blanvalet.de

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Vorbemerkung

(Auszug aus DAS LAND DHRALL, eine Studie der Fakultät für Ver-gleichende Theologie an der Universität zu Kaldacin)

Das Land Dhrall existiert – und zwar in seiner gegenwärtigen Po-sition, wenn man den mitunter phantasievollen Legenden der Re-gion Glauben schenken darf – bereits seit Anbeginn der Zeit. VaterErde ist unruhig, daher bewegen sich andere Kontinente hin undher über das Antlitz von Mutter Meer und wandern und wandernauf der Suche nach neuen Orten, wo sie verweilen können. Dochdas Land Dhrall, so wird erzählt, sei durch den Willen der Göttervon Dhrall fest an seinem Platz verankert, und so solle es bleibenbis ans Ende aller Tage.

Nun, woher diese Welt kommt – und wieso es sie gibt – entziehtsich dem menschlichen Verständnis. Aber die Legenden von Dhrallbehaupten, sie sei das Werk der alten Götter, und ihre Schöpfungsei eine derart enorme Aufgabe gewesen, dass die Götter – wenn-gleich unsterblich und allmächtig – oftmals von ihrer Arbeit sehrermüdeten.

Es gab jedoch jüngere Götter, die zu jener Zeit durch das Landzogen, und ihr Mitleid für die erschöpften Alten war groß, daherdrängten sie ihresgleichen zur Rast, während sie selbst die Bürdeder Schöpfung übernahmen. Die Alten waren über alle Maßendankbar, hatten sie sich doch völlig verausgabt und nun nicht mehrdie geringste Kraft. Und so schliefen sie, während die Schöpfungohne Unterlass von den jüngeren Göttern fortgeführt wurde.

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Also schliefen die älteren Götter fünfundzwanzig Äonen langund erwachten dann erfrischt und bereit, ihre unendliche Aufgabeeigenständig wieder fortzusetzen; und nun waren ihre jüngerenEbenbilder bereit, ihrerseits die Arbeit einzustellen und fortan zuruhen.

Berge erhoben sich aus dem Erdboden und wurden von Wetterund Zeit abgetragen. Mutter Meer brachte Leben in vielfältigerForm hervor, und manche der Wesen aus Mutter Meer betraten dastrockene Antlitz von Vater Erde auf der Suche nach einer Heimstatt.Im Laufe der Zeit und zur Anpassung an die Orte veränderten siesich dort auf dem Antlitz von Vater Erde, und es entstanden die ver-schiedensten Varianten. Lebensformen, die zuvor nicht gesehenworden waren, entwickelten sich, und ältere Lebensformen starbenaus, weil alle Geschöpfe blind nach höchster Vollendung strebten.

Doch die Götter des Landes Dhrall entschieden sich, in dasWachstum und die Entwicklung der Kreaturen ihrer Domänennicht einzugreifen, denn sie kamen zu dem weisen Schluss, dass dieGeschöpfe ihrem eigenen Weg folgen würden, indem sie sich mitder Welt um sie herum auseinander setzten. Denn wahrlich, dieWelt befindet sich in einem ewigen Zustand des Wandels, und einGeschöpf, das für das eine Zeitalter geeignet ist, überlebt in einemanderen vielleicht nicht. Die Götter hatten schlussendlich erkannt,dass diese Wandlung eine Reaktion auf die Welt und nicht auf einengöttlichen Plan war.

Und die Zeit in ihrem festen Gefüge setzte ihren Marsch auf einEnde hin zu, das niemand vorausahnen konnte, und die Zyklen vonArbeit und Ruhe unter den Göttern nahmen ihren Fortgang, wäh-rend Mutter Meer und Vater Erde zuschauten und sich jeglicherEinwirkung enthielten.

Die Götter des Landes Dhrall haben das Land unter sich aufgeteilt,und jeder – ob nun einer der Jüngeren oder Älteren – herrscht über

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einen bestimmten Teil. Es bleibt allerdings ein riesiges Ödland inder Mitte, das zu keiner der vier Domänen gehört, ob nun Ostenoder Westen, Norden oder Süden, denn das Ödland von Dhrall istunfruchtbar und entbehrt jeglicher Schönheit. Dennoch existiertdort Leben, wenngleich sich die Lebensformen im Ödland von je-nen im übrigen Lande Dhrall unterscheiden. In den Legenden vonDhrall wird behauptet, die Lebensformen im Ödland seien Schöp-fungen von Das-man-Vlagh-nennt.

Über die Herkunft dieses Vlagh sind sich die Legenden vonDhrall nicht einig. Manche behaupten, es sei nicht mehr als ein Alb-traum, den einer der frühen Götter während des ersten langenSchlafes gehabt habe. Anderen Legenden zufolge ist das Vlaghdeutlich älter als die Götter, deren Gestalt annähernd der von Men-schen gleicht, und darüber hinaus der Herr der stechenden Insek-ten und giftigen Reptilien gewesen, die längst vom Antlitz derMutter Meer und des Vaters Erde verschwunden sind. Wenigstensstimmen alle Legenden von Dhrall in einem Punkt überein: Das-man-Vlagh-nennt war zu ungeduldig, um den Geschöpfen, dieihm dienten, ausreichend Zeit zu lassen, damit sie dem langsamennatürlichen Prozess von Entwicklung und Veränderung, der vonden wahren Göttern von Dhrall begünstigt wird, folgen konnten,sondern es entschied sich stattdessen, ihre Entwicklung zu beein-flussen, auf dass sie ihm besser dienen konnten.

Und es fiel dem Vlagh auf, dass Diener von größerem Wert sind,wenn sie nicht alle gleich sind, denn ein Geschöpf, das nur für einebesondere Aufgabe erschaffen wurde, ist weitaus effektiver als eingewöhnliches Wesen.

Um dies zu erreichen, hüllte sich das Vlagh regelmäßig in einengewebten Kokon in seinem dunklen Nest im Zentrum des Öd-lands, und wenn es aus diesem Kokon wieder herauskroch, war eseine Kreatur von gänzlich anderer Art als zuvor. Dann erprobte esdie Fähigkeiten seiner neuen Gestalt, um festzustellen, welche be-

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sonderen Aufgaben es bewältigen konnte, und merkte sich Stärkenund Schwächen. Erneut schloss es sich in einen Kokon ein, und alses abermals herauskam, waren die Schwächen verschwunden, dochdie Stärken hoben sich noch mehr hervor.

Durch solcherlei Experimente veränderte und verbesserte Das-man-Vlagh-nennt seine eigene Gestalt zu einem ungemein viel-schichtigen Wesen. War es zufrieden, reproduzierte sich dieses We-sen tausendfach, so dass es genug Diener hatte, um sein letztendli-ches Ziel zu erreichen.

Dann kehrte Das-man-Vlagh-nennt zu seinem Nest zurück undbegann von neuem, erschuf eine weitere Lebensform für eine wei-tere besondere Aufgabe.

Und deshalb sind all die verschiedenen Kreaturen, die aus demKokon des Vlagh schlüpfen, keine Wesen der Domänen der wahrenGötter von Dhrall, sondern eher eigenwillige Kombinationen, teilsInsekt, teils Reptil, teils Warmblüter, und jede dieser Variationenhat ihre ganz besondere Aufgabe in den Diensten des Herrschersvom Ödland.

Das einzige Charakteristikum, das die Wesen des Ödlands tei-len, ist ein zwanghafter Trieb, die Domäne des Herrschers zu ver-größern, bis das gesamte Land Dhrall seinem Willen unterliegt.

Und das Vlagh schickte viele seiner Kreaturen in die Domänender wahren Götter von Dhrall aus, und diese Eindringlinge berich-teten dem Vlagh alles, was sie beobachtet hatten. Und das Vlaghdachte über jedes kleine Faktum nach, das seine Diener ihm erzähl-ten, und nach unzähligen Äonen entdeckte es einen schwachenPunkt – und zwar während der Übergabe der Macht und der Au-torität von einer Generation der Götter an die nächste.

Denn die alten Götter wurden müde und vergesslich, derweil siesich nach Schlaf sehnten; und die jungen Götter waren erst halb er-wacht.

Und der Geist des Vlagh war von Freude über diese Enthüllung

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erfüllt. Und es schmiedete seine Pläne und stellte seine Diener zumKrieg auf, durch den es die wahren Götter von Dhrall ein für alleMal zu vernichten gedachte. Und dort im Ödland träumte es vondem Tag, an dem es das gesamte Land von Dhrall beherrschen wür-de. Und nachdem es Dhrall erst unterworfen hatte, konnte es auchandere Länder erobern, und nach einer Weile würde ihm die ganzeWelt gehören. Und alle Kreaturen, die kleinen und die großen,würden sich vor ihm verbeugen, und seine Herrschaft würde ewigdauern, und alle Macht läge in seinen Händen.

Und der Geist des Vlagh frohlockte.

Mutter Meer und Vater Erde schenkten den Possen der Götter jed-weder Länder nur wenig Aufmerksamkeit, und beide schliefenauch nicht, denn ihnen oblag die Aufgabe, das Leben auf der Erdeund im Meer zu pflegen, und wehe demjenigen, Mensch oder Gott,der den Kreislauf des Lebens bedrohte. Obwohl Mutter Meer undVater Erde sehr freundlich erschienen, konnten sie Katastrophenauslösen, die über jegliche Vorstellungskraft hinausgingen, solltedie Notwendigkeit dafür bestehen, um dadurch den Fortbestanddes Lebens zu gewährleisten.

Es geschah jedoch vor langer Zeit in der Domäne des Nordens,dass ein halb verrückter Einsiedler eine Vision von dem hatte, waseines Tages Wirklichkeit werden würde, und in dieser Vision sah erschlafende Kinder, deren Träume die Pläne von Das-man-Vlagh-nennt vereiteln konnten, denn die Träume konnten Befehle ertei-len, und Mutter Meer und Vater Erde konnten sich den Befehlender Träumer nicht widersetzen.

Und die meisten Menschen im Land Dhrall verhöhnten die Visi-on des Einsiedlers, denn sein Wahnsinn war nicht zu übersehen.Aber die Götter von Osten und Westen, Norden und Süden ver-spotteten ihn nicht, fand die Vision doch tief in ihren Seelen einenWiderhall, und sie wussten um ihre Wahrheit. So waren die Götter

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des Landes Dhrall voller Sorge, da sie im Herzen erkannten, dasssich mit der Ankunft der Träumer die Welt verändern und nichtsmehr so sein würde als wie zuvor.

Die Äonen schleppten sich dahin, wie es Äonen eigen ist, einerungewissen Zukunft entgegen; die jüngeren Götter wurden älter,und der Zyklus ihrer Herrschaft näherte sich wieder einmal seinemEnde …

Und an dieser Stelle beginnt unsere Geschichte.

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Die Insel Thurn

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Zelana vom Westen war diese unangenehmen Menschengeschöpfeihrer Domäne leid. Sie fand sie widerspenstig, und ihre endlosenBeschwerden und Forderungen verärgerten sie über alle Maßen.Zudem schienen sie zu glauben, dass sie nur lebte, um ihnen zu die-nen, und das beleidigte sie.

Aus diesem Grunde kehrte sie ihnen den Rücken und verweilteeinige Äonen auf der Insel Thurn, die vor der Küste ihrer Domäneliegt. Dort beriet sie sich mit Mutter Meer und vergnügte sich beimKomponieren von Musik und dem Verfassen von Poesie.

Nun sind die Gewässer um die Insel Thurn die Heimat einer sel-tenen Art von rosa Delphinen, die Zelana für verspielt und intelli-gent hielt, und nach einiger Zeit betrachtete sie die Delphine nichtmehr als Tiere, sondern als liebe Gefährten. Bald lernte sie ihreSprache zu verstehen und zu sprechen, und sie teilten ihr viel überMutter Meer und die Geschöpfe mit, die in den Tiefen der Mutterund an ihren Küsten leben. Als Belohnung spielte sie ihnen Musikauf der Flöte vor oder sang für sie. Die Delphine genossen ZelanasDarbietungen und luden sie eines Tages ein, mit ihnen zu schwim-men.

Sie waren höchst verblüfft über einige von Zelanas Eigenheiten,nachdem sie sich zu ihnen gesellt hatte. Soweit sie feststellen konn-ten, schlief sie nie, und sie konnte fast ohne Ende unter der Ober-fläche von Mutter Meer bleiben. Auch wirkte es seltsam auf sie,dass sie kein Interesse an den Fischschwärmen fand, die durch dasWasser um die Insel herum zogen. Zelana versuchte ihren Freundenzu erklären, dass sie Schlaf und Luft und Nahrung nicht brauchte.

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Ihre Perioden von Schlaf und Wachen waren viel länger als ihre; siekonnte die notwendige Luft aus dem Wasser selbst entnehmen; undsie ernährte sich von Licht und nicht von Fischen oder Gras. DieDelphine jedoch vermochten ihre Erklärungen nicht recht zu be-greifen.

Zelana entschied, die Sache am besten auf sich beruhen zu lassen.Die Menschengeschöpfe des Landes Dhrall hingegen wussten

ganz genau, wer – und was – Zelana war. Sie herrschte über denWesten, allerdings hatte sie noch weitere Familienangehörige. Ihrälterer Bruder Dahlaine regierte den Norden, und er war grimmigund rau. Ihr jüngerer und gelegentlich ein wenig leichtfertiger Bru-der Veltan kontrollierte den Süden – wenn er nicht gerade denMond erkundete oder über die Farbe Blau nachdachte; ihre steifeund schickliche ältere Schwester Aracia regierte den Osten als Kö-nigin und als Göttin.

Die Zeitalter nahmen ihren gemessenen Gang, doch Zelana ach-tete darauf kaum, denn Zeit bedeutete ihr nichts. Dann tauchte ei-nes Tages ihre liebste Freundin, eine matronenhafte rosa Delphin-frau namens Meeleamee in der Nähe des Ortes auf, wo Zelana mitgekreuzten Beinen am Antlitz von Mutter Meer saß und ihre neu-este Komposition auf der Flöte spielte. »Ich habe etwas entdeckt,das du vielleicht sehen möchtest, Geliebte«, verkündete Meeleameemit ihrer schrillen Stimme.

»Oh?« Zelana legte die Flöte in die Leere genau über ihrer Schul-ter, wo sie ihren gesamten Besitz aufbewahrte.

»Es ist sehr hübsch«, piepste Meeleamee, »und es hat genau dierichtige Farbe.«

»Warum schauen wir es uns also nicht an, Liebes?«, erwiderteZelana.

Und so schwammen sie gemeinsam zu den steilen Klippen an derSüdküste des Eilands, und während sie sich dem Land näherten,tauchte Meeleamee nach unten weg und schwamm hinunter und

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immer weiter hinunter in die Tiefen von Mutter Meer. Zelana folg-te ihr, und bald hatten sie den schmalen Einlass zu einer Höhle er-reicht, und Meeleamee schwamm, gefolgt von Zelana, in die Höhlehinein.

Verstand und Erfahrung sagten Zelana, es müsse in der Höhledunkler werden, je weiter und weiter sie durch die verschlungenenTunnel eindrangen, aber stattdessen wurde es heller, und das Was-ser vor ihnen leuchtete rosa und warm und freundlich, und Meelea-mee schwamm, gefolgt von Zelana, in die Höhle hinein.

Und als sie in dem seichten Becken am Ende des Durchlasses dieOberfläche durchbrachen, erblickte Zelana ein Wunder, denn Mee-leamee hatte sie in eine Grotte geführt, wie Zelana noch keine ge-sehen hatte. Natürlich gab es dafür eine Erklärung, aber nüchter-ner Verstand vermochte die reine Schönheit dieser verstecktenHöhle nicht zu beeinträchtigen. Eine breite Ader rosafarbenenQuarzgesteins zog sich quer über die Decke und erfüllte die ver-borgene Höhle mit dem leuchtenden Farbton. Zelana ergötzte sichan dem Licht und fand es herrlicher als jedes andere, das sie in denvergangenen zehn Äonen gesehen hatte. Ein Schauder durchfuhrsie, und sie glühte vor Freude.

Jenseits des flachen Beckens am Eingang war der Boden mit fei-nem weißen Sand bedeckt, den das Licht mit leuchtendem Rosaüberzog, aus einer kleinen Nische im Hintergrund hörte man daswohltönende, fast musikalische Tröpfeln von Süßwasser, und zu-dem gab es alle Arten von interessanten Winkeln und Spalten anden gewölbten Wänden.

»Nun?«, piepte Meeleamee, »was hältst du davon, Geliebte?«»Ganz herzallerliebst, wirklich herzallerliebst«, antwortete Ze-

lana. »Das ist der schönste Ort auf der ganzen Insel.«»Freut mich, dass er dir gefällt«, sagte Meeleamee bescheiden.

»Ich dachte, du würdest gern von Zeit zu Zeit herkommen.«»Nein, Liebes«, erwiderte Zelana. »Das brauche ich nicht. Denn

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ich werde hier wohnen. Dieser Ort ist vollkommen, und ein wenigVollkommenheit habe ich verdient.«

»Du bleibst doch nicht die ganze Zeit hier, Geliebte?«, quiekteMeeleamee bestürzt.

»Gewiss nicht, Liebes«, sagte Zelana. »Ich werde bestimmt zumSpielen mit dir und meinen anderen Freunden nach draußen kom-men. Aber dieser wunderschöne Ort ist von nun an mein Heim.«

»Was ist das, ein ›Heim‹?«, fragte Meeleamee neugierig.

An einem Tag wie jeder andere kam Dahlaine vom Norden aus demGang, der zu Zelanas rosa Grotte führte, um seiner Schwester mit-zuteilen, dass im Lande Dhrall Ungemach im Anzug sei.

»Ich weiß nicht, was mich das angeht, lieber Bruder«, erwiderteZelana. »Die Berge beschützen das Land des Westens auf der einenSeite, und die Mutter Meer beschützt es auf der anderen. Wie sol-len mich die Geschöpfe des Ödlands je erreichen?«

»Das Land Dhrall besteht aus einem Stück, liebe Schwester«, er-innerte Dahlaine sie, »und keine natürliche Barriere ist unpassier-bar. Die Geschöpfe deines Landes des Westens schweben in ebensogroßer Gefahr wie alle anderen. Ich glaube, du solltest langsam ausdeinem kleinen Unterschlupf kommen und der Welt draußen einwenig Aufmerksamkeit schenken. Wie lange hast du dich schonnicht mehr um deine Domäne gekümmert?«

Zelana zuckte mit den Schultern. »Ein paar Äonen höchstens –bestimmt nicht mehr als ein Dutzend. Habe ich etwas Wichtigesverpasst?«

»Die Menschengeschöpfe haben einen gewissen Fortschritt ge-macht. Sie können inzwischen Werkzeuge herstellen und haben ge-lernt, mit Feuer umzugehen. Du solltest sie dir ab und zu anschau-en.«

»Aber wozu in aller Welt? Sie sind dumm und verdorben, und siestinken. Meine Delphine sind sauberer und weiser, und ihre großen

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Herzen sind mit Liebe erfüllt. Wenn die Geschöpfe des Ödlandshungrig sind, sollen sie doch die Menschengeschöpfe fressen. Ichwerde sie nicht vermissen.«

»Die Völker des Westens fallen in deine Verantwortung, Zelana«,erinnerte Dahlaine sie.

»So wie die Fliegen und die Ameisen und die Kakerlaken, unddie kommen anscheinend ganz gut zurecht.«

»Du kannst die Welt nicht einfach missachten, Zelana«, mahnteDahlaine sie. »Überall um dich herum befindet sich die Welt imWandel. Die Geschöpfe des Ödlands rühren sich, und es wird nichtmehr lange dauern, bis die Träumer eintreffen. Wir müssen uns be-reithalten.«

»Das Zeitalter der Träumer ist doch noch lange nicht gekommen,oder?«, fragte Zelana ungläubig.

»Die Anzeichen häufen sich, Zelana«, sagte Dahlaine. »MutterMeer und Vater Erde folgen ihrem eigenen Zeitplan. Sie werdennicht warten, bis es uns passt, das zu tun, was getan werden muss.Der Herrscher des Ödlands bereitet sich darauf vor, gegen uns zuziehen, und wir sind nicht in der Lage, uns ihm zu stellen.«

»Wir hätten diese heimtückische Kreatur umgehend vernichtensollen, als wir sie bemerkt haben.«

»Darüber können wir uns bei anderer Gelegenheit unterhalten,liebe Schwester«, wechselte Dahlaine vorsichtig das Thema. »Abereigentlich bin ich gekommen, um dir etwas zu überreichen, vondem ich dachte, es würde dir gefallen.«

»Ein Geschenk – für mich?« Zelanas Gereiztheit verschwand.»Was ist es denn?«, wollte sie neugierig wissen.

Dahlaine lächelte. Irgendwie brachte die Magie des Wortes »Ge-schenk« seinen Bruder und seine Schwestern stets dazu, sich seinenAnsichten zu öffnen. Zelana reagierte dann zum Beispiel exakt so,wie er es von ihr wünschte. Ein Geschenk war sicherlich keineForm des Zwangs, doch diente es dem gleichen Zweck und wirkte

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weitaus freundlicher. »Ach«, sagte er beiläufig, »nichts Großes, lie-be Schwester. Nur eine Kleinigkeit, die dich vielleicht erfreuenkönnte. Wie würde dir ein neuer Gefährte gefallen? Mir ist einge-fallen, dass du nach all den Äonen von den Delphinen ein wenig ge-langweilt sein könntest, da sie nie aus dem Wasser kommen und mitdir in deiner hübschen Grotte spielen können. Also habe ich dir ei-nen Gefährten mitgebracht, der dein Heim mit dir teilen kann.«

»Nun zeig schon«, rief Zelana ungeduldig.»Selbstverständlich«, sagte Dahlaine und konnte sich ein ver-

schlagenes Lächeln kaum verkneifen. Mit beiden Händen griff er indie unsichtbare Leere, die er immer hinter sich trug, und zog einFellbündel aus der Luft. »Mit besten Empfehlungen, geliebteSchwester«, sagte er in leicht übertriebenem Ton und reichte ihr dasBündel.

Begierig nahm Zelana das Bündel und schlug die eine Seite desFells auf, um zu sehen, was Dahlaine ihr geschenkt hatte. Mit au-genfälligem Unglauben starrte sie das neugeborene Wesen an, dasin dem warmen Fell schlief. »Was soll ich denn damit?«, rief sie mitschriller Stimme.

Er zuckte mit den Schultern. »Sorge dafür, Zelana. Es sollte nichtschwieriger sein, als auf einen jungen Delphin aufzupassen.«

»Aber das ist eines von diesen Menschengeschöpfen!«, protes-tierte sie.

»In der Tat, so ist es«, erwiderte Dahlaine mit gespieltem Erstau-nen. »Wie seltsam, dass ich es nicht selbst bemerkt habe. Du bistsehr aufmerksam, Zelana.« Er hielt kurz inne. »Das ist kein ge-wöhnliches Menschengeschöpf, liebe Schwester«, fügte er ernsthinzu. »Es ist etwas Besonderes. Davon gibt es nur sehr wenige,doch sie werden die Welt verändern. Sorge gut für das Kleine undbeschütze es, Zelana. Ich denke, du wirst es füttern müssen, dennich glaube, es kann nicht wie wir allein von Licht leben. Vielleichtmusst du ein wenig ausprobieren, was es verträgt, doch bist du ge-

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wiss klug genug, um dieses Problem zu lösen. Und sauber musst dues auch halten. Kleine Menschengeschöpfe haben die Neigung,Schmutz zu machen. Nach einigen Jahren wirst du ihm sicherlichdas Sprechen beibringen wollen. Es gibt Dinge, die es uns mitteilenmuss, und wenn es nicht sprechen kann, wird es uns nichts sagenkönnen.«

»Was kann uns eines dieser Wesen schon mitteilen, was wir nichtlängst wissen?«

»Träume, Zelana, Träume. Wir schlafen nicht, daher träumen wirauch nicht. Das kleine Mädchen in deinen Armen ist ein Träumer.Deshalb habe ich es zu dir gebracht.«

»Es ist ein Mädchen?« Zelanas Stimme wurde um einen Hauchsanfter.

»Natürlich. Ich dachte, mit einem Jungen würdest du wohl nichtso gut zurechtkommen. Sorge für die Kleine, Zelana, und ich kom-me in ein paar Jahren wieder vorbei und sehe nach, wie sie sich ent-wickelt.«

Der Säugling in Zelanas Armen gab ein Gurren von sich undstreckte die winzige Hand nach Zelanas Gesicht aus.

»Oh«, sagte Zelana mit zitternder, fast erstickter Stimme unddrückte das Kind fester an sich.

Dahlaine lächelte. Die Sache lief doch gut, gratulierte er sich. Eshatte nur ein wenig Gurren und Lallen und die sanfte Berührung ei-ner Kinderhand gebraucht, und schon waren sein Bruder und seinebeiden Schwestern ihren neuen Gefährten vollkommen verfallen.Gerne hätte er sich noch eine Weile an diesem Anblick erfreut, dochsein eigener kleiner Träumer war ganz allein daheim, und es war fastFütterzeit, daher sollte er sich wohl rasch auf den Heimweg machen.

Er schwamm aus Zelanas Grotte hinaus und stieg auf seinen guteingerittenen Blitz. Blitze sind sehr laute Reittiere, ohne Frage,doch können sie riesige Entfernungen innerhalb eines Augenblickszurücklegen.

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

David Eddings, Leigh Eddings

Götterkinder 1Das wilde Land

Taschenbuch, Broschur, 416 Seiten, 12,5 x 18,3 cmISBN: 978-3-442-26775-0

Blanvalet

Erscheinungstermin: Dezember 2010

Der fulminante Auftakt zu einem grandiosen Abenteuer-Epos Im Zentrum des Landes Dhrall befindet sich ein großes Ödland, und in der Mitte dieser Wüstenistet das Vlagh. Lange Zeit hat es sich vorbereitet, jetzt schickt es seine Horden gegen dieReiche der Menschen. Da es den Göttern verboten ist einzugreifen, richtet sich die Hoffnungaller auf vier Kinder mit besonderen Kräften …