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40 Forschung + Praxis 97 Kurzfassung Zur Überprüfung der Auswirkungen aus der Einführung der neuen Regelwerke auf Basis der neuen europäischen Regelungen im Grund- und Straßentunnelbau in Deutschland wurden Vergleichsbe- rechnungen nach dem neuen Teilsicherheitskonzept und nach dem bisherigen Globalsicherheitskonzept durchgeführt. Der Bericht erläu- tert an drei praxisnahen Beispielen – einem Trogbauwerk, einem Tun- nel in offener Bauweise und einem Tunnel in geschlossener Bauweise – die bei der Berechnung und Bemessung von Straßentunnelbauwer- ken anzusetzenden Einwirkungen, die Wahl der Teilsicherheiten, den Berechnungsgang und die Ergebnisse. Die Auswirkungen des Teilsi- cherheitskonzeptes hinsichtlich Sicherheit und Wirtschaftlichkeit wer- den durch Vergleich mit den Ergebnissen nach dem Globalsicher- heitskonzept dargelegt. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die ZTV-ING und die zugehörigen fachspezifischen Vorschriften, insbe- sondere DIN 1054 und die DIN-Fachberichte 101 und 102, zusam- men eine hinreichende und zweckmäßige Grundlage für die Anwen- dung des Teilsicherheitskonzeptes im Tunnelbau darstellen. 1 Aufgabenstellung Die seit Mai 2003 im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) eingeführten Zusätz- lichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Brücken- und Ingenieurbauwerke (ZTV-ING [3]) schreiben die Anwendung der neuen Vorschriftengeneration vor. Für Tunnelbauwerke in geschlosse- ner und offener Bauweise (ZTV-ING, Teil 5, Abschnitte 1 und 2 – siehe Bild 1) sind dies in erster Linie die DIN 1054 „Baugrund – Sicherheits- nachweise im Erd- und Grundbau“, die DIN-Fachberichte 101 „Ein- wirkungen auf Brücken“ und 102 „Betonbrücken“ sowie die fachspe- zifischen europäischen Normen, z. B. DIN EN 1536 (Bohrpfähle). Daneben sind selbstverständlich auch die übrigen diesbezüglichen Vorschriften in ihrer neuesten Fassung zu berücksichtigen, z. B. DIN 4085 (Erddruckberechnung), DIN 4084-100 (Böschungs- und Gelän- debruchberechnungen), EAB-100. Das neue Teilsicherheitskonzept im Tunnelbau – Auswirkungen auf das Sicherheitsniveau der Konstruktion und Empfehlungen zur Anwendung Dr.-Ing. Axel Städing/Dipl.-Ing. Tina Krocker, Ingenieurbüro Prof. Duddeck + Partner GmbH, Braunschweig/D Dipl.-Ing. Wolf-Dieter Friebel, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Bonn/D Dr.-Ing. Frank Heimbecher, Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach/D The new concept of partial safety coefficients for road tunnelling – Effects on the safety level of the construction and recommendations for the application Abstract In order to verify the effects of the introduction of new standards in the area of foundation works and road tunnelling in Germany on the basis of new European regulations, comparing calculations have been established according to the new concept using partial safety coefficients on the one hand and the previous one of global safety coefficients on the other hand. On the basis of three realistic examples – a trough construction, a cut and cover tunnel and a tunnel driven by underground means – the report illustrates the im- pacts and the choice of partial safety coefficients, which have to be applied in the calculation and dimensioning of road tunnels, and it shows the calculation process and the results. The effects of the concept using partial safety coefficients with regard to safety and profitability are exemplified by a comparison with the results based on the concept using global safety coefficients. The calculations have proved that the ZTV-ING (Additional technical contract condi- tions and guidelines for constructional engineering) and the re- spective specific standards, especially DIN 1054 and the technical reports 101 and 102 are a sufficient and appropriate basis for the application of the concept of partial safety coefficients for founda- tion works and road tunnelling. Für den Entwurf und die Bemessung von Straßentunnelbauwerken, aber auch für die Herstellung der Baugruben und Gründungen – ge- regelt im Teil 2 Grundbau der ZTV-ING – wurden damit eine Reihe von neuen Vorschriften maßgebend, mit deren Anwendung bisher kaum Erfahrungen vorlagen. Aus diesem Grund wurde ein Forschungsprojekt [2] im Auftrag des BMVBW, vertreten durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), initiiert, welches folgende Zielsetzungen hatte: Anwendung der neuen ZTV-ING und der zugehörigen fachspezifi- schen Normen auf die Berechnung und Bemessung repräsentati- ver Tunnel- und Grundbauwerke Überprüfung der Auswirkungen des Teilsicherheitskonzeptes hin- sichtlich Sicherheit und Wirtschaftlichkeit durch Vergleichsberech- nungen mit dem bisherigen Globalsicherheitskonzept – Ableitung von Empfehlungen für die Anwendung des Teilsicher- heitskonzeptes bei der statischen Berechnung von Tunnel- und Grundbauwerken. Zur Durchführung des Projektes wurden für die Berechnung der Tun- nelbauwerke die folgenden praxisnahen Bauwerksbeispiele gewählt: Bild 1: Zuordnung des Teils 5 Tunnelbau zur ZTV-ING

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40 Forschung + Praxis 97

Kurzfassung

Zur Überprüfung der Auswirkungen aus der Einführung der neuenRegelwerke auf Basis der neuen europäischen Regelungen imGrund- und Straßentunnelbau in Deutschland wurden Vergleichsbe-rechnungen nach dem neuen Teilsicherheitskonzept und nach dembisherigen Globalsicherheitskonzept durchgeführt. Der Bericht erläu-tert an drei praxisnahen Beispielen – einem Trogbauwerk, einem Tun-nel in offener Bauweise und einem Tunnel in geschlossener Bauweise– die bei der Berechnung und Bemessung von Straßentunnelbauwer-ken anzusetzenden Einwirkungen, die Wahl der Teilsicherheiten, denBerechnungsgang und die Ergebnisse. Die Auswirkungen des Teilsi-cherheitskonzeptes hinsichtlich Sicherheit und Wirtschaftlichkeit wer-den durch Vergleich mit den Ergebnissen nach dem Globalsicher-heitskonzept dargelegt. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass dieZTV-ING und die zugehörigen fachspezifischen Vorschriften, insbe-sondere DIN 1054 und die DIN-Fachberichte 101 und 102, zusam-men eine hinreichende und zweckmäßige Grundlage für die Anwen-dung des Teilsicherheitskonzeptes im Tunnelbau darstellen.

1 Aufgabenstellung

Die seit Mai 2003 im Geschäftsbereich des Bundesministeriums fürVerkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) eingeführten Zusätz-lichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Brücken-und Ingenieurbauwerke (ZTV-ING [3]) schreiben die Anwendung derneuen Vorschriftengeneration vor. Für Tunnelbauwerke in geschlosse-ner und offener Bauweise (ZTV-ING, Teil 5, Abschnitte 1 und 2 – sieheBild 1) sind dies in erster Linie die DIN 1054 „Baugrund – Sicherheits-nachweise im Erd- und Grundbau“, die DIN-Fachberichte 101 „Ein-wirkungen auf Brücken“ und 102 „Betonbrücken“ sowie die fachspe-zifischen europäischen Normen, z. B. DIN EN 1536 (Bohrpfähle).Daneben sind selbstverständlich auch die übrigen diesbezüglichenVorschriften in ihrer neuesten Fassung zu berücksichtigen, z. B. DIN4085 (Erddruckberechnung), DIN 4084-100 (Böschungs- und Gelän-debruchberechnungen), EAB-100.

Das neue Teilsicherheitskonzept im Tunnelbau –Auswirkungen auf das Sicherheitsniveau der Konstruktionund Empfehlungen zur AnwendungDr.-Ing. Axel Städing/Dipl.-Ing. Tina Krocker, Ingenieurbüro Prof. Duddeck + Partner GmbH, Braunschweig/DDipl.-Ing. Wolf-Dieter Friebel, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Bonn/DDr.-Ing. Frank Heimbecher, Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach/D

The new concept of partial safety coefficients for road tunnelling – Effectson the safety level of the construction andrecommendations for the application Abstract

In order to verify the effects of the introduction of new standards inthe area of foundation works and road tunnelling in Germany onthe basis of new European regulations, comparing calculationshave been established according to the new concept using partialsafety coefficients on the one hand and the previous one of globalsafety coefficients on the other hand. On the basis of three realisticexamples – a trough construction, a cut and cover tunnel and atunnel driven by underground means – the report illustrates the im-pacts and the choice of partial safety coefficients, which have to beapplied in the calculation and dimensioning of road tunnels, and itshows the calculation process and the results. The effects of theconcept using partial safety coefficients with regard to safety andprofitability are exemplified by a comparison with the results basedon the concept using global safety coefficients. The calculationshave proved that the ZTV-ING (Additional technical contract condi-tions and guidelines for constructional engineering) and the re-spective specific standards, especially DIN 1054 and the technicalreports 101 and 102 are a sufficient and appropriate basis for theapplication of the concept of partial safety coefficients for founda-tion works and road tunnelling.

Für den Entwurf und die Bemessung von Straßentunnelbauwerken,aber auch für die Herstellung der Baugruben und Gründungen – ge-regelt im Teil 2 Grundbau der ZTV-ING – wurden damit eine Reihe vonneuen Vorschriften maßgebend, mit deren Anwendung bisher kaumErfahrungen vorlagen.Aus diesem Grund wurde ein Forschungsprojekt [2] im Auftrag desBMVBW, vertreten durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt),initiiert, welches folgende Zielsetzungen hatte:– Anwendung der neuen ZTV-ING und der zugehörigen fachspezifi-

schen Normen auf die Berechnung und Bemessung repräsentati-ver Tunnel- und Grundbauwerke

– Überprüfung der Auswirkungen des Teilsicherheitskonzeptes hin-sichtlich Sicherheit und Wirtschaftlichkeit durch Vergleichsberech-nungen mit dem bisherigen Globalsicherheitskonzept

– Ableitung von Empfehlungen für die Anwendung des Teilsicher-heitskonzeptes bei der statischen Berechnung von Tunnel- undGrundbauwerken.

Zur Durchführung des Projektes wurden für die Berechnung der Tun-nelbauwerke die folgenden praxisnahen Bauwerksbeispiele gewählt:

Bild 1: Zuordnung des Teils 5 Tunnelbau zur ZTV-ING

Für dieses Bauwerk sind die Regelungen entsprechend ZTV-ING,Teil 5, Abschnitt 2 sinngemäß anzuwenden. Für die baugrundspezifi-schen Nachweise gilt die DIN 1054 und hinsichtlich der Verkehrslas-ten der DIN-Fachbericht 101. Auf der Grundlage dieser Vorschriftensind für die Bau- und Endzustände die Tragfähigkeit inkl. Auftriebssi-cherheit und die Gebrauchstauglichkeit nachzuweisen.

Für die statische Berechnung werden die folgenden Grundlagen zu-sammengestellt:

Die charakteristischen Baugrundkennwerte werden in der Regel imgeotechnischen Bericht angegeben. Sie entsprechen den beim Glo-balsicherheitskonzept zu Grunde zu legenden Rechenwerten derBaugrundkennwerte. Die Materialkennwerte für den Beton und denBetonstahl sowie die zugehörigen Teilsicherheitsbeiwerte sind demDIN-Fachbericht 102 bzw. DIN 488 zu entnehmen. Das statische Sys-tem wird mit seinen wahren Abmessungen und charakteristischenSteifigkeiten im Berechnungsmodell abgebildet.

Als Einwirkungen auf das Trogbauwerk werden angesetzt: das Eigen-gewicht nach DIN 1055, der Wasserdruck gemäß geotechnischemBericht, der minimale und der maximale Erddruck nach E DIN 4085unter Berücksichtigung des aktuellen Bearbeitungsstandes, die Ver-kehrslast auf der Hinterfüllung sowie die Temperaturbeanspruchun-gen nach Abschn. 2 der ZTV-ING, Teil 5 und die Verkehrslasten imTrog nach DIN-Fachbericht 101.

Als Bauwerk, welches maßgebend durch Erd- und Wasserdruck be-lastet wird, liegt der Trog definitionsgemäß im Anwendungsbereichder DIN 1054 – Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau. Für denTragfähigkeitsnachweis sind die Teilsicherheiten für die Einwirkungendaher in erster Linie der DIN 1054 zu entnehmen. Hinsichtlich der Ver-

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– Stahlbetontrogbauwerk (Straßenquerschnitt RQ 26T)– Tunnelbauwerk in offener Bauweise als zweizelliger Stahlbetonrah-

men (Straßenquerschnitt RQ 26T)– Zweischaliger Tunnel in geschlossener Bauweise (Spritzbeton,

Straßenquerschnitt RQ 10,5T).Nachfolgend werden die Standsicherheitsnachweise für die o.g. Bei-spiele nach dem Teilsicherheitskonzept erläutert, die Ergebnisse mitden Resultaten nach dem Globalsicherheitskonzept verglichen undEmpfehlungen zur Anwendung des Teilsicherheitskonzeptes imStraßentunnelbau gegeben.

2 Standsicherheitsnachweis für ein Trogbauwerk

2.1 Berechnung nach dem Teilsicherheitskonzept

Die Abmessungen des betrachteten Stahlbetontrogs, die Baugrund-verhältnisse und der für den Endzustand maßgebende Grundwasser-spiegel sind Bild 2 zu entnehmen.

kehrslasten ist der DIN-Fachbericht 101 anzuwenden, für die Tempe-ratur, die in diesem Beispiel die vorherrschende veränderliche Einwir-kung darstellt, ist der Wert nach ZTV-ING anzusetzen. Zusätzlich zuden Teilsicherheiten erhalten die nicht vorherrschenden veränder-lichen Einwirkungen einen Kombinationsbeiwert. Dieser wird im DIN-Fachbericht 101 angegeben. Er ergibt sich für die Verkehrslasten imTrog zu 0,75 bzw. 0,4, siehe Tabelle 1. Um Überbeanspruchungendes endgültigen Bauwerks aus Bauzuständen zu vermeiden, werdenauch die Bauzustände mit den Teilsicherheiten des Lastfalles 1 (End-zustand) berechnet.Für den Nachweis der Gebrauchstauglichkeit, d. h. für die Begren-zung der in den ZTV-ING vorgegebenen Rissbreiten, sind die Einwir-kungen mit ihren charakteristischen Werten und die Kombinations-beiwerte nach DIN-Fachbericht 101, Tabelle 9.4 und C.2 heranzuzie-hen. Die anzusetzende Einwirkungskombination „häufig“ ergibt sichaus der Tabelle 4.118 des DIN-Fachberichtes 102, da das schlaff be-wehrte Bauwerk in die Anforderungsklassen D und E fällt (Dekom-pression entfällt) und D maßgebend wird.Die Schnittgrößen im Bauwerk werden mithilfe eines Stabwerkpro-grammes für alle Lastfallkombinationen berechnet. Dazu werden dieaus den einzelnen charakteristischen Einwirkungen resultierendenSchnittgrößen bei linearer Berechnung mit den o.g. Teilsicherheits-und Kombinationsbeiwerten multipliziert und miteinander überlagert.Die Bemessung für den Grenzzustand der Tragfähigkeit erfolgt nachDIN-Fachbericht 102. Im Unterschied zur bisherigen Biegebemes-sung nach DIN 1045 darf dabei die Verfestigung des Betonstahls biszu einer Zugfestigkeit von ftk,cal = 525 N/mm2 berücksichtigt werden(anstatt �s = 500 N/mm2). Die Bemessung der Schubbewehrung er-folgt wie bisher in Anlehnung an ein Fachwerkmodell, wobei dieDruckstrebenneigung in Abhängigkeit von der Größe der Querkraftzwischen 18,4° und 60° anzunehmen ist.Die Bemessung für den Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit be-steht in der Beschränkung der Rissbreite, die in ZTV-ING, Teil 5,Abschn. 2 für Wasserundurchlässige Betonkonstruktionen (WUB-KO) vorgegeben ist (wk,cal = 0,2 mm bzw. wk,cal = 0,15 mm). Dabeibraucht die aus Temperatur resultierende Stahlspannung nur be-rücksichtigt zu werden, wenn die Stahlspannung im Gebrauchszu-stand ohne Temperatureinwirkung kleiner ist als die Anrissspannungim betrachteten Querschnitt. Diese kann mit den Gleichungen 4.194

Bild 2: Trogbauwerk

Tabelle 1: Sicherheits- und Kombinationsbeiwerte für die Tragfähig-keitsnachweise des Trogbauwerks

Globale Sicherheitsbeiwerte Teilsicherheitsbeiwerte undKombinationsbeiwerte

Einwirkungen

ständige, ständige,Verkehr � = 1,0 allgemein �G = 1,35

akt. Erddruck,Wasserdruck �G = 1,35Erdruhedruck �G = 1,20

veränderlicheVerkehr i. Trog �Q = 1,50Doppelachse TS �O = 1,50Streifenlast UDL �O = 0,40

Temperatur � = 1/1,75 Temperatur �Q = 1,00

Widerstände

Betonstahl �S = 1,75 Betonstahl �S = 1,15Beton �B = 2,10 Beton �C = 1,50

Bild 5: Tunnel in offener Bauweise, Querschnitt

Bild 3: Bewehrungsquerschnitte aus dem Tragfähigkeitsnachweisnach dem Teil- und nach dem Globalsicherheitskonzept

Bild 4: Bewehrungsquerschnitte aus dem Gebrauchstauglichkeits-nachweis nach dem Teil- und nach dem Globalsicherheitskonzept

1,15 = 1,38 bzw. 1,35 x 1,15 = 1,55. Nach dem Globalsicherheits-konzept ist ein pauschaler Sicherheitsbeiwert für diese Fälle von 1,75anzusetzen. Zusätzlich ergibt sich aus der neuen Biegebemessungbei geringer bis mäßiger Biegebeanspruchung durch den Ansatz ei-ner höheren rechnerischen Stahlzugfestigkeit (ftk,cal = 525 N/mm2)eine weitere Verringerung des erforderlichen Bewehrungsquerschnit-tes (� ≤ 5 %). Darüber hinaus ist der resultierende Verdichtungserd-druck nach dem aktuellen Bearbeitungsstand der E DIN 4085 etwaskleiner als nach alter Vorschrift. Diese Einflüsse werden nur unwe-sentlich verkleinert durch den um 15 % höheren Teilsicherheitsbeiwertfür die Temperaturbeanspruchungen (� = 1,15 auf der Materialseite).Im Hinblick auf die zu erwartende hohe Wahrscheinlichkeit, dass dertatsächliche Erddruck nicht größer wird als der angesetzte Erdruhe-druck, werden die Ergebnisse aus den Wasser- und Erdruhedruckbe-anspruchungen als akzeptabel eingestuft. Die etwas höheren Beweh-rungsquerschnitte aus den Temperaturbeanspruchungen sind für dasGesamtergebnis der Bemessung von untergeordneter Bedeutungund ebenfalls akzeptabel.Der für das Teilsicherheitskonzept größere Bewehrungsquerschnittauf der Sohloberseite resultiert im Wesentlichen aus dem ungünstige-ren Ansatz für Wintertemperaturen (Innenseite – 25 °C anstatt – 20 °C)nach ZTV-ING, Teil 5, Abschn. 2 gegenüber den bisherigen Ansätzennach ZTV-Tunnel, Teil 2.Bei der Schubbemessung ergeben sich nach den neuen Vorschriftenebenfalls kleinere Bewehrungsquerschnitte. Auch hier ist das Produktder Teilsicherheiten kleiner als die Globalsicherheit von 1,75. Darüberhinaus wird beim neuen Bemessungskonzept bei vergleichbarenSchubbeanspruchungen mit flacheren Druckstreben gerechnet. DieSchubbewehrung in der Sohle ergibt sich aus der Definition von Bal-ken und Platten nach DIN-Fachbericht 102. Für das Verhältnis vonBreite zu Dicke < 5 (10 m/2,35 m = 4,26) gilt die Sohle als Balken, wel-cher der Vorschrift nach eine Mindestbewehrung erhält.

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und 4.201 im DIN-Fachbericht 102, Kap. II unter Ansatz von �s = �srermittelt werden.

2.2 Vergleich der Ergebnisse nach dem Teil- und dem Global-sicherheitskonzept

Im Bild 3 sind die für die Tragfähigkeit erforderlichen Bewehrungs-querschnitte nach beiden Sicherheitskonzepten gegenübergestellt.Demnach führen die Berechnungen nach dem Teilsicherheitskonzeptin der Wand zu weniger Biegebewehrung als die Berechnungen nachdem Globalsicherheitskonzept. Aus den Teilsicherheiten für die Ein-wirkungen Erd- und Wasserdruck multipliziert mit dem Teilsicherheits-beiwert für den Betonstahl ergibt sich ein Gesamtwert von etwa 1,20 x

Die aus dem Nachweis der Gebrauchstauglichkeit resultierenden Be-wehrungsquerschnitte nach beiden Konzepten sind in Bild 4 darge-stellt. In der Wandmitte ergibt sich hier nach neuem Konzept deutlichweniger Bewehrung, da für diesen Punkt nach neuem Rissbreiten-nachweis die Stahlspannung ohne Temperatureinwirkung größer istals die Anrissspannung, sodass die Temperaturschnittgrößen nicht indie Bewehrungsberechnung eingehen.Für die Sohlmitte, Unterseite führt das gegenüber dem Globalkonzeptkleinere Bemessungsmoment aus Temperatur (Faktor 0,5 statt 0,7)bei etwa gleicher Normalkraft aus Erddruck zu einem deutlich kleine-ren Bewehrungsquerschnitt.Der Vergleich mit den statisch erforderlichen Bewehrungsquerschnit-ten macht deutlich, dass die Formeln zur Rissbreitenbeschränkungunter Umständen sensibel reagieren und Bemessungssprünge (�s <oder > �sr) möglich sind.

3 Standsicherheitsnachweis für ein Tunnelbauwerk in offener Bauweise

3.1 Berechnung nach dem Teilsicherheitskonzept

Das betrachtete Tunnelbauwerk ist mit seinen Abmessungen, denBaugrund- und Grundwasserverhältnissen in Bild 5 dargestellt. Diehierfür maßgebenden Vorschriften sind dieselben, wie die für dasTrogbauwerk genannten. Damit ergeben sich für den Tunnelrahmendie dem Trog entsprechenden Eingangswerte für die statische Be-rechnung, vgl. 2.1. Zusätzlich sind für den Tunnelrahmen die außer-gewöhnlichen Einwirkungen Fahrzeuganprall und Brand nach DIN-Fachbericht 101, Kap. IV bzw. ZTV-ING, Teil 5, Abschn. 2 anzusetzen.Für diese beiden Einwirkungen sind die Lastfallkombinationen füraußergewöhnliche Situationen zu untersuchen (DIN-Fachbericht 101,Kapitel II, 9.4.2 ).

Bild 7: Bewehrungsquerschnitte aus dem Gebrauchstauglichkeits-nachweis nach dem Teil- und nach dem Globalsicherheitskonzept

Bild 8: Tunnel in bergmännischer Bauweise, Querschnitt

Bild 6: Bewehrungsquerschnitte aus dem Tragfähigkeitsnachweisnach dem Teil- und nach dem Globalsicherheitskonzept

Globale Sicherheitsbeiwerte Teilsicherheitsbeiwerte

Einwirkungen

ständige, ständige,Verkehr � = 1,0 allgemein,

Eigengewicht,Erd- undWasserdruck �G = 1,35

veränderlicheTemperatur � = 1/1,75 Temperatur �Q = 1,0

Widerstände

Betonstahl �S = 1,75 Betonstahl �S = 1,15Beton �B = 2,10 Beton �C = 1,50

4 Standsicherheitsnachweis für ein Tunnel-bauwerk in geschlossener Bauweise

4.1 Berechnung nach dem Teilsicherheitskonzept

Der betrachtete Straßentunnel wird in bergmännischer Bauweise auf-gefahren. Er liegt mit einer Überlagerung von 18 m in unverwittertenbis schwach verwitterten Tonstein-Sandstein-Wechselfolgen. DerGrundwasserspiegel wird im Bauzustand bis auf Höhe der Tunnel-sohle abgesenkt und liegt im Endzustand 10 m über der Tunnelfirste.Die Gesamtkonstruktion und die Abmessungen sind Bild 8 zu ent-nehmen. Abweichend von der dränierten Regelbauweise [1] wird fürdas Beispiel ein undränierter Tunnel gewählt, um sämtliche Bemes-sungssituationen erfassen zu können.

Für dieses Bauwerk gelten die Regelungen des Abschnittes 1 derZTV-ING, Teil 5. Für die Ansätze im Einzelnen gelten dieselben fach-spezifischen Vorschriften wie für die vorangegangenen Beispiele.

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Die Nachweise der Tragfähigkeit und der Gebrauchstauglichkeit fürdas Bauwerk werden analog zum Vorgehen beim Trogbauwerk ge-führt, vgl. 2.1.

3.2 Vergleich der Ergebnisse nach dem Teil- und dem Globalsicherheitskonzept

Der Vergleich der für die Tragfähigkeit erforderlichen Bewehrungs-querschnitte zeigt auch für dieses Beispiel, dass das Teilsicherheits-konzept in allen Querschnitten etwa 7 bis 16 % weniger Biegebeweh-rung erfordert als das Globalsicherheitskonzept, siehe Bild 6.Die Ursachen wurden bereits am Beispiel des Trogbauwerks erläutert.Im Hinblick darauf, dass Überschüttung, Wasserdruck und Eigenge-wicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zutreffend erfasst werden können,wird das Ergebnis als akzeptabel eingestuft.Auch die Schubbewehrungsquerschnitte sind nach dem Teilsicher-heitskonzept kleiner als nach den alten Vorschriften. Die Ursachen –kleinere Gesamtsicherheit und flachere Druckstreben – wurden be-reits unter 2.2 erläutert.Die aus dem Nachweis der Gebrauchstauglichkeit resultierenden Be-wehrungsquerschnitte nach beiden Konzepten weichen mit Ausnah-me der Werte in der Außenwand nur mäßig voneinander ab, siehe Bild 7. In diesen beiden Punkten überschreitet die nach DIN-Fachbe-richt errechnete Stahlspannung die Anrissspannung bereits ohneTemperatureinwirkung, sodass diese bei der Rissbreitenbemessungnicht berücksichtigt zu werden braucht. Im Gegensatz dazu muss dieTemperatur bei der Bemessung nach dem Globalsicherheitskonzept(DAfStb-Heft 400) im vorliegenden Fall mit angesetzt werden.

Tabelle 2: Sicherheitsbeiwerte für Tragfähigkeitsnachweise der Tunnelinnenschale

Bild 10: Bewehrungsquerschnitte aus dem Gebrauchstauglichkeits-nachweis nach dem Teil- und nach dem Globalsicherheitskonzept

Bild 9: Bewehrungsquerschnitte aus dem Tragfähigkeitsnachweisnach dem Teil- und nach dem Globalsicherheitskonzept

Ebenso ergeben sich die Eingangswerte für die statische Berechnungentsprechend den Ansätzen für den Trog und den Tunnelrahmen.

Als statisches System wird für diesen Tunnel ein Finite-Elemente-Mo-dell (FE-Modell) gewählt, in welchem Bauwerk und Baugrund mit ih-ren wahren Abmessungen und mit ihren charakteristischen Steifigkei-ten abgebildet werden. Darüber hinaus wird mit dem FE-Modell auchder Baufortschritt mit den daraus resultierenden Lastumlagerungenerfasst. Die Anforderungen an das Berechnungsmodell sind Ab-schnitt 1 der ZTV-ING, Teil 5 zu entnehmen.

Hinsichtlich der Sicherheitsnachweise ist festzustellen, dass Tunnel ingeschlossener Bauweise in der DIN 1054 nicht ausdrücklich als An-wendungsbereich genannt werden. Da jedoch auch diese Bauwerkein erster Linie durch Wasserdruck und Erd- oder Gebirgsdruck belas-tet werden und es keine diesbezügliche Vorschrift für bergmännischeTunnel gibt, erscheint es zweckmäßig, auch für diesen Tunnel die Si-cherheitsnachweise nach DIN 1054 zu führen. Die Einwirkungen Ei-gengewicht, Gebirgsdruck und Wasserdruck werden dabei mit ihrencharakteristischen Werten auf das System angesetzt. Für die Bemes-sung werden die Schnittgrößen anschließend mit den in Tabelle 2 dar-gestellten zugehörigen Teilsicherheitsbeiwerten nach DIN 1054, Ta-belle 2 multipliziert. Der Ansatz erhöhter Lasten auf das FE-Modell istwegen des nicht linearen Spannungs-Dehnungs-Verhaltens des Bau-grundes nicht praktikabel. Lediglich die Temperatureinwirkungen wer-den für den Tragfähigkeitsnachweis mit dem Faktor 1/�G multipliziertund auf das System aufgebracht, um bei der Bemessung als Ergeb-nis die Temperaturteilsicherheit von 1,0 zu erreichen.

Bei der Ermittlung der Schnittgrößen für den Nachweis im Grenzzu-stand der Gebrauchstauglichkeit werden die Temperatureinwirkun-gen entsprechend den Vorgaben der ZTV-ING, Teil 5, Abschn. 2 miteinem Kombinationsbeiwert von � = 0,5 multipliziert.

Die Bemessung der Außen- und der Innenschale für den Grenzzu-stand der Tragfähigkeit erfolgt nach DIN-Fachbericht 102.

Ein Nachweis der Gebrauchstauglichkeit wird in Abschn. 1 der ZTV-ING, Teil 5 nur für Wasserundurchlässige Betonkonstruktionen (WUB-KO) gefordert. Im Hinblick auf die korrosionsfördernden Einflüsse, de-nen die Tunnelinnenflächen ausgesetzt sind (z. B. Tausalz), wird zurVerbesserung der Dauerhaftigkeit im betrachteten Beispiel für die

Innenschale entsprechend den Anforderungen an Tunneln in offenerBauweise eine Rissbreite von wk,cal ≤ 0,20 mm als zweckmäßig ange-sehen und zu Grunde gelegt.

4.2 Vergleich der Ergebnisse nach dem Teil- und dem Globalsicherheitskonzept

Wesentliche Biegebeanspruchungen infolge Gebirgsdruck treten beidem gewählten Beispiel nicht auf, siehe Bild 9. Der Tragfähigkeits-nachweis für die Außenschale ergibt daher nur in einem Punkt einegeringe Biegebewehrung. Auch für die Innenschale liefert er nur klei-ne Bewehrungsquerschnitte, die sich überwiegend aus dem Lastfall„Eigengewicht und Temperatur“ ergeben. Hierbei tritt die Besonder-heit auf, dass die Temperatureinwirkungen „Winter“ als weit überwie-gende Einwirkungen beim Teilsicherheitskonzept zu größeren Beweh-rungsquerschnitten auf der Innenseite führen als beim Globalsicher-heitskonzept, da die Temperatureinwirkungen hier mit dem Faktor1/1,35 und beim Globalsicherheitskonzept mit 1/1,75 auf das Systemangesetzt werden. Im Lastfall „Sommer“ dagegen ergibt sich aus derTemperatureinwirkung neben der Biegebeanspruchung auch einewesentliche Ringdruckkraft, da Spritzbetonschale und Gebirge eineAusdehnung der Innenschale behindern. Darüber hinaus ist nachZTV-ING, Teil 5, Abschn. 1 sowohl für „Winter“ als auch für „Sommer“eine um jeweils 5 °C größere Änderung der mittleren Bauteiltempera-tur anzunehmen als nach den bisherigen Vorgaben der ZTV-Tunnel,Teil 1 (neu: T0 = + 10 °C/– 15°C, alt: T0 = + 5°C/– 10 °C). Daraus re-sultiert beim Teilsicherheitskonzept (größere Ringdruckkraft) auf derAußenseite ein kleinerer Bewehrungsquerschnitt als beim Globalsi-cherheitskonzept.Eine Übersicht der Bemessungssicherheiten nach beiden Konzeptenfür die wesentlichen Einwirkungen (Erd- und Wasserdruck) erhält manaus der Gegenüberstellung des Produktes der Teilsicherheiten unddes Globalsicherheitswertes:Für den Bauzustand:– Stahlversagen:

�Teil,Gesamt � �Einw. x �Mat = 1,20 x 1,15 = 1,38 (�Glob. = 1,75)– Betonversagen:

�Teil,Gesamt � 1,20 x 1,50 = 1,80 (�Glob. = 2,10)

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Für den Endzustand:– Stahlversagen:

�Teil,Gesamt � 1,35 x 1,15 = 1,55 (�Glob. = 1,75)

– Betonversagen:�

Teil,Gesamt � 1,35 x 1,50 = 2,03 (�Glob. = 2,10)Die vereinfachte Darstellung zeigt, dass sich das Produkt der Teilsi-cherheiten für den Bauzustand deutlich und für den Endzustand mä-ßig bzw. geringfügig von dem Globalsicherheitsbeiwert unterschei-det.Bei der Bewertung der oben dargestellten Faktoren ist das Tragver-halten des bergmännischen Tunnels besonders zu beachten. Wegender vollständigen Einbettung der Tunnelschalen ist sowohl für die Au-ßen- als auch für die Innenschale die Ringdrucktragfähigkeit das maß-gebende Tragelement und die Biegetragfähigkeit von deutlich gerin-gerer Bedeutung. Für den Endzustand ist damit die nach dem Teil-sicherheitskonzept bemessene Haupttragsicherheit (= Ringdruck)nahezu genauso groß wie die nach dem Globalsicherheitskonzept (∆ = – 3,3 %). Die für den Endzustand verringerte Biegetragsicherheit (– 11 %) ist im Hinblick auf die oben erläuterte geringere Bedeutungder Biegemomente akzeptabel.Für den Bauzustand sind die Unterschiede der Tragsicherheiten deut-lich größer: – 14 % bei der Normalkraftsicherheit und – 21 % bei derBiegetragsicherheit. Im Hinblick auf die Unsicherheiten bei der Ab-schätzung der wirksamen Gebirgsdrücke und die oft lange Standzeitder vorläufigen Sicherung sollten auch die Nachweise für die Spritz-betonschale in Lastfall 1 (Endzustand) eingestuft werden.Beim Nachweis der Rissbreiten werden ebenfalls die Lastfälle Eigen-gewicht und Temperatur Winter (Innenseite) bzw. Sommer (Außensei-te) maßgebend, siehe Bild 10. Hierbei liefert in allen Bemessungs-punkten das Teilsicherheitskonzept kleinere Bewehrungsquerschnitteals das Globalsicherheitskonzept. Die Ursache hierfür liegt in denunterschiedlichen Formeln zur Rissbreitenberechnung und in denunterschiedlichen Abminderungsfaktoren für die anzusetzendenTemperaturunterschiede (0,50 x ∆T nach ZTV-ING, Teil 5 Abschn. 2und 0,70 x ∆T nach ZTV-Tunnel, Teil 2).

5 Ergebnisse der UntersuchungenDie Ergebnisse der Erprobung des neuen Teilsicherheitskonzeptesmit den gewählten Beispielen und der Vergleich mit Berechnungennach dem bisherigen Globalsicherheitskonzept lassen sich wie folgtzusammenfassen:

Trog und Tunnel in offener Bauweise

– Erd- und Wasserdrücke sind die vorherrschenden Einwirkungenauf Tröge und Tunnel in offener Bauweise. Die Teilsicherheitsbei-werte für alle ständigen Lasten werden daher nach DIN 1054 ange-setzt.

– Die errechnete Biege- und Schubbewehrung des Trogbauwerkesund des Tunnels ist bei Bemessung nach dem neuen Sicherheits-konzept etwas geringer als nach dem bisherigen Konzept. Im Hin-blick darauf, dass die wesentlichen Einwirkungen mit hoher Wahr-scheinlichkeit genau erfasst werden können, werden diese Ergeb-nisse als zutreffend bewertet und entsprechen der Zielsetzung desprobabilistischen Sicherheitskonzeptes.

– Abweichend vom DIN-Fachbericht 102 unterscheidet DIN 1054zwischen Bau- und Endzuständen. Im Hinblick auf die oben erläu-terte Reduktion der Tragsicherheit bei Anwendung des Teilsicher-heitskonzeptes wird empfohlen, für die Trog- und Tunnelbauwerkein offener Bauweise nur Teilsicherheiten für LF 1 (Endzustand) nachDIN 1054 anzusetzen.

– Bzgl. des Rissbreitennachweises bietet sich an, den Nachweis zuvereinfachen, z.B. mittels tabellarischer Zuordnung von Stabdurch-messern und Stahlspannungen.

Tunnel in geschlossener Bauweise

– Erd- und Wasserdrücke sind die vorherrschenden Einwirkungenauf das Tunnelbauwerk. Für die Teilsicherheitsbeiwerte dieser Las-ten wird daher DIN 1054 zu Grunde gelegt.

– Die Bemessung der Bauzustände mit Teilsicherheiten nach DIN1054 ergibt für die Außenschale kleinere erforderliche Ringdruck-und Biegetragsicherheiten als das Globalsicherheitskonzept. ImHinblick auf die Unsicherheiten bei der Abschätzung der auf dieSchale wirkenden Gebirgsdrücke und die oft lange Standzeit dervorläufigen Sicherung wird empfohlen, die Tragfähigkeitsnach-weise für die Spritzbetonschale in Lastfall 1 einzustufen.

– Im Hinblick auf die Streuung der Berechnungsansätze und Ergeb-nisse bietet sich auch hier an, den Rissbreitennachweis zu verein-fachen, z. B. mittels tabellarischer Zuordnung von Stabdurchmes-sern und Stahlspannungen.

– Bei der Anwendung des Teilsicherheitskonzeptes auf Tunnel in ge-schlossener Bauweise ist ein geringfügiges Absinken der Biege-tragfähigkeit der Tunnelschalen möglich.

Die Ergebnisse der vorgenannten Untersuchungen wurden im We-sentlichen bei der Erstellung der Abschnitte 1 und 2 des Teils 5 Tun-nelbau der ZTV-ING berücksichtigt. Zusammen mit den neuen fach-spezifischen Vorschriften stellen die ZTV-ING eine hinreichende undzweckmäßige Grundlage für die Anwendung des Teilsicherheitskon-zeptes im Tunnelbau dar.

Literatur[1] Naumann, J.; Friebel, W.-D.: Straßentunnel planen, bauen undverwalten. Taschenbuch für den Tunnelbau 2002 (26. Jahrgang). Essen: Verlag Glückauf[2] Städing, A.; Krocker, T.: Anwendung des Teilsicherheitskonzeptesim Tunnelbau. Forschungsbericht im Auftrag der Bundesanstalt fürStraßenwesen, Bergisch Gladbach 03/1993[3] ZTV-ING – Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen undRichtlinien für Ingenieurbauten. Sammlung Brücken- und Ingenieur-bau, Verkehrsblatt Verlag, Dortmund

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