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Dan L. Longo 81e Atlas der Hämatologie und Untersuchung von Ausstrichen des peripheren Blutes Für die deutsche Ausgabe Leo Alexander Hansmann, Anju Singh und Anne Flörcken Im nachfolgenden Abschnitt werden einige der relevanten Befunde des peripheren Blutes, von vergrößerten Lymphknoten und vom Kno- chenmark dargestellt. Ziel eines Lehrbuches der Inneren Medizin kann sicherlich nicht die Vermittlung der systematischen histologi- schen Untersuchung des Knochenmarks und des Lymphknotens sein, dennoch sollte jeder Internist wissen, wie ein Ausstrich des periphe- ren Blutes untersucht werden sollte. Die Beurteilung des peripheren Blutes ist eine der informations- reichsten Untersuchungen, die von einem Arzt durchgeführt werden. Fortschritte der automatisierten Technologie haben jedoch den Ein- druck erweckt, dass die Untersuchung des peripheren Blutausstriches durch den Arzt unwichtig wäre. Die Technologie ist jedoch kein be- friedigender Ersatz der Beurteilung eines Blutausstriches durch einen erfahrenen Mediziner, der in Kenntnis der Anamnese des Patienten und seiner Familie, seiner Sozialanamnese und der klinischen Befun- de ist. Deshalb ist es hilfreich, das Labor um einen Ausstrich des peri- pheren Blutes mit panoptischer Färbung nach Pappenheim zu bitten und ihn dann selbst zu begutachten. Der beste Ort, um die Morphologie der Zellen des peripheren Blu- tes zu analysieren, sind die dünnen Stellen des Ausstriches. Hier lie- gen die Erythrozyten in einer Schicht, Seite an Seite, berühren sich ohne sich zu überlappen. Die persönliche Annäherungsweise des Au- tors der amerikanischen Originalausgabe besteht darin, zuerst die kleinsten zellulären Elemente, nämlich die Thrombozyten, zu be- trachten, um sich dann den nächstgrößeren Zellen, den Erythrozyten, und schließlich den Leukozyten zu widmen. Unter Verwendung eines Ölimmersionsobjektivs, das die Zellen 100- fach vergrößert, zählt man die Thrombozyten in 56 Gesichtsfeldern. Es wird dann der Mittelwert pro Gesichtsfeld berechnet und mit 20.000 multipliziert, um einen groben Schätzwert der Thrombozytenzahl pro Mikroliter zu erhalten. Die Thrombozyten haben gewöhnlich einen Durchmesser von 12 μm und besitzen ein blaues granuläres Erschei- nungsbild. Das reguläre Verhältnis zwischen Thrombozyten und Ery- throzyten beträgt etwa 1 zu 20. Sicherlich ist die automatische Zählung exakter, trotzdem sollten grobe Abweichungen zwischen den manuellen und automatisierten Zählungen weiter abgeklärt werden. Große Throm- bozyten (Riesenthrombozyten) können ein Zeichen eines schnellen Thrombozytenumsatzes sein, da junge Thrombozyten größer als die al- ten sind; alternativ können bestimmte erbliche Syndrome mit der Pro- duktion großer Thrombozyten einhergehen. Ein im Ausstrich sichtbares Verklumpen von Thrombozyten kann mit niedrigen Werten einer auto- matisierten Zählung verbunden sein. In ähnlicher Weise kann eine Fragmentierung von Leukozyten die Ursache von falsch erhöhten auto- matisiert erhaltenen Thrombozytenzahlen sein. Als Nächstes untersucht man die Erythrozyten. Wegen ihrer bikon- kaven Form erscheinen diese mit zentraler Aufhellung. An einer zur mi- kroskopischen Beurteilung geeigneten Stelle des Präparates sieht man bei 100-facher Vergrößerung ca. 200 Erythrozyten pro Gesichtsfeld. Man kann dabei ihre Größe durch den Vergleich eines Erythrozyten mit dem Zellkern eines kleinen Lymphozyten abschätzen. Beide haben einen Durchmesser von ungefähr 8 μm. Erythrozyten, die kleiner als der Zellkern eines kleinen Lymphozyten sind, können mikrozytär sein; diejenigen, welche größer als der Zellkern eines kleinen Lymphozyten sind, können makrozytär sein. Außerdem sind makrozytäre Zellen meistens eher oval als rund, weswegen sie auch als Makroovalozyten be- zeichnet werden. Der automatisiert erhaltene Wert des mittleren kor- puskulären Volumens (MCV) kann für eine Klassifizierung hilfreich sein. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass manche Patienten sowohl einen Eisen- als auch einen Vitamin-B 12 -Mangel aufweisen kön- nen, der ein MCV im Normbereich, aber eine große Variationsbreite des Erythrozytendurchmessers verursachen kann. Im Falle einer deutli- chen Variation in der Größe der Erythrozyten spricht man vom Vorlie- gen einer Anisozytose. Wenn die Erythrozyten stark in ihrer Form vari- ieren, spricht man vom Vorliegen einer Poikilozytose. Der elektronische Zellzähler erlaubt eine unabhängige Beurteilung der Variabilität der Ery- throzytengröße. Er misst den Bereich des erythrozytären Volumens und gibt ihn als Erythrozytenverteilungsbreite(red cell distribution width, RDW) an. Dieser Wert wird aus dem MCV berechnet, sodass nicht der Zelldurchmesser, sondern das Zellvolumen gemessen wird. Der Begriist von der Kurve abgeleitet, welche die Häufigkeit der Zellen nach deren Volumen wiedergibt, oder deren Größenverteilung. Die Breite der Ery- throzytenverteilungskurve legt die RDW fest. Die RDW wird wie folgt berechnet: RDW = (Standardabweichung des MCV ÷ MCV) × 100 %. Bei einer Anisozytose nimmt die RDW von normalerweise 1114 % auf 1518 % zu. Die RDW ist in mindestens zwei klinischen Situationen hilfreich. Bei Patienten mit mikrozytärer Anämie muss meistens die- renzialdiagnostisch zwischen Eisenmangel und Thalassämie unterschie- den werden. Bei der Thalassämie haben die kleinen Erythrozyten meist eine normale, niedrige RDW. Beim Eisenmangel bestehen starke Grö- ßenunterschiede und eine hohe RDW. Außerdem kann eine hohe RDW auf eine dimorphe Anämie hinweisen, bei der durch eine chronische atrophische Gastritis mit Vitamin-B 12 -Malabsorption eine makrozytäre Anämie vorliegt sowie durch Blutverlust eine Eisenmangelanämie. Auch in diesen Fällen ist die RDW groß. Eine erhöhte RDW ist in populati- onsbasierten Studien ein Risikofaktor der allgemeinen Mortalität. Nachdem die Größe der Erythrozyten ermittelt wurde, wird der Hämoglobingehalt der Zellen überprüft. Sie sind entweder normalge- färbt (normochrom) oder blass (hypochrom). Sie sind nie hyper- chrom. Wenn mehr als die normale Menge von Hämoglobin pro- duziert wird, werden die Zellen größer sie werden aber nicht dunk- ler. Zusätzlich zum Hämoglobingehalt werden die Erythrozyten auf Einschlüsse überprüft. Erythrozyteneinschlüsse sind die Folgenden: 1. Basophile Tüpfelung diuse feine oder grobe blaue Punkte im Erythrozyten, die gewöhnlich RNA-Residuen verkörpern häufig bei einer Bleivergiftung zu erkennen. 2. Howell-Jolly Körperchen dichte blaue zirkuläre Einschlüsse, die Kernresten entsprechen. Ihr Vorhandensein impliziert eine defekte Milzfunktion. 3. Zellkerne die Erythrozyten können frühzeitig das Knochenmark verlassen oder aus ihm herausgedrängt werden, bevor es zu einer Kernausschleusung kommt spricht häufig für einen Prozess der Myelophthise oder für eine überschießende Knochenmarkreaktion auf eine Anämie, meist eine hämolytische. 4. Parasiten bei den die Erythrozyten befallenden Parasitosen sind die Malaria und die Babesiosen zu benennen (Kap. 250e). 5. Polychromatophilie das Erythrozytenzytoplasma weist eine bläuliche Farbe auf, die auf das Vorhandensein von Ribosomen hinweist, welche noch aktiv Hämoglobin in einem jungen Erythrozyten produzieren. Um präzipitiertes Hämoglobin, sog. Heinz-Körperchen, darzustellen, sind vitale Färbungen notwendig. Die Erythrozyten können eine Vielzahl unterschiedlicher Formen einnehmen. Sämtliche abnorm konfigurierte Erythrozyten sind Poikilo- zyten. Kleine Erythrozyten ohne die zentrale Abblassung sind Sphäro- zyten; diese können bei der hereditären Sphärozytose, hämolytischen Anämien anderer Ursachen und bei der Clostridiensepsis beobachtet werden. Dakryozyten sind tränentropfenartig geformte Zellen, die bei hämolytischen Anämien, schwerem Eisenmangel, Thalassämien, Mye- lofibrose und bei den myelodysplastischen Syndromen gefunden wer- den können. Schistozyten sind schutzhelmartig oder napoleonhütchen- artig geformte Zellen, die eine mikroangiopathische hämolytische Anä- mie widerspiegeln können, oder bei einer Fragmentierung durch eine künstliche Herzklappe auftreten können. Echinozyten/Stechapfel-Ery- throzyten sind gespickte Erythrozyten mit gleichmäßig angeordneten Fortsätzen. Sie können Artefakten, bedingt durch eine abnorme Trock- nung des Blutausstriches oder durch Veränderungen des aufbewahrten Blutes entsprechen. Sie können aber auch bei Nierenversagen und bei Mangelernährung gesehen werden und sind oft reversibel. Akanthozy- 81e-1 Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin (ISBN 978-3-940615-50-3), © 2016 ABW Wissenschaftsverlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! All rights reserved. Usage subject to terms and conditions of license.

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Dan L. Longo

81e Atlas der Hämatologie und Untersuchung vonAusstrichen des peripheren BlutesFür die deutsche Ausgabe Leo Alexander Hansmann, Anju Singh und Anne Flörcken

Im nachfolgenden Abschnitt werden einige der relevanten Befundedes peripheren Blutes, von vergrößerten Lymphknoten und vom Kno-chenmark dargestellt. Ziel eines Lehrbuches der Inneren Medizinkann sicherlich nicht die Vermittlung der systematischen histologi-schen Untersuchung des Knochenmarks und des Lymphknotens sein,dennoch sollte jeder Internist wissen, wie ein Ausstrich des periphe-ren Blutes untersucht werden sollte.Die Beurteilung des peripheren Blutes ist eine der informations-

reichsten Untersuchungen, die von einem Arzt durchgeführt werden.Fortschritte der automatisierten Technologie haben jedoch den Ein-druck erweckt, dass die Untersuchung des peripheren Blutausstrichesdurch den Arzt unwichtig wäre. Die Technologie ist jedoch kein be-friedigender Ersatz der Beurteilung eines Blutausstriches durch einenerfahrenen Mediziner, der in Kenntnis der Anamnese des Patientenund seiner Familie, seiner Sozialanamnese und der klinischen Befun-de ist. Deshalb ist es hilfreich, das Labor um einen Ausstrich des peri-pheren Blutes mit panoptischer Färbung nach Pappenheim zu bittenund ihn dann selbst zu begutachten.Der beste Ort, um die Morphologie der Zellen des peripheren Blu-

tes zu analysieren, sind die dünnen Stellen des Ausstriches. Hier lie-gen die Erythrozyten in einer Schicht, Seite an Seite, berühren sichohne sich zu überlappen. Die persönliche Annäherungsweise des Au-tors der amerikanischen Originalausgabe besteht darin, zuerst diekleinsten zellulären Elemente, nämlich die Thrombozyten, zu be-trachten, um sich dann den nächstgrößeren Zellen, den Erythrozyten,und schließlich den Leukozyten zu widmen.Unter Verwendung eines Ölimmersionsobjektivs, das die Zellen 100-

fach vergrößert, zählt man die Thrombozyten in 5–6 Gesichtsfeldern.Es wird dann der Mittelwert pro Gesichtsfeld berechnet und mit 20.000multipliziert, um einen groben Schätzwert der Thrombozytenzahl proMikroliter zu erhalten. Die Thrombozyten haben gewöhnlich einenDurchmesser von 1–2 µm und besitzen ein blaues granuläres Erschei-nungsbild. Das reguläre Verhältnis zwischen Thrombozyten und Ery-throzyten beträgt etwa 1 zu 20. Sicherlich ist die automatische Zählungexakter, trotzdem sollten grobe Abweichungen zwischen den manuellenund automatisierten Zählungen weiter abgeklärt werden. Große Throm-bozyten (Riesenthrombozyten) können ein Zeichen eines schnellenThrombozytenumsatzes sein, da junge Thrombozyten größer als die al-ten sind; alternativ können bestimmte erbliche Syndrome mit der Pro-duktion großer Thrombozyten einhergehen. Ein im Ausstrich sichtbaresVerklumpen von Thrombozyten kann mit niedrigen Werten einer auto-matisierten Zählung verbunden sein. In ähnlicher Weise kann eineFragmentierung von Leukozyten die Ursache von falsch erhöhten auto-matisiert erhaltenen Thrombozytenzahlen sein.Als Nächstes untersucht man die Erythrozyten. Wegen ihrer bikon-

kaven Form erscheinen diese mit zentraler Aufhellung. An einer zur mi-kroskopischen Beurteilung geeigneten Stelle des Präparates sieht manbei 100-facher Vergrößerung ca. 200 Erythrozyten pro Gesichtsfeld.Man kann dabei ihre Größe durch den Vergleich eines Erythrozytenmit dem Zellkern eines kleinen Lymphozyten abschätzen. Beide habeneinen Durchmesser von ungefähr 8 μm. Erythrozyten, die kleiner alsder Zellkern eines kleinen Lymphozyten sind, können mikrozytär sein;diejenigen, welche größer als der Zellkern eines kleinen Lymphozytensind, können makrozytär sein. Außerdem sind makrozytäre Zellenmeistens eher oval als rund, weswegen sie auch als Makroovalozyten be-zeichnet werden. Der automatisiert erhaltene Wert des mittleren kor-puskulären Volumens (MCV) kann für eine Klassifizierung hilfreichsein. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass manche Patientensowohl einen Eisen- als auch einen Vitamin-B12-Mangel aufweisen kön-nen, der ein MCV im Normbereich, aber eine große Variationsbreitedes Erythrozytendurchmessers verursachen kann. Im Falle einer deutli-chen Variation in der Größe der Erythrozyten spricht man vom Vorlie-gen einer Anisozytose. Wenn die Erythrozyten stark in ihrer Form vari-ieren, spricht man vom Vorliegen einer Poikilozytose. Der elektronische

Zellzähler erlaubt eine unabhängige Beurteilung der Variabilität der Ery-throzytengröße. Er misst den Bereich des erythrozytären Volumens undgibt ihn als „Erythrozytenverteilungsbreite“ (red cell distribution width,RDW) an. Dieser Wert wird aus dem MCV berechnet, sodass nicht derZelldurchmesser, sondern das Zellvolumen gemessen wird. Der Begriffist von der Kurve abgeleitet, welche die Häufigkeit der Zellen nach derenVolumen wiedergibt, oder deren Größenverteilung. Die Breite der Ery-throzytenverteilungskurve legt die RDW fest. Die RDW wird wie folgtberechnet: RDW = (Standardabweichung des MCV ÷ MCV) × 100 %.Bei einer Anisozytose nimmt die RDW von normalerweise 11–14 % auf15–18 % zu. Die RDW ist in mindestens zwei klinischen Situationenhilfreich. Bei Patienten mit mikrozytärer Anämie muss meistens diffe-renzialdiagnostisch zwischen Eisenmangel und Thalassämie unterschie-den werden. Bei der Thalassämie haben die kleinen Erythrozyten meisteine normale, niedrige RDW. Beim Eisenmangel bestehen starke Grö-ßenunterschiede und eine hohe RDW. Außerdem kann eine hohe RDWauf eine dimorphe Anämie hinweisen, bei der durch eine chronischeatrophische Gastritis mit Vitamin-B12-Malabsorption eine makrozytäreAnämie vorliegt sowie durch Blutverlust eine Eisenmangelanämie. Auchin diesen Fällen ist die RDW groß. Eine erhöhte RDW ist in populati-onsbasierten Studien ein Risikofaktor der allgemeinen Mortalität.Nachdem die Größe der Erythrozyten ermittelt wurde, wird der

Hämoglobingehalt der Zellen überprüft. Sie sind entweder normalge-färbt (normochrom) oder blass (hypochrom). Sie sind nie „hyper-chrom“. Wenn mehr als die normale Menge von Hämoglobin pro-duziert wird, werden die Zellen größer – sie werden aber nicht dunk-ler. Zusätzlich zum Hämoglobingehalt werden die Erythrozyten aufEinschlüsse überprüft. Erythrozyteneinschlüsse sind die Folgenden:1. Basophile Tüpfelung – diffuse feine oder grobe blaue Punkte imErythrozyten, die gewöhnlich RNA-Residuen verkörpern – häufigbei einer Bleivergiftung zu erkennen.

2. Howell-Jolly Körperchen – dichte blaue zirkuläre Einschlüsse, dieKernresten entsprechen. Ihr Vorhandensein impliziert eine defekteMilzfunktion.

3. Zellkerne – die Erythrozyten können frühzeitig das Knochenmarkverlassen oder aus ihm herausgedrängt werden, bevor es zu einerKernausschleusung kommt – spricht häufig für einen Prozess derMyelophthise oder für eine überschießende Knochenmarkreaktionauf eine Anämie, meist eine hämolytische.

4. Parasiten – bei den die Erythrozyten befallenden Parasitosen sinddie Malaria und die Babesiosen zu benennen (Kap. 250e).

5. Polychromatophilie – das Erythrozytenzytoplasma weist eine bläulicheFarbe auf, die auf das Vorhandensein von Ribosomen hinweist, welchenoch aktiv Hämoglobin in einem jungen Erythrozyten produzieren.

Um präzipitiertes Hämoglobin, sog. Heinz-Körperchen, darzustellen,sind vitale Färbungen notwendig.Die Erythrozyten können eine Vielzahl unterschiedlicher Formen

einnehmen. Sämtliche abnorm konfigurierte Erythrozyten sind Poikilo-zyten. Kleine Erythrozyten ohne die zentrale Abblassung sind Sphäro-zyten; diese können bei der hereditären Sphärozytose, hämolytischenAnämien anderer Ursachen und bei der Clostridiensepsis beobachtetwerden. Dakryozyten sind tränentropfenartig geformte Zellen, die beihämolytischen Anämien, schwerem Eisenmangel, Thalassämien, Mye-lofibrose und bei den myelodysplastischen Syndromen gefunden wer-den können. Schistozyten sind schutzhelmartig oder napoleonhütchen-artig geformte Zellen, die eine mikroangiopathische hämolytische Anä-mie widerspiegeln können, oder bei einer Fragmentierung durch einekünstliche Herzklappe auftreten können. Echinozyten/Stechapfel-Ery-throzyten sind gespickte Erythrozyten mit gleichmäßig angeordnetenFortsätzen. Sie können Artefakten, bedingt durch eine abnorme Trock-nung des Blutausstriches oder durch Veränderungen des aufbewahrtenBlutes entsprechen. Sie können aber auch bei Nierenversagen und beiMangelernährung gesehen werden und sind oft reversibel. Akanthozy-

81e-1Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin (ISBN 978-3-940615-50-3), © 2016 ABW Wissenschaftsverlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! All rights reserved. Usage subject to terms and conditions of license.

ten sind gespickte Erythrozyten mit unregelmäßig angeordneten Fort-sätzen. Dieser Prozess ist eher irreversibel und spiegelt eine zugrundeliegende Nierenerkrankung, eine Abetalipoproteinämie oder eineSplenektomie wider. Elliptozyten sind ellipsenartig geformte Erythrozy-ten, die auf einen vererbten Defekt der Erythrozytenmembran hinwei-sen können, werden aber auch beim Eisenmangel, myelodysplastischenSyndromen, bei der megaloblastären Anämie und den Thalassämienbeobachtet. Stomatozyten sind Erythrozyten, bei welchen die zentraleAbblassung die Form eines Spaltes anstelle der gewöhnlichen Kreis-form einnimmt. Die Stomatozyten können auf einen vererbten Zell-membrandefekt hinweisen, werden aber auch bei Alkoholismus beob-achtet. Targetzellen/Zielscheiben-Erythrozyten besitzen ein Areal vonzentraler Ablassung, das ein dichtes Zentrum enthält. Diese Zellen tre-ten klassischerweise bei der Thalassämie auf, können aber auch beimEisenmangel, bei einer cholestatischen Lebererkrankung und manchenHämoglobinopathien auftreten. Targetzellen werden auch artifizielldurch eine inkorrekte Ausstrichherstellung erzeugt.Bevor man sich den Leukozyten widmet, sollte ein letztes Merkmal

von Erythrozyten begutachtet werden, nämlich ihre Verteilung imBlutausstrich. Bei den meisten Individuen liegen die ErythrozytenSeite an Seite in einer einzelnen Schicht. Manche Patienten zeigen ei-ne Erythrozytenverklumpung (genannt Agglutination), bei welcherdie Erythrozyten sich übereinander stapeln. Dies wird bei bestimmtenParaproteinämien und autoimmun-hämolytischen Anämien beob-achtet. Eine andere abnorme Verteilung ist die Anordnung von Ery-throzyten, die in einzelnen Zellreihen aufeinander liegen wie Münz-stapel (Geldrollenphänomen). Dies wird als Rouleaux-Formation be-zeichnet und tritt bei abnormen Serumproteinspiegeln auf.Schließlich untersucht man die Leukozyten. Gewöhnlich treten drei

Typen von Granulozyten mit absteigender Häufigkeit auf: die Neutro-philen, die Eosinophilen und die Basophilen. Die Neutrophilen ent-sprechen im Allgemeinen den häufigsten Leukozyten. Sie sind rund,

10–14 μm im Durchmesser und enthalten einen gelappten Zellkernmit 2–5 Segmenten, die mit dünnen Chromatinfäden untereinanderverbunden werden. Stabkernige sind unreife Neutrophile, die ihreKernkondensierung noch nicht abgeschlossen haben und einen U-förmigen Zellkern besitzen. Stabkernige spiegeln eine Linksverschie-bung der Neutrophilenausreifung wider, die als Ausdruck einer ge-steigerten Proliferation der Granulopoese zu werten ist. Neutrophilekönnen Aufschluss über eine Reihe von Vorgängen geben. Vakuoli-sierte Neutrophile können ein Zeichen für eine bakterielle Sepsis sein.Das Vorkommen von 1–2 μm blauen zytoplasmatischen Einschlüssen,sogenannten Döhle-Körperchen, kann auf Infektionen, Verbrennun-gen oder andere entzündliche Vorgänge hinweisen. Wenn die Neutro-philengranula größer als die Norm sind und eine dunklere Blaufär-bung aufweisen, spricht man vom Vorhandensein „toxischer Granula-tionen“; diese können auf eine systemische Entzündung hindeuten.Das Auftreten von Neutrophilen mit mehr als fünf Kernsegmentensollte an eine megaloblastäre Anämie denken lassen. Große, unregel-mäßig geformte Granula können Folge des vererbten Chédiak-Higa-shi-Syndroms sein.Die Eosinophilen sind geringfügig größer als die Neutrophilen, be-

sitzen zwei Kernsegmente und enthalten große, rote Granula. Die Er-krankungen der Eosinophilen manifestieren sich hauptsächlich inForm einer gesteigerten Anzahl und weniger in einer morphologi-schen oder qualitativen Veränderung. Sie stellen normalerweise weni-ger als ein Dreißigstel der Anzahl von Neutrophilen dar. Die Basophi-len sind im Blut noch seltener als die Eosinophilen vorhanden. Sie be-sitzen große, dunkelblaue Granula und können als Teil der chro-nischen myeloischen Leukämie vermehrt auftreten.Die Lymphozyten können in unterschiedlichen morphologischen

Formen auftreten. Bei gesunden Individuen finden sich am häufigstenkleine Lymphozyten mit einem kleinen Zellkern und schmalem Zyto-plasmasaum. Bei Virusinfekten können zahlreiche größere Lymphozy-

Leitsymptome von KrankheitenTeil 2

Abbildung 81e-1 Normaler Ausstrich peripheren Blutes. Im Zentrum ein kleinerLymphozyt. Beachte, dass der Erythrozytendurchmesser ähnlich dem des Lymphozyten-kernes ist.

Abbildung 81e-2 Färbung für die Retikulozytenzählung. Diese neue Methylenblau-färbung der Blutausstriche zeigt eine hohe Anzahl kräftig gefärbter Retikulozyten (die Zel-len enthalten RNS-Präzipitate, die sich dunkelblau anfärben).

Abbildung 81e-3 Hypochrome mikrozytäre Anämie bei Eisenmangel. Der kleineLymphozyt im Gesichtsfeld hilft bei der Abschätzung der Erythrozytengröße.

Abbildung 81e-4 Eisenmangelanämie im Vergleich zu normalen Erythrozyten.Mikrozyten (rechte Bildseite) sind kleiner als normale Erythrozyten (Zelldurchmesser< 7 μm) und können weniger Hämoglobin (hypochrom) enthalten.

81e-2Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin (ISBN 978-3-940615-50-3), © 2016 ABW Wissenschaftsverlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! All rights reserved. Usage subject to terms and conditions of license.

ten gefunden werden, die ungefähr die Größe der Neutrophilen haben.Sie weisen einen breiten Zytoplasmasaum und weniger kondensiertesKernchromatin auf. Diese werden als reaktive Lymphozyten bezeichnet.Etwa 1 % der Lymphozyten, so genannte großgranuläre Lymphozyten,sind größer und enthalten blaue Granula in einem hellblauen Zytoplas-ma. Bei der chronischen lymphatischen Leukämie sind die kleinenLymphozyten zahlenmäßig erhöht. Viele von ihnen rupturieren wäh-rend der Ausstrichprozedur, sodass nur Schlieren von Kernmaterial oh-ne umgebendes Zytoplasma hinterlassen werden. Sie werden Gump-recht-Zellschatten oder Kernschatten genannt und sind in Abwesenheiteiner chronischen lymphatischen Leukämie selten.Die Monozyten sind die größten der Leukozyten im peripheren

Blut. Ihr Durchmesser variiert von 15–22 µm. Der Zellkern kann eine

Vielzahl von Formen annehmen, gewöhnlich erscheint er gefaltet; dasZytoplasma ist grau.Im Blut können abnorme Zellen auftreten, die meistens aus-

geschwemmten Zellen hämatologischer Neoplasien des Knochen-marks, einschließlich lymphatischen, myeloischen und gelegentlicherythrozytären Zellen, entsprechen. Noch seltener findet man zirku-lierende Zellen solider Tumoren im Blutausstrich. Dabei können sel-ten maligne Epithelzellen identifiziert werden. Die Chance, solche ab-normen Zellen zu sehen, nimmt bei der Untersuchung von Ausstri-chen aus den sog. Buffy Coats zu. Dies ist eine Zellschicht, die ober-halb der sedimentierenden Erythrozyten beobachtet wird, wenn dasBlut für eine Stunde in einem Reagenzglas gelassen wird. Die Ausstri-che, die aus Lanzettstichen der Fingerkuppe angefertigt werden, kön-nen einzelne Endothelzellen beinhalten.

Atlas der Hämatologie und Untersuchung von Ausstrichen des peripheren Blutes 81e

Abbildung 81e-5 Polychromatophilie. Beachte die großen Erythrozyten mit einer hell-lila Färbung.

Abbildung 81e-6 Makrozytose. Diese Zellen sind sowohl größer als normale Erythro-zyten (mittleres korpuskuläres Volumen > 100) als auch etwas ovalär. Einige Morphologenbezeichnen diese Zellen als „Makroovalozyten“.

Abbildung 81e-7 Hypersegmentierte Neutrophile. Hypersegmentierte Neutrophile(multilobierte polymorphkernige Leukozyten) sind größer als normale Neutrophile mit fünf odermehr Kernsegmenten. Sie werden häufig bei Folsäure- oder Vitamin-B12-Mangel gesehen.

Abbildung 81e-8 Sphärozytose. Beachte die kleinen hyperchromatischen Zellen ohnedie typische zentrale Aufhellung.

Abbildung 81e-9 Rouleaux-Formation. Kleiner Lymphozyt im Zentrum des Feldes.Die Erythrozyten liegen dicht aufeinandergestapelt beieinander. Die Veränderung ist miteinem erhöhten Serumproteinspiegel verbunden.

Abbildung 81e-10 Erythrozytenagglutination. Kleiner Lymphozyt und segmentkerni-ger Granulozyt oben links. Beachte die unregelmäßig angeordneten Erythrozytenaggregate.

81e-3Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin (ISBN 978-3-940615-50-3), © 2016 ABW Wissenschaftsverlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! All rights reserved. Usage subject to terms and conditions of license.

Leitsymptome von KrankheitenTeil 2

Abbildung 81e-11 Fragmentozyten. Man sieht eine deutlich erhöhte Anzahl an Frag-mentozyten (normal wäre durchschnittlich maximal ein Fragmentozyt pro Gesichtsfeld bei100-facher Vergrößerung), in diesem Fall verursacht durch einen Herzklappenersatz.

Abbildung 81e-12 Sichelzellen. Homozygote Sichelzellenanämie. Ein kernhaltigerErythrozyt und ein neutrophiler Granulozyt sind ebenfalls in diesem Ausschnitt.

Abbildung 81e-13 Targetzellen. Targetzellen sind durch die Ähnlichkeit zu Zielschei-ben gut erkennbar. Sie finden sich bei Lebererkrankungen, Thalassämie und schweremEisenmangel. Eine höhere Anzahl an Targetzellen ist typisch bei der Hämoglobin-C-Er-krankung.

Abbildung 81e-14 Elliptozytose. Kleiner Lymphozyt in der Bildmitte. Die elliptischeForm der Erythrozyten ist mit einer abgeschwächten Membranstruktur assoziiert, häufigbedingt durch eine Mutation im Spektrin-Gen.

Abbildung 81e-15 Stomatozytose. Die Erythrozyten sind charakterisiert durch einebreite längliche oder mundförmige Aufhellung. Dies ist häufig als ein Artefakt in aus-getrockneten Blutausstrichen identifizierbar. Sie werden auch bei hämolytischer Anämieoder Zuständen einer Über- oder Unterwässerung der Erythrozyten beobachtet.

Abbildung 81e-16 Akanthozytose. Erythrozyten mit spitzen Ausläufern. Es gibt zweiTypen: Akanthozyten sind zusammengezogene Zellen mit irregulär gestalteten Membran-ausläufern, die in Länge und Breite variieren; Echinozyten bzw. Stechapfel-Erythrozytenhaben kleine einheitliche und ähnlich verteilte Membranausläufer. Akanthozyten sind beischweren Lebererkrankungen nachweisbar, bei Patienten mit Abetalipoproteinämie undbei den wenigen Patienten mit McLeod-Blutgruppe. Echinozyten kommen bei schwererUrämie, Defekten glykolytischer Enzyme der Erythrozyten und mikroangiopathischer hä-molytischer Anämie vor.

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Abbildung 81e-17 Howell-Jolly-Körperchen. Howell-Jolly-Körperchen sind sehr klei-ne Kernreste in Erythrozyten, die normalerweise in der Milz entfernt werden. Sie erschei-nen im Blut nach Entfernung der Milz (Defekt in der Clearance-Funktion) und bei Erkran-kungen der Ausreifung bzw. einer Dysplasie (überschüssige Produktion).

Abbildung 81e-18 Tränentropfenartige Zellen und kernhaltige Erythrozyten alscharakteristische Merkmale der Myelofibrose. Ein tränentropfenartiger (linker Bildaus-schnitt) und ein kernhaltiger (rechter Bildausschnitt) Erythrozyt werden typischerweise beider Myelofibrose und extramedullären Blutbildung gesehen.

Abbildung 81e-19 Myelofibrose. Vollständige Ersetzung des blutbildenden Knochen-marks durch dichte Lagerung von Retikulinfasern und Kollagen (H&E-Färbung).

Abbildung 81e-20 Retikulinfärbung bei Myelofibrose. Die Versilberung des myelofi-brotisch veränderten Knochenmarks zeigt einen erhöhten Retikulinfasergehalt (schwarzgefärbte Fäden).

Abbildung 81e-21 Basophile Tüpfelung eines Erythrozyten bei Bleivergiftung.Milde Hypochromasie. Grob getüpfelter Erythrozyt.

Abbildung 81e-22 Heinz-Körperchen. Mit hypotoner Kristallviolett-Lösung versetztesBlut. Das gefärbte Material entspricht Präzipitaten von denaturiertem Hämoglobin in denZellen.

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Leitsymptome von KrankheitenTeil 2

Abbildung 81e-23 Riesenthrombozyten. Riesenthrombozyten zusammen mit einerdeutlich erhöhten Thrombozytenzahl werden bei myeloproliferativen Erkrankungen, beson-ders bei der essenziellen Thrombozythämie, beobachtet.

Abbildung 81e-24 Normale Granulozyten. Normale Granulozyten haben einen seg-mentierten Kern mit Chromatinverdichtung; feine neutrophile Granula sind im Zytoplasmazu erkennen.

Abbildung 81e-25 Normale Monozyten. Dieser Ausstrich wurde von einem BuffyCoat eines gesunden Blutspenders angefertigt: L = Lymphozyt; M = Monozyt; N = Neu-trophiler.

Abbildung 81e-26 Normale Eosinophile. Dieser Ausstrich wurde von einem BuffyCoat eines gesunden Blutspenders angefertigt: N = neutrophiler; E = eosinophiler Granu-lozyt; L = Lymphozyt.

Abbildung 81e-27 Normaler Basophiler. Dieser Ausstrich wurde von einem BuffyCoat eines gesunden Blutspenders angefertigt: L = Lymphozy; B = Basophiler.

81e-6Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin (ISBN 978-3-940615-50-3), © 2016 ABW Wissenschaftsverlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! All rights reserved. Usage subject to terms and conditions of license.

Atlas der Hämatologie und Untersuchung von Ausstrichen des peripheren Blutes 81e

Abbildung 81e-28 Pelger-Hüet-Kernanomalie. Bei dieser gutartigen Erkrankung be-sitzt ein großer Teil der Granulozyten nur zwei Kernsegmente: Der Kern hat häufig einebrillen- oder kneiferartige Konfiguration.

Abbildung 81e-29 Döhle-Körper. Neutrophiler Stabkerniger mit Döhle-Körper. DerNeutrophile mit dem bohnenförmigen Zellkern in der Mitte des Feldes ist ein Stabkerniger.Döhle-Körper sind diskrete, blau gefärbte, nicht granuläre Bezirke in der Peripherie desZytoplasmas von Granulozyten und treten bei Infektionen oder anderen toxischen Zustän-den auf. Sie entsprechen Aggregaten des rauen endoplasmatischen Retikulums.

Abbildung 81e-30 Chédiak-Higashi-Erkrankung. Beachte die riesigen Granula inden neutrophilen Granulozyten.

Abbildung 81e-31 Normales Knochenmark. H&E-Färbung eines normalen erwach-senen Knochenmarkes. Man erkennt eine Mischung aus Fettzellen (helle Areale) und hä-matopoetischen Zellen. Der prozentuale Anteil der hämatopoetischen Zellen wird als Kno-chenmarkzellularität bezeichnet. Bei Erwachsenen liegt die Zellularität normalerweise bei35–50 %. Die Zellularität kann aber im Bedarfsfall steigen. Mit dem Alter nehmen dieZellularität ab und der Fettzellgehalt zu. Patienten über 70 haben normalerweise eineKnochenmarkzellularität von 20–30 %.

Abbildung 81e-32 Aplastische Anämie im Knochenmark. Normale hämatopoeti-sche Vorläuferzellen sind kaum nachweisbar. Zurück bleiben die Fettzellen, retikuloendo-theliale Zellen und sinusoidale Strukturen.

Abbildung 81e-33 Karzinommetastase im Knochenmark. Knochenmarkbiopsat mitInfiltration einer Mammakarzinommetastase und desmoplastischer Reaktion (H&E-Fär-bung).

81e-7Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin (ISBN 978-3-940615-50-3), © 2016 ABW Wissenschaftsverlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! All rights reserved. Usage subject to terms and conditions of license.

Leitsymptome von KrankheitenTeil 2

Abbildung 81e-34 Lymphom im Knochenmark. Knotiges (follikuläres) Lymphominfil-trat in einem Beckenkammbiopsat. Beachte die charakteristische paratrabekuläre Lage-rung der Lymphomzellen.

Abbildung 81e-35 Hyperplasie der Erythropoese im Knochenmark. Das Knochen-marksaspirat zeigt ein Verhältnis der Granulopoese zur Erythropoese, das bei 1 : 1–2liegt. Dieses Verhältnis tritt typischerweise bei Patienten mit hämolytischer Anämie aufoder bei Patienten während der Erholungsphase nach Blutverlust.

Abbildung 81e-36 Hyperplasie der Granulopoese im Knochenmark. Das Knochen-marksaspirat zeigt ein Verhältnis der Granulopoese zur Erythropoese, das bei ≥ 3 : 1 liegt.Ursache hierfür kann entweder ein Verlust von Vorläuferzellen der Erythropoese oder eineVermehrung der Granulopoese sein.

Abbildung 81e-37 Megaloblastäre Erythropoese. Starke Vergrößerung von megalo-blastären Vorläuferzellen der Eythropoese von einem Patienten mit makrozytärer Anämie. DieAusreifung ist verzögert mit späten Normoblasten, die einen unreifen Zellkern mit gepunkte-ter oder getigerter Chromatinstruktur und normal ausgereiftem Zytoplasma aufweisen.

A B

C D

Abbildung 81e-38 Berliner-Blau-Färbung von Speichereisen im Knochenmark.Die Eisenspeicherung wird gradiert anhand einer Skala von 0–4+. A. Knochenmark miteiner ausgeprägten Eisenspeicherung (> 4+). B. Normales Speichereisen (2–3+). C. Ge-ringe Eisenspeicherung (1+). D. Fehlendes Speichereisen (0).

Abbildung 81e-39 Ringsideroblast. Ein orthochromatischer Normoblast mit kreisför-mig angeordneten blauen Granula (Mitochondrien angefüllt mit Eisen), die um den Kerngelagert sind.

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Abbildung 81e-40 Akute myeloische Leukämie. Leukämischer Myeloblast mit ei-nem Auer-Stäbchen. Bei Auer-Stäbchen handelt es sich um kristalloide Agglomerate azu-rophiler Granulationen. Beachte die 2–4 prominenten Nukleoli in jeder Zelle.

Abbildung 81e-41 Akute Promyelozytenleukämie. Beachte die prominenten Granulaim Zytoplasma der Leukämiezellen.

Abbildung 81e-42 Akute Erythroleukämie. Beachte die riesigen dysmorphen Ery-throblasten, zwei sind zweikernig, einer ist mehrkernig.

Abbildung 81e-43 Akute lymphoblastische Leukämie. Man beachte die prominen-ten Nukleoli und fehlende Granulation der Blasten. Die genaue Zuordnung (lymphatisch/myeloisch) muss zytochemisch und immunologisch erfolgen.

Abbildung 81e-44 Burkitt-Non-Hodgkin-Lymphom. Auffallend sind stark vakuoli-sierte Blasten.

Abbildung 81e-45 Chronische myeloische Leukämie im peripheren Blut. Typi-scherweise findet sich eine Leukozytose mit Linksverschiebung und Basophilie.

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Leitsymptome von KrankheitenTeil 2

Abbildung 81e-46 Chronische lymphatische Leukämie im peripheren Blut. Mansieht eine ausgeprägte Vermehrung reifzelliger Lymphozyten mit dichtem Kernchromatin.Ferner finden sich Kernschatten als Zeichen der geringeren Resistenz der Zellen gegenmechanischen Stress.

Abbildung 81e-47 Sézary-Syndrom. Lymphozyten mit häufigen zerebriformen Zell-kernen (Sézary-Zellen) bei einem Patienten mit fortgeschrittener Mycosis fungoides.

Abbildung 81e-48 Adulte T-Zell-Leukämie. Leukämie-Zellen mit typischen „blumen-ähnlichen/kleeblattartigen“ Zellkernen in einem peripheren Blutausstrich.

Abbildung 81e-49 Follikuläres Lymphom in einem Lymphknoten. Die normaleLymphknotenarchitektur ist aufgehoben, bedingt durch noduläre Tumorzellansammlun-gen. Die Größe der Knoten ist variabel. Diese enthalten meistens Lymphozyten mit klei-nen, gekerbten Kernen sowie eine variable Anzahl größerer Zellen mit vesikulärem Chro-matin und prominenten Nukleolen.

Abbildung 81e-50 Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom in einem Lymphknoten.Die neoplastischen Zellen sind polymorph, überwiegend groß, mit vesikulärem Chromatinund prominenten Nukleolen.

Abbildung 81e-51 Burkitt-Lymphom in einem Lymphknoten. Burkitt-Lymphom miteinem sternenhimmelähnlichen Bild. Die hellen Areale entsprechen Makrophagen, dieden Versuch unternehmen, die abgestorbenen Tumorellen zu beseitigen.

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Abbildung 81e-52 Erythrophagozytose bei einem aggressiven Lymphom. Derzentral lokalisierte Makrophage phagozytiert Erythrozyten, Neutrophile und Thrombozyten.(Mit frdl. Genehmigung von Dr. Kiyomi Tsukimori, Kyushu University, Fukuoka, Japan.)

Abbildung 81e-53 Klassisches Hodgkin-Lymphom. Eine Reed-Sternberg-Zelle inder Mitte des Feldes. Es handelt sich um eine große Zelle mit spiegelbildlich angeord-neten Kernlappen und prominenten Nukleolen, die einen Eulenaugenaspekt verleihen. Diemeisten Zellen im polymorphen Hintergrundinfiltrat sind normale Lymphozyten, Neutrophi-le und Eosinophile.

Abbildung 81e-54 Lakunarzelle; variante Form einer Hodgkin-Zelle beim nodulärsklerosierenden klassischen Hodgkin-Lymphom. Starke Vergrößerung einer mono-nukleären Lakunarzelle mit retrahiertem Zytoplasma bei einem Patienten mit nodulär skle-rosierendem klassischem Hodgkin-Lymphom.

Abbildung 81e-55 Normale Plasmazelle. Charakteristisch ist das dunkel-basophileZytoplasma mit randständigem Zellkern und perinukleärer Aufhellung.

Abbildung 81e-56 Multiples Myelom. Man sieht eine Vermehrung differenzierter, inGruppen liegender Plasmazellen.

81e-11Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin (ISBN 978-3-940615-50-3), © 2016 ABW Wissenschaftsverlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! All rights reserved. Usage subject to terms and conditions of license.

DANKSAGUNGDie Abbildungen in diesem e-Kapitel wurden entnommen aus: Wil-liams Hematology, 7th edition, M. Lichtman et al. (eds), New York,McGrawHill, 2005; Hematology in General Practice, 4th edition, RSHilman, KA Ault, New York, McGraw-Hill, 2005.

WEITERFÜHRENDE LITERATURHAFERLACH T, BACHER U, THEML H, DIEM H: Taschenatlas Hämatolo-gie, 6. Auflage. Thieme, 2012

LÖFFLER H, HAFERLACH T: Hämatologische Erkrankungen, 2. über-arbeitete Auflage. Springer, Berlin, 2013

SWERDLOW SH et al: WHO classification of tumours of haematopoieticand lymphoid tissues. International Agency for Research on Can-cer (IARC), Lyon, 2008

Leitsymptome von KrankheitenTeil 2

Abbildung 81e-57 Gefärbtes Serum bei Hämoglobinämie. Charakteristische rötli-che Färbung des Plasmas (Hämoglobinämie) einer zentrifugierten Blutprobe eines Patien-ten mit intravaskulärer Hämolyse.

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