Controlling II Kostenrechnung Prof. Dr. Alfred Luhmer Winter 2006/07
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Controlling IIKostenrechnung
Prof. Dr. Alfred LuhmerWinter 2006/07
Siehe auch: http://www.uni-magdeburg.de/bwl1/Controlling_II/
Fakultät für Wirtschaftswissenschaft
OTTO-VON-GUERICKE-UNIVERSITÄT MAGDEBURG
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Organisatorisches
Textbuch: Ewert/Wagenhofer: Interne Unternehmensrechnung, 6.Aufl. (Springer) 2005
In jeder Sitzung werden zu bestimmten Abschnitten des Textbuchs (siehe Zeitplan im Internet) Aufgaben besprochen Präsentationen von Zusatzmaterial geboten Verständnisfragen diskutiert.
damit können Vorleistungen für die Prüfung erbracht werden (siehe Internet).
Es wird erwartet, dass jeder Teilnehmer zu jedem Sitzungstermin das angegebene Lektürepensum erledigt und die angegebenen Aufgaben bearbeitet hat.
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Einführung
Kostenrechnung im Gesamtsystem der Unternehmensrechnung
Aufgaben der Kostenrechnung
Ziel und Betrachtungsweise der Vorlesung
Management und Kostenrechnung
Charakteristika des Modells der Kostenrechnung
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Kostenrechnung als Teil des Rechnungswesens
Rechnungswesen dokumentiert und verarbeitet Informationen über Bestände liquider Mittel und Zahlungen Vermögensbestände und -bewegungen: Einnahmen und
Ausgaben Werteentstehung und Werteverzehr: Ertrag und Aufwand Leistungen und dafür geopferte Werte (Kosten)
(„Kostenrechnung“, gleichbedeutend mit „Kosten- und Leistungsrechnung“)
Grundidee der Kostenrechnung: Abwägung von Zweckerfolg („Leistung“ und Mitteleinsatz) Zweckerfolg kann monetär messbar sein:
Erwerbsunternehmen: Deckungsbeitragsmaximierung Zweckerfolg kann qualitativ spezifiziert sein: „Sachziel“,
Formalziel: Kostenminimierung
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Kostenrechnung als Informationssystem für das Management implementiert als Teil eines ERP-Systems wie SAP R3 Datenvorrat: Inhalte (z.B.)
Komponenten, Materialbedarfe, Prozesskoeffizienten, Kapazitätsbedarfe bestimmter Leistungen (Produktionskoeffizienten)
Faktorpreise (vergangene und geplante) Kostensätze (Ist-Kostensätze); Verrechnungssätze Beschäftigungsdaten, Ist-Inanspruchnahme von Kostenstellen,
Prozessen und Kapazitäten Ist-Kosten nach Kostenarten Lagerbestandswerte (Material, bezogene Teile, Halb- und
Fertigfabrikate) Kostentabellen für Produkt- und Systementwicklung
Regelsystem für Informationsverarbeitung nächste Seite
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Regelsystem für Informationsverarbeitung
z.B. Vorschriften für die Berechnung von Stückkosten Lagerbestandswerten (z.B. Durchschnittsmethode oder
Verbrauchsfolge) Verrechnungspreisen Plankostensätzen (Kostenplanung, Beschäftigungsplanung) Deckungsbeiträgen (Zurechnungsvorschriften) Periodenerfolgen (kurzfristige Erfolgsrechnung)
Kalküle zur Entscheidungsunterstützung Breakeven-Analysen und Verfahrenswahl Opportunitätskostenkalkül
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Ziel der Vorlesung die Nutzung von Kosteninformationen durch den
Manager
nicht: wie wird Kostenrechnung gemacht Es gibt keine wohlfeilen Rezepte oder Daumenregeln Die Auswertung von Kosteninformationen
ist stets situationsabhängig, insbesondere problemabhängig erfordert stets professionelles Urteilsvermögen auf Seiten des
Managers (zu dessen Gewinnung soll die Vorlesung beitragen) der Manager muss den Zusammenhang zwischen
ökonomischer Realität und ihrem Abbild in der Kostenrechnung durchschauen
Kostenrechnung approximiert, aggregiert und bewertet, welche Information bleibt erhalten über den Einzelfall?
erfordert Schlüsse zu ziehen aus unvollständiger Information
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Einfluss des Managers auf die Gestaltung der Kostenrechnung
Gestaltung der Kostenrechnung ist Aufgabe des Controllings
Controlling sollte auf die Informationsbedarfe des professionellen Managers adäquat reagieren Abwägung von Kosten und Nutzen Coaching der Manager in der Nutzung der
Kosteninformation
Joel Demski : Managerial Uses of Accounting Information (1994) vergleicht das Rechnungswesen mit einer Bibliothek, die Manager mit den Nutzern.
Ausgewählte Kapitel dieses Buches bilden die Grundlage der Vorlesung.
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Mögliche Ansätze (Demski, p. 3-4)
Präskriptiver Ansatz („Imperative method“) wie sollte Kostenrechnung gestaltet und genutzt werden? vernachlässigt die situative Bedingtheit
Deskriptiver Ansatz („codification approach“) vergleicht Kostenrechnungspraktiken verschiedener
Anwendungsfelder starr, fokussiert auf „best practice“ der Vergangenheit
„Conceptual Approach“ Allgemeines, typisches Modell eine Kostenrechnung, wie
reagiert seine Abbildung auf die Situation? flexibel interpretierbar, anwendbar auf neue Situationen,
Kosteninformation als ein Teil der relevanten Managementinformation unter anderen
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Charakteristika des Gegenstandes
Ungewissheit Kosteninformation ist unvollständig, liefert Basis für
Erwartungsbildung unter Ungewissheit
Interaktion mit anderen Informationssystemen Problem der Kombination von Kosteninformation mit
Information aus anderen Quellen
Mehrproduktfall subsumiert Mehrperiodenfall, erst dadurch treten materielle
Kostenrechnungsprobleme auf
Informationsadressat verhält sich nutzenmaximierend Kosteninformation und Verhaltenssteuerung
Kostenrechnung kostet Gesichtspunkte zur Abwägung von Kosten und Nutzen
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Aufgaben der Kostenrechnung
Grundlagen für ökonomische Beurteilung von Handlungs- und Systemgestaltungsalternativen Entscheidungsunterstützungsfunktion
Zielsystem
Erfassung der Kosten
entscheidungs-relevante
Informationen
Design derKostenrechnung
EntscheidungsmodellInformation vonanderen Quellen
Sachentscheidung
aus Ewert/Wagenhofer
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Aufgaben der Kostenrechnung (fortges.)
Entscheider in der Organisation und ausführendes Personal für die ökonomischen Konsequenzen ihres Handelns verantwortlich zu machen Verhaltensbeeinflussungsfunktion
Anreizsysteme Kontrollen
Erfassung der Kosten
entscheidungs-relevante
Informationen
SachentscheidungEntscheidungsmodellInformation vonanderen Quellen
Zielsystem
Entscheidungsträger
Instanz
Zielsystem
Design derKostenrechnung
OrganisationsstrukturBeurteilungssystem
aus Ewert/Wagenhofer
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Grundansatz der Kostenrechnung
baut auf dem Modell des vollkommenen Marktes auf(Die allgemeine Formulierung dieses Modells geht auf die Nobelpreisträger Kenneth Arrow und Gérard Debreu zurück)
Elemente des Marktmodells Güter, gekennzeichnet durch
Qualität (Art) Zeit, Ort und Bedingungen der Verfügbarkeit
Konsumenten, gekennzeichnet durch Präferenzordnung über der Menge denkbarer
Wirtschaftspläne Anfangsausstattung mit Gütern (Verfügungsrechten) ihren Anteilen an den Unternehmungen
Unternehmungen (Produzenten) charakterisiert durch Produktionstechnologie
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Der Markt ist vollkommen aber nicht vollständig es gibt Güter, die nicht am Markt gehandelt werden
sekundäre Güter, die innerhalb eines Unternehmens produziert und weiterverarbeitet werden
Vollkommenheit des Marktes bedeutet: die Präferenzordnungen der Konsumenten erfüllen das
Nichtsättigungsprinzip die primären Güter sind mengenmäßig beliebig teilbar Angebot und Nachfrage sind als Funktion des Preises allen
Marktteilnehmern stets kostenlos bekannt (Markttransparenz) Transaktionen finden nur im Gleichgewicht statt und erfordern
keine Zeit alle Marktteilnehmer sind „klein“, d.h. sie können den Marktpreis
nicht strategisch beeinflussen Auf einem solchen Markt gibt es einen Gleichgewichtspreis für
jedes primäre Gut die Markttransaktionen sind Pareto-effizient
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Güter
empirisch vorgefundene Güter treten in dem Modell als Bündel von zustandsbedingten Verfügungsrechten (Elementargüter) auf Ungewissheit ist zugelassen Preise hängen an den Elementargütern, es gilt
Wertadditivität alle Güter sind private Güter, es gibt keine externen Effekte man kann ein Gut als Recheneinheit auszeichnen: „Geld“
alle Preise werden dann in Geld ausgedrückt
zukünftige Verwendungsmöglichkeiten erscheinen in den gegenwärtigen Preisen
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Ökonomische Beurteilung von unternehmerischen Entscheidungen Ökonomischer Beitrag einer Maßnahme als
Markterfolgsbeitrag:
mit: y+: Vektor der ausgelösten Marktverkäufe
y–: Vektor der ausgelösten Marktkäufe
darin sind die zukünftigen Güterbewegungen enthalten.
Auf dieser ideologischen Grundlage beruht der „Glaube“ der Kostenrechnung an Marktpreise.
yyp'G
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Formalstruktur des Kostenkalküls
„Offenes Entscheidungsfeld“ d.h. nur ein Teil der anstehender Entscheidung wird explizit
abgebildet der Rest
externe Effekte auf nicht abgebildete Bereiche Nachwirkungen auf die Zukunft
wird in aggregierter Form durch Konsequenzenbewertung berücksichtigt (Opportunitätskosten)
Theoretische Grundlage zur Isolierung von Teilentscheidungen: Dynamische Zerlegung Voraussetzungen:
die Zielfunktion des Entscheidungsproblems lässt sich additiv in Teilbeiträge zerlegen
die Teilentscheidungen lassen sich in eine Reihenfolge bringen, so dass jede Teilentscheidung nur Auswirkungen auf „spätere“ Entscheidungen hat.
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Formalstruktur dynamischer Optimierungsmodelle
Stufenmenge T := {1,2,....,T} auf jeder Stufe t T :
Menge Z(t) möglicher Zustände z(t) auf jeder Stufe t T für jeden Zustand z Z(t):
eine Zulässigkeitsmenge U(z,t) von Alternativen u eine Stufenzielfunktion g(z,u,t) eine Zustandstransformation (t+1) = f (z,u,t) oder
p(|z,u,t) = Prob{z(t+1) = |z,u,t}
Rückwärtsrekursive Optimierung der Wertfunktion
(z,t) = max E{[g(,z,u,t) + q (t+1)]|z,u} uu UU((zz,t) ,t)
Diskontfaktor
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Beispiel 1: Aufteilungsproblem
Mehrstufiger chemischer Prozess benötigt auf jeder Stufe einen Rohstoff, der nur in
beschränkter Menge zur Verfügung steht setzt man auf einer Stufe z Einheiten des Rohstoffs ein, so
bleibt eine Restmenge x des Rohstoffs übrig, die durch die Prozesssteuerung bestimmt wird; die entstehende Endproduktausbringung folgt einer differenzierbaren, strikt konkav steigenden Funktion f(z – x) die einen Deckungsbeitrag von p je Mengeneinheit erbringt
jede Prozessstufe erfordert Fixkosten von F.
Wieviele Prozessstufen sollten angesetzt werden? Wie sollten die Restmengen jeder Stufe gesteuert werden?
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Ansatz
Bei nur einer Stufe beträgt die Gesamtproduktmenge f(z), der Gewinn beträgt pf(z) – F.
Bezeichne Wn(z) den optimalen mit einem Rohstoffeinsatz z und n Stufen erzielbaren Gewinn
Dann gilt: Wn+1(z) = max {pf(z – x) – F + W} die optimale Prozesssteuerung auf Stufe n muss
pf‘(z – x) = W‘n(x)erfüllen.
durch rückwärtsrekursive Berechnung der Wertfunktionen für steigende Stufenanzahl lässt sich das Optimum der Gesamtentscheidung bestimmen.
Aufgabe: Durchführen für f(x) = x, p = 1 und F = 1, verfügbare Rohstoffmenge = 16.
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Beispiel 2: Lampenersatzproblem
Zustände: Alter z, = ausgefallen u = 0 (belassen); u = 1 (erneuern) Kosten des Ersatzes: 20 p(z) = az² Ausfallwahrscheinlichkeit einer Lampe, Alter z, wenn die Lampe am Anfang der Periode noch in Ordnung
ist und nicht ausgewechselt wird, kann sie trotzdem am Ende der Periode ausgefallen sein: Strafkosten: 60
Übergangswahrscheinlichkeiten p(|z,u)
p(|z,1) = 1 – p(0) = 1 für alle z
p(|,0) = 1
p(|z,0) = p(z) = az² für z
p(z + 1|z,0) = 1 – p(z) für z
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Periodenkosten c(|z,a)
Zustände: Alter z, = ausgefallen u = 0 (lassen); u = 1 (erneuern) Kosten des Ersatzes: 20 wenn die Lampe am Anfang der Periode noch in Ordnung
ist und nicht ausgewechselt wird, kann sie trotzdem am Ende der Periode ausgefallen sein: Strafkosten: 60
die Periodenkosten hängen vom (zufallsabhängigen) Endzustand ab!
c(|z,1) = 80 für alle z
c(|,0) = 60
c(|z,1) = 20 für z
c(z + 1|z,0) = 0 für z
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Wertfunktion (z)
)1(20);1()(1)(60)(min
)1())0(1())(60)(0(20
)1()(1)(60)(min)(
)1();(40min20
)1())0(1())(60)(0(20);(60min)(
)(),|()0,|(min)(1,0
qzqzpqzp
qpqp
zqzpqzpz
qpqpq
qazczpza
darin bezeichnet q den monatlichen Diskontfaktor
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Lösung der Bellmanschen Funktionalgleichung
durch „Wertiteration“: man „rät“ eine Ausgangskonstellation für (z) (alle z) man berechnet eine neue Schätzung der (z) (linke Seite) mit
den Ausgangswerten auf der rechten Seite der Funktionalgleichung
dieses Verfahren konvergiert (wenn auch i. allg. sehr langsam) gegen die Lösung
durch Politikiteration durch LP-Ansatz
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Politikiteration (Ronald A. Howard, 1960)
(vorzugsweise für q = 1; Minimierung der zeitlichen Durchschnittskosten)
Ansatz: (z) + = min E{[g(,z,u) + ()]|z,u} Man „rät“ eine Entscheidungsregel u(z), die jedem möglichen
Zustand eine (vermutlich) optimale Entscheidung zuordnet diese bestimmt die Übergangswahrscheinlichkeiten und die
Stufenzielbeiträge; die Minimierung wird überflüssig zu lösen bleibt ein lineares Gleichungssystem mit den
Unbekannten (z). dann überprüft man, ob die angenommene Politik die rechte
Seite der Funktionalgleichung maximiert und ändert sie ggf. entsprechend.
u
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Interpretation
lässt sich als die zeitlichen Durchschnittskosten interpretieren.
die (z) als optimale erwartete Abweichungen der Periodenkosten von den optimalen zeitlichen Durchschnittskosten für eine Periode, die mit Zustand z beginnt.
Methode konvergiert i.allg. viel schneller als Wertiteration.
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Durchschnittskostenansatz für das Lampenbeispiel
)1(20);1()(1)(60)(min
)1())0(1())(60)(0(20
)1()(1)(60)(min)(
)1();(40min20
)1())0(1())(60)(0(20);(60min)(
)(),|()0,|(min)(1,0
zzpzp
pp
zzpzpz
pp
azczpza
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LP-Ansatz
zunächst für allgemeines q(z) = max E{[g(,z,u) + q()]|z,u} (z) g(,z,u) + q p(|z,u) ()
(für alle u und jedes z)
Das gesuchte Maximum ist der kleinste Wert, der diese Ungleichungen erfüllt. Man kann also schreiben:
(z) = min {xz|xz p(|z,u) (g(,z,u) + qx}
Jedes einzelne xz wird genau dann minimal, wenn die Summe aller xz minimal wird
min{xz |xz p(|z,u) (g(,z,u) + qx(für alle u)}
u
xzz