Chemoenzymatische „Chiral-Pool”-Synthese von (+)-exo-Brevicomin aus Kohlenhydraten mit...

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M. Schultz, H. Waldmann, H. Kunz, W. Vogt 1019 Chemoenzymatische ,,Chiral-Pool"-Synthese von ( +)-em-Brevicomin aus Kohlenhydraten mit Fructose-1,6-diphosphat-Aldolase Michael Schultz, Herbert Waldmann*, Horst Kunz und Walter Vogt Institut fur Organische Chemie der Universitat Mainz, Becherweg 18-20, D-6500 Mainz Eingegangen am 7. Mai 1990 Key Words: Fructose 1,6-diphosphate / ( +)-exo-Brevicomin / Aldol reaction, enzymatic Chemoenzymatic "Chiral-Pool" Synthesis of (+)-exo-Brevicomin from Carbohydrates Using Fructose 1,6-Diphosphate Aldolase Fructose-l,6-diphosphate aldolase (EC 4.1.2.13) catalyzes the a-hydroxy ketone 3 is reduced with LiA1H4 to form the 1,2- stereospecific aldol reaction between 1,3-dihydroxyacetone diol 14 which is then deoxygenated to give the vinyl com- phosphate (4) and 5-oxohexanal (3) or its 5-dithiane-protected pound l? by treatment of the corresponding dixanthate 15 analog 8. The products of the aldol reactions are dephosphor- with tributyltin hydride or by treatment of the corresponding ylated with acid phosphatase (EC 3.1.3.2). Whereas the aldol mesylate 16 with sodium naphthalenide. The olefin 17 is finally adduct of 3 cyclizes spontaneously to give the bicyclic brev- converted to (+)-exo-brevicomin (1) by hydrogenation with icomin precursor 3, the adduct of 8 first has to be deprotected diimide. with sulfuryl chloride and wet silica gel. The resulting bicyclic ,,Ex-Chiral-Pool"-Synthesen ausgehend von Kohlenhy- draten haben sich als leistungsfahige Methoden fur den Auf- bau von Natur- und Wirkstoffen erwiesen'). Infolge der Po- lyfunktionalitat dieser Naturstoffe mussen dabei oft lange lineare und damit aufwendige Folgen von Reaktionen durchgefuhrt werden. Mit Hilfe der chemo-, regio- und ste- reoselektierenden Eigenschaften von Enzymen konnen Koh- lenhydrate in vielen Fallen in effizienter Weise ohne lang- wierige Schutzgruppenmanipulation in gewiinschte Ziel- strukturen umgewandelt werden'). Dieser Vorteil enzymka- talysierter Umsetzungen sollte es auch ermoglichen, die Sac- charide direkt und ohne Umwandlungen uberflussiger Ste- reozentren als ,,Chirons" in ,,Ex-Chiral-Pool"-Synthesen zu nutzen. In dieser Mitteilung wird das Prinzip dieser neuen Variante der Wirkstoffsynthese ausgehend von Kohlenhy- draten am Beispiel einer enantioselektiven Synthese des Pheromons (+)-exo-Brevicomin mit Hilfe der Fructose-1,6- diphosphat-Aldolase aus Kaninchenmuskel (FDP-Aldolase; EC 4.1.2.1 3) dargestellt 3b). Die FDP-Aldolase katalysiert die stereospezifische Bildung von D-tkreo-Diolen bei der Addi- tion von Dihydroxyacetonphosphat (DHAP, 4) an unter- schiedliche Aldehyde 3a). Dieses Enzym wurde insbesondere von Whitesides et al.3a) aber auch von Wong et al.4) und Effenberger et al. grundlich untersucht. Seine Eignung fur eine mogliche technische Anwendung ist ebenfalls von Wan- drey et al.6)demonstriert worden. Bei allen bisherigen An- wendungen wurde dieser Biokatalysator ausschliel3lich fur die Synthese von Kohlenhydraten oder von mit diesen strukturell nahe verwandten Substanzen herangezogen. Syn- thesen von Naturstoffen, die nicht den Kohlenhydraten zu- zurechnen sind, wurden unter Ausnutzung der vorhersag- baren Stereospezifitat dieser Aldolase bislang nicht durch- gefuhrt. Da DHAP auf enzymatischem Weg in den Aldolase-katalysierten Umsetzungen in situ aus Fructose- 1,6-diphosphat erzeugt werden kann 3a) und da das Hexo- sephosphat andererseits durch Fermentation von Rohrzuk- ker mit Backerhefe hergestellt wird 'I, sollten solche Synthe- sen eine neue Moglichkeit zur Verwendung des in grol3en Mengen nachwachsenden Rohstoffes Sucrose fur die orga- nische Synthese eroffnen. ( +)-exo-Brevicomin (1) ist ein Aggregationspheromon des Weib- chens der Borkenkafernart Dentroctonus brevicomis". Dieser Se- xuallockstoff ist unter okonomischen Gesichtspunkten von beson- derem Interesse, denn er dient zur Bekampfung dieses fur den Ko- niferenbestand IuDerst schadlichen Insekts. Allein in Nordamerika verursachte der Borkenkafer 1986 Verluste von ca. 3 Mio Tonnen Schlagholz. Durch mehrere Synthesen wurde die Verbindung in racemischer Form hergestellt '). Optisch reines ( +)-exo-Brevicomin, das in Feldversuchen eine hohere Wirksamkeit als das (-)-exo- und die endo-Isomeren zeigte, konnte durch ,,Chiral-Pool"- Synthesen oder durch eine stereospezifische Reduktion eines Ketonvorlaufers mit Hefe aufgebaut werden. Die retrosynthetische Analyse des Bicyclus 1 ergibt, dal3 das Pheromon ein inneres Acetal des (6R,7R)-6,7-Dihy- droxy-2-nonanons (2) ist (Schema 1). Die absolute Konfi- guration der D-tkveo-Diolstruktur entspricht damit der Ste- reochemie, die bei FDP-Aldolase-katalysierten Reaktionen aufgebaut wird. Die Synthese des enantiomerenreinen Isomers 1 sollte also mit Hilfe der enzymatischen Aldoltechnik unter Verwen- dung von 5-Oxohexanal12) (3) oder einem an der Ketogruppe selektiv geschutzten Derivat dieses Aldehyds gelingen. Diese Strategie wurde in fruheren Arbeiten bereits von Hoffmann et al.9a) und Koreeda et al.9b) eingeschlagen, wobei diese Au- Liebigs Ann. Chem. 1990, 1010-1024 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim, 1990 0170-2041/90/1010- 1019 $ 3.50+.25/0

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M. Schultz, H. Waldmann, H. Kunz, W. Vogt 1019

Chemoenzymatische ,,Chiral-Pool"-Synthese von ( +)-em-Brevicomin aus Kohlenhydraten mit Fructose-1,6-diphosphat-Aldolase Michael Schultz, Herbert Waldmann*, Horst Kunz und Walter Vogt

Institut fur Organische Chemie der Universitat Mainz, Becherweg 18-20, D-6500 Mainz

Eingegangen am 7. Mai 1990

Key Words: Fructose 1,6-diphosphate / ( +)-exo-Brevicomin / Aldol reaction, enzymatic

Chemoenzymatic "Chiral-Pool" Synthesis of (+)-exo-Brevicomin from Carbohydrates Using Fructose 1,6-Diphosphate Aldolase

Fructose-l,6-diphosphate aldolase (EC 4.1.2.13) catalyzes the a-hydroxy ketone 3 is reduced with LiA1H4 to form the 1,2- stereospecific aldol reaction between 1,3-dihydroxyacetone diol 14 which is then deoxygenated to give the vinyl com- phosphate (4) and 5-oxohexanal (3) or its 5-dithiane-protected pound l ? by treatment of the corresponding dixanthate 15 analog 8. The products of the aldol reactions are dephosphor- with tributyltin hydride or by treatment of the corresponding ylated with acid phosphatase (EC 3.1.3.2). Whereas the aldol mesylate 16 with sodium naphthalenide. The olefin 17 is finally adduct of 3 cyclizes spontaneously to give the bicyclic brev- converted to (+)-exo-brevicomin (1) by hydrogenation with icomin precursor 3, the adduct of 8 first has to be deprotected diimide. with sulfuryl chloride and wet silica gel. The resulting bicyclic

,,Ex-Chiral-Pool"-Synthesen ausgehend von Kohlenhy- draten haben sich als leistungsfahige Methoden fur den Auf- bau von Natur- und Wirkstoffen erwiesen'). Infolge der Po- lyfunktionalitat dieser Naturstoffe mussen dabei oft lange lineare und damit aufwendige Folgen von Reaktionen durchgefuhrt werden. Mit Hilfe der chemo-, regio- und ste- reoselektierenden Eigenschaften von Enzymen konnen Koh- lenhydrate in vielen Fallen in effizienter Weise ohne lang- wierige Schutzgruppenmanipulation in gewiinschte Ziel- strukturen umgewandelt werden'). Dieser Vorteil enzymka- talysierter Umsetzungen sollte es auch ermoglichen, die Sac- charide direkt und ohne Umwandlungen uberflussiger Ste- reozentren als ,,Chirons" in ,,Ex-Chiral-Pool"-Synthesen zu nutzen. In dieser Mitteilung wird das Prinzip dieser neuen Variante der Wirkstoffsynthese ausgehend von Kohlenhy- draten am Beispiel einer enantioselektiven Synthese des Pheromons (+)-exo-Brevicomin mit Hilfe der Fructose-1,6- diphosphat-Aldolase aus Kaninchenmuskel (FDP-Aldolase; EC 4.1.2.1 3) dargestellt 3b). Die FDP-Aldolase katalysiert die stereospezifische Bildung von D-tkreo-Diolen bei der Addi- tion von Dihydroxyacetonphosphat (DHAP, 4) an unter- schiedliche Aldehyde 3a). Dieses Enzym wurde insbesondere von Whitesides et al.3a) aber auch von Wong et al.4) und Effenberger et al. grundlich untersucht. Seine Eignung fur eine mogliche technische Anwendung ist ebenfalls von Wan- drey et al.6) demonstriert worden. Bei allen bisherigen An- wendungen wurde dieser Biokatalysator ausschliel3lich fur die Synthese von Kohlenhydraten oder von mit diesen strukturell nahe verwandten Substanzen herangezogen. Syn- thesen von Naturstoffen, die nicht den Kohlenhydraten zu- zurechnen sind, wurden unter Ausnutzung der vorhersag- baren Stereospezifitat dieser Aldolase bislang nicht durch-

gefuhrt. Da DHAP auf enzymatischem Weg in den Aldolase-katalysierten Umsetzungen in situ aus Fructose- 1,6-diphosphat erzeugt werden kann 3a) und da das Hexo- sephosphat andererseits durch Fermentation von Rohrzuk- ker mit Backerhefe hergestellt wird 'I, sollten solche Synthe- sen eine neue Moglichkeit zur Verwendung des in grol3en Mengen nachwachsenden Rohstoffes Sucrose fur die orga- nische Synthese eroffnen.

( +)-exo-Brevicomin (1) ist ein Aggregationspheromon des Weib- chens der Borkenkafernart Dentroctonus brevicomis". Dieser Se- xuallockstoff ist unter okonomischen Gesichtspunkten von beson- derem Interesse, denn er dient zur Bekampfung dieses fur den Ko- niferenbestand IuDerst schadlichen Insekts. Allein in Nordamerika verursachte der Borkenkafer 1986 Verluste von ca. 3 Mio Tonnen Schlagholz. Durch mehrere Synthesen wurde die Verbindung in racemischer Form hergestellt '). Optisch reines ( +)-exo-Brevicomin, das in Feldversuchen eine hohere Wirksamkeit als das (-)-exo- und die endo-Isomeren zeigte, konnte durch ,,Chiral-Pool"- Synthesen oder durch eine stereospezifische Reduktion eines Ketonvorlaufers mit Hefe aufgebaut werden.

Die retrosynthetische Analyse des Bicyclus 1 ergibt, dal3 das Pheromon ein inneres Acetal des (6R,7R)-6,7-Dihy- droxy-2-nonanons (2) ist (Schema 1). Die absolute Konfi- guration der D-tkveo-Diolstruktur entspricht damit der Ste- reochemie, die bei FDP-Aldolase-katalysierten Reaktionen aufgebaut wird.

Die Synthese des enantiomerenreinen Isomers 1 sollte also mit Hilfe der enzymatischen Aldoltechnik unter Verwen- dung von 5-Oxohexanal12) (3) oder einem an der Ketogruppe selektiv geschutzten Derivat dieses Aldehyds gelingen. Diese Strategie wurde in fruheren Arbeiten bereits von Hoffmann et al.9a) und Koreeda et al.9b) eingeschlagen, wobei diese Au-

Liebigs Ann. Chem. 1990, 1010-1024 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim, 1990 0170-2041/90/1010- 1019 $ 3.50+.25/0

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toren mit substituierten Allylboronsaureestern bzw. substi- tuierten Allylstannanen diastereomerenreine, racemische Verbindungen erhielten.

Bei den enzymkatalysierten Reaktion sollte neben dem Ketoaldehyd 3 auch das lipophilere dithiangeschutzte De- rivat 8 als mogliches Substrat der FDP-Aldolase gepruft werden. Der Aldehyd 8 wurde durch Kondensation von 2- Methyl-l,3-dithian (5) mit dern Chlorbutyraldehyd-acetal 6 und nachfolgende selektive Spaltung des Acetals mit hoher Ausbeute erhalten (Schema 2).

Schema 1

2 1

0 0 0 UH + HoJtoP<-

3 4

als Quelle fur enzymatisch generiertes DHAP ausgefuhrt werden.

Die Fructosediphosphat-Aldolase aus Kaninchenmuskel akzeptiert die Aldehyde 3 und 8 als Substrate und katalysiert ihre Umsetzung mit DHAP. Wahrend der ungeschutzte Ke- toaldehyd 3 gut wasserloslich ist und rasch reagiert, erfor- dert das dithiangeschutzte Derivat 8 einen Zusatz von 10 Vol% DMSO als losungsvermittelndem Cosolvens, um eine kurze Reaktionszeit zu erreichen. Um einen eindeutigen Reaktionsverlauf zu gewahrleisten, sind ein dreifacher Uber- schul3 der Aldehyde und ein moglichst niedriger pH-Wert notwendig. Andernfalls macht sich die Labilitat von Dihy- droxyacetonphosphat bei pH-Werten 2 66) bemerkbar (Halbwertszeit bei pH = 7: drei Tage), die zur Bildung von Methylglyoxal und dessen Folgeprodukten fuhrt. Dadurch wird die Ausbeute vermindert und die Produktisolierung stark erschwert. Bei pH = 6-6.5 wird aus dem Aldehyd (dreifacher Uberschul3) bei Verwendung von 50 Units Al- dolase pro mmol Dihydroxyacetonphosphat in 12 Stunden fur 5-Oxohexanal (3) ein Umsatz von 90% bestimmt. Das dithiangeschutzte Derivat 8 ergibt in Gegenwart von 150 Units Aldolase pro mmol DHAP einen Umsatz von 80% innerhalb von 24 Stunden (Schema 3).

Schema 3 ( = DHAP )

Schema 2

n r i BuLVTHF

30°C/90%.

5 6

s ~ : ] n 3NH2S04 . S n S 60% -H

7 8

Das fur die enzymatische Aldolreaktion benotigte Dihy- droxyacetonphosphat (4) kann entweder aus Fructose-1,6- disphosphat (FDP) und Triosephosphatisomerase in situ er- zeugt werden3), oder es muR durch enzymatische Synthese nach Whitesides et al. 13) oder durch chemische Synthese nach Effenberger und Straub 14) uber das Acetal des dimeren Dihydroxyacetons hergestellt werden.

Bisherige Untersuchungen 3-6,13,14) zeigen, dal3 bei den Al- dolase-katalysierten Aldolreaktionen unter Verwendung von extern hergestelltem Dihydroxyacetonphosphat ver- gleichsweise hohere Ausbeuten erzielt und Probleme bei der Isolierung der Aldoladdukte umgangen werden konnen. Zu- satzlich erfordern die reaktiven Aldehyde die Immobilisie- rung der Biokatalysatoren, besonders der Triosephosphat- isomerase, da dieses Enzym sonst rasch denaturiert wird. Daher schien die Verwendung von chemisch synthetisiertem Dihydroxyacetonphosphat fur das AuMinden eines enzy- matischen Weges zum ( + )-exo-Brevicomin zunachst am gunstigsten zu sein. Die im folgenden geschilderten enzym- katalysierten Umsetzungen konnen jedoch ebenso mit FDP

0

L 4 H

n X S H

a 3

I Aldolasei

DHAP 4 I 10 9

Gesamt- ausb. 35%

1 N HC104/CH2CIz HzO/Kieselgel

0

,,,&I Gesamtausb. 48%

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Die entstandenen Ketophosphate 9 und 10 werden in ein- facher Weise vom uberschussigen Aldehyd und von orga- nischen Verunreinigungen durch Fallung als Barium-Salze

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Chemoenzymatische ,,Chiral-Pool"-Synthese von ( + )-exa-Brevicomin 1021

abgetrennt und nach Behandlung rnit saurem Ionenaustau- scher rnit saurer Phosphatase (EC 3.1.3.2) enzymatisch de- phosphoryliert. Im Fall des selektiv geschiitzten Aldolad- dukts 10 erhalt man nach chromatographischer Reinigung das offenkettige Trio1 12, das durch Behandlung mit Sul- furylchlorid und feuchtem Kieselgel's' deblockiert und in das bicyclische Acetal 13 iibergefiihrt wird.

Im Gegensatz dazu ergibt sich aus dem ungeschutzten Ketoaldehyd 3 direkt ein Gemisch aus offenkettigem Al- doladdukt 11 und cyclischem Produkt 13 im Verhaltnis von 1 : 4. Durch Behandlung rnit 1 N Perchlorsaure in Methylen- dichloridga) kann das Gleichgewicht vollstandig zur Bildung des Acetals 13 verschoben werden. 'H- und 13C-NMR-spek- troskopisch erweist sich der so erhaltene Brevicomin-Vor- laufer 13 als diastereomerenreine Verbindung.

Um die Synthese des (+)-exo-Brevicomins zu vervoll- standigen wurde das a-Hydroxyketon 13 zum Diol reduziert und dieses dann desoxygeniert. Wahrend die direkte reduk- tive Eliminierung eines vicinalen Diols zum gesattigten Koh- lenwasserstoff in der Literatur nicht beschrieben ist, sind fur

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die Darstellung von Olefinen aus 1,2-Diolen mehrere Me- thoden bekannt 16). Unter diesen schien zunachst die radi- kalische Desoxygenierung nach Barton ") besonders geeig- net zu sein. Dazu wurde 13 rnit Lithiumtetrahydroaluminat in Diethylether rnit hoher Ausbeute zum Diol 14 reduziert und aus dem entstandenen Diasteromerengemisch (2: 1, laut 'H-NMR) das Dixanthogenat 15 synthetisiert (Schema 4).

Mit Tributylzinnhydrid kann aus 15 in siedendem Benzol jedoch in nur mal3iger Ausbeute das Olefin 17 gewonnen werden. Vor allem die Reinigung des Produkts von anhaf- tenden Zinnverbindungen erweist sich als verlustreich, so daD alternative Methoden erprobt wurden. Eine deutliche Ausbeutesteigerung fur die angestrebte Eliminierung er- bringt die Umsetzung des Dimesylats 16 rnit dem Radikal- anion des Naphthalins '*I. Neben der einfacheren Darstel- lung von 16 ist auch die Reaktionsfiihrung des Desoxyge- nierungsschritts unkomplizierter.

SchlieDlich wird die Doppelbindung des bicyclischen Ace- tals 17 nach einem von Hoffmann et al.9d) fur diese gegen Reduktion empfindliche Substanzklasse eingefuhrten Ver- fahren mit Diimid reduziert. Man erhalt so in ansprechen- der Ausbeute das Brevicomin 1. Sein 'H-NMR-Spektrum und sein spezifischer Drehwert belegen eindeutig, daR das ( +)-exo-Isomer in enantiomeren- und diastereomerenreiner Form vorliegt. Bei der enzymatischen Aldolreaktion und der nachfolgenden Cyclisierung wurde also die absolute Kon- figuration des Bicyclo-[3.2.l]octan-Systems in der ge- wunschten und erwarteten Weise gebildet.

Die erfolgreiche Uberfiihrung der Aldoladdukte 11 und 12 in das Pheromon 1 beweist e r n e ~ t ~ ~ ~ ) , daD bei den durch FDP-Aldolase katalysierten Reaktionen stets in vorhersag- barer Weise nur D-threo-konfigurierte Diole gebildet wer- den.

Die hier vorgestellte chemoenzymatische Synthese von ( +)-exo-Brevicomin (1) verkorpert das erste Beispiel fur den Aufbau eines Naturstoffs, der nicht den Kohlenhydraten zu- zurechnen ist, rnit Hilfe der FDP-Aldolase aus Kaninchen- muskel. Sie ist weiterhin ein Beispiel fur eine neue, auf dem Einsatz enzymkatalysierter Transformationen basierende Variante der ,,Chiral-Pool"-Synthesen ausgehend von Koh- lenhydraten. So wird das Brevicomin l auf diesem Weg in 7 Syntheseschritten erhalten, wahrend Redlich et al. '@) fur eine elegante chemische Synthese von ( + )-endo-Brevicomin aus D-Ribose etwa die doppelte Anzahl von Einzelschritten ausfiihren mufiten. Da zahlreiche Aldolasen in der Natur vorkommen, rnit deren Hilfe unterschiedliche Strukturele- mente aufgebaut werden konnen2,'9), sollte die hier vorge- schlagene Vorgehensweise vielfaltig anwendbar sein.

Experimenteller Teil Spezifische Drehwerte wurden mit einem Perkin-Elmer-Polari-

meter 241 gemessen. - IR-Spektren wurden mit einem Philips-PU- 9706-Gerat aufgenommen. - 400-MHz-lH- und 100.6-MHz-13C- NMR-Spektren wurden rnit einem Gerat Bruker AM 400, 200- MHz-'H- und 50.3-MH~-'~C-NMR-Spektren rnit einem Gerat Bruker AM 200 registriert. Alle chemischen Verschiebungen bezie- hen sich auf Tetramethylsilan als internen Standard. - Extink- tionsmessungen wurden mit einem Lambda-27-UV/VIS-Spektro-

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photometer von Perkin-Elmer durchgefuhrt. - Die verwendete Losung von Dihydroxyacetonphosphat (DHAP) wurde nach dem Verfahren von Straub und Effenbergeri4) hergestellt und bei +4"C und einem pH-Wert von 1.5 aufbewahrt (Gehalt der Standardlo- sung: 63 mmol/l). - Der enzymatische Assay fur Dihydroxy- acetonphosphat und die kolorimetrische Bestimmung von an- organischem Phosphat 21) wurden wie in der Literatur beschrieben durchgefuhrt. - Die Schmelzpunkte und Siedepunkte sind unkor- rigiert.

2-[3-(2-Methyl-l,3-dithian-2-yl)propyl)-l,3-dioxolan (7): In ei- nem mit Septum verschlossenen Zweihalskolben werden bei - 30°C zu einer Losung von 5.1 g (38 mmol) der 2-Methyl-1,3-dithian (5) in I00 ml frisch destilliertem Tetrahydrofuran unter Argon 24 ml (38 mmol) einer 1.6 M Losung von Butyllithium in Hexan in einer Portion rasch hinzugespritzt. Man ruhrt 2 h bei dieser Temp. und tropft dann innerhalb von 20 min 5.7 g (38 mmol) 2-(3-Chlorpro- pyl)-l,3-dioxolan (6) unter kraftigem Ruhren zur Reaktionsmi- schung. Nach 18 h gieI3t man das Gemisch auf 400 ml Wasser, sattigt die waRrige Phase mit Natriumchlorid und extrahiert vier- ma1 mit je 100 ml Chloroform. Die vereinigten organischen Phasen werden je dreimal rnit 100 ml7proz. Kaliumhydroxid-Losung und 100 ml Wasser gewaschen, mit Kaliumcarbonat getrocknet und i.Vak. zur Trockne eingeengt. Der erhaltene Ruckstand wird ohne weitere Reinigung fur die nachfolgende Umsetzung verwendet; Ausb. 9.8 g (goo/,), Rf = 0.58 [Petrolether/Ethylacetat, 1 : 2 (v/v)].

4-(2'-Methyl-1',3'-dithian-2'-yl)butanal (8): Eine Losung von 7.2 g (30 mmol) des Dioxolans 7 in 120 ml Tetrahydrofuran wird rnit 120 ml 3 N Schwefelsaure versetzt und das Gemisch 45 min bei Raumtemp. geruhrt. Nach Neutralisieren rnit ges. Natriumcarbo- nat-Losung wird funfmal rnit je 100 ml Methylendichlorid extra- hiert. Die vereinigten organischen Phasen werden rnit Kaliumcar- bonat getrocknet, i.Vak. vom Losungsmittel befreit, und der Ruck- stand wird rnit Hilfe einer Olpumpe destilliert; Ausb. 3.5 g (60%), Sdp. 12O0C/O.01 Torr. - 200-MHz-lH-NMR (CDCI?): 6 = 9.7 (m, IH, 1-H), 2.87-2.65 (m, 4H, 4-H2, 6'-H2), 2.46-2.39 (m, 2H, 2- H2), 1.97-1.52 (m, 6H, 3-H2, 4-H2, 5'-H2), 1.52 (s, 3H, 2'-CH3).

C9HI50S2 (203.3) Ber. C 52.90 H 7.89 S 31.38 Gef. C 52.77 H 7.74 S 31.36

Enzymatische Umsetzung des dithiangeschiitzten Ketoaldehyds 8 rnit 1,3-Dihydroxyacetonphosphat (4) zu (3S,4R)-1,3,4-Trihydroxy- 7-(2'-methyE-1',3'-dithian-2'-yl)-2-heptanon (12): Zu einer Losung von 7.5 mol DHAP in 600 ml Wasser (pH = 6.3)14) wird eine Lo- sung von 3.2 g (15 mmol) 8 in 60 ml DMSO gegeben. Der pH-Wert wird erneut auf 6.3 eingestellt und man fugt 600 Units Aldolase hinzu. Der Fortgang der Reaktion wird durch enzymatische Be- stimmung des Gehaltes an DHAP kontrolliert. Nach 24 h werden erneut 600 Units Aldolase zugesetzt und nach insgesamt 48 h be- trggt der Umsatz 80%. Die Reaktionsmischung wird i. Vak. bei einer Badtemp. von max. 40°C bis auf 100 ml konzentriert und mit einer Losung von 5.0 g (20 mmol) Bariumacetat in 20 ml Wasser versetzt. Man stellt den pH-Wert mit 2 N NaOH auf 8.0 ein, gibt 500 ml Aceton zu und trennt das ausgefallene Bariumsalz nach 16stdg. Stehenlassen bei +4"C durch Zentrifugieren ab. Der Nie- derschlag wird rnit Aceton und Ether gewaschen, i.Vak. getrocknet und dann in 120 ml Wasser suspendiert. Die Suspension wird 8 h rnit 40 ml Ionenaustauscher Dowex WX-SH+ geruhrt, zentrifugiert und der pH-Wert rnit 1 N HCI auf 5.0 eingestellt. Man gibt 100 Units saure Phosphatase zu und laRt 48 h bei Raumtemp. stehen. Die Losung wird gefriergetrocknet und der Ruckstand dreimal mit je 100 ml Methylendichlorid digeriert, jeweils abfiltriert, und die vereinigten organischen Phasen werden i. Vak. eingedampft. Der Ruckstand wird durch Flash-Chromatographie gereinigt

[Petrolether/Ethylacetat, 1 : 4 (viv)]; Ausb. 740 mg (35%), =

+20.4 (c = 0.94, in CH2CI2). - 400-MHz-lH-NMR ([D,]DMSO): 6 = 5.05 [d, J(3-OH/3-H) = 6.6 Hz, l H , 3-OH1, 4.81 [dd, J(1- OH/1-Ha) = 5.84 Hz, J(l-OH/l-H,) = 5.82 Hz, 1 H, I-OH], 4.62 [d, J(4-OH/4-H) = 7.3 Hz, 1 H, 4-OH1, 4.34 [dd, J(I-H,/I-Hb) = 19.2 Hz, J(1-HJl-OH) = 5.6 Hz, l H , l-HJ, 4.23 [dd, J(l-Hb/ 1-OH) = 6.1 Hz, IH, l-Hb], 3.96 [dd, J(3-H/4-H) = 2.4 Hz, IH, 3-H], 3.7 (dd, IH, 4-H), 2.8 (m, 4H, 4-H2 und 6'-H2), 1.87-1.78 (m, 4H, 5-H2, 5'-H2), 1.51 (s, 3H, 2'-CH3), 1.47-1.33 (m, 4H, 6-H2 und 7-H2). C12H2204S2 (294.4) Ber. C 48.95 H 7.53 Gef. C 48.90 H 7.60

Enzymatische Umsetzung des Ketoaldehyds 3 mit 1,3-Dihydro- xyacetonphosphat (4) zu ( 1 'S,S'R,7'S) -2-Hydroxy-1- (5'-methyl- 6,8'-dioxabicyclo[3.2.l]octan-T-yl)ethanon (13): Zu einer Losung von 7.5 mol DHAP in 600 ml Wasser (pH = 6.3)14) wird eine Lo- sung von 4.0 g (35 mmol) 5-Oxohexanal (3) gegeben. AnschlieDend werden 400 Units Aldolase zugesetzt und der Ansatz wird, ohne zu ruhren, bei Raumtemp. stehengelassen. Nach 16 h ergibt die en- zymatische Analyse einen Umsatz von 90%. Die waRrige Reak- tionslosung wird bei einer Badtemp. von max. 40°C i.Vak. auf 60 ml konzentriert, rnit 5.0 g (20 mmol) Bariumacetat versetzt und der pH-Wert rnit 2 N NaOH auf 8.0 eingestellt. Nach Zugabe von 500 ml Aceton la& man 16 h bei +4"C stehen und isoliert dann die ausgefallenen Bariumsalze durch Zentrifugieren. Der Nieder- schlag wird rnit Aceton und Ether gewaschen, in 150 ml Wasser suspendiert und rnit 40 ml einer Aufschlammung von Amberlite H' (IR-120, 16-45 mesh) 8 h geruhrt. Nach Abfiltrieren vom Ionen- austauscher wird der pH-Wert auf 4.8 eingestellt, und man versetzt rnit 100 Units saurer Phosphatase. Nach beendeter Reaktion (48 h) wird die Losung gefriergetrocknet und das Lyophilisat funfmal mit Methylendichlorid digeriert. Die vereinigten organischen Phasen werden rnit MgS04 getrocknet, filtriert, i.Vak. eingeengt, und der sirupose Ruckstand wird durch Flash-Chromatographie gereinigt [Petrolether/Ethylacetat, 1 : 3 (v/v)]; Ausb. 700 mg (48%), [or]:: = f6.3 (C = 1.16, CH2C12). - 400-MHz-lH-NMR ([D,]DMSO): 6 = 4.97 [dd, J(OH/2-Ha) = 6 Hz, J(OH/?.-H,) = 5.9 Hz, 1 H, OH], 4.54 (br., lH, 7'-H), 4.48 (br., IH, 1'-H), 4.32 [dd, J(2-HJ 2-Hh) = 19.6 Hz, l H , 2-Ha],4.22(dd, 1H,2-Hh) 1.76-1.51 (m, 6H, 2'-H2, 3'-H2, 4'-H2), 1.40 (s, 3 H, 5'-CH3).

C9H1404 (186.2) Ber. C 58.05 H 7.58 Gef. C 58.05 H 7.27

a-Hydroxyketon 13 durch Spaltung des Dithioacetals 12'? Zu einem Gemisch aus 300 mg (1 mmol) 12, 10 ml Methylendichlorid, 1 ml Wasser und 1.0 g Kieselgel 60 (Merck) wird bei Raumtemp. eine Losung von 56 mg (2 mmol) Sulfurylchlorid in 5 ml Methy- lendichlorid langsam getropft. Die Suspension wird fur ca. 5 min im Ultraschallbad belassen, mit 500 mg K2C03 v:rsetzt und an- schlieRend filtriert. Man wascht das Kieselgel mehrmals mit Me- thylendichlorid und engt die vereinigten organischen Phasen i.Vak. ein. Durch Flash-Chromatographie [Petrolether/Ethylacetat, 1 : 3 (v/v)] wird der Bicyclus 13 isoliert; Ausb. 150 mg (75%). Die Ver- bindung ist in allen spektroskopischen Eigenschaften mit der aus 3 erhaltenen identisch.

( 1 RS,l 'S,S'R,7'S)-l- (S'-Methyl-6',8'-dioxabicyclo(3.2.1]octan- 7'-yI)-l,2-ethandiol (14): Zu einer Suspension von 0.114 g (3 mmol) LiAIH4 in 15 ml absol. Diethylether wird bei Raumtemp. eine Lo- sung von 0.23 g (1.2 mmol) des a-Hydroxyketons 13 in 10 ml absol. Ether zugetropft. Nach 2 h zerstort man das uberschussige Hydrid rnit wenig Wasser, filtriert und wascht den Niederschlag dreimal rnit je 30 ml Ether. Die vereinigten organischen Phasen werden mit MgS04 getrocknet, filtriert und i. Vak. konzentriert. Man erhalt das gewunschte Diol als ein farbloses, analysenreines Diastereomeren- gemisch (Verhaltnis der Diastercomeren laut 'H-NMR: ca. 2: 1);

Liebigs Ann. Chem. 1990, 1019-1024

Chemoenzymatische ,,Chiral-Pool"-Synthese von ( +)-exo-Brevicomin 1023

Ausb. 0.21 g (90%), [a]? = +45.7 (C = 1, CH2Cl2). - 400-MHz- 'H-NMR (CDCI,): 6 = 4.49 (br., 1 H, 1'-Ha), 4.37 (br., 1 H, 1'-Hb), 4.11 (d, IH, 7'-H3, 3.94 (d, l H , 7'-Hh), 3.79-3.49 (m, 3H, 2-Hz, 1-H), 1.87-1.46 (m, 6H, 2-H2, 3-H2, 4-Hz), 1.43 (s, 3H, 5'-CH3,), 1.39 (S, 3H, 5'-CH3b).

C9HI6O4 (188.2) Ber. C 57.43 H 8.57 Gef. C 57.22 H 8.93

{Dimethyl)-0,O'- ((1 RS,1'S,5'R,7'S)-l-(5'-methyl-6,8'-dioxabi- cyclo[3.2.1 ]octan-7-yl) -1,2-ethandiyl/bis(dithiocarbonat~ (15): Eine Losung von 0.22 g (1.2 mmol) des Diols 14 in 20 ml absol. Tetra- hydrofuran wird mit 0.13 g (5.4 mmol) Natriumhydrid (80proz. in Paraffin) und 0.04 g (0.6 mmol) Imidazol versetzt und 2 h unter trockenem Argon bei Raumtemp. geriihrt. Im Abstand von 15 min werden zunachst 0.3 ml(5 mmol) und dann 0.2 ml(3.2 mmol) frisch destilliertes Methyliodid zugegeben. Nach weiteren 15 min wird das Reaktionsgemisch rnit 100 ml Ether verdiinnt und die organische Phase einmal mit 50 ml Wasser, zweimal mit 50 ml 1 N Salzsaure und erneut rnit 50 ml Wasser extrahiert. Die etherische Phase wird mit MgS04 getrocknet, der Ether i.Vak. abdestilliert und der Riick- stand durch Chromatographie an Kieselgel rnit Ethylacetat/Pe- trolether [I : 5 (v/v)] gereinigt; Ausb. 0.26 g (6O%, Diastereomeren- gemisch a/b = 2: l), [a]? = +35.5 (c = 1, CH,CI,). - 200-MHz- 'H-NMR (CDCI,): 6 = 6.2 (m, 1 H, 1-H), 4.96 [dd, J(10-HJl-H) =

4.50 (br., 111, 1'-H), 4.30 [d, J(7'-H,'l'-H) = 4.5 Hz, l H , 7'-H], 2.56 (s, 3H, SCH,), 2.51 (s, 3H, SCH3), 1.82-1.59 m, 6H, 2'-H2, 3'-H2,

C13H2004S4 (369.5) Ber. C 42.36 H 5.47 Gef. C 42.10 H 5.70

{(l RS,l'S,YR,7'S) -1- (S-Methyl-6',8'-dioxabicyclo[3.2.l]octan- 7'-yl)-l,2-ethandiyl)bis(methansulfonat) (16): Eine Losung des Diols 14 (60 mg, 0.32 mmol) in 5 ml absol. Pyridin wird bei 0°C rnit 250 mg (2.2 mmol) Methansulfonylchlorid in 5 ml Pyridin ver- setzt. Nach 4 h wird die Reaktion durch Zugabe von 0.2 ml Wasser beendet und die Reaktionsmischung i. Vak. konzentriert. Der er- haltene Ruckstand wird in 50 ml Methylendichlorid aufgenommen und die organische Phase rnit je zweimal 25 ml 1 N HCl, ges. NaHC03-Losung und Wasser extrahiert. Nach Trocknen rnit K2C03 und Abdestillieren des Losungsmittels i. Vak. wird das Roh- produkt durch Flash-Chromatographie mit Petrolether/Ethylace- tat [2: 1 (v/v)] gereinigt; Ausb. 89 mg (SOYO, Diastereomerengemisch im Verhaltnis 2: I), [a]? = +45.6 (c = 0.9, CH2CIz). - 400-MHz- 'H-NMR (CDCI3): 6 = 4.63 (m, lH, 1-H), 4.48 (br., l H , 7'-H), 4.4-4.2 (m, 3H, I-H, 10-H), 3.11 und 3.06 (2 s, 6H, S02CH3), 1.85-1.5 (m, 6H, 2-H, 3-H, 4-H), 1.42 und 1.39 (2 s, 3H, CH,). CllHZ008S2 (344.4) Ber. C 38.36 H 5.85 Gef. C 38.65 H 6.12

(1S,5R,?S)-7-Ethenyl-5-methyl-6,8-dioxabicyc1o[3.2.1]octan (17). - a) Durch Eliminierung aus 15: Man lost 0.2 g (0.54 mmol) 15 in 10ml absol. Benzol und erwarmt unter trockenem Argon zum RiickfluB. Durch ein Septum spritzt man dazu innerhalb von 5 min eine Losung von 1.6 g (0.54 mmol) Trihutylzinnhydrid in 10 ml Benzol. Die Reaktionsmischung wird I8 h unter RiickfluB erhitzt, wobei sie sich entfarbt und man dunnschichtchromatogra- phisch [Petrolether/Ether = 9: 1 (v/v)] kein Ausgangsprodukt mehr nachweisen kann. Die Losung wird rnit 100 ml Ether ver- dunnt und zweimal rnit je 30 ml Wasser, 30 ml 1 N HCI und erneut 30 ml Wasser gewaschen. Die organische Phase wird rnit MgS04 getrocknet, abfiltriert und das Losungsmittel i.Vak. bei 0°C ab- destilliert. Zweimalige Flash-Chromatographie mit Petrolether,' Ether [9: 1 (v/v)] liefert das Olefin 17; Ausb. 30 mg (36%), [a]? =

8.7 Hz, J(2-HJ2-Hb) = 12.2 Hz, l H , 2-Ha], 4.82 (dd, IH, 2-Hb),

4'-H2), 1.44 (s, 3H, 5'-CH3).

+26 ( C = 0.93, CHjOH). - 400-MHz-*H-NMR (CDC13): 6 = 5.88 [ddd, JtrKns = 17 Hz, Jcls = 10 Hz, J(9-H/7-H) = 7 Hz, l H , 9-HI, 5.26 (d, I H , trans-H), 5.11 (d, IH, cis-H), 4.41 (d, 1 H, 7-H), 4.19 (br., 1 H, I-H), 1.65-1.5 (m, 6H, 2-H2, 3-H,, 4-H,), 1.45 (s, 3H,

5-CH3). Die NMR-Daten stimmen mit den Angaben') fur die ra- cemische Verbindung iiberein.

b) Durch Eliminierung aus 1619): Eine unter Luft- und Feuchtig- keitsausschluI3 hergestellte Mischung aus 1 .O g Naphthalin und 170 mg Natrium in 15 ml Tetrahydrofuran wird 4 h bei Raumtemp. geriihrt. Von der griinen Losung werden dann durch eine Serum- kappe 4 ml rnit einer Spritze entnommen und bei Raumtemp. zu einer Losung von 16 (60 mg, 0.174 mmol) in 5 ml Tetrahydrofuran getropft bis die grune Farbe bestehen bleiht. Nach 15 min wird die Reaktionsmischung rnit 1 -2 Tropfen Wasser versetzt, filtriert und rnit K&03 getrocknet. Das Losungsmittel wird bei 0°C i.Vak. ent- fernt und der Ruckstand durch Flash-Chromatographie gereinigt [Pentan/Ether, 1O:l (viv)]; Ausb. 27 mg (55%). Die Verbindung ist in allen spektroskopischen Eigenschaften mit der aus 15 erhaltenen identisch.

(iR,5S,7R)-?-Ethyl-5-methyl-6,8-dioxabicyc~o[3.2.~~o~tan [( +)- exo-Brevicomin] (1): Eine Suspension von 0.8 g Azodicarbonsiiu- redikaliumsalz in 5 ml Acetonitril wird mit einer Liisung von 150 mg (0.97 mmol) des Olefins 17 in 2 ml Acetonitril versetzt. Man tropft bei -20°C 0.2 ml Eisessig hinzu, gieI3t die Mischung nach Istdg. Riihren bei 0°C auf 30 ml eines Ether/Wasser-Gemisches [2: 1 (v/v)], trennt die organische Phase ah und trocknet sie rnit MgS04. Das Losungsmittel wird bei max. 0°C i.Vak. entfernt und der Ruckstand durch Flash-Chromatographie rnit Pentan/Ether [lo: 1 (v/v)] gereinigt; Ausb. 90 mg (60%), [a]? = +72.3 ( c = 1.2, Ether) (Lit.""); [a]g = +84.1 (c = 2.2, Ether), Lit.""': [a]C = ~ 6 7 . 7 ( c = 1.0, Ether), Lit.""): [a]: = t 6 9 f 3 (t = 2-4, Ether)). - 400-MHz-lH-NMR (CDCl,): 6 = 4.1 I (breit, 1 H, 7-H), 3.91 (t, 1H, I-H), 1.5-1.7 (m, 8H, 2-H2, 3-H2, 4-H2, 7-CH2), 1.40 (s, 3H, 5-CH3), 0.89 (t, 3H, 7-CH2CH3). Die NMR-Daten stimmen mit den Literaturangaben'""+") iiberein.

CAS-Registry-Nummern

1: 20290-99-7 ,' 3: 505-03-3 14: 10030-20-3 / 5 : 6007-26-7 J 6: 16686- 11-6 / 7: 128084-16-2 / 8: 128084-17-3 / 12: 128084-21-9 / 13: 128084-22-0 / 14 (Isomer 1): 128084-18-4 / 14 (Isomer 2): 128161- 80-8 / 15 (Isomer 1): 128084-19-5 / 15 (Isomer 2): 128161-81-9 / 16 (Isomer 1): 128084-20-8 / 16 (Isomer 2): 128161-82-0 / 17: 128161- 83-1

') S. Hanessian, Total Synthesis of Natural Products: The "Chiron" Approach (Organic Chemistry Series, J. E. Baldwin Hrsg.), Vol. 3, Pergamon Press, Oxford 1983.

*) Fur eine ubersicht, in der die Verwendungsmoglichkeiten von Enzymen in der Kohlenhydratchemie beschrieben werden, siehe: E. J. Toone, E. S. Simon, M. D. Bednarski, G. M. Whitesides, Tetrahedron 45 (1989) 5365. 3a) M. D. Bednarski, E. S. Simon, N. Bischofberger, W.-D. Fess- ner, M.-J. Kim, W. Lees, T. Saito, H. Waldmann, G. M. Whi- tesides, J. Am. Chem. SOC. 111 (1989) 627, und dort angegebene Literatur. - 3b) Vorlaufige Mitteilung: M. Schultz, H . Wald- mann, W. Vogt, H. Kunz, Tetrahedron Lett. 31 (1990) 867.

4, J. R. Durrwachter, C.-H. Wong, J. Org. Chem. 53 (1988) 4175. ') T. Ziegler, A. Straub, F. Effenberger, Angew. Chem. 100 (1988)

737; Angew. Chem. Znt. Ed. Engl. 27 (1988) 716. 6, B. Bossow, Dissertation, Univ. Bonn 1989. 7, C. Neuberg, H. Lustig, J. Am. Chem. SOC. 64 (1942) 2722. *) R. M. Silverstein, J. Chem. Educ. 45 (1968) 794. 9, Synthesen der racemischen Verbindung: 9a) R. W. Hoffinann, B.

Kemper, R. Metternich, Liebigs Ann. Chem. 1985, 2246. - 9h) M. Koreeda, Y. Tanaka, Tetrahedron Lett. 28 (1987) 143. - 9c) S. S. M. Singh, A. C. Oehlschlager, Can. J. Chem. 66 (1988) 209. - Fur eine ausfuhrliche Zusammenstellung der Synthesen von (+)-exo-Brevicomin siehe die unter 9c) ange ebene Literatur.

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1024 M. Schultz, H. Waldmann, H. Kunz, W. Vogt

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") K. Alder, H. Betzing, R. Kuth, Liebigs Ann. Chem. 1959, 73. 13) C.-H. Wong, G. M. Whitesides, J. Org. Chem. 48 (1983) 3199. j4) F. Effenberger, A. Straub, Tetrahedron Lett. 28 (1987) 1641. 15) M. Haio. R. Masuda. Tetrahedron Lett. 1976. 613.

E. Block; Org. React.' 30 (1984) 457. j7) A. G. M. Barrett. D. H. R. Barton. R. Bielski. J. Chem. SOC.,

Perkin Trans. 1, i978, 2378. ") J. C. Carnahan, W. D. Closson, Tetrahedron Lett. 1972, 3447. ") Iya) Fur eine Ubersicht siehe: G. M. Whitesides, C. H. Wong,

Angew. Chem. 97 (1985) 617; Angew. Chem. Int. Ed. Engl. 24 (1985) 617. - 19b) J. Bolte, C. Demuynck, H. Samaki, Tetrahedron Lett. 28 (1987) 5525. - 19') C. F. Barbas, Y.-F. Wang, C.-H. Wong, J. Am. Chem. Soc. 112 (1990) 2013.

20) H. U. Bergmeyer, Methods of Enzymatic Analysis, 3rd ed., Vol. 6, Verlag Chemie, Weinheim 1984.

21) H. U. Bergmeyer, Methods of Enzymatic Analysis, 3rd ed, Vol. 7, Verlag Chemie, Weinheim 1984.

C91/901

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