Cahiers eins

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em er ihn hält, jedoch gut recherchiert und überzeugend präsentiert. So verweist er beispielsweise auf die Forschungsarbeit des deutschen Wissenschaftlers Wilhelm Kühn pposed to pictorialism, which privileged the completed atmospherical and subjective picture before the subject, the ‘Neue Sachlichkeit’, as initiated by German photographe rund dieser Tatsache werden unsere Überstunden nicht bezahlt. Maßregelung durch Gehaltskürzung. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass wir gerade 50 Euro für drei Stund e nicht mehr darüber reden. Was ich von diesem Arbeitstag mitgenommen habe, außer Wut und dem Gefühl ausgebeutet worden zu sein? Zwei Regeln, die in jeder zukünftig m fotografischen Auslöser markiert die refle�hafte Reaktion einer Gesellschaft der ähnlich und immer ähnlicher Denkenden. Aus Schuss und Gegenschuss, aus diesem bekan m fotografischen Auslöser markiert die refle�hafte Reaktion einer Gesellschaft der ähnlich und immer ähnlicher Denkenden. Aus Schuss und Gegenschuss, aus diesem bekan ach den Flaming Star-Filmstills vorführte, ist zwischenzeitlich in der Wirklichkeit tatsächlich ein wahrer Todernst geworden. Und nurmehr noch die globalisierte zeitgenös um of the picture. But it is something else, something that is not visible in the picture, something about the absence of the present. It changes the reading of the photograph a olle in der Kommunikation und Informationsverbreitung spielte und spielt, als Möglichkeit, die Zensur und Kontrolle der Staatsmacht zu umgehen, zu täuschen oder auch wenn überhaupt lösbare. Die Grenzen der �Fotoszene� zu überschreiten ist allerdings sehr viel schwieriger, als ich es mir vorgestellt habe. Aber vielleicht ist das auch gar nic ss eingegangen zu sein; und bin sehr glücklich, dass ich das sagen kann. Jeder einzelne Aspekt der Bücher ist genau so, wie ich ihn haben wollte, und das funktioniert auch, w emanden finden, der die Dinge mag, die man macht. Auf die Frage einer Kunstkritikerin, ob denn Künstler in schwierigen und riskanten Situationen weiterhin im Studio arb Auf die Frage einer Kunstkritikerin, ob denn Künstler in schwierigen und riskanten Situationen weiterhin im Studio arb h Künstler denn überhaupt erlauben dürfen, zu fragen oder eine Arbeit zu beginnen. Nicht nur für ihn braucht die Kunst eine gewisse Distanz zu den Dingen und auch eine A as Gefühl von �Ich bin nicht hier�? Bilder können vereinzelt schon vortäuschen, eine Geschichte zu erzählen, aber im romka magazine habe ich davon Abstand genommen. I st, nach Hinweisen auf die neuen Informationen sucht, geht mir das Herz auf. Was seltsam ist, denn genau diese Notwendigkeit von e�ternen Informationen ist das, was mir amera mit Internetanschluss haben, hat ja (zumindest theoretisch) jeder die Möglichkeit, ein Foto zu machen, das noch am selben Tag auf der ganzen Welt gesehen wird. �e �e scape photographer Michael Kenna, the American installation artist Jim �ampbell and the American photographer Duane Michaels. Besides these professionals there is a gre nd Raum sichtbar, die Maske unserer Tage, der echte Körper der Künstlerin, ihre Freiheiten zu kombinieren, wenn sie beispielsweise gleich zwei Bildikonen Warhols zu eine n Vordergrund, sind aber auch in ihren Blumenstillleben zu erkennen, dem Dürer-Videobild und vor allem in ihren filmischen Arbeiten. Accordingly, a photograph is the visu mong others. By releasing the shutter the shades within the camera lens open and the chemicals on the film capture the light that makes visible what was in front of the came ema in der Arbeit ist es, den Blick des Opfers auf seinen Mörder kurz vor seinem Tod zu bannen, zu untersuchen und zu hinterfragen. Den Mörder zu zeigen. Auf die Method n jedweder Art das Land verlassen. Das Regime will Bilder löschen und verschwinden lassen und macht nicht nur Jagd auf Zivilisten, sondern vor allem auch auf professione ph as a copy of reality has begun to totter, not just since the invention of digital photography. What we see in a photograph doesn’t necessarily represent the ‘real’ world anym ture of a pond and not the pond itself. Es ist eher so, dass beidem eine gemeinsame Fragestellung zugrunde liegt, und zwar die Suche nach dem guten oder auch zeigenswert ch endloses Scrollen aufgesaugt werden kann, verlieren die abgeschlossenen Einheiten – die Seite, die Serie, das Buch, die Ausstellung – zunehmend an Relevanz. Ein Liebling yp Fotograf, der eine Idee hat und dann an dieser Idee festhält und einen Rahmen für sein Projekt festlegt. So arbeite ich nicht. Ich bin wie ein Wanderer. Selbst wenn ich Fot . Wie ich schon sagte, ich suche meine Fotos zusammen und schöpfe daraus. Es ist sehr, sehr fle�ibel. �olor always suggests emotion and evokes feelings. It is also prone to bei s. As far as I can see, this is the only way that makes sense, if simplicity, distance, reticence and the absence of comment and �over-intellection” are our primary objectives. Th ed observation. Die Repräsentation von Gewalt in medialen Zeichensystemen bringt somit immer auch ein Potential an darstellerischer und narrativer Fiktionalität mit sic ist somit mitnichten trivial hier zu betonen, dass es einen gewaltigen Unterschied für das Erlebnis ausmacht, etwa einem Todesschützen (Sniper) real gegenüberzustehen od de, kathartische Wirkung entfaltet. Wir brauchen, so zynisch und parado� es auch klingen mag, folglich auch die Sichtbarkeit von Bildern des Todes und der Gewalt in unser enn man in eine Fotoausstellung geht, die schlicht den Künstlernamen als Titel trägt und mit einem Portrait wirbt, das gleichzeitig schrill und konventionell wirkt? Eigentli er ein Mädchengesicht gelegt ist, deutet eine unkaschierte, vielschichtige Überblendung von Vorstellungen, Bildformen und ja, wenn man so will, auch Theorien der Abbildh ere is nothing in this world that does not have a decisive moment.” As previously worked out, correspondence between photography and haiku poetry undeniably e�ists. How ere is nothing in this world that does not have a decisive moment.” As previously worked out, correspondence between photography and haiku poetry undeniably e�ists. How ritische Auseinandersetzungen, sind immer seltener anzutreffen. Stattdessen der Rat von namhaften Kritikern: wenn etwas nicht gefällt, dann sprich einfach nicht darüber. das Schweigen der Indifferenz, die den Gesetzen der Aufmerksamkeitsökonomie folgt. Digitale Kameras, internetfähige Smartphones und Photo Apps wie Instagram revolut ommen zahlreicher neuer fotokünstlerischer Pra�en in den Bildenden Künsten, längst in einem Zustand der ‚Post-Photography’. Es eröffnen sich dabei viele Konkurrenzen w oße und kleine Ereignisse im Privatleben. Gleichzeitig geht es in praktisch jedem Fotomagazin um Kunst, Mode, Lifestyle und so weiter. romka soll die Fotografie für das feier oto Professionals oder fotokünstlerische Bilderproduzenten nennen wollen, und dabei oftmals auf ihre zertifizierten akademischen Ausbildungswege verweisen, dieser aktu oto Professionals oder fotokünstlerische Bilderproduzenten nennen wollen, und dabei oftmals auf ihre zertifizierten akademischen Ausbildungswege verweisen, dieser aktu oto Professionals oder fotokünstlerische Bilderproduzenten nennen wollen, und dabei oftmals auf ihre zertifizierten akademischen Ausbildungswege verweisen, dieser aktu d wir aber nicht gleichzeitig auch dabei, ihre phänomenale Wiederauferstehung in Form neuer vitaler post-fotokünstlerischer Praktiken zu erleben? Nun führt aber auch d offiziellen Medienbildern der institutionellen und politischen Berichterstattungen, sondern vielmehr auch zu einer fatalen gegenseitigen Konkurrenz, die wiederum zu ein hen alles und nichts. Wir sind blind.� Step by step, the viewer unveils a new set of pictures. No two sets of pictures can be seen simultaneously and the viewer, who is driven hese photographs. The possibility to go back and forth, to view and re-view certain images does not only show the importance of time, but over and above the manifestation m ironischen Augenzwinkern in seiner Elvis-Siebdruck-Reihe nach den Flaming Star-Filmstills vorführte, ist zwischenzeitlich in der Wirklichkeit tatsächlich ein wahrer To m ironischen Augenzwinkern in seiner Elvis-Siebdruck-Reihe nach den Flaming Star-Filmstills vorführte, ist zwischenzeitlich in der Wirklichkeit tatsächlich ein wahrer To nte sehen wollen. The haiku originated in the late nineteenth century as the result of a succession of modifications of early Japanese poetry. It evolved from the forms waka a e its own poetic form. The original Japanese form of haiku is written in a single line of kana writing. Opposed to this, the English haiku �is a 1�-syllable poem arranged in thr von Fotografie und Schrift, dem Aufzeichnen und dem Zeugnisablegen, der in dieser Arbeit direkt auf der Bildfläche erscheint, macht die Verschränkung von Bild und Subte dserie der Ausstellung ist in ihrer Einfachheit so vielschichtig, dass sich hier Muster ablesen lassen, die auch für die darauf folgende Betrachtung von späteren Werken releva cture before the subject, the ‘Neue Sachlichkeit’, as initiated by German photographers Albert Renger-Patzsch, August Sander and Karl Blossfeldt, aimed at depicting the sim cture before the subject, the ‘Neue Sachlichkeit’, as initiated by German photographers Albert Renger-Patzsch, August Sander and Karl Blossfeldt, aimed at depicting the sim ut any thought or emotion or beauty or desire are haiku.” In der Düsseldorfer Ausstellung ist man aufgrund der niedrigen Hängung auf Augenhöhe mit Gillian und daneben m tlich. Der räumliche Abstand manifestiert sich beim ersten Hinsehen genau an dem Spalt, der sich zwischen der Silikonmaske und dem dahinter verborgenen Gesicht abzeic Jahren umspielt, wirkt dadurch unecht und gestellt. Man traut ihr nicht, sondern rechnet fast damit, dass sie die Maske abnimmt und ihr wahres Gesicht präsentiert. Es si brechen. Oft arbeite ich mit Bildern von Orten und mit Bildern von Menschen, sowie mit dem Außen und Innen. Ich versuche diese Dinge ein wenig miteinander zu vermisch wären der Hammer, also sieben. Da ich gerade keine Daten einpflegen muss, beschließe ich, das Zimmer, in dem das zweite Motiv geschossen wurde, schon mal wieder aufz ce in this moment is replaceable. That this scene could be anywhere without changing the reading of the picture. I have seen many pictures of my mother growing up in Kazak I have seen many pictures of my mother growing up in Kazak hest grade. My father always tells me I have inherited her ambition. Over the course of time the image began to lose contrast, but the few blood stains still seem as vivid as if ewissem Sinne denke ich, dass Bücher fast wichtiger sind als die eigentlichen Ausstellungen, denn sie sind unvergänglich und verschwinden nie. Mit dem Buch hinterlasse i ende Sache ist. In this photograph, though, I do not see any of her ambition. The way she is looking at my father is what catches my breath. What I see in her gaze is a flash of i icture will become her husband and the father of her children. Every goal she had in life before she only had to study for to achieve it. Ich suche aus, was ich selber interessa ichen Themen zu beziehen fand ich schon immer überflüssig. Es gibt also keine wirklichen Kriterien, außer mein eigener Geschmack. Japan based artist Yamamoto Masao eased pocket-size photographs that he arranges in e�tensive wall installations, for which his prints are directly attached to museum and gallery walls. Yamamoto has e�hibit n und digitalen �sthetiken, das vergrößerte Auspi�eln der gezoomten Aufnahmen, liefern schließlich keine eindeutigen, beweiskräftigen Fotodokumente im eigentlichen Si n und digitalen �sthetiken, das vergrößerte Auspi�eln der gezoomten Aufnahmen, liefern schließlich keine eindeutigen, beweiskräftigen Fotodokumente im eigentlichen Si higes Fotostativ mehr und wird zugleich zum ästhetischen Marker seiner vermeintlichen Wahrhaftigkeit. �olor always suggests emotion and evokes feelings. It is also prone series. As far as I can see, this is the only way that makes sense, if simplicity, distance, reticence and the absence of comment and �over-intellection” are our primary objectiv iased observation. Auch in geschlossenen Systemen ist es mit dem Umgang mit negativer Kritik nicht weit her. Allzu schnell ist das Wort vom �Nestbeschmutzer� zu hören. E allem autoritär. Mit der damit einhergehenden Inflation der (mobilen) Bilder sind aber Fragen und Aspekte der fotografischen Bild- und Medienkompetenz offensichtlich er tegische Intentionalität, und ob sie überhaupt für irgendjemanden von irgendwelcher Relevanz sein könnten. Dabei entstehen in einer �ra der Post-Photography neue Vorst situating his photographs on emaki, a traditional medium for Japanese painting, but also by applying a slight hint of color to his photographs. Furthermore, he interweaves t , which is part of haiku. Although haiku �is grasped by the eye rather than by the ear or mouth”, we also found out that not every photograph is haiku, but, if certain paramete n form and a visual form haiku and photography can actually get. Nun wird von Kulturwissenschaftlern schon eine geraume Zeit lang über den Zusammenhang zwischen d eschlossene revolutionäre Entwicklungen der kulturellen Gegenwart eingestuft, die kulturgeschichtlich gesehen eng miteinander in struktureller Wechselwirkung und in g ie intentionalen Zusammenstellung von vorgefundenem Bildmaterial, das durch seine Ent- und Neukonte�tualisierung, d. h. durch das kalkulierte Setzen in einen neuen Ra nd Künstlerin Gillian Wearing ist in der internationalen Szene kein Newcomer. Die 48-jährige gewann 199� den renommierten Turner-Prize mit einer 60-minütigen Videope wegungen, so dass sich mit der Zeit jegliche Disziplin auflöst. Das erlösende Ende stellt sich mit einem kollektiven Schrei ein, der den Betrachter fast überfällt. Diese Arbeit zenierung und wahre Erlebnisse ineinander greifen. What I see in her gaze is a flash of insecurity and fragility. For me the photograph captures the moment when she realiz ermeintlicher Panzer, der dem Opfer ein Gefühl von (medialer) Unsterblichkeit gibt oder lediglich nur eine seltsame und fatale Realitätsverschiebung produziert – das Als-O im Nachhinein vielleicht als moderne Märtyrer für eine bestimmte politische Sache? Ich bin ein riesengroßer Fan des Zufalls. Emotion ist für mich wichtiger als Logik. Ich b assieren zufällig. Wenn ich die Reihenfolge in meinen Büchern festlege, mache ich das oft an einem Ort, an dem ich nicht abgelenkt werde, keine Musik höre, nicht an E-Ma r that have been pasted together culminating in appro�imately eighteen feet in length and twelve inches in height. It carries 46 four-color plates printed on uncoated fine Jap r that have been pasted together culminating in appro�imately eighteen feet in length and twelve inches in height. It carries 46 four-color plates printed on uncoated fine Jap r that have been pasted together culminating in appro�imately eighteen feet in length and twelve inches in height. It carries 46 four-color plates printed on uncoated fine Jap ive hand scrolls, which developed during the 10th century, combining pictures and te�t. Makimono-style is a derivation of this term. Ich bin ein riesengroßer Fan des Zufal ozess dahinter, aber einige der besten Dinge passieren zufällig. Wenn ich die Reihenfolge in meinen Büchern festlege, mache ich das oft an einem Ort, an dem ich nicht abgelen er Museumsbesucher hat diese Distanz zum Objekt. Ihm sind die Menschen auf dem Bild fremd und durch die Art und Weise, wie die Fotografie präsentiert ist, auch zeitli h gefasst sind. An und für sich mache ich einfach nur Bilder. Ich habe all diese unterschiedlichen Kategorien wie Häuser, Apartments, Portraits, Interieurs. Ich mache einfa enutzt habe und beginne daraus auszuwählen. Auf diese Art und Weise finde ich heraus, welche Bilder ich benutzen kann.Im Rahmen seiner �Lecture Performances� wird d ne of emaki’s most striking features is its sequentiality as already implied by its very little height but very great length. Read from right to left and viewed from above, its read t way to read emaki is to unroll the scroll with one’s left hand just to roll it up again with one’s right hand, which allows for a partial view of about forty inches of the scroll. D altmodisch. Wer schon mal ein �Fotobuch� auf dem iPad durchgewischt hat, sehnt sich schnell wieder nach echten Seiten. Es muss absolut überwältigend und einladend se gendeiner Art und Weise hervorspringt. Ironischerweise ist es oft eines deiner besten Bilder. Und falls es Schrift auf dem �over gibt, dann sollte es dafür Raum geben. For t Although this widely varied imagery already introduces a certain aspect of haiku, it rather rises the question of how the concepts and criteria of haiku can be transferred to eibt vielleicht zu fragen, inwieweit der �Kritiker� nicht einfach eine überkommene Figur ist, ein Relikt aus Zeiten der Aufklärung, in denen die Tätigkeit der Kritik zur Vermi eibt vielleicht zu fragen, inwieweit der �Kritiker� nicht einfach eine überkommene Figur ist, ein Relikt aus Zeiten der Aufklärung, in denen die Tätigkeit der Kritik zur Vermi on himself to conceit and e�tenuation, suggesting meaning beyond things. He merely cherishes the things as they are and appreciates that their meaning lies in themselves. on der international renommierten Fotokünstlerin bis zum Sportstudenten, der mit dem Telefon fotografiert. Es dreht sich dabei alles auch um das Verhältnis von Technik u örper? Sind die Smartphones der syrischen Demonstranten und Aufständischen eine unmittelbare Erweiterung, eine Bewaffnung ihrer Körper? Ist das ins World Wide W von August Sander. Mit dieser Serie stellt sich die britische Künstlerin in die Tradition dieser Fotografen, für die das Portrait nicht allein eine Darstellung eines Menschen wa illian Wearing in die fotografierten Körper schlüpft, ihre Position einnimmt und von innen praktisch neu interpretiert, neu fotografisch auflegt, stellt sie gleichzeitig sich selb en, die sie in ihr Werk einbindet und unterläuft. In all meinen Büchern gibt es eine Bandbreite von Bildern aus den letzten zehn oder mehr Jahren. Falls sie nicht jetzt benut ozent der Fotos, die ich mache, werden später genutzt oder schaffen es überhaupt geprintet zu werden. The photograph I am writing about shows my mother being around t es are rolled up, revealing the skin of her arm. Her body is covered in a thin linen blanket and her hair is beautifully arranged on the mattress. Die im Loop projezierte Videoa Die im Loop projezierte Videoa o verweist er beispielsweise auf die Forschungsarbeit des deutschen Wissenschaftlers Wilhelm Kühne, welcher im 19. Jahrhundert Vorgänge in der menschlichen Netzhaut e cahiers Hefte zur Fotografie 2013 eins

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Das Magazin des Masterstudiengangs Fotografie - Photographic Studies der Fachhochschule Dortmund

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The photograph I am writing about shows my mother being around the same age I am now. A year or two before she married my father and became pregnant with me. She must have been 23 or 24. She is lying on a bed, wearing a lined bathrobe. The sleeves are rolled up, revealing the skin of her arm. Her body is covered in a thin linen blanket and her hair is beautifully arranged on the mattress. Die im Loop projezierte Videoarbeit wird begleitet von einem von Mroué selbst gehaltenen Vortrag – bewusst nüchtern, so wie der Raum, in dem er ihn hält, jedoch gut recherchiert und überzeugend präsentiert. So verweist er beispielsweise auf die Forschungsarbeit des deutschen Wissenschaftlers Wilhelm Kühne, welcher im 19. Jahrhundert Vorgänge in der menschlichen Netzhaut erforschte. Die von ihm so benannten Optogramme bezeichnen das letzte Bild auf der Netzhaut eines Toten. As opposed to pictorialism, which privileged the completed atmospherical and subjective picture before the subject, the ‘Neue Sachlichkeit’, as initiated by German photographers Albert Renger-Patzsch, August Sander and Karl Blossfeldt, aimed at depicting the simplicity and the beauty of things by keeping a healthy distance. Doch es kommt noch besser: Aufgrund dieser Tatsache werden unsere Überstunden nicht bezahlt. Maßregelung durch Gehaltskürzung. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass wir gerade 50 Euro für drei Stunden mehr Arbeit bekommen sollten, kann man eigentlich nur noch hysterisch lachen. Drei Tage lang suche ich nach einem klärenden Gespräch. Am dritten Tag heißt es dann, man möchte nicht mehr darüber reden. Was ich von diesem Arbeitstag mitgenommen habe, außer Wut und dem Gefühl ausgebeutet worden zu sein? Zwei Regeln, die in jeder zukünftigen Kriterienliste stehen sollten: Kommunikation und Respekt. Kritik wird gemieden. Positiv soll alles sein. Erwähnt wird, was gefällt. Der �I-like-Button� als zeitgemäße Entsprechung zum fotografischen Auslöser markiert die refle�hafte Reaktion einer Gesellschaft der ähnlich und immer ähnlicher Denkenden. Aus Schuss und Gegenschuss, aus diesem bekann-Kritik wird gemieden. Positiv soll alles sein. Erwähnt wird, was gefällt. Der �I-like-Button� als zeitgemäße Entsprechung zum fotografischen Auslöser markiert die refle�hafte Reaktion einer Gesellschaft der ähnlich und immer ähnlicher Denkenden. Aus Schuss und Gegenschuss, aus diesem bekann-ten mehrdeutigen foto-filmischen Spiel, wie es uns beispielsweise noch Andy Warhol in den sechziger Jahren mit einem ironischen Augenzwinkern in seiner Elvis-Siebdruck-Reihe nach den Flaming Star-Filmstills vorführte, ist zwischenzeitlich in der Wirklichkeit tatsächlich ein wahrer Todernst geworden. Und nurmehr noch die globalisierte zeitgenössi-sche Street Art mag darin, vielleicht noch kokettierend und mit einem zynischen Augenzwinkern, eine ironische Pointe sehen wollen. A long time I have thought that this is the punctum of the picture. But it is something else, something that is not visible in the picture, something about the absence of the present. It changes the reading of the photograph and even the protagonist. The punctum is the pose of my father. Wichtigstes Medium im Projekt ist das Mobiltelefon, welches bekanntlich im Arabischen Frühling eine enorm wichtige Rolle in der Kommunikation und Informationsverbreitung spielte und spielt, als Möglichkeit, die Zensur und Kontrolle der Staatsmacht zu umgehen, zu täuschen oder auch zu missbrauchen. Die Frage der Verwertbarkeit hinsichtlich Wahrheitsgehalt, Qualität und Identifizierbarkeit des Bildes an sich oder der zeitlichen Zuordnung bleibt eine schwierige, wenn überhaupt lösbare. Die Grenzen der �Fotoszene� zu überschreiten ist allerdings sehr viel schwieriger, als ich es mir vorgestellt habe. Aber vielleicht ist das auch gar nicht schlimm – romka ist ja nicht die �View� und wahrscheinlich unzugänglicher, als ich mir eingestehen möchte. Ich hatte niemals das Gefühl, mit einem meiner Bücher einen Kompromiss eingegangen zu sein; und bin sehr glücklich, dass ich das sagen kann. Jeder einzelne Aspekt der Bücher ist genau so, wie ich ihn haben wollte, und das funktioniert auch, weil mein Verleger und ich denselben Geschmack haben. Wir denken sehr ähnlich. Das ist der Grund, warum es so wichtig ist den richtigen Verleger für seine Arbeit zu finden. Man muss jemanden finden, der die Dinge mag, die man macht. Auf die Frage einer Kunstkritikerin, ob denn Künstler in schwierigen und riskanten Situationen weiterhin im Studio arbe-Auf die Frage einer Kunstkritikerin, ob denn Künstler in schwierigen und riskanten Situationen weiterhin im Studio arbe-iten, selbst zu Aktivisten auf der Straße werden oder �normale Alltagszivilisten�, soweit überhaupt möglich, bleiben sollten, entgegnet Mroué mit der Frage, ab welchem Zeitpunkt sich Künstler denn überhaupt erlauben dürfen, zu fragen oder eine Arbeit zu beginnen. Nicht nur für ihn braucht die Kunst eine gewisse Distanz zu den Dingen und auch eine Art von Frieden in sich. Wirkt das Mobiltelefon wie ein Schutzschirm, ein Panzer, der dem Opfer das Gefühl von Unsichtbarkeit, Unsterblichkeit oder einer Realitätsverschiebung gibt? Das Gefühl von �Ich bin nicht hier�? Bilder können vereinzelt schon vortäuschen, eine Geschichte zu erzählen, aber im romka magazine habe ich davon Abstand genommen. Ich bin zu fasziniert von dem Moment, in dem man die Geschichte gelesen hat und das Bild ein zweites Mal anschaut. Wenn man, sowohl im Motiv als auch in der Struktur des Bildes selbst, nach Hinweisen auf die neuen Informationen sucht, geht mir das Herz auf. Was seltsam ist, denn genau diese Notwendigkeit von e�ternen Informationen ist das, was mir an vielen künstlerischen Arbeiten nicht gefällt. Die Fotografie im Allgemeinen kann ja kaum weiter demokratisiert werden. Abgesehen von den Menschen, die keinen Zugang zu einer Kamera mit Internetanschluss haben, hat ja (zumindest theoretisch) jeder die Möglichkeit, ein Foto zu machen, das noch am selben Tag auf der ganzen Welt gesehen wird. �er-�er-tainly, Yamamoto doesn’t stand alone when it comes to the linkage of photographic work to haiku and gets in line with other professional international artists such as the British landscape photographer Michael Kenna, the American installation artist Jim �ampbell and the American photographer Duane Michaels. Besides these professionals there is a great number of photographers within the field of amateur photography, who utilize the term visual haiku to label their work. So ist eben auch hier in allen Portraits der Abstand in Zeit und Raum sichtbar, die Maske unserer Tage, der echte Körper der Künstlerin, ihre Freiheiten zu kombinieren, wenn sie beispielsweise gleich zwei Bildikonen Warhols zu einem Einzelbild in der eigenen Person zusammenfasst. Die referentiellen Ebenen im Werk Gillian Wearings, die man vielleicht mit Wiederaufführung bezeichnen könnte, treten hier in den Vordergrund, sind aber auch in ihren Blumenstillleben zu erkennen, dem Dürer-Videobild und vor allem in ihren filmischen Arbeiten. Accordingly, a photograph is the visual e�pression of the instant when the photographer releases the shutter of his camera after organizing what presents itself before the camera by means of composition and perspective among others. By releasing the shutter the shades within the camera lens open and the chemicals on the film capture the light that makes visible what was in front of the camera at that very moment. Through this opening process the photographer, metaphorically speaking, connects with the world in front of his lens. He unifies with his subject. Zentrales Thema in der Arbeit ist es, den Blick des Opfers auf seinen Mörder kurz vor seinem Tod zu bannen, zu untersuchen und zu hinterfragen. Den Mörder zu zeigen. Auf die Methoden des syrischen Regimes hinzuweisen, das auf jede Kamera, jedes Handy schießen lässt, mit dem fotografiert, gefilmt und Ton aufgenommen wird, um zu vermeiden, dass Informationen jedweder Art das Land verlassen. Das Regime will Bilder löschen und verschwinden lassen und macht nicht nur Jagd auf Zivilisten, sondern vor allem auch auf professionelle Journalisten, Fotografen und Kameraleute. The absence of physical things seems to promote the reception for the obscure and intangible. As hinted above, the notion of the photograph as a copy of reality has begun to totter, not just since the invention of digital photography. What we see in a photograph doesn’t necessarily represent the ‘real’ world anymo-re. It raises the questions of truth and evidence. Asides from that, what we see in a picture will always stay within the frame and on the surface of the photograph. What we see is a picture of a pond and not the pond itself. Es ist eher so, dass beidem eine gemeinsame Fragestellung zugrunde liegt, und zwar die Suche nach dem guten oder auch zeigenswerten Bild. Es ist ja keine Neuigkeit, dass wir uns inmitten einer sich rapide beschleunigenden Bilderflut befinden (siehe Erik Kessels Fotoberg im �foam�). Seitdem praktisch jeder Blog durch endloses Scrollen aufgesaugt werden kann, verlieren die abgeschlossenen Einheiten – die Seite, die Serie, das Buch, die Ausstellung – zunehmend an Relevanz. Ein Lieblings-foto, das allein aus persönlichen Gründen ausgewählt wird und damit auch immun gegen den theoretischen Diskurs ist, empfinde ich da als erfrischend eindeutig. Ich bin nicht der Typ Fotograf, der eine Idee hat und dann an dieser Idee festhält und einen Rahmen für sein Projekt festlegt. So arbeite ich nicht. Ich bin wie ein Wanderer. Selbst wenn ich Fotos mache, fotografiere ich Portraits, Landschaften, Nachtaufnahmen. All das kann in derselben Woche passieren, und wenn ich verreise, kann buchstäblich alles am selben Tag passieren. Wie ich schon sagte, ich suche meine Fotos zusammen und schöpfe daraus. Es ist sehr, sehr fle�ibel. �olor always suggests emotion and evokes feelings. It is also prone to being symbolized or metaphorized and has a palliative effect. The sparing use of words within haiku poetry must be translated in the sparing use of color photographs within a book or series. As far as I can see, this is the only way that makes sense, if simplicity, distance, reticence and the absence of comment and �over-intellection” are our primary objectives. This also entails, that the use of a small depth of field counteracts with our pursuit to meet these objectives. A small depth of field blurs boundaries and abates the possibility of an unbiased observation. Die Repräsentation von Gewalt in medialen Zeichensystemen bringt somit immer auch ein Potential an darstellerischer und narrativer Fiktionalität mit sich. Diese wird umso mehr notwendig, um sich mit der Thematik als solcher überhaupt mental auseinander setzen zu können, ohne von dem Ereignis selbst ganz überwältig zu werden. Es ist somit mitnichten trivial hier zu betonen, dass es einen gewaltigen Unterschied für das Erlebnis ausmacht, etwa einem Todesschützen (Sniper) real gegenüberzustehen oder diese Konfrontation über ein Medium zu erfahren. Im zweiten Fall ist es ein szenografisches Konzept, dessen Schock die nachhaltigere, weil nicht tödliche oder traumatisch lähmende, kathartische Wirkung entfaltet. Wir brauchen, so zynisch und parado� es auch klingen mag, folglich auch die Sichtbarkeit von Bildern des Todes und der Gewalt in unserer Kultur. One of haiku’s essential components is the season word. It references to one of the year’s seasons and thus stands in the tradition of old Japanese poetry. Was erwartet man, wenn man in eine Fotoausstellung geht, die schlicht den Künstlernamen als Titel trägt und mit einem Portrait wirbt, das gleichzeitig schrill und konventionell wirkt? Eigentlich müsste man schon dadurch vorgewarnt sein, dass es um mehr gehen muss als die Aneinanderreihung von Menschenbildnissen. Das Aufmacherbild, bei dem erkennbar eine Maske über ein Mädchengesicht gelegt ist, deutet eine unkaschierte, vielschichtige Überblendung von Vorstellungen, Bildformen und ja, wenn man so will, auch Theorien der Abbildhaf-tigkeit von Fotografien an. To sum up, I want to revert to �artier-Bresson’s book The Decisive Moment, in whose keynote te�t he quotes 1�th century �ardinal de Retz, who wrote: �There is nothing in this world that does not have a decisive moment.” As previously worked out, correspondence between photography and haiku poetry undeniably e�ists. Howe- To sum up, I want to revert to �artier-Bresson’s book The Decisive Moment, in whose keynote te�t he quotes 1�th century �ardinal de Retz, who wrote: �There is nothing in this world that does not have a decisive moment.” As previously worked out, correspondence between photography and haiku poetry undeniably e�ists. Howe-ver, if we adopt de Retz’s statement and take into account that the decisive moment is ubiquitous, that brings about the assumption that almost every photograph is haiku. Kritiken, kritische Auseinandersetzungen, sind immer seltener anzutreffen. Stattdessen der Rat von namhaften Kritikern: wenn etwas nicht gefällt, dann sprich einfach nicht darüber. Es scheint eine �damnatio demoriae� verhängt über jenes, was nicht gut ist. Das Schweigen, das schon in der Antike die Erinnerung an unliebsame Personen tilgen sollte, ist heute eher das Schweigen der Indifferenz, die den Gesetzen der Aufmerksamkeitsökonomie folgt. Digitale Kameras, internetfähige Smartphones und Photo Apps wie Instagram revolutio-nieren derzeit wiederholt unser Verständnis vom Wesen und �harakter der Fotografie. Diese befindet sich seit der umfassenden Digitalisierung im 20. Jahrhundert, sowie dem Aufkommen zahlreicher neuer fotokünstlerischer Pra�en in den Bildenden Künsten, längst in einem Zustand der ‚Post-Photography’. Es eröffnen sich dabei viele Konkurrenzen wie Kongruenzen mit den neuesten digitalen foto-filmischen Bildern. Rhetorische 95 Prozent der Fotos, die gemacht werden, sind Erinnerungsfotos. Geliebte Menschen, wichtige Orte, große und kleine Ereignisse im Privatleben. Gleichzeitig geht es in praktisch jedem Fotomagazin um Kunst, Mode, Lifestyle und so weiter. romka soll die Fotografie für das feiern, was sie für die allermeisten von uns bedeutet – konservierte Erinnerungen, mit denen wir unser Leben zusammenhalten. Wie stellen sich nun aber diejenigen, die sich heute noch Photo Professionals oder fotokünstlerische Bilderproduzenten nennen wollen, und dabei oftmals auf ihre zertifizierten akademischen Ausbildungswege verweisen, dieser aktuel- Wie stellen sich nun aber diejenigen, die sich heute noch Photo Professionals oder fotokünstlerische Bilderproduzenten nennen wollen, und dabei oftmals auf ihre zertifizierten akademischen Ausbildungswege verweisen, dieser aktuel-Wie stellen sich nun aber diejenigen, die sich heute noch Photo Professionals oder fotokünstlerische Bilderproduzenten nennen wollen, und dabei oftmals auf ihre zertifizierten akademischen Ausbildungswege verweisen, dieser aktuel-len Konkurrenz der großen Photo �ommunities einer digitalen und globalisierten Zeitenwende? Hat sich dabei die Fotografie nicht schon längst selbst zu Tode geschossen? Und sind wir aber nicht gleichzeitig auch dabei, ihre phänomenale Wiederauferstehung in Form neuer vitaler post-fotokünstlerischer Praktiken zu erleben? Nun führt aber auch die Inflation der vermeintlich authentischen Bilder aus den verschiedensten gegebenen revolutionären Ereignissen dieser Welt nicht nur zu einer ausgeprägten Rivalität mit den quasi offiziellen Medienbildern der institutionellen und politischen Berichterstattungen, sondern vielmehr auch zu einer fatalen gegenseitigen Konkurrenz, die wiederum zu einer gewissen Wirkungslosigkeit in der Effektivität (foto-)bildlicher Rhetoriken führt, und die Rezipienten damit eher weiter abstumpft als emotionalisiert oder politisch agitiert: �Wir sehen alles und nichts. Wir sind blind.� Step by step, the viewer unveils a new set of pictures. No two sets of pictures can be seen simultaneously and the viewer, who is driven by anticipation, moves forward through the hand scroll starting to lose his memory of the photographs seen first. A movement opposed to the reading direction is required to rekindle these photographs. The possibility to go back and forth, to view and re-view certain images does not only show the importance of time, but over and above the manifestation of timelessness. Aus Schuss und Gegenschuss, aus diesem bekannten mehrdeutigen foto-filmischen Spiel, wie es uns beispielsweise noch Andy Warhol in den sechziger Jahren mit einem ironischen Augenzwinkern in seiner Elvis-Siebdruck-Reihe nach den Flaming Star-Filmstills vorführte, ist zwischenzeitlich in der Wirklichkeit tatsächlich ein wahrer Tod-Aus Schuss und Gegenschuss, aus diesem bekannten mehrdeutigen foto-filmischen Spiel, wie es uns beispielsweise noch Andy Warhol in den sechziger Jahren mit einem ironischen Augenzwinkern in seiner Elvis-Siebdruck-Reihe nach den Flaming Star-Filmstills vorführte, ist zwischenzeitlich in der Wirklichkeit tatsächlich ein wahrer Tod-ernst geworden. Und nurmehr noch die globalisierte zeitgenössische Street Art mag darin, vielleicht noch kokettierend und mit einem zynischen Augenzwinkern, eine ironische Pointe sehen wollen. The haiku originated in the late nineteenth century as the result of a succession of modifications of early Japanese poetry. It evolved from the forms waka and renga and is only a short section of these forms. Also known as hokku or haikai, haiku refers to the first three lines that were part of waka and renga and from which it originated to be its own poetic form. The original Japanese form of haiku is written in a single line of kana writing. Opposed to this, the English haiku �is a 1�-syllable poem arranged in three lines of 5, � and 5 syllables, having some reference to the season and e�pressing the poet’s union with nature.” Ja, ja, richtig. Wir haben es alle schon wirklich oft gehört: Der Vergleich von Fotografie und Schrift, dem Aufzeichnen und dem Zeugnisablegen, der in dieser Arbeit direkt auf der Bildfläche erscheint, macht die Verschränkung von Bild und Subte�t offensichtlich und damit diese Serie zu einer echten Ouvertüre der Ausstellung. Auch in anderen Arbeiten geht Gillian Wearing der Relation von Schein und Realität nach. Die erste Bildserie der Ausstellung ist in ihrer Einfachheit so vielschichtig, dass sich hier Muster ablesen lassen, die auch für die darauf folgende Betrachtung von späteren Werken relevant sind. Man muss sich nämlich immer wieder fragen: Wen sehe ich und was sehe ich noch? As opposed to pictorialism, which privileged the completed atmospherical and subjective picture before the subject, the ‘Neue Sachlichkeit’, as initiated by German photographers Albert Renger-Patzsch, August Sander and Karl Blossfeldt, aimed at depicting the simp-As opposed to pictorialism, which privileged the completed atmospherical and subjective picture before the subject, the ‘Neue Sachlichkeit’, as initiated by German photographers Albert Renger-Patzsch, August Sander and Karl Blossfeldt, aimed at depicting the simp-licity and the beauty of things by keeping a healthy distance to the subject. Austere and simple imagery would allow them to capture its structure and character as �these things without any thought or emotion or beauty or desire are haiku.” In der Düsseldorfer Ausstellung ist man aufgrund der niedrigen Hängung auf Augenhöhe mit Gillian und daneben mit der ganzen Familie Wearing. Und wenn man in ihre Augen schaut, dann sieht man, anders als in dem schönen Filmklassiker, nichts anderes als Abstand und Distanz, räumlich wie zeitlich. Der räumliche Abstand manifestiert sich beim ersten Hinsehen genau an dem Spalt, der sich zwischen der Silikonmaske und dem dahinter verborgenen Gesicht abzeich-net. Und zwar nur dort. Ansonsten funktioniert das Maskenspiel einwandfrei. Aber es ist unheimlich, und das leise Lächeln, das den Mund der uns unbekannten Frau aus den 1960er Jahren umspielt, wirkt dadurch unecht und gestellt. Man traut ihr nicht, sondern rechnet fast damit, dass sie die Maske abnimmt und ihr wahres Gesicht präsentiert. Es sind auf jeden Fall Muster vorhanden, und es gibt definitiv Dinge, die mit meiner Arbeit passieren. Aber wenn ich wirklich so etwas wie ein Muster habe, dann versuche ich dieses Muster zu brechen. Oft arbeite ich mit Bildern von Orten und mit Bildern von Menschen, sowie mit dem Außen und Innen. Ich versuche diese Dinge ein wenig miteinander zu vermischen und dadurch manchmal etwas Unerwartetes entstehen zu lassen. Zum Glück ist keine Zeit, um sich zu ärgern. Erstes Motiv, zweites Motiv … 14 Uhr. Fünf Motive sind Pflicht; sieben wären der Hammer, also sieben. Da ich gerade keine Daten einpflegen muss, beschließe ich, das Zimmer, in dem das zweite Motiv geschossen wurde, schon mal wieder aufzu-räumen. Meine erste große Fehlentscheidung an diesem Tag. I am looking at his attempt to save her beauty, her love, her gaze, even her life. Before this moment I thought that the place in this moment is replaceable. That this scene could be anywhere without changing the reading of the picture. I have seen many pictures of my mother growing up in Kazakh-I have seen many pictures of my mother growing up in Kazakh-stan: pictures of her taking piano lessons, rehearsing a play in school, dancing, dressing up or working. Like my father, she studied architecture and finished her diploma with the highest grade. My father always tells me I have inherited her ambition. Over the course of time the image began to lose contrast, but the few blood stains still seem as vivid as if he had just died recently. In the hands of my father the words of my grandmother gain a whole new meaning and truth. In a mysterious way her wish not to be forgotten came true. In gewissem Sinne denke ich, dass Bücher fast wichtiger sind als die eigentlichen Ausstellungen, denn sie sind unvergänglich und verschwinden nie. Mit dem Buch hinterlasse ich etwas, das bleibt. Deshalb gehe ich generell keine Kompromisse bei meinen Büchern ein. Ich bin viel fle�ibler in Ausstellungen meiner Arbeiten, da eine Ausstellung eine vorübergehende Sache ist. In this photograph, though, I do not see any of her ambition. The way she is looking at my father is what catches my breath. What I see in her gaze is a flash of in-security and fragility. She does not seem to fear the possibility of getting caught. I think the photograph is capturing the moment when she realizes that this man who is taking her picture will become her husband and the father of her children. Every goal she had in life before she only had to study for to achieve it. Ich suche aus, was ich selber interessant finde und was in Kombination mit anderen Bildern und Geschichten gut funktionieren könnte und benutze die Einreichungen wie ein Bildarchiv. Position zu aktuellen gesellschaftlichen Themen zu beziehen fand ich schon immer überflüssig. Es gibt also keine wirklichen Kriterien, außer mein eigener Geschmack. Japan based artist Yamamoto Masao (b. 195�), who, in 19�5, turned to photography after having been trained as an oil painter under Goro Saito in his native city Gamagori, is widely known for his deliberately stained and creased pocket-size photographs that he arranges in e�tensive wall installations, for which his prints are directly attached to museum and gallery walls. Yamamoto has e�hibited around the world, although for the most part in the United States and since 200� also in Europe. Unruhige Bewegungen einer anonymen Handykamera, ihre fotografischen Unschärfen und digitalen �sthetiken, das vergrößerte Auspi�eln der gezoomten Aufnahmen, liefern schließlich keine eindeutigen, beweiskräftigen Fotodokumente im eigentlichen Sin-Unruhige Bewegungen einer anonymen Handykamera, ihre fotografischen Unschärfen und digitalen �sthetiken, das vergrößerte Auspi�eln der gezoomten Aufnahmen, liefern schließlich keine eindeutigen, beweiskräftigen Fotodokumente im eigentlichen Sin-ne. Denn das direkte Involviertwerden in einen aktuellen politischen Konflikt, den es in einer unmittelbaren Augenzeugenschaft zu dokumentieren gilt, duldet offensichtlich kein ruhiges Fotostativ mehr und wird zugleich zum ästhetischen Marker seiner vermeintlichen Wahrhaftigkeit. �olor always suggests emotion and evokes feelings. It is also prone to being symbolized or metaphorized and has a palliative effect. The sparing use of words within haiku poetry must be translated in the sparing use of color photographs within a book or series. As far as I can see, this is the only way that makes sense, if simplicity, distance, reticence and the absence of comment and �over-intellection” are our primary objectives. This also entails, that the use of a small depth of field counteracts with our pursuit to meet these objectives. A small depth of field blurs boundaries and abates the possibility of an unbiased observation. Auch in geschlossenen Systemen ist es mit dem Umgang mit negativer Kritik nicht weit her. Allzu schnell ist das Wort vom �Nestbeschmutzer� zu hören. Ein Begriff, mit dem schon zu Zeiten des Ersten Weltkrieges sogenannte �Vaterlandsverräter� betitelt wurden. Die damit zugleich aufgezeigten Denkmuster sind stets territorial und vor allem autoritär. Mit der damit einhergehenden Inflation der (mobilen) Bilder sind aber Fragen und Aspekte der fotografischen Bild- und Medienkompetenz offensichtlich erst einmal außen vor. Wichtiger als formal-ästhetische Kriterien allein scheint nun die soziale Mitteilungsart der heute weltweit verbreiteten (audio-)visuellen Aufnahmen, also ihre strategische Intentionalität, und ob sie überhaupt für irgendjemanden von irgendwelcher Relevanz sein könnten. Dabei entstehen in einer �ra der Post-Photography neue Vorstel-lungen darüber, was den eigentlichen Inhalt und dessen Wirkung auf das Publikum betrifft und gemeinhin charakterisiert. He brings together photography and painting, not only by situating his photographs on emaki, a traditional medium for Japanese painting, but also by applying a slight hint of color to his photographs. Furthermore, he interweaves the subjects of his pictures through the utilization of scaling, sequencing and the way he situates his subjects within the frame and thus appro�imates his work to the concept of animism, which is part of haiku. Although haiku �is grasped by the eye rather than by the ear or mouth”, we also found out that not every photograph is haiku, but, if certain parameters are considered, the two can become very close, approaching each other to a certain e�tent, but simultaneously dissociate from each other. It remains the question, how close a written form and a visual form haiku and photography can actually get. Nun wird von Kulturwissenschaftlern schon eine geraume Zeit lang über den Zusammenhang zwischen den politischen Geschehnissen des sogenannten Arabischen Frühlings und den neuen globalen digitalen Kommunikationstechnologien spekuliert. Beide werden dabei als noch nicht abgeschlossene revolutionäre Entwicklungen der kulturellen Gegenwart eingestuft, die kulturgeschichtlich gesehen eng miteinander in struktureller Wechselwirkung und in ge-genseitiger Bedingung stehen könnten. Die post-fotokünstlerische Arbeitsweise liegt bei Rabih Mroué offenkundig lediglich in der Auswahl und Kombination, bei der strategischen wie intentionalen Zusammenstellung von vorgefundenem Bildmaterial, das durch seine Ent- und Neukonte�tualisierung, d. h. durch das kalkulierte Setzen in einen neuen Rah-men, hier in die gewählten formalen Dispositive und neuen Displays der Gesamtinstallation in einem größeren Ausstellungskonte�t, erst sprachfähig wird. Die englische Fotografin und Künstlerin Gillian Wearing ist in der internationalen Szene kein Newcomer. Die 48-jährige gewann 199� den renommierten Turner-Prize mit einer 60-minütigen Videoper-formance, in der 26 Freunde in britischen Polizeiuniformen eine Stunde lang für ein Gruppenfoto schweigend ausharren sollten. Die Protagonisten machen aber ständig winzige Bewegungen, so dass sich mit der Zeit jegliche Disziplin auflöst. Das erlösende Ende stellt sich mit einem kollektiven Schrei ein, der den Betrachter fast überfällt. Diese Arbeit ist auch in der Düsseldorfer Überblicksausstellung im K20 zu sehen, neben einer Reihe anderer Videoarbeiten, bei denen nicht mehr klar zu differenzieren ist, wo das Spiel anfängt, Inszenierung und wahre Erlebnisse ineinander greifen. What I see in her gaze is a flash of insecurity and fragility. For me the photograph captures the moment when she realizes that the man who is taking her picture will become the father of her children. Wirkt die Handykamera dabei für die Aufzeichnenden wie ein magischer Schutzschirm (Screen), ein vermeintlicher Panzer, der dem Opfer ein Gefühl von (medialer) Unsterblichkeit gibt oder lediglich nur eine seltsame und fatale Realitätsverschiebung produziert – das Als-Ob eines Filmes? Was bewirken diese foto-filmischen Todestestimonien wiederum im Betrachter? Verstehen wir diese amateurhaften Fotografen, die hier ‚ihren eigenen Tod schießen’ im Nachhinein vielleicht als moderne Märtyrer für eine bestimmte politische Sache? Ich bin ein riesengroßer Fan des Zufalls. Emotion ist für mich wichtiger als Logik. Ich bin sehr e�perimentierfreudig. Irgendwie finden die Dinge oft auf natürliche Weise zueinander. Ich meine, es gibt sicherlich einen Denkprozess dahinter, aber einige der besten Dinge passieren zufällig. Wenn ich die Reihenfolge in meinen Büchern festlege, mache ich das oft an einem Ort, an dem ich nicht abgelenkt werde, keine Musik höre, nicht an E-Mails denke oder daran, was ich zu erledigen habe. Ich schaffe einen Raum in mir selbst, in dem ich sehr fle�ibel, offen und kreativ sein kann. Yamamoto’s scroll is made up of sheets of paper that have been pasted together culminating in appro�imately eighteen feet in length and twelve inches in height. It carries 46 four-color plates printed on uncoated fine Japa- Yamamoto’s scroll is made up of sheets of paper that have been pasted together culminating in appro�imately eighteen feet in length and twelve inches in height. It carries 46 four-color plates printed on uncoated fine Japa-Yamamoto’s scroll is made up of sheets of paper that have been pasted together culminating in appro�imately eighteen feet in length and twelve inches in height. It carries 46 four-color plates printed on uncoated fine Japa-nese paper. The photographs are reproductions of original toned silver prints. This particular scroll stands historically and traditionally in line with ‘emaki’, that is Japanese narrative hand scrolls, which developed during the 10th century, combining pictures and te�t. Makimono-style is a derivation of this term. Ich bin ein riesengroßer Fan des Zufalls. Emotion ist für mich wichtiger als Logik. Ich bin sehr e�perimentierfreudig. Irgendwie finden die Dinge oft auf natürliche Weise zueinander. Ich meine, es gibt sicherlich einen Denkprozess dahinter, aber einige der besten Dinge passieren zufällig. Wenn ich die Reihenfolge in meinen Büchern festlege, mache ich das oft an einem Ort, an dem ich nicht abgelenkt werde, keine Musik höre, nicht an E-Mails denke oder daran, was ich zu erledigen habe. Ich schaffe einen Raum in mir selbst, in dem ich sehr fle�ibel, offen und kreativ sein kann. Der Museumsbesucher hat diese Distanz zum Objekt. Ihm sind die Menschen auf dem Bild fremd und durch die Art und Weise, wie die Fotografie präsentiert ist, auch zeitlich entrückt. Betont wird der Unterschied zwischen dem Hier und Jetzt in der Ausstellung, dem Gezeigten und der fotografischen Vorlage durch die farbigen Bildrahmen, die zeittypisch gefasst sind. An und für sich mache ich einfach nur Bilder. Ich habe all diese unterschiedlichen Kategorien wie Häuser, Apartments, Portraits, Interieurs. Ich mache einfach meine Arbeit und packe mein Material in diese Ordner. Wenn es an der Zeit ist ein Buch oder eine Ausstellung zu gestalten, hole ich all die Bilder hervor, die ich bis dahin noch nicht benutzt habe und beginne daraus auszuwählen. Auf diese Art und Weise finde ich heraus, welche Bilder ich benutzen kann.Im Rahmen seiner �Lecture Performances� wird der Körper auf der Bühne zu einer unmittelbaren Metapher für die Handlungsfähigkeit des Einzelnen in Gesellschaft und Kultur, in einem politischen System oder Staat. Undoubtedly, one of emaki’s most striking features is its sequentiality as already implied by its very little height but very great length. Read from right to left and viewed from above, its reader has to get active and make use of both of his hands as he unrolls the scroll on a table. However, the character of this unrolling, or better, opening process is twofold. Logically, the best way to read emaki is to unroll the scroll with one’s left hand just to roll it up again with one’s right hand, which allows for a partial view of about forty inches of the scroll. Der Schritt auf das Papier war aber auch insgesamt sehr wichtig: das Buch oder Heft als Objekt erzeugt für den Leser eine ganz andere Erfahrung. Wenn das altmodisch ist, bin ich gerne altmodisch. Wer schon mal ein �Fotobuch� auf dem iPad durchgewischt hat, sehnt sich schnell wieder nach echten Seiten. Es muss absolut überwältigend und einladend sein. Es sollte repräsentativ für den Inhalt des Buches stehen und eine grafische Qualität besitzen. Ich denke, dass es wichtig ist, dass es, wenn es jemand aus der Distanz betrachtet, in irgendeiner Art und Weise hervorspringt. Ironischerweise ist es oft eines deiner besten Bilder. Und falls es Schrift auf dem �over gibt, dann sollte es dafür Raum geben. For the greater part, these pictures are colorful landscape photographs and macro shots of plants and animals, which occasionally mi� with street photographs, cityscapes or product shots. Although this widely varied imagery already introduces a certain aspect of haiku, it rather rises the question of how the concepts and criteria of haiku can be transferred to a visual level and where connections between the written form and its historical background and the visualized forms can be established and are reasonable. Vor diesem Hintergrund bleibt vielleicht zu fragen, inwieweit der �Kritiker� nicht einfach eine überkommene Figur ist, ein Relikt aus Zeiten der Aufklärung, in denen die Tätigkeit der Kritik zur Vermitt-Vor diesem Hintergrund bleibt vielleicht zu fragen, inwieweit der �Kritiker� nicht einfach eine überkommene Figur ist, ein Relikt aus Zeiten der Aufklärung, in denen die Tätigkeit der Kritik zur Vermitt-lung, zur Orientierung und zum Erkenntnisgewinn noch eher gefragt war als der muffige �Find-ich-gut-Modus� einer wuchernden Wohlfühlhirnrinde. The haiku poet doesn’t abandon himself to conceit and e�tenuation, suggesting meaning beyond things. He merely cherishes the things as they are and appreciates that their meaning lies in themselves. At the same time, he calls on the reader to be receptive for their resonance. Mein Wunsch war es von Anfang an, ein möglichst breites Spektrum anzusprechen und auch zu beteiligen. Von der international renommierten Fotokünstlerin bis zum Sportstudenten, der mit dem Telefon fotografiert. Es dreht sich dabei alles auch um das Verhältnis von Technik und Körper, denn werden die technologischen Gerätschaften, Gewehr und Kamera, hier beide im Sinne von kulturellen Waffen, im Verständnis nicht zu E�tensionen der biologischen Körper? Sind die Smartphones der syrischen Demonstranten und Aufständischen eine unmittelbare Erweiterung, eine Bewaffnung ihrer Körper? Ist das ins World Wide Web gestellte und damit veröffentlichte foto-filmische Bildmaterial nur ein Bruchteil einer Masse von Aufzeichnungen, die nicht ins globale Netz gelangen? Weniger vertraut ist das Bildnis von August Sander. Mit dieser Serie stellt sich die britische Künstlerin in die Tradition dieser Fotografen, für die das Portrait nicht allein eine Darstellung eines Menschen war, sondern ein Sujet zur Erkundung von gesellschaftlichen Verhältnissen, eine Möglichkeit, um Tabubrüche sichtbar zu machen und Grenzen zu erforschen. In der Art und Weise, wie Gillian Wearing in die fotografierten Körper schlüpft, ihre Position einnimmt und von innen praktisch neu interpretiert, neu fotografisch auflegt, stellt sie gleichzeitig sich selbst zur Disposition. Es geht um Fragen der Vorbilder; es geht um die Überprüfung von manifestierten Positionen und deren Geltungsanspruch, und es geht immer wieder um Traditionen, die sie in ihr Werk einbindet und unterläuft. In all meinen Büchern gibt es eine Bandbreite von Bildern aus den letzten zehn oder mehr Jahren. Falls sie nicht jetzt benutzt werden können, dann definitiv später. Außerdem bin ich e�trem streng in meiner Entscheidung darüber, was ich in meinen Bildpool aufnehme und was nicht. Ich würde sagen, 0,5 Prozent der Fotos, die ich mache, werden später genutzt oder schaffen es überhaupt geprintet zu werden. The photograph I am writing about shows my mother being around the same age I am now. A year or two before she married my father and became pregnant with me. She must have been 23 or 24. She is lying on a bed, wearing a lined bathrobe. The sleeves are rolled up, revealing the skin of her arm. Her body is covered in a thin linen blanket and her hair is beautifully arranged on the mattress. Die im Loop projezierte Videoar-Die im Loop projezierte Videoar-beit wird begleitet von einem von Mroué selbst gehaltenen Vortrag – bewusst nüchtern, so wie der Raum, in dem er ihn hält, jedoch gut recherchiert und überzeugend präsentiert. So verweist er beispielsweise auf die Forschungsarbeit des deutschen Wissenschaftlers Wilhelm Kühne, welcher im 19. Jahrhundert Vorgänge in der menschlichen Netzhaut er-forschte. Die von ihm so benannten Optogramme bezeichnen das letzte Bild auf der Netzhaut eines Toten. As opposed to pictorialism, which privileged the completed atmospherical and subjective picture before the subject, the ‘Neue Sachlichkeit’, as initiated by German photographers Albert Renger-Patzsch, August Sander and Karl Blossfeldt, aimed at depicting the simplicity and the beauty of things by keeping a healthy distance. Doch es kommt noch besser: Aufgrund dieser Tatsache werden unsere Überstunden nicht bezahlt. Maßregelung durch Gehaltskürzung. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass wir gerade 50 Euro für drei Stunden mehr Arbeit bekommen sollten, kann man eigentlich nur noch hys-

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Inhalt

Eugen Litwinow 4 Artist Statement I

Susanne Brügger 8 Editorial I

Edi Szekely 10 White Noise Gregor Sailer 16 Shooting Your Own Death Ale�ander Hagmann 20 Interview mit Joscha Bruckert Andreas Till 26 The Visual Haiku Marcel Wurm 34 Graukarten Susanne Brügger 40 Dr. Jekyll & Mr. Hype Pamela �. Scorzin 42 Shooting Ourselves To Death �armen �atuti 48 Liebe Grüße aus 18500m Höhe, Michelle �hristiane Kuhlmann 54 Auge in Auge mit Gillian Wearing Andreas Till 58 Interview mit Todd Hido Hanna Becker 62 Arbeitsleben Ale�ander Hagmann 66 Editorial II Eugen Litwinow 68 Artist Statement II

72 Autoren

74 Bildnachweis/Impressum

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Even before reading Roland Barthes’ book Camera Lucida and his careful, almost poetic way to describe and consider his love for specific photographs, there has always been one photograph which caught my eye and my love. Reading his thoughts on how photographs work I have constantly thought about his ideas and how they relate to my photograph. The assignment to write about this love forces me to finally commit my thoughts on paper. The photograph I am writing about shows my mother being around the same age I am now. A year or two before she married my father and became pregnant with me. She must have been 23 or 24. She is lying on a bed, wearing a lined bathrobe. The sleeves are rolled up, revealing the skin of her arm. Her body is covered in a thin linen blanket and her hair is beautifully arranged on the mat-tress. My father seems to be standing on the bed and taking her picture from above. It is a beautiful black and white photograph of a beautiful woman which could easily be printed in a magazine. But where is this place? The blanket is the only indicator that it might neither be her room nor my father’s. I remem-ber how my father told me that she had visited him during his army time at the �osmodrome in Baikonur. The visits were not legal and so she had to hide. Everything was planned very carefully since there were no mobile phones or in-ternet. I guess the photograph shows her staying in his army base over night. I saw many pictures of her growing up in Kazakhstan. Pictures of her taking piano lessons, rehearsing a play in school, dancing, dressing up or work-ing. Like my father she studied architecture and finished her diploma with the highest grade. My father always tells me I have inherited her ambition.In this photograph, though, I do not see any of her ambition. The way she is looking at my father is what catches my breath. What I see in her gaze is a flash of insecurity and fragility. She does not seem to fear the possibility of getting caught. I think the photograph is capturing the moment when she realizes that this man who is taking her picture will become her husband and the father of

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her children. Every goal she had in life before she only had to study for to achieve it. Whether it was learning French, getting accepted at a ballet school, learning the piano or finishing her diploma par e�cellence. What I read in her gaze is an insecurity of becoming a mother and an insecuri-ty of what will happen to her body. It is a change that she will not be able to study for, a faint of power and control. A long time I have thought that this is the punctum of the picture. But it is something else, something that is not visible in the picture, something about the absence of the present. It changes the reading of the photograph and even the protagonist. The punc-tum is the pose of my father. As I have pointed out before, my father seems to stand on the bed and my mother is lying between his legs. Superstition is a great part of the Russian culture. I remember many sayings and prov-erbs my father believed in and that were part of my upbringing. One of them was that I was never allowed to step over somebody (usually my broth-er), who was lying on the ground, because this gesture would cause the per-son to stop from growing. Standing in this position over my mother, my fa-ther seems to try not only to freeze her in a photograph but also in reality. Is the photograph an e�cuse for this gesture to make this saying come true? I am not any longer looking at my mother but at my father and how he is looking at her. I am looking at his attempt to save her beauty, her love, her gaze, even her life. Before this moment I thought that the place in this mo-ment is replaceable. That this scene could be anywhere without chang-ing the reading of the picture. But given the fact that her visit is only for a short time and my father will have to stay in the army, leads me to the rele-vance of loss in my father’s biography. I know that he lost many relatives in WW2 and that his father died of an inoperable shrapnel years later. And sud-denly it is not only my mother who is e�periencing a faint of control. It is my father realizing that he will not succeed to keep her and this moment.

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Susanne Brügger Editorial I

editorial : Vorbemerkung des Herausgebers; Leitartikel (einer Zeitung) [engl.]

Das vorliegende Heft ist die erste Ausgabe in der Reihe cahiers – Hefte zur Fotografie. Als Zeitschrift des Fachbereichs Design an der Fachhochschule Dortmund thematisiert die Heftreihe die Fotografie in ihren Gebrauchsweisen.

Das Heft erscheint in unregelmäßigen Abständen.Die Beiträge werden in der Sprache abgedruckt, in der sie verfasst und zur Verfügung gestellt wurden.

Die Redaktion und Gestaltung der ersten Ausgabe: Studierende und Lehrende des Fachbereichs Design aus den Studien-gängen BA  Fotografie und  MA Fotografie – Photographic Studies Fotografie.

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Natürlich kann ein Beitrag, einmal gedruckt, nicht mehr aktualisiert werden. Allerdings können verschiedene Fassungen eines Te�tes zumindest auszugs-weise gedruckt und nebeneinandergestellt werden. Ein Vorteil gegenüber der im Netz ständig im Fluß befindlichen Fassung, der man ihre Fragilität nicht ansieht, die sich absolut gibt. Der prozesshafte �harakter, das For-mulieren von Gedanken, von Positionen könnte hier deutlich werden, so in der ersten Ausgabe durch zwei Fassungen eines Te�tes (Eugen Litwinows Artist Statement) oder zwei Te�te von verschiedenen Autoren zum gleichen Thema (Scorzin / Sailer). Das müssen dann keine dezidiert unterschiedlichen, sondern können durchaus ähnliche Standpunkte sein, aber leicht verscho-ben – im Sinne einer Paralla�e. Die Differenz thematisieren.

cahier, cahiers : Heft, Hefte [franz.]cahiers du cinéma: legendäre französische Filmzeitschrift, 1951 gegründet u. a. von André Bazin

Eine Printfassung, die Aspekte des Webpublishing aufgreift: Die Versionsnummer. Das Überschreiben. Den Entwurf.

Studierende, Lehrende, Absolventen sind die Autoren der ersten Ausgabe der cahiers, und sie untersuchen in Essays, bildnerischen Arbeiten, Interviews und Kritiken die Frage-stellungen des Mediums und seiner Anwen-dung aus unterschiedlichsten Blickwinkeln.

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Edi Szekely White Noise

Weißes Rauschen wird generativ, also künstlich, erzeugt. Da es eine leicht betäubende Wirkung auf das menschliche Gehör ausübt, wird es unter anderem im Bereich der Akustik zur Lärmbekämpfung eingesetzt. In der Klangsynthese kann es auch für die Erzeugung natürlicher Geräusche wie Meeresrauschen und Wind verwendet werden.

Die in dieser Arbeit gezeigten Landschaften basieren, mathematisch gese-hen, auf generativen Rauschalgorithmen, die, mittels eines 3D-Programms, durch gezielte Materialvergabe und Lichtsetzung zu fotorealistischen Vortäuschungen von Naturformationen verwandelt werden. Es entsteht eine ästhetische Symbiose von Technik und Natur – zwei Elemente, die sich üblicherweise als Gegensatz darstellen würden.

15 Bilder, CGI, Lambdaprint, 160 × 200 cmKölner Installation 2012: 1 Bild 160 × 200 cm gerahmt, mit stereoskopischer Diashow auf Cinemizer 3D Videobrille (inkl. Sound)

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Gregor Sailer Shooting your own death

Gleich zwei Beiträge widmet das erste Heft der Cahiers dem auf der dOCUMENTA 13 in Kassel gezeigten Arbeitszyklus The Pixelated Revolution des libanesischen Künstlers Rabih Mroué. Die Betrachtungen von Pamela C. Scorzin und Gregor Sailer gehen dabei jeweils unterschiedlich den Fragen nach Opferrollen und den Bildmedien und ihrer Authentizität nach. Ein Angebot für gewissermaßen stereoskopisches Lesen.

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Rabih Mroué, geboren 196� in Beirut, findet in seinem speziell für die dOCUMENTA 13 geschaffenen neuen Arbeitszyklus �The Pi�elated Revolution� einen ganz außergewöhnlichen Weg, das Sterben der syrischen Demonstranten darzustellen. Beklemmend und do-kumentarisch nüchtern zugleich erarbeitet er in dem gezeigten Vortrag, den Fotografien, Wandte�-ten, einem von Hand abgespielten 8mm-Film und mit Sound unterlegten Daumenkinos das tägliche Mor-den auf Syriens Straßen. Begleitend dazu fand eine Performance im Kasseler Staatstheater statt.

Zentrales Thema in der Arbeit ist es, den Blick des Opfers auf seinen Mörder kurz vor seinem Tod zu bannen, zu untersuchen und zu hinterfragen. Den Mörder zu zeigen. Auf die Methoden des syrischen Regimes hinzuweisen, das auf jede Kamera, jedes Handy schießen lässt, mit dem fotografiert, gefilmt und Ton aufgenommen wird, um zu vermeiden, dass Informationen jedweder Art das Land verlassen. Das Regime will Bilder löschen und verschwinden lassen und macht nicht nur Jagd auf Zivilisten, sondern vor allem auch auf professionelle Journalisten, Fotogra-fen und Kameraleute.Wichtigstes Medium im Projekt ist das Mobiltele-fon, welches bekanntlich im Arabischen Frühling eine enorm wichtige Rolle in der Kommunikation und Informationsverbreitung spielte und spielt, als Möglichkeit, die Zensur und Kontrolle der Staats-macht zu umgehen, zu täuschen oder auch zu miss-brauchen. Die Frage der Verwertbarkeit hinsichtlich

Wahrheitsgehalt, Qualität und Identifizierbarkeit des Bildes an sich oder der zeitlichen Zuordnung bleibt eine schwierige, wenn überhaupt lösbare. Mroué nutzt die rohe visuelle Oberfläche von Han-dybildern, um die Anonymität der Sterbenden und auch der Tötenden zu steigern. Gleichzeitig gelingt es ihm, den Betrachter in die Position des Opfers zu rü-cken. Eine konkrete Identifizierung mit demselben oder auch dem Schützen bleibt jedoch unmöglich. Das Mobiltelefon fungiert als Verlängerung des ei-genen Körpers, als vorgesetztes zweites bzw. drittes Auge, welches sich dem Gewehrlauf gegenübersieht. Eine subjektive Kamera.

„It’s a war between a camera with three legs and a ca-mera with two legs.“

Den libanesischen Regisseur, bildenden Künstler, Schauspieler und Dramatiker interessiert dabei die Frage, warum die Opfer regungslos in das Angesicht ihres eigenen Todes blicken, warum sie in dieser Si-tuation des �Double Shootings� keinerlei Reaktion zeigen, sich selbst in Sicherheit zu bringen. Wirkt das Mobiltelefon wie ein Schutzschirm, ein Panzer, der dem Opfer das Gefühl von Unsichtbarkeit, Un-sterblichkeit oder einer Realitätsverschiebung gibt? Das Gefühl von �Ich bin nicht hier�? Die unruhigen Bewegungen der Kamera, die Un-schärfe, das Auspi�eln der Bilder, die Bewegungen von Scharfschützen oder Panzern, das Fallen des Mobiltelefons nach dem Schuss, die Frage, ob der

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Getroffene tot, verwundet oder gerettet wurde, dazu der kratzige O-Ton, lassen eine beklemmende und verstörende Atmosphäre beim Betrachter entstehen. Man erwartet und weiß, wo und wie die Sequenz en-det. �hnlich funktionierend wie beim Horrorfilm oder Thriller. Es ist ein Ausdruck enormer Gewalt, auch wenn offensichtlich kein Blut fließt und keine Leichen gezeigt werden.

„The Syrian protesters are shooting their own deaths.“„How many mobile phones have been lost?“

Mroué sammelt vom Internet heruntergeladene Vi-deos und verarbeitet diese in Kombination mit Spiel-filmmaterial. Dazu analysiert er Einzelbilder der Se-quenzen. Einige davon selektiert er und hängt sie als großformatige, ungerahmte Fotografien im Rahmen der dOCUMENTA-Installation an die Wand. Bilder von anonymen Killern, deren Gesicht nie erkennbar ist.

�Ich nutze das Bildmaterial, um etwas herauszufinden über die Beziehung zwischen Bild, Abbild und Tod.�Dem Betrachter wird in Form des Wandte�tes eine Art Anweisung zum Gebrauch von Handys bei Demonstrationen, basierend auf den Regeln von Dogma  95, dem Manifest des dänischen Filmkollek-tivs, gegeben. „Instructions and Advice How to Shoot Today.“Verfasst u. a. von Lars von Trier und Thomas Vinter-berg im Jahr 1995, werden unter anderem folgende Punkte angeführt: „[…] Gefilmt wird an Original-schauplätzen. Der Ton darf niemals getrennt von den

Bildern produziert werden. Musik kann also vorkom-men, darf aber nicht nachträglich eingespielt werden. Zur Aufnahme dürfen ausschließlich Handkameras verwendet werden. Der Film muss in Farbe gehalten werden, künstliche Beleuchtung ist nicht akzeptabel. Es dürfen keine Filter verwendet oder Spezialeffek-te eingesetzt werden. Der Regisseur darf weder im Vor-  noch im Abspann erwähnt werden. Es darf sich um keinen Genrefilm handeln. Der Film darf keine Waffengewalt oder Morde zeigen. […]“ Die im Loop projizierte Videoarbeit wird begleitet von einem von Mroué selbst gehaltenen Vortrag – be-wusst nüchtern, so wie der Raum, in dem er ihn hält, jedoch gut recherchiert und überzeugend präsentiert. So verweist er beispielsweise auf die Forschungsar-beit des deutschen Wissenschaftlers Wilhelm Kühne, welcher im 19. Jahrhundert Vorgänge in der mensch-lichen Netzhaut erforschte. Die von ihm so benannten Optogramme bezeichnen das letzte Bild auf der Netz-haut eines Toten. Der wissenschaftliche Stellenwert der sogenannten Optographie, der Wissenschaft um die Fi�ierung des letzten Bildes, das ein Lebewesen vor dem Tod sieht, bleibt jedoch aufgrund des fehlen-den Nutzens minimal. Historische Überlegungen, sie als forensisches Mittel einzusetzen, waren nie zu re-alisieren. NebenRabih  Mroué setzen sich auch noch andere Künstler mit der Idee der Optographie ausei-nander, wie etwa der Brite  Derek  Ogbourne.Auf die Frage einer Kunstkritikerin, ob denn Künst-ler in schwierigen und riskanten Situationen wei-terhin im Studio arbeiten, selbst zu Aktivisten auf

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der Straße werden oder �normale Alltagszivilisten�, soweit überhaupt möglich, bleiben sollten, entgeg-net Mroué mit der Frage, ab welchem Zeitpunkt sich Künstler denn überhaupt erlauben dürfen, zu fra-gen oder eine Arbeit zu beginnen. Nicht nur für ihn braucht die Kunst eine gewisse Distanz zu den Din-gen und auch eine Art von Frieden in sich.

The Pixelated Revolution kann insofern als logische Weiterführung in Mroués Werk gesehen werden, in dem er sich seit Ende des libanesischen Bürgerkriegs im Jahr 1990 intensiv mit der Entwicklung einer Sprache auseinandersetzt, welche eine Analyse der Geschichte und aktuellen Situation im Libanon wie auch generell im Nahen Osten ermöglicht und in Fol-ge darstellt bzw. transportiert. Er beschäftigt sich seit langem mit der Pra�is des Aufzeichnens und Archivierens sowie den Erzählweisen von Geschich-ten, sich stets seiner Verantwortung als Künstler be-wusst. Im Rahmen seiner Lecture Performances wird der Körper auf der Bühne zu einer unmittelbaren Metapher für die Handlungsfähigkeit des Einzelnen in Gesellschaft und Kultur, in einem politischen Sys-tem oder Staat.

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Alexander Hagmann romka magazineEin Gespräch mit Joscha Bruckert

Das romka magazine, ein von Joscha Bruckert kuratiertes fotografisches Zeitschriftenprojekt, hat sich in den letzten Jahren durch seine Eigenart zu einer fast konkurrenzlosen Publikation entwickelt, die mittlerweile auch in internationalen Kunstbuchhandlungen zu finden ist. Alec Soth schrieb in „2012: The Year According to Alec Soth“:

„[…] great curation and beautiful design make this a truly endearing publication.“ Ein Interview.

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WIE KAM ES ZU DER ENTWICKLUNG DES FORMATES ROMKA?Die Arbeit an romka begann 2008, zu einer Zeit, in der Onlinemagazine wie Unkraut aus dem Boden schossen. Kurios war, dass praktisch alle diese Projekte das glei-che Thema hatten: emerging artists – junge, aufstre-bende Künstler. Oder auch: hippe Bilder von hippen Menschen. In einem Anflug von Trotz habe ich mich dann entschieden, ein Magazin über andere Bilder zu machen, und zwar über persönliche Lieblingsfotos. Es durften nicht nur Künstler mitmachen, sondern auch Amateure, Studenten und kommerzielle Fotografen. Die erste Ausgabe entstand dann im Rahmen des Seminars

�The Market� bei Professor �indy Gates. DU ARBEITEST ALSO AUSSCHLIESSLICH MIT FOTOS VON ANDEREN. NIMMT ROMKA AUCH BEZUG ZU DEINER EIGENEN ARBEIT? UND WENN JA, IN WELCHEM UMFANG?Es ist eher so, dass beidem eine gemeinsame Frage-stellung zugrunde liegt, und zwar die Suche nach dem guten oder auch zeigenswerten Bild. Es ist ja keine Neu-igkeit, dass wir uns inmitten einer sich rapide beschleu-nigenden Bilderflut befinden (siehe Erik Kessels Foto-berg im �foam�). Seitdem praktisch jeder Blog durch endloses Scrollen aufgesaugt werden kann, verlieren die abgeschlossenen Einheiten – die Seite, die Serie, das Buch, die Ausstellung – zunehmend an Relevanz. Ein Lieblingsfoto, das allein aus persönlichen Gründen ausgewählt wird und damit auch immun gegen den theoretischen Diskurs ist, empfinde ich da als er frischend eindeutig.

ARBEITEST DU ALLEINE AN JEDER AUSGABE ODER HOLST DU DIR AUCH HILFE VON AUSSERHALB?Seit der sechsten Ausgabe habe ich den Grafiker Bene-dikt Bock an Bord, HGB-Student und praktischerwei-se auch mein Mitbewohner. Der ganze Rest, von der Auswahl über den Vertrieb und die Pressearbeit bis zur Website läuft weiterhin über meinen Schreibtisch.

�Kontrollzwang�, sagt man, glaube ich.

WIE GROSS SIEHST DU DEN UNTERSCHIED VON DEN ERSTEN PDF-AUSGABEN ZU DEN PRINTVERSIONEN? Abgesehen davon, dass die Qualität der Einreichungen mit wachsender Bekanntheit deutlich zugenommen hat und dass ich in den letzten Jahren auch das ein oder andere dazugelernt habe, hat Benedikt als Grafiker in Sachen Gestaltung schon eine ganze Menge verbessert. Das tut natürlich auch den Bildern gut. Der Schritt auf das Papier war aber auch insgesamt sehr wichtig: das Buch oder Heft als Objekt erzeugt für den Leser eine ganz andere Erfahrung. Wenn das altmodisch ist, bin ich gerne altmodisch. Wer schon mal ein �Fotobuch� auf dem iPad durchgewischt hat, sehnt sich schnell wieder nach echten Seiten.

NACH WELCHEN KRITERIEN SUCHST DU BILDER AUS DEN EINREICHUNGEN AUS?Ich mache mir zunehmend weniger Gedanken darü-ber, was eine für die Leserschaft interessante Auswahl sein könnte und gehe mehr dazu über, das Heft wie eine freie Arbeit zu behandeln. Ich suche aus, was ich selber

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interessant finde und was in Kombination mit anderen Bildern und Geschichten gut funktionieren könnte und benutze die Einreichungen wie ein Bildarchiv. Position zu aktuellen gesellschaftlichen Themen zu beziehen fand ich schon immer überflüssig. Es gibt also wirklich keine Kriterien, außer meinen eigenen Geschmack.

HATTEST DU NACH DEN ERSTEN EINREICHUNGEN SCHON DAS GEFÜHL MIT DIESEM FORMAT EINE BESTIMMTE GRUPPE FOTOGRAFIE-INTERESSIERTER ANZUSPRECHEN?Mein Wunsch war es von Anfang an, ein möglichst brei-tes Spektrum anzusprechen und auch zu beteiligen. Von der international renommierten Fotokünstlerin bis zum Sportstudenten, der mit dem Telefon fotografiert. Die Grenzen der �Fotoszene� zu überschreiten ist aller-dings sehr viel schwieriger, als ich es mir vorgestellt habe. Aber vielleicht ist das auch gar nicht schlimm – romka ist ja nicht die �View� und wahrscheinlich unzu-gänglicher, als ich mir eingestehen möchte.

WIE SIEHST DU DIE THESE, DASS EIGENTLICH JEDE EINGE-REICHTE ARBEIT VERÖFFENTLICHT WERDEN MÜSSTE? DENN WELCHE GESCHICHTE WICHTIG ODER INTERESSANT IST, ENTSCHEIDET JA JEDER DER FOTOGRAFEN FÜR SICH.romka ist ja nicht nur Lieblingsfotos plus Geschichten, sondern das, was ich daraus mache. Eine ungefilterte Veröffentlichung aller eingereichten Bilder wäre dem Bombardement auf Facebook, Flickr, Pinterest und wie sie alle heißen gar nicht so unähnlich.

WIE WICHTIG IST DIE ENDGÜLTIGE ZUSAMMENSTELLUNG DER EINGEREICHTEN GESCHICHTEN UND BILDER IN DEM MAGAZIN? WIE WICHTIG IST DIR EINE DRAMATURGIE?Eine holprige Sequenzierung und zu großzügige Aus-wahl ist meiner Meinung nach das, an dem die meisten fotografischen Arbeiten scheitern. Man könnte mit der-selben Grundidee und demselben Pool an Einreichun-gen ein ganz anderes und auch wirklich abgrundtief schlechtes Heft machen – einige Teile der frühen Ausga-ben sind da ein ganz gutes Beispiel. Blindes Zusammen-würfeln funktioniert nicht, und ein gutes Bild zu einem schlechten Zeitpunkt kann einiges verderben.

KÖNNEN BILDER AUCH OHNE TEXT EINE GESCHICHTE ERZÄHLEN, DIE IM ROMKA MAGAZINE VERÖFFENTLICHT WIRD?Bilder können vereinzelt schon vortäuschen, eine Ge-schichte zu erzählen, aber im romka magazine habe ich davon Abstand genommen. Ich bin zu fasziniert von dem Moment, in dem man die Geschichte gelesen hat und das Bild ein zweites Mal anschaut. Wenn man, sowohl

im Motiv als auch in der Struktur des Bildes selbst, nach Hinweisen auf die neuen Informationen sucht, geht mir das Herz auf. Was seltsam ist, denn genau diese Notwen-digkeit von e�ternen Informationen ist das, was mir an vielen künstlerischen Arbeiten nicht gefällt.

Der Autor David Sedaris erzählt in �Me Talk Pretty One Day� von einer Studentin aus der Zeit, in der er kreatives Schreiben unterrichtet hat: �The returning student had recently come through a difficult divorce, and because her pain was significant, she wrongly insisted that her writing was significant as well.�

Das erinnert mich an die Art von �Fotokunst� bei der beispielsweise ein stinklangweiliges Haus stinklang-weilig fotografiert wird und dann auf einer Bleiwüste in A4 erklärt wird, dass dieses Bild sehr wertvoll ist, weil in diesem Haus mal jemand gestolpert ist oder die Bibel übersetzt hat oder was auch immer. Dass genau dieses Prinzip in abgewandelter Form das ist, was mir an den Bildern im romka magazine so gefällt, ist natürlich sehr inkonsequent, ich weiß. So richtig erklären kann ich es nicht.

IN WIEWEIT DEMOKRATISIERT DAS MAGAZIN DIE FOTOGRAFIE IM ALLGEMEINEN?Die Fotografie im Allgemeinen kann ja kaum weiter de-mokratisiert werden. Abgesehen von den Menschen, die keinen Zugang zu einer Kamera mit Internetanschluss haben, hat ja (zumindest theoretisch) jeder die Möglich-keit, ein Foto zu machen, das noch am selben Tag auf der ganzen Welt gesehen wird. Worauf es mir ankommt, ist ein demokratisierter Zugang zu der Institution �ge-drucktes Magazin�. Rhetorische 95 Prozent der Fotos, die gemacht werden, sind Erinnerungsfotos. Geliebte Menschen, wichtige Orte, große und kleine Ereignisse im Privatleben. Gleichzeitig geht es in praktisch jedem Fotomagazin um Kunst, Mode, Lifestyle und so weiter. romka soll die Fotografie für das feiern, was sie für die allermeisten von uns bedeutet – konservierte Erinne-rungen, mit denen wir unser Leben zusammenhalten.

Das Interview fand per Mail am 16./17.07.12 zwischen Dortmund und Leipzig statt.

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“The man in this photograph looks exactly, exactly like my Dad, and everytime I look at it I can’t help thinking Dad does this, too, and it makes me feel guilty for going so far from home and never calling.”

(Charlie Engman, UK)

Auszug aus dem romka magazine

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Andreas Till Visual HaikuPhotography and Resonance

Die japanische Literaturform des Haiku hat Fotografen immer wieder inspiriert, doch gerade durch die inflationäre Verwendung dieser Referenz ist sie mittlerweile zum bloßen Klischee verkommen. In seinem Essay zeichnet Andreas Till die Entwicklungslinien dieser Verbindung nach – vom

„entscheidenden Augenblick“ bei Cartier-Bresson über künstlerische Arbeiten bis zum Portal Visual Haiku bei flickr – und untersucht anhand der Arbeit des Fotokünstlers Yamamoto Masao die Relevanz einer Übersetzung der Idee des Haiku in den visuellen Bereich.

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Japan based artist Yamamoto Masao (b. 195�), who, in 19�5, turned to photogra-phy after having been trained as an oil painter under Goro Saito in his native city Gamagori, is widely known for his deliberately stained and creased pocket-size pho-tographs that he arranges in e�tensive wall installations, for which his prints are directly attached to museum and gallery walls. Yamamoto has e�hibited around the world, although for the most part in the United States and since 200� also in Europe. His work is continuously referred to as visual haiku1 or photographic haiku2, mostly in gallery releases and e�hibition reviews. In doing so, the authors of those releases and reviews link Yamamoto’s work directly to the poetry of haiku, which, being es-sentially Japanese, has also found great popularity in the West since the 1950’s3.

�ertainly, Yamamoto doesn’t stand alone when it comes to the linkage of photo-graphic work to haiku and gets in line with other professional international ar-tists such as the British landscape photographer Michael Kenna, the American installation artist Jim �ampbell and the American photographer Duane Michaels. Besides these professionals there is a great number of photographers within the field of amateur photography, who utilize the term visual haiku to label their work. Building visual haiku groups4 on the image hosting website and online community flickr, they contribute to a large pool of pictures that can’t be more diverse in style and technique. For the greater part, these pictures are colorful landscape photo-graphs and macro shots of plants and animals, which occasionally mi� with street photographs, cityscapes or product shots. Although this widely varied imagery already introduces a certain aspect of haiku, it rather raises the question of how the concepts and criteria of haiku can be transferred to a visual level and where connections between the written form and its historical background and the visu-alized forms can be established and are reasonable.

The haiku originated in the late nineteenth century as the result of a succession of modifications of early Japanese poetry. It evolved from the forms waka and renga and is only a short section of these forms. Also known as hokku or haikai, haiku re-fers to the first three lines that were part of waka and renga and from which it ori-ginated to be its own poetic form. The original Japanese form of haiku is written

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in a single line of kana writing. Opposed to this, the English haiku �is a 1�-syllable poem arranged in three lines of 5, � and 5 syllables, having some reference to the season and e�pressing the poet’s union with nature.”5

�Haiku and photography have much in common”6, writes Dorothy Guyver Britton in the introduction to A haiku journey: Bashō’s “The narrow road to the far north” and selected haiku and with Blyth’s statement at the back of one’s mind that �haiku are moments of vision”7 this linkage is a corollary. The haiku moment �that flash of intuition that gave birth to Haiku”8 also brings back to mind the term of the decisi-ve moment that was initially introduced to the photographic world by French pho-tographer Henri �artier-Bresson with his eponymous book that was published in 1952. For him, photography was the instantaneous sensibility for an appearance and the arrangement of the visual configuration that constitutes and indicates this appearance. This notion of photography sounds strangely similar to Girou�’s e�planation of the haiku moment: �Haiku is the e�pression in words of the instant of intuition uniting poet and object”9 and �the very words of the haiku are found during the instant of the haiku moment.”10

Accordingly, a photograph is the visual e�pression of the instant when the pho-tographer releases the shutter of his camera after organizing what presents it-self before the camera by means of composition and perspective among others. By releasing the shutter the shades within the camera lens open and the che-micals on the film capture the light that makes visible what was in front of the camera at that very moment. Through this opening process the photographer, metaphorically speaking, connects with the world in front of his lens. He unifies with his subject. To push this idea even further, the stimulus, which entices the photographer to release the shutter and capture a moment within a photographic image and which makes the haiku poet capture a moment within a brief poem is what Blyth calles a �sensation”11 or Girou� refers to as �moment of insight”12. Through the process of perception and the shaping of the initial, �almost entirely physical and mechanical”13 sensation by either words or visual elements, a trans-formation of that sensation takes place and it becomes a �humanized sensation”14, which makes the haiku �not mere description, just photography.”15

In his book The Haiku Form Joan Girou� points out that the haiku moment pos-sesses certain qualities, which lead us to a deeper understanding of its meaning. Directness, parado�, austerity and joy represent these qualities16 and it is an in-teresting question of how these qualities can be equally applied or found within the medium of photography. Photography has always been defined as a medium that is capable of mirroring the e�act form of things (if we neglect photography’s possibilities of image manipulation by, for e�ample, long time e�posure, dark room techniques or digital editing in photoshop). �The directness of […] haiku may be defined as the straight looking at things and portrayal of them without symbol and without metaphor.”17 It thereby resembles qualities that were inter-nalized by the German photographic movement Neue Sachlichkeit (1923–1930) that sought to work against the artistic tendencies by utilizing objective imagery. As opposed to pictorialism, which privileged the completed atmospherical and subjective picture before the subject, the Neue Sachlichkeit, as initiated by German

Albert Renger-Patzsch, Das Bäumchen (1929)

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photographers Albert Renger-Patzsch, August Sander and Karl Blossfeldt, aimed at depicting the simplicity and the beauty of things by keeping a healthy distance to the subject. Austere and simple imagery would allow them to capture its struc-ture and character as �these things without any thought or emotion or beauty or desire are haiku.”18 Detachment and the sparing use of words19 constitute this austerity (which Blyth refers to as ascetism20 and Susan  Sontag might designate as �a noble reticence, a lucid understatement”21) in haiku. The haiku poet doesn’t abandon himself to conceit and e�tenuation, suggesting meaning beyond things. He merely cherishes the things as they are and appreciates that their meaning lies in themselves. At the same time, he calls on the reader to be receptive for their resonance. Moreover, the haiku poet tries to achieve unity in his poems. For this reason the elements within the haiku poem have to be complementary, have to unite concord and discord with the result that every quality needs its companion, as following quote by Blyth supports: �In Haiku, the two entirely different things that are joined in sameness are poetry and sensation, spirit and matter, the �rea-tor and the �reated.”22

Subsequently, after having elaborated on the qualities of directness and austerity, there is a need to briefly elaborate on their complements as indicated by Girou�: parado� and joy. A parado� is a seemingly indissoluble contradiction. For Girou� this parado� in language resides in the fact that one word can always only e�press one thing23. He illustrates this with following haiku by Yamaguchi Sodo (1643 – 1�16):

Yado no haruNani mo naki koso

Nani mo are

In my hut this springThere is nothing.

There is everything.

Here, the absence of palpable matter and the presence of spiritual richness op-pose and affect each other. The absence of physical things seems to promote the reception for the obscure and intangible. As hinted above, the notion of the photo-graph as a copy of reality has begun to totter, not just since the invention of digital photography. What we see in a photograph doesn’t necessarily represent the �real” world anymore. It raises the questions of truth and evidence. Asides from that, what we see in a picture will always stay within the frame and on the surface of the photograph. What we see is a picture of a pond and not the pond itself. However, although the pond is not �really” there, it will e�ist within our imagination as we deduce what it was really like. The pond is simultaneously present and absent. The quality of joy occurs to be a little tricky if we want to correlate it to the nature of photography and hereby support the idea of shared qualities of the latter and haiku poetry. What Girou� means by joy is ostensibly different from what we would think of in the first place. Joy, for him, represents a general easiness and openness to the world and, to a certain degree, the appreciation of all its creatures.24

This implies the act of �giving up a possessive attitude towards things.”25 �on-trary to our e�pectations, we are now confronted with a conflict. The act of

Karl Blossfeldt, Adiantum Pedatum (1928)

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photographing is a predatory act, which is already implicated in the use of the term �to capture an image”. It entails a certain patronizing of reality26 and thus works against the fourth quality of the haiku moment as elaborated by Joan Gi-rou�. By stating that, as a �[…] way of certifying e�perience, taking photographs is also a way of refusing it – by limiting e�perience to a search for the photogenic, by converting e�perience into an image, a souvenir.”27, Susan Sontag punctuates one notion of photography’s parado�es and its compliance with haiku’s qualities on the one hand, but also its resistance to them on the other.

To sum up, I want to revert to �artier-Bresson’s book The Decisive Moment, in whose keynote te�t he quotes 1�th century �ardinal de Retz, who wrote: �There is nothing in this world that does not have a decisive moment.” As previously worked out, correspondence between photography and haiku poetry undeniably e�ists. However, if we adopt de Retz’s statement and take into account that the decisive moment is ubiquitous, that brings about the assumption that almost every photo-graph is haiku. Naturally, we have to consider the derived parameters and quali-ties associated to haiku and photography, but specifically focus on those, which are not inherent in the nature of photography itself, since this would only empty into a generalized conception of �visual haiku”.

The foregoing approach though, might lead us to standards that will help to arrange terms for �visual haiku” as a form that is neither visualizing or, otherwise put, il-lustrating haiku poetry or functioning as a template for such, but is geared towards an e�clusively visual transcription, which is haiku itself. Ideally, these standards will provide us with additional information, notably when it comes to the processes of sequencing and determining the medium of visual haiku artwork in the field of photography. In as much as an untethered quality can be depurated it is the quality of austerity, for the reason that it does not only tell us about appropriate imagery, but also lets us anticipate the semblance of a collection of multiple photographs.

�The poet e�presses the truth as it is, without comment.” 28 Set aside all the discus-sions on photography and truth, which have been open to debate for a long time, this statement alone e�pels almost 98% of the 2.1�6 pictures currently constitu-ting the Visual Haiku group on flickr as, in my opinion, a single photograph or a larger body of work that are thought up to be visual haiku can’t be a color photo-graph or be made up by such. �olor always suggests emotion and evokes feelings. It is also prone to being symbolized or metaphorized and has a palliative effect.

The sparing use of words within haiku poetry must be translated in the sparing use of color photographs within a book or series. As far as I can see, this is the only way that makes sense, if simplicity, distance, reticence and the absence of comment and �over-intellection” are our primary objectives. This also entails, that the use of a small depth of field counteracts with our pursuit to meet these objectives. A small depth of field blurs boundaries and abates the possibility of an unbiased observation.

Additionally, to e�pand my previous thoughts and coincidentally turn back to the beginning of this essay, I want to implement one of Yamamoto Masao’s photo-

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graphic books at this point. Since 1998, Yamamoto has published si� photo books. While his first book The Box of Ku is still rather conservative in its approach his following books Nakazora (2001) and Omizuao (2003) open up a whole new set of possibilities, as they carry the potential to further deepen our understanding of

�visual haiku”. For the kinship of the two books and the eventual parallelism in certain aspects, I will narrow down my focus to the former.

To begin with, I must unveil to the reader, who might not be a connoisseur of Yamamoto’s work, that the use of the term book for Nakazora is rather misleading. Labeled as �makimono-style” this book, also known as �kansubon” in Japan, is an early form of bookbinding. In fact, it will be more accurate to speak of Nakazora as a scroll and refer to it as such in the following. Yamamoto’s scroll is made up of sheets of paper that have been pasted together culminating in appro�imately eighteen feet in length and twelve inches in height. It carries 46 four-color plates printed on uncoated fine Japanese paper. The photographs are reproductions of original toned silver prints. This particular scroll stands historically and traditionally in line with �emaki”, that is Japanese narrative hand scrolls, which developed during the 10th century, combining pictures and te�t. Makimono-style is a derivation of this term. Emaki clima�ed in the 12th and 13th century. As artists turned to other modes of pain-ting, the art of emaki declined after the 14th century. It played an important role in the narration of a wide range of stories, whose contents vary between being his-torical, philosophical or biographical.

These stories include the �keen observation of landscape, the animal world and every aspect of human behavior”29 and are illustrated with a sequence of paintings. Today, emaki are still of highest value in Japanese culture and society as they are conceived and cherished as national treasures. Yamamoto once noted in an inter-view30 that he is repulsive to binding himself to particular ideas and that he always tries to maintain an open mind to remain receptive to all sorts of events or objects in front of his camera. The kansubon, as a pre-binding book form, seems to blend in perfectly with this notion as it establishes new possibilities for the construction of photographic work and, in addition, makes possible the implication and e�ecu-tion of further attributes of haiku.Undoubtedly, one of emaki’s most striking features is its sequentiality as already implied by its very little height but very great length. Read from right to left and viewed from above, its reader has to get active and make use of both of his hands as he unrolls the scroll on a table. However, the character of this unrolling, or bet-ter, opening process is twofold. Logically, the best way to read emaki is to unroll the scroll with one’s left hand just to roll it up again with one‘s right hand, which allows for a partial view of about forty inches of the scroll. The constant movement during the reading process enables the viewer to move along the paper by progres-sively opening and closing parts of the scroll and epitomizes the e�periences of time and travel, which are so crucial for the understanding of haiku.

Step by step, the viewer unveils a new set of pictures. No two sets of pictures can be seen simultaneously and the viewer, who is driven by anticipation, moves for-ward through the hand scroll starting to lose his memory of the photographs seen

Masao Yamamoto, Nakazora (2001), Nazraeli Press

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first. A movement opposed to the reading direction is required to rekindle these photographs. The possibility to go back and forth, to view and re-view certain ima-ges does not only show the importance of time, but over and above the manifestati-on of timelessness. Furthermore, the horizontal e�panse of the scroll that allows for the long compositions in Nakazora greatly resembles the traditional Japanese form of haiku. It distinguishes itself from the altered English form that organizes the haiku poem in a triplet.

Reconsidering the fact that Yamamoto carries around his wallet-sized, stained photographs in his pockets or his wallet a long time before he puts them to use in his books or installation works lets us marvel about the physical closeness that both his photographs and the form of the emaki represent. His use of emaki as being a personal object, �an item of private nature”31 and the way his photographs are printed on the paper supports his effort to emphasize the object character of a photograph. �onsequently, the rolled-up scroll can be easily carried along on tra-vels. Therefore, the quality of movement that adheres haiku reverberates not only in the shape of Yamamoto’s photographs and the hand scroll form, but also in its object character.

One of haiku’s essential components is the season word. It references to one of the year’s seasons and thus stands in the tradition of old Japanese poetry.32 Seasons, as naturally being periods of transition and state’s of in-between, represent change and development and indicate arriving and departing. The �possibility of deve-lopment is the most fundamental feature of emaki”, says Girou� and pricks into my mind to think of Yamamoto’s pictures as points of departure and points of arrival as one follows the flow of his photographs and becomes a traveler oneself

– just as the hermit Ryokan, one of Yamamoto’s most favorite poets, or Bashō, one of the great masters of haiku. Additionally, the way Yamamoto sequences his photographs, giving them their own individual space and leveling his subjects (people, animals and landscapes) by, for e�ample, visually equalizing a fish and a fly to the same scale, assimilating a woman and a stone through ju�tapositi-on brings to front the idea of �the oneness of nature, or undifferentiated nature of human feelings and the feelings of natural events, objects and creatures.”33 Blyth also ties this to animism, �the e�perience that each thing is ‘alive’, not merely animate or inanimate”34, although this e�perience is hardly ever e�-plicit in haiku35. Yamamoto’s appreciation of the wholeness of the world, which is, in his case, the �every-day-world”, nevertheless becomes more or less obvious in the way he arranges his photographs on the scroll.

Finally, we can already identify a huge multiplicity of additional criteria for visual haiku after a very brief and definitely fragmentary study of Yamamoto’s Nakazora. We found out that Yamamoto synthesizes kinship on various levels. He brings to-gether photography and painting, not only by situating his photographs on emaki, a traditional medium for Japanese painting, but also by applying a slight hint of color to his photographs. Furthermore, he interweaves the subjects of his pic-tures through the utilization of scaling, sequencing and the way he situates his subjects within the frame and thus appro�imates his work to the concept of ani-mism, which is part of haiku. Although haiku �is grasped by the eye rather than

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by the ear or mouth”36, we also found out that not every photograph is haiku, but, if certain parameters are considered, the two can become very close, approaching each other to a certain e�tent, but simultaneously dissociate from each other. It remains the question, how close a written form and a visual form haiku and photo-graphy can actually get.

QUELLENVERZEICHNIS

1 Eleanor Heartney, „Masao Yamamoto at Yancey Richard-son”, Art in America (May 2002)2 Masao Yamamoto’s Photographic Haiku, accessed June 1, 2011, http://jasgp.org/content/view/692/179/3 Joan Giroux, The Haiku Form (Rutland, Vermont & Tokyo, Japan: Charles E. Tuttle Company,1974), 74 Visual Haiku, accessed June 1, 2011, http://www.flickr.com/groups/visual_haiku/5 Joan Giroux, The Haiku Form, 23 6 Basho Matsuo: A haiku journey : Bash’s The narrow road to the far north and selected haiku;translated and introduced by Dorothy Britton (Tokyo & New York : Kodansha Inter-national, 1974)7 Reginald Horace Blyth: A History of Haiku Vol. 1 (Tokyo: Hokuseido Press, 1963–64), V8 Joan Giroux, The Haiku Form, 99 Joan Giroux, The Haiku Form, 4710 Joan Giroux, The Haiku Form, 4711 Reginald Horace Blyth, A History of Haiku Vol. 1 ( Tokyo: Hokuseido Press, 1963–64), XXXI12 Joan Giroux, The Haiku Form, 713 Reginald Horace Blyth, A History of Haiku Vol. 1, 2514 Reginald Horace Blyth, A History of Haiku Vol. 1, 2515 Reginald Horace Blyth, A History of Haiku Vol. 1, 2516 Joan Giroux, The Haiku Form, 50–62

17 Joan Giroux, The Haiku Form, 5018 Reginald Horace Blyth, A History of Haiku Vol. 1, 819 Joan Giroux, The Haiku Form, 5520 Reginald Horace Blyth, A History of Haiku Vol. 1, 121 Susan Sontag, On Photography (New York: Picador, 2001), 3022 Reginald Horace Blyth, A History of Haiku Vol. 1, 723 Joan Giroux, The Haiku Form, 5324 Joan Giroux, The Haiku Form, 6025 Joan Giroux, The Haiku Form, 6126 Susan Sontag, On Photography, 8027 Susan Sontag, On Photography, 928 Joan Giroux, The Haiku Form, 6229 Miyeko Murase, Emaki: Narrative Scrolls from Japan (Tokyo: The Asia Society, 1983), 1530 Masao Yamamoto – The Space Between Flowers, accessed June 1, 2011,http://www.youtube.com/watch?v=Yq9wf2wfnnw31 Miyeko Murase: Emaki, Narrative Scrolls from Japan, 1932 Joan Giroux, The Haiku Form, 9433 Masako K. Hiraga, “Blending” and an Interpretation of Haiku: A Cognitive Approach in Poetics Today, Vol. 20, No. 3, Metaphor and Beyond: New Cognitive Developments (Durham: Duke Univer-sity Press, 1999), 46834 Reginald Horace Blyth, A History of Haiku Vol. 1, 835 Reginald Horace Blyth, A History of Haiku Vol. 1, 1036 Reginald Horace Blyth, A History of Haiku Vol. 1, 7

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Marcel Wurm Graukarten

Die Graukarte, Handwerkszeug professioneller Fotografen und Grundlage für ein farbrichtiges, sowie in den Kontrastwerten ausgewogen und richtig belichtetes Bild, wird in diesen Arbeiten zum alleinigen Bildgegenstand. Die ausgewählten Karten zeigen dabei zum einen ihre Geschichte ausgie-bigen Gebrauchs durch die vielfältigen Spuren auf ihrer Oberfläche und zum anderen Farbverschiebungen, die der als perfekt geltenden, digitalen Aufnahmetechnik geschuldet sind.Es wird hier nicht nur auf die Grenzen der Fotografie als Medium zur Erzeugung perfekter Bilder verwiesen, sondern grundsätzlich die Frage danach gestellt, was das Bild zum Bild macht. Warum wird ein bloßes Mittel zum Zweck der Bildherstellung durch Reproduktion und Vergrößerung selbst zum Bild?

Bildtafeln „Grau I – VI“, je 100 × 67 cm, Lambdaprint kaschiert, 2009

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Susanne Brügger Dr. Jekyll & Mr. Hype

Der eine hält sich für eine total existierende Ganzheit und der andere meint, er sei eine andere Ganzheit. Das ist einfach zu viel. Dann gibt es keine Brüche /fractions/ mehr, sondern nur noch Reibungen / frictions/...

Jean-Luc Godard, Liebe Arbeit Kino, Merve 1981

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An dieser Stelle sollte eigentlich der Verriss einer �angesagten� Ausstellung des vergangenen Jahres ste-hen. Nicht um des Verrisses willen, sondern weil die Ausstellung tatsächlich unsäglich war – und als Phänomen vielsagend. Mit ma�imalem Medienecho gab es positive Besprechungen in allen überregio-nalen Medien und Foren – weitestgehend ausgestaltet als Durchschlag der Pressete�te, ohne eine Nu-ance kritischer Refle�ion. Bis hin zur Tagesschau reichte der Hype propagandistischer Mobilmachung.Ein Paradigma für ein zunehmendes Phänomen: Kritiken, kritische Auseinandersetzungen, sind im-mer seltener anzutreffen. Stattdessen der Rat von namhaften Kritikern: wenn etwas nicht gefällt, dann sprich einfach nicht darüber. Es scheint eine �damnatio demoriae� verhängt über jenes, was nicht gut ist. Das Schweigen, das schon in der Antike die Erinnerung an unliebsame Personen tilgen sollte, ist heute eher das Schweigen der Indifferenz, die den Gesetzen der Aufmerksamkeitsökonomie folgt.Die journalistische Arbeit ist zumeist reiner PR-Tätigkeit gewichen. Was veröffentlicht wird, sind zu-nehmend Derivate von PR-Te�ten, von interessierten Kreisen lancierte werbende �ußerungen. Im Netz geben User-Kommentare manchmal den kritischen Part. Neben vielen bemerkenswerten Beiträgen entwickeln sich solche Threads allerdings häufig bloß zu �Volkes Stimme�, und derart beschleunigt sich der Abwärtstrend der Qualität kritischer Anmerkungen, dass �Kritik� hier schnell zum Synonym für eine einfach nur abschätzige �ußerung wird.Auch in geschlossenen Systemen ist es mit dem Umgang mit negativer Kritik nicht weit her. Allzu schnell ist das Wort vom �Nestbeschmutzer� zu hören. Ein Begriff, mit dem schon zu Zeiten des Ersten Weltkrieges sogenannte �Vaterlandsverräter� betitelt wurden. Die damit zugleich aufgezeigten Denk-muster sind stets territorial und vor allem autoritär. Leider ist diese Beobachtung beispielsweise auch in Hochschulen zu konstatieren. Dabei wäre gerade dies der geeignete Ort für kritische Auseinander-setzungen. Und auch in privaten Beziehungen tauscht man sich zunehmend lediglich über das aus, was man mag. Kritik liefert heutzutage eher das Signal für die Suche nach einem anderen Partner, als dass es als positives Zeichen für die Arbeit an der Beziehung gälte.Kritik wird gemieden. Positiv soll alles sein. Erwähnt wird, was gefällt. Der �I-like-Button� als zeitge-mäße Entsprechung zum fotografischen Auslöser markiert die refle�hafte Reaktion einer Gesell-schaft der ähnlich und immer ähnlicher Denkenden. In Orwellschem Neusprech wird der Begriff der Schwarmintelligenz als schmeichelhafte Umschreibung der Masse geprägt, deren diffuse Struktur und irrationales Verhalten, welches bislang ärgerlicherweise präzisen Vorhersagen zuwider lief, es nun auszuloten und zu differenzieren gilt. Die Kaufempfehlung kanalisiert dann zügig das positive Echo zur marktrelevanten Resonanz.Vor diesem Hintergrund bleibt vielleicht zu fragen, inwieweit der �Kritiker� nicht einfach eine über-kommene Figur ist, ein Relikt aus Zeiten der Aufklärung, in denen die Tätigkeit der Kritik zur Vermitt-lung, zur Orientierung und zum Erkenntnisgewinn noch eher gefragt war als der muffige �Find-ich-gut-Modus� einer wuchernden Wohlfühlhirnrinde.

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Pamela C. Scorzin Shooting Ourselves To DeathWie die Handykamera die Fotografie revolutioniert

Gleich zwei Beiträge widmet das erste Heft der Cahiers dem auf der dOCUMENTA 13 in Kassel gezeigten Arbeitszyklus The Pixelated Revolution des libanesischen Künstlers Rabih Mroué. Die Betrachtungen von Pamela C. Scorzin und Gregor Sailer gehen dabei jeweils unterschiedlich den Fragen nach Opferrollen und den Bildmedien und ihrer Authentizität nach. Ein Angebot für gewissermaßen stereoskopisches Lesen.

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Digitale Kameras, internetfähige Smartphones und Photo Apps wie Instagram revolutio-nieren derzeit wiederholt unser Verständnis vom Wesen und �harakter der Fotografie. Diese befindet sich seit der umfassenden Digitalisierung im 20. Jahrhundert, sowie dem Aufkommen zahlreicher neuer fotokünstlerischer Pra�en in den Bildenden Künsten, längst in einem Zustand der �Post-Photography�. Es eröffnen sich dabei viele Konkurren-zen wie Kongruenzen mit den neuesten digitalen foto-filmischen Bildern.Die wesentlichste Veränderung liegt jedoch im Zeitalter des Web 2.0 in der Emanzipation der User, vormals Dilettanten genannt, die ihre Bilder weltweit rege miteinander teilen. Denn wer heute Zugang zu den technologischen Gerätschaften und weltweiten Netzwer-ken hat, kann auch zum Sender von Bildern mit potentiell globaler Wirksamkeit werden. Mit der damit einhergehenden Inflation der (mobilen) Bilder sind aber Fragen und Aspek-te der fotografischen Bild- und Medienkompetenz offensichtlich erst einmal außen vor.Wichtiger als formal-ästhetische Kriterien allein scheint nun die soziale Mitteilungsart der heute weltweit verbreiteten (audio-)visuellen Aufnahmen, also ihre strategische In-tentionalität, und ob sie überhaupt für irgendjemanden von irgendwelcher Relevanz sein könnten. Dabei entstehen in einer �ra der Post-Photography neue Vorstellungen darüber, was den eigentlichen Inhalt und dessen Wirkung auf das Publikum betrifft und gemein-hin charakterisiert. Denn auch darüber entscheiden heute nicht mehr allein etwa nur Profis wie etablierte (Bild-)Redakteure, Kritiker oder E�perten, sondern die Masse der unentwegt Bilder-Schießenden und  -Versendenden selbst, auf ihren eigenen, selbst ge-schaffenen digitalen Plattformen im World Wide Web.Wie stellen sich nun aber diejenigen, die sich heute noch Photo Professionals oder fo-tokünstlerische Bilderproduzenten nennen wollen, und dabei oftmals auf ihre zertifi-zierten akademischen Ausbildungswege verweisen, dieser aktuellen Konkurrenz der großen Photo �ommunities einer digitalen und globalisierten Zeitenwende? Hat sich dabei die Fotografie nicht schon längst selbst zu Tode geschossen? Und sind wir aber nicht gleichzeitig auch dabei, ihre phänomenale Wiederauferstehung in Form neuer vitaler  post-fotokünstlerischer Praktiken zu erleben?

Ein gelungenes, weil in seiner Originalität und Wirksamkeit höchst eindringliches und auf-klärerisch wirkendes Fallbeispiel hierfür liefert eine aktuelle, szenografierte Mi�ed Media Installation von Rabih Mroué (geb. 196� in Beirut), die nach ihrer Premiere 2011 im Walker Art Museum in Minneapolis im Frühjahr 2012 im Berliner Haus der Kulturen der Welt und auf der dOCUMENTA (13) im Südflügel des Kasseler Kulturbahnhofs prominent ausgestellt worden ist. Sie trägt den bezeichnenden allgemeinen Titel The Pixelated Revolution, der

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eine doppeldeutige Bedeutung gewinnt, wenn man das Abstract zum Werktitel liest: „Die Lecture-Performance The Pixelated Revolution von Rabih Mroué handelt vom Einsatz von Mobiltelefonen während der syrischen Revolution. Der Vortrag untersucht die zentrale Rolle, welche die mit diesen Geräten aufgenommenen Fotografien aufgrund ihrer Fähigkeit, über virtuelle und virale Kommunikationsplattformen geteilt und verbreitet zu werden, bei der Information und Mobilisierung der Menschen während der revolutionären Ereig-nisse spielten.“Nun wird von Kulturwissenschaftlern schon eine geraume Zeit lang über den Zusammen-hang zwischen den politischen Geschehnissen des sogenannten Arabischen Frühlings und den neuen globalen digitalen Kommunikationstechnologien spekuliert. Beide wer-den dabei als noch nicht abgeschlossene revolutionäre Entwicklungen der kulturellen Gegenwart eingestuft, die kulturgeschichtlich gesehen eng miteinander in struktureller Wechselwirkung und in gegenseitiger Bedingung stehen könnten. Denn Aufständische, Opfer, Demonstranten oder Protestler haben offenkundig nun zum ersten Mal in der Ge-schichte eine ungleich größere Möglichkeit, Nachrichten und hier insbesondere Bilder gesellschaftlich revolutionärer Ereignisse selbst zu generieren und global zu distribu-tieren, d. h. �Geschichte� live über alle Grenzen und Zensuren hinweg für eine interes-siert beobachtende und parteiisch zu affizierende Weltgemeinschaft zu dokumentieren. Schwere Zeiten allemal für all jene, die sich vormals sicher in tradierten Hegemonien und sozialen Hierarchien wähnten.Nun führt aber auch die Inflation der vermeintlich authentischen Bilder aus den verschie-densten gegebenen revolutionären Ereignissen dieser Welt nicht nur zu einer ausgepräg-ten Rivalität mit den quasi offiziellen Medienbildern der institutionellen und politischen Berichterstattungen, sondern vielmehr auch zu einer fatalen gegenseitigen Konkurrenz, die wiederum zu einer gewissen Wirkungslosigkeit in der Effektivität (foto-)bildlicher Rhetoriken führt, und die Rezipienten damit eher weiter abstumpft als emotionalisiert oder politisch agitiert: „Wir sehen alles und nichts. Wir sind blind.“ 1

Damit eröffnet sich ein Diskurs, der für viele kritische Bilderproduzenten und -theore-tiker gegenwärtig zentral wird: Wie könnten die Bilder einer Post-Photography generell wieder eine nachhaltigere Wirksamkeit und Reflektiertheit erreichen, die die Rezipien-ten emotional berührt, gleichzeitig intellektuell anregt und zum verantwortungsvollen politischen Handeln aktiviert, anstelle schlimmstenfalls einen Voyeurismus an der Ge-walt zu bedienen, ins Pathos zu inszenieren oder bestenfalls die passiven Zuschauer in eine apathische Lethargie des empathischen Mitleidens und emotionalen Überwältigens zu führen, die die so erzwungene Augenzeugenschaft der vermeintlich authentischen Bilder bei ihnen häufig nur auszulösen vermag?Den Weg, einen doppelten Diskurs zu eröffnen, beschreitet der libanesische Theater-regisseur, Schauspieler, Publizist und bildende Künstler Rabih Mroué. Anstelle der Bil-derflut noch mehr eigene Bilder hinzuzufügen, gestaltet er mit visuellem Found Footage, d. h. gezielt recherchierten und vorgefundenen Bildern aus dem Internet, einen szeno-graphierten Bilderraum als begeh- und erfahrbaren Denkraum zu einem frappierendem Bilderphänomen der digitalisierten und globalisierten �ra.Mroué legt dabei auch vorneweg für das Publikum offen: „I’m not the one who recorded or produced them. And this came out of my belief that it’s now very difficult for artists to produce images, especially with the glut of imagery in the media. The question seems simple

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enough: What images can artists produce and is it possible to confront these images that we receive every day with yet more images that we produce? These are the questions that I pose in many of my works“2

Wobei die Frage nach dem Grad der Authentizität des dabei verwendeten respektive an-geeigneten anonymen Bildmaterials aus dem Internet, das, was gerne mit Begriffen wie Echtheit oder Wahrheit bezeichnet wird, aber offen, weil sowohl für den Künstler als auch für die späteren Rezipienten letztlich weitgehend unüberprüfbar bleibt. Wichtig allein ist dabei für den Künstler, dass es als zeitgenössisches Bilderphänomen en gros als solches e�istiert und als solches in der Zitation reflektiert wird. Es geht ihm mehr um die rationale Dekonstruktion und �De-Ikonisierung� zeitgenössischer Bilderphänome-ne, deren Thema hier die Darstellung von Gewalt und Tod in der medialen Gegenwart ist – eine reale direkte Gewalt der revolutionären Konflikte, die sich mit ihrer bildlichen Dokumentation in eine von der Realität im Wesentlichen geschiedene symbolische Ge-walt transformiert.Die Repräsentation von Gewalt in medialen Zeichensystemen bringt somit immer auch ein Potential an darstellerischer und narrativer Fiktionalität mit sich. Diese wird umso mehr notwendig, um sich mit der Thematik als solcher überhaupt mental auseinander setzen zu können, ohne von dem Ereignis selbst ganz überwältig zu werden. Es ist somit mitnichten trivial hier zu betonen, dass es einen gewaltigen Unterschied für das Erlebnis ausmacht, etwa einem Todesschützen (Sniper) real gegenüberzustehen oder diese Kon-frontation über ein Medium zu erfahren. Im zweiten Fall ist es ein szenografisches Kon-zept, dessen Schock die nachhaltigere, weil nicht tödliche oder traumatisch lähmende, kathartische Wirkung entfaltet. Wir brauchen, so zynisch und parado� es auch klingen mag, folglich auch die Sichtbarkeit von Bildern des Todes und der Gewalt in unserer Kultur.Die Installation The Pixelated Revolution von Rabih Mroué besteht aus mehreren Kom-ponenten: Sieben großformatigen Prints, die in verpi�elter Unschärfe und pastellfar-biger Verschwommenheit, frontal Personen mit Waffen im Anschlag zeigen, mehreren Flipbooks (kleinen Daumenkinos), die Handyfilme aus Internetquellen wie YouTube in analoger Technik simulieren, wobei sich der Betrachter bei jedem Gebrauch mit ihrer ab-färbenden Farbe die Hände �schmutzig� macht, sowie dem abrufbaren O-Ton des Inter-netmaterials, ferner einer Videoprojektion, die die Silhouette eines Fallenden mit Handy-kamera zeigt und einem Videofilm, der eine zuvor aufgezeichnete Lecture-Performance von Rabih Mroué zum Werkthema dokumentiert.Die post-fotokünstlerische Arbeitsweise liegt bei Rabih Mroué offenkundig lediglich in der Auswahl und Kombination, bei der strategischen wie intentionalen Zusammenstel-lung von vorgefundenem Bildmaterial, das durch seine Ent- und Neukonte�tualisierung, d. h. durch das kalkulierte Setzen in einen neuen Rahmen, hier in die gewählten formalen Dispositive und neuen Displays der Gesamtinstallation in einem größeren Ausstellungs-konte�t, erst sprachfähig wird.Darin liegt freilich auch der Unterschied zwischen dem bildenden Künstler, dem (Bild-)Journalisten und dem politischen Aktivisten: Der Erste bleibt eher skeptisch, analy-sierend, zitierend und reflektierend, der andere informiert lediglich mit vermeint-lich objektiven Fakten und der letzte will vielmehr nur agitieren und mobilisieren, wie Rabih  Mroué – quasi in einem Seitenhieb auf eine zeitgenössisch politisierte und propa-gandierende Kunst, wie sie auf der letzten Berlin Berlinale von Artur Zmijewski zu sehen

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war – im Interview mit U. G. Lambert auf www.premierartscene.com am 6. Juni 2012 in Kassel – ausdrücklich festhielt: „Of course, when I create a work of art, I don’t expect to change anything. For me art can basically open a platform for debate, or ask questions about everything. So, what I expect is that my installation makes people talk and reflect. In this sense, I am not at all an activist or promoting any specific political concept. I think acti-vism is very good, but not in arts. For me, a lot of bad art had been done by political activists (in a very narrow definition).“ Wenn es also auch für den Bildkünstler wie für den Bildjournalisten gelten sollte, sich mit keiner Sache, wenn auch einer noch so guten, zu sehr parteiisch zu machen, so bleibt doch die unmittelbare Betroffenheit der ersten Begegnung mit diesen effektvoll schok-kierenden, authentisch gewaltvollen foto-filmischen Bildern, die schließlich gerade umso mehr auch für den bildenden Künstler als den ersten Betrachter gilt, und zur Motivation für einen engagierten bildnerischen Kommentar gerät: „As we talked about the situation in Syria, there were only two different sources: Official regime TV and the internet, where the protestors had been uploading their videos. If you want to follow seriously, what is hap-pening, you have to go to both sources. What struck me was a video, where you see a (cell phone) cameraman filming a regime soldier with a gun, and then, suddenly, this person fires his gun at the cameraman and the camera falls and the video ends.After I found this first video, I found many more videos like that in the internet. I was shok-ked. It is like a war against the camera, or against the image. The installation is about these videos mainly: I started to deconstruct the videos. I separated the sound from the images. I made large prints of the shooters. I made small-scale flipbooks from the videos. This way, the visitors have to try to reconstruct the quick internet video in their heads. My deconstruc-tion is a kind of obstacle in order to find out, what is really happening there. But we don’t know what is really happening there.“ 3

Aus Schuss und Gegenschuss, aus diesem bekannten mehrdeutigen foto-filmischen Spiel, wie es uns beispielsweise noch Andy Warhol in den sechziger Jahren mit einem ironi-schen Augenzwinkern in seiner Elvis-Siebdruck-Reihe nach den Flaming Star-Filmstills vorführte, ist zwischenzeitlich in der Wirklichkeit tatsächlich ein wahrer Todernst ge-worden. Und nurmehr noch die globalisierte zeitgenössische Street Art mag darin, viel-leicht noch kokettierend und mit einem zynischen Augenzwinkern, eine ironische Pointe sehen wollen.

„They’re shooting their own deaths!“ – zutiefst von der Betrachtung dieser Art der in Form von Digitalfoto und -film dokumentierten gegenseitigen Shoots dennoch emotional be-rührt, hinterfragt Rabih Mroué das in der Kunst und Kultur bislang gerne romantisierte

�Double Shooting�. Welche Rolle spielt dabei die digitale Technik der allgegenwärtigen Handykamera – nämlich darin, dass Menschen, anstelle sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen, vielmehr ihre Todesschützen augenscheinlich face to face fotografieren oder filmen? Es dreht sich dabei alles auch um das Verhältnis von Technik und Körper, denn werden die technologischen Gerätschaften, Gewehr und Kamera, hier beide im Sinne von kulturellen Waffen, im Verständnis nicht zu E�tensionen der biologischen Körper? Sind die Smartphones der syrischen Demonstranten und Aufständischen eine unmittelbare Erweiterung, eine Bewaffnung ihrer Körper? Ist das ins World Wide Web gestellte und damit veröffentlichte foto-filmische Bildmaterial nur ein Bruchteil einer Masse von Auf-zeichnungen, die nicht ins globale Netz gelangen?

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Dort, wo Bildjournalisten jedenfalls aus vielen Gründen abwesend bleiben, werden zu-mindest die direkten Aufnahmen der involvierten Augenzeugen und Akteure heute zum unverzichtbaren Teil offizieller Berichterstattungen – siehe �NN oder Al Jazeera. Wirkt die Handykamera dabei für die Aufzeichnenden wie ein magischer Schutzschirm (Screen), ein vermeintlicher Panzer, der dem Opfer ein Gefühl von (medialer) Unsterb-lichkeit gibt oder lediglich nur eine seltsame und fatale Realitätsverschiebung produ-ziert – das Als-Ob eines Filmes? Was bewirken diese foto-filmischen Todestestimonien wiederum im Betrachter? Verstehen wir diese amateurhaften Fotografen, die hier ‚ihren eigenen Tod schießen’ im Nachhinein vielleicht als moderne Märtyrer für eine bestimm-te politische Sache?Dabei ist in diesen dramatischen Momenten dokumentierter höchster Augenzeugen-schaft oftmals doch nicht wirklich viel für die Betrachter zu sehen oder zu erkennen; die Imagination und Einbildungskraft der Rezipienten füllt die kruden und simplen Handybilder mit emotionalisierender Bedeutung und Sinn. Unruhige Bewegungen ei-ner anonymen Handykamera, ihre fotografischen Unschärfen und digitalen �stheti-ken, das vergrößerte Auspi�eln der gezoomten Aufnahmen, liefern schließlich keine eindeutigen, beweiskräftigen Fotodokumente im eigentlichen Sinne. Denn das direkte Involviertwerden in einen aktuellen politischen Konflikt, den es in einer unmittelbaren Augenzeugenschaft zu dokumentieren gilt, duldet offensichtlich kein ruhiges Fotostativ mehr und wird zugleich zum ästhetischen Marker seiner vermeintlichen Wahrhaftigkeit. Umso mehr verstärkt jedoch der gleichzeitig mit den Bildern aufgezeichnete O-Ton, der digitale Sound noch ihre bildliche Authentizität: Tatsächlich hören wir mehr als sähen wir das abrupte Fallen der Handykamera nach dem peitschenden Schuss aus einer auf den Betrachter gerichteten Waffe.Rabih Mroué zeigt uns mit seinen Fotobildern ausschließlich die Perspektive der Opfer, ohne sie selbst zu zeigen. Deshalb bleiben am Ende der Betrachtung auch viele Fragen offen, ob der Getroffene beispielsweise tot, verwundet oder im Nachhinein doch noch ge-rettet wurde. Sie hinterlassen bei den Rezipienten einen beunruhigend nachwirkenden, beklemmenden und verstörenden Eindruck. Im höchsten Moment der direkten, ereignis-haften Gewalt endet der Film, friert das Fotobild ein – erstirbt, um im Diskurs erst neu wieder aufzuerstehen und weiter zu leben – wie die Kunstfotografie als eine neue ‚Post-Photography’ insgesamt.

QUELLENVERZEICHNIS

1 Vgl. Rüdiger Schaper: „Wir sehen alles und nichts. Wir sind blind“ in DER TAGESSPIEGEL vom 31. Mai 2012 im Internet online unter http://www.tagesspiegel.de/kultur/dokumente-der-gewalt-wir-sehen-alles-und-nichts-wir-sind-blind/6691686.html 2 Rabih Mroué zitiert nach „Lost in Narration: A Conversation between Rabih Mroué and Anthony Downey“ (5. Januar 2012) im Internet unter http://www.ibraaz.org/interviews/11 3 http://premierartscene.com/magazine/rabih-mroue-interview/

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Carmen Catuti Liebe Grüße aus 18.500 m, MichelleEine poetische Analyse der Verteilung von Machtverhältnissen im fotografischen Portrait

Kunst-/Fotoband, 25 × 30 cm, 52 Seiten (2011)

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Michelle ist in Dortmund aufgrund seiner unkonventionellen Erscheinung und seines e�zentrischen Auftretens ein stadtbekannter Mythos, und als dieser erreg-te er auch das Interesse der Fotografin. Ihren anfänglichen Bemühungen, jenseits seiner Selbstinszenierungen ein authentisches Portrait von ihm anzufertigen, be-gegnete Michelle mit zweifelhaften Lügengeschichten und übertriebenem Posie-ren vor der Kamera. Die Fotografin hielt jedoch an ihren Vorstellungen fest und versuchte, seine Posen durch Anweisungen zu korrigieren. Dies führte aber nicht zum gewünschten Ergebnis, da sich Michelles Unmut gegenüber ihren Instrukti-onen in einer verkrampften Körpersprache bemerkbar machte.

So entwickelte sich die Portraitsituation zu einem Machtkampf, der bei jedem Tref-fen erneut ausgefochten wurde. Mit der Zeit erkannte die Fotografin in Michelles Selbstinszenierungen einen Akt der Selbstermächtigung des Portraitierten über sein eigenes Bild und in seinen Posen die Instrumentalisierung bestehender Kon-ventionen und �odes, die es ihm ermöglichten, seine eigene Auslegung der Rea-lität vor der Kamera zum Ausdruck zu bringen. Michelle am fotografischen Pro-zess zu beteiligen und seine Selbstdarstellungswünsche Teil der Arbeit werden zu lassen, ist demnach mit einem Erkenntnisgewinn verbunden und bereichert das Portrait, das von ihm aufgezeigt wird, um seine eigene subjektive Sichtweise. In Zu sammenarbeit zwischen Fotografin und Modell entstanden so die Bilder, die den Kern der Arbeit ausmachen, und den Repräsentationsvorstellungen des Por-traitierten nachkommen. Dem werden die anfänglichen Portraits, die den dar-stellerischen Absichten der Fotografin entsprechen, gegenübergestellt. In einem geschlossenen Konte�t präsentiert, stellen sich die bei den Portrait-varianten gegenseitig in Frage. Da sie die gleiche Person zeigen, entlarven sie die Inszenierung der jeweils anderen.

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Christiane Kuhlmann Auge in Auge mit Gillian Wearing

Von September 2012 bis Januar 2013 zeigte die Kunstsammlung NRW im K20 in Düsseldorf eine umfangreiche Ausstellung der 1963 in Birmingham gebo-renen Künstlerin, die u. a. 1997 den renommierten Turner-Prize gewann. Der Kuratorin Doris Krystof ist damit sicher eine der interessanteren Ausstellun-gen des Jahres 2012 gelungen. Eine Rezension.

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… oder wem sonst? Was erwartet man, wenn man in eine Fotoausstellung geht, die schlicht den Künstlernamen als Titel trägt und mit einem Portrait wirbt, das gleichzeitig schrill und konventionell wirkt? Eigentlich müsste man schon dadurch vorgewarnt sein, dass es um mehr gehen muss als die Aneinanderreihung von Menschenbildnissen. Das Aufma-cherbild, bei dem erkennbar eine Maske über ein Mädchengesicht gelegt ist, deutet eine unkaschierte, vielschichtige Überblendung von Vorstellungen, Bildformen und ja, wenn man so will, auch Theorien der Abbildhaftigkeit von Fotografien an. Aber vielleicht der Reihe nach:

Die englische Fotografin und Künstlerin Gillian Wearing ist in der internationalen Szene kein Newcomer. Die 48-jährige gewann 199� den renommierten Turner-Prize mit einer 60-minütigen Videoperformance, in der 26 Freunde in britischen Polizeiuniformen eine Stunde lang für ein Gruppenfoto schweigend ausharren sollten. Die Protagonisten ma-chen aber ständig winzige Bewegungen, so dass sich mit der Zeit jegliche Disziplin auf-löst. Das erlösende Ende stellt sich mit einem kollektiven Schrei ein, der den Betrachter fast überfällt. Diese Arbeit ist auch in der Düsseldorfer Überblicksausstellung im K20 zu sehen, neben einer Reihe anderer Videoarbeiten, bei denen nicht mehr klar zu diffe-renzieren ist, wo das Spiel anfängt, Inszenierung und wahre Erlebnisse ineinander grei-fen. Entstanden ist diese erste große Einzelausstellung in Kooperation mit der Londoner Whitechapel Gallery, und sie wird im Anschluss in der Pinakothek der Moderne in Mün-chen zu sehen sein.Sucht man einen Zugang zum Verständnis des Werkes der Künstlerin, dann sollte man der Idee der Kuratorin Doris Krystof folgen. Sie arbeitet in der Kunstsammlung NRW zu Aspekten der Bildrhetorik, Formen der Theatralität und Fragen der Darstellung in Film und Video. Krystof eröffnet die Rauminszenierung mit der mehrteiligen Arbeit �Signs that say what you want them to say and not Signs that say what someone else wants you to say� – eine Portraitserie aus den Jahren 1992/93. Man muss es eigentlich zwei oder drei-mal lesen, bis man erfasst hat, was wohl mit dieser Aussage gefordert ist. �I‘m happy�, sagt oder besser schreibt dann eine Frau, ein junger Banker notiert: �I‘m desperate.�, oder ein

Self-Portrait at 17 Years Old (2003)

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Polizist verfasst eine Notiz mit der Nachricht: �Help!� Und glauben wir das? Ist es das, was man als wirkliche Botschaft an die Welt senden möchte? Etwas, das dringend einmal ge-sagt werden musste? Zwar ist der jeweilige Te�t gebunden an eine bestimmte Stimmung und an einen spezifischen Moment, aber genau darin unterscheiden sich diese schrift-lichen Zeugnisse gar nicht so sehr von den wie im Vorbeigehen entstandenen Portraits.Ja, ja, richtig. Wir haben es alle schon wirklich oft gehört: Der Vergleich von Fotografie und Schrift, dem Aufzeichnen und dem Zeugnisablegen, der in dieser Arbeit direkt auf der Bildfläche erscheint, macht die Verschränkung von Bild und Subte�t offensichtlich und damit diese Serie zu einer echten Ouvertüre der Ausstellung. Auch in anderen Ar-beiten geht Gillian Wearing der Relation von Schein und Realität nach. Die erste Bildserie der Ausstellung ist in ihrer Einfachheit so vielschichtig, dass sich hier Muster ablesen lassen, die auch für die darauf folgende Betrachtung von späteren Werken relevant sind. Man muss sich nämlich immer wieder fragen: Wen sehe ich und was sehe ich noch? Das trifft nicht allein auf die verschiedenen Videoinstallationen zu, in denen Protagonis-ten mit Masken vor dem Gesicht und fremden Stimmen von E�zessen und Traumata er-zählen, sondern auch bei den Performances, die an therapeutische Rollenspiele erinnern und bei jenen Videos, in denen Lebensbeichten regelrecht aufgeführt werden. Ganz es-sentiell drängt sich diese Nachfrage bei den großformatigen klassischen Portraitarbeiten auf, die laut Titel immer �Me�, also die Künstlerin selber, im Bildgewand eines Anderen zeigen.Die Serie �Album� eröffnet sie 2003 mit �Self-Portrait as my Mother Jean Gregory�, die sie mit weiteren Selbstbildnissen als ihr Vater, Onkel, Bruder, Großvater und sich selbst als Jugendliche und Kleinkind unter der Verwendung von Silikonmasken, Ganzkörpermas-ken und den entsprechenden Familienbildern in Szene setzt. �Ich schau Dir in die Augen, Kleines!� soll bei Humphrey Borgart so viel heißen wie: �Ich verstehe Dich, kann Dich lesen, ohne große Worte.� In der Düsseldorfer Ausstellung ist man aufgrund der niedri-gen Hängung auf Augenhöhe mit Gillian und daneben mit der ganzen Familie Wearing. Und wenn man in ihre Augen schaut, dann sieht man, anders als in dem schönen Film-

Ausstellungsansicht K20 Düsseldorf 2012

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klassiker, nichts anderes als Abstand und Distanz, räumlich wie zeitlich. Der räumliche Abstand manifestiert sich beim ersten Hinsehen genau an dem Spalt, der sich zwischen der Silikonmaske und dem dahinter verborgenen Gesicht abzeichnet. Und zwar nur dort. Ansonsten funktioniert das Maskenspiel einwandfrei. Aber es ist unheimlich, und das leise Lächeln, das den Mund der uns unbekannten Frau aus den 1960er Jahren umspielt, wirkt dadurch unecht und gestellt. Man traut ihr nicht, sondern rechnet fast damit, dass sie die Maske abnimmt und ihr wahres Gesicht präsentiert.Aber wie ist das noch mal, wenn man in einem ausgeleuchteten Fotostudio sitzt und freundlich in die Kamera gucken soll? Ist das nicht genauso? Man nimmt eine Pose ein. Barthes sagt dazu, man imitiere sich vor dem Kameraauge ständig selbst. Bei Gillian  Wearing geht es weit über diesen Punkt hinaus. In diesen Nachbildern der Mutter oder des Vaters geht es neben dem Aspekt der Aufführung vor der Kamera auch um das Psychologische des Portraits, um die Verwirklichung von Vorbildern, um Ideale, um �hn-lichkeiten, um Mimesis, für welches das Medium Fotografie per se steht und die man nur mit entsprechender Entfernung erkennen kann.Der Museumsbesucher hat diese Distanz zum Objekt. Ihm sind die Menschen auf dem Bild fremd und durch die Art und Weise, wie die Fotografie präsentiert ist, auch zeitlich ent-rückt. Betont wird der Unterschied zwischen dem Hier und Jetzt in der Ausstellung, dem Gezeigten und der fotografischen Vorlage durch die farbigen Bildrahmen, die zeittypisch gefasst sind. Ein System, welches Wearing auch in der darauf folgenden Serie: �Me as …� ab 2008 anwendet. Auch hier sprechen die Rahmen eine Sprache aus einer anderen Zeit, geben sich zu erkennen als Relikte der 30er, 60er, �0er oder 80er Jahre. Man erkennt sie sofort, die großen Selbstportraits von Diane Arbus, Robert Mapplethorpe, Andy Warhol, �laude �ahun. Weniger vertraut ist das Bildnis von August Sander. Mit dieser Serie stellt sich die britische Künstlerin in die Tradition dieser Fotografen, für die das Portrait nicht allein eine Darstellung eines Menschen war, sondern ein Sujet zur Erkundung von gesell-schaftlichen Verhältnissen, eine Möglichkeit, um Tabubrüche sichtbar zu machen und Grenzen zu erforschen. In der Art und Weise, wie Gillian Wearing in die fotografierten Körper schlüpft, ihre Position einnimmt und von innen praktisch neu interpretiert, neu fotografisch auflegt, stellt sie gleichzeitig sich selbst zur Disposition. Es geht um Fragen der Vorbilder; es geht um die Überprüfung von manifestierten Positionen und deren Gel-tungsanspruch, und es geht immer wieder um Traditionen, die sie in ihr Werk einbindet und unterläuft.So ist eben auch hier in allen Portraits der Abstand in Zeit und Raum sichtbar, die Maske unserer Tage, der echte Körper der Künstlerin, ihre Freiheiten zu kombinieren, wenn sie beispielsweise gleich zwei Bildikonen Warhols zu einem Einzelbild in der eigenen Person zusammenfasst. Die referentiellen Ebenen im Werk Gillian Wearings, die man vielleicht mit Wiederaufführung bezeichnen könnte, treten hier in den Vordergrund, sind aber auch in ihren Blumenstillleben zu erkennen, dem Dürer-Videobild und vor allem in ihren filmischen Arbeiten. Verlässt man sich auf die Kuratorin Krystof, dann sieht man diesen Impuls zur körperlichen Aneignung direkt zu Beginn der Ausstellung, in der nachgetanz-ten Sequenz im Einkaufszentrum. Aber es ist in dem Sinne keine konzeptuelle Approp-riation Art – bei Gillian Wearing geht es eher um ein Austarieren des eigenen Rollenver-ständnisses, um Abgrenzung, aber auch um die Sichtbarmachung von Abgründen, die tiefer liegen als die Kamera blicken kann.

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Andreas Till Interview mit Todd Hido

Der 1968 in Kent, Ohio geborene Todd Hido gehört seit mehreren Jahren zu den bekanntesten zeitgenössischen Fotokünstlern. Seine Arbeiten finden sich in zahlreichen Sammlungen, und sein Buch House Hunting von 2007 gilt schon jetzt als Fotobuchklassiker. Auch für ihn ist der Auswahlprozess ein wichtiger Teil seiner künstlerischen Arbeit. Andreas Till führte mit Hido ein Interview über dessen Vorgehensweise bei der Bildauswahl.

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BEDIENEN SIE SICH BEI DER AUSWAHL IHRER BILDER BESTIMMTER MUSTER?Es sind auf jeden Fall Muster vorhanden, und es gibt defi-nitiv Dinge, die mit meiner Arbeit passieren. Aber wenn ich wirklich so etwas wie ein Muster habe, dann versu-che ich dieses Muster zu brechen. Oft arbeite ich mit Bildern von Orten und mit Bildern von Menschen, sowie mit dem Außen und Innen. Ich versuche diese Dinge ein wenig miteinander zu vermischen und dadurch manch-mal etwas Unerwartetes entstehen zu lassen. Ebenfalls befindet sich in allen meinen Büchern nur ein Bild auf einer Doppelseite. Oft benutze ich dann die linke Seite als ein Mittel, um das Muster zu durchbrechen oder um einen Wechsel anzudeuten.

KATEGORISIEREN UND STRUKTURIEREN SIE IHREN BILDPOOL IM VORAUS?An und für sich mache ich einfach nur Bilder. Ich habe all diese unterschiedlichen Kategorien wie Häuser, Apartments, Portraits, Interieurs. Ich mache einfach meine Arbeit und packe mein Material in diese Ordner. Wenn es an der Zeit ist ein Buch oder eine Ausstellung zu gestalten, hole ich all die Bilder hervor, die ich bis

dahin noch nicht benutzt habe und beginne daraus auszuwählen. Auf diese Art und Weise finde ich heraus, welche Bilder ich benutzen kann.Von Zeit zu Zeit benutze ich ein Bild mehr als einmal, weil es einfach ein zentrales Foto ist, das es verdient, an mehreren Orten aufzutauchen. Aber normalerweise er-stelle ich Bildgruppen, die ich als kleine Farbkopien auf einer Fläche ausbreite, so dass ich sie mühelos hin- und herschieben und in die richtige Reihenfolge bringen kann. Manchmal benutze ich auch iPhoto, da es durch Drag’n’Drop sehr einfach ist, Bilder zu ordnen und an-schließend per Slideshow annähernd zu beurteilen, wie es aussehen wird. Das ist definitiv nicht so wie ein Buch, aber es ist ein guter Ausgangspunkt für eine Bildabfolge. Gewöhnlich benutze ich aber nur die Farbkopien.

WAS GESCHIEHT MIT DEN BILDERN, DIE IHREN AUSWAHLPRO-ZESS NICHT ÜBERSTEHEN?In all meinen Büchern gibt es eine Bandbreite von Bil-dern aus den letzten zehn oder mehr Jahren. Falls sie nicht jetzt benutzt werden können, dann definitiv spä-ter. Außerdem bin ich e�trem streng in meiner Entschei-dung darüber, was ich in meinen Bildpool aufnehme

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und was nicht. Ich würde sagen 0,5 Prozent der Fotos, die ich mache, werden später genutzt oder schaffen es überhaupt geprintet zu werden.

WIEVIEL ZEIT NEHMEN SIE SICH FÜR DIE BILDAUSWAHL?Meine Bildauswahl findet über einen Zeitraum von ca. sechs Monaten bis zu einem Jahr statt. Ich mache einen Dummy und ändere diesen dann sehr oft.

WIEVIEL RAUM LASSEN SIE ALEATORISCHEN ANGELEGEN-HEITEN IN DER ENTSTEHUNG IHRES BUCHES? DENKEN SIE, DASS IHRE BILDAUSWAHL EHER RATIONAL ODER EMOTIONAL GELEITET IST?Ich bin ein riesengroßer Fan des Zufalls. Emotion ist für mich wichtiger als Logik. Ich bin sehr e�perimentier-freudig. Irgendwie finden die Dinge oft auf natürliche Weise zueinander. Ich meine, es gibt sicherlich einen Denkprozess dahinter, aber einige der besten Dinge passieren zufällig.Wenn ich die Reihenfolge in meinen Büchern festlege, mache ich das oft an einem Ort, an dem ich nicht abge-lenkt werde, keine Musik höre, nicht an E-Mails denke oder daran, was ich zu erledigen habe. Ich schaffe einen

Raum in mir selbst, in dem ich sehr fle�ibel, offen und kreativ sein kann.Ich bin nicht der Typ Fotograf, der eine Idee hat und dann an dieser Idee festhält und einen Rahmen für sein Projekt festlegt. So arbeite ich nicht. Ich bin wie ein Streuner. Selbst wenn ich Fotos mache, fotografiere ich Portraits, Landschaften, Nachtaufnahmen. All das kann in derselben Woche passieren, und wenn ich ver-reise, kann buchstäblich alles am selben Tag passieren. Wie ich schon sagte, ich suche meine Fotos zusammen und schöpfe daraus. Es ist sehr, sehr fle�ibel.

ARBEITEN SIE BEI DER BILDAUSWAHL MIT ANDEREN PERSO-NEN ZUSAMMEN?Die Bildauswahl mache ich größtenteils selbst. Mein Verleger und ich haben ein prima Verhältnis zueinander. Er vertraut sehr auf meinen Instinkt und meine Mei-nung. Er ist wirklich großartig darin zu erkennen, wenn ein Künstler weiß, was er tut und hilft denjenigen, die mehr Beratung brauchen.Ich bekomme auch Meinungen von anderen Personen

– wenigen anderen Personen. Aber ich schränke es ein, denn ich möchte nicht zu viel Input. Ich erinnere mich

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an die Zeit, als ich in der Universität war: man hat ein Seminar und bekommt fünfzehn verschiedene Ansich-ten. Am Ende ist man nur verwirrt. Ich denke, dass ich einfach meinen Instinkten vertrauen kann. Ich bekomme zwar frühzeitig schon ein erstes Feedback; das eigentliche Feintuning ist aber definitiv nur eine Einzelerfahrung.

WIE WICHTIG IST ES, WÄHREND DES AUSWAHLPROZESSES AUF KOMPROMISSE EINZUGEHEN BZW. NICHT EINZUGEHEN?Wiederum bin ich sehr froh, dass ich mit einem Verle-ger zusammenarbeite, der meinen Instinkten vertraut. Ich hatte niemals das Gefühl, mit einem meiner Bücher einen Kompromiss eingegangen zu sein; und bin sehr glücklich, dass ich das sagen kann.Jeder einzelne Aspekt der Bücher ist genau so wie ich ihn haben wollte, und das funktioniert auch, weil mein Verleger und ich denselben Geschmack haben. Wir den-ken sehr ähnlich. Das ist der Grund, warum es so wich-tig ist, den richtigen Verleger für seine Arbeit zu finden. Man muss jemanden finden, der die Dinge mag, die man macht. In gewissem Sinne denke ich, dass Bücher fast wichtiger sind als die eigentlichen Ausstellungen, denn

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sie sind unvergänglich und verschwinden nie. Mit dem Buch hinterlasse ich etwas, das bleibt. Deshalb gehe ich generell keine Kompromisse bei meinen Büchern ein. Ich bin viel fle�ibler in Ausstellungen meiner Arbeiten, da eine Ausstellung eine vorübergehende Sache ist.

WELCHE KRITERIEN MUSS EIN FOTO ERFÜLLEN, UM ZUM COVERFOTO IHRES BUCHES ZU WERDEN?Es muss absolut überwältigend und einladend sein. Es sollte repräsentativ für den Inhalt des Buches stehen und eine grafische Qualität besitzen. Ich denke, dass es wichtig ist, dass es, wenn es jemand aus der Distanz betrachtet, in irgendeiner Art und Weise hervorspringt. Ironischerweise ist es oft eines deiner besten Bilder. Und falls es Schrift auf dem �over gibt, dann sollte es dafür Raum geben.

Dieses Interview ist Teil einer umfangreichen Interview-Reihe von Andreas Till, die sich mit den Themen Bildauswahl und Sequenzie-rung im Fotobuch auseinandersetzt.

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Hanna Becker Arbeitsleben

Als Fotograf Geld zu verdienen, ist heutzutage sicherlich nicht mehr so leicht. Die Arbeitswelt eines Fotoassistenten ist jedoch mindestens genauso hart.

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Letzte Woche erlebte ich einen ganz besonderen Fall. Nach diesem Tag war mir mal wieder klar: Du musst es irgendwie schaffen, selbst zu fotografieren – am besten schon morgen. Doch wenn das so einfach wäre, würde es kaum noch Fotoassistenten auf der Welt geben.Sieben Uhr aufstehen, duschen und noch schnell einen Happen essen. Wann es das nächste Mal etwas gibt, ist an so einem Produktionstag nämlich nicht immer sicher. Manche Erfah-rungen sind einfach Gold wert.

Meine Kriterien für den Tag:1. mich so gut es geht im Hintergrund halten2. alles regeln, was mir möglich ist3. die Versorgung der Menschen am Set4. ein ordentliches Datensystem am Computer erstellen5. den Fotografen bei Laune halten6. mithelfen beim Einrichten des Lichts

Die heutige Location ist eine Suite im Fünf-Sterne Hotel. Ich werde kaum beachtet, nur hier und da ein flüchtiger Blick und die Frage: �Was ist eigentlich deine Aufgabe am Set?� Auf dem �allsheet ist das Ende für ca. 1� Uhr angesetzt, was ich bezweifle. Nach zehn Minuten bricht das erste �haos aus: beim Lichtequipment fehlen Flags und Klemmen. Improvisation ist gefragt. �Wo sind denn die Schminkspiegel?� Panik und große Fragezeichen in den Ge-sichtern. �Okay, ich organisiere das. Wir bekommen welche�, ist meine Antwort, um den weißen Gesichtern wieder etwas Farbe einzuhauchen. Natürlich sind alle Schminkspiegel beim Rent verliehen, aber mit Mühe bekomme ich nach einer Stunde am Telefon noch drei Spiegel geliefert. �Das wurde aber auch Zeit�, kommt von dem Producer aus der Ecke. War das nicht eigentlich sein Job? Ein �Danke� wäre vielleicht eher angebracht gewesen.Zum Glück ist keine Zeit, um sich zu ärgern. Erstes Motiv, zweites Motiv ... 14 Uhr. Fünf Mo-tive sind Pflicht; sieben wären der Hammer, also sieben. Da ich gerade keine Daten einpfle-gen muss, beschließe ich, das Zimmer, in dem das zweite Motiv geschossen wurde, schon mal wieder aufzuräumen. Meine erste große Fehlentscheidung an diesem Tag. Als ich nach einer halben Stunde wieder zum anderen Ort des Geschehens stoße, gab es bereits Mittagessen, ohne dass dabei etwas für mich übrig blieb. Stattdessen wird mir sofort der

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�hampagnerkübel aus den Händen gerissen mit den Worten: �Schätzchen, den überlässt du am besten einfach mal mir.� �Ich hatte auch eigentlich nicht vor den zu trinken, keine Sorge.�, denke ich.Der Tag verläuft hektisch, aber um 19.30 Uhr sind schließlich alle Daten auf dem �ompu-ter. Der Rent-Service hat das Equipment abgeholt; beim Verpacken der Kleider können wir nicht helfen, und so nehme ich mir heraus, die erste Pause zu machen. Ohne meine luft-gepolsterten Sneaker wären meine Füße längst Fleischklumpen. Um 20.30 Uhr haben wir die Kleiderständer eingepackt und die Suite nach bestem Wissen und Gewissen wieder in den Ursprungszustand versetzt. Alle Gläser, Teller und der Müll befinden sich auf dem Roll-wagen. Küsschen links, Küsschen rechts mit den Stylisten, und noch einmal die Frage, ob man nicht doch noch mithelfen soll, was aber zum wiederholten Male verneint wird. �Okay, dann hab ich jetzt alles versucht�, denke ich und stehe fünf Minuten später vor dem Hotel. Angenehme Dunkelheit, gute Luft. Ich schwinge mich auf mein Fahrrad, und die Lichter der Stadt rauschen an mir vorbei. What a day!Gegen 14.30 Uhr am nächsten Tag ruft der andere Assistent an, und ich verstehe nur ein aufgebrachtes ��heck deine Mails! So eine Unverschämtheit! Ich kann‘s nicht fassen.� Der Producer ist sauer auf uns, weil wir angeblich nicht aufgeräumt und stattdessen eine Pause gemacht haben. Ich bin schwer verwirrt, lese die Mail ungefähr fünfmal, kann aber nie ei-nen Unterschied feststellen. �Natürlich haben wir aufgeräumt. Was will der denn?� In dem Raum, in dem die Stylisten gearbeitet haben, standen die Stühle wohl noch gestapelt, aber auch nur, weil die beiden noch den Platz brauchten, um die Kleider zu verpacken. Will er uns das jetzt anhängen? Verwirrung und Wut machen sich in mir breit.Doch es kommt noch besser: Aufgrund dieser Tatsache werden unsere Überstunden nicht bezahlt. Maßregelung durch Gehaltskürzung. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass wir gera-de 50 Euro für drei Stunden mehr Arbeit bekommen sollten, kann man eigentlich nur noch hysterisch lachen. Drei Tage lang suche ich nach einem klärenden Gespräch. Am dritten Tag heißt es dann, man möchte nicht mehr darüber reden.Was ich von diesem Arbeitstag mitgenommen habe, außer Wut und dem Gefühl ausge-beutet worden zu sein? Zwei Regeln, die in jeder zukünftigen Kriterienliste stehen sollten: Kommunikation und Respekt. Denn ein Fotoassistent ist auch ein Mensch.

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Hanna Becker, aus „fireworks and the sound of the sea“, 2012

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Alexander Hagmann Editorial II

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1951 gründen André Bazin und Jacques Doniol-Valcroze die Cahiers du cinéma und legen damit den Grundstein zu einer bis heute anhaltenden kritischen Auseinandersetzung mit dem Medium Film. Vor allem die Kritik an inhaltslosen Großstudioproduktionen und die Bedeutung des Regisseurs als Autor des Films waren damals das große Merkmal der Cahiers  du  cinéma. Inspiriert von diesem kritischen Geist soll mit dem vorliegenden Heft eine Publikation entwickelt werden, in welcher sich das Hauptaugenmerk nicht auf den Film, sondern auf die Fotografie richtet.

Als Heft des Masterstudienganges �Photographic Studies� der Fachhochschule Dortmund dient es als eine Plattform für das Denken über Bilder, ihre Verwendung und Spielarten. Kein Bildband, sondern ein Te�tband zum Thema Fotografie. Auch die vorgestellten foto-grafischen Arbeiten setzen sich mit ihrem eigenen Medium auseinander.

Dabei darf die Kritik an der Präsentation von Bildern nicht zu kurz kommen. Zum Glück gibt es noch wirklich gute Ausstellungen. Denn eine Ausstellung zu machen ist das eine, eine großartige Ausstellung zu sehen, die über das reine Zurschaustellen schöner Dinge, die Aneinanderreihung von Zeitdokumenten oder die Präsentation großformatiger Bank-filialdekoration hinausgeht, ist das andere. Es geht um das, was sichtbar wird und nicht das, was sichtbar ist – so auch bei der besprochenen Ausstellung von Gillian  Wearing.

In der vorliegenden Ausgabe finden sich Artist Statements, Rezensionen, Abhandlungen, Berichte und Interviews zu unterschiedlichsten Fragestellungen der Gebrauchsweisen von Fotografie. Manche Themen wie die Rolle des �Amateurs� werden dabei aus differen-zierten oder auch nur leicht verschobenen Blickwinkeln in den Beiträgen deutlicher skiz-ziert. So die Rezensionen zu Rabih Mroués Arbeit The Pixelated Revolution. Diese Arbeit zeigt auf eindringliche Weise, welche Auswirkungen das �Amateurfoto� haben kann. Im Heft finden sich unterschiedliche Auseinandersetzungen mit seinem Werk. Kein Pro und �ontra, sondern zwei differenzierte Te�te von zwei Autoren. Und Eugen  Litwinow zeigt in seinen Statements, dass zwei Te�te eines Autors zu ein und demselben Bild ganz neue Blickwinkel eröffnen können. Eine andere Möglichkeit dem liebhaberischen Bild eine Re-levanz zuzuschreiben zeigt Joscha  Bruckert im romka Magazine: Er führt die Fotografie auf die wahr scheinlich am weitesten verbreitete Verwendung zurück – als Träger von in-timen und privaten Erinnerungen.

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Eugen Litwinow Artist Statement II

*“Братка, пусть это мертвое изображение сохранит живую память обо мне.”

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Even before reading Roland Barthes’ book Camera Lucida and his careful, almost poetic way of describing and considering his love for specific photo-graphs, there has always been one photograph that caught my eye and my love. Reading his thoughts on how photographs work, I have constantly thought about his ideas and how they relate to my photograph.The photograph I am writing about shows my mother around the same age I am now. She must have been around 25, being heavily pregnant with me. She fell asleep on the floor, wearing a striped bathrobe. The sleeves are rolled up, revealing the skin of her arm. Her body is covered in a thin linen blanket and her hair is beautifully arranged on the mattress. It seems as if my father was standing on the floor and photographed her from above. It is a beauti-ful black-and-white photograph of a beautiful woman, which even nowadays could easily be printed in a magazine. Somehow there is no trace of time. No indicator the image has been taken 25 years ago. I have seen many pictures of my mother growing up in Kazakhstan: pictures of her taking piano lessons, rehearsing a play in school, dancing, dressing up or working. Like my father, she studied architecture and finished her diploma with the highest grade. My father always tells me I have inherited her ambition.In this photograph, though, I do not see any of her ambition. The way she is looking at my father catches my breath. What I see in her gaze is a flash of insecurity and fragility. For me the photograph captures the moment when

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she realizes that the man who is taking her picture will become the father of her children. Every goal she had set before only required study to achieve, whether it was learning French, getting accepted at a ballet school, learning the piano or finishing her diploma par e�cellence.What I see in her gaze is an insecurity about becoming a mother and about what will happen to her body. It is a change that she will not be able to study for, a surrender of power and control. I know everything that happened to her after this image was taken, but I do not know anything that will happen to me. The fact that I am now as old as she was when the image was taken, makes me feel that we come together beyond time and face the same insecurity and surrender of control. For a long time I have thought that this is what appeals to me. But now I realize it is something else, something that is not visible in the picture. It is something about the absence of the present. It changes the reading of the photograph and even the protagonist. It is the physical position of my father. As I have pointed out before, he seems to stand on the floor and my mother is lying between his legs.Even nowadays superstition is a great part of Russian culture. I remember many sayings and proverbs my father believed in and that were part of my upbringing. One of them was that I was never allowed to step over somebody

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(usually my brother), who was lying on the ground, because this would cause the person to stop growing. Standing in this position over my mother, my father seems to try not only to freeze her in a photograph but also in reality. Is the photograph an e�cuse for this action, to make this saying come true? I am no longer looking at my mother, but at my father and how he is looking at her. I am looking at his attempt to save her beauty, her love and even her gaze. I remember my father showing me a photograph he had inherited from his uncle that shows the portrait of my grandmother as a student. It is a small image, maybe 3"× 2" with a full-length fold. My grandmother had a couple of siblings. During WWII she gave this photograph to her favorite brother with an inscription on the back: �From your sister Sasha. Brother, may this inani-mate image save a lively memory about me. Photograph of the student year 1944.” Her brother died on the last day of war, getting out of a tank. He had this image in his breast pocket and when he got shot, he fell on the edge of the tank, leaving this fold and a few blood stains on the image. Over the course of time, the image began to lose contrast, but the few blood stains still seem as vivid as if he had just been shot recently. In the hands of my father the words of my grandmother gain a whole new meaning and truth. In a mysterious way her wish not to be forgotten came true.

* “From your sister Sasha. Brother, may this inanimate image save a lively memory about me. Photograph of the student year 1944.”

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Autoren

HANNA BECKER Freie Fotografin mit Schwerpunkt in Doku-mentar- und Portraitfotografie. In ihren Arbeiten untersucht sie als Fotografin und Autorin den Wertewandel innerhalb der heutigen Gesellschaft. 2010 BA Fotografie an der Fachhoch-schule Dortmund mit der Arbeit „Hold on Hunters“ über Liebe, Gewöhnung und Vernunft, seit 2012 Studium MA Fotografie – Photographic Studies. www.hanna-becker.com

SUSANNE BRÜGGER Freie Künstlerin und Fotografin. Studi-um der Fotografie, Freien Kunst und Medienkunst in Dortmund und Köln. Studien zu Kartographie, Sprachwissenschaft und Philosophie. Fotografische Schwerpunkte in der Dokumentar- und Portraitfotografie sowie der Kontextualisierung von Foto-grafie. Künstlerische Arbeiten zu Fotografie, Kartographie und Gestaltbildung. Viele Preise und internationale Ausstellungen seit 1985. Seit 2002 Professorin für Fotografie und Neue Medien an der Fachhochschule Dortmund.

CARMEN CATUTI Freie Fotografin, geboren in Bukarest, Rumänien, lebt und arbeitet in Berlin, Schwerpunkt Portrait, fiktive Narrationen. BA Fotografie an der Fachhochschule Dortmund mit der Arbeit „Liebe Grüße aus 18500m Höhe“, studiert derzeit an HGB Leipzig, Klasse Tina Bara. www.carmencatuti.com

ALEXANDER HAGMANN Freier Fotograf, BA Fotografie an der Fachhochschule Dortmund mit der Arbeit

„Schwarzer Molton“ über den Wahrheitsgehalt des fotografi-schen Bildes. Derzeit Masterstudent an der Fachhochschule Dortmund und Gründungsmitglied der cahiers #1.

DR. CHRISTIANE KUHLMANN Kunsthistorikerin mit dem Schwerpunkt Fotografie, Kuratorin und Autorin. Ihre Disser-tation untersucht das Verhältnis von Tanz, Performance und Fotografie in den1920er Jahren. Mitarbeiterin in der Fotografischen Sammlung des Museum Folkwang in Essen von 2001 bis 2011. Tätig an verschiedenen internationalen Museen. Kuratorin der Ausstellung „Hannes Schmid – Real Stories“ am Kunstmuseum Bern. Sie leitet als Vorsitzende das Kunsthaus in Essen und lehrt seit 2011 Theorie der Fotografie am Master-studiengang Fotografie der Fachhochschule Dortmund.

EUGEN LITWINOW Freier Fotograf, geboren in Pawlodar, Kasachstan. BA Fotografie an der Fachhochschule Dort-mund mit der Arbeit „Mein Name ist Eugen“ über den Akkulturations prozess jugendlicher Russlanddeutscher. 2011/12 Fulbright Stipendiat an der Parsons, The New School for Design in New York. Lebt und arbeitet in Berlin. www.eugenlitwinow.de

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GREGOR SAILER Fotograf und Freier Künstler, geboren in Tirol, studierte von 2002 bis 2007 Fotografie an der Fachhochschule Dortmund mit Schwerpunkt Fotografie und Experimentalfilm. Seine Diplomarbeit „Ladiz“ zu der touristi-schen Ausbeutung der Alpen, wurde mehrfach ausgezeichnet und als Buch veröffentlicht. Zahlreiche internationale Aus-stellungen und Auszeichnungen. In seiner 2012 als Buch er-schienenen Fotoarbeit Closed Cities untersucht Gregor Sailer weltweit geschlossene urbane Zonen. www.gregorsailer.com

DR. PAMELA C. SCORZIN M.A Kunstwissenschaftlerin, geboren in Vicenza, Italien. Studium der Kunstgeschichte, Philosophie, Geschichte und Anglistik. 1992 Magister Artium und 1994 Promotion in Heidelberg, 2001 Habilitation am Fachbereich Architektur der TU Darmstadt. Freie Arbeit als Kunst- und Medientheoretikerin sowie AICA-Mitglied seit 2006. Verschiedene Professurvertretungen an den Universitä-ten Siegen, Frankfurt am Main und an der Staatlichen Akade-mie der Bildenden Künste Stuttgart, seit 2008 Professorin für Kunstgeschichte und Visuelle Kultur am Fachbereich Design der Fachhochschule Dortmund.

ANDREAS TILL BA Fotografie an der Fachhochschule Dortmund mit der Arbeit “Hotel Existence”. 2010/11 Fulbright Stipendiat an der Ohio University in Athens, OH, USA. In seiner Arbeit kreist er beständig und in wechselnden Positionen um ein schwarzes Loch, das von inneren und äußeren persön-lichen Brüchen genährt wird. Zur Zeit arbeitet er an einem Buch, das sich mit künstlerischen Entstehungsprozessen von Fotobüchern beschäftigt. Andreas Till lebt als freischaffender Künstler in Berlin.

EDI SZEKELY Freier Fotograf, geboren in Rumänien. BA Fotografie an der Fachhochschule Dortmund. In seiner Abschlussarbeit „Haldenland“ beschreibt er die Geologie des Ruhrgebiets als das einzige künstliche Mittelgebirge Europas. Derzeit Student im Masterstudiengang Fotografie an der Fachhochschule Dortmund. www.buchlabor.net /de/buchdarstellung/haldenland

MARCEL WURM Schwerpunkt in der experimentellen und konzeptuellen Fotografie. Studierte von 2004 bis 2010 Foto-grafie an der Fachhochschule Dortmund. Diplom „6 ×10“ über das Halten der Kamera in Zeiten digitaler Fotografie. Lebt und arbeitet als Fotograf und Künstler in Köln. www.marcelwurm.de

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BILDNACHWEIS 5 Eugen Litwinow/privat, 11-15 Edi Szekely, 22 romka magazine #7, 24-25 Charlie Engman /rom-ka magazine #3, 28 Albert Renger-Patzsch/ VG Bild-Kunst, 29 Karl Bloßfeldt / VG Bild-Kunst, 31 Masao Yamamoto / Nazraeli Press, 35-39 Marcel Wurm, 50-53 Carmen Catuti, 55 Gillian Wearing /courtesy Maureen Paley, London, 56 Susanne Brügger, 60- 61 Todd Hido/Edge Reps, 65 Hanna Becker/ Internet, 69-70 Eugen Litwinow/privat

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Impressum

HERAUSGEBER Fachhochschule Dortmund

KONZEPT & GESTALTUNG Hanna Becker, Marcus Becker, Susanne Brügger, Alexander Hagmann, Sarah Hinrichs, Yvonne Klein, Jan Ladwig, Isabel Machado Rios, Björn Rüther, Kristin Trüb, Lisa Wartzack, Katja Vogel

CHEFREDAKTION Prof. Susanne Brügger, Alexander Hagmann

LAYOUT Hanna Becker, Sarah Hinrichs, Isabel Machado Rios, Kristin Trüb, Lisa Wartzack

TEXTREDAKTION / LEKTORAT Yvonne Bielig, Sarah Hinrichs, Kristin Trüb

BILDREDAKTION Jan Ladwig, Isabel Machado Rios, Lisa Wartzack

SCHRIFT Abril, Univers

DRUCK Druckverlag Kettler GmbH

AUFLAGE 1.000 Exemplare

COPYRIGHT © 2013 Alle Beiträge © Autoren, Albert Renger-Patzsch Archiv / VG Bild-Kunst, Bonn

KONTAKT Fachhochschule Dortmund Fachbereich Design / Redaktion cahiersMax-Ophüls-Platz 244137 [email protected]

Die in den namentlich gekennzeichneten Artikeln zum Ausdruck gebrachten Meinungen spiegeln nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wider.

cahiers – Hefte zur Fotografie Das Magazin des Masterstudiengangs Fotografie – Photographic Studies der Fachhochschule DortmundAusgabe 01 / 2013

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The photograph I am writing about shows my mother being around the same age I am now. A year or two before she married my father and became pregnant with me. She must have been 23 or 24. She is lying on a bed, wearing a lined bathrobe. The sleeves are rolled up, revealing the skin of her arm. Her body is covered in a thin linen blanket and her hair is beautifully arranged on the mattress. Die im Loop projezierte Videoarbeit wird begleitet von einem von Mroué selbst gehaltenen Vortrag – bewusst nüchtern, so wie der Raum, in dem er ihn hält, jedoch gut recherchiert und überzeugend präsentiert. So verweist er beispielsweise auf die Forschungsarbeit des deutschen Wissenschaftlers Wilhelm Kühne, welcher im 19. Jahrhundert Vorgänge in der menschlichen Netzhaut erforschte. Die von ihm so benannten Optogramme bezeichnen das letzte Bild auf der Netzhaut eines Toten. As opposed to pictorialism, which privileged the completed atmospherical and subjective picture before the subject, the ‘Neue Sachlichkeit’, as initiated by German photographers Albert Renger-Patzsch, August Sander and Karl Blossfeldt, aimed at depicting the simplicity and the beauty of things by keeping a healthy distance. Doch es kommt noch besser: Aufgrund dieser Tatsache werden unsere Überstunden nicht bezahlt. Maßregelung durch Gehaltskürzung. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass wir gerade 50 Euro für drei Stunden mehr Arbeit bekommen sollten, kann man eigentlich nur noch hysterisch lachen. Drei Tage lang suche ich nach einem klärenden Gespräch. Am dritten Tag heißt es dann, man möchte nicht mehr darüber reden. Was ich von diesem Arbeitstag mitgenommen habe, außer Wut und dem Gefühl ausgebeutet worden zu sein? Zwei Regeln, die in jeder zukünftigen Kriterienliste stehen sollten: Kommunikation und Respekt. Kritik wird gemieden. Positiv soll alles sein. Erwähnt wird, was gefällt. Der �I-like-Button� als zeitgemäße Entsprechung zum fotografischen Auslöser markiert die refle�hafte Reaktion einer Gesellschaft der ähnlich und immer ähnlicher Denkenden. Aus Schuss und Gegenschuss, aus diesem bekann-Kritik wird gemieden. Positiv soll alles sein. Erwähnt wird, was gefällt. Der �I-like-Button� als zeitgemäße Entsprechung zum fotografischen Auslöser markiert die refle�hafte Reaktion einer Gesellschaft der ähnlich und immer ähnlicher Denkenden. Aus Schuss und Gegenschuss, aus diesem bekann-ten mehrdeutigen foto-filmischen Spiel, wie es uns beispielsweise noch Andy Warhol in den sechziger Jahren mit einem ironischen Augenzwinkern in seiner Elvis-Siebdruck-Reihe nach den Flaming Star-Filmstills vorführte, ist zwischenzeitlich in der Wirklichkeit tatsächlich ein wahrer Todernst geworden. Und nurmehr noch die globalisierte zeitgenössi-sche Street Art mag darin, vielleicht noch kokettierend und mit einem zynischen Augenzwinkern, eine ironische Pointe sehen wollen. A long time I have thought that this is the punctum of the picture. But it is something else, something that is not visible in the picture, something about the absence of the present. It changes the reading of the photograph and even the protagonist. The punctum is the pose of my father. Wichtigstes Medium im Projekt ist das Mobiltelefon, welches bekanntlich im Arabischen Frühling eine enorm wichtige Rolle in der Kommunikation und Informationsverbreitung spielte und spielt, als Möglichkeit, die Zensur und Kontrolle der Staatsmacht zu umgehen, zu täuschen oder auch zu missbrauchen. Die Frage der Verwertbarkeit hinsichtlich Wahrheitsgehalt, Qualität und Identifizierbarkeit des Bildes an sich oder der zeitlichen Zuordnung bleibt eine schwierige, wenn überhaupt lösbare. Die Grenzen der �Fotoszene� zu überschreiten ist allerdings sehr viel schwieriger, als ich es mir vorgestellt habe. Aber vielleicht ist das auch gar nicht schlimm – romka ist ja nicht die �View� und wahrscheinlich unzugänglicher, als ich mir eingestehen möchte. Ich hatte niemals das Gefühl, mit einem meiner Bücher einen Kompromiss eingegangen zu sein; und bin sehr glücklich, dass ich das sagen kann. Jeder einzelne Aspekt der Bücher ist genau so, wie ich ihn haben wollte, und das funktioniert auch, weil mein Verleger und ich denselben Geschmack haben. Wir denken sehr ähnlich. Das ist der Grund, warum es so wichtig ist den richtigen Verleger für seine Arbeit zu finden. Man muss jemanden finden, der die Dinge mag, die man macht. Auf die Frage einer Kunstkritikerin, ob denn Künstler in schwierigen und riskanten Situationen weiterhin im Studio arbe-Auf die Frage einer Kunstkritikerin, ob denn Künstler in schwierigen und riskanten Situationen weiterhin im Studio arbe-iten, selbst zu Aktivisten auf der Straße werden oder �normale Alltagszivilisten�, soweit überhaupt möglich, bleiben sollten, entgegnet Mroué mit der Frage, ab welchem Zeitpunkt sich Künstler denn überhaupt erlauben dürfen, zu fragen oder eine Arbeit zu beginnen. Nicht nur für ihn braucht die Kunst eine gewisse Distanz zu den Dingen und auch eine Art von Frieden in sich. Wirkt das Mobiltelefon wie ein Schutzschirm, ein Panzer, der dem Opfer das Gefühl von Unsichtbarkeit, Unsterblichkeit oder einer Realitätsverschiebung gibt? Das Gefühl von �Ich bin nicht hier�? Bilder können vereinzelt schon vortäuschen, eine Geschichte zu erzählen, aber im romka magazine habe ich davon Abstand genommen. Ich bin zu fasziniert von dem Moment, in dem man die Geschichte gelesen hat und das Bild ein zweites Mal anschaut. Wenn man, sowohl im Motiv als auch in der Struktur des Bildes selbst, nach Hinweisen auf die neuen Informationen sucht, geht mir das Herz auf. Was seltsam ist, denn genau diese Notwendigkeit von e�ternen Informationen ist das, was mir an vielen künstlerischen Arbeiten nicht gefällt. Die Fotografie im Allgemeinen kann ja kaum weiter demokratisiert werden. Abgesehen von den Menschen, die keinen Zugang zu einer Kamera mit Internetanschluss haben, hat ja (zumindest theoretisch) jeder die Möglichkeit, ein Foto zu machen, das noch am selben Tag auf der ganzen Welt gesehen wird. �er-�er-tainly, Yamamoto doesn’t stand alone when it comes to the linkage of photographic work to haiku and gets in line with other professional international artists such as the British landscape photographer Michael Kenna, the American installation artist Jim �ampbell and the American photographer Duane Michaels. Besides these professionals there is a great number of photographers within the field of amateur photography, who utilize the term visual haiku to label their work. So ist eben auch hier in allen Portraits der Abstand in Zeit und Raum sichtbar, die Maske unserer Tage, der echte Körper der Künstlerin, ihre Freiheiten zu kombinieren, wenn sie beispielsweise gleich zwei Bildikonen Warhols zu einem Einzelbild in der eigenen Person zusammenfasst. Die referentiellen Ebenen im Werk Gillian Wearings, die man vielleicht mit Wiederaufführung bezeichnen könnte, treten hier in den Vordergrund, sind aber auch in ihren Blumenstillleben zu erkennen, dem Dürer-Videobild und vor allem in ihren filmischen Arbeiten. Accordingly, a photograph is the visual e�pression of the instant when the photographer releases the shutter of his camera after organizing what presents itself before the camera by means of composition and perspective among others. By releasing the shutter the shades within the camera lens open and the chemicals on the film capture the light that makes visible what was in front of the camera at that very moment. Through this opening process the photographer, metaphorically speaking, connects with the world in front of his lens. He unifies with his subject. Zentrales Thema in der Arbeit ist es, den Blick des Opfers auf seinen Mörder kurz vor seinem Tod zu bannen, zu untersuchen und zu hinterfragen. Den Mörder zu zeigen. Auf die Methoden des syrischen Regimes hinzuweisen, das auf jede Kamera, jedes Handy schießen lässt, mit dem fotografiert, gefilmt und Ton aufgenommen wird, um zu vermeiden, dass Informationen jedweder Art das Land verlassen. Das Regime will Bilder löschen und verschwinden lassen und macht nicht nur Jagd auf Zivilisten, sondern vor allem auch auf professionelle Journalisten, Fotografen und Kameraleute. The absence of physical things seems to promote the reception for the obscure and intangible. As hinted above, the notion of the photograph as a copy of reality has begun to totter, not just since the invention of digital photography. What we see in a photograph doesn’t necessarily represent the ‘real’ world anymo-re. It raises the questions of truth and evidence. Asides from that, what we see in a picture will always stay within the frame and on the surface of the photograph. What we see is a picture of a pond and not the pond itself. Es ist eher so, dass beidem eine gemeinsame Fragestellung zugrunde liegt, und zwar die Suche nach dem guten oder auch zeigenswerten Bild. Es ist ja keine Neuigkeit, dass wir uns inmitten einer sich rapide beschleunigenden Bilderflut befinden (siehe Erik Kessels Fotoberg im �foam�). Seitdem praktisch jeder Blog durch endloses Scrollen aufgesaugt werden kann, verlieren die abgeschlossenen Einheiten – die Seite, die Serie, das Buch, die Ausstellung – zunehmend an Relevanz. Ein Lieblings-foto, das allein aus persönlichen Gründen ausgewählt wird und damit auch immun gegen den theoretischen Diskurs ist, empfinde ich da als erfrischend eindeutig. Ich bin nicht der Typ Fotograf, der eine Idee hat und dann an dieser Idee festhält und einen Rahmen für sein Projekt festlegt. So arbeite ich nicht. Ich bin wie ein Wanderer. Selbst wenn ich Fotos mache, fotografiere ich Portraits, Landschaften, Nachtaufnahmen. All das kann in derselben Woche passieren, und wenn ich verreise, kann buchstäblich alles am selben Tag passieren. Wie ich schon sagte, ich suche meine Fotos zusammen und schöpfe daraus. Es ist sehr, sehr fle�ibel. �olor always suggests emotion and evokes feelings. It is also prone to being symbolized or metaphorized and has a palliative effect. The sparing use of words within haiku poetry must be translated in the sparing use of color photographs within a book or series. As far as I can see, this is the only way that makes sense, if simplicity, distance, reticence and the absence of comment and �over-intellection” are our primary objectives. This also entails, that the use of a small depth of field counteracts with our pursuit to meet these objectives. A small depth of field blurs boundaries and abates the possibility of an unbiased observation. Die Repräsentation von Gewalt in medialen Zeichensystemen bringt somit immer auch ein Potential an darstellerischer und narrativer Fiktionalität mit sich. Diese wird umso mehr notwendig, um sich mit der Thematik als solcher überhaupt mental auseinander setzen zu können, ohne von dem Ereignis selbst ganz überwältig zu werden. Es ist somit mitnichten trivial hier zu betonen, dass es einen gewaltigen Unterschied für das Erlebnis ausmacht, etwa einem Todesschützen (Sniper) real gegenüberzustehen oder diese Konfrontation über ein Medium zu erfahren. Im zweiten Fall ist es ein szenografisches Konzept, dessen Schock die nachhaltigere, weil nicht tödliche oder traumatisch lähmende, kathartische Wirkung entfaltet. Wir brauchen, so zynisch und parado� es auch klingen mag, folglich auch die Sichtbarkeit von Bildern des Todes und der Gewalt in unserer Kultur. One of haiku’s essential components is the season word. It references to one of the year’s seasons and thus stands in the tradition of old Japanese poetry. Was erwartet man, wenn man in eine Fotoausstellung geht, die schlicht den Künstlernamen als Titel trägt und mit einem Portrait wirbt, das gleichzeitig schrill und konventionell wirkt? Eigentlich müsste man schon dadurch vorgewarnt sein, dass es um mehr gehen muss als die Aneinanderreihung von Menschenbildnissen. Das Aufmacherbild, bei dem erkennbar eine Maske über ein Mädchengesicht gelegt ist, deutet eine unkaschierte, vielschichtige Überblendung von Vorstellungen, Bildformen und ja, wenn man so will, auch Theorien der Abbildhaf-tigkeit von Fotografien an. To sum up, I want to revert to �artier-Bresson’s book The Decisive Moment, in whose keynote te�t he quotes 1�th century �ardinal de Retz, who wrote: �There is nothing in this world that does not have a decisive moment.” As previously worked out, correspondence between photography and haiku poetry undeniably e�ists. Howe- To sum up, I want to revert to �artier-Bresson’s book The Decisive Moment, in whose keynote te�t he quotes 1�th century �ardinal de Retz, who wrote: �There is nothing in this world that does not have a decisive moment.” As previously worked out, correspondence between photography and haiku poetry undeniably e�ists. Howe-ver, if we adopt de Retz’s statement and take into account that the decisive moment is ubiquitous, that brings about the assumption that almost every photograph is haiku. Kritiken, kritische Auseinandersetzungen, sind immer seltener anzutreffen. Stattdessen der Rat von namhaften Kritikern: wenn etwas nicht gefällt, dann sprich einfach nicht darüber. Es scheint eine �damnatio demoriae� verhängt über jenes, was nicht gut ist. Das Schweigen, das schon in der Antike die Erinnerung an unliebsame Personen tilgen sollte, ist heute eher das Schweigen der Indifferenz, die den Gesetzen der Aufmerksamkeitsökonomie folgt. Digitale Kameras, internetfähige Smartphones und Photo Apps wie Instagram revolutio-nieren derzeit wiederholt unser Verständnis vom Wesen und �harakter der Fotografie. Diese befindet sich seit der umfassenden Digitalisierung im 20. Jahrhundert, sowie dem Aufkommen zahlreicher neuer fotokünstlerischer Pra�en in den Bildenden Künsten, längst in einem Zustand der ‚Post-Photography’. Es eröffnen sich dabei viele Konkurrenzen wie Kongruenzen mit den neuesten digitalen foto-filmischen Bildern. Rhetorische 95 Prozent der Fotos, die gemacht werden, sind Erinnerungsfotos. Geliebte Menschen, wichtige Orte, große und kleine Ereignisse im Privatleben. Gleichzeitig geht es in praktisch jedem Fotomagazin um Kunst, Mode, Lifestyle und so weiter. romka soll die Fotografie für das feiern, was sie für die allermeisten von uns bedeutet – konservierte Erinnerungen, mit denen wir unser Leben zusammenhalten. Wie stellen sich nun aber diejenigen, die sich heute noch Photo Professionals oder fotokünstlerische Bilderproduzenten nennen wollen, und dabei oftmals auf ihre zertifizierten akademischen Ausbildungswege verweisen, dieser aktuel- Wie stellen sich nun aber diejenigen, die sich heute noch Photo Professionals oder fotokünstlerische Bilderproduzenten nennen wollen, und dabei oftmals auf ihre zertifizierten akademischen Ausbildungswege verweisen, dieser aktuel-Wie stellen sich nun aber diejenigen, die sich heute noch Photo Professionals oder fotokünstlerische Bilderproduzenten nennen wollen, und dabei oftmals auf ihre zertifizierten akademischen Ausbildungswege verweisen, dieser aktuel-len Konkurrenz der großen Photo �ommunities einer digitalen und globalisierten Zeitenwende? Hat sich dabei die Fotografie nicht schon längst selbst zu Tode geschossen? Und sind wir aber nicht gleichzeitig auch dabei, ihre phänomenale Wiederauferstehung in Form neuer vitaler post-fotokünstlerischer Praktiken zu erleben? Nun führt aber auch die Inflation der vermeintlich authentischen Bilder aus den verschiedensten gegebenen revolutionären Ereignissen dieser Welt nicht nur zu einer ausgeprägten Rivalität mit den quasi offiziellen Medienbildern der institutionellen und politischen Berichterstattungen, sondern vielmehr auch zu einer fatalen gegenseitigen Konkurrenz, die wiederum zu einer gewissen Wirkungslosigkeit in der Effektivität (foto-)bildlicher Rhetoriken führt, und die Rezipienten damit eher weiter abstumpft als emotionalisiert oder politisch agitiert: �Wir sehen alles und nichts. Wir sind blind.� Step by step, the viewer unveils a new set of pictures. No two sets of pictures can be seen simultaneously and the viewer, who is driven by anticipation, moves forward through the hand scroll starting to lose his memory of the photographs seen first. A movement opposed to the reading direction is required to rekindle these photographs. The possibility to go back and forth, to view and re-view certain images does not only show the importance of time, but over and above the manifestation of timelessness. Aus Schuss und Gegenschuss, aus diesem bekannten mehrdeutigen foto-filmischen Spiel, wie es uns beispielsweise noch Andy Warhol in den sechziger Jahren mit einem ironischen Augenzwinkern in seiner Elvis-Siebdruck-Reihe nach den Flaming Star-Filmstills vorführte, ist zwischenzeitlich in der Wirklichkeit tatsächlich ein wahrer Tod-Aus Schuss und Gegenschuss, aus diesem bekannten mehrdeutigen foto-filmischen Spiel, wie es uns beispielsweise noch Andy Warhol in den sechziger Jahren mit einem ironischen Augenzwinkern in seiner Elvis-Siebdruck-Reihe nach den Flaming Star-Filmstills vorführte, ist zwischenzeitlich in der Wirklichkeit tatsächlich ein wahrer Tod-ernst geworden. Und nurmehr noch die globalisierte zeitgenössische Street Art mag darin, vielleicht noch kokettierend und mit einem zynischen Augenzwinkern, eine ironische Pointe sehen wollen. The haiku originated in the late nineteenth century as the result of a succession of modifications of early Japanese poetry. It evolved from the forms waka and renga and is only a short section of these forms. Also known as hokku or haikai, haiku refers to the first three lines that were part of waka and renga and from which it originated to be its own poetic form. The original Japanese form of haiku is written in a single line of kana writing. Opposed to this, the English haiku �is a 1�-syllable poem arranged in three lines of 5, � and 5 syllables, having some reference to the season and e�pressing the poet’s union with nature.” Ja, ja, richtig. Wir haben es alle schon wirklich oft gehört: Der Vergleich von Fotografie und Schrift, dem Aufzeichnen und dem Zeugnisablegen, der in dieser Arbeit direkt auf der Bildfläche erscheint, macht die Verschränkung von Bild und Subte�t offensichtlich und damit diese Serie zu einer echten Ouvertüre der Ausstellung. Auch in anderen Arbeiten geht Gillian Wearing der Relation von Schein und Realität nach. Die erste Bildserie der Ausstellung ist in ihrer Einfachheit so vielschichtig, dass sich hier Muster ablesen lassen, die auch für die darauf folgende Betrachtung von späteren Werken relevant sind. Man muss sich nämlich immer wieder fragen: Wen sehe ich und was sehe ich noch? As opposed to pictorialism, which privileged the completed atmospherical and subjective picture before the subject, the ‘Neue Sachlichkeit’, as initiated by German photographers Albert Renger-Patzsch, August Sander and Karl Blossfeldt, aimed at depicting the simp-As opposed to pictorialism, which privileged the completed atmospherical and subjective picture before the subject, the ‘Neue Sachlichkeit’, as initiated by German photographers Albert Renger-Patzsch, August Sander and Karl Blossfeldt, aimed at depicting the simp-licity and the beauty of things by keeping a healthy distance to the subject. Austere and simple imagery would allow them to capture its structure and character as �these things without any thought or emotion or beauty or desire are haiku.” In der Düsseldorfer Ausstellung ist man aufgrund der niedrigen Hängung auf Augenhöhe mit Gillian und daneben mit der ganzen Familie Wearing. Und wenn man in ihre Augen schaut, dann sieht man, anders als in dem schönen Filmklassiker, nichts anderes als Abstand und Distanz, räumlich wie zeitlich. Der räumliche Abstand manifestiert sich beim ersten Hinsehen genau an dem Spalt, der sich zwischen der Silikonmaske und dem dahinter verborgenen Gesicht abzeich-net. Und zwar nur dort. Ansonsten funktioniert das Maskenspiel einwandfrei. Aber es ist unheimlich, und das leise Lächeln, das den Mund der uns unbekannten Frau aus den 1960er Jahren umspielt, wirkt dadurch unecht und gestellt. Man traut ihr nicht, sondern rechnet fast damit, dass sie die Maske abnimmt und ihr wahres Gesicht präsentiert. Es sind auf jeden Fall Muster vorhanden, und es gibt definitiv Dinge, die mit meiner Arbeit passieren. Aber wenn ich wirklich so etwas wie ein Muster habe, dann versuche ich dieses Muster zu brechen. Oft arbeite ich mit Bildern von Orten und mit Bildern von Menschen, sowie mit dem Außen und Innen. Ich versuche diese Dinge ein wenig miteinander zu vermischen und dadurch manchmal etwas Unerwartetes entstehen zu lassen. Zum Glück ist keine Zeit, um sich zu ärgern. Erstes Motiv, zweites Motiv … 14 Uhr. Fünf Motive sind Pflicht; sieben wären der Hammer, also sieben. Da ich gerade keine Daten einpflegen muss, beschließe ich, das Zimmer, in dem das zweite Motiv geschossen wurde, schon mal wieder aufzu-räumen. Meine erste große Fehlentscheidung an diesem Tag. I am looking at his attempt to save her beauty, her love, her gaze, even her life. Before this moment I thought that the place in this moment is replaceable. That this scene could be anywhere without changing the reading of the picture. I have seen many pictures of my mother growing up in Kazakh-I have seen many pictures of my mother growing up in Kazakh-stan: pictures of her taking piano lessons, rehearsing a play in school, dancing, dressing up or working. Like my father, she studied architecture and finished her diploma with the highest grade. My father always tells me I have inherited her ambition. Over the course of time the image began to lose contrast, but the few blood stains still seem as vivid as if he had just died recently. In the hands of my father the words of my grandmother gain a whole new meaning and truth. In a mysterious way her wish not to be forgotten came true. In gewissem Sinne denke ich, dass Bücher fast wichtiger sind als die eigentlichen Ausstellungen, denn sie sind unvergänglich und verschwinden nie. Mit dem Buch hinterlasse ich etwas, das bleibt. Deshalb gehe ich generell keine Kompromisse bei meinen Büchern ein. Ich bin viel fle�ibler in Ausstellungen meiner Arbeiten, da eine Ausstellung eine vorübergehende Sache ist. In this photograph, though, I do not see any of her ambition. The way she is looking at my father is what catches my breath. What I see in her gaze is a flash of in-security and fragility. She does not seem to fear the possibility of getting caught. I think the photograph is capturing the moment when she realizes that this man who is taking her picture will become her husband and the father of her children. Every goal she had in life before she only had to study for to achieve it. Ich suche aus, was ich selber interessant finde und was in Kombination mit anderen Bildern und Geschichten gut funktionieren könnte und benutze die Einreichungen wie ein Bildarchiv. Position zu aktuellen gesellschaftlichen Themen zu beziehen fand ich schon immer überflüssig. Es gibt also keine wirklichen Kriterien, außer mein eigener Geschmack. Japan based artist Yamamoto Masao (b. 195�), who, in 19�5, turned to photography after having been trained as an oil painter under Goro Saito in his native city Gamagori, is widely known for his deliberately stained and creased pocket-size photographs that he arranges in e�tensive wall installations, for which his prints are directly attached to museum and gallery walls. Yamamoto has e�hibited around the world, although for the most part in the United States and since 200� also in Europe. Unruhige Bewegungen einer anonymen Handykamera, ihre fotografischen Unschärfen und digitalen �sthetiken, das vergrößerte Auspi�eln der gezoomten Aufnahmen, liefern schließlich keine eindeutigen, beweiskräftigen Fotodokumente im eigentlichen Sin-Unruhige Bewegungen einer anonymen Handykamera, ihre fotografischen Unschärfen und digitalen �sthetiken, das vergrößerte Auspi�eln der gezoomten Aufnahmen, liefern schließlich keine eindeutigen, beweiskräftigen Fotodokumente im eigentlichen Sin-ne. Denn das direkte Involviertwerden in einen aktuellen politischen Konflikt, den es in einer unmittelbaren Augenzeugenschaft zu dokumentieren gilt, duldet offensichtlich kein ruhiges Fotostativ mehr und wird zugleich zum ästhetischen Marker seiner vermeintlichen Wahrhaftigkeit. �olor always suggests emotion and evokes feelings. It is also prone to being symbolized or metaphorized and has a palliative effect. The sparing use of words within haiku poetry must be translated in the sparing use of color photographs within a book or series. As far as I can see, this is the only way that makes sense, if simplicity, distance, reticence and the absence of comment and �over-intellection” are our primary objectives. This also entails, that the use of a small depth of field counteracts with our pursuit to meet these objectives. A small depth of field blurs boundaries and abates the possibility of an unbiased observation. Auch in geschlossenen Systemen ist es mit dem Umgang mit negativer Kritik nicht weit her. Allzu schnell ist das Wort vom �Nestbeschmutzer� zu hören. Ein Begriff, mit dem schon zu Zeiten des Ersten Weltkrieges sogenannte �Vaterlandsverräter� betitelt wurden. Die damit zugleich aufgezeigten Denkmuster sind stets territorial und vor allem autoritär. Mit der damit einhergehenden Inflation der (mobilen) Bilder sind aber Fragen und Aspekte der fotografischen Bild- und Medienkompetenz offensichtlich erst einmal außen vor. Wichtiger als formal-ästhetische Kriterien allein scheint nun die soziale Mitteilungsart der heute weltweit verbreiteten (audio-)visuellen Aufnahmen, also ihre strategische Intentionalität, und ob sie überhaupt für irgendjemanden von irgendwelcher Relevanz sein könnten. Dabei entstehen in einer �ra der Post-Photography neue Vorstel-lungen darüber, was den eigentlichen Inhalt und dessen Wirkung auf das Publikum betrifft und gemeinhin charakterisiert. He brings together photography and painting, not only by situating his photographs on emaki, a traditional medium for Japanese painting, but also by applying a slight hint of color to his photographs. Furthermore, he interweaves the subjects of his pictures through the utilization of scaling, sequencing and the way he situates his subjects within the frame and thus appro�imates his work to the concept of animism, which is part of haiku. Although haiku �is grasped by the eye rather than by the ear or mouth”, we also found out that not every photograph is haiku, but, if certain parameters are considered, the two can become very close, approaching each other to a certain e�tent, but simultaneously dissociate from each other. It remains the question, how close a written form and a visual form haiku and photography can actually get. Nun wird von Kulturwissenschaftlern schon eine geraume Zeit lang über den Zusammenhang zwischen den politischen Geschehnissen des sogenannten Arabischen Frühlings und den neuen globalen digitalen Kommunikationstechnologien spekuliert. Beide werden dabei als noch nicht abgeschlossene revolutionäre Entwicklungen der kulturellen Gegenwart eingestuft, die kulturgeschichtlich gesehen eng miteinander in struktureller Wechselwirkung und in ge-genseitiger Bedingung stehen könnten. Die post-fotokünstlerische Arbeitsweise liegt bei Rabih Mroué offenkundig lediglich in der Auswahl und Kombination, bei der strategischen wie intentionalen Zusammenstellung von vorgefundenem Bildmaterial, das durch seine Ent- und Neukonte�tualisierung, d. h. durch das kalkulierte Setzen in einen neuen Rah-men, hier in die gewählten formalen Dispositive und neuen Displays der Gesamtinstallation in einem größeren Ausstellungskonte�t, erst sprachfähig wird. Die englische Fotografin und Künstlerin Gillian Wearing ist in der internationalen Szene kein Newcomer. Die 48-jährige gewann 199� den renommierten Turner-Prize mit einer 60-minütigen Videoper-formance, in der 26 Freunde in britischen Polizeiuniformen eine Stunde lang für ein Gruppenfoto schweigend ausharren sollten. Die Protagonisten machen aber ständig winzige Bewegungen, so dass sich mit der Zeit jegliche Disziplin auflöst. Das erlösende Ende stellt sich mit einem kollektiven Schrei ein, der den Betrachter fast überfällt. Diese Arbeit ist auch in der Düsseldorfer Überblicksausstellung im K20 zu sehen, neben einer Reihe anderer Videoarbeiten, bei denen nicht mehr klar zu differenzieren ist, wo das Spiel anfängt, Inszenierung und wahre Erlebnisse ineinander greifen. What I see in her gaze is a flash of insecurity and fragility. For me the photograph captures the moment when she realizes that the man who is taking her picture will become the father of her children. Wirkt die Handykamera dabei für die Aufzeichnenden wie ein magischer Schutzschirm (Screen), ein vermeintlicher Panzer, der dem Opfer ein Gefühl von (medialer) Unsterblichkeit gibt oder lediglich nur eine seltsame und fatale Realitätsverschiebung produziert – das Als-Ob eines Filmes? Was bewirken diese foto-filmischen Todestestimonien wiederum im Betrachter? Verstehen wir diese amateurhaften Fotografen, die hier ‚ihren eigenen Tod schießen’ im Nachhinein vielleicht als moderne Märtyrer für eine bestimmte politische Sache? Ich bin ein riesengroßer Fan des Zufalls. Emotion ist für mich wichtiger als Logik. Ich bin sehr e�perimentierfreudig. Irgendwie finden die Dinge oft auf natürliche Weise zueinander. Ich meine, es gibt sicherlich einen Denkprozess dahinter, aber einige der besten Dinge passieren zufällig. Wenn ich die Reihenfolge in meinen Büchern festlege, mache ich das oft an einem Ort, an dem ich nicht abgelenkt werde, keine Musik höre, nicht an E-Mails denke oder daran, was ich zu erledigen habe. Ich schaffe einen Raum in mir selbst, in dem ich sehr fle�ibel, offen und kreativ sein kann. Yamamoto’s scroll is made up of sheets of paper that have been pasted together culminating in appro�imately eighteen feet in length and twelve inches in height. It carries 46 four-color plates printed on uncoated fine Japa- Yamamoto’s scroll is made up of sheets of paper that have been pasted together culminating in appro�imately eighteen feet in length and twelve inches in height. It carries 46 four-color plates printed on uncoated fine Japa-Yamamoto’s scroll is made up of sheets of paper that have been pasted together culminating in appro�imately eighteen feet in length and twelve inches in height. It carries 46 four-color plates printed on uncoated fine Japa-nese paper. The photographs are reproductions of original toned silver prints. This particular scroll stands historically and traditionally in line with ‘emaki’, that is Japanese narrative hand scrolls, which developed during the 10th century, combining pictures and te�t. Makimono-style is a derivation of this term. Ich bin ein riesengroßer Fan des Zufalls. Emotion ist für mich wichtiger als Logik. Ich bin sehr e�perimentierfreudig. Irgendwie finden die Dinge oft auf natürliche Weise zueinander. Ich meine, es gibt sicherlich einen Denkprozess dahinter, aber einige der besten Dinge passieren zufällig. Wenn ich die Reihenfolge in meinen Büchern festlege, mache ich das oft an einem Ort, an dem ich nicht abgelenkt werde, keine Musik höre, nicht an E-Mails denke oder daran, was ich zu erledigen habe. Ich schaffe einen Raum in mir selbst, in dem ich sehr fle�ibel, offen und kreativ sein kann. Der Museumsbesucher hat diese Distanz zum Objekt. Ihm sind die Menschen auf dem Bild fremd und durch die Art und Weise, wie die Fotografie präsentiert ist, auch zeitlich entrückt. Betont wird der Unterschied zwischen dem Hier und Jetzt in der Ausstellung, dem Gezeigten und der fotografischen Vorlage durch die farbigen Bildrahmen, die zeittypisch gefasst sind. An und für sich mache ich einfach nur Bilder. Ich habe all diese unterschiedlichen Kategorien wie Häuser, Apartments, Portraits, Interieurs. Ich mache einfach meine Arbeit und packe mein Material in diese Ordner. Wenn es an der Zeit ist ein Buch oder eine Ausstellung zu gestalten, hole ich all die Bilder hervor, die ich bis dahin noch nicht benutzt habe und beginne daraus auszuwählen. Auf diese Art und Weise finde ich heraus, welche Bilder ich benutzen kann.Im Rahmen seiner �Lecture Performances� wird der Körper auf der Bühne zu einer unmittelbaren Metapher für die Handlungsfähigkeit des Einzelnen in Gesellschaft und Kultur, in einem politischen System oder Staat. Undoubtedly, one of emaki’s most striking features is its sequentiality as already implied by its very little height but very great length. Read from right to left and viewed from above, its reader has to get active and make use of both of his hands as he unrolls the scroll on a table. However, the character of this unrolling, or better, opening process is twofold. Logically, the best way to read emaki is to unroll the scroll with one’s left hand just to roll it up again with one’s right hand, which allows for a partial view of about forty inches of the scroll. Der Schritt auf das Papier war aber auch insgesamt sehr wichtig: das Buch oder Heft als Objekt erzeugt für den Leser eine ganz andere Erfahrung. Wenn das altmodisch ist, bin ich gerne altmodisch. Wer schon mal ein �Fotobuch� auf dem iPad durchgewischt hat, sehnt sich schnell wieder nach echten Seiten. Es muss absolut überwältigend und einladend sein. Es sollte repräsentativ für den Inhalt des Buches stehen und eine grafische Qualität besitzen. Ich denke, dass es wichtig ist, dass es, wenn es jemand aus der Distanz betrachtet, in irgendeiner Art und Weise hervorspringt. Ironischerweise ist es oft eines deiner besten Bilder. Und falls es Schrift auf dem �over gibt, dann sollte es dafür Raum geben. For the greater part, these pictures are colorful landscape photographs and macro shots of plants and animals, which occasionally mi� with street photographs, cityscapes or product shots. Although this widely varied imagery already introduces a certain aspect of haiku, it rather rises the question of how the concepts and criteria of haiku can be transferred to a visual level and where connections between the written form and its historical background and the visualized forms can be established and are reasonable. Vor diesem Hintergrund bleibt vielleicht zu fragen, inwieweit der �Kritiker� nicht einfach eine überkommene Figur ist, ein Relikt aus Zeiten der Aufklärung, in denen die Tätigkeit der Kritik zur Vermitt-Vor diesem Hintergrund bleibt vielleicht zu fragen, inwieweit der �Kritiker� nicht einfach eine überkommene Figur ist, ein Relikt aus Zeiten der Aufklärung, in denen die Tätigkeit der Kritik zur Vermitt-lung, zur Orientierung und zum Erkenntnisgewinn noch eher gefragt war als der muffige �Find-ich-gut-Modus� einer wuchernden Wohlfühlhirnrinde. The haiku poet doesn’t abandon himself to conceit and e�tenuation, suggesting meaning beyond things. He merely cherishes the things as they are and appreciates that their meaning lies in themselves. At the same time, he calls on the reader to be receptive for their resonance. Mein Wunsch war es von Anfang an, ein möglichst breites Spektrum anzusprechen und auch zu beteiligen. Von der international renommierten Fotokünstlerin bis zum Sportstudenten, der mit dem Telefon fotografiert. Es dreht sich dabei alles auch um das Verhältnis von Technik und Körper, denn werden die technologischen Gerätschaften, Gewehr und Kamera, hier beide im Sinne von kulturellen Waffen, im Verständnis nicht zu E�tensionen der biologischen Körper? Sind die Smartphones der syrischen Demonstranten und Aufständischen eine unmittelbare Erweiterung, eine Bewaffnung ihrer Körper? Ist das ins World Wide Web gestellte und damit veröffentlichte foto-filmische Bildmaterial nur ein Bruchteil einer Masse von Aufzeichnungen, die nicht ins globale Netz gelangen? Weniger vertraut ist das Bildnis von August Sander. Mit dieser Serie stellt sich die britische Künstlerin in die Tradition dieser Fotografen, für die das Portrait nicht allein eine Darstellung eines Menschen war, sondern ein Sujet zur Erkundung von gesellschaftlichen Verhältnissen, eine Möglichkeit, um Tabubrüche sichtbar zu machen und Grenzen zu erforschen. In der Art und Weise, wie Gillian Wearing in die fotografierten Körper schlüpft, ihre Position einnimmt und von innen praktisch neu interpretiert, neu fotografisch auflegt, stellt sie gleichzeitig sich selbst zur Disposition. Es geht um Fragen der Vorbilder; es geht um die Überprüfung von manifestierten Positionen und deren Geltungsanspruch, und es geht immer wieder um Traditionen, die sie in ihr Werk einbindet und unterläuft. In all meinen Büchern gibt es eine Bandbreite von Bildern aus den letzten zehn oder mehr Jahren. Falls sie nicht jetzt benutzt werden können, dann definitiv später. Außerdem bin ich e�trem streng in meiner Entscheidung darüber, was ich in meinen Bildpool aufnehme und was nicht. Ich würde sagen, 0,5 Prozent der Fotos, die ich mache, werden später genutzt oder schaffen es überhaupt geprintet zu werden. The photograph I am writing about shows my mother being around the same age I am now. A year or two before she married my father and became pregnant with me. She must have been 23 or 24. She is lying on a bed, wearing a lined bathrobe. The sleeves are rolled up, revealing the skin of her arm. Her body is covered in a thin linen blanket and her hair is beautifully arranged on the mattress. Die im Loop projezierte Videoar-Die im Loop projezierte Videoar-beit wird begleitet von einem von Mroué selbst gehaltenen Vortrag – bewusst nüchtern, so wie der Raum, in dem er ihn hält, jedoch gut recherchiert und überzeugend präsentiert. So verweist er beispielsweise auf die Forschungsarbeit des deutschen Wissenschaftlers Wilhelm Kühne, welcher im 19. Jahrhundert Vorgänge in der menschlichen Netzhaut er-forschte. Die von ihm so benannten Optogramme bezeichnen das letzte Bild auf der Netzhaut eines Toten. As opposed to pictorialism, which privileged the completed atmospherical and subjective picture before the subject, the ‘Neue Sachlichkeit’, as initiated by German photographers Albert Renger-Patzsch, August Sander and Karl Blossfeldt, aimed at depicting the simplicity and the beauty of things by keeping a healthy distance. Doch es kommt noch besser: Aufgrund dieser Tatsache werden unsere Überstunden nicht bezahlt. Maßregelung durch Gehaltskürzung. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass wir gerade 50 Euro für drei Stunden mehr Arbeit bekommen sollten, kann man eigentlich nur noch hys-