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ruso reuse shops oberösterreich
Businessplan
Approbierte Endfassung
Österreichisches Ökologie-Institut
ÖSB Consulting
ThinkAustria Unternehmensberatung
April 2008
Businessplan RUSO
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Auftraggeberkonsortiums:
OÖ Landesabfallverband (LAV), OÖ Landesabfallverband (LAV), OÖ Landes-
Abfallverwertungsunternehmen AG (LAVU), Bundessozialamt (BASB), Repanet und Bundesministerium
für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW)
Autoren:
DI Christian Pladerer und DI Markus Meissner, Österreichisches Ökologie-Institut
Dr. Thomas Huber, ThinkAustria Unternehmensberatung
Dr. Manfred Pflügl, ÖSB Consulting GmbH
Ing. Mag. Dietmar Bauer, Unternehmensberatung & Projektentwicklung
Anmerkung:
Sämtliche Formulierungen (z.B. "Betreiber", "Kunde", “Händler“ etc.) in diesem Text sind zum Zweck
der leichteren Lesbarkeit geschlechtsneutral gehalten, gelten jedoch gleichermaßen für Frauen und
Männer.
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Vorwort
Der vorliegende Businessplan dokumentiert die Ergebnisse des Projekts: Machbarkeitsstudie
„ruso: reuse shops oberösterreich“ des Projektteams bestehend aus dem Österreichischen
Ökologie-Institut, ÖSB Consulting und ThinkAustria Unternehmensberatung. Das Projekt wurde
im Auftrag von OÖ Landesabfallverband (LAV), OÖ Landes-Abfallverwertungsunternehmen AG
(LAVU), Bundessozialamt (BASB), Verein RepaNet und dem Bundesministerium für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) durchgeführt. Ein besonderer Dank gilt
allen TeilnehmerInnen an den Arbeitstreffen in Wels und in Linz. Neben den bereits erwähnten
Auftraggebern waren dies: Caritas der Diözese Linz, Volkshilfe BASAR, Sozialplattform, BAV Ried,
BAV Wels-Stadt, BAV Gmunden, Bildungszentrum Salzkammergut, Trödlerladen ARGE-
Obdachlose, FAB Reno OÖ Umwelttechnik Braunau, FAB Reno OÖ Technoteam Wels, B7, ALOM
(Aigen). Eine Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss des Projekts war die Offenheit und
Kooperationsbereitschaft der beteiligten Akteure, sowohl die Förderlandschaft und die
(kommunale) Abfallwirtschaft sowie die sozialen Integrationsunternehmen aus dem reuse
Bereich.
Die sozialwirtschaftliche, ökonomische und ökologische Sinnhaftigkeit der Umsetzung des
Konzepts liefert der vorliegende Businessplan. Trotz erheblicher Anfangsschwierigkeiten in der
Beschaffung von plausiblen Zahlen für die IST Darstellung und für eine realistische Abschätzung
des zukünftigen ruso-Potentials, gelang es schlussendlich die notwendigen Daten zu sammeln,
die eine Abschätzung für ein RUSO Shop Konzept 2015 ermöglichten. Es ist nicht Ziel des
Konzepts, Parallelstrukturen aufzubauen, sondern den bestehenden Reuse Markt der OÖ sozialen
Integrationsunternehmen zu stärken, um einerseits lokalisierte Möglichkeiten auszuschöpfen und
zusätzliches Potential durch Innovation zu schaffen. Darüber hinaus hat das Projekt die
Kooperationskultur im ruso-Verbund weiter entwickelt, sodass die Beteiligten miteinander die
Umsetzung des Konzepts in die Hand nehmen können. In der Realisierung geht es nun im ersten
Schritt um die verbindlichen Definitionen der Aufgaben und der Schnittstellen. Nur so kann eine
erfolgreiche Umsetzung des ruso-shop Konzepts gewährleistet werden.
Im Namen des Projektteams bedanke mich bei allen Beteiligten für die konstruktive
Zusammenarbeit und wünsche dem zukünftigen ruso Team viel Erfolg bei der Realisierung des
Konzepts.
DI Christian Pladerer
Österreichisches Ökologie-Institut, Wien, Dezember 2007
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Präambel
Die wirtschaftliche Beurteilung des Geschäftskonzeptes (Businessplan) ruso – reuse shops
oberösterreich erfolgte unter der Prämisse, dass die Umsetzung gemäß den sozialpolitischen
und ökologischen Beurteilungen möglich und machbar ist.
Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse empfiehlt das Projektteam, die Geschäftsidee ruso –
reuse shops oberösterreich in der im Businessplan vorgeschlagenen Art und Weise
umzusetzen.
Entscheidend für den Erfolg des Projektes ist es, die bestehenden Strukturen gemeinsam
weiterzuentwickeln, daher sind der Wille und das Engagement aller betroffenen Partner wichtig.
Der Aufbau paralleler Strukturen wird als nicht zielführend gesehen.
Auftraggeber sind OÖ Landesabfallverband (LAV), OÖ Landes-Abfallverwertungsunternehmen AG
(LAVU), Bundessozialamt (BASB), Verein RepaNet und dem Bundesministerium für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW).
Dieser Businessplan wurde unter Einbindung der maßgeblichen sozialen Integrationsunternehmen
im reuse Bereich erstellt.
Soziale Integrationsunternehmen sind gemeinnützige Unternehmen (gemeinnützige GmbH
oder Vereine), die als Unternehmensziel die Heranführung beziehungsweise die Integration von
arbeitsmarktfernen Personen in den 1. Arbeitsmarkt haben.
Kunden sind jene Personen, die einen Nutzen aus dem Kauf gebrauchter Produkte ziehen.
Zielgruppen sind jene Personen, die durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen
Beschäftigungsmöglichkeiten in sozialen Integrationsunternehmen bei der Sammlung,
Aufbereitung und beim Verkauf von gebrauchten Produkten erhalten.
Organisationen der kommunalen Abfallwirtschaft sind Betriebe im Umfeld des Landes
Oberösterreich, die Altstoffe / Abfälle sammeln und fachgerecht entsorgen. Das sind z.B. OÖ
Landesabfallverband (LAV), OÖ Landes-Abfallverwertungsunternehmen AG (LAVU) und
Altstoffsammelzentrum (ASZ).
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Inhaltsverzeichnis
1 EXECUTIVE SUMMARY........................................................................................................................... 6 2 UNTERNEHMEN......................................................................................................................................... 7
2.1 UNTERNEHMENSPROFIL........................................................................................................................... 7 2.2 UNTERNEHMENSZIELE............................................................................................................................. 8
3 DIENSTLEISTUNG ................................................................................................................................... 10 3.1 KUNDENNUTZEN ................................................................................................................................... 10 3.2 STAND DER ENTWICKLUNG ................................................................................................................... 11 3.3 DIENSTLEISTUNGSERSTELLUNG ............................................................................................................ 13
4 BRANCHE UND MARKT......................................................................................................................... 14 4.1 GESAMTMARKTANALYSE....................................................................................................................... 14 4.2 MARKTSEGMENTE ................................................................................................................................. 26 4.3 WETTBEWERB ....................................................................................................................................... 27
5 MARKETING ............................................................................................................................................. 29 5.1 MARKTEINTRITT.................................................................................................................................... 29 5.2 ABSATZKONZEPT ................................................................................................................................... 29 5.3 ABSATZFÖRDERUNG .............................................................................................................................. 32
6 PROJEKTMANAGEMENT UND ZIELPERSONEN ............................................................................ 33 7 UMSETZPLANUNG .................................................................................................................................. 35 8 CHANCEN UND RISIKEN....................................................................................................................... 37
8.1 VOLKSWIRTSCHAFTLICHE BEURTEILUNG .............................................................................................. 38 8.2 SOZIALWIRTSCHAFTLICHE BEURTEILUNG.............................................................................................. 42 8.3 ÖKOLOGISCHE BEURTEILUNG................................................................................................................ 49
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1 Executive Summary
Geschäftsidee: OÖ-weites Netzwerk von Shops für gebrauchte Produkte
reuse shops oberösterreich (ruso) ist eine Geschäftsidee zur landesweiten Vernetzung von
sozialen Integrationsunternehmen und Betrieben der kommunalen Abfallwirtschaft bei
Sammlung, Aufbereitung und Verkauf von gebrauchten Produkten aus den Bereichen Textil,
Elektrogeräte und Möbel, mit dem Ziel, (1) die Umwelt nachhaltig zu entlasten (2)
arbeitsmarktpolitische Zielgruppen zu beschäftigen und (3) günstige Einkaufsmöglichkeiten zu
bieten.
Chance: Höhere Effizienz durch Weiterentwicklung des bestehenden Systems
Die heute auf regionaler Ebene bestehende informelle Kooperation zwischen einzelnen
Altstoffsammelzentren (ASZ) und im reuse Bereich tätigen sozialen Integrationsunternehmen
sollte im Sinne einer besseren Effizienz zu einem landesweiten Netzwerk mit klar definierten
gemeinsamen Schnittstellen, Aufgaben und einem einheitlichen Erscheinungsbild weiterentwickelt
werden. Erfolgreiche reuse Projekte im Ausland zeigen, dass Vernetzung zu einer höheren
Effizienz bei Sammlung, Aufbereitung und Verkauf führt.
Herausforderung: ruso als landesweites Netzwerk etablieren
Die Herausforderung ist, ruso zu einem landesweiten Kompetenz- und Ressourcennetzwerk zu
machen. Die Vernetzung von sozialen Integrationsunternehmen und Betrieben der kommunalen
Abfallwirtschaft schafft Synergiepotentiale bei Sammlung, Aufbereitung und beim Verkauf von
gebrauchten Produkten. Angestrebt wird, im Jahr 2015 insgesamt rund 3.000 Tonnen Altstoffe
bzw. gebrauchte Produkte und Geräte wieder zu verwenden, was einer substantiellen Steigerung
gegenüber 2007 entspricht.
Umsetzung: 2 Phasen, Entwicklung und Integration
Die Umsetzung des ruso-Konzeptes erfolgt in zwei Phasen: Entwicklung und Integration. In der
Entwicklungsphase werden gemeinsame Grundlagen geschaffen und die Kompatibilität der
Partner anhand definierter Pilotprojekte getestet. Darauf folgt die Integrationsphase, bei der die
einzelnen Organisationen schrittweise zu einem Netzwerk weiterentwickelt werden.
Finanzierung: Hohe Eigenerwirtschaftungsquote, langfristig 40%+ angestrebt
Bestehende reuse Konzepte zeigen, dass eine Eigenerwirtschaftungsquote von über 40% möglich
ist, das heißt, dass ein erheblicher Teil der Gesamtkosten durch Umsatzerlöse in Shops
erwirtschaftet werden kann, gegenüber aktuell ca. 22% für reuse-Projekte in Oberösterreich. Der
verbleibende Förderbedarf für die Beschäftigung von arbeitsmarktpolitischen Zielgruppen wird
durch Land Oberösterreich, AMS und BASB gedeckt.
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2 Unternehmen
2.1 Unternehmensprofil
ruso ist ein Kompetenz- und Ressourcennetzwerk von sozialen Integrationsunternehmen und
Betrieben der kommunalen Abfallwirtschaft, das zum Beispiel als Verein organisiert sein kann.
Vergleiche mit reuse-Projekten in anderen Ländern und Auswertungen von Daten legen den
Schluss nahe, dass in Oberösterreich noch erhebliches Entwicklungspotential im reuse Bereich
vorhanden ist. Zweck des ruso-Netzwerkes ist es daher, die Effizienz bei Sammlung,
Aufbereitung und Verkauf von gebrauchten Produkten im Bereich Elektrogeräte, Möbel und Textil
zu steigern und den Nutzen gebrauchter Produkte einer breiteren Kundengruppe zugänglich zu
machen. ruso wird dabei in den folgenden drei Kernbereichen Kompetenzen entwickeln und
implementieren:
(a) Beschaffungs-Know-how: zentrale Informationsplattform für Art, Menge, Qualität,
Preis sowie regionale Verfügbarkeit von gebrauchten Produkten vordringlich in den
Bereichen Elektrogeräte, Möbel und Textil.
(b) Aufbereitungs-Know-how: Entwicklung von einheitlichen Qualitätsrichtlinien und
gemeinsamer Kapazitätsplanung für die Aufbereitung und den Verkauf von gebrauchten
Produkten.
(c) Marketing-Know-how: Entwicklung eines gemeinsamen Marketingkonzeptes,
insbesondere eines einheitlichen Markenauftritts gegenüber Kunden.
Bei der Implementierung dieser Kompetenzen sollen jedoch keine Parallelstrukturen zu
bestehenden Systemen entstehen, sondern das vorhandene Wissen gemeinsam genutzt und
neue Kompetenzen aufgebaut werden. Die Umsetzung erfolgt in zwei Phasen, der
Entwicklungsphase und der daran anschließenden Integrationsphase.
Phase 1 - Entwicklungsphase: Gründung des ruso Vereins, an dem sich
Organisationen der kommunalen Abfallwirtschaft und soziale Integrationsunternehmen
beteiligen, um die genannten Kompetenzen gemeinsam durch Pilotprojekte zu entwickeln
und die Kompatibilität der verschiedenen Organisationskulturen zu testen.
Phase 2 - Integrationsphase: Nach erfolgreicher Umsetzung der Pilotprojekte in Phase
1 erfolgen die schrittweise Integration von Beschaffung, die Umsetzung von
gemeinsamen Qualitätsrichtlinien und die Einführung eines einheitlichen Marktauftritts.
Darüber hinaus ist ab 2009 auf dieser Basis ein systematischer Aufbau neuer Standorte
möglich.
Falls für die Optimierung der Geschäftstätigkeit erforderlich, kann es zur Gründung weiterer
operativer Gesellschaften kommen (z.B. ruso Marketing GmbH, ruso Vertriebs GmbH).
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Von gewerblichen Gebrauchtwarenanbietern grenzt sich ruso durch folgende Grundsätze ab:
Gemeinnützigkeit: Volkswirtschaftlicher und gesellschaftlicher Nutzen stehen im
Vordergrund und werden auch nach außen kommuniziert.
Nachhaltigkeit: Wiederverwendung von Produkten, Beschäftigung von
arbeitsmarktpolitischen Zielgruppen und Versorgung mit günstigen, gebrauchten
Produkten.
Komplementarität: Das Konzept der ruso Shops zielt darauf ab, das bestehende
Angebot zu verbessern und produktmäßige und regionale Marktlücken im sozial-
integrativen Bereich zu schließen.
Alle NetzwerkpartnerInnen sollten sich zu diesen 3 Grundsätzen bekennen und damit auch
Argumente zur Abgrenzung gegenüber gewerblichen Händlern und deren Interessenvertretung
haben. Darüber hinaus liegt die Vermutung nahe, dass eine frühe Projektführerschaft durch
Betriebe der kommunalen Abfallwirtschaft eher nicht als Konkurrenz zu gewerblichen Betrieben
empfunden wird und somit weitere Abgrenzungsargumente liefert.
2.2 Unternehmensziele ruso strebt bis 2015 folgende Unternehmensziele an:
1. Erhöhung der Wiederverwendungsquote in den Bereichen Elektrogeräte, Möbel und
Textil,
2. Aufbereitung und Verkauf von jährlich rund 3.000 t Produkten insbesondere aus den
Bereichen Textil, Elektrogeräte und Möbel.
3. Ausbau der Beschäftigung von arbeitsmarktpolitischen Zielgruppen im reuse Bereich um
70 Plätze, das heißt von derzeit 150 auf 220 Plätze.
4. Koordination der Partner gegenüber Fördergebern wie AMS, BASB und Land
Oberösterreich, mit dem Ziel, gemeinsam mehr zu erreichen als jeder für sich.
Haupterfolgsfaktoren sind
(a) die Informationsvernetzung bei Beschaffung, Aufbereitung und Verkauf (zum Beispiel
durch ein gemeinsames Warenwirtschaftssystem),
(b) die Entwicklung von einheitlichen Qualitäts-Standards und gemeinsamer
Kapazitätsplanung und
(c) der Aufbau eines einheitlichen Markenauftritts, damit Alleinstellungsmerkmale und
Abgrenzungen zu gewerblichen Händlern effizient kommuniziert werden können.
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Die wichtigsten Meilensteine für die Gründungsaktivitäten sind wie folgt:
1. Erkenntnisse und Umsetzungsvorschläge der Machbarkeitsstudie werden akzeptiert
(November 2007)
2. Ausarbeitung von Pilotprojekten für die Phase 1 - Entwicklungsphase (Dezember 2007)
3. Entwicklung einer ruso Organisationsstruktur durch Partner aus den Bereichen soziale
Integrationsunternehmen und kommunale Abfallwirtschaft (1. Halbjahr 2008)
Die Umsetzung der Pilotprojekte kann gemeinsam mit der Gründung einer Organisation erfolgen.
Diese Pilotprojekte werden im Abschnitt „Dienstleistungserstellung“ näher erläutert.
Fotos: Etienne Rubens, Koepel van Vlaamse Kringloopcentra (KVK), Federation of flemisch reuse
centres, Belgium, www.kringloop.net, 21 Juni 2006
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3 Dienstleistung
3.1 Kundennutzen Die Ressourcenschonung durch Abfallvermeidung wird zunehmend für breitere Produktkategorien
interessant. Waren es zu Beginn Textilien, insbesondere Kleidung, die in Secondhand Shops
verkauft wurden, so geht der Trend heute zusätzlich zur Wiederverwendung von Möbeln und
Elektrogeräten, sowie „Hausrat“ allgemein.
Die mit der Wiederverwendung verbundene Verlängerung des Produktlebenszyklus entlastet die
Umwelt durch geringeren Ressourcenbedarf und bietet Beschäftigungsmöglichkeiten für
arbeitsmarktpolitische Zielgruppen bei der Sammlung, Aufbereitung und beim Verkauf dieser
Produkte. Mit den drei Aspekten Ressourcenschonung, aktive Arbeitsmarktpolitik und Versorgung
mit günstigen Produkten wird ein Kundennutzen generiert, der unterschiedliche Kundengruppen
anspricht. Der Aspekt der Ressourcenschonung durch Abfallvermeidung spricht umweltbewusste
Personen an, für die Wiederverwendung ein entscheidendes Kaufkriterium ist.
Der Aspekt der Beschäftigung von schwer vermittelbaren Personen spricht sozialbewusste
Menschen an, die durch den Kauf von gebrauchten Produkten in ruso shops einen praktischen
Beitrag zu diesem Vorhaben leisten können.
Der grundlegende Kundennutzen ist jedoch der, günstige Versorgungsmöglichkeiten mit
Produkten zu bieten, die zwar gebraucht, aber qualitativ einwandfrei sind. Im Idealfall kann ein
gesamter Haushalt mit Produkten aus einem ruso-shop ausgestattet werden.
Um diese Kundenvorteile effizient zu nutzen, ist eine Partnerschaft zwischen sozialen
Integrationsunternehmen und Betrieben der kommunalen Abfallwirtschaft zweckmäßig.
Folgendes Leistungsangebot wird für das Konzept ruso vorgeschlagen:
• Gezielte Warensammlung
o Hausabholung (Vorortsortierung)
o Abholung bei Sammelstellen
o Annahme bei Direktanlieferung
• Ungezielte Warensammlung: Entrümpelung (Postsortierung)
• Reparatur und Instandsetzung
• Fraktionierung Demolierung und Schadstoffentfrachtung1
• Beratungen und Schulungen
• Verkauf/Promotion
• Sonstige Transportleistungen und sonstige Dienstleistungen
1 Beispiele für Zerlegungskosten: Kleingeräte 30 €Cent/kg, Großgeräte 5 €/Stück, Bildschirmgeräte: 5€/Stück;
http://www.stenum.at/download/e_schrott.pdf
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Folgende Produktpalette soll bei der Umsetzung des Konzeptes ruso in Betracht gezogen
werden:
• Elektro- und Elektronikgeräte
• Möbel und Einrichtungsgegenstände (Lampen, Teppiche, Bilder, Geschirr)
• Kleidung/Textilien
• Sport- und Freizeitgeräte, Fahrräder
• Schuhe, Bücher, Spielwaren, Musikalien
• Gartengeräte, Werkzeuge, Gartenmöbel
• Produktkreation (Trash/ReDesign)
3.2 Stand der Entwicklung Eine der Zielsetzungen der Auftraggeber ist es, die Wiederverwendungsquote von Altstoffen bzw.
gebrauchten Geräten und Produkten in Oberösterreich unter stärkerer Einbeziehung von sozialen
Integrationsunternehmen zu erhöhen.
Als Bezugsgröße wurde ein erfolgreiches Projekt in Belgien untersucht, insbesondere unter dem
Aspekt der Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowie der Übertragbarkeit der dortigen
Strukturen auf Oberösterreich.
Die aktuelle Situation in Oberösterreich ist mit der in Flandern, Belgien im Jahre 1995
vergleichbar. Damals gab es in Flandern eine Vielzahl gemeinwirtschaftlicher Projekte im reuse
Bereich, die unabhängig voneinander agierten. Untersuchungen zeigten damals, dass das
Wiederverwendungspotential in Belgien bei Sammlung und Verkauf weit höher sein musste, als
es die Ist-Zahlen widerspiegelten. Um dies zu ändern, wurde der Verein „Koepel van Vlaamse
Kringloopcentra vzw2“ kurz „KVK“ ins Leben gerufen, mit dem die eigenständig agierenden
Shops von sozialen Integrationsunternehmen in ein gemeinsames Netzwerk mit einheitlichem
Markenauftritt übergeführt werden sollten, um Synergien im Bereich Beschaffung, Aufbereitung
und Verkauf zu generieren. Der einheitliche Markenauftritt der Shops erfolgt unter dem Namen
„de kringwinkel3“, was sinngemäß Kreislauf bedeutet und die Wiederverwendung der Produkte
kommuniziert.
Die Entwicklung in Flandern war seither außerordentlich erfolgreich, Umsätze und Mengen haben
sich in dieser Zeit vervielfacht. Inzwischen umfasst das Netzwerk KVK in Flandern ca. 90%4 aller
sozialen Integrationsunternehmen im reuse-Bereich.
2 „vzw“ entspricht der Rechtsform eines Vereins ohne Gewinnabsicht 3 URL: www.kringloop.net. 4 Mündliches Statement eines KVK-Mitarbeiters
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Das Marktvolumen hat sich in dieser Zeit ebenfalls vervielfacht. Die nachfolgende Abbildung
veranschaulicht diese Entwicklung:
Abbildung 1: Umsatzentwicklung der Kringloop-Shops5
Die Auswertung der KVK-Daten zeigt auch, dass im Betrachtungszeitraum insgesamt die Shop-
Umsätze stärker gestiegen sind als die wieder verwendeten Mengen, was sich in höheren
Tonnen-Preisen niederschlägt und auf ein optimiertes Sortiment und bessere Kundenakzeptanz
schließen lässt.
Die Zielsetzungen für Oberösterreich 2015 beruhen auf den belgischen Erfahrungen unter der
Annahme, dass die Situation in Oberösterreich mit jener in Belgien vergleichbar ist, unter
Berücksichtigung bestimmter Unterschiede.
Grundsätzlich sind zwei Gruppen direkt für die Umsetzung des Konzeptes relevant: Betriebe der
kommunalen Abfallwirtschaft und soziale Integrationsunternehmen. Eine weitere wichtige Gruppe
sind Fördergeber, auf die hier nicht näher eingegangen wird.
Betriebe der kommunalen Abfallwirtschaft (BKA):
Der OÖ Landesabfallverband (LAV) und das operativ tätige OÖ Landes-
Abfallverwertungsunternehmen AG (LAVU) verfügen über ein Netzwerk aus über 180 regionalen
Altstoffsammelzentren (ASZ), das für Sammlung und Entsorgung von Abfällen in den Gemeinden
zuständig ist. Die Altstoffe aus dem privaten und gewerblichen Bereich werden in der Regel in die
ASZ zur Entsorgung gebracht, getrennt, und von dort nach Wels in das zentrale
Altstofflogistikzentrum (ALZ) transportiert. Hier werden die Vorbereitungen für die fachgerechte
Verwertung und Entsorgung getroffen.
5 Quelle: www.econet-austria.at/file/000112.pdf
Kringloop Shop-Umsätze
1,1 2,2
3,2
5,8 7,2
9,5
12,314,2
15,217,1
18,8 20,9
0
5
10
15
20
25
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006
Mio EUR
+33% p.a.
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Soziale Integrationsunternehmen (SIU):
Soziale Integrationsunternehmen, die arbeitsmarktpolitische Zielgruppen bei der Sammlung,
Aufbereitung und Entsorgung beschäftigen, haben häufig Probleme, entsprechende Altstoffe zu
finden bzw. das Marktpotential für ihre Produkte voll auszuschöpfen.
3.3 Dienstleistungserstellung Das Konzept ist in zwei Stufen aufgebaut:
Phase 1 - Entwicklungsphase: Gründung des ruso Vereins zur Vernetzung der
kommunalen Abfallwirtschaft mit sozialen Integrationsunternehmen und Entwicklung
einer gemeinsamen Datenbasis für Beschaffungs- und Absatzmarkt und die Abstimmung
von Aktivitäten; Umsetzung von definierten Pilotprojekten und Meilensteinen
Phase 2 - Integrationsphase: In dieser Phase werden nach erfolgreicher Umsetzung
die internen Synergien (gemeinsamer Daten-Bestand zu Sammlung, Logistik,
Aufbereitung und Verkauf) durch einen schrittweisen gemeinsamen Marktauftritt ergänzt.
Vor Phase 1 werden Pilotprojekte definiert, die zu einem besseren Informationsstand bei den
Projektpartnern führen und Folgendes beinhalten sollten:
Pilotprojekt 1: Optimierung der Erfassung von Art, Qualität, Menge und regionaler
Verfügbarkeit von Altstoffen und gebrauchten Produkten mit dem Ziel, die Wiederverwendung
langfristig zu erhöhen (optimierte Allokation von Angebot und Nachfrage); Soweit möglich,
sollten auch Daten über Kunden und Preise verfügbar gemacht werden.
Pilotprojekt 2: Ausarbeitung eines Konzeptes zur gemeinsamen Erfassung von Schnittstellen
und Aufgaben mit dem Ziel, die Nutzung der Aufbereitungskapazitäten zu erhöhen und
gemeinsame Qualitätskriterien zur Sammlung und Aufbereitung zu entwickeln.
Pilotprojekt 3: Ausarbeitung eines Konzeptes zur gemeinsamen Vermarktung von
Gebrauchtwaren (insbesondere gemeinsamer Marktauftritt) mit dem Ziel, Absatz und Umsatz
zu erhöhen.
In Phase 1 sind Personalressourcen und Büroinfrastruktur erforderlich; diese können von einem
der Projektbetreiber zur Verfügung gestellt werden.
In Phase 2 sind Ressourcen zum Aufbau und Betrieb des Netzwerkes erforderlich, der Rahmen
liegt hier bei maximal 4 Personen für das Management der Netzwerkpartner bei Vollbetrieb in
Phase 2.
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4 Branche und Markt
4.1 Gesamtmarktanalyse Derzeit werden in Oberösterreich Gebrauchtwaren über verschiedene Absatzkanäle verkauft. Das
sind zum einen gemeinwirtschaftlich agierende soziale Integrationsunternehmen, deren Ziel die
Beschäftigung von arbeitsmarktpolitischen Zielgruppen und die Versorgung mit günstigen
gebrauchten Produkten ist; auf der anderen Seite finden sich gewerbliche Secondhand Shops
(SHS), die hauptsächlich Textilien verkaufen. Weitere Absatzkanäle sind Trödlermärkte und
Onlineplattformen wie ebay, bei denen Privatpersonen und Unternehmen gebrauchte Produkte
verkaufen6.
Aufgrund von Befragungsdaten und Expertenschätzungen wird das Marktvolumen (Ist-Umsatz
2007) für gebrauchte Produkte der genannten Kategorien (Elektrogeräte, Möbel, Textil) in
Oberösterreich im Bereich der sozialen Integrationsunternehmen auf ca. 1,3 Mio. Euro jährlich
geschätzt. Eine Aufteilung nach Bezirken inklusive Potentialabschätzung im Bereich der sozialen
Integrationsunternehmen findet sich in der nachfolgenden Tabelle.
Bezirk Standorte Ist-Umsatz 2007
Potential 2015
Delta P-I
Linz (Stadt) 5 342.000 420.000 78.000 Steyr (Stadt) 2 74.000 90.000 16.000 Wels (Stadt) 3 243.000 130.000 -113.000 Braunau/Inn 2 78.000 210.000 132.000 Eferding 2 107.000 70.000 -37.000 Freistadt 1 46.000 140.000 94.000 Gmunden 1 6.000 220.000 214.000 Grieskirchen 1 46.000 140.000 94.000 Kirchdorf 2 92.000 120.000 28.000 Linz-Land 290.000 290.000 Perg 140.000 140.000 Ried/Innkreis 2 92.000 130.000 38.000 Rohrbach 2 71.000 130.000 59.000 Schärding 2 56.000 130.000 74.000 Steyr-Land 130.000 130.000 Urfahr-Umgebung 180.000 180.000 Vöcklabruck 1 46.000 290.000 244.000 Wels-Land 140.000 140.000 OÖ gesamt 26 1.300.000 3.100.000 1.800.000
Tabelle 1: Marktabschätzung reuse shops in Oberösterreich
Der Ist-Wert von 1,3 Mio. Euro Umsatz für 2007 erscheint auch durch Daten im Bereich der
Beschäftigung von arbeitsmarktpolitischen Zielgruppen plausibel.
6 Online-Plattformen und Trödlermärkte werden nicht weiter untersucht
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Die Aufteilung des Volumens nach Bezirken wurde gemäß den vorhandenen Standorten
durchgeführt. Tabelle 1 zeigt auch, dass es in bestimmten Bezirken derzeit keine Standorte von
reuse shops gibt und hier grundsätzlich Wachstumspotential vorhanden sein müsste. Zu den
Werten in der Tabelle für Wels-Stadt ist anzumerken, dass der Ist-Umsatz 2007 bereits höher ist
als das errechnete Potential. Die Autoren führen das nach Diskussion mit den betreffenden Shop-
Betreibern darauf zurück, dass bestehende Shops in Wels-Stadt auch das Einzugsgebiet in Wels-
Land bedienen (hier gibt es laut Tabelle ein hohes Potential); Wels-Stadt und Wels-Land weisen
somit gemeinsam ein derzeit noch nicht ausgeschöpftes Potential auf.
Die Abschätzung des Markt-Potentials für 2015 basiert auf Ist-Daten aus Flandern, die mit
einem angepassten Bevölkerungsschlüssel pro Bezirk auf Österreich umgelegt wurden. Für
die Abschätzung des Markt-Potentials wurde somit der Bottom-up Weg „Von der Nachfrage
zum Angebot“ gewählt.
Der Vergleich der Kaufkraft zwischen Flandern und Oberösterreich ist in der nachfolgenden
Tabelle dargestellt und zeigt eine ähnliche Situation, die eine Übertragung der Situation in
Flandern auf Oberösterreich plausibel erscheinen lässt.
Region BIP / Kopf 2004 KKS7 in EUR
BIP / Kopf 2004 KKS EU27=100
EU 27 21.503 100% Belgien 26.759 124% Brüssel (Vergleich) 53.381 248% Flandern 26.494 123% Antwerpen 31.080 145% Limburg 21.826 102% Ost-Flandern 23.858 111% Flämisch-Brabant 27.973 130% West-Flandern 24.910 116%
Tabelle 2: Kaufkraft 8 in Flandern
7 Der Kaufkraftstandard (KKS) dient zum Ausgleich der unterschiedlichen Preisniveaus in den verschiedenen
Ländern um die Werte vergleichbar zu machen. 8 Quelle: Eurostat Press Release STAT/07/23: Regional GDP per inhabitant in the EU27; Daten für 2004 und TMG
– Kaufkraft je Einwohner in Oberösterreich 2004; letztverfügbare Daten
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Region BIP / Kopf 2004
KKS in EUR BIP / Kopf 2004 KKS EU27=100
Österreich 27.666 129% Oberösterreich 25.857 120% Linz (Stadt) 32.570 152% Steyr (Stadt) 29.098 135% Wels (Stadt) 31.166 145% Braunau/Inn 23.242 108% Eferding 25.362 118% Freistadt 22.367 104% Gmunden 25.547 119% Grieskirchen 23.586 110% Kirchdorf 24.196 113% Linz-Land 24.249 113% Perg 24.249 113% Ried/Innkreis 24.567 114% Rohrbach 21.837 102% Schärding 20.512 95% Steyr-Land 23.586 110% Urfahr-Umgebung 25.600 119% Vöcklabruck 25.521 119% Wels-Land 24.063 112%
Tabelle 3: Kaufkraft in Oberösterreich
Vergleicht man Daten aus Flandern mit Oberösterreich unter Anwendung bestimmter
Umrechnungsschlüssel, so kommt man zu folgendem Ergebnis:
Reuse Kennwerte Flandern 2006
Potential OÖ 2015
Schlüssel Abschätzung OÖ 2006
Einwohner (Mio.) 6 1,4 23% 1,4 Reuse Menge (t) 19.650 3.0009 15% 1.750 Umsatz (Mio. EUR) 20,9 3,1 15% 1,3 Umsatz pro Tonne (EUR/t) 1.064 1.033 97% 765 Kunden (Mio.) 2,7 0,4 15% ? Kunden / Einwohner 45% 29% 63% ? Shops 100 22 22% 26
Umsatz / Shop (Mio. EUR) 209.000 141.000 67% 50.000 Tabelle 4: Kennzahlen in Flandern für eine Abschätzung Ist und Potential OÖ10
In der Tabelle wird auf Basis der Situation in Flandern 2006 eine Expertenschätzung für OÖ 2015
gemacht; zum Vergleich sind die Ist-Daten für OÖ 2006 dargestellt.
Als Primärschlüssel wird die Bevölkerung herangezogen (23%), die weitere Umrechnung erfolgte
anhand von Zielvorgaben (3.000 t reuse in OÖ 2015) und der weiteren Annahme von machbaren
9 3.000 stellt einen Planungswert für das Mindestziel Ruso 2015. Im folgenden Abschnitt werden auch höhere
Zahlen (bis zu 4.000 Tonnen) angeführt, wo bei Differenz auf die Berücksichtigung der aktuellen Reuse-Alttextilienmenge beruht.
10 Quelle: Flandern: Sekundärdaten; OÖ: eigene Erhebungen (2006) und Expertenschätzungen (2006, 2015)
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Werten. Die Auswahl von 22 ruso shops in OÖ 2015 erfolgte unter der Annahme, dass nicht alle
sozialen Integrationsunternehmen Teil des ruso-Netzwerkes werden und dass neue Shops in
Regionen mit Potential eröffnet werden.
Die Datengrundlagen für die Zusammenfassung der vorhandenen Sammelstrukturen
(Abfallaufkommen, -sammlung, Produktpalette, Logistik, Transport, Aufbereitungstechnik, etc.)
sind:
• OÖ Abfallbericht 2005 und 2006
• ASZ System Leistungsbericht 2006
• Fortentwicklung der kommunalen Abfallwirtschaft bis 2015 in Oberösterreich
• Zukunftskonzept kommunale Abfallwirtschaft Oberösterreich 2015
• Daten zu den Sammelaktivitäten der sozioökonomischen Einrichtungen (SÖE)
• Ist- und Kapazitätserhebung im Laufe des Projekts ruso
Ziel ist es, realistische Ist- Daten für die Potential- und Kapazitätsplanung zu verwenden. Waren
diese Daten und Informationen nicht verfügbar und konnten sie auch nicht in Kooperation mit
der Auftraggebergruppe erhoben werden, dann wurde auf Sekundärquellen zurückgegriffen.
Wenn keine quantitativen Daten in der Sekundärliteratur vorhanden waren, dann wurden
Expertenschätzungen durchgeführt, um überhaupt eine Kapazitätsplanung durchführen zu
können. Bereits angemeldete Planungsabsichten in den beteiligten Betrieben wurden
berücksichtigt und ggf. in Interviews vertieft. Im ersten Schritt wurden die Stärken und
Schwächen von Literatur- und Praxisbeispielen wie kringloop, kingwinkel, R.U.S.Z, ÖSK Wien, MF
Kärnten analysiert. Dabei stand die Frage im Vordergrund: Welche wesentlichen Unterschiede
sind bei international erfolgreichen Projekten im Vergleich zu den österreichischen
Rahmenbedingungen festzustellen?
Beispiel: Flandern
In Flandern wurden im Jahr 2006 in Summe 41.000 Tonnen (2005: 37.500 t) potentielles
Reusematerial und Reuseprodukte gesammelt, davon 19.650 Tonnen (2005: 18.750 Tonnen)
wiederverkauft. Der Rest wurde als Abfall verwertet bzw. entsorgt. Somit betrug die Gesamt-
Reuse-Quote in Flandern rd. 50% im Jahr 2005 und rd. 48% im Jahr 2006.
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Flandern 2006 Sammelfraktionen für Reuse Tonnen
davon Reuse Anteil in Tonnen
Reuse Anteil in %
Elektroaltgeräte (WEEE) 13.050 1.494 11% Textilien 6.350 2.820 44% Möbel, Altwaren und Sperrmüll 21.600 15.336 71% Summe 41.000 19.650 48%
Tabelle 5: Sammelfraktionen Flandern und Reuse Anteil in Tonnen und Prozent
Die wieder verkaufbaren Stücke, Produkte und Geräte von rd. 19.650 Tonnen pro Jahr teilen sich wie folgt auf:
Flandern 2006 Aufteilung der Reuse Verkaufsmenge
Reuse Anteil in Prozent
Reuse Anteil in Tonnen
Elektroaltgeräte 8% 1.494 Möbel 50% 9.825 Textilien 14% 2.820 Altwaren 15% 2.948 Freizeitgeräte & -artikel 13% 2.563 Summe 100% 19.650
Tabelle 6: Aufteilung der Reuse Verkaufsmenge in Flandern für 2006, Reuse Anteil in Tonnen und Prozent
Reuse IST- Stand 2006 in Oberösterreich
Eine Erhebung bei den bestehenden Oberösterreichischen Sozialen
Integrationsunternehmen (Bildungszentrum SKGT, Trödlerladen ARGE-Obdachlose, ALOM
(Aigen), Welser Trödlerladen, Volkshilfe BASAR, FAB Reno OÖ Umwelttechnik Braunau, FAB Reno
OÖ Technoteam Wels, B7) ergab folgende Abschätzung des Reuse IST- Stand in Oberösterreich
2006.
Reuse OÖ 2006: Art und Mengen bei Sozialen Integrationsunternehmen
IST Sammlung
IST Verkauf
Reuse-Anteil
Elektro- und Elektronikgeräte 600 59 10%Sperrmüll, Möbel, Holz 773 283 37%Kleidung/Textilien 1.830 1.360 74%Altwaren, Schuhe, Bücher, Spielwaren, Musikalien, Sport- und Freizeitgeräte, Fahrräder, Gartengeräte, Werkzeuge
332 48 14%
Summe 3.535 1.750 50%Tabelle 7: Reuse OÖ 2006: Art und Mengen bei Sozialen Integrationsunternehmen
OÖ Reuse-Abschätzung für Elektroaltgeräte 2015
In der folgenden Darstellung sind die Sammelmengen von Elektroaltgeräten in OÖ von 2001 bis
2006 dargestellt.
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OÖ: EAG Sammelmengen (Tonnen)
0
500
1.000
1.500
2.000
2.500
3.000
3.500
2001 2002 2003 2004 2005 2006
Elektro-Großgeräte
Kühlgeräte
Bildschirm-geräte
Elektro-Kleingeräte
Gasentladungs-lampen
Abbildung 2: Sammelmengen EAG in OÖ 2001-200611
In Oberösterreich sind im Jahr 2006 rd. 10.363 Tonnen EAG gesammelt worden. Die Aufteilung in
Bildschirme, EAG-Groß- und –Kleingeräte, Kühlgeräte und Gasentladungslampen sind folgender
Tabelle zu entnehmen. Abzüglich 111 Tonnen Gasentladungslampen, die kein Reuse-Potential
darstellen, beträgt die Reuse-EAG-Sammelmenge 10.252 Tonnen.
EAG - Sammelmengen OÖ, 2006
Bild-schirme
EAG-Großge-räte
EAG-Kleinge-räte
Kühl-ge-räte
Gasent-ladungs-lampen
Summe EAG 12
Bezirk EW t t t t t tLinz-Stadt L 183.423 272 401 218 269 24 1.184 Steyr-Stadt
SR 39.633 63 95 72 57 2 289
Wels-Stadt WE 57.822 109 103 96 119 7 434 Braunau BR 95.638 173 235 187 177 10 782 Eferding EF 30.601 47 63 76 53 1 240 Freistadt FR 64.472 103 141 134 111 3 492 Gmunden GM 99.884 185 260 211 174 6 836 Grieskirchen
GR 62.381 110 227 120 134 4 595
Kirchdorf KI 55.552 101 149 105 102 4 461 Linz-Land LL 133.129 213 248 249 207 11 928 Perg PE 65.412 102 123 113 103 4 445 Ried i.I. RI 58.947 90 113 95 89 8 395 Rohrbach RO 57.961 98 136 114 115 3 466 Schärding SD 57.585 98 136 122 102 3 461 Steyr-Land SE 58.170 86 134 99 100 6 425 Urfahr-Umgebung
UU 80.501 121 163 143 124 4 555
Vöcklabruck
VB 127.836 201 295 273 219 8 996
Wels-Land WL 64.455 93 96 91 95 3 378 OÖ OÖ 1.393.402 2.263 3.119 2.520 2.350 111 10.362 Tabelle 8: Elektroaltgeräte Bezirksammlung in OÖ 200613
11 ASZ: OÖ LANDESABFALLVERWERTUNGSUNTERNEHMEN AG, Leistungsbericht 2006, Seite 24 12 Quersummen müssen auf Grund von Rundungsvorgängen nicht immer übereinstimmen. 13 Amt der OÖ Landesregierung, Abfallbericht 2006, Elektroaltgeräte – Bezirkssammelmengen OÖ, 2006, Seite 22
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Die Erfahrungswerte aus Flandern liefern einen reuse Anteil bei EAG von 11%. Damit würde sich
ein EAG reuse Potential von rund 1.200 t14 (89.000 Stück) in OÖ ergeben. Obwohl die Reparatur
von Kühlgeräte (jährliche Sammelmenge: 2.350 Tonnen) prinzipiell möglich ist, erscheint der
reuse Anteil auf dem ersten Blick zu hoch. Bei der Produktgruppe Kühlgeräte geht es in erster
Linie um eine Schadstoffentfrachtung und um die Schaffung der Vorraussetzungen für eine
stoffliche Verwertung einzelner Materialien. Unter der Annahme, dass Schadstoffentfrachtung
eine mögliche Dienstleistung von ruso darstellt, wird ein konservativer Anteil mit einer Quote von
11% (260 Tonnen) mitberücksichtigt. Diese Menge setzt sich wie folgt zusammen:
EAG Flandern Sammel-
menge (t)
Flandern Reuse
Anteil (t)
Flandern Reuse
Anteil (%)
OÖ Sammel-
menge (t)
OÖ Sammel-menge (Stk.)
OÖ Reuse
Anteil (t)
OÖ Reuse Anteil (Stk.)
Kühlgeräte 2.080 230 11% 2.350 58.750 260 6.496E-Großgeräte 2.370 465 20% 3.119 103.967 612 20.399Bildschirmgeräte 2.950 119 4% 2.263 113.150 91 4.564E-Kleingeräte 5.650 680 12% 2.520 504.000 303 60.658Summe 13.050 1.494 11% 10.252 779.867 1.174 89.281
Tabelle 9: Zusammensetzung der Elektroaltgerätesammlung in OÖ 2006 und abgeschätzter reuse-Anteil
In Österreich werden Jahr für Jahr etwa 150.000 Tonnen Elektro- und Elektronikgeräte in Verkehr
gesetzt. Mehr als 61 00015 Tonnen Elektroaltgeräte bzw. 7,65 Kilogramm pro ÖsterreicherIn
wurden im Jahr 2006 bei den Sammelstellen von den KonsumentInnen abgegeben. In OÖ wird
für das Jahr 2007 eine Sammelmenge von rd. 8,2 kg/EW erwartet.
Ein Fabrik der Zukunft- Projekt16 im Rahmen der BMVIT17 Programmschiene Nachhaltig
Wirtschaften hat die Wiederverwendbarkeit von Elektro(nik)-Altgeräten untersucht, welche im
Rahmen der kommunalen EAG-Sammlung getrennt erfasst werden. Ziel des Projektes war es,
anhand bestehender Erfahrungen Optimierungspotentiale und allgemeine
Rahmenbedingungen herauszuarbeiten, um jenen Geräteanteil zu erhöhen, welcher nach Ende
der Nutzung durch den Erstnutzer entsorgt wurde, jedoch über Sortierung, Instandsetzung,
Reparatur und Vermarktung als Reuse-Gerät wieder in den Nutzungskreislauf zurückgeführt
wurde. Diese Studie beantwortet auch die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Reuse eindeutig
positiv, wenn das Sammelsystem und die Geräteselektion sich auf Reuse einstellen und die
gesammelten Geräte schonend behandelt werden. Die Studie hat die Geräteselektion als einer
der Schlüsselprozesse zur Erhöhung des Anteils wieder verwendeter Geräte aus dem EAG-Strom
identifiziert.
14 Diese gerundeten Werte basieren auf den Ergebnissen der Berechnung für den OÖ Reuseanteil von 1.174 t
EAG bzw. 89.281 Stück. 15 Elektroaltgeräte Koordinierungsstelle Austria Gmbh: Pressekonferenz „EAG-Sammlung in Österreich –
Ergebnisse und neue Entwicklungen“, Wien, 20. September 2007, Café Landtmann 16 M. Spitzbart, F. Schneider, G. Obersteiner: Schaffung der Voraussetzungen zur Bildung eines
Wiederverwendungskreislaufes für Elektro(nik)altgeräte (2007), Schriftenreihe 24/2007 Herausgeber: Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
17 Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
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Die Elektroaltgeräte Koordinierungsstelle Austria GmbH18 gibt folgende Reuse-Quoten an:
Österreich EAG 2006
Sammelmenge 2006
Als komplettes Gerät wieder verwendet, Gewicht (t)
Reuse Quote
Elektro-Großgeräte
17.766 185 1,04%
Kühl- und Gefriergeräte
15.882 21 0,13%
Bildschirmgeräte 13.361 749 5,61%Elektro-Kleingeräte
14.614 44 0,30%
Gasentladungs-lampen
1.004 1 0,07%
Gesamt 62.629 1.000 1,60%Tabelle 10: EAG Reuse Anteil in Österreich 200619 (Auszug)
Meldungen über die Wiederverwendung von EAG
Die Elektroaltgeräteverordnung – EAG-VO (§ 24. (1))20 verpflichtet die Hersteller der
Koordinierungsstelle die Massen von Elektro- und Elektronik-Altgeräten getrennt nach Sammel-
und Behandlungskategorien zu melden. Wobei auch der Anteil an Reuse-Geräten
(Wiederverwendung als gesamtes Gerät) angeführt werden soll. Trotz dieser Meldepflicht beklagt
sich die Koordinierungsstelle über völlig unzureichende Daten gerade im Reuse-Bereich. Dies
wurde auch von den Vertretern der Koordinierungsstelle anlässlich der ÖWAV-Tagung
„Elektroaltgeräte – Wiederverwendung: Chancen, Risken und Herausforderungen“ am 14.
November 2007 in Wien bestätigt.
Ein wichtiger Aspekt für Reuse von EAG ist neben der Funktionsfähigkeit auch ein akzeptabler
optischer Zustand des Gerätes. Erhebungen21 ergaben, dass bei Sammelplätzen abgegebene
Haushaltsgroßgeräte (z.B. Waschmaschine) nur knapp 20 % optisch in einwandfreiem Zustand
sind, bei Haushaltskleingeräten, IT- und Telekommunikationsgeräten (z.B. Computer) und
Unterhaltungselektronik (z.B. Videorekorder) sind es hingegen über 60 %. Diese Geräte würden
sich für eine erste Selektion eignen, um nach der Überprüfung ihrer Funktionstüchtigkeit als
Second-Hand-Gerät verkauft werden zu können.
18 Elektroaltgeräte Koordinierungsstelle Austria Gmbh: Tätigkeitsbericht 2006, http://www.eak-
austria.at/presse/Taetigkeitsbericht%202006.pdf 19 Robert Holoubek von der Elektroaltgeräte Koordinierungsstelle Austria Gmbh, ÖWAV-Tagung „Elektroaltgeräte –
Wiederverwendung: Chancen, Risken und Herausforderungen“ am 14. November 2007 in Wien 20 Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die
Abfallvermeidung, Sammlung und Behandlung von elektrischen und elektronischen Altgeräten (Elektroaltgeräteverordnung – EAG-VO), BGBl. II Nr. 121/2005
21 M. Spitzbart, F. Schneider, G. Obersteiner: Schaffung der Voraussetzungen zur Bildung eines Wiederverwendungskreislaufes für Elektro(nik)altgeräte (2007), Schriftenreihe 24/2007 Herausgeber: Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
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Für die Überprüfung der Reuse-Quote für OÖ wurde ein weiteres Praxisbeispiel gewählt. Das
Projekt "TechnoTeam22 - Elektrorecycling" von Reno OÖ in Wels besteht seit dem Jahr 1999
und wird als sozialökonomischer Betrieb von Anfang an im Rahmen des "OÖ Beschäftigungs- und
Qualifizierungspaktes" unterstützt und vom FAB (Verein zur Förderung von Arbeit und
Beschäftigung) betrieben. Das TechnoTeam sammelt, überprüft, repariert und verkauft
gebrauchte Elektrogeräte im TechnoTeam-Laden in Wels-Lichtenegg. Bei den Geräten handelt es
sich um Elektrohaushaltsgeräte, wie Waschmaschinen, Trockner, E-Herde und Geschirrspüler. Wo
eine Entsorgung notwendig ist, werden aus den Geräten schadstoffhaltige Kondensatoren
ausgebaut, brauchbare Ersatzteile auf Lager gelegt und der Rest der Wiederverwertung
zugeführt.
Ein Partner für das TechnoTeam ist die OÖ Landes - Abfallverwertungsunternehmen AG23. Im
Jahr 2005 wurden 1089 Geräte (ca. 55 t) aus den Altstoffsammelzentren (ASZ) der Bezirke Wels
Stadt und Wels Land, Eferding, Grieskirchen und Perg abgeholt. Davon gelangten ca. 66% nach
einer Reparatur in den Wiederverkauf. 34% der Geräte wurden nach der Schadstoffentfrachtung
und dem Ersatzteilausbau über die Alteisenfraktion verwertet. In 24 ASZ wurde vor Ort durch
MitarbeiterInnen des TechnoTeam bei 2700 Geräten, die nicht in den Reparaturkreislauf
gelangten, die Schadstoffentfrachtung durchgeführt. 771 Privatkunden brachten ihre Geräte zur
Reparatur direkt zum TechnoTeam. Die EAG Reuse-Quote für das TechnoTeam liegt also bei 34%.
Die Abschätzung24 des Anteils wieder verwendbarer Elektro-Großgeräte an der kommunalen
EAG-Abfallsammlung zeigt folgende Tabelle. Grundsätzlich wurden 13 % des Inputs als für die
Wiederverwendung geeignet eingestuft. Zwischen 3 % und 29 % des Input kommen je nach
Geräteuntergruppe für die Wiederverwendung in Frage.
Der Anteil an EAG von Gewerbe und Großhändler, welcher für die Wiederverwendung geeignet
ist, liegt zwischen 70 % (Grauware) und 90 % (Weissware).
Beim Verkauf von Reuse EAG25 Geräten kann gemäß Gewährleistungsrecht die
Gewährleistungsfrist auf ein Jahr beschränkt werden.
22 http://www.fab.at/ 23 Amt der OÖ Landesregierung, Abfallbericht 2005, Seite 29 24 M. Spitzbart, F. Schneider, G. Obersteiner: Schaffung der Voraussetzungen zur Bildung eines
Wiederverwendungskreislaufes für Elektro(nik)altgeräte (2007), Schriftenreihe 24/2007 Herausgeber: Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
25 Gewährleistungsrecht gem. §§ 922 bis 933 ABGB bzw. entsprechenden Normen des KSchG
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Tabelle 11: Abschätzung des Anteils wieder verwendbarer Großgeräte aus der EAG-Sammlung
Der Anteil an „reuse-würdigen“ EAG -Kleingeräten liegt zwischen 17 % und 20 %. In etwa 28
% der Geräte werden bei der Sammlung beschädigt und gehen dadurch für die
Wiederverwendung verloren. Daher ist ein Rücknahmesystem (Take-Back-System) in
Kombination mit der Ruso Shop-Struktur jedenfalls zu empfehlen wie auch ein Abholservice für
wieder verwendbare Geräte.
Zusammenfassend liegt das OÖ reuse Potential bei EAG zwischen 90026 und 1.200 t pro Jahr.
Die kommunale Abfallwirtschaft wird sich auf die Rohproduktnachfrage (EAG sowie auch der
anderen betrachteten Sammelfraktionen) und an den hohen Qualitätsanforderungen der
Geräte/Produkte orientieren müssen. Dabei geht es in erster Linie um die Eingangskontrolle
durch geschultes Personal und um die schonende Sammlung und Lagerung der Geräte.
Mindestforderung ist eine Aufstellung von versperrbaren Gitterboxen zur zerstörungsfreien
Vorsammlung in einem überdachten Teil der rd. 180 ASZ in OÖ.
OÖ Reuse-Abschätzung für Möbel und Einrichtungsgegenstände 2015
In OÖ sind im Jahr 2006 rund 71.250 Tonnen Abfälle der Fraktion Altholz (35.482 t) und Sperrige
Abfälle (35.767 t) angefallen27. In der vorliegenden Untersuchung wird nur der Anteil der
Sperrigen Abfälle (35.767 t) betrachtet. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Fraktion
Altholz (spez. bei ASZ Sammlung) in der ersten Umsetzungsphase mit der Fragestellung zu
analysieren ist, ob ein reuse-Potential in dieser Fraktion überhaupt vorhanden ist.
26 Reuse Potential EAG ohne Kühlgeräte und Gasentladungslampen 27 OÖ Abfallbericht 2006 (veröffentlicht Oktober 2007)
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Eine Sperrmüllanalyse28 in Wien 2001 ergab, dass rund 80% des Abfallstroms Sperrige Abfälle
bzw. Sperrmüll aus Möbel (Großteils aus Holz) und Einrichtungsgegenstände besteht. Nur 0,3%
des Sperrmülls Wiens waren zu diesem Zeitpunkt der Sortierfraktion Elektroaltgeräte
zuzurechnen.
Bei 35.767 t Sperrige Abfälle in OÖ 2006 und mit der Annahme, dass 80 % aus Möbel bestehen,
beträgt die theoretische Input-Menge für RUSO rd. 28.600 t. Mit dem Reuse-Faktor von Flandern
mit 71% würde sich ein OÖ Reuse Potential von rd. 20.300 t ergeben. Diese Menge wurde mit
einem Praxisbeispiel aus OÖ auf Plausibilität geprüft. In Braunau wurden 2005 am Recyclinghof
folgende Abfälle gesammelt.
Braunau Recyclinghof 200529 Input Output Sperrige Abfälle Menge in t Sperrige Abf. Zuweisung Müllzentrum 169,4 Sperrige Abf. Hausabholung 67,0 Sperrige Abf. Straßensammlung 249,0 Sperrige ohne Behandlung 975,8 975,8 Restabfall 85,9 Holz 179,0 Papier 2,9 Eisenschrott 163,5 Buntmetalle 21,7 Flohmarkt 32,4 Summe 1461,2 1461,2 Tabelle 12: Input- und Outputmengen Recyclinghof Braunau 2005
Damit ergibt sich ein Flohmarkt-Reuse-Anteil ohne Instandsetzung bzw. Reparatur von 2,2% von
der Gesamtinputmenge, inklusive jener Fraktion von 976 Tonnen sperriger Abfälle, die ohne
Sortierung den Recyclinghof verlassen. Bei Berücksichtigung der durchschleusten Menge würde
der Reuseanteil bei 7% liegen.
Als weiteres Beispiel wird das OÖ Bildungszentrum SKGT angeführt, wo von 24 t Sperrmüll 1,7 t
aufbereitet und wiederverkauft werden und somit die Reuse-Quote bei rund 7% liegt.30
In Deutschland schätzt das Institut für Umweltforschung (INFU) der Universität Dortmund, dass 7
Millionen Tonnen Möbel31 jährlich als Sperrmüll anfallen, wobei rd. 95 % entsorgt und nur 5 %
der aussortierten Einrichtungsgegenstände weiterverwendet werden.
Bei den weiteren Berechnungen für das Konzept RUSO wurde ein konservativer Reuse-Anteil
zwischen 4 und 5% angenommen. Damit berechnet sich der Anteil der wiederverkaufbaren Möbel
und Einrichtungsgegenstände mit 1150 t bis 1430 t bzw. 22.900 und 28.600 Stk.
Einzelstücke.
28 Sperrmüllsortier- und Inputanalyse 2001 - Wissenschaftliche Erhebung und Darstellung von
Reduktionspotentialen des Sperrmüllaufkommens in Wien: Pladerer Ch., Kloud V., Gupfinger H., Rappl B., Roiser-Bezan G.; im Auftrag der Stadt Wien Magistratsabteilung 48; Wien 2002
29 Quelle: Georg Steidl, BAV Braunau 30 Quelle: Mag. Friedrich Wagner, Bildungszentrum SKGT 31 http://www.umweltjournal.de/fp/archiv/AfA_recycling/11673.php
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OÖ Reuse-Abschätzung für Textilien und Bekleidung 2015
Alttextiliensammlung in OÖ 2006 Sammelmenge (t) kg/EW/a Haushaltssammlung 385 0,3 ASZ, (M)ASI 2.634 1,9 sonstigen Sammlungen 1.943 1,4 Summe 4.962 3,6 Tabelle 13: Alttextiliensammlung in OÖ 200532
In Oberösterreich werden pro Jahr fast 5.000 Tonnen Alttextilien über unterschiedliche Schienen
gesammelt. Wie bereits erwähnt, beträgt der Reuse-Anteil in Flandern 44%. Damit würden für
OÖ 2.200 Tonnen Textilien als RUSO-Potential zur Verfügung stehen. Bei der reinen Betrachtung
der ASZ Mengen würde das RUSO Potential 1160 Tonnen betragen. Die Erhebung bei den
bestehenden OÖ Sozialen Integrationsunternehmen ergab, dass bereits jetzt rund 1.360 Tonnen
der OÖ Alttextilien über Großabnehmer dem Reuse-Bereich zugeführt werden. Dabei handelt es
sich fast ausschließlich um Exportmaterial. Rund 80 Tonnen werden derzeit über den OÖ
„Secondhandmarkt“ dem Kreislauf zurückgeführt. Mit dem Praxiswert von 10% ergibt sich ein
Reuse-Anteil für den heimischen Verkauf an Bekleidungsstücken und Textilien von rd. 260
Tonnen. Gesamt ergibt sich ein reuse-Anteil für den Textilbereich von 1.620 Tonnen
(Secondhandmarkt und internationale Großabnehmer).
OÖ Reuse-IST Mengen und Abschätzung für RUSO Potential 2015
Abfall-/ Verkaufsfraktion
Sammel-mengen IST 2006
SIU Sammlung IST 2006
SIU Reuse IST 2006
OÖ Potential mit Flandern-Quote
Potential RUSO 2015
EAG (t)33 10.363 600 59 1.200 1.200 Sperrige Abfälle (t)34 35.76735 Altholz (t) 36 35.48237 Möbel und Einrichtungsgegenstände38
773 283 20.300 1.430
Textilien (t) 39 4.96240 1.830 1.360 2.200 1.620 Altwaren, Schuhe, Bücher, Spielwaren, Musikalien, Sport-/Freizeit-/Gartengeräte , Werkzeuge, Fahrräder
- 332 48 k.A. k.A.
Tabelle 14: OÖ Reuse-IST Mengen und Abschätzung für RUSO Potential 2015
32 Amt der OÖ Landesregierung, Abfallbericht 2006, Alttextilien - Bezirkssammelmengen OÖ, Seite 21 33 Amt der OÖ Landesregierung, Abfallbericht 2006, Elektroaltgeräte - Bezirkssammelmengen OÖ, 2006, Seite 22,
, Spalte Gesamtsumme EAG 34 Amt der OÖ Landesregierung, Abfallbericht 2006, Gesamt- Sperrige Abfälle - Bezirkssammelmengen OÖ, 2006,
Seite 19, , Spalte Beseitigung: Sperrige Abfälle 35 Inkl. Wertstoffe aus der Sortierung 36 Amt der OÖ Landesregierung, Abfallbericht 2006, Altholz - Bezirkssammelmengen OÖ, 2006, Seite 18, Spalte
Gesamtsumme 37 Aus ASZ, (M)ASI und sonstigen Sammlungen 38 Unter der konservativen Annahme einer Quote von 5%. (siehe Abschnitt „OÖ Reuse-Abschätzung für Möbel
und Einrichtungsgegenstände 2015“, Seite 23 und 24) 39 Amt der OÖ Landesregierung, Abfallbericht 2006, Alttextilien - Bezirkssammelmengen OÖ, 2006, Seite 21,
Spalte Gesamtsumme 40 Aus Haushaltsmmlung in Gemeinden, ASZ, (M)ASI und sonstigen Sammlungen
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4.2 Marktsegmente Die Segmentierung soll nach möglichst klar getrennten Kriterien erfolgen, hier bieten sich an:
Produktkategorie: Elektrogeräte (EAG), Möbel und Textil
Geografisch: Bezirke
Organisation: gemeinnützig, gewerblich
Kundengruppen: Alter, Einkommen, Kauftypologien
Die Marktsegmentierung nach geografischen Kriterien (Bezirke) erfolgte bereits im Bereich
Gesamtmarktanalyse, eine realistische Aufteilung nach Produktkategorien ist aufgrund der
fehlenden Daten zum derzeitigen Stand nicht zielführend. Eine Aufteilung nach Organisationstyp
(gemeinnützig versus gewerblich) wird im Bereich Wettbewerb durchgeführt.
Ein Kriterium, das dem geforderten Ziel der Nachhaltigkeit gerecht wird, ist die Segmentierung
nach Kundengruppen. Hier sind insbesondere einkommensschwache Personen als wichtigste
Kundengruppe zu sehen. Diesen Personen bieten sich durch reuse shops günstige
Einkaufsmöglichkeiten. Zu dieser Zielgruppe zählen auch MigrantInnen und ältere Personen.
Diese Zielgruppe weist in der Regel auch eine höhere Bereitschaft auf, Gebrauchtwaren zu
kaufen, allerdings ist der Preis ein entscheidendes Kaufkriterium41. Eine mögliche Ausrichtung auf
diese Zielgruppe darf allerdings nicht zur Vernachlässigung anderer potenzieller Kundengruppen
führen, wie Schnäppchenjäger, Stöberer, die auf der Suche nach ganz bestimmten Produkten
sind, oder jene Personen, die durch einen Einkauf in einem reuse shop diese Idee unterstützen
wollen, z.B. aus Umweltgründen oder aus sozialem Bewusstsein. Zielführend wäre hier eine
Auswertung von Kundentypologien in bestehenden reuse shops in Oberösterreich, die jedoch
nicht Teil dieser Studie war.
Kundenbefragungen bei reuse shops in Flandern kommen zu folgendem Ergebnis42:
Der Anteil der weiblichen Kunden (65%) in reuse shops ist fast doppelt so hoch wie jener der
männlichen Kunden (35%)
Die 45-54 Jährigen sind die größte Einzelgruppe (24%), gefolgt von den 35-44 Jährigen
(22%) und den 55-64 Jährigen (19%)
Angestellte (23%) und Pensionisten (20%) zählen bei beruflichen Kriterien zu den beiden
größten Einzelgruppen
41 Dies geht aus Ergebnissen von Spitzbart, M. et al (2007): Schaffung von Voraussetzungen zur Bildung eines
Wiederverwendungskreislaufes für Elektro(nik)altgeräte und Niederer, E. (2007): Bericht Marktforschung zur Umsetzung eines Reuse-Projektes in Kärnten hervor.
42 Diese Untersuchung wurde 2006 in Flandern durchgeführt;
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73% der Shopbesucher kaufen auch etwas, Gründe für den Nicht-Kauf sind „nichts gefunden“
(50%) und „nur zum schauen hier“ (20%); Der Preis als Nicht-Kaufkriterium spielt keine große
Rolle (4%).
Der Migrationshintergrund wurde nicht erhoben, daher können dazu keine Aussagen getroffen
werden.
Klare Nicht-Zielgruppe sind jene Personen, die kein Vertrauen in die Funktionsfähigkeit von
gebrauchten Produkten haben, oder den Kauf von Gebrauchtwaren grundsätzlich ablehnen43.
4.3 Wettbewerb Der relevante Markt für gebrauchte Produkte in den genannten Produktkategorien wird von
gewerblichen Secondhand Shops (SHS) und Altwarenhändlern (AWH), sozialen
Integrationsunternehmen, Privatpersonen (z.B. über Zeitungsannoncen oder ebay) sowie ad hoc
Veranstaltungen (Trödlermärkte und Flohmärkte) bedient.
Eine Darstellung von reuse shops je Bezirk in den ersten drei genannten Kategorien befindet sich
in der nachfolgenden Tabelle:
Bezirk SIU44 SHS AWH Gesamt
Linz (Stadt) 5 9 4 18 Steyr (Stadt) 2 2 Wels (Stadt) 3 1 2 6 Braunau/Inn 2 2 Eferding 2 1 3 Freistadt 1 1 Gmunden 1 2 1 4 Grieskirchen 1 2 1 4 Kirchdorf 2 1 1 4 Linz-Land 1 1 Perg 1 1 Ried/Innkreis 2 1 3 Rohrbach 2 2 Schärding 2 2 Steyr-Land 1 1 Urfahr-Umgebung 2 2 4 Vöcklabruck 1 1 2 4 Wels-Land 1 1 Gesamt 26 19 18 63 Tabelle 15: Verteilung der reuse shops je Bezirk
43 Quelle: Marktforschung Kärnten 44 SIU...soziale Integrationsunternehmen; SHS...Second hand shops gewerblich; AWH...Altwarenhändler;
berücksichtigt wurden nur Unternehmen mit eindeutiger Zuordnung
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Die Datensammlung erfolgte anhand von Sekundärquellen und stellt eine Momentaufnahme dar,
da es im Bereich Secondhand Shops aufgrund relativ niedriger Markteintrittsbarrieren eine hohe
Fluktuation gibt. Die Bereiche Antiquitätenhändler, Trödler und online (eBay) wurden aufgrund
fehlender Relevanz (Antiquitätenhändler) und mangelnder Daten nicht berücksichtigt.
Die geografische Verteilung der unterschiedlichen Shop-Kategorien ist in der nachfolgenden
Abbildung zu sehen.
Abbildung 3:Standorte von bestehenden reuse shops45
Die Darstellung zeigt, dass es eine starke Fokussierung der Standorte auf Ballungsräume gibt,
bestimmte Bezirke über Marktpotential aber keine Shops verfügen. Dies ist auch in den
vorangehenden Tabellen klar ersichtlich. Aufgrund der Auswertungen wird in folgenden Bezirken
grundsätzlich Potential gesehen:
Linz-Land, Perg, Steyr-Land, Urfahr-Umgebung und Wels-Land.
Dies wurde auch bei der Abschätzung der zusätzlichen Standorte berücksichtigt.
45 Quelle: Recherchen des Projektteams mit Unterstützung der Projektpartner; blaue Kreise: soziale
Integrationsunternehmen, gelbe Kreise: gewerbliche Second-hand Shops und rote Kreise: Altwarenhändler;
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5 Marketing
5.1 Markteintritt
ruso ist ein Konzept zur Weiterentwicklung des bestehenden Systems aus Betrieben der
kommunalen Abfallwirtschaft und sozialen Integrationsunternehmen im reuse-Bereich, es gibt
daher bereits existierende Kundenbeziehungen und Marktkenntnisse. Der Markteintritt unter
einem gemeinsamen Markenauftritt erfolgt in Phase 2 – Integration, wenn die Pilotprojekte in
Phase 1 – Entwicklung erfolgreich abgeschlossen wurden.
Die zeitliche Planung sieht vor, dass ab 2009 die bestehenden Shops schrittweise auf das neue
Konzept gemäß Pilotprojekt umgestellt werden, dieser Prozess sollte bis Ende 2010
abgeschlossen sein. In der 2. Phase erfolgt auch der Aufbau von Standorten in regionalen
Märkten, die bisher noch nicht bearbeitet wurden.
5.2 Absatzkonzept
Im Sinne ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit gilt es, das Angebot an gebrauchten Produkten
so zu definieren, dass die folgenden Aspekte zum tragen kommen:
1. Günstig, da gebraucht: „wiederverwendet ist nachhaltig und clever“
2. Qualitativ einwandfrei, da von einem ruso-shop: „darauf kannst du vertrauen“
3. Umfangreich, da breites Sortiment „ruso hat alles was du zum Wohnen brauchst“
Dies kann zum Beispiel einkommensschwache Personengruppen ansprechen, da diese auf
günstige Einkaufsmöglichkeiten für Elektrogeräte, Möbel und Textil angewiesen sind. Jedoch ist
zu beachten, dass weitere Personengruppen, wie z.B. „Stöberer“ oder „Politisch Korrekte“ nicht
außer Acht gelassen werden, da sie ebenfalls potenzielle Zielkunden sind, die in anderen
Untersuchungen46 als interessant erachtet wurden. Bei der Entwicklung des Marketingkonzeptes
sollte darauf geachtet werden, dass der Wiederverwendungsaspekt nicht mit „billig“ im Sinne von
zweitklassig oder minderwertig verwechselt wird.
46 Quellen: Spitzbart, M. et al (2007): Schaffung von Voraussetzungen zur Bildung eines
Wiederverwendungskreislaufes für Elektro(nik)altgeräte; Niederer, E. (2007): Bericht Marktforschung zur Umsetzung eines Reuse-Projektes in Kärnten.
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In den nachfolgenden Punkten werden die daraus resultierenden möglichen Maßnahmen aus
Sicht des Marketings (Marketing-Mix) beschrieben:
Produktpolitik
Ziel der Produktpolitik ist es, die umweltrelevanten Wirkungen des Angebotes mit den
Erfordernissen der Verbraucher in Einklang zu bringen.
Im vorliegenden Fall bedeutet dies für die Produkte Folgendes:
Verkauf von gebrauchten Produkten, falls erforderlich aufbereitet
Verkauf von Ersatzteilen, falls erforderlich aufbereitet
Verkauf von redesign Produkten, sog. „Trash-Design“ (mittelfristig).
Zusätzliche Dienstleistungen, die sinnvoll erscheinen:
Abholungs- und Reparaturservice47
Diese Produkte und Dienstleistungen werden im Markt bereits angeboten, trotzdem muss ruso
Mittel und Wege finden, sich von Konkurrenten zu differenzieren. Als zielführend erscheint der
Aufbau der Qualitätsführerschaft, dies wurde auch in verschiedenen Studien als kaufrelevant
bewertet48.
Preispolitik
Mit der Preispolitik sollen Kaufanreize geschaffen werden. Dabei sind im vorliegenden Fall
folgende Aspekte hinsichtlich Unter- und Obergrenzen zu berücksichtigen:
• Preisuntergrenzen: Die anfallenden Kosten müssen in der Preisgestaltung berücksichtigt
werden, um die geplanten Eigendeckungsquoten zu erreichen;
• Preisobergrenzen: Marktpreise von vergleichbaren Neuprodukten, die jedenfalls um einen
bestimmten %-Satz unterschritten werden müssen;
• All-inclusive Preise: „Packages“, für die man als Kunde einen Fixpreis bezahlt, und damit
z.B. einen Einpersonenhaushalt komplett einrichten kann (Slogan „ruso richtet dir um 299
Euro deinen Haushalt ein“);
• Preiskategorien: Für bestimmte Produkte können höhere Preise erzielt werden, wie zum
Beispiel besonders rare Ersatzteile für Elektrogeräte oder Möbel, oder Kleinkram
insgesamt
47 Im Bereich „Abholservice“ sollte die Möglichkeit untersucht werden, ob mit Kommunen Dienstleistungsverträge
bei der Entsorgung möglich sind. 48 Zum Beispiel in Niederer 2007 und Spitzbart et al. 2007
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Die Möglichkeiten der Preisbildung sind jedenfalls vielfältig, Strategien & Aktionen von
Discountern können als Vorbild dienen.
Distributionspolitik
Betrachtung der Frage, in welcher Form und über welche Absatzkanäle die Produkte zu den
Käufern gelangen. Unter anderen sind folgende Punkte relevant49:
• Produktbezogene Faktoren: Erklärungsbedarf, Lager- und Transportfähigkeit
• Kundenbezogene Faktoren: Bedarfshäufigkeit, geografische Verteilung, Kundenanzahl
• Konkurrenzbezogene Faktoren: Anzahl und Art der Konkurrenten
• Absatzbezogene Faktoren: Shop, Versand, Hauszustellung, Internet, Gebietsschutz
Durch den Standort und die Gestaltung der Shops kann das Unternehmensimage wesentlich
beeinflusst werden, zum Bespiel, dass der Standort öffentlich leicht erreichbar ist, dass Parkplätze
vorhanden sind, die Produkte ansprechend präsentiert werden und die Gestaltung der Shops
insgesamt ansprechend ist. Hier sollten jedenfalls Erkenntnisse und Erfahrungen bei der
Shopgestaltung von erfolgreichen Handelsbetrieben einfließen.
Kommunikationspolitik
Mit der Kommunikationspolitik muss eine bestimmte Botschaft zum Kunden transportiert werden.
Diese Botschaft muss eindeutig, leicht zu verstehen und für die Zielgruppe relevant sein. Im
vorliegenden Fall ist die Kommunikation der NACHHALTIGKEIT aus ökologischer und
sozialer Sicht eine ideale Botschaft.
In der Kommunikationspolitik können auch beträchtliche Synergien genutzt werden, da diese
Botschaft für alle ruso-Mitglieder über alle Kanäle gleich erfolgt. Mögliche Maßnahmen sind:
• Markenauftritt: gemeinsames Erscheinungsbild
• Werbung: Radio- und Regional-TV, PR-Aktionen
• Face-to-face: Gewinnung von Meinungsführern
Aus heutiger Sicht ist zu empfehlen, das Erscheinungsbild sämtlicher ruso shops möglichst
einheitlich zu gestalten, um einen hohen Wiedererkennungsgrad sicherzustellen und die daraus
folgenden werblichen Synergien möglichst zu nutzen. Das Konzept einer Dachmarke im Sinne
einer zusätzlichen Marke zur bereits bestehenden Bezeichnung ist dafür nur bedingt geeignet.
49 Quelle: de.wikipedia.org, „Distributionspolitik“
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5.3 Absatzförderung Hierunter fallen die konkreten Maßnahmen, die zur Umsetzung des Absatzkonzeptes geeignet
sind. Dies können einmalige oder fortlaufende Maßnahmen sein. In den genannten Kategorien
Produkt, Preis, Distribution und Kommunikation könnte dies z.B. folgendes sein:
• Produktpolitik: Abverkaufsprodukte, All-in Packages
• Preispolitik: Rabatte, Gutscheine
• Distributionspolitik: Gratis-Zustellung an bestimmten Tagen (z.B. schwache Tage mit sonst
geringen Umsätzen)
• Kommunikationspolitik: Thematische Schwerpunkte („soviel Abfall wird gespart“; „Was
kostet die Entsorgung“)
Diese Maßnahmen sind als Beispiele zu verstehen, hier sind insbesondere kreative Ansätze
gefragt, die eine klare Differenzierung von der Konkurrenz ermöglichen.
Fotos: http://www.dekringwinkel.be/common/inzamelen.htm
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6 Projektmanagement und Zielpersonen
Tätigkeiten und Anforderungen des Projektmanagements VEREIN
Die Anforderungen an das ruso-Netzwerkmanagement sind je nach Phase unterschiedlich.
In Phase 1 – Entwicklung - ist das Ziel, Pilotprojekte umzusetzen, die sich mit Sammlung,
Aufbereitung und Verkauf beschäftigen. Hier sollte ein/eine verantwortliche/r ProjektmanagerIn
eingesetzt werden. Diese Person sollte kommunikativ sein und über entsprechendes
Durchsetzungsvermögen verfügen. Um eine gewisse Unabhängigkeit sicherzustellen, sollte diese
Person eher aus dem Bereich der kommunalen Abfallwirtschaft kommen als aus dem Bereich
sozialer Integrationsunternehmen.
In Phase 2 – Implementierung - wird das ruso-Netzwerk sukzessive ausgebaut, und die
Pilotprojekte sollten rasch und umfassend implementiert werden. Bis 2015 sollte das operative
Kernteam des ruso-Vereins aus ca. 4 Personen bestehen und über folgende Kompetenzen
verfügen:
Projektmanagement: Durchführung der Gesamtprojektleitung, Verantwortung für die
Umsetzung der Projektziele, Koordination der Vereinsmitglieder gegenüber Fördergebern,
Akquisition von neuen Vereinsmitgliedern und Lobbying in Abstimmung mit dem Marketing
Controlling: Entwicklung und Umsetzung des strategischen und operativen Controllings,
insbesondere hinsichtlich Zielerreichung und Kostenmanagement, und gegebenenfalls
Ausarbeitung von Maßnahmen zur Kostenreduktion
Marketing: Umsetzung von Marketingstrategie und –maßnahmen, insbesondere Entwicklung
und Umsetzung des einheitlichen Erscheinungsbildes der ruso shops; Marktforschung,
Koordination der Schulungsmaßnahmen des Verkaufspersonals, Durchführung von
Werbemaßnahmen und Öffentlichkeitsarbeit
Qualitätsmanagement: Aufbau eines einheitlichen Qualitätsmanagementsystems
insbesondere bei Sammlung und Aufbereitung; Abstimmung der Aufbereitungskapazitäten auf
den Bedarf, Optimierung und Ausbau der Sammlungs- und Aufbereitungskapazitäten gemäß
Erfordernissen
Administration: Entlastung und Unterstützung der Funktionsbereiche Projektmanagement,
Controlling, Marketing und Qualitätsmanagement, Organisation von Veranstaltungen
Eine mögliche Personalplanung für den ruso-Verein befindet sich in Abschnitt 9.3
Potenzielle Kandidaten sollten über mehrere der genannten Kompetenzen verfügen, so kann zum
Beispiel der Projektmanager gleichzeitig für das Controlling oder Marketing zuständig sein.
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Tätigkeiten und Anforderungsprofile von Zielgruppenpersonen
Die nachfolgende Tabelle zeigt mögliche Tätigkeiten und Anforderungsprofile für Zielpersonen,
die im ruso-Netzwerk durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen beschäftigt werden.
Tätigkeitsfeld Sammeln Aufbereiten Verkaufen
Berufe TransportarbeiterIn LagerarbeiterIn
Elektrohilfskraft TischlerIn Entsorgungs- und Recyclinghilfskraft
VerkäuferIn Handelsgehilfe/in
Tätigkeiten Abholung, Warenentgegennahme, Verladung, Transport und Lagerung von Waren, Instandhaltung der Lagerräume
Wartung und Reparatur elektronischer und elektrotechnischer GeräteDurchführung von Reparaturarbeiten an Möbelstücken und Bauteilen aus Holz und Kunststoff Trennung und Weiterleitung von Wertstoffen
Warentransport innerhalb des Firmengeländes, Warenaufstellung, Verkauf, Verpackung, und Verladung
Anforderungen Außenarbeit Schweres Heben und Tragen Temperaturwechsel Einsatzbereitschaft Technisches Verständnis Fähigkeit zur Zusammenarbeit Gute Deutschkenntnisse
Verletzungsgefahr Schweres Heben und Tragen Lärm- und Schmutzbelastung Einsatzbereitschaft Technisches VerständnisFähigkeit zur Zusammenarbeit Handgeschicklichkeit
Schweres Heben und Tragen Ständiges Gehen bzw. Stehen Laufender KundInnenkontakt Einsatzbereitschaft Technisches VerständnisFähigkeit zur Zusammenarbeit Gute Deutschkenntnisse
Tabelle 16: Tätigkeiten und Anforderungen von Zielgruppenpersonen
Das Zielgruppenspektrum ist sehr weit und umfasst Langzeitarbeitslose, Ältere Arbeitslose,
SozialhilfeempfängerInnen, MigrantInnen und Menschen mit Beeinträchtigung. Bei letzteren
besteht aufgrund des Anforderungsprofils Potential besonders bei sozial und emotional
gehandicapten Jugendlichen, leicht körperlich bzw. leicht geistig Beeinträchtigten. Eine
ausführliche sozialwirtschaftliche Beschreibung der Beschäftigung von Zielpersonen befindet sich
im Anhang.
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7 Umsetzplanung
Entwicklungsstrategie des ruso-Vereins
Für die Wachstumsstrategie wurde der Zeitraum 2008 bis 2015 unter Berücksichtigung des
Anstiegs der Vereinsmitglieder und der möglichen Entwicklung der ruso shops in Betracht
gezogen.
Träger 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
Organisationen der kommunalen Abfallwirtschaft
2 3 6 9 12 15 18 20
Soziale Integrationsunternehmen 3 4 5 5 5 5 5 5
Öffentliche Hand 1 2 3 4 4 4 4 4
Gesamt 6 9 14 18 21 24 27 29
Tabelle 17: Entwicklung der ruso-Vereinsmitglieder
Gründungsmitglieder des ruso-Vereins sollten Träger aus den relevanten Bereichen sein.
Im Bereich der kommunalen Abfallwirtschaft sind das zu Beginn der Landesabfallverband (LAV)
und das Landes Abfallverwertungsunternehmen (LAVU); sukzessive Erweiterung um die
Bezirksabfallverbände (BAV), im Idealfall treten sämtliche BAV dem Verein bei.
Aus dem Bereich der öffentlichen Hand das Land Oberösterreich, in weiterer Folge z.B.
Gemeinden. Förderstellen wie zum Beispiel AMS oder BASB sind aufgrund gesetzlicher
Regelungen nicht als Vereinsmitglieder möglich.
Der Bereich sozialer Integrationsunternehmen ist ein sehr wichtiger Baustein in der Umsetzung
des Vereinskonzeptes, hier ist bereits bei Gründung sicherzustellen, dass eine möglichst große
Zahl an Mitgliedern vorhanden ist.
Wachstumsstrategie der ruso shops
Die Entwicklung der ruso shops resultiert aus der Anpassung bereits existierender Shops und
dem schrittweisen Aufbau neuer Standorte. Bei den existierenden Shops gilt es zu überlegen,
welche Standorte in welcher Reihenfolge auf das neue ruso-shop Konzept übergeführt werden
können.
Gemäß der Auswertung der Standorte gibt es z.B. in bestimmten Bezirken derzeit keine Shops,
obwohl Potential vorhanden wäre. Hier wurden die Bezirke Linz-Land, Perg, Steyr-Land,
Urfahr-Umgebung und Wels-Land als mögliche Standorte genannt.
Eine Darstellung des möglichen Wachstums durch die Anpassung von existierenden Shops und
den Aufbau neuer Shops befindet sich in der nachfolgenden Tabelle.
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Entwicklung der ruso shops 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
Anpassung existierender Standorte 0 3 6 8 10 12 14 16
Neue ruso-Standorte gesamt 0 1 2 3 3 4 5 6
Standorte gesamt 0 4 8 11 13 16 19 22
Neue ruso-Standorte / Jahr 0 1 1 1 0 1 1 1Tabelle 18: Entwicklung der ruso shops
Im vorliegenden Konzept wird mit einer Gesamtanzahl von 22 ruso shops in 2015 ausgegangen.
Meilensteine
Der zeitliche Ablauf sowie die wichtigsten Meilensteine sind nachfolgend dargestellt. Der erste
wichtige Meilenstein ist die Gründung des ruso-Vereins (M1), die organisatorische Basis für alle
weiteren Aktivitäten. Ein weiterer Meilenstein ist der erfolgreiche Abschluss der Pilotprojekte
(M2). Die Erkenntnisse der Pilotprojekte sind Basis für die erfolgreiche Aufnahme der operativen
Tätigkeit (M3) in der Integrationsphase.
Abbildung 4: Wichtige Meilensteine des ruso-Konzeptes
Gründung Machbarkeitsstudie Definition Pilotprojekte Gründung ruso-Verein
Phase 1 - Entwicklung Pilotprojekt 1 Pilotprojekt 2 Pilotprojekt 3
Phase 2 - Integration Beschaffung Qualitätsmanagement Marketing Expansion Meilensteine
2015 2014 2013201220112010H2/08H1/08Q4/07 2009
M1…Vereinsgründung M3…Aufnahme der operativen Tätigkeit
M2…erfolgreiche Umsetzung von Pilotprojekte
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8 Chancen und Risiken
Folgende Risikokategorien wurden bei der Risikobewertung in Betracht gezogen:
Organisatorische Risiken
Dies sind insbesondere Risiken durch die Integration von unterschiedlichen
Organisationskulturen, die zu Reibungsverlusten führen können und so potenzielle Synergien
zunichtemachen.
Neben der Organisationskulturproblematik spielen auch die unterschiedlichen Zielsetzungen der
Projektpartner eine Rolle. Die Zielsetzungen sozialer Integrationsunternehmen liegen eher in der
Beschäftigung von arbeitsmarktpolitischen Zielgruppen, jene von Organisationen der
kommunalen Abfallwirtschaft in der möglichst umfassenden Sammlung von gebrauchten
Produkten sowie deren Wiederverwendung.
Eine weitere Risikoquelle kann durch unterschiedliches Aufkommen von Beschaffungsmengen
und Verarbeitungskapazitäten entstehen.
Marktrisiken
Hierunter fallen Risiken auf der Beschaffungs- und Absatzseite. Bei der Beschaffung besteht das
Risiko, dass die Altstoffe nicht in ausreichender Qualität, Menge und regionaler Verfügbarkeit
vorhanden sind.
Das Absatzrisiko entsteht, wenn das Angebot nicht den Erwartungen und Anforderungen der
Kunden entspricht und es daher zu geringeren Umsätzen als geplant kommt. Dies sollte durch ein
entsprechendes Absatzkonzept verhindert werden, indem Preise, Produkte, Distribution und
Kommunikation den Anforderungen des Zielmarktes angepasst werden. Das Risiko durch
Reaktionen gewerblicher Betriebe sollte durch die in Punkt 2.1 genannten Maßnahmen
beherrschbar sein.
Finanzielle Risiken
Dazu zählen jene Risiken, die zu einer mangelhaften Versorgung mit finanziellen Mitteln führen,
insbesondere das Nicht-Erreichen der Eigendeckungsquote. Auf der Einnahmenseite kann dies
durch Nichterreichung von Absatzzielen (Mengen) oder zu niedrige Mengen-Preise (Euro/Tonne)
erfolgen. Die ausreichende Deckung durch Förderungen ist ebenfalls ein entscheidender Faktor
bei der Umsetzung.
Eine Gesamtmaßnahme zur Minimierung dieser Risiken ist die Umsetzung in zwei Phasen mit
definierten Pilotprojekten und Meilensteinen. Damit kann bei nicht ausreichender
Kooperationsbereitschaft bzw. fehlendem Nutzen das Projekt beendet werden.
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Anhang
8.1 Volkswirtschaftliche Beurteilung Nutzenaspekte sozialer Integrationsunternehmen50
Die Erörterung von volkswirtschaftlichen Nutzenaspekten sozialer Integrationsunternehmen
erfolgt an dieser Stelle auf Basis von vorliegenden Evaluierungsergebnissen
sozialökonomischer Betriebe bzw. gemeinnütziger Beschäftigungsprojekte. Teils konnten
Ergebnisse aus oberösterreichischen bzw. gesamtösterreichischen Studien herangezogen
werden, teils wurde auf Untersuchungen in anderen Bundesgebieten zurückgegriffen. Es
wird kein aktueller empirischer Befund geliefert sondern vielmehr eine Zusammenfassung
wesentlicher Kernaussagen aus bestehenden Studien.
Aufgaben sozialer Integrationsunternehmen
Die zentrale Aufgabe sozialer Integrationsunternehmen liegt in der Heranführung bzw.
Integrationsunterstützung von arbeitslosen Personen in den 1. Arbeitsmarkt durch
Transitbeschäftigung, Qualifizierung und begleitende sozialpädagogische Arbeit.
Die Art der Beschäftigung ist vielfältiger Natur, sie reicht von handwerklichen Tätigkeiten wie
z.B. Arbeiten im Bau- und Baunebengewerbe, Werkstattarbeiten im Metall- und Holzbereich
bis hin zu vielfältigen Dienstleistungen wie Botendienste, Gartenservice, Heimhilfe u.a.m.
Die Erhöhung der Beschäftigungschancen ist Ziel der sozialen Integrationsunternehmen.
Zentrale Nutzenaspekte sozialer Integrationsunternehmen
Abgeleitet von den Aufgaben und Zielen lassen sich folgende Nutzendimensionen Sozialer
Integrationsunternehmen feststellen:
• Angebot einer „geschützten“ angeleiteten Arbeit mit der Möglichkeit
Arbeitskompetenzen (Selbstständigkeit, Zusammenarbeit, Verbindlichkeit,
Auseinandersetzungsfähigkeit, Arbeitsmotivation, Arbeitsdisziplin, Ausdauer,
Übernahme von Verantwortung) in einem angepassten Ausmaß zu erlernen.
• Angebot einer arbeitsplatznahen Qualifizierung (Arbeitstraining) und individuelle
Qualifizierung als Unterstützung für die Erlangung eines Arbeitsplatzes am 1.
Arbeitsmarkt.
50 Als Soziale Integrationsunternehmen werden im folgenden Gemeinnützige Unternehmen (Gemeinnützige
GmbH oder Vereine) verstanden, die als Unternehmensziel die Heranführung bzw. Integration von arbeitsmarktfernen Personen in den 1. Arbeitsmarkt haben. Vom Arbeitsmarktservice werden zwei Projekttypen gefördert, der Typ der Soziallökonomischen Betriebe und der Typ der Gemeinnützigen Beschäftigungsprojekte.
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• Hilfe bei der Entwicklung von Berufsperspektiven im Kontext der persönlichen und
bildungsmäßigen Möglichkeiten.
• Hilfe bei der Entwicklung persönlicher Stabilität z.B. durch Bearbeitung/Beratung von
Suchtproblemen.
• Hilfe bei der Integration in den 1. Arbeitsmarkt durch die Erschließung von
Praktikumsplätzen und Übung von Bewerbungssituationen. Individuelle Unterstützung
bei der Arbeitsplatzsuche durch Kenntnisse der regionalen und lokalen
Beschäftigungsmöglichkeiten (Betriebsstrukturen).
• Gestaltung und Entwicklung von Leistungsangeboten in gesellschaftlichen Bereichen
(Umwelt, Abfallwirtschaft, Soziales, kommunale Aufgaben), die unter
Profitbedingungen nicht geleistet werden können.
Die Bewertung arbeitsmarktpolitischer Integrationsmaßnahmen - Fiskalanalyse
Bei Fiskalanalysen werden Kosten und Erträge bzw. Einsparungspotentiale der Öffentlichen
Hand in die Berechnung aufgenommen.
Hier werden aber nicht alle Effekte einer Maßnahme monetär bewertet. Hierunter würden
etwa die gesteigerte Motivation und Reduktion der Resignation der TeilnehmerInnen durch
die sozialpädagogische Begleitung während der Transitbeschäftigung fallen, oder die
Reduzierung oder Beseitigung von Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch, wodurch ein
positiver Effekt auf die Ausgaben der Gesundheitssystems bewirkt werden kann.51
Komponenten einer Fiskalanalyse
Kosten zum Betrieb eines Sozialen Integrationsunternehmens:
• Personalkosten,
• Sachkosten (Güter),
• Sachkosten (Personen) und
• Leistungsansprüche der Transitbeschäftigten nach der Maßnahme, z.B.
Arbeitslosengeld, wenn sie nicht einen Arbeitsplatz am 1. Arbeitsmarkt erlangen.
Einnahmen
• Umsatzerlöse des Sozialen Integrationsunternehmens („Eigenerwirtschaftung“)
• Umsatzsteuerzahllast
• Wegfall von Transferleistungen (z.B. Arbeitslosengeld) während der Maßnahme
51 Evaluierung Sozialökonomischer Betriebe, L&R, S 60
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• Wegfall von Transferleistungen nach der Maßnahme bei Aufnahme einer
Beschäftigung nach der Transitzeit
• Sozialversicherungsabgaben
• Direkte Steuern
• Indirekte Steuern
Ergebnisse aus einer Fiskalanalyse Sozialökonomischer Betriebe zeigen, dass mit einer
angenommenen Wirkungslänge der Maßnahmen von sechs Jahren ein Ertragsüberhang
berechnet werden kann. Bei einer Wirkungslänge von fünf Jahren übersteigen die Kosten
noch die Einnahmen.
Eine Studie des WIFO kommt zu dem Schluss, dass sich die Kosten der Finanzierung von
Transitbeschäftigungen („Zweiter Arbeitsmarkt“) gegenüber den Kosten der passiven
Transferzahlung bzw. den volkswirtschaftlichen Verlusten durch Nichtintegration potenzieller
Arbeitsressourcen mehr als aufheben.52
Die Vermittlungs- bzw. die Beschäftigungsquote als zentraler Output Sozialer
Integrationsunternehmen
Der Beschäftigungsanteil am 1. Arbeitsmarkt innerhalb eines Jahres nach Austritt aus dem
Sozialen Integrationsunternehmen (Sozialökonomische Beschäftigungsbetriebe und
Gemeinnützige Beschäftigungsprojekte) betrug nach einem Langzeitmonitoring in
Oberösterreich 29,0 %. Vor Eintritt in das Soziale Integrationsunternehmen
(Beschäftigungsverhältnis als Transitarbeitskraft) betrug der Anteil an Beschäftigungszeiten
innerhalb eines Jahres 14,7 %. Damit konnte zwar eine Verdopplung der
Beschäftigungszeiten, das Jahr vor der Transitbeschäftigung im Vergleich zum Jahr nach der
Transitbeschäftigung, erreicht werden. Dennoch sind die Schwierigkeiten einer
Eingliederung in den 1. Arbeitsmarkt erkennbar.53
Eine Evaluierungsstudie Sozialökonomischer Betriebe zeigt eine positive Entwicklung der
Erwerbskarrieren innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren nach der Transitbeschäftigung.
Lagen die Beschäftigungsanteile im ersten Jahr nach Austritt noch bei ca. 27,9 %, konnte
eine Steigerung auf 37,6 % nachgewiesen werden. Deutlich kommt aber bei dieser
52 Gudrun Biffl, Ewald Walterskirchen, WIFO im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Evaluierung von Instrumenten der experimentellen Arbeitsmarktpolitik, Wien 1994 53 Dietmar Bauer, Christian Pesendorfer, Institut für Ausbildungs- und Beschäftigungsberatung im Auftrag des AMS OÖ, Monitoring – Beobachtung der Erwerbskarrieren von TeilnehmerInnen der gemeinnützigen Beschäftigungsbetriebe und der Sozialökonomischen Betriebe in Oberösterreich, März 1999
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Untersuchung auch zum Ausdruck, dass ein Anteil von ca. 45 % der Zielgruppenpersonen
kaum eine Verbesserung ihrer Beschäftigungssituation erlangen konnte.54
Die TeilnehmerInnen an Beschäftigungsprojekten unterscheiden sich von TeilnehmerInnen
anderer geförderter Maßnahmen durch stärker ausgeprägte Vermittlungshemmnisse und der
größeren Gefahr einer dauerhaften Ausgrenzung.55
Diese Feststellung zeigt das Spannungsfeld, in dem sich Soziale Integrationsunternehmen
befinden. Einerseits sollen Vermittlungshemmnisse ausreichend bearbeitet werden,
andererseits zählen sie zu den kostenintensivsten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen mit
einer ständigen Tendenz zur Verkürzung der Transitarbeitszeiten.
Weiterentwicklung Sozialer Integrationsmaßnahmen – Erhöhung des Nutzens
Soziale Integrationsunternehmen sind immer wieder ein temporäres Auffangnetz für
Personengruppen, die die Hürde in den 1. Arbeitsmarkt nicht überwinden können. Zu groß ist
die Entfernung zu den nachgefragten Kompetenzen, Qualifikationen und der geforderten
Leistungsfähigkeit.
Die Einrichtung von niederschwelligen Beschäftigungsprojekten würde einerseits dieser
schwächeren Personengruppe entgegen kommen, andererseits lässt sich damit auch die
Kritik, Beschäftigungsprojekte seien eine Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Betrieben,
leichter entkräften.
Eine Intensivierung der fachlichen Ausbildung mit Zertifizierung von Teilabschlüssen oder die
Verlängerung der Lehrverhältnisse, im Rahmen der Integrativen Berufsausbildung, könnte
die Hürde in den 1. Arbeitsmarkt verringern. Diese Möglichkeit steht sowohl Jugendlichen als
auch Erwachsenen offen.
Begleitende Fachqualifizierungen in externen Einrichtungen (Schulungsträger) wären in der Lage,
umfangreichere (breitere) branchenspezifische Kenntnisse zu vermitteln, die im Sozialen
Integrationsunternehmen nicht gegeben sind. Weiters kann eine Kooperation
(Qualifizierungsnetzwerk) mehrerer Sozialer Integrationsunternehmen, die im gleichen
Branchenfeld tätig sind, eine Erweiterung fachspezifischer Kenntnisse sicherstellen. Ein Vorteil
liegt auch in der Erfahrung der FacharbeiterInnen im Umgang mit schwächeren
Personengruppen.
54 Evaluierung Sozialökonomischer Betriebe, L&R, AMS Info 30 55 Andrea Pöschl u.a., WIFO, EQUIIHS, L&R im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, Evaluierung europäischer Sozialfonds 2000 – 2006, Ziel 3 Österreich, Programmschwerpunkt 1 aus der Sicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Wien 2004
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8.2 Sozialwirtschaftliche Beurteilung Die bestehende Förderlandschaft
Soziale Integrationsunternehmen nutzen zur befristeten Beschäftigung arbeitsmarktpolitischer
Zielgruppenpersonen unterschiedliche Fördermodelle, die hauptsächlich von
Arbeitsmarktservice (AMS) und Bundessozialamt (BASB) sowie dem Land Oberösterreich (Sozial-,
Gewerbe-, Umweltabteilung) angeboten und finanziert werden.
Es sind das:
Sozialökonomische Betriebe (SÖB), AMS
Gemeinnützige Beschäftigungsprojekte (GBP), AMS
Beschäftigungsprojekte des BASB
Maßnahmen der „Beruflichen Eingliederung“ im Rahmen der Behindertenhilfe, Land OÖ
Aus diesen Förderungen werden laufend ca. 1.200 „Zielgruppenpersonen“ und ca. 300
„Schlüsselarbeitskräfte“ (Betreuungsschlüssel 1:4), davon ca. 15% im Bereich „Reuse“, finanziert.
Vereinzelte bzw. temporäre Beschäftigungsmodelle im reuse-Bereich gründen auf
Projektförderungen der Europäischen Kommission (v.a. „Equal“) sowie
Beschäftigungsförderungen für SozialhilfeempfängerInnen (Magistrat Linz in Kooperation mit
ArgeTrödlerladen Linz). In diesem Zusammenhang ist auch eine angekündigte Projektinitiative für
SozialhilfeempfängerInnen, darunter insbesondere MigrantInnen des Landes OÖ, in
Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium und dem Europäischen Sozialfonds zu nennen.
Neben den Beschäftigungsprojekten kommen im reuse-Bereich, wie die Praxis in einzelnen Fällen
zeigt (Ökoservice RIFA Ried: 13 Plätze, Job&go – Volkshilfe: 16 Plätze), auch
Qualifizierungsförderungen des AMS oder BASB für reuse-Projekte zum Einsatz. Gegenüber
Beschäftigungsprojekten steht hier die Qualifizierung vor allem Jugendlicher im Vordergrund.
Ergänzend können Einzelarbeitsplatzförderungen, insb. des BASB (Integrationsbeihilfe,
Arbeitsplatzsicherungsbeihilfe, Entgeltbeihilfe für begünstigt Beeinträchtigte) herangezogen
werden.
Die Verweildauer variiert zwischen 6 bis 7 Monaten (SÖB, GBP), 1-1,5 Jahren
(Beschäftigungsprojekte des BASB), 3 Jahren (Qualifizierungsprojekte, Berufliche Eingliederung)
und 5 Jahren im Einzelfall des o.a. Trödlerladen Linz. Einen Sonderfall stellt ein SÖB dar, der
Transitkräfte für die Zeit von zwei Jahren vor Antritt der Alterspension beschäftigen kann
(„Pensionsübertrittbeschäftigung“).
Die geforderte Mindest-Eigenerwirtschaftung dieser Betriebe beträgt für AMS-Projekte 20%,
für BASB-Projekte 10%. Bei AMS-Projekten beträgt die tatsächliche Eigenerwirtschaftung im
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Durchschnitt allerdings 44%, bei Projekten, die dem Bereich „Reuse” zuzuordnen sind, 35%. Bei
Qualifizierungsprojekten besteht keine Erwirtschaftungserfordernis oder maximal in der Höhe des
Waren- und Materialeinsatzes.
Zur unbefristeten Beschäftigung von Zielgruppenpersonen kommen nur zwei interessante
Modelle in Frage: die o.a. Einzelarbeitsplatzförderungen des BASB – im Anschluss an eine
Projektteilnahme – und das „supported employment“ der Behindertenhilfe. Bei Letzterem werden
Personen in Wirtschaftsbetrieben (nicht bei Projektträgern) beschäftigt und von
Trägereinrichtungen der Behindertenhilfe betreut. Das Land OÖ wird dieses Modell in den
nächsten Jahren deutlich ausbauen. Es käme jedoch nur dann in Frage, wenn reuse-Betriebe von
den Projektträgern gegründet oder von abfallwirtschaftlichen Unternehmen getragen werden.
Beide Integrations- bzw. Finanzierungsmodelle können von jedem Wirtschaftsbetrieb in Anspruch
genommen werden. Sie führen demnach zu keinerlei Wettbewerbsverzerrung.
Die Entscheidung über einen solchen Schritt sollte einer späteren Projektentwicklungsphase
vorbehalten werden.
Stellungnahmen der Fördergeber
Die Pro-Argumente der Fördergeber beziehen sich neben den ökologischen Zielsetzungen vor
allem auf die Qualität der mit Reuse verbundenen, inhaltlich breit gefächerten Arbeitsplätze. Sie
sind hinlänglich niederschwellig für schlecht qualifizierte Arbeitskräfte, eignen sich zum Training
von Schlüsselkompetenzen und zur Heranführung an den Arbeitsmarkt und bieten vor allem für
handwerklich Interessierte motivierende Tätigkeiten.
Contra-Argumente stellen die unterdurchschnittliche Eigenerwirtschaftungsquote (s.o.) und
teilweise die körperlichen Leistungsanforderungen dar. Bemängelt wird auch der geringe
Qualifikationsaspekt.
Beschäftigungsprojekte allgemein stellen für die Fördergeber ein bewährtes Instrument dar, das
einen bedeutenden Teil ihrer Zielsetzungen abzudecken imstande ist. Ihre Grenzen sind allerdings
durch sehr hohe Kosten und bescheidene Nachhaltigkeitseffekte gesetzt. Das gilt für reuse nicht
mehr und nicht weniger als für sonstige Projekte. Innovative Projekte können also gerade in den
folgenden Dimensionen Wettbewerbsvorteile erringen: Reduktion der Kosten, Erhöhung der
Eigenerwirtschaftung, Qualifizierung, nachhaltige Vermittlung in den 1. Arbeitsmarkt.
Der arbeitsmarktpolitische Bedarf nach Projektarbeitsplätzen ist in kurzfristiger Betrachtung
nicht überbordend. Die bestehenden Angebote und die positive Beschäftigungssituation führen zu
einer guten Versorgung der Zielgruppen. Neben der traditionellen Zielgruppe der
Langzeitarbeitslosen fokussiert sich der verbleibende Bedarf vor allem auf ältere Arbeitslose (v.a.
solche mit handwerklichen Fertigkeiten), Menschen mit Beeinträchtigung, sozial und emotional
gehandicapte Jugendliche und auf MigrantInnen.
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Die budgetären Perspektiven der Fördergeber sehen grundsätzlich gleichbleibende bis
maximal indexierte Förderausgaben vor. Chancen auf Mittelerhöhungen sind im Bereich des BASB
gegeben.
Auf dieser Grundlage ist mittelfristig zu erwarten, dass reuse-Projekte zumindest zum Teil zu
anderen Projekten in Konkurrenz um Zielgruppen und Budgetmittel treten.
Stellungnahmen der Projektträger
Reuse bietet gut geeignete Arbeitsplätze auch für Ungelernte (leicht erklärbare Tätigkeiten,
schnelle Einschulung möglich). Mit Ausnahme des Verkaufs wird allerdings das Image von reuse-
Tätigkeiten als nicht besonders vorteilhaft eingestuft.
Derzeit im reuse-Bereich tätige oberösterreichische Beschäftigungsträger beschäftigen
Zielgruppen-Personen mit unterschiedlichsten Vermittlungshemmnissen und über alle
Altersstufen. Die Geschlechterverteilung neigt sich leicht zugunsten der Männer. Für Reparatur-
und Instandsetzungsarbeiten werden vor allem ältere MitarbeiterInnen mit handwerklichen
Kenntnissen geschätzt.
Menschen mit Beeinträchtigung stellen ein Potential dar, brauchen aber längere
Einarbeitungszeiten, verstärkte persönlich-fachliche Anleitung und entsprechende
Arbeitsplatzausstattungen.
80% der Arbeitszeit wird für praktische Arbeit, verbunden mit arbeitsplatznaher Qualifizierung,
verwendet. Darüber hinausgehende Qualifizierung erfolgt grundsätzlich in sehr individualisierten
Ansätzen (Bedürfnisse, Potentiale, externe Kurse) und nimmt 5 bis 10% der Arbeitszeit ein. Der
Rest der Zeit wird für sozialpädagogische Arbeit aufgewendet. Eine substanziellere Qualifizierung
ist in Beschäftigungsprojekten unter den derzeitigen Rahmenbedingungen (kurze Verweildauer,
hohes wirtschaftliches Erfordernis) nicht denkbar. Zumindest der Produktivitätsentgang müsste
durch zusätzliche Zielgruppenpersonen ausgeglichen werden.
Der aktuelle arbeitsmarktpolitische Bedarf wird als beschränkt eingeschätzt. Das zeigt sich
an konkreten Schwierigkeiten bei der Besetzung von Plätzen.
Hemmnisse für die Ausweitung von reuse-Projekten
Der mittelfristig quantitativ knappe arbeitsmarktpolitische Bedarf und die geringen
Budgetspielräume schränken die Chancen auf rasches Wachstum ein. Das birgt einerseits eine
potenzielle Konkurrenzsituation zu sonstigen Beschäftigungsprojekten und erfordert andererseits
eine flexible Ausrichtung auf konkrete Zielgruppensegmente und Bedürfnisse der Fördergeber.
Gleichermaßen behindern die hohen Kosten von Beschäftigungsprojekten (insbesondere
Lohnkosten und Kosten der Betreuung) die Expansionschancen. Um mit dem Durchschnitt der
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Beschäftigungsprojekte konkurrieren zu können, müssten reuse-Projekte jedenfalls in der
Eigenerwirtschaftungsleistung zumindest gleichziehen.
Die teilweise sehr kurzen Beschäftigungszeiten (Verweildauer) von Transitkräften und die
damit verbundenen Einarbeitungszeiten und Friktionen bei der Nachbesetzung schränken das
wirtschaftliche Potential von Beschäftigungsprojekten stark ein.
Weitere Erfordernisse des Kontextes „Beschäftigungsprojekt“ wie die sozialpädagogische
Betreuung, Qualifizierung und ein komplexes Förderungsmanagement schränken ebenfalls eine
rein wirtschaftliche Betriebsführung ein. Gleichzeitig sind damit natürlich arbeitsmarktpolitische
Dienstleistungen verbunden, die den Fördermodellen immanent sind. Beschäftigungsprojekte
müssen ständig zwischen den betrieblichen und individuellen bzw. den wirtschaftlichen und
sozialen Zielen austarieren. Als Beispiel für dieses Spannungsfeld ist anzuführen, dass oftmals
gerade sehr produktive MitarbeiterInnen rasch in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden
können bzw. müssen, um die entsprechenden Zielvorgaben zu erreichen.
Sozialwirtschaftliche Potentiale von reuse-Projekten
Die oberösterreichischen Beschäftigungsträger bringen im Zusammenhang mit dem Konzept
reuse gute Ressourcen für die Fortführung und Ausweitung ihrer Tätigkeit mit:
Kompetenz zur Entwicklung von Projektkonzepten und Akquise von Förderungen bei
unterschiedlichen Fördergebern
Hohe Erfahrung und Flexibilität bei der Integration unterschiedlicher Zielgruppen
Breite Palette an passenden Tätigkeitsbereichen im Bereich Reuse
Fähigkeit zur Balancierung der wirtschaftlichen und sozialwirtschaftlichen Leistungen
Erfahrung in der Konzeption und Durchführung von Qualifizierungsprojekten
Zur Verwirklichung der Chancen sollten jedoch einige Optionen überprüft und gegebenenfalls
implementiert werden:
Erhöhung der Wirtschaftlichkeit: Nutzung der möglichen Synergien im Bereich Reuse
durch Zusammenarbeit, insbesondere im Bereich des Absatzes. Realistisches Ziel ist zumindest
ein Gleichziehen mit dem Durchschnitt der Beschäftigungsprojekte.
Reduktion der Kosten: Beschäftigungsprojekte, bei denen Transitkräfte an
Beschäftigungsbetriebe überlassen werden, zeigen Möglichkeiten zur Reduktion von
Betreuungskosten bei gleichzeitiger Erhöhung der Eigenerwirtschaftung auf. Die Projektträger
als Überlasser sind dabei für Leistungen der Betreuung, Qualifizierung und des
Fördermanagements verantwortlich. Das verlangt allerdings nach Beschäftigungsbetrieben, die
ein sozialwirtschaftliches Committment besitzen und in Fragen der Personalentwicklung
Businessplan RUSO
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kompetent sind, wozu sie von den Projektträgern beraten werden können. Dazu sollte in einer
späteren Implementierungsphase die Auslagerung der reuse-Betriebe aus den
Sozialeinrichtungen überlegt werden.
Erhöhung der durchschnittlichen Verweildauer: Die sogenannten Schlüsselarbeitskräfte,
die unbefristet beschäftigt werden können, sind nur eingeschränkt in der Lage, durch eigenen
Einsatz die Produktivität aufrecht zu erhalten bzw. zu steigern und die Kontinuität des Teams
zu gewährleisten. Daher sollten bewusst die Möglichkeiten zu einer längeren Verweildauer
eines Teils der Zielgruppenpersonen genutzt werden: ein Mix unterschiedlicher Fördergeber,
Weiterbeschäftigung mittels Einzelarbeitsplatzförderungen (BASB, 4 Jahre bzw. unbefristet für
begünstigt Beeinträchtigte), „Pensionsübertrittsbeschäftigung“.
Verstärkung des Qualifikationsaspekts: Die wirtschaftlichen Zielsetzungen des Konzeptes
„Reuse“ verlangen eine Umsetzung mittels Beschäftigungsprojekten. Auszubildende oder
Qualifizierungsprojekte können nur einen marginalen Anteil zur Wirtschaftlichkeit beitragen.
Gleichzeitig würden erhöhte Qualifizierungsanstrengungen vor allem für Jugendliche und
junge Erwachsene wesentlich zur arbeitsmarktpolitischen Attraktivität beitragen: Erhöhung der
Nachhaltigkeit der Arbeitsmarktintegration bei gleichzeitiger Reduktion der Kosten, zumal
Auszubildende nur Lehrlingsentgelt, Schulungsarbeitslosengeld oder Taschengeld erhalten.
Verschiedene Optionen stehen offen: Qualifizierungsprojekte, (individualisierte) vorgeschaltete
Qualifizierungsphasen, Lehre. Zu letzterer ist insbesondere auf die „Integrative
Berufsausbildung“ für Menschen mit Beeinträchtigung zu verweisen. Sie erlaubt eine
Verlängerung der Lehrzeit oder zertifizierte Teilabschlüsse. Der Bereich „Reuse“ bietet mit
seinem breiten Tätigkeitsspektrum gute Möglichkeiten zur Qualifizierung in verschiedenen
Feldern: Logistik, Elektro, Holz, Abfallwirtschaft, Handel. Die Beschäftigungsträger verfügen
insbesondere im Netzwerk über eine hohe Kompetenz zur Implementierung dieser
Qualifizierungsmodelle.
Zielgruppen
Aufgrund des Bedarfs bzw. der Erfahrungen der Kosten- und Projektträger sowie einer Analyse
der Anforderungsprofile der Tätigkeitsbereiche von Reuse zeichnet sich folgende
Zielgruppenbeschreibung ab:
Langzeitarbeitslose, insb. mit handwerklichem Interesse bzw. entsprechenden Fertigkeiten
Ältere Arbeitslose, insbesondere kurz vor Pensionsantritt
Sozial und emotional gehandicapte Jugendliche (Lernschwächen, leichte geistige
Beeinträchtigung)
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Menschen mit Beeinträchtigung: Erfahrungsgemäß ist ein exaktes matching zwischen
BewerberIn und Arbeitsstelle sowie gegebenenfalls Arbeitsplatzanpassung für eine erfolgreiche
Stellenbesetzung nötig. Einige Einschränkungen sind jedoch generalisierbar:
o Körperliche Beeinträchtigungen: mit erheblicher Einschränkung bei der Mehrzahl
der Tätigkeiten (schweres Heben, Tragen).
o Psychische und geistige Beeinträchtigungen: Dazu ist in der Regel die
Betreuungskompetenz der entsprechend spezialisierten Einrichtungen notwendig.
o Beeinträchtigung von Sinnesleistungen: Personen mit Beeinträchtigung der
Sehleistung nur in Einzelfällen.
SozialhilfeempfängerInnen
Schlecht qualifizierte arbeitssuchende MigrantInnen.
Risiken und Empfehlung zu einer Ergänzung der Fördermodelle
Abschließend sind aus sozialwirtschaftlicher Sicht folgende zwei Risiken mit der Umsetzung des
Reuse-Konzeptes verbunden:
Konkurrenz um arbeitsmarktpolitische Fördermittel und Zielgruppen (wie bereits ausgeführt)
Vernachlässigung des arbeitsmarktpolitischen Erfolgs bei Erhöhung der Produktivität
Eine Erhöhung der Eigenerwirtschaftung, die nicht rein auf dem Markt erzielt werden kann, birgt
die Gefahr, dass Zielgruppenpersonen überfordert werden (nicht aufgenommen werden können,
nicht optimal betreut werden, frühzeitig ausscheiden, nicht nachhaltig integriert werden können).
Erwartungsgemäß kommt hoher Druck auf die Schlüsselarbeitskräfte zu, der zum Teil wie
dargestellt durch Transitkräfte mit längerer Verweildauer abgefangen werden kann.
In diesem Zusammenhang wird daher vorgeschlagen, die bestehenden Fördermodelle um die
Möglichkeit zur Beschäftigung und Förderung von Stammarbeitskräften - ehemalige
bewährte, wenngleich teilweise produktivitätseingeschränkte Transitkräfte, die unbefristet
weiterbeschäftigt werden können - zu ergänzen. Stammarbeitskräfte bringen direkten und
indirekten Nutzen. Neben der eigenen Leistung verbessern sie die gemeinsame
Leistungskontinuität und spielen Schlüsselkräfte für die notwendigen Anleitungs- und
Betreuungsaufgaben frei. Mit einem beschränkten Zuschuss zu deren Lohnkosten könnte, ohne
den Markt zu verzerren, ein vergleichsweise großer Beitrag für die ökonomische und
umweltpolitische Zielerreichung geleistet werden. Gleichzeitig ergäbe sich durch die nachhaltige
Beschäftigung der Stammarbeitskräfte eine arbeitsmarktpolitische Rentabilität.
Seitens des Bundessozialamtes stehen für solche Förderungen in bestimmten Fällen die
beschriebenen Einzelarbeitsplatzförderungen zur Verfügung (insbesondere Entgeltbeihilfe für
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begünstigt Beeinträchtigte) während die AMS-Förderrichtlinien Derartiges nicht zulassen. Es wäre
günstig, zu einer Ausweitung des derart förderbaren Personenkreises zu kommen.
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8.3 Ökologische Beurteilung Am Beispiel Reuse von Elektrogeräten
Die EuropäerInnen produzieren jedes Jahr rund 5,1 Milliarden Tonnen Elektroaltgeräte. Viele
dieser Elektroaltgeräte sind noch gebrauchsfähig. Die Elektroaltgeräte sind der Abfallstrom, der
am schnellsten wächst; die Prognose einer Verdoppelung innerhalb der nächsten 12 Jahre ist
weiterhin aufrecht.
Beispiele für die Bedeutung der Produktion in der Bilanzierung von
Umweltauswirkungen:
Ein PC56 benötigt zwischen 16 und 19 Tonnen Ressourcen bei der Herstellung. Im Vergleich
dazu ein PKW ca. 28 Tonnen. Rd. 700 verschiedene Stoffe, ca. 3.000 Liter Wasser und 2.000 KWh
Strom werden für die Produktion benötigt, dabei fallen aber rd. 60 kg Abfälle z.T. hoch toxische
Abfälle an. Eine Million PC57 bzw. Laptops enthalten u. a. rund 1,2 t Silber, 200 kg Gold, 80 kg
Palladium sowie 500 t Kupfer. 1 Million Mobiltelefone enthalten u. a. rund 250 kg Silber, 24 kg
Gold, 9 kg Palladium sowie 9 t Kupfer.
Über 95 % der österreichischen Haushalte besitzen eine Waschmaschine, noch höher ist die
Ausstattung der Haushalte mit Fernsehgeräten. In Summe verfügt die Bevölkerung Österreichs
über etwa 3,5 Millionen Waschmaschinen und 5 Millionen TV-Apparate. Aufgrund kurzlebiger
Produktgestaltung und Technomodetrends werden Elektrogeräte oft ausrangiert und
weggeworfen. Jedes Jahr werden in Österreich rd. 200.000 neue Waschmaschinen verkauft und
ca. 100.000 weggeworfen. Bei Fernsehapparaten wird diese Stückzahl noch übertroffen. Jede
Waschmaschine, die nicht zum Abfall wird, erspart nicht nur 75 kg eingesetztes Material sondern
auch einen „ökologischen Rucksack“ von bis zu 1500 kg verbrauchter Rohstoffe.
Für die Reparatur genügt hingegen oft der Tausch einer Pumpe oder ein anderes Ersatzteil, und
das gibt es fallweise sogar gebraucht. Das Reparieren von Gebrauchsgegenständen ist ein
wichtiger Faktor bei der Umsetzung einer nachhaltigen Wirtschaftsweise. Reparatur verlängert die
Produktlebensdauer, wodurch die Neuanschaffung von Produkten vermieden bzw. zeitlich
verzögert wird. Damit wird ein Beitrag zur Reduktion von Stoffströmen geleistet.
Reparaturwerkstätten sind also ein Garant für nachhaltiges Wirtschaften und tragen dazu bei,
Ressourcen effizient auszunutzen.
56 http://www.stenum.at/download/e_schrott.pdf 57 Matthias Buchert et al.: Verbesserung der Edelmetallkreisläufe: Analyse der Exportströme von Gebraucht-Pkw
und -Elektro(nik)geräten am Hamburger Hafen, im Auftrag des Umweltbundesamtes, Dessau, 2007, http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3199.pdf
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E-Geräte Durch-
dringungEG in OÖ Haushalte
Lebens-dauer Bedarf
Mobiltelefone 87% 476.000 5 95.000 TV-Geräte 97% 528.000 10 53.000 Telefone 71% 388.000 10 39.000 PC 70% 382.000 10 38.000 Hifi-Anlage 69% 377.000 10 38.000 Videorecorder 67% 366.000 10 37.000 Waschmaschine 95% 519.000 15 35.000 Kühlgeräte 98% 535.000 20 27.000 Elektroherde 85% 464.000 20 23.000 Mirkowellen 64% 350.000 15 23.000 Gefriergeräte 78% 426.000 20 21.000 Geschirrspülmaschine 55% 300.000 15 20.000 Wäschetrockner 37% 202.000 20 10.000 Videokamera 17% 93.000 10 9.000 Gasherde 15% 82.000 20 4.000
Tabelle 19: Durchdringung von Elektro- und Elektronikgeräten
Wenn Elektroaltgeräte nicht mehr repariert werden können, sind vor einer Verwertung
umweltschädliche Stoffe und Komponenten von den Altgeräten zu entfernen, um deren Eintrag in
die Umwelt und die Verunreinigung der in nachfolgenden Behandlungsschritten gewonnenen
Rezyklate zu vermeiden. Organische Schadstoffe sind nach ihrer Entfernung in dafür geeigneten
Anlagen thermisch zu zerstören. Die hierbei entstehenden Umwandlungsprodukte (z.B. HCl, HF)
sollen einer weiteren Nutzung zugeführt werden, sofern sie eine dem üblichen industriellen
Einsatzzweck von neu synthetisierten Stoffen entsprechende Reinheit besitzen. Anorganische
Schadstoffe sind in hierfür geeigneten Anlagen so zu behandeln, dass sie den Anforderungen an
eine Ablagerung auf Sonderabfalldeponien genügen, es sei denn, eine weitere Nutzung ist nach
entsprechender Aufbereitung möglich. Hierfür ist eine dem üblichen industriellen Einsatzzweck
von neu synthetisierten Stoffen entsprechende Reinheit erforderlich.
Eine sinnvolle Verwertbarkeit einer Materialfraktion ist in der Regel gegeben, wenn der stoffliche
und energetische Aufwand zur Gewinnung einer Materialfraktion aus Altgeräten geringer ist als
der stoffliche und energetische Aufwand zur Gewinnung einer Materialfraktion aus
Bodenschätzen, vorausgesetzt, die Materialfraktion liegt in vergleichbarer Güte vor. Eine sinnvolle
Verwendung von Bauteilen oder Baugruppen ist in der Regel dann gegeben, wenn der stoffliche
und energetische Aufwand zur Gewinnung eines Bauteiles oder einer Baugruppe aus Altgeräten
geringer ist, als der stoffliche und energetische Aufwand zur Herstellung des gleichen Bauteils
oder der gleichen Baugruppe aus neuen Einzelteilen.
Bei dieser Abschätzung ist der stoffliche und energetische Aufwand für den gegebenenfalls
erforderlichen Austausch von Verschleißteilen und die Reinigung bei aus Altgeräten gewonnenen
Bauteilen und Baugruppen zu berücksichtigen.
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Methode der ökologischen Beurteilung
Schmidt-Bleek vom Wuppertal-Institut schreibt: "Daher begrenzt nicht die Verfügbarkeit von
natürlichen Ressourcen die wirtschaftliche Entwicklung von morgen, sondern die ökologischen
Folgen der gegenwärtig sehr geringen Ressourcenproduktivität. Oder anders gesagt: Die
ökologischen Folgen des sorglosen Umganges mit Stoffströmen limitieren die langfristige
Wirtschaftsentwicklung" [Schmidt-Bleek, 1994].
Zur Klärung der ökologischen Auswirkungen des Reuse Gedanken wurden der MIPS Ansatz, eine
Stoffstromanalyse und das Konzept des ökologischen Rucksacks gewählt.
Beim MIPS-Konzept (MIPS = Material-Input pro Service-Einheit) geht man davon aus, dass die
Umweltbelastungspotentiale von Wirtschaftsleistungen näherungsweise durch ihren Verbrauch
von Ressourcen bestimmt werden können. Abschätzungen der Umweltverträglichkeit von Gütern
müssen "von der Wiege bis zur Bahre" erfolgen, um größere Fehler in der Einschätzung des
Umweltbelastungspotentials zu vermeiden (SCHMIDT-BLEEK 1994). Dabei werden die Inputs von
Masse (MI = Material Input) in gleichen Einheiten (z.B. kg oder t) verrechnet und aufsummiert.
Bei Anwendung elektrischer und solar erzeugter Energien werden die systemweiten
Materialinputs, die für die Bereitstellung von Strom aufgewendet werden, in kg berücksichtigt.
MIPS ist der auf eine Service- (Leistungs-, Nutzungs-, Dienstleistungs-) Einheit bezogene
Materialinput (MI). Dies soll für eine erste grobe Abschätzung ausreichend sein, auch wenn dabei
z. B. eventuelle Toxizitäten vernachlässigt werden.
Durch den Bezug auf die Serviceeinheit lassen sich durch MIPS z. B. zwei funktionell äquivalente
Güter, aber auch zwei funktionell gleiche Produktionsstätten vergleichen. Der Kehrwert von MIPS,
also die Serviceeinheit pro Tonne Material-Input, ist die Ressourcenproduktivität.
MATERIAL INPUT (MI) MATERIAL-INPUT PRO SERVICE-EINHEIT (MIPS) = ----------------------------------- SERVICE-EINHEIT (SI)
Zu den von Menschen verursachten Stoffströmen gehören insbesondere Abräume,
Aushebungen, Bohrungen, gepflügte Erde, Erdreich für Dämme, Terrassen und Straßenbau,
geologische Roh- und Baumaterialien (einschließlich Energieträger, Sand, Kies, Mineralien, Erze),
Luft und Wasser, land-, forst- und wasserwirtschaftliche Produkte. Diese massiven und immer
mehr anwachsenden Materialbewegungen verändern die durch die Evolution ausgebildete
Stoffstrombalance der Erde.
Dadurch, dass der Mensch in die natürlichen Stoffflüsse an irgendeiner Stelle der Ökosphäre
eingreift, zwingt er diese, sich auf die neue Situation einzustellen. Je großflächiger und
materialintensiver diese Eingriffe sind, desto umfassender fällt die ökologische Reaktion aus.
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Für die Erfassung der Materialströme eines Wirtschaftsgutes nach dem MIPS-Konzept
werden alle Inputs von Materialien bzw. Rohstoffen in ein Wirtschaftsgut in kg (oder t)
berücksichtigt und aufsummiert, die der Umwelt aktiv entnommen bzw. dort bewegt wurden
(Erze, Gesteine, Sand, Kies, etc.). Hinzu kommen alle Materialien, die zur Entnahme von
Rohstoffen oder zum Bau von Infrastrukturen beiseite geräumt werden müssen. Hierzu zählt
anfallender Abraum ebenso wie abgepumptes Grundwasser oder gerodete Bäume.
Weiterhin werden diejenigen Materialien hinzugerechnet, die indirekt für die Erzeugung,
Verpackung, zum Betrieb oder Gebrauch, zur Wartung bzw. Reparatur sowie zur
Wiederverwendung (Rezyklierung) bzw. zur Deponierung des zu bemessenden Wirtschaftsgutes
verbraucht werden. Dazu kommen nach Möglichkeit diejenigen Materialien, die mittelbar zur
Erzeugung bzw. für den Betrieb und die Entsorgung/Rezyklierung des Wirtschaftsgutes
notwendig sind, etwa die aus dem Energieverbrauch resultierenden Materialienströme. Hierzu
gehören auch die genutzten oder anteilig in Anspruch genommenen Infrastrukturen wie z.B.
Transport-, Förder-, Produktions- und Entsorgungsanlagen einschließlich der für Erstellung,
Betrieb, Wartung und Abriss der Infrastrukturen notwendigen Inputs.
Der ökologische Rucksack eines Produkts ist definiert als die Summe aller Materialintensitäten
zur Erzeugung dieses Produkts. Unter Materialintensität versteht man also alle zur Erzeugung
eines Kilogramms eines Werkstoffs aus der Natur entnommenen Materialien (aufsummiert in kg).
Der ökologische Rucksack sagt uns, welche Rohstoffmengen zwar zur Herstellung des Produkts
entnommen, im fertigen Produkt aber nicht enthalten sind; er ist also ein Maß für die
„Nebeneffekte“ des Produkts.
Stoffstromvermeidungspotentiale durch Reparatur eines Fernsehgerätes
Die Lebenszyklusanalyse verdeutlicht, dass das österreichische TV-Gerät mit durchschnittlich
27 kg (4 kg Metalle, 6 kg Kunststoffe und 17 kg Glas) nur einen Teil des Entsorgungsproblems
darstellt. Entlang des Lebenszyklus summieren sich Abfälle einschließlich Abraum (ökologischer
Rucksack) auf 340 kg, davon sind 37,5 kg Produktionsabfälle und 940 m³ Wasser. Dies entspricht
einem Faktor 14, um den die Abfallmengen, die bei der Produktion anfallen, im Vergleich zum
Gewicht des TV-Gerätes höher liegen.
Rund 53 Prozent der Umweltbelastungen (FRISCHKNECHT, 2007), die über das gesamte Leben
einer neuen Waschmaschine anfallen, entstehen in der Produktion und beim Transport unter
Berücksichtigung der maximal möglichen technischen Lebensdauer.
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KRONBERGER (2007)58 berichtet über die Ergebnisse einer Studie der Technischen Universität
Wien59 mit der Fragestellung, ob die Wiederverwendung von EAG bei Betrachtung der Parameter
Ressourcen, Energie und Emissionen Sinn macht. Bei einer Nutzungsdauerverlängerung um 50 %
von bspw. 5 auf 10 Jahre werden 33% der stofflichen Ressourcen geschont und 10 % weniger
Emissionen verursacht sowie 10 % weniger Energie verbraucht.
Das Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) Berlin hat in einem
Forschungsprojekt Farbfernsehgeräte über ihren gesamten Lebenszyklus bilanziert. Ziel des
Projektes, an dem sich die Farbfernsehgerätehersteller Loewe Opta GmbH, Sony Deutschland
GmbH sowie Schneider Elektronik Rundfunkwerk GmbH beteiligten, war die Identifizierung
technischer Innovationspotentiale, die dazu beitragen können, Umweltbelastungen zu
vermindern. Teile der Ökobilanz entlang des Lebenszyklus von Farbfernsehgeräten:
• Rohstoffgewinnung und –bereitstellung (Kunststoffe, Aluminium, Stahl, Kupfer etc.) • Herstellung der Baugruppe (Transformator, Widerstände, Leiterplatte etc.) • Montage • Distribution • Gebrauchsphase • Recycling und Entsorgung
Um den Aufwand auf ein handhabbares Maß zu reduzieren, wurden dabei die Leitparameter
Energie, Abfall und toxische Substanzen ausgewählt. In folgender Tabelle werden die
Inhaltsstoffe eines TV-Gerätes dargestellt:
Gesamtgewicht 36,180 kg 100% 5,460 kg Aluminium 0,390 kg Blei 1,410 kg Eisen/ Stahl 1,760 kg Ferrite 0,690 kg Kupfer 1,040 kg Zink 0,005 kg
Metalle
Sonstige Metalle 0,165 kg
15%
7,780 kg Noryl 3,510 kg High-Impact-Polystyrol (HIPS) 3,070 kg PVC 0,160 kg
Kunststoffe
Sonstige Kunststoffe 1,040 kg
22%
Glas (inkl. Bariumoxid) 22.430 kg 62% 0,510 kg Papier 0,020 kg Keramik 0,010 kg Epoxidharze 0,120 kg
Andere Materialien
Übrige Materialien 0,360 kg
1%
Tabelle 20: Inhaltsstoffe eines TV-Gerätes
58 Rainer Kronberger von der Wiener Magistratsabteilung MA 48, ÖWAV-Tagung „Elektroaltgeräte –
Wiederverwendung: Chancen, Risken und Herausforderungen“ am 14. November 2007 in Wien 59 Truttmann, N.; Cencic, O.; Fellner, J.; Rechberger, H. (2005): "Technisch-naturwissenschaftliche Grundlagen zur
Auswahl von Bewirtschaftungsszenarien für Elektroaltgeräte" (Projekt TABEA), Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft, TU Wien, 8/2005
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Im Wesentlichen sind Fernsehgeräte aus folgenden Komponenten aufgebaut:
• Kunststoffteile • Bildröhren • Platinen • Kondensatoren • Transformatoren • Kabel
Einen Schwerpunkt bildet die Wirkungsabschätzung der Werkstoffe, die eine besondere
Toxizitätsrelevanz (Mengenrelevanz gesundheitsgefährdender Stoffe insbesondere Hinweise auf
Karzinogenität und Mutagenität eines Stoffes) aufweisen.
Aluminium wird im Fernsehapparat in Stützteilen, Kühlblechen, elektronischen Bauteilen sowie
als Oxid in der Bildröhre und als Keramik für Leiterplatten verwendet. Bei der
Aluminiumherstellung fallen 0,7 - 1,5 t wassergefährdender Rotschlamm pro Tonne Aluminium
an. Blei befindet sich im Fernsehapparat zu 99,7 % als Bleioxid in der Bildröhre. Das Bleioxid im
Bildschirm ist aufgrund seiner Glasstruktur unbedenklich, insofern es nicht mit Komplexbildnern
intensiv in Kontakt kommt. Bleiwerke vermögen durch eine Verknüpfung von Blei, Zink und
Kupfer Abfälle zu vermeiden, da anfallende Schlacken oder Schlämme leicht in den
Herstellungsweg einfließen können. Von Bedeutung ist die zwangsläufige Emission von SO2 beim
Abrösten. Das metallische Blei wird sich in bestimmter Zeit auflösen und verteilen, weshalb die
Forschung in Richtung bleifreier Lote oder lotfreier Verbindungen notwendig ist. Eisen, Stahl
und Ferrit befindet sich in der Ablenkeinheit, der Elektronik im Spannrahmen und der
Lochmaske. Der Abbau von Eisenoxid führt zur Emission von Stäuben und zur Lösung von Eisen
im Wasser, führt zu Eisenhydroxid und lagert sich in Sedimenten ab. Die Stahlproduktion
verursacht toxikologische Staubemissionen und metallhaltige Schlacken. Kupfer findet sich
ausschließlich als Leitermaterial in Form von Kabeln, Leiterbahnen und Spulenwicklungen.
Kupferherstellung: Die der Kupfergewinnung vorgeschalteten Anreicherungen durch Flotation
bewirken eine Lösung von Metall ins Wasser. Nickel befindet sich im Fernsehapparat als
Legierungsbestandteil im Stahl. Die größten Mengen befinden sich im Ferrit. Aufgrund ihrer
Kanzerogenität sind Nickelstäube als besonders gefährlich einzustufen. In Belgien, Holland und
USA gilt schon der Herstellungsprozess als potenziell krebserregend. Zink findet sich in Form von
Zinkoxid in der Bildröhre sowie in Kondensatoren, Transistoren und in Leuchtstoffen. Das
thermische Verfahren stellt erhebliche Anforderungen an die Kondensation von Zink und Abfuhr
der Reaktionsgase. Phenolharze bestehen aus den Monomeren Phenol, Kresol und
Formaldehyd. Leiterplatten bestehen aus dem Trägermaterial Papier oder Glasfaser, das mit
einem Epoxy- oder Phenolharz getränkt ist. Hierbei werden Phenol und Kresol mit Formaldehyd
zu einem Polymer kondensiert. Von den Ausgangsstoffen ist Benzol aufgrund seiner
kanzerogenen Eigenschaften als toxisch relevant anzusehen. Epoxidharze: Ihr Gesamtanteil im
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Fernsehapparat wird auf ca. 120 g in den elektrischen Bauteilen geschätzt. Der breite Einsatz des
leicht flüchtigen, kanzerogenen Synthese-Zwischenproduktes ist als kritisch zu beurteilen.
Der Weg zu Polystyrol ist mit den für alle Erdölprodukte charakteristischen Problemen
verbunden. PVC wird im Fernsehapparat zur Ummantelung von Kabeln und als Isoliermaterial
verwendet. Insgesamt enthält das Referenzgerät ca. 160 g PVC. Bei der PVC-Herstellung ist die
Emission von Vinylchlorid möglich, welches kanzerogen ist. Bildröhrenglas: Bei der Schleifung
des Bildröhrenrohlings entstehen bleioxidhaltige Schleifschlämme, insgesamt ca. 550 g/Gerät,
davon sind 40 g bleihaltige Abriebe sowie bleihaltiges Kammerkondensat und Öl verunreinigte
Abwässer.
Schlussfolgerung aus der Wirkungsabschätzung
Ein Fernsehgerät enthält eine Reihe von toxikologisch bedenklichen Stoffen. Deponierung und
Müllverbrennung von TV-Geräten stellen die ökologisch ungünstigste Variante im Umgang mit
Elektronikschrott dar, da Wertstoffe verloren gehen und Schadstoffe in die Umwelt eingetragen
werden.
Voraussetzung zur Nutzung der Wiederverwendungs- und Verwertungspotentiale ist der Einsatz
recyclingfähiger bzw. schadstoffarmer Werkstoffe sowie eine recycling- und zerlegungsgerechte
und reparierfähige Bauweise der Geräte.
Außerdem vermag das Recycling maximal die Input-Output-Ströme auf der Rohstoff- und
Werkstoffebene zu substituieren. Gemessen an einem werkstofflichen hohen Recyclingniveau,
liegt die Recyclingquote beim konventionellen Gerät lediglich bei 15 Prozent (1,8 kg) des
Gesamtgewichtes. Dahin gehend ist die Recyclingquote beim ökologisch optimierten Gerät mit
30 Prozent (3,4 kg) um den Faktor 2 höher. Ausschlaggebend ist hierbei die Annahme, dass 50
Prozent des Konusglases wiederverwertet werden.
reuse-Anteil:
Basierend auf den Erfahrungswerten aus Flandern wird ein reuse-Anteil bei EAG von 11%
angenommen. Damit beträgt das EAG Reuse Potential in OÖ 1.200 t (rd. 89.000 Stk.).
Damit könnten 12.430 Bildschirmgeräte als reuse-Anteil ausgewiesen werden.
Mit der Annahme, dass 50 % der Bildschirmgeräte Fernseher sind, können Abfälle einschließlich
Abraum von 2.100 t (davon sind 233 t Produktionsabfälle) und 5,8 Mio. m³ Wasser reduziert
werden, wenn dieser Anteil einem Wiederverkauf zugeführt wird und damit die Produktion eines
gleichwertigen Gerätes verhindert.
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Der ökologische Rucksack ist die Summe der Materialintensität, die zur Erzeugung eines
TV-Gerätes notwendig ist. Der ökologische Rucksack gibt an, welche Rohstoffmengen zur
Herstellung des Produkts entnommen werden, jedoch nichts über die „Qualität der Materialien“
bzw. über die Toxizität der Werkstoffe und die Qualität der Abfallprodukte.
Stoffstromvermeidungspotentiale durch Reparatur einer Waschmaschine
Der Vorgang von "Reuse" (Reparatur/Verkauf) verlängert die Lebensdauer von Elektrogeräten wie
bspw. jener von Waschmaschinen und trägt somit zur Reduktion negativer Umweltauswirkungen
bei. In jeder Waschmaschine stecken 42 kg Metalle und 7 kg Kunststoffe, deren Erzeugung und
Verarbeitung insgesamt einen Ressourcenverbrauch von 1.440 kg Rohstoffen und 4.450 Liter
Wasser (ökologischer Rucksack /MIPS) verursacht.
Wird eine Waschmaschine dem Nutzungskreislauf durch Reuse Verkauf wieder zugeführt, ersetzt
dieses Gerät eine Neuware. Das bedeutet die oben genannten Ressourcen werden nicht
verbraucht.
Bei einer reuse-Quote von 11 % bei EAG könnten 6.900 Waschmaschinen reduziert werden.
Unter der Annahme, dass 60 % der Elektrogroßgeräte Waschmaschinen sind, können Abfälle von
fast 10.000 t und 30,7 Mio. m³ Wasser für die Produktion der Neuware reduziert werden.
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Fotos: Etienne Rubens, Koepel van Vlaamse Kringloopcentra (KVK), Federation of flemisch reuse
centres, Belgium, www.kringloop.net, 21 Juni 2006