bodo November 2011
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1
1.80 EuroNovember 2011 | 90 Cent für den Verkäufer
14 | Aus den Bücherschluchten | Das Antiquariat Ubu
08 | Das ewige Eden | Bochums unabreißbare Hotelruine
28 | Im Schatten der Stille | Kinder und Depression
21 | 21 Verlosungen | z.B. Wise Guys – »Wunschtour«, Jahrhunderthalle Bochum
Das Straßenmagazin
bodo
2
EDITORIAL
BODO E.V. – SO ERREICHEN SIE UNS
Herausgeber und Verleger:
bodo e.V.
Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
Postanschrift:
Postfach 100543 | 44005 Dortmund
Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.:
Bastian Pütter | [email protected]
0231 – 98 22 98 18 | Fax 88 22 527
Redaktionsanschrift:
Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
Veranstaltungskalender:
Benedikt von Randow (bvr) | [email protected]
engel und agenten | [email protected]
Layout und Produktion:
Andre Noll | Büro für Kommunikationsdesign
0231 – 106 38 31 | [email protected]
Anzeigenleitung:
Bastian Pütter | [email protected]
0231 – 98 22 98 18 | Fax 88 22 527
Autoren:
Bianka Boyke (bb), Volker Dornemann (vd),
Peter Erik Hillenbach (perik), Hanno Jentzsch,
Wolfgang Kienast (wk), Maike, Nina Mühlmann
(nm), Marcus Preis (mp), Bastian Pütter (bp),
Benedikt von Randow (bvr), Rosi, Dr. Birgit
Rumpel (biru), Sebastian Sellhorst (sese),
Street News Service
Fotos: Claudia Siekarski (S.2,3,4,5,7,10,12,13,
14,15,29,34,35,37,38), Markus Gierse (S.7) Bir-
te Burgänger (S.18), pixelio.de (S.18), Bianka
Boyke (S.2,28) Thomas Bocian (S.9), Street
News Service (S.11), Pressestelle Bochum (S.8)
Titelbild: Claudia Siekarski
Zeichnungen und Cartoon: Volker Dornemann
Druck: Gebr. Lensing GmbH & Co. KG.
Auflage | Erscheinungsweise:
11.000 Exemplare
Bochum, Dortmund und Umgebung
Redaktions- und Anzeigenschluss:
für die Dezember-Ausgabe 10.11.2011
Anzeigen:
Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 7
gültig ab 01.03.2009
Vertriebe:
Mallinckrodtstraße 274 | 44135 Dortmund
0231 – 98 22 97 96
Stühmeyerstraße 33 | 44787 Bochum
Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kos-
tenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert ein-
gesandte Fotos oder Manuskripte wird keine Haftung
übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehal-
ten. Abdruck und Vervielfältigung von redaktionellen
Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrückli-
chen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und
namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht
unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Vereinssitz:
Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
Post: Postfach 10 05 43 | 44005 Dortmund
Internet:
www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev
Vorstand:
Nicole Hölter | Brunhilde Dörscheln |
Andre Noll | [email protected]
Geschäftsleitung | Verwaltung:
Tanja Walter | [email protected]
0231 – 98 22 97 96 | Fax 88 22 527
Redaktion | Öffentlichkeitsarbeit:
Bastian Pütter | [email protected]
0231 – 98 22 98 18 | Fax 88 22 527
Transporte | Haushaltsauflösungen:
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bodos Bücher online:
Gordon Smith | 0231 – 88 22 833
bodos Bücher | Modernes Antiquariat: Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
Mo. – Fr. 11 – 18 Uhr
Second-Hand-Laden Dortmund:Brunhilde Dörscheln | [email protected]
0231 – 98 22 97 96
Mallinckrodtstraße 274 | 44147 Dortmund
Di. – Do. 10 – 17 Uhr
Verkäufercafé Dortmund:Mallinckrodtstraße 274 | 44147 Dortmund
Mo. u. Fr. 10 – 13 Uhr | Di. – Do. 11 – 18 Uhr
Anlaufstelle Bochum:Stühmeyerstraße 33 | 44787 Bochum
Mo., Mi. und Fr. von 14 – 17 Uhr
Di. und Do. von 10 – 13 Uhr
Spendenkonten: Stadtsparkasse Dortmund
BLZ: 440 501 99, Kto. 104 83 76
Sparkasse Bochum
BLZ: 430 500 01, Kto. 10 406 254
IMPRESSUM
02
Liebe Leserinnen und Leser,
herzlich willkommen zu unserer November-Ausgabe,
die diesmal einen ausgesprochenen Bochum-Schwer-
punkt hat. Das freut uns, denn die Themen aus dem
größeren und lauteren Dortmund, das ja auch Sitz
des Vereins und der Redaktion ist, sind allzu oft
dominant, auch hier im Straßenmagazin.
In diesem Monat haben wir mit dem Theater Rottstr5,
der benachbarten ewigen Ruine des Hotels Eden und
dem wirklich unglaublichen Antiquariat Ubu gleich
drei große Bochumer Geschichten im Heft.
Apropos Antiquariat: Jetzt, wo mit der dunklen
Jahreszeit auch die Leselust wieder steigt, muss
ich mal ein bisschen Werbung machen für unser
Buch-Projekt, das sich sehr gut entwickelt. Mit
inzwischen zwei Auszubildenden, Vermittlungser-
folgen in Ausbildung und Arbeitsmarkt (Alles Gute,
Lothar!) und einem immer besseren Angebot sind
wir auf dem richtigen Weg.
Durch Ihre Buchspenden und Ihre Buchkäufe bei uns
am Hafen sowie online sind wir in der Lage, Men-
schen eine Perspektive zu geben, auch ohne große
Fördermittel in Anspruch zu nehmen. Unser Ziel,
einen möglichst großen Teil unserer Kosten in den
Projekten selbst zu erwirtschaften, trägt auch zum
individuellen Erfolg unserer Arbeit bei. Wer weiß,
dass er gebraucht wird und aktiv am Fortbestand un-
seres Vereins mitarbeitet, ist motivierter und besser
vorbereitet auf den ersten Arbeitsmarkt.
Naturgemäß sind wir als gemeinnütziger Träger mit
einem solchen Konzept auf Unterstützung angewie-
sen. Wir sind stolz auf den geringen Spendenanteil
an unserer Finanzierung, trotzdem sind Geld- und
Sachspenden weiterhin eine Bedingung für den
Fortbestand unserer Arbeit.
Wir freuen uns aber auch, wenn Sie uns und un-
sere „Produkte“ empfehlen. Verschenken Sie doch
einen unserer Buchgutscheine oder ein bodo-
Förderabo oder werben Sie für Ihr Unternehmen
im Straßenmagazin.
Wenn Sie Menschen treffen, die betteln müssen
oder die Flaschen sammeln, erzählen Sie ihnen von
unserem Angebot: Jeder Bedürftige, der zu uns
kommt, erhält einen Verkaufsplatz, einen Verkäu-
ferausweis und 10 bodos als Geschenk – 18 Euro für
einen Neuanfang.
Diese Empfehlung gilt übrigens auch für die Men-
schen, die mit Straßenzeitungsimitaten immer mehr
zum Problem für unsere Arbeit werden. Um Sankti-
onen durch die Ordnungsämter zu entgehen – das
Ansprechen von Passanten um Geld gilt als aggressi-
ves Betteln – „tarnen“ sich immer mehr Bettlergrup-
pen mit falschen Straßenzeitungen. Sogar kopierten
bodo-Titelseiten sind wir schon begegnet.
Bitte kaufen Sie Ihre bodo nur, wenn sie aussieht
wie dieses Magazin und nur bei einem Verkäufer
oder einer Verkäuferin mit bodo-Verkäuferausweis.
Vielen Dank!
Wenn Sie mehr über unsere Arbeit „zwischen zwei
Zeitungen“ erfahren wollen, besuchen Sie uns auf
unserer Internetseite www.bodoev.de oder bei
www.facebook.com/bodoev.
Viele Grüße von bodo,
Bastian Pütter – [email protected]
3
INHALT 03
02 Editorial | Impressum
04 Menschen Hans Dreher von Dr. Birgit Rumpel
Das Rottstr5 Theater erfüllt alle Klischees vom freien, anarchistischen
Off-Theater. Doch die Macher hängen an der traditionellen Aufgabe ihrer
Kunstform: Sie wollen die großen Themen auf die Bühne bringen. bodo
besucht den künstlerischen Leiter des Theaters Hans Dreher und erfährt
einiges über seinen Werdegang, angefangen bei einfachen Statistenrollen
hin zum Walzer mit Klaus Maria Brandauer.
06 Neues von bodo
07 Maikes Verkäufertagebuch
08 Straßenleben Hotel Eden von Bastian Pütter
Als am 30. Oktober 1956 Lieselotte Kleffmann das Hotel Eden nahe dem
Ring eröffnete, jubelte die Bochumer Woche: „Privatinitiative und echter
Unternehmergeist schufen für unsere Stadt einen respektablen Hotelneu-
bau.“ Die Bochumer Rundschau lobte: „Geschmackvoll von A bis Z!“ Das
ist lange her. Nach einer wechselvollen Geschichte ist das Eden Bochums
ewige Ruine, ein Symbol für die Schwierigkeiten von Stadtentwicklung –
und ein Thema für Bochumer Kunst.
10 Neues von Rosi | von bodo-Verkäuferin Rosi
11 Neues von bodo Sechs Millionen Leser vom Street News Service
Mehr als 100 Straßenmagazine, die von Wohnungslosen in 40 Ländern
verkauft werden, erreichen eine Leserschaft von 6,2 Millionen Menschen
pro Ausgabe – eins davon ist bodo.
12 Zum Haare raufen Gewerkschafts-Trallalala von Nina Mühlmann
Sekt „for free“ beim ver.di-Empfang.
12 Kultur 24 Stunden Ulysses im Rasthaus Fink von Sebastian Sellhorst
Das Werk „Ulysses“ des irischen Schriftstellers James Joyce ist nicht be-
kannt dafür, leichte literarische Kost zu sein. In einer 24-Stunden-Lesung
nähert sich das Rasthaus Fink diesem Meisterwerk der Weltliteratur.
13 Wilde Kräuter Eberesche_2 von Wolfgang Kienast
Wer frustriert vom verregneten Sommer freudig der vom Maya-Kalender
prophezeiten Apokalypse entgegenfiebert und vorher nochmal gut essen
möchte, findet diesmal ein leckeres Rezept für Pfifferlinge mit Kürbis an
Vogelbeerenpüree.
14 Reportage Das Bochumer Antiquariat Ubu von Wolfgang Kienast 1986 gründete Wolfgang Jöst sein eigenes Antiquariat, nachdem er zuvor bei
der Politischen Buchhandlung Bochum aktiv war. Mittlerweile ist „Ubu“ eine
Anlaufstelle für Liebhaber skurriler und seltener Literatur. Der Bestand ist
nicht katalogisiert, sondern nur im Kopf des Buchhändlers erfasst. Wer sich
aber die Zeit nimmt zu stöbern, kann Schätze entdecken.
17 Literatur Der David ist dem Goliath sein Tod gelesen von Bastian Pütter
„Seine Geschichten sind von anarchischer Komik und so idyllisch wie der
Ruhrschnellweg. Er kann auch sehr sanft sein. Will er aber nicht.“
18 Der Kommentar Hallo Saufraum! von Bastian Pütter
18 News | Skotts Seitenhieb
20 Das Ruhrgebiet Man sollte wieder Opel fahren! von Peter Erik Hillenbach
20 Kinotipp The Future im endstation.kino
21 Veranstaltungskalender | Verlosungen | CD-Tipps von Benedikt von Randow
28 Interview Psychologin Michaela Pavelka von Bianka Boyke
Arbeitsüberlastung, Versagensängste oder die Pflege von Angehörigen –
viele Menschen sind heutzutage überfordert. Die Folge kann eine völlige
psychische und körperliche Erschöpfung sein. bodo-Redakteurin Bianka
Boyke sprach mit Diplom-Psychologin Michaela Pavelka über die Krankheit
Depression bei Eltern und Kindern.
30 Literatur Bücher über Depression gelesen von Bianka Boyke
32 Kreuzworträtsel | Sudoku
33 Eselsohr Wale 2 von Volker Dornemann
34 Keine Voranmeldung, keine Praxisgebühr! von Sebastian Sellhorst
Obdachlose Menschen sind meist über gesetzlich geregelte Leistungen
medizinisch versorgt. Doch allzu oft passen die Angebote nicht zu deren
Lebenssituation. Ein Besuch bei der „Aufsuchenden medizinischen Hilfe für
wohnungslose Menschen in Dortmund e.V.“.
36 Orte Den Tod zurück ins Leben holen von Marcus Preis
Immer mehr Gotteshäuser bleiben als solche ungenutzt. Seit einem Jahr
beherbergt die Dortmunder Liebfrauenkirche ein Kolumbarium. Sie ist die
erste Grabeskirche im Ruhrgebiet.
38 bodo geht aus Goldkante von Hanno Jentzsch
Die Goldkante ist wieder da. Nach anderthalb Jahren Renovierung ist der
Umzug der kleinen Szenebar nach Bochum-Ehrenfeld geschafft. Das be-
währte Konzept bleibt: Die Goldkante ist ein Laden zum Selbermachen.
39 Leserbriefe | Cartoon
Unser Titelbild der November-Ausgabe:
Wolfgang Jöst in seinem Bochumer
Antiquariat Ubu (siehe S.14).
Foto: Claudia Siekarski
14280408 34
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Das Rottstr5 Theater erfüllt alle Klischees vom freien, anarchistischen Off-Theater. Doch die Macher hängen an der traditionellen Aufgabe dieser Kunstform: Sie wollen die großen The-men auf die Bühne bringen.
Sobald man durch die kleine Tür in der Glasbaustein-
fassade tritt, steht man mittendrin im Einraum-
Theater unter der S-Bahnlinie an der Bochumer
Rottstraße. Begehbar vom Hinterhof eines Asia-Su-
permarktes, die Einfahrt vis-à-vis einer Tabledance-
Bar. Hier vermutet niemand Hochkultur, doch genau
die wollen die Macher des Theaters bieten. „Wir
thematisieren nicht die Alltagsprobleme aus der
Nachbar-WG, wir bringen die klassischen Themen
auf die Bühne“, erklärt Hans Dreher, einer der künst-
lerischen Leiter des Theaters. Von Anfang an gehört
er zum festen Team um Theatergründer Arne Nobel.
Wir nehmen am Bühnenrand im Parkett Platz. Heu-
te ist das ein nostalgisches Sofa, dessen Federn
uns kurz über dem Boden doch noch auffangen.
Während wir locker ins Gespräch kommen, finden
sich Kollegen ein, um die Bühne aufzuräumen. Wer
am Vorabend noch als Regisseur Premiere feierte,
schwingt heute den Besen. So ist das hier. „Es
ist ganz typisch für alle, die hier arbeiten. Jeder
macht verschiedene Jobs und packt überall mit
an“, freut sich Hans Dreher, der natürlich selbst
mithelfen würde, wenn wir ihn nicht davon abhiel-
ten. Im Viertelstundentakt rumort es im Bühnen-
himmel, wenn die S-Bahn über uns hinwegrollt.
Angelegentlich wird dies in die Stücke eingebaut,
es gehört einfach zu diesem einzigartigen Theater.
Die Theaterleidenschaft ist Hans Dreher nicht unbe-
dingt in die Wiege gelegt. Er wurde 1975 in Japan ge-
boren, wo er die ersten drei Lebensjahre verbrachte.
Die Familie folgte den beruflichen Stationen der El-
tern, der Vater Manager, die Mutter Wirtschaftsjour-
nalistin. „Ich liebe die Geschichte, dass mein Vater
den BH nach Asien gebracht hat“, freut sich Dreher,
denn damals war der Vater unterwegs, für den gu-
ten alten Markenhersteller Triumph den asiatischen
Markt zu erobern. Weitere Stationen waren verschie-
dene Städte in den U.S.A, wo Hans Dreher und seine
Schwester amerikanische Schulen besuchten und in
wohl geordneter Vorstadtidylle aufwuchsen. Erst ge-
gen Ende der Schulzeit besuchte er nahe New York
eine deutsche Schule als Vorbereitung auf die Rück-
kehr der Familie nach Bayern. „Ich hatte damals ei-
nen erbärmlichen Wortschatz“, erinnert er sich.
Hans DreherGroße Geschichten auf kleinem Raum
MENSCHEN | von Dr. Birgit Rumpel | Fotos: Claudia Siekarski04
5
Für das bayerische Abitur hat der allerdings ge-
reicht, und nach der Bundeswehrzeit begann er
sein Studium der Theaterwissenschaften, Anglistik
und Amerikanistik. Während des Studiums suchte
er die Nähe zum Theater durch zahlreiche Auftritte
als Statist. „Ich war spezialisiert auf abgedrehte
Rollen, etwa den nackten Irren in Musils ‚Mann
ohne Eigenschaften‘.“ Diese Engagements führten
dazu, dass er mit zahlreichen Größen der deut-
schen Theaterlandschaft zusammentraf, die ihn
nachhaltig beeindruckten. Wer walzert schon mal
mit Klaus Maria Brandauer über die Bühne und wird
von ihm abgeschmatzt? Solche Erlebnisse und die
damit verbundenen Anekdoten sind es wohl, die
die Theaterleidenschaft weiter befeuerten.
Von einer Schauspielkarriere ließ er sich durch eine
missglückte Aufnahmeprüfung abbringen. „Für weitere
solcher Demütigungen fehlte mir die psychische Kraft.“
Doch die Liebe zum Theater blieb und er erkannte, dass
das Inszenieren viel eher das war, was er wollte. Nach
dem Studium war er Regieassistent am Residenzthea-
ter in München, wo er allerdings erkennen musste, dass
kein Interesse an der Nachwuchsförderung bestand. Da
kam es gerade recht, dass Elmar Goeben ihn 2005 mit
ans Schauspielhaus nach Bochum nahm, wo er Arne
Nobel kennenlernte. Genauso wie der gute Ruf einer
Intendanz auf die Mitarbeiter abstrahlt, ist es leider
auch im umgekehrten Fall. Deshalb standen die Chan-
05
cen schlecht, nach dem Ende der Goeben-Intendanz
einen neuen Job zu finden. „An die 100 Bewerbungen
habe ich im gesamten deutschsprachigen Raum ver-
schickt, ohne auch nur eine Antwort zu bekommen.“
Doch statt den Kopf in den Sand zu stecken und sich
der drohenden Arbeitslosigkeit zu ergeben, begrif-
fen sie die Situation als Chance, die Dinge selbst in
die Hand zu nehmen. Also begannen sie das gemein-
same Projekt des eigenen Theaters. „Wir profitier-
ten davon, dass mit uns auch viele arbeitswütige
Schauspieler ihren Job verloren“, beschreibt er die
Anfangsphase vor gut zwei Jahren. Mittlerweile hat
sich vieles eingespielt, es gibt fünf feste Teammit-
glieder und einen Jahrespraktikanten, sodass dann
und wann mal ein freier Tag möglich ist. Allerdings
lebt hier keiner vom Theater, das dank einiger Förde-
rer gerade so über die Runden kommt. „Es herrscht
Haushaltssperre, wir bekommen keine finanzielle
Förderung von der Stadt, aber man ist uns wohlge-
sonnen und vermittelt gute Kontakte zu Förderern,“
erklärt Hans Dreher, der wie alle seine Kollegen sei-
nen Lebensunterhalt durch weitere Jobs bestreitet.
Neben gelegentlichen Regiearbeiten an anderen
Theatern organisiert er größere Veranstaltungen.
Eine gewisse Technikbegeisterung lassen die drei Han-
dys vermuten, die er während unseres Gespräches in
einiger Entfernung liegen lässt. „Ich hasse das Leben
mit drei Handys“, schmunzelt er und erklärt, dass er
nur noch nicht den einen genau für ihn passenden Tarif
gefunden hat. Dass er als Nerd der Truppe gilt, liegt
weniger an überdurchschnittlichen PC-Kenntnissen,
sondern an seiner unverhohlenen Vorliebe für Populär-
kultur. „Ich bin nun mal mit den Simpsons aufgewach-
sen“, stellt er fest und schwärmt für Comic-Verfilmun-
gen und Actionfilme: „Es gibt kaum einen Kinofilm, der
nicht von einem Kampfroboter profitiert.“ Auch darin
sieht er die Wiederaufnahme der klassischen Mythen
– eine These, für die er von den Theaterkollegen aller-
dings keine Zustimmung erwartet.
Ansonsten harmoniert aber der künstlerische An-
satz. „Wir kommen alle aus einer klassischen Thea-
tersozialisation. Vieles heute ist eine Reaktion auf
das, was wir an den traditionellen Theatern und
deren Akteuren nicht mochten“, beschreibt Dreher
die gemeinsame Entwicklung der letzten Jahre.
„Dabei sind wir eigentlich stockkonservativ, denn
wir holen die Klassiker auf die Bühne.“ (biru)
INFO
ROTTSTR5 Theater
Rottstraße 5 | 44793 Bochum
www.rottstr5-theater.de
bodo verlost 2 x 2 Karten für eine Vorstellung nach Wahl (siehe S.21)
6
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Ja, ich möchte das bodo Straßenmagazin
für meinen Wartebereich abonnieren.
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BLZ 44050199. Bitte senden Sie mir eine
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bodo e.V.Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
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06 NEUES VON BODO | www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev
schafft Chancenbodo
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[email protected] | 0231 – 88 22 825
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„ueber Mut“, das vierte Filmfestival der „Aktion Mensch“, ist seit November 2010 durch insgesamt 100 Städte unterwegs, unterstützt u.a. von den Kol-legInnen der Stuttgarter Straßenzeitung TrottWar.
Bereits im Juli konnten wir im Kino Endstation im
Bahnhof Langendreer anlässlich des Films „Die Kin-
der von Don Quichote“ unsere Arbeit vorstellen und
diskutieren. Nun erreicht das Festival auch das Dort-
munder SweetSixteenKino.
Das Thema des französischen Dokumentarfilms: Im
Herbst 2006 schlagen zahlreiche Obdachlose im Zen-
trum von Paris ihre Zelte auf. Eine Demonstration, die
Solidarität mit den rund 100.000 Menschen fordert,
die in Frankreich auf der Straße leben. Über das In-
ternet ruft sie die Pariser auf, einige Nächte bei den
Obdachlosen zu verbringen. Die Aktion der Gruppe, die
sich „Kinder von Don Quijote“ nennt, fordert, der Staat
solle jedem Bürger dauerhaften Wohnraum zusichern.
Unter dem öffentlichen Druck verspricht Nicolas Sar-
kozy Tausende neuer Wohnprojekte. Die Geschichte ist
ein Beispiel dafür, was Wahlversprechen sein können.
Der Film läuft am 5. Dezember um 19 Uhr,
das Festival vom 1. bis zum 8. Dezember.
Mehr auf www.bodoev.de
bodo im Kinobodo bei der Buchmesse
Eine „Delegation“ unseres Projekts Buch besuch-te am 12. Oktober die Buchmesse in Frankfurt a.M. Mit unseren Auszubildenden Steffi und San-dra informierten sich unsere BuchhändlerInnen Suzanne und Peter, knüpften Kontakte zu Verla-gen und besuchten alte Bekannte wie den Dort-munder Grafit Verlag.
Am Sonntag ging es dann noch einmal nach Frank-
furt, um Bücher abzuholen, die uns von mehreren
Verlagen zur Verfügung gestellt wurden. Vor allem
aus der Gourmet Gallery in Halle 3.1 bekamen wir
wahre Schätze geschenkt. Aktuelle Kochbücher fin-
den Sie ab sofort in unserem Buchladen in der Mal-
linckrodtstraße 270 in Dortmund.
Wir bedanken uns herzlich bei den Verlagen, die
uns Bücher aus ihrer Standdekoration gespendet
haben, und besonders bei Nadine Wedel und dem
Hamburger Murmann Verlag, der uns den gesamten
Buchbestand des Messestandes gegen Spendenquit-
tung überlassen hat! Besonders danken wir Maren
Ongsiek von der Frankfurter Buchmesse, die uns
hilfreich zur Seite stand und die Verlage über uns
informierte. Die neidischen Blicke der KollegInnen
sprechen übrigens dafür, dass wir im nächsten Jahr
mit einer größeren Gruppe anreisen werden...
7
07
Hallo liebe bodo-LeserInnen,
hier meldet sich die zahnlose „Oma“ Maike
wieder. Wolltet ihr etwa weiterlesen? Jaha,
dann legt mal los.
8. September Heute wieder Zahnarztter-
min. Das heißt, von den kaputten Zähnen
wurden wieder welche gezogen. Nun ja.
Wenn einmal wer „A“ sagt bei Zahnschmer-
zen, muss er dann auch „B“ sagen und sollte
dann bei sich selber konsequent sein und
beim Zahnarzt die Behandlung durchziehen.
10. September Heute ist kein Tag wie jeder
andere Tag. Denn für vier Wochen hole ich
den Kanarienvogel vom Bekannten ab, weil
er für drei Wochen in den Urlaub fliegt.
14. September Ja, so isses, wenn die ver-
storbene Oma 97 Jahre alt wird und dann
schon 12 Jahre nicht mehr am Leben ist.
Bekannter im Urlaub bei über 30 Grad, und
ich habe um 12 Uhr einen Fußpflegetermin.
19. September Statt Zeitungsverkauf muss-
te ich heute zur Krankenkasse, um den Kos-
tenvoranschlag für die Behandlung meines
neuen Gebisses und zwei Kronen abzuge-
ben. Und mein Gefühl sagt mir: „Die Kran-
kenkasse übernimmt die gesamten Kosten.“
23. September Nachdem ich vom Zeitungs-
verkauf zurück war und den Briefkasten ge-
öffnet habe, fand ich einen Brief von der
Krankenkasse mit der Bestätigung zur vol-
len Kostenübernahme für ein neues Gebiss.
26. September Den Kostenplan von der
Krankenkasse geschnappt und ab zum
Zahnarzt. Da der Zahnarzt ab 17.10. für
14 Tage Urlaub hat, müsste mein neues
Gebiss bis zum 13.10. fertiggestellt sein.
Das heißt: Nicht mehr rumtrödeln, son-
dern ranklotzen.
28. September Heute ist es ein stressiger
Tag. Früh morgens Zahnarzttermin, dann
Verkäuferversammlung und anschließend
zum Zeitungsverkauf noch raus. Anschlie-
ßend ab nach Hause.
Nun ist der Monat bald vorbei und in über
zwei Monaten ist schon Weihnachten. Wie
die Zeit vergeht. Also wünsche ich Euch
bis bald alles Gute, Eure (noch) zahnlose
„Oma“ Maike.
MAIKES VERKÄUFERTAGEBUCH
1.000 Euro für bodo. Mindestens.
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Wir erhalten keine regelmäßige öffentliche Förde-
rung, sondern versuchen einen möglichst großen
Anteil unserer Kosten in den Projekten selbst zu
erwirtschaften. Wir schaffen Möglichkeiten, Räume
und Bedingungen, aktiv zu werden – im eigenen
und im Interesse des Vereins. Und wir haben dabei
die Erfahrung gemacht, dass nichts mehr motiviert
als Mitglied eines Teams zu sein, das für gemeinsa-
me Ziele arbeitet.
Das große Glück dabei ist, praktisch nur mit Men-
schen zu tun zu haben, die wirklich arbeiten wollen.
Das Maß an Identifikation unserer Mitarbeiter zeigt
uns, dass unser Weg der Richtige ist.
Als gemeinnütziger Träger brauchen wir jedoch wei-
terhin Unterstützung. Wir sind auf Ihre Geld- und
Sachspenden angewiesen, freuen uns über Förder-
mitgliedschaften und neue Anzeigenkunden im Stra-
ßenmagazin.
Aber auch ein einfacher Klick im Internet kann ba-
res Geld für uns bedeuten. Eine große Versicherung
spendet 1.000 Euro an die 1.000 Vereine, die am
meisten Unterstützer mobilisieren können. Schon
jeder 20. bodo-Leser dürfte reichen, um unter den
Gewinnern zu sein. (Und dabei darf jede Mailadresse
sogar dreimal teilnehmen.)
Den Link finden Sie auf unserer Homepage:
www.bodoev.de
oder direkt hier:
https://verein.ing-diba.de/soziales/44147/bodo-ev
Menschen am Rande eine Perspektive zu bieten, ist das Ziel unserer Arbeit. Von vielen anderen unterscheiden wir uns durch die zentrale Rolle, die die „Betroffenen“ dabei einnehmen. Wer zu uns kommt, ob als Verkäufer des Straßenmagazins, als Mitarbeiter im Buchprojekt oder in unserem Transport-Team, nimmt sein Leben wieder selbst in die Hand – und weiß, dass er unmittelbar zum Fortbestand und zum Erfolg des Vereins beiträgt.
8
Ω
Typische Nachkriegsarchitektur im
Ruhrgebiet. Das Hotel Eden 1978
auf einem Foto der Pressestelle
Bochum.
¬
Für den Fotografen Thomas Bocian
ist das Eden eine „energetisch
aufgeladene Hülle“. Sein Fotopro-
jekt bietet einen überraschenden
Zugang in dessen Inneres.
STRASSENLEBEN | von Bastian Pütter | Fotos: Thomas Bocian08
Das ewige EdenBochums berüchtigte Hotelruine feiert Geburtstag
Als am 30. Oktober 1956 Lieselotte Kleffmann das Hotel Eden im Bochumer Zentrum eröffnete, ju-belte die Lokalpresse: „Privatinitiative und echter Unternehmergeist schufen für unsere Stadt einen respektablen Hotelneubau.“ Die Rundschau lobte nach der Besichtigung im Gefolge des Oberstadt-direktors: „Geschmackvoll von A bis Z!“ Das ist lange her. Nach einer wechselvollen Geschichte als Stundenhotel und Flüchtlingsunterkunft ist das ungeliebte Wahrzeichen Bochums ewige Ruine, ein Symbol für die Schwierigkeiten von Stadtentwicklung – und ein Thema für die Kunst.
Das Eden war Bochums erstes Innenstadthotel, doch damit noch nicht das erste Haus am Platz. Mit
seiner unaufgeregten, aber auch wenig aufregenden Nachkriegsarchitektur lag es unmittelbar am viel
befahrenen Innenstadtring, aber auch in (un-)günstiger Nähe zum Bochumer Rotlichtviertel. Das war
zu Beginn für das Kongress- und Tagungspublikum vielleicht ein angenehmer
Nebeneffekt, wurde jedoch bald zum zentralen Faktor. Bereits in den 1960er
Jahren nutzen die Prostituierten rund um den „Eierberg“ mit ihren Freiern das
Eden als Stundenhotel.
Innerhalb weniger Jahre hatte sich das Bild gewandelt. Zur Eröffnung hat-
ten die Ruhr Nachrichten noch geschwärmt: „Die 50 Zimmer – davon zehn
Zweibett-Zimmer – sind in frohen Farben gehalten, von Raum zu Raum ver-
schieden. Bei Tag und bei Nacht, wenn die Fenster erleuchtet sind, wirkt die
Front des Hotels an einer der belebtesten Ecken der Innenstadt nicht weniger
frohgestimmt im grauen Revierbild.“
Das ließ sich gut zehn Jahre später auch ganz anders sehen. In direkter
Innenstadtlage, sichtbar für jeden Durchreisenden, hatte Bochum am Eingang
der „finsteren“ Rottstraße mit ihren Sexshops und Table-Dance-Bars eine ex-
ponierte Schmuddelecke. Stück für Stück heruntergewirtschaftet, endete bald
auch der Hotelbetrieb.
Hier ist nicht das Paradies
Und wie nutzt man Räume, die so heruntergewohnt sind, dass sie nicht einmal mehr für schnellen Sex
zu vermieten sind? Man quartiert AsylbewerberInnen ein. Aus dem ersten Innenstadthotel Bochums
wurde das erste innerstädtische Flüchtlingsheim. So fand auch Bochum eine symbolische Position zur
allgemeinen deutschen Befindlichkeit zu Beginn der 1990er Jahre. Was macht mutmaßlichen Asylbe-
trügern ihre verfehlten Hoffnungen besser deutlich als ein heruntergekommener Puff, über dessen
Eingang „Hotel Eden“ steht? Hier ist nicht das Paradies.
Im April 1994 endet auch dieses Kapitel, seitdem bleibt das Hotel Obdachlosen vorbehalten. Mit
wenigen Ausnahmen: Nach Schließung des Flüchtlingsheims werden die Katakomben des Eden zur
illegalen Party-Location. Mitte der Neunziger ringt die lokale Trance-Szene in den ungelüfteten
Kellerräumen nach Atem, seitdem wird das ehemalige Hotel immer mal wieder von „urban explorers“,
Metalldieben und Freunden des unbehelligten Vandalismus besucht. Auch sie bremst der blühende
Schimmel im Haus und der fortschreitende Verfall.
Warten auf Kyriakos
Nach Ende der offiziellen Nutzung beginnt ein anderes Elend. Der Bochumer Investor Kyriakos Pet-
mesas kauft das Haus, um ein „völlig neues Hotel der gehobenen Klasse mit erträglichen Preisen“ zu
errichten – „Kein Luxushotel, aber eine Herberge für jedes Portemonnaie.“ Was verdächtig nach „Eden
revisited“, nach dem Neuaufguss eines früh gescheiterten Konzepts klingt, muss den Paxistest nicht
bestehen. Seit 17 Jahren tut sich nichts.
Bis 2008 ist das Eden immer wieder Thema in der Verwaltung, in der Stadtöffentlichkeit, in der
Bochumer Tagespresse. Die Zeitungsartikel sind schnell geschrieben, denn sie bleiben über Jahre
10
NEUES VON ROSI | von bodo-Verkäuferin Rosi
Hallo liebe Leserinnen und Leser der
November-Ausgabe.
Im vorletzten Monat hatten wir neue
Verkäufersprecher-Wahlen. Ich wollte
beiden Sprechern an dieser Stelle al-
les Gute und viel Erfolg wünschen.
Viele Kunden haben mich gefragt,
warum ich eine dunkle Brille trage.
Ich möchte meine Augen vor Sonnen-
strahlen schützen. Ich bin am grauen
Star operiert worden. Grund: Ich sah
immer alles nebelig. Erst durch die
Augenärztin habe ich erfahren, dass
ich grauen Star habe. Das zweite Auge
kommt am 4. November dran. Ich hof-
fe, dass alles gut geht.
Als die Eröffnung der Thier-Galerie
war, habe ich auch mal reingeschaut.
Es war sehr voll und eng ebenso. Wenn
ich mal mehr Zeit habe, dann werde
ich noch mal rein schauen. Außerdem
hatte ich den Ausgang nicht mehr
gefunden. Es ging mir nicht nur al-
lein so. Wollen hoffen, dass es beim
nächsten Mal besser klappt.
Ach ja. Die Firma Dr. Ausbüttel unter-
stützte uns bei der Werbung für bodo.
Sie verkauften für uns bodos und be-
fragten die Leute, ob sie bodo kennen
würden. Bin sehr gespannt, was bei
der Umfrage ‘rauskam. Die Mitarbeiter
von bodo bekamen ein T-Shirt und ein
Namensschild geschenkt.
Morgen gibt es neue Zeitungen. Alle
warten schon auf die neue Ausgabe.
Was sagen Sie zu dem schönen Herbst?
Wir werden richtig verwöhnt. Ich hof-
fe, dass es so bleibt.
Ich möchte nun Schluss machen und
grüße wie immer, Ihre Rosi
10
inhaltsgleich: Der Investor investiert nicht. „Die Stadt hat keine Handhabe“, grollt der Stadtsprecher
im Jahr 2000, „Uns sind die Hände gebunden“, klagt sein Nachfolger 2005.
Währenddessen beginnt das Eden zu erblühen: Durch eindringende Feuchtigkeit entsteht ein mit Gras
und Farnen bewachsener „grüner Salon“. Moos, Schimmel und sogar Birkentriebe bemächtigen sich
des „Paradieses“ und beschädigen die Bausubstanz irreparabel.
Unabreißbar
Nach 13 Jahren Verfall scheint die Lösung gefunden. Als 2008 der bayrische Spielhallenbetreiber Petros
Vasiliou die Ruine übernimmt, sind die Reaktionen fast euphorisch. Ein Neubau soll her, ausgerechnet
gefüllt mit zehn Spielhallen à 150 qm, nebst Bistro – eine Riesenspielhölle als kleineres Übel. Als Schmer-
zensgeld winken der klammen Kommune Hunderttausende Euro Vergnügungssteuereinnahmen pro Jahr.
Während vorher allen Ernstes der „Schandfleck Eden“ als Stolperstein auf dem Weg zur Kulturhaupt-
stadtbewerbung bezeichnet wurde, soll nun ein Daddelbudenhaus die Kulturachse vom Ehrenfeld
entlang der Viktoriastraße bis hin zur Rottstraße verbinden.
Was zu diesem Zeitpunkt keiner ahnt: Geschichte wiederholt sich, und das Eden hat einen langen
Atem. Seit exakt drei Jahren begleitet die Bochumer Öffentlichkeit den Prozess mit monatlichen
Wasserstandsmeldungen und immer neuen Abrissterminen. Der Streit um die Konzessionsverlängerung
bis 3 Uhr morgens, eine angekündigte und dann abgeblasene Zwangsversteigerung, neue Hotelpläne,
die Entscheidung für ein „Casino“, zusätzliche Büroflächen, die Möglichkeit späterer Umnutzungen,
Streit um die Fassadengestaltung und fehlende Unterlagen – ein Pingpong-Spiel zwischen Stadt und
Investor, bis zur Baugenehmigung Ende Juni.
Wer geglaubt hatte, damit sei der Knoten durchschlagen, sah sich getäuscht. Obwohl ein „intelligen-
tes Abrisskonzept“ stehe und alles nur auf die Baugenehmigung gewartet habe, tut sich nichts an der
Rottstraße. Alles auf Null. In aller Ruhe und ohne dass ein Bagger angerückt wäre, hat das Eden am
letzten Oktobersonntag seinen 55. Geburtstag begangen. Fast ein Drittel der Zeit steht es leer.
Kunst
Irritation Eden: 2001 bereits bemächtigten sich Studierende der Dortmunder FH Design des Hauses,
renovierten und gestalteten – zwischenzeitlich vom Bauordnungsamt vor die Tür gesetzt – begehbare
Kunstwerke in den ehemaligen Hotelzimmern.
In diesem Jahr war es der Bochumer Fotograf Thomas Bocian, der mit einer vielbeachteten Dreifach-
ausstellung und einem überraschenden künstlerischen Zugang das Eden in Besitz nahm.
Übrigens auch ganz wörtlich, denn seit „Hotel Eden – hinter der
Fassade“ fehlen die großen Leuchtbuchstaben über dem Haupt-
eingang des Hotels. Sie wiesen den Besuchern der Ausstellung
den Weg und sollen zum Abriss für einen guten Zweck versteigert
werden. So er denn kommt.
Für Bocian ist das Eden eine „energetisch aufgeladene Hülle“,
etwas zu dem jeder Bochumer eine meist konfliktträchtige Be-
ziehung hat. Bewusst wertfrei gibt er den Blick frei hinter diese
Fassade. Im Mittelpunkt seiner Arbeit stehen ungewöhnliche
Aufsichten. „Das Konzept entstand, als ich im ,Urwaldzimmer‘ die
Kamera durch die Bodenbretter schob und so den ganzen Raum
von oben im Blick hatte.“ In noch weitgehend intakten Zimmern
wiederholte er diese Perspektive, mit einigem technischen Auf-
wand. Mit einem Stativ machte Thomas von der Zimmerdecke aus 10 bis 16 Fotos von jedem Raum und
setzte sie am Computer perspektivgetreu zusammen.
Nun hat das Beharrungsvermögen des alten Eden den Künstler zum Begleiter gemacht. Statt einen
Schlusspunkt gesetzt zu haben, werden seine Arbeiten weitere Ausstellungen erleben. Ein Memory-
Spiel mit den Zimmeransichten Thomas Bocians, der „Hotel Eden Reminder“ erinnert nun nicht nur an
das untergegangene Eden sondern an dessen vorläufige Unsterblichkeit. (bp)
Thomas Bocian
11
Das zweite Jahr in Folge sind die Absatzzahlen der Straßenmagazine weltweit gestiegen und helfen so Zehntausenden Menschen aus der Ar-mut. Dieser Anstieg widersetzt sich damit dem Absatztrend, der bei vielen Zeitschriften und Zeitungen aus dem Bereich der Massenmedien zu einer sinkenden Auflage geführt hat.
Die Zahlen des Internationalen Netzwerks der Stra-
ßenmagazine (INSP) zur neuen Kampagne „Ihre
Stimme für Respekt“ zeigen, dass die mehr als 100
Straßenmagazine, die von Wohnungslosen in 40
Ländern verkauft werden, jetzt eine summierte Le-
serschaft von 6,2 Millionen Menschen pro Ausgabe
verzeichnen können. Ein Plus von 160.000 gegen-
über 2010.
Diese bemerkenswerte Medien-Erfolgsgeschichte
unterstreicht das Erfolgsrezept der Straßenmaga-
zine. Sie verbinden unabhängigen Journalismus
mit sozialer Unterstützung, um den Ärmsten der
Welt zu helfen. Die INSP-Recherche hat ergeben,
dass durch den Verkauf von Straßenmagazinen be-
NEUES VON BODO | vom Street News Service | Fotos: Street News Service
Sechs Millionen Leser entscheiden:
reits mehr als 200.000 Menschen weltweit aus der
Obdachlosigkeit gelangen konnten.
Das Konzept der Straßenmagazine bietet den Ver-
käufern eine Möglichkeit, ihr Leben zu ändern und
der Armut zu entkommen – die Schlüsselbotschaft
der INSP-Kampagne 2011 „Ihre Stimme für Respekt“.
Lisa Maclean, Geschäftsführerin von INSP: „Straßen-
magazine bieten einen würdevollen Arbeitsplatz und
soziale Unterstützung für Zehntausende obdachlose
und arme Menschen in 40 verschiedenen Ländern.
Gleichzeitig sind sie eine wundervolle Quelle für
qualitativen, unabhängigen Journalismus. Straßen-
magazine sind in der einzigartigen Position, Ge-
schichten aufzudecken und Meinungen und Themen
von Menschen zu teilen, die in den Massenmedien
normalerweise nicht erscheinen. Und mit jeder Aus-
gabe erreichen sie die unglaubliche Zahl von sechs
Millionen Menschen weltweit.“
Straßenmagazine sind in Nordamerika und Europa
fest etabliert, während andere in Ländern wie Ar-
gentinien, Philippinien, Sambia und Malawi gerade
beginnen. Neue Magazine sind in Taiwan und Süd-
korea auf den Markt gekommen. Und schon bald
wird ein neues Straßenmagazin in Nigeria auf den
Markt gebracht.
Eines der Hauptziele von INSP in den vergangenen
Jahren war es, den redaktionellen Inhalt der ver-
schiedenen Titel zu stärken – durch die Einführung
der vielsprachigen Online-Agentur mit dem Namen
Street News Service (SNS). SNS führt den besten
Inhalt der verschiedenen internationalen Magazine
auf einer Plattform zusammen und bietet den Re-
dakteuren die Möglichkeit, Geschichten wiederholt
abzudrucken.
Der SNS wird unterstützt von den weltweit agieren-
den Nachrichtenagenturen Reuters und der in Rom
sitzenden Agentur Inter Press Service. Jon Snow von
den Channel 4 Nachrichten ist Schirmherr des SNS,
während Tom Thomson, Geschäftsführer der The He-
rald and Times Group aus Schottland, Ehrenredak-
teur ist.
David Schlesinger, Vorsitzender von Thomson Reu-
ters China, ist Ehrenpräsident von INSP. Er sagt:
„Reisen Sie durch die Welt und kaufen Sie ein Stra-
ßenmagazin oder eine Straßenzeitung und Sie tun
nicht nur Gutes, Sie bekommen wirklich etwas Gu-
tes. Als jemand, der immer an die offenbarende und
ändernde Kraft des Journalismus geglaubt hat, bin
ich wirklich stolz, Teil dieser Bewegung zu sein. Sie
zeigt, wie die gedruckte Form den Menschen helfen
kann, ihr eigenes Leben zu ändern und gleichzeitig
eine Wirkung auf die Gesellschaft um diese Men-
schen herum haben kann.“
David Burnett, der weltbekannte amerikanische
Fotojournalist und Fotograf des Time Magazine,
ist eng mit dem INSP verbunden und hat gerade
mit seiner Nicht-Regierungsorganisation „Pho-
tographers for Hope“ an der Jahreskonferenz des
INSP in Glasgow teilgenommen. Er sagte: „In einer
Welt, die zunehmend durch moderne Technologien
verbunden ist, der es aber an menschlicher Ver-
bundenheit mangelt, ist dieses eine der wenigen
Bewegungen, die Enthusiasmus, Visionen und reine
Menschlichkeit verbindet, um das zu bieten, was
Technologie allein nicht kann: eine wundervolle
Quelle, um uns wahrhaftig zu verbinden.“
(Street News Service)
11
Würde statt Armut
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KULTUR | von Sebastian Sellhorst | Fotos: Claudia Siekarski
Dies sollen die letzten Worte des irischen Schriftstellers James Joyce gewesen sein. Nicht auszuschließen, dass sich diese Frage an die Le-ser seines wohl bekanntesten Werkes „Ulysses“ richtet. Jeder, der die Unsicherheit des Autors teilt, hat am 18. November die Möglichkeit, sich im Rasthaus Fink dem Thema „Ulysses“ mit vereinten Kräften zu nähern – in Form einer 24-Stunden-Lesung!
Mit „Ulysses“ schuf James Joyce zwischen 1914
und 1921 einen der bedeutendsten Romane des
letzten Jahrhunderts, da sind sich Literaturkriti-
ker in weiten Teilen einig. Auch fast 100 Jahre
später habe der Roman nichts von seinem Reiz
verloren. Es gibt nur ein Problem. Kaum einer, der
bei dem Versuch, das 1.008 Seiten starke Werk zu
lesen, nicht irgendwann das Buch beiseite gelegt
und es auch dort belassen hat. Ausnahmen bestä-
tigen hier natürlich die Regel. Zu verworren die
Handlungsstränge, zu oft wechselnde Erzählpers-
pektiven und zu guter Letzt Passagen mit völligem
Verzicht auf Satz- und Leerzeichen stellen den Le-
ser auf eine harte Probe.
Ähnlich muss es auch den beiden Betreiberinnen
des Rasthauses Fink am Dortmunder Nordmarkt er-
gangen sein. Aber wer das Fink und seine skurrilen
Veranstaltungsreihen kennt, weiß, dass dort aus
Erkenntnissen einer Bierlaune heraus auch schnell
eine Veranstaltung entstehen kann. Am 18. No-
vember soll im Fink „Ulysses“ gelesen werden. Und
als ob das Vorhaben nicht schon wagemutig genug
wäre, soll das Ganze auch noch am Stück über die
Bühne gehen. 24 Stunden, von 19 bis 19 Uhr, soll
die Reise zusammen mit dem Protagonisten Leopold
Bloom durch das Dublin des beginnenden 20. Jahr-
hunderts dauern. „Das wird nicht schön...“ steht
vielleicht nicht ganz zu Unrecht auf dem Veranstal-
tungsplakat. Eine Herausforderung ist es allemal.
Neben seiner Küche ist das Fink, das dieses Jahr
im Oktober sein zweijähriges Bestehen feierte,
mittlerweile vor allem für seine ausgefallenen
Veranstaltungsreihen bekannt. Angefangen bei
Tatort-Vorführungen der 70er Jahre, über den
mittlerweile weit über die Stadtgrenzen hinaus
bekannten Karaoke-Dia-Abend geht im Fink so
einiges über die Bühne, was man in dieser Form
noch nicht kannte. Diskussionsrunden im Format
einer Partie Blitzschach, bei der ein Zettel einge-
backen in die „Meinungsfrikadelle“ darüber ent-
scheidet, welche Position man in der darauf fol-
genden fünfminütigen Diskussion einnimmt, sind
neben Lesungen von Arztromanen der 80er Jahre
nur einige der skurrilen Events, die man im Fink
besuchen kann.
Bei 1.008 Seiten, die in 24 Stunden gelesen wer-
den sollen, bleibt einem etwas weniger als eine
»Versteht es niemand?«24 Stunden Ulysses im Rasthaus Fink
12 ZUM HAARE RAUFEN | von Nina Mühlmann
Ich bin gern unter Menschen, habe aber ein
Problem mit Gruppenzugehörigkeit.
Mein Arbeiterkinderherz schlägt höher, als ich
zum ver.di-Empfang geladen werde. Pünktlich-
keit ist oberstes Gebot, sonst verpasst man vor
der einstündigen Begrüßungsrede das Glas Sekt
„for free“. Gehe mit einer Freundin hin, um sie
für den Verein zu begeistern. Mit unserem Ein-
treffen stellt sich just ein leichtes Unwohlsein
in der Magengegend ein, die nichts mit dem
Warten auf das kostenlose Buffet zu tun hat.
Was zum Teufel mache ich hier? Warum riskiere
ich eine Freundschaft? Zum Glück versteht mei-
ne Freundin meine entschuldigenden Blicke und
wechselt in die Rolle der treuen Gefährtin, die
mit dir durch die Hölle geht.
„Zusammen durch dick und dünn“ – eine Grund-
idee von Gewerkschaft! Was hier passiert, ist
weniger eine Farce als eine Frechheit! Die Rede
dauert eine Stunde und zwanzig Minuten. Der
Geschäftsführer dankt allen für ihr Engagement,
weitere Mitglieder geworben zu haben. Ich
schaue mich um, man fühlt sich geehrt, nicht
verarscht. Zahlen folgen: 2.000 Neuanwerbungen
und 4.000 Austritte in diesem Jahr in Hamburg.
„Skandalös!“, rufe ich laut aus. Keiner reagiert.
Kriege es im Kopf nicht zusammen, dass ich von
denen doch Protest und Entrüstung gelernt habe!
Am Rednerpult wird munter weiter agitiert. Fühle
mich wie bei einer Sekten-Messe. Alle klatschen
ständig in die Hände und lächeln anerkennend.
Gleich kaufe ich aus Versehen eine Heizdecke,
die mir hier heimlich untergejubelt wird! Mir wird
warm, auf eine beunruhigende Art wohlig dabei.
Es ist schön hier. Ich kann kurz die Laute machen
und trotzdem haben mich noch alle lieb. Nach
der Rede gibt es Schnittchen. Mit dem Bänker
jenseits der Fünfzig am Nebentisch plaudere ich
über soziale Missstände in meiner Branche: „Wir
haben kein Geld, weißt du Rat? – Ach nee, ihr
habt ja auch keins“, kokettiere ich herum. Er lässt
derweil seine Vorliebe für Sado-Maso nicht unter
den Tisch fallen. Trotzdem gehe ich nach dem
Event fast noch mit ihm ein Bier trinken. Weil
man ja irgendwie zusammengehört, oder nicht?
Nehme die Flasche Gewerkschaftswein gerne mit
nach Hause. Bin dabei irritierenderweise bester
Laune, stecke noch ein paar Mitglieds-Werbekar-
ten ein und plane zeitgleich meinen Austritt. Das
allerdings nur rein theoretisch. (nm)
Gewerkschafts-Trallalala
13
Minute und dreißig Sekunden pro Seite. Das dass
nicht funktionieren kann, war schnell klar. Stellen-
weise wird parallel gelesen werden müssen, Teile
des Buches werden vorher auf Band gelesen und
von einem „Roboteddy“ innerhalb der 24 Stunden
wieder abgespielt. Nur so kann man es innerhalb
von 24 Stunden durch die gesamte Geschichte
schaffen. Teile der Lesung werden zusätzlich in Ge-
bärdensprache oder zur Auflockerung im englischen
Original vorgetragen. Wer zwischendurch mal nach
Hause geht, muss auch nichts verpassen. Ein Vi-
deostream wird das wahnsinnige Unterfangen live
ins Internet übertragen.
Wer sich jetzt dazu berufen fühlt, die Veranstaltung
als Leser zu unterstützen, kann sich in die im Fink
ausliegende Leserliste eintragen. In den frühen
Morgenstunden wird es wohl noch Platz geben, den
man sich mit „Roboteddy“ teilen kann. (sese)
INFO
Ulysses – 18. bis 19.11. von 19 bis 19 Uhr
Rathaus Fink
Nordmarkt 8 | 44145 Dortmund
www.rathaus-fink.de
Bilder und einen Erfahrungsbericht finden Sie nach der Veranstaltung auf www.bodoev.de
13WILDE KRÄUTER | von Wolfgang Kienast
müssen, erhielten unsere Vorfahren mit-
tels unmittelbarer Naturbeobachtung. Sie-
benschläfer beispielsweise. Oder die Schafs-
kälte gegen Ende des ersten Junidrittels:
kühle, mitunter nasskalte Tage, welche mit
einer Wahrscheinlichkeit von nahezu neun-
zig Prozent nicht nur auf die Gemüter, son-
dern auch auf die Felder schlagen.
Für den Wahrheitsgehalt zahlreicher Bo-
tanikorakel, die meist in Form schlecht-
gereimter Bauernregeln kursieren, lege
ich meine Hand aber nicht ins Feuer.
Sollte sich folgende erfüllen, dürfte es
freilich bald ungemütlich werden: „Ist
die Eberesche früchteschwer, kommt ein
harter Winter her.” So viele Vogelbeeren
wie in diesem Herbst habe ich lang nicht
mehr in den Zweigen hängen sehen.
All jenen, die die Zukunft parallel auch
im Maya-Kalender zu lesen pflegen, steht
dabei nicht nur ein komplett schlimmer,
sondern auch ein letzter kompletter Win-
ter bevor. Diesem Kalender zufolge geht
am 21.12.2012 die Welt unter. Herrje.
Also vorher schnell noch Gutes essen,
vielleicht was mit Vogelbeeren. Ein Re-
zept des Pürees, welches Sie für nachste-
hendes Gericht benötigen, habe ich an
dieser Stelle im September vorgestellt,
die Beeren finden Sie mit etwas Glück
auch noch im November.
2 Zwiebeln würfeln, in Butter und Oli-
venöl anbraten, 300 g frische Pfifferlinge
(ersatzweise Austernpilze) zugeben und
10 Minuten schmoren lassen. Mit 1/8 l
Weißwein ablöschen. 300 g gewürfelten
Kürbis und 3 TL Vogelbeerpüree unterhe-
ben, verrühren, mit Salz und schwarzem
Pfeffer abschmecken und köcheln lassen,
bis der Kürbis weich ist. 75 g Mascarpone
unterziehen, nach Belieben mit frischen
Kräutern würzen und
mit Nudeln servieren.
Guten Appetit! (wk)
wildkraeuter.bodo/11_eberesche_2/
Frühling, Arschloch, Herbst und Winter.
Im Netz verbreitete sich vor nicht allzu
langer Zeit und in Windeseile ein Vor-
schlag zur Neubenennung der Jahreszei-
ten. In diesem Zusammenhang begrüße
ich, dass Vivaldis Konzertzyklus im Fach-
handel weiterhin mit den herkömmlichen
Bezeichnungen feilgeboten wird.
Unter dem neuen Namen finden Sie im
Internet einen HipHop-Track, dessen Qua-
litäten ich selbst in direktem Vergleich
zum Sommer 2011 lieber nicht beurteilen
will. Ein Sommer im übrigen, auch wenn
das Gros der Inlandurlauber hier entrüstet
widersprechen wird, welcher laut Deut-
schem Wetterdienst so übel gar nicht war.
Der dwd registrierte zwar nasse und son-
nenscheinarme, tatsächlich aber warme
Monate: „Der Sommer 2011 zeigte sich
mit durchschnittlich 16,8 Grad Celsius um
0,5 Grad wärmer als im klimatologischen
Mittel”, hieß es in einer am 29. August
ausgegebenen Pressemitteilung.
Durchschnittliche 2,5 Grad zu warm war
es, allerdings nur bis inklusive April, im
badischen Örtchen Schwörstadt. Der dort
lebende Hobby-Meteorologe Helmut K.
sah bereits wesentliche Anzeichen für
einen weiteren Jahrhundertsommer im
noch jungen Millennium erfüllt. Aktuell
wird vor einem Jahrhundertwinter ge-
warnt. Angeblich herrscht Meteorologen-
einigkeit, dass der bevorstehende Winter
sehr lang, sehr kalt und schnee- und eis-
reich wird.
Von der Möglichkeit, in die Zukunft zu
blicken, träumt der Mensch seit Anbe-
ginn; zu wissen, was das Wetter bringt,
war in vorindustrieller Zeit von exis-
tentieller Bedeutung. Erkenntnisse, die
aus heutiger Sicht von
Wissenschaf tlern
bestätigt werden
15
DIE REPORTAGE | von Wolfgang Kienast | Fotos: Claudia Siekarski 15
»Ich bin gern am Strand«Ein Bericht aus den Bücherschluchten des Bochumer Antiquariats Ubu
Bochum, Universitätsstraße 26, unweit des Haupt-bahnhofs. Universitätsbuchhandlung steht oft und dann fälschlicherweise im Adressfeld von Briefen und Päckchen, die an diese Anschrift geschickt werden. Überflüssige Bücher wäre nicht minder verkehrt, obwohl Ubu sich französisch spricht. Übü nämlich. Der Name kommt von „Ubu roi”, ei-nem absurden Theaterstück von Alfred Jarry, wohl als Persiflage auf einen selbstherrlichen Lehrer gedacht, dessen Uraufführung im ausgehenden 19. Jahrhundert einen Skandal auslösen sollte. Wegen der beißenden Gesellschaftskritik dieser frechen Komödie, vor allem aber wegen der zu-vor so nie gehörten deftigen Flüche, die von der Bühne runter ins Publikum geschmettert wurden. Wolfgang Jöst, der das Antiquariat betreibt, hätte damals garantiert seinen Spaß gehabt.
Jöst, Jahrgang 1950, ist neugierig im ureigentli-
chen Sinn des Wortes, Freund von intelligenter Pro-
vokation, Punk und Avantgarde, Fan natürlich der
Band „Pere Ubu“, die nicht zufällig so heißt, die
der Kunst- und Musikkritiker Diedrich Diederichsen
einst lobte, ihr Großstadt-Lärm-Rock von unglaub-
licher Kraft und Schönheit erinnere keine Sekunde
an Velvet Underground und andere kunsttheoretisch
abgesicherten Versionen von kraftvollem, schönem
Großstadt-Lärm-Rock.
Seit einem Vierteljahrhundert führt Jöst mittlerwei-
le die Institution Ubu, einen Laden, wie es einen
zweiten nicht gibt. Mehrere Räume über zwei Etagen
und dermaßen vollgestellt mit Buch, dass man in
den allmählich zuwuchernden Gängen nichts häufi-
ger hört als die höflichen Fragen „Darf ich mal eben
durch?” oder „Wo finde ich denn...?” Dabei hat hier
alles seinen Platz.
Und Bücherfreunde finden das relativ schnell heraus,
wie der kauzige Betreiber versichert. „An den Wän-
den stehen die Regale, die sind thematisch geordnet
und die Bücher darin nach dem Alphabet. Bücher,
die nicht mehr in die Regale passen, türmen sich da-
vor. Diese Stapel sind also mit wenigen Ausnahmen
ebenfalls systematisch aufgebaut. Die Ausnahmen
gehören meist zu Regalen um die Ecke. Links an der
Wand neben der Treppe hängt übrigens ein Plan der
Kellerräume. Die Lichtschalter habe ich rot markiert.”
Ein Bücherverzeichnis gibt es nicht, weder auf Papier
noch online. Die Bestandsliste hat einzig der Ubu-
Mann, der Herr der Bücher, im Kopf. Man sollte ihn
einfach fragen, wenn man beispielsweise eine Einfüh-
rung in den Humor der griechischen Antike benötigt.
In den meisten Fällen weiß er, ob er das Gesuchte
hat und wo es dann zu finden wäre. Etwa die großfor-
matigen Werke über die Kirchenväter Athanasios und
Augustinus, mehr als vierhundert Jahre alt, in Per-
gament gebunden. Oder Marx und Engels, ein Raum
weiter, linker Hand.
Und sollte sich jemand für das 1926 herausgegebene
Finnlandbuch der Deutschen Dendrologischen Gesell-
schaft mit diversen Beiträgen zur Entwicklung und
Kultur ausländischer Holzarten in finnischen Wäldern
interessieren, es steht im Keller in einem Regal an
der hinteren rechten Wand im mittleren Fach. Wem
das zu exotisch ist, es warten auch Berge von Krimis,
Küchentipps und Kinderbücher auf Kundschaft.
Dieses Universum begann nicht mit einem Urknall.
Anfang der 1980er Jahre zog die Politische Buch-
handlung Bochum, ein linker Kollektivladen, von
Querenburg in die Universitätsstraße 26. Zuvor wa-
ren die alte Mensa und die AStA-Baracke geschlossen
worden, im Wohngebiet hinter der Uni bewegten sich
in der Folge weit weniger Studierende, die bisherige
Käuferschicht brach weg. Das Kollektiv suchte räum-
lich Anschluss an die Bewegung, die sich damals in
der Innenstadt formierte, vor allem, um für ein un-
abhängiges Kulturzentrum zu kämpfen. Der Plan ging
nicht auf, ein Sterben auf Raten setzte ein.
„Mitte der 80er Jahre waren wir zu dritt”, erinnert
sich Wolfgang Jöst. „Es gab aber nur Arbeit für an-
16
16
derthalb. 1983, mit der Volkszählung, hatten wir
ein letztes Highlight, insgesamt muss man sagen,
ging der Laden den Bach runter. Ich bin 1986 aus-
gestiegen, um in der Nachbarschaft mein eigenes
Antiquariat zu gründen. Hausnummer 16, viel klei-
ner als hier. Anfangs noch überschaubar. An den
Wänden hatte ich sogar Platz für Bilder. Doch mit
den Jahren wucherte es. Ich musste später eine
zusätzliche Halle anmieten, auf dem Riff-Gelände,
eine ehemalige Bananenreiferei. Die konnte ich
mir allerdings nicht lange leisten, zu teuer und zu
wenig Kunden. Die Politische Buchhandlung war
zu der Zeit längst pleite. In ihren Räumen hatte
es dann ein Dart-Club versucht, später noch ein
Beerdigungsinstitut und dann waren sie plötzlich
wieder frei. Das war vor genau fünfzehn Jahren.
Da bin ich wieder eingezogen, mit den Büchern
aus meinem kleinen Laden zusammen mit denen
aus der Halle.”
Vorübergehend, in Tradition der Politischen Buch-
handlung, führte Jöst parallel zum Antiquariat
einen Büchertisch in der Mensa. Inzwischen küm-
mert er sich allerdings ausschließlich um Ubu.
Eine tagtägliche Vollzeitaufgabe, welche er mit
Ausnahme gelegentlicher Schülerpraktikanten
oder Hilfskräften, die er im Zuge von Rehabili-
sierungsmaßnahmen der Diakonie an seine Seite
gestellt bekommt, allein bewerkstelligt. Trotz der
eingangs erwähnten organischen Ordnung in und
zwischen den Regalen gibt es niemanden, der ihn
in seiner Welt halbwegs würde vertreten können.
Um jemanden anzulernen und einzustellen, reicht
das Geld nicht. Da die Kosten weiter laufen, egal,
ob der Laden geöffnet oder geschlossen ist, gibt
es niemals Urlaub für den Chef.
Immerhin gönnt er sich hin und wieder ein verlän-
gertes Wochenende. Kürzlich war er in Bern, seine
Freundin besuchen. In Bern ist er freitags durch
diverse Antiquariate gestreift, war am Samstag in
einem Trödelladen, wo er ein paar Bücher erstan-
den hat, und später noch auf einem Flohmarkt.
Bücher kaufen. Wenn er gefragt wird, ob er all die
Titel, die er besitzt, schon gelesen habe, macht er
eine einfache Rechnung auf. Angenommen, sagt
er, man läse dreihundert Bücher im Jahr, also un-
gefähr eins pro Tag, und das siebzig Jahre lang,
also ungefähr ein ganzes Leben, dann käme man
auf kümmerliche 21.000 Bände. Er lacht, um dann
nachdenklich zu werden. „Zur Buchmesse erschei-
nen wieder 80.000 neue Titel. Die meisten davon
braucht kein Mensch. Vieles ist nur recyceltes Wis-
sen, das es in der ein oder anderen Form gedruckt
bereits mehrfach gibt. Und wieder versucht je-
mand, Geld damit zu machen.”
Wenn es nach ihm ginge, würde sowieso mehr An-
tiquarisches gelesen. Gern mal etwas, das noch
in Fraktur gesetzt wurde. Zwar kann er, wie jeder
Buchhändler, Neuware bestellen, doch lieber ist
ihm, seine Kundschaft wird im Bestand fündig.
Nach ausgiebigem Suchen und Stöbern, in dessen
Verlauf sie auf Wälzer, Werke und Bagatellen sto-
ßen könnte, von deren Existenz sie sonst vermut-
lich nie erfahren hätte. Doch die meisten Menschen
brächten leider die Zeit nicht mit, die man für Ubu
benötige. Zeit sei heute ein generelles Problem.
„Und Raum?” Er schaut fragend. „Hast du, wenn du
den ganzen Tag hier drin verbringst, nicht manch-
mal das einfache Bedürfnis, die Arme auszubrei-
ten?” „Dann muss ich wohl auf die Straße gehen.”
Er lacht wieder. „Nein, ganz im Ernst. Ich mag das
Meer. Ich bin gern am Strand und schaue bis zum
Horizont. In den Bergen gefällt es mir nicht. Lee-
re, große Flächen finde ich faszinierend. Ich liebe
es, über abgeerntetes Ackerland zu spazieren, wo
du in wirklich jede Richtung gucken kannst. So
weit es geht. Das ist mein Bewegungsraum. Ich
schaffe mir den ja sonst nicht. Also, ich habe eine
Wohnung, zwei Zimmer, ein langer Flur. Ich hatte
ursprünglich vor, ein Zimmer leer zu lassen. Ein
weißer Raum, nur zum Schlafen. Das andere sollte
schwarz gestrichen sein. Ein gemütliches, dunkles
Bibliothekzimmer. Die sind inzwischen beide voll.
Ich baue mich immer wieder zu. Vielleicht ist das
ja meine Wesensart, dass ich meine Höhle brau-
che, dass ich mich zuwachsen lasse. Mit Haaren
im Grunde ja auch.”
Neben Fragen nach den gelesenen werden Jöst im-
mer wieder welche nach den besonderen Büchern
gestellt, Lieblingsbüchern, solche, die für die ein-
same Insel taugen. Eine Sache, die nicht einfach
zu beantworten ist für den Ubu-Mann, der nicht
nur immer weiter sucht, sondern findet. Der mit
leeren Händen loszieht und mit Büchern in den
Taschen zurückkommt. Der zuviel kennt, um sich
auf Einzelnes festzulegen. Da landet man schnell
bei Gedrucktem, das gar nicht existiert. Eine neue
Übersetzung des Ulysses zum Beispiel, die fände
er spannend. Die von Goyert enthalte zu viele Feh-
ler und bei Wollschläger fehle einfach der Humor,
Joyce wirklich zu verstehen. (wk)
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Vor einigen Jahren steckte mir Redak-tionskollege und Freund aller mögli-chen Genreliteratur, Philipp Regener, ein schmales, erstaunlich hässliches Bändchen zu. Sein Autor, ein gewis-ser Sträter, sei aus Dortmund, ausge-stattet mit dem würdevollen Habitus des verzweifelt Genervten, dabei ein Rockstar der Eloquenz, schreibe je-doch vor allem Horrorgeschichten. Und in der Tat stammte das Buch mit dem furchtbaren Einband aus einem obskuren Eldur-Verlag, der sich auf allerlei Untot-Düster-Schreckliches spezialisiert hatte.
Torsten Sträter Der David ist dem
Goliath sein Tod
„Brainspam – Aufzeichnungen aus
dem Königreich der Idiotie“ hieß der
Kurzgeschichtenband, und die Welt, in
die er den Leser verschleppte, war kein
abseitiges Zombiehausen, sondern
das ganz und gar wirkliche Ruhrgebiet
mit seinen Kirmessen, Bandido-Dis-
kos, schlimmen Verwandten und den
hoffnungslosen Versuchen, dem allen
durch Fernreisen zu entkommen. Eine
garstige Welt und durchaus verwandt
mit dem Ambiente klassischer Horror-
literatur. Er geschahen unerklärliche,
schreckliche und sinnlose Dinge – und
LITERATUR | gelesen von Bastian Pütter
wenn nicht, waren sie zu erwarten.
Beschrieben wurde das allerdings so
unfassbar komisch, dass das inzwi-
schen vergriffene Bändchen durch
viele Hände ging. „Brainspam“ kostet
übrigens inzwischen bei amazon ge-
braucht ab 99,44 Euro. Kein Witz.
Das große Publikum riss sich aller-
dings eher nicht um Torsten Sträter,
bis er 2008 auf die Idee kam, seine so
irrsinnigen wie komischen Texte jun-
gen Menschen auf Poetry-Slams vor-
zutragen. Aus dem Stand wurde er u.a.
zweimal NRW-Poetry Slam-Meister,
absolvierte seitdem Hunderte Auftrit-
te und gehört mit den Autorenkolleg-
Innen Fräulein Nina, Murat Kayi und
Tobi Katze zur Belegschaft des regel-
mäßigen Dortmunder Leseereignisses
„Guten Tacheles“.
Mit „Der David ist dem Goliath sein
Tod“ ist Torsten Sträter nun im Verlag
von Harry Potter angekommen und in
gefährlicher Nähe zur überbordenden
Humorproduktion deutscher Bühnen-
menschen, die als eine Art Zweitver-
wertung ihre Witze zu Geschenkbü-
chern zusammenschnüren.
Doch: Entwarnung – zwar sind alle
hier versammelten Kurztexte büh-
nentauglich und -erprobt, sie funk-
tionieren aber auch gedruckt durch
ihren ganz eigenen Wahnsinn, der nie
einfach lustig ist, sondern verstörend
komisch.
Die Welt ist nicht, wie sie sein sollte,
und Notwehr kein schlechter Grund für
Literatur. Und das, was der Ich-Erzäh-
ler oft aus Schwäche mit ihr anrichtet
und was diese im Gegenzug dem Hel-
den zufügt, wünscht man sich beim
Lesen immer wieder ungeschehen.
Praktika, Diäten oder Liebesbezie-
hungen als Versuche, dieser Welt eine
Ordnung zu geben, lassen sie verläss-
lich aus den Fugen geraten.
Die Apokalypse beginnt mit dem Tod
eines Zierfischs aus der Gattung der
Tanganjika-Cichliden oder mit einem
ins pure Grauen abgleitenden Dreh für
das Fernsehformat „Das perfekte Din-
ner“. Dabei sind die Zustände der um-
gebenden Wirklichkeit mindestens so
beunruhigend wie die des Ich-Erzäh-
lers. Alle irre, könnte man auch sagen.
Ja, sicher, Sträters Texte sind einzige
Übertreibungen, grell und schrill und
zuweilen ordinär, aber sie verblüffen
durch ihre halsbrecherische Metapho-
rik und bringen Menschen, die völlig
immun sind, gegen Quatsch-Comedy-
Bräsigkeiten oder Hirschhausener Au-
genzwinkereien, dazu, laut aufzula-
chen, und sei es vor ratlosen Fremden
in der U-Bahn. – Ich bin Fan. (bp)
17
Der David ist dem Goliath sein Tod
Torsten Sträter
Carlsen Verlag 2011, 12,90 Euro
ISBN 978-3551-682-581
bodo verlost drei Exemplare (siehe Seite 21)
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„Ich habe Probleme mit Tanganjika-Cichliden“
18
Hallo Saufraum!
Nun kommt er also, der „Trinkraum nach
Kieler Vorbild“ am Dortmunder Nordmarkt.
Und, ehrlich gesagt, freuen wir uns drauf.
Zur Erinnerung: Nachdem Ordnungsdezer-
nent Steitz im Urlaub auf das Kieler Mo-
dell unserer Schwesterzeitung Hempels
gestoßen war und das Konzept in eine
Ratsvorlage gepresst hatte, die CDU und
FDP mit den Grünen beschlossen, winkten
alle (!) Akteure der Dortmunder Wohnungs-
losen- und Suchthilfe ab. Hätte man mit
uns geredet, wäre schnell aufgefallen, wie
unsere Arbeit hier funktioniert und warum
die Kieler City nicht die Nordstadt ist. Nun
gut. Herr Steitz lief sich Blasen, um einen
Betreiber zu finden. Der ist nun da und eine
Immobilie auch.
Wir, bodo, hielten das Konzept für falsch,
uns war aber abgesehen davon auch klar,
dass wir nicht gegen eine randalierende
Nordstadt-SPD in den Ring steigen wür-
den. Gegen die Hetze von Frau Dr. Het-
meier angesichts der EU-Neuzuwanderung
erscheinen ihre Ausfälle gegen Randgrup-
pen im Norden zwar fast harmlos, für ei-
nen kleinen freien Träger ist ein „Gegner“,
der keinerlei Skrupel hat, offensichtliche
Unwahrheiten in der dankbaren Lokalpres-
se zu platzieren, jedoch eine Nummer zu
groß. (Ihre im Namen der SPD geäußerten
Ungeheuerlichkeiten zu den Komplexen
„Roma“ und „Saufraum“ archiviert Frau Dr.
Hetmeier übrigens öffentlich auf ihrer In-
ternetseite.)
Die Lüge vom Scheitern des Kieler Modells,
anonyme Flugblätter, das Diskreditieren
des zukünftigen Betreibers – Wir sind ge-
spannt, was die Nordstadt-SPD noch zuzu-
legen hat. Genauso gespannt sind wir aber
auf die Reaktionen von CDU und FDP, wenn
klar wird, was hier eigentlich beschlossen
wurde. Das Konzept sieht nämlich mit-
nichten vor, die lokalen Randgruppen aus
dem öffentlichen Raum zu entfernen. Be-
schlossen wurde eine „Aufenthalts- und
Beratungseinrichtung“, die „als positiven
Nebeneffekt“ (!) den Nordmarkt „von den
negativen Folgen des öffentlichen Alko-
holkonsums zu entlasten“ versucht. Mal
sehen, wann das der Abteilung Law and
Order auffällt... (bp)
NEWS | von Sebastian Sellhorst18 DER KOMMENTAR | von Bastian Pütter
Wer arm ist, bleibt arm
Die Schere zwischen arm und
reich klafft immer weiter ausein-
ander. Der vom Statistischen Bun-
desamt, dem Wissenschaftszen-
trum Berlin für Sozialforschung
und dem Deutschen Institut für
Wirtschaftsforschung vorgelegte
„Datenreport 2011“ zeigt, dass
dieses Bild nach wie vor Gültig-
keit besitzt. 2009 verfügten 20
Prozent der ärmsten Haushalte
über 9,4 Prozent des monatlichen
Gesamtgrundeinkommens.
Im Gegensatz dazu stand den 20
Prozent reichsten Haushalten 36,3
Prozent des Gesamtgrundeinkom-
mens zur Verfügung. Auch die
Möglichkeiten, der Armut zu ent-
rinnen, sind geringer geworden.
Bestand in den 80er Jahren für
die Betroffenen noch eine Chan-
ce von 43 Prozent, sich aus dieser
Armutssituation zu befreien, so
sind es jetzt nur noch 35 Prozent.
16 Prozent der Armutsgefähr-
deten können ihre Wohnung aus
finanziellen Gründen nicht mehr
angemessen heizen. „Wir sehen
bei der Armut eine Verfestigung
und Verhärtung“, fasst Sozialfor-
scherin Jutta Allmendinger die
Situation zusammen.
SKOTTS SEITENHIEB
Obdachlosen-Statistik gefordert
Auf Anfrage der Nationalen Ar-
mutskonferenz bestätigte das
Statistische Bundesamt: „Daten
zu Wohnungslosen sind nicht
Bestandteil des Erfassungspro-
gramms der amtlichen Statistik.“
Im Jahr 2011 waren bundesweit
circa 250.000 bis 255.000 Men-
schen ohne eigene Wohnung,
schätzt die Bundesarbeitsge-
meinschaft Wohnungslosenhilfe,
ein Mitglied der nationalen Ar-
mutskonferenz. Von ihnen leben
ca. 20.000 auf der Straße, 2.000
davon Frauen. Zu diesen Zahlen
kommen noch einmal ca. 6.000
Straßenkinder. Thomas Beyer,
Sprecher der nationalen Ar-
mutskonferenz, beklagte, dass es
von staatlicher Seite immer noch
keine bundesweiten Statistiken
gibt. „Es ist nicht hinnehmbar,
dass es zu einem so wichtigen
gesellschaftlichen Thema wie
Wohnungslosigkeit keine belast-
baren Zahlen gibt.“ Zudem sind
weitere 120.000 Menschen vom
Verlust ihrer Wohnung bedroht.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft
Wohnungslosenhilfe e.V. fordert
seit langem die Einführung einer
Wohnungsnotfallstatistik.
Anti-Obdachlosen-Zaun
Nachdem der Hamburger Mitte-
Bezirkschef Markus Schreiber
bereits versuchte, die unter der
Kersten-Miles-Brücke kampieren-
den Obdachlosen mit aufgeschüt-
teten Wackersteinen und einem
künstlich angelegten Bachlauf zu
vertreiben, wurde Ende Septem-
ber auf Initiative des SPD-Politi-
kers ein 18.000 Euro teurer, 2,80
Meter hoher Zaun aufgestellt, der
die Obdachlosen davon abhalten
soll, dort die Nacht zu verbrin-
gen. Sozialarbeiter Stephan Kar-
renbauer von der Straßenzeitung
„Hinz & Kunzt“ betitelte die Ak-
tion als „menschenverachtend“
und forderte: „Schreiber sollte
seine Kreativität besser dafür
einsetzen, Obdachlose unterzu-
bringen.“ Innerhalb kürzester
Zeit formierte sich erheblicher
Protest seitens der Bevölkerung.
Kränze wurden niedergelegt und
Plakate angebracht. Nach gut ei-
ner Woche wurde der umstrittene
Zaun wieder abgebaut. Jetzt gin-
ge es darum, bei den Gesprächen
am runden Tisch eine sachgerech-
te Lösung mit allen Beteiligten
zu finden, so SPD Fraktionschef
Andreas Döseln.
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Dies ist die Geschichte von Sophie und Ja-
son, einer Kinderballettlehrerin und einem
PC-Doktor, die merken, dass sie auf der Stelle
treten in ihrer Beziehung und in ihrem Leben.
Doch kaum sind die beiden Hauptpersonen
bei einer nachmittäglichen Plauderei auf dem
Sofa eingeführt worden, kommt eine ver-
letzte Katze ins Spiel, die das Paar in Pflege
nehmen will, um seinem Leben neuen Inhalt
zu geben. Dieser Plan bringt alles gründlich
durcheinander und führt tatsächlich zu ei-
nigen Veränderungen. Früh biegt die Regis-
seurin und Hauptdarstellerin Miranda July,
bekannt geworden durch ihr erfolgreiches
Filmdebüt „Ich und du und alle, die wir ken-
nen“ vom üblichen Pfad der Nabelschau ab,
auf dem sich Beziehungsfilme oft bewegen.
Lange Paar-Dialoge kennt der Film nicht. July
überlässt in wenigen markanten Momenten
der Katze das Reden...
„Filme über Paare, die mit Mitte 30 in eine
Krise geraten, braucht kein Mensch mehr. Au-
ßer diesen hier: Miranda Julys ,The Future‘,
eine verzweifelte und komische Betrachtung
moderner Lebensverhältnisse, die mehr er-
fasst als die Alltagsprobleme junger Paare in
Zeiten der Individualisierung. Buchstäblich
sehenswert wird ,The Future‘ wegen der eigen-
willigen Bildsprache der US-amerikanischen
Regisseurin, Künstlerin und Schriftstellerin,
in der sich Performance-Elemente, Magie und
traditionelles filmisches Erzählen zu einem
oft verblüffenden Ganzen verbinden.“
(Volker Mazassek, programmkino.de)
Do 17.11. bis Di 22.11. um 19:15 Uhr (OmU)
Mi 23.11. um 21:15 Uhr (OmU)
Mo 28.11. bis Mi 30.11. um 21 Uhr (OmU)
Endstation Kino im Bahnhof Langendreer
Wallbaumweg 108, 44894 Bochum
Telefon 0234 – 68 71 620
www.endstation-kino.de
endstation.kino & bodo präsentieren:The Future
20 KINOTIPP | von endstation.kino
Moscheen | Sie hätten die Zechenschornsteine damals nicht alle abreißen sollen. Schön
so’n Türmken oben drauf und ne töffte Spitze, bissken Bauchtanzmusik vom Band dazu, und
kein Mensch hätte sich über Minarette aufgeregt. Heute formiert sich gegen Moscheeneu-
bauten allerorten Widerstand, dabei gehört zum Gesicht einer westlichen Metropole doch
auch, dass man Menschen mit Turban auf der Straße sieht, afrikanische Gewänder, Busi-
nesskostüme, Kirchen und Kaufhäuser, Synagogen und Stadien, Moscheen und Mediamärk-
te. Zu viel Diskussion um Dinge, die eh passieren werden.
Mutti | Ist die Beste, das weiß doch jedes Kind im Mann. Besonders im Ruhrgebiet, wo es
doch so viele Machos gibt. Die brauchen ihre Mutti.
Nudeln | Nudeln sind die zweite Beilagensäule der Ruhrgebietsküche neben den Kartoffeln,
ja, man kann sagen, seit sie Pasta heißen, haben sie der Kartoffel endgültig den Rang
abgelaufen. Studenten-WGs und Trattoria-Hedonisten irren jedoch: Wer sich ausschließlich
von Kartoffeln ernährte, würde sich – im Gegensatz zu allen anderen Grundnahrungsmit-
teln weltweit – nicht fehlernähren, der Vitamine und sonstigen Inhaltsstoffe wegen. Reis
wird übrigens erst eine dann größere Rolle spielen, wenn Westeuropa chinesische Provinz
geworden ist. Also etwa im Jahr 2030.
Opel | Jeder Popel fährt ‘n Opel, sagte man früher. Das reimt sich natürlich überhaupt
nicht auf Insignia und Zafira. Im Gegenteil, diese neumodischen Autotypen (Admiral, hach!
Diplomat, schluchz!) heißen wie frivole Päpste von 1400. Papst Insignia der Fünfzehnte.
Päpstin Zafira die Dritte. Aber gepopelt ham die auch.
Owomoyela, Patrick | Ich hab ganz lange immer nur „Uwe Mojela“ verstanden und ge-
dacht, wie Mutter Mojela wohl auf DEN Vornamen gekommen ist.
Phoenixsee | Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, ausgerechnet die Hamburger Bin-
nenalster zum Vergleich heranzuziehen? Es stimmt ja, der Phoenixsee ist sechs Hektar
größer – aber hallo? Ballindamm mit Ciu Bar, Hapag Lloyd, Café Wien und Swarovsky, der
Jungfernstieg mit dem Alsterhaus, ferner das Hotel Vier Jahreszeiten und die Lombardsbrü-
cke bilden die vier Seiten der Binnenalster, dazu kommen die schöne Fontäne, die Pontons
mit Gastronomie, die Terrassen usw. Bei aller Liebe, da kommen Honda Heinen auf der Her-
mannstraße und die pittoresken Behausungen am Remberg nicht ganz mit.
Prenzlauer Berg | Vollkommen alberne Gegend. Total überschätzt. Braucht kein Mensch.
Wozu gibt es das Kreuzviertel?
Qualitätsroute Dortmund | Beinahe hätte ich ja den harmlosen „Quastenflosser“ bespro-
chen und die Qualitätsroute außen vor gelassen. Woran liegt’s? Vielleicht daran, dass auch
dieser Zusammenschluss des individuellen inhabergeführten Dortmunder Einzelhandels so
putzig und scheu ist, dass man ihn schon mal für ausgestorben halten kann.
Rouladen | Die Königsdisziplin der regionalen deutschen Küche. Wer die Kunst beherrscht,
anständige Rouladen zu schmoren, verdient unsere Unterstützung. Geht sonntags raus und
besucht die bürgerlichen Häuser Eurer Stadt, verlangt nach Rouladen!
DAS RUHRGEBIET VON A BIS Z | von Peter Erik Hillenbach
Man sollte wieder Opel fahren!Eine kleine Geschichte des Ruhrgebiets aus kultureller und philosophischer Sicht.
In diesem Monat: M bis R.
M
N
O
P
Q
R
INFO
Die hier abgedruckten Einträge wurden zuerst im vergangenen Dezember auf der Kultur-
plattform www.2010LAB.tv veröffentlicht. Peter Erik Hillenbach ist außerdem Chefre-
dakteur der Restaurantführer „Dortmund geht aus“ und „Bochum geht aus“ sowie Autor
der „Gebrauchsanweisung für das Ruhrgebiet“. Er lebt im Dortmunder Klinikviertel.
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Wise Guys – „Wunschtour“
am 26. November 2011Jahrhunderthalle Bochum
bodo verlost 5 x 2 Karten
VERANSTALTUNGEN NOVEMBER 2011 | VERLOSUNGEN | CD-TIPPS | zusammengestellt von Benedikt von Randow 21
Auch diesmal gibt es wieder Bücher und Karten für tolle Veranstaltungen zu gewinnen.Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff „bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an:
[email protected] schicken Sie uns eine frankierte Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer an:
bodo e.V., Postfach 100 543, 44005 Dortmund
Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entscheidet das Losverfahren.
Alle Gewinner werden rechtzeitig telefonisch oder per Email benachrichtigt.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
10. - 13.11. | Kinofest Lünen | Cineworld, Lünen | 2 Festival-Kinopässe
24.11. | Joey Kelly | Dietrich-Keuning-Haus, Dortmund | 3 x 2 Karten
25.11. | Joshua Redman & Brad Mehldau | Konzerthaus, Dortmund | 3 x 2 Karten
26.11. | Wise Guys | Jahrhunderthalle, Bochum | 5 x 2 Karten
27.11. | Ton Steine Scherben Family | Bahnhof Langendreer, Bochum | 3 x 2 Karten
Freie Wahl | Eine Aufführung des Rottstr5 Theaters | Rottstraße 5, Bochum | 2 x 2 Karten
Der David ist dem Goliath sein Tod | Torsten Sträter | 3 Exemplare
Viel Glück, wünscht Ihr bodo-Team!
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ihren Weg irgendwo zwischen den Deftones, A-ha, ein
bisschen Stonerrock und HipHop, Groove-Core, Skate-
Core oder sogar Funk-Score. Wie dem auch sei: „Rohe
Gitarrenwände, tiefe Bässe, Turntables, Elektro-Samp-
les, Metal-Geschrei, Pop-Hooks und groovige Beats mit
eigener Handschrift zusammengeführt, professionell
und eingängig ausgeführt und in einer ohrenbetäuben-
den Liveshow präsentiert“. (laut.de) Mit dem neuen
Album „Oceanic“ will die Münchner Alternative-Band
an das Erfolgs-Album „Phoenix“ abknüpfen.
Matrix, Bochum, 20 Uhr
SA 05 | 11 | 11
Kleinkunst | MordArt – Das Jubiläum
Seit nunmehr zehn Jahren werden im Thealozzi in regel-
mäßigen Abständen Zeitgenossen um die Ecke gebracht.
Die Täter: bieder dreinblickende Improspieler als Hitmen
im Auftrag des Publikums. Denn dieses bestimmt zu Be-
ginn des Abends, wer das Opfer und wer der Täter ist, und
nicht zuletzt, mit welcher Mord-Art ersteres in den Aggre-
gatszustand „tot“ versetzt wird. Und dann wird improvi-
siert ermittelt. Live und im Moment entstehend entfaltet
sich vor den staunenden Augen und Ohren der Gäste ein
Mordsvergnügen der besonderen Art. An diesem Tag geht
MordArt in das 10. Jahr, und die Improtheatergruppe Hot-
tenlotten werden sich mit Sicherheit die eine oder andere
haarsträubende Überraschung einfallen lassen.
Thealozzi, Bochum, 20 Uhr
SO 06 | 11 | 11
Musik | Victor Bailey Group feat. Poogie Bell
In jungen Jahren übernahm Victor Bailey die Nach-
folge vom Jaco Pastorius bei Weather Report. Seither
war der stilbildende und groove-infizierte Bassvirtu-
ose in Diensten von Michael Brecker, Santana, Chaka
Khan, Bill Evans und der Pop-Ikone Madonna. Motto:
„Ich spiele nicht Bass, ich mache Musik“. Eine weitere
Funk-Legende sitzt hinter dem Schlagzeug: Poogie Bell
(Erykah Badu, David Bowie, John Scofield, Angelique
Kidjo, Al Jarreau). Ein Konzert voller groovendem Funk
im Rahmen der 18. Jazztage Dortmund.
domicil, Dortmund, 20 Uhr
Musik | Patty Moon
Großes Songwriting, zerbrechlicher Pop – Patty Moon
erinnert die einen an verdiente britische Exzentriker wie
Nick Drake und Kate Bush, andere an Björk oder die frü-
he Tori Amos, wieder andere an Cohen und Waits. Fest
steht, seit Element of Crime war keine Musik so rätsel-
haft schön wie die von Patty Moon. Diskret romantisch,
ohne Pathos, ohne Dramen. Patty Moon sind Judith
Heusch (Gesang, Klavier) und Tobias Schwab (alle Sai-
ten, alle Tasten, etwas Percussion und ein bisschen Elek-
tronik). Ihren Indie-Pop haben sie seit mehr als zwölf
Jahren geformt, und wenn man auch nie sagen sollte,
dass irgendwas, das Menschen tun, „organisch gewach-
sen“ sei, auf ihre Musik passt es doch. Ein Konzert in der
außergewöhnlichen Livemusik-Reihe „urban urtyp“.
Christuskirche, Bochum, 19 Uhr
MO 07 | 11 | 11
Musik | LaBrassBanda
Es gibt sie doch noch, diese Phänomene, dass sich
Bands aus heimischen Gefilden, die nun alles andere
als den Mainstream vertreten, mit viel Einsatz, Willen
und Talent ihr Publikum regelrecht erspielen. Ohne gro-
ße Marketingbudgets, Promotionmaßnahmen und Me-
01 | 11 | 11 Binoculers
22 VERANSTALTUNGEN NOVEMBER 2011
04 | 11 | 11 Emil Bulls
DI 01 | 11 | 11
Musik | Binoculers
Zeitloser Gegenwartsfolk von ganz nah dran bis zur
Vogelperspektive. Nadja Rüdebusch spielt mit diver-
sen Blickwinkeln und kartographiert entlegene Win-
kel der Melancholie. Eine minimalistische Grundhal-
tung wird bei dieser Songwriterin durch vielfältige
Instrumentierung und den Einsatz des Loop-Pedals aus-
gelebt. Spurenweise überlagern und ergänzen sich akus-
tische Gitarren, dienen neben herkömmlichen Klangkör-
pern wie der Melodica auch allerlei Alltagsgegenstände
als Sample-Quelle. Ihr Minimal-Folk drängt sich nicht
lautstark auf, sondern lädt mit sanfter Zurückhaltung
zum Verweilen ein. Persönliche Texte mit viel Raum zum
Wiederfinden des eigenen Selbst werden getragen von
ruhigen Melodien und einer sanften Stimme.
Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr
FR 04 | 11 | 11
Musik | Egotronic
Mit dem Projekt „Beat it!“ will die Wittener Werkstadt
ein aufklärerisches Zeichen gegen die zunehmende Ver-
einnahmung, Umdeutung und Unterwanderung der po-
pulären Musik, wie Metal, Punk, Hardcore und HipHop,
durch Rechtsextreme setzen. Schwerpunkt von „Beat it!“
ist die Aufklärung über „rechte Musik“ und wie die ex-
treme Rechte versucht, über das Medium Musik sich ein
„modernes“ Gewand zu geben, rechte Inhalte zu verbrei-
ten und in verschiedenen Jugendkulturen und Subkultu-
ren Fuß zu fassen. Die phänomenalen Egotronic kommen
zum Auftakt der engagierten Veranstaltungsreihe mit
neuer Scheibe. Das Beste aus aktuellen Strömungen, für
alle neu besetzen: ausformulierte DIY-Tanzbeats und lin-
ke „Wach-Texte“ in für alle verständliche „Klar-Musik“.
Vorab gibt um 19 Uhr es einen Vortrag von Michael Weiss
mit dem Titel „Grauzonen und rechte Lebenswelten in
Punk, OI, Metal und Deutschrock“.
Werkstadt, Witten, 21 Uhr
Musik | Emil Bulls
„Mit der Schublade NuMetal können die Emil Bulls we-
nig anfangen. Wen wundert‘s. Schließlich sind Schub-
laden bei Musikern kaum beliebt. Die Bulls bahnen sich
GOTAN PROJECT | La Revancha en Cumbia (Ya Basta / Alive)
Vor genau zehn Jahren haben die Herren Solal, Makaroff und Müller in ihrem Pariser Heimstudio daran herumge-
bastelt, den Tango ins neue Jahrtausend zu beamen. Quasi retro-futuristisch wurden die Bässe aufgespritzt, die
Gesangsstimmen variiert und alles mit elektronischen Vibes aufgepeppt – heraus kam das Genre Electrotango. Und
das Album „La Revancha del Tango“ wurde zum Trend setzenden Klassiker. Nun darf also zu Recht Geburtstag gefeiert
werden, und das macht das innovative Trio natürlich auf ihre typische Art: Neben einem Best-Of-Album mit einigen
noch unveröffentlichten Tracks und einer DVD („Tango 3.0 live“) ihres legendären Auftritts im Casino de Paris gibt
es nämlich eine Neubearbeitung ihrer Debütplatte. Da werden die jungen Wilden der „Nueva Cumbia“ mal eben auf
die zehnjährigen Songs losgelassen. Diese zurzeit in den argentinischen Clubs angesagte Musikrichtung mit teils
hektischen, teils locker wandernden Break-Beats ist äußerst hitzig und treibend. Nicht jedermanns Sache. Die Kom-
bination aus Electrotango und Nueva Cumbia allerdings ist interessant. So wirkt der Tango auf die unruhige Cumbia
angenehm beruhigend, gleichwohl bekommen die Tango-Tracks noch einmal einen zeitgemäßen Tritt in den Hintern.
Was immer Gotan Project anpackt: Es hat Hand (-werkliche Qualität) und (geht in den) Fuß. (BvR)
CD-TIPP
23
dienhype. Auf solch gesunder Basis lässt sich dann vom
Chiemgau aus wunderbar die Welt bereisen. LaBrass-
Banda heißt das Quintett, das mit Trompete, Posaune
und Tuba zu Bass und Schlagzeug seit 2007 auf Tourne-
en und Festivals begeistert. Und das mit BrassPop im
hiesigen Idiom. Die bayrische Sprache mit ihren offe-
nen Vokalen und Diphthongen funktioniert nicht nur
mit PopBeat, sie funktioniert international.
FZW, Dortmund, 20 Uhr
Musik | The Late Call
Pünktlich zum Beginn der frostigen Jahreszeit zieht es
den Singer-Songwriter Johannes Mayer a.k.a. The Late
Call aus den Straßen seiner klirrend kalten Wahlhei-
mat Stockholm in „südlichere Gefilde“. Zwar liegt das
Dortmunder Subrosa nicht unbedingt in den Subtropen,
bei seiner Tour macht er trotzdem in der Hafenschänke
halt. Mit im Gepäck hat er neben dem schwedischen
Winter vor allem seine melancholischen, warmen und
tragenden Melodien, die, fein abgestimmt arrangiert,
wie kleine Kaminöfen für das Herz anmuten. Mal enthu-
siastisch, mal sparsam und pointiert, mal gerafft und
verdichtet: Mit seiner warmen, eindringlichen Stimme
erzählt er von den Unwägbarkeiten des Lebens, der Zu-
versicht und dem Glauben an ein gutes Ende.
Subrosa, Dortmund, 20 Uhr
MI 09 | 11 | 11
Musik | Yann Tiersen & Band
Als Künstler ebenso schwer einzuordnen wie begnadet,
beschreibt Yann Thiersen an der Schnittstelle zwischen
Folk, Minimalistik und Rock seinen Weg mit großen Bo-
genstrichen, Tonleiter- und Akkordsprüngen. So schafft
der aus Frankreich stammende Multiinstrumentalist ein
einzigartiges musikalisches Universum, in dem lange
Instrumentalpassagen nach Chanson-Manier zuge-
schnitten werden. Die Welt des Kinos hat gut daran
getan, ihn für zahlreiche Filmmusiken heranzuziehen,
etwa für „Liebe das Leben“ von Eric Zonka, „Die fa-
belhafte Welt der Amélie“ oder „Goodbye Lenin“. In
den letzten Jahren fand er denn auch zu seiner ers-
ten Liebe, dem Rock, zurück, und präsentiert uns seine
traumverklärten Melodien, für die er berühmt ist und in
denen ein energischer Hauch Rock zu spüren ist.
FZW, Dortmund, 20 Uhr
DO 10 | 11 | 11
Musik | Flo Mega
Geboren und aufgewachsen in Bremen, trainiert Flo
Mega sein rhythmisches Talent bereits mit fünf Jahren
an einem Drumset aus Kochtöpfen und Teedosen. Es
folgen Blockflöten- und Klavierunterricht, bis mit 13
Jahren die Erlösung von der anderen Seite des großen
Teiches kommt: HipHop. Wo vorher die Beatles und AC/
DC das Jugendzimmer beschallten, laufen nun NWA und
Ice-T. Und da HipHop eine Mitmachkultur ist, stürzt er
sich kopfüber hinein. Flo Mega ist mit seiner Band nicht
erst seit dem zweiten Platz bei Raabs Bundesvisionsong-
contest in aller Munde. Flo Mega ist ein Soulman, einer,
der zum Himmel schreit. Er liebt die Frauen. Er lebt den
Blues. Mit viel James Brown im Tank erinnert er in einem
Moment an den jungen Joe Cocker, dann an Jan Delay,
um im nächsten Moment Helge Schneider die Butter vom
Käsebrot zu stehlen. Ein Entertainer vor dem Herrn, der
sein Publikum um den Finger wickelt, zum Lachen bringt
und dabei ganz tief innen berührt.
Musiktheater Piano, Dortmund, 20 Uhr
DO 10 – SO 13 | 11 | 11
BODO VERLOSUNG | 22. Kinofest Lünen
Am 10. November wird in Lünen der rote Teppich aus-
gerollt. Großes Kino, Filmentdeckungen, Prominenz
und viele Auszeichnungen.
Preisgelder von über 30.000
Euro warten auf mehr als 50
aktuelle deutschsprachige
Filme. David Wendts „Krie-
gerin“ z.B. zeigt, dass rechte
Parolen und ein nationalistisches Menschenbild bei der
Konfrontation mit der Realität zerschellen. Der beeindru-
ckende Spielfilm „Der Brand“ von Brigitte Maria Bertele
erzählt von den Folgen einer Vergewaltigung. Die Welt in
Carsten Ungers Psychothriller „Bastard“ scheint düster
und bedrohlich: Verhärmte Gesichter, schattenreiche Bil-
der und beunruhigende Sounds beherrschen die Szenerie.
Des Weiteren: „Auf der Suche“, „Ameisen gehen andere
Wege“, „Unter Nachbarn“, „Dicke Mädchen“, “ „Toms Vi-
deo“, „Der Fall Chodorkowski“, „Berg Fidel“. Außerdem
gibt es noch einen Schüler-Filmpreis, Kurzfilmwettbewer-
be, den Kinderfimwettbewerb „Rakete“, ein Loriot-Special
und natürlich den Hauptwettbewerb „Lüdia“. Das Kinofest
eröffnet mit Hermine Huntgeburths Neuverfilmung von
„Tom Sawyer“ und endet mit der Preisverleihung und dem
neuen Film von Christian Zübert „Dreiviertelmond“.
Cineworld, Lünen
bodo verlost 2 Festival-Kinopässe für jeweils 5 Vor-
stellungen. Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
Comedy | Kaya Yanar
Kaya Yanar ist der Globetrotter unter den deutschen Co-
medians. In seinem neuen Bühnenprogramm „All Inclu-
05 | 11 | 11 MordArt – Das Jubiläum 10 | 11 | 11 Flo Mega06 | 11 | 11 Victor Bailey Group
sive“ nähert sich der viel reisende Kaya Yanar ironisch
und augenzwinkernd anderen Kulturen, Nationen und
Sprachen. Und keiner bleibt verschont. Warum auch? Ob
Italienern, Spaniern, Franzosen, Holländern, Schweden,
Engländern, Indern und nicht zu vergessen den Deut-
schen – allen hält er einen Spiegel vor. Mit seiner Come-
ANZEIGE
24
dy Show „Was guckst Du?!“ (ausgezeichnet mit dem
Deutschen Fernsehpreis und dem Deutschen Comedy
Preis) schaffte Kaya Yanar, Comedian und Moderator
deutsch-türkischer Abstammung, seinen Durchbruch.
Westfalenhalle 3a, Dortmund, 20 Uhr
FR 11 – SO 20 | 11 | 11
Streetart | Urbanatix – Die Show
Zum Abschluss des Jahres ist auch Urbanatix wieder
da: die spektakuläre Street-Art-Show, die Christian
Eggert in Bochum aus dem Boden gestampft hat. Und
nach Gastspielen in ganz Europa wurde sogar bei einer
Stippvisite am Tag der deutschen Einheit im ehemaligen
Bundestag in Bonn unsere Bundes-Angie vom „X-Virus“
befallen: „Urbanatix hat den Dreh raus“, erkannte sie
messerscharf. Ja, Urbanatix ist wirklich ein großer Spaß.
Und wer glaubt, mit einmal hingehen hat sich das The-
ma erledigt, der ist auf dem Holzweg. Jedes Mal sind
neue junge Künstler aus aller Welt im Team. Unzählige
jugendliche, nicht-professionelle Biker, Freerunner, Tri-
cker und Breakdancer wurden – im wahrsten Sinne des
Wortes – von der Straße weg gecasted. Zusammen mit
internationalen Artisten, Szene bekannten Beatboxern,
Musikern und DJs agieren sie nun in dieser spektaku-
lären und artifiziellen Show. Mehr unter urbanatix.de.
Jahrhunderthalle, Bochum,
täglich (außer Mo) 19 Uhr, Sa & So 17 & 20 Uhr
FR 11 | 11 | 11
Theater | Klara Blanco
Bildende Kunst, Objekt-, Klang- und Schattenspiel verbin-
den sich bei „Klara Blanco – Die weißen Puppenschuhe“
zu einer experimentellen Performance. In einem vorneh-
men Panzer steckt eine Frau, die ihr mustergültiges Dasein
im besten Licht leuchten lässt. Wir werden Zeuge, wie die
Schatten dieser Frau eine Rüstkammer voller Erwartungen,
Ansprüche und Vorlieben enthüllen und zwei menschengro-
ße Puppenschuhe ihrer lebendigen Suche nach sich selbst
den Weg bahnen. Ganz gleich, welche Assoziationen die
intensiven Bilder und Klänge auslösen – sie kommunizieren
in einem Sinn-Raum, mit dem man auf gutem Fuße stehen
kann – „Kann ein Ego größer sein als ein Schuh?“
Theater im Depot, DO, 20 Uhr (auch 01., 12., 18., 19.11.)
Musik | Haudegen
Wenn Haudegen auf der Bühne stehen, so trügt der erste
Schein: bis unters Kinn tätowierte, stämmige und et-
was Angst einflößende Rocker eben. Wenn sie dann aber
anfangen zu spielen, schaut man etwas verstört auf die
Crowd und die Protagonisten: Zu Balladen werden Feuer-
zeuge in die Luft gehalten, Hardrocker werden zu schun-
kelnden Heulsusen. Idole der Haudegen sind unter ande-
rem Herbert Grönemeyer und Klaus Lage. Passend zum
Ost-Berliner Stadtbezirk Marzahn handeln ihre Lieder
von Angst, Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Drogen-
sucht. Das Debütalbum „Schlicht & Ergreifend“ vereint
Balladen und hard-rockige Nummern, bei denen Hagens
Stolls ungeschliffene und rohe Stimme den Ton angibt
und die von Sven Gillert für Emotionen sorgt. Die akuelle
Tour der beiden Ostberliner Musiker trägt den originellen
Titel „Komm mir nich uff die Tour“.
FZW, Dortmund, 20 Uhr
SA 12 | 11 | 11
Musik | Next Stop: Horizon
Next Stop: Horizon sind Pär Hagström und Jenny Roos
aus Göteborg, Schweden. Ihre Musik ist so eigenständig
und so speziell, dass es schwer fällt, diese angemessen
zu beschreiben. Ein Versuch: „Kurt Weill-esque, absolut
einzigartig, anarchisch und melodramatische Musik von
bizarrer Schönheit!“ schrieb ihr Label-Chef Dirk Darm-
staedter von Tapete-Records. Darüber hinaus betont
er, dass die Musik von Next Stop: Horizon auf seltsame
Weise sowohl archaisch als auch absolut zeitgenössisch
klingt. Mit ihrem im August erschienenen Debüt-Album
„We Know Exactly Where We Are Going“ im Gepäck ist das
Duo im November auf Band-Tour.
Subrosa, Dortmund, 20 Uhr
24 VERANSTALTUNGEN NOVEMBER 2011
11 | 11 | 11 Haudegen 11 – 20 | 11 | 11 Urbanatix – Die Show
SO 13 | 11 | 11
Kleinkunst | Ars Vitalis
Seit über 30 Jahren sind die Drei von „Ars Vitalis“ mit
ihrer lebendigen Kunst unterwegs. Von Leverkusen aus
in die Welt. Ihre Performance sprengt sämtliche Genre-
Grenzen: Musikkabarett plus Dada-Inspiration, Arte
Povera plus Paraphrasierung musikalischer Standards,
Schauspiel plus Arie, Moderation plus Selbstgespräch,
Saxophon, Schlagzeug, Gitarre plus Laubsauger, Fön,
Säge. Surreale Klang- und Humorwelten gibt es zu ent-
decken in dem neuen Programm „Wir machen Musik“.
Bahnhof Langendreer, Bochum, 19.30 Uhr
Musik | Marcin Wasilewski Trio
Filigrane Klavierlinien, luftige Grooves und eine facet-
tenreiche Harmonik geben dem Trio seine dezente Note
jenseits des Mainstreams. Die Eigenkompositionen er-
gänzen sich mit ungewöhnlichen Stücken anderer Künst-
ler zu einem reizvollen Bezugssystem. Dabei entsteht
Musik zum Dahinschmelzen, jedoch ohne jede Harmlo-
sigkeit. Ganz im Gegenteil: Das Trio aus Polen (manchem
noch bekannt unter dem früheren Namen „Simple Acou-
stic Trio“) spielt virtuos, dies aber stets beiläufig, ohne
zu protzen, alle drei haben viel Gespür für Klang und
gehen flexibel aufeinander ein. Hier lässt sich ablesen,
was es heißt, seit 18 Jahren zusammenzuspielen.
Flottmann-Hallen, Herne, 19 Uhr
MI 16 | 11 | 11Kleinkunst | Aber bitte mit Udo!
Eigentlich war er immer schon da. Udo Jürgens und seine
Musik haben Harry Heib und Timo Bader fast von Geburt
an begleitet. So viele Hits, die in den Köpfen und Herzen
der beiden einen unverrückbaren Platz haben. Und das
LE POP | Tucson Songs (Le Pop Musik / Groove Attack)
Die feine Musikreihe „Le Pop“ kümmerte sich ja bislang vornehmlich der Förderung des französischen NuPops
und Neo-Chansons. So wurde „Le Pop“ quasi zum Markennamen und Gütesiegel dieses Sounds. Aber wenn
man die „Tucson Songs“ einlegt, weiß man gleich nach dem ersten Ton, dass man sich ganz bestimmt nicht
an der Côte d‘Azur oder am Eiffelturm aufhält. Man hat eher das Gefühl, im Soundtrack eines Westerns von
Quentin Tarantino zu sein: Gitarren, die in der Wüste über den Sand surfen, prägen das Klangbild. Klar, es
geht hier ja auch um den meist jungen Sound der vielen Live-Clubs von Tucson in Arizona. Im weiteren
Verlauf der Platte begegnen einem Countrybilly, Morricone inspirierte Soundlandschaften, Desert-Chansons,
Songwriter-Pop, Ami-Folk und Indie-Gitarrensounds. Unterstützt wurde das Fronkreisch liebende Kölner La-
bel bei ihrer „Schatzsuche“ von einem lokalen Radio-DJ und Musiker sowie Joey Burns, dessen Band Calexico
bislang neben Giant Sand zu den bekanntesten musikalischen Vertretern der Wüstenstadt gehören. Insge-
samt ist dabei eine wirklich feine Platte herausgekommen, die einen auf charmante und coole Art und Weise
mitnimmt in den tiefsten Süd-Westen der Staaten – sehr amerikanisch, aber (trotzdem) spannend. (BvR)
CD-TIPP
25
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11 | 11 | 11 Klara Blanco 13 | 11 | 11 Marcin Wasilewski Trio13 | 11 | 11 Ars Vitalis
nun schon seit mehr als dreißig Jahren – einem ge-
fühlten ganzen Jahrhundert. Es wird höchste Zeit,
das – natürlich im Bademantel – zu feiern. Timo und
Harry haben die für sie wichtigsten Stücke ausge-
wählt und in ein nicht nur für Fans erlebenswertes
Unterhaltungsprogramm eingebaut, das mit Augen-
zwinkern auf ein großes Jubiläum schaut.
Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr
FR 18 | 11 | 11
Kleinkunst | Volker Diefes
Der Gewinner des Dortmunder Comedy Pokals 2011 ist
auf Tournee mit seinem neuen Programm „Ein Bauch
ist schon mal ein Ansatz!“ – Kabarett gegen Abnehm-
wahn und Diätenerhöhung. In diesem OneManShow-
Kabarett bewegt sich Diefes genau an der Grenze zum
Mainstream und schlägt ihn mit seinen eigenen Waf-
fen. Er ist niemals zynisch, sondern immer charmant.
Sein Weg sind nicht die Trampelfade des politischen
Kabaretts und nicht der schnelle Lacher der Comedy,
sondern der Spiegel einer unpolitischen Generation,
die einfach nicht erwachsen werden will.
Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr
BODO VERLOSUNG | Nibelungen VII & VIII
Nibelungen Doppel-Feature in Bochums konse-
quentestem Theater: Erst „Hagens Klage“ (19.30
Uhr), dann „Loges
Plan“ (21 Uhr). Das
Rottstr5 Theater be-
gibt sich mit der Urauf-
führung von „Hagens
Klage“ auf eine Spu-
rensuche und befördert Ungeheuerliches zutage:
Fafnirs Triumph ist der Lindwurm in jedem von uns.
Regisseur Oliver Paolo Thomas inszeniert den Text
von Hans Dreher und Carsten Marc Pfeffer als per-
formatives Musikalstück. Fünf Gitarristen setzen
die Leitthemen aus Wagners „Ring“ in der Bear-
beitung von Boris Jakov Babic kraftvoll in Szene.
„Bei ,Hagens Klage‘ überzeugt alles: Das Ambi-
ente, das man eher in der Berliner Subkultur ver-
muten würde, die grandiose Musik, die suggestiv
auftretenden Schauspieler mit ihrer großartigen
Sprechtechnik, die spannende, wiewohl manchmal
schwierige Textcollage.“ (Theatermail NRW)
Rottstr5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr
bodo verlost 2 x 2 Karten für eine Theaterver-
anstaltung freier Wahl. Teilnahmebedingungen
auf Seite 21.
SA 19 | 11 | 11
Musik | Mahala Rai Banda
„Mahala“ nennen die Roma ihre Stadtviertel, „Raï“
bezeichnet eine „anerkannte und beliebte Autori-
26
tät“, „Banda“ heißt „Orchester“. So kommen „die
Edlen aus dem Ghetto“ (frei übersetzt) in Orches-
terstärke aus den Hochburgen der Roma-Musik, Cle-
jani und Zece Prajini. Und sie wissen, wie man Säle
zum Kochen bringen kann: Urban Gypsy-Musik live
zwischen Militärkapelle und Hochzeitsband mit Ori-
ental Pop, Roma-Musik, Rumba Catalan und Manele.
Anschließend gibt‘s für diejenigen, die noch Luft und
Lust haben, passender Weise die Global Player Party.
domicil, Dortmund, 21 Uhr
MI 23 | 11 | 11
Musik | Stoppok Solo
Immer wenn das Geklingel wieder anschwillt, wenn sich
Lichterketten und Leuchtsterne gegenseitig zu über-
trumpfen versuchen, wenn wieder der große Konsum-
rausch angesagt ist, dann packt Stoppok Gitarren und
Schlagwerk und zieht los, um sein Gegenprogramm zum
pervertierten „Fest des Friedens“ zu zelebrieren. Ein
Gegenprogramm zu all dem inhaltsleeren, großmäuligen
und konformistischen Getriebe, wie es der Ex-Straßen-
musiker in den speziellen Hemden und mit dem Hang zu
auffälligen Schuhen seit jeher in seiner Person vorlebt
und wie er es in vielen Songs formuliert hat.
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
DO 24 | 11 | 11
BODO VERLOSUNG | Joey Kelly
Aufgeben gibt es für Joey Kelly nicht. Seine Energie und
seine Willenskraft verhelfen ihm immer wieder zu Höchst-
leistungen und erfolgreichen
Zieleinläufen. Das nicht nur
bei den TV-Events von Stefan
Raab. Joey Kelly, Extrem-
sportler aus Leidenschaft
und Unternehmer, lässt den
Zuschauer in seinem ersten Bühnenprogramm „Hysterie
des Körpers“ mit amüsanten Anekdoten und vielen Bil-
dern an seinen größten Abenteuern und sportlichen Erfol-
gen teilhaben. Er erzählt von den vielfältigen Eindrücken
und Erlebnissen, die er bei seinen Sportwettkämpfen rund
um die Welt gesammelt hat. Er berichtet von der unab-
dingbaren Eigenmotivation, seinen erlebten Grenzberei-
chen und dem mentalen Ehrgeiz, den es braucht, um sich
am Ende schließlich selbst zu besiegen.
Dietrich-Keuning-Haus, Dortmund, 20 Uhr
bodo verlost 3 x 2 Karten.
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
BODO VERLOSUNG | Geschlossene Gesellschaft
In seiner Antitragödie „Geschlossene Gesellschaft“
(1944) entreißt Sartre auf dramatische Weise dem Men-
schen seine Grundlage:
die eigene Selbstwahr-
nehmung durch die Lie-
be und die Anerkennung
der Anderen. Stattdes-
sen sind Sartres Figu-
ren dazu verdammt, untereinander dieselben Konflikte
immer und immer wieder auszutragen, ohne dabei Er-
lösung zu erfahren. „Sonja Baum, Karin Moog und Jost
Grix stürzen ihre Figuren, die nach dem Tod in der Hölle
landen, in einen Teufelskreis aus rein psychologischer
Folter. Ihr Spiel geht unter die Haut. Und der Text des
Existenzialisten wirkt kein bisschen verstaubt. Gegen-
wartstheater im besten Sinne eben.“ (Ruhr Nachrichten)
Rottstr5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr
bodo verlost 2 x 2 Karten für eine Theaterveran-
staltung freier Wahl. Bedingungen auf Seite 21.
Theater | Superhero
Mit „Superhero“ hat Anthony McCarten (u.a. „Ladies
Night") einen bemerkenswerten Roman geschrieben –
Prosa, Drehbuch, Comic in einem, mit teilweise schnellen
Schnitten und spotartigen Szenen. Basierend auf dem
Roman hat Frank Hörner mit dem Theater Kohlenpott in
Koproduktion mit dem Jungen Ensemble Stuttgart ein
Stück über das Sterben, vor allem aber ein Stück über das,
was zählt im Leben, ein Stück über die Liebe, inszeniert.
„Superhero ist eine Comicgeschichte, ist eine Leidens-
geschichte, ist eine Glücksgeschichte. Innig, zärtlich,
zugleich geradezu spektakulär mit schnellen Schnitten,
Rückblenden und starken Comicbildern.“ (SWR)
Flottmann-Hallen, Herne, 19 Uhr (auch am 26.11.)
FR 25 | 11 | 11
BODO VERLOSUNG | Joshua Redman & Brad Mehldau
Während Redman, 1969 in Berkeley, Kalifornien, als Sohn
des Jazzmusikers Dewes Redman zur Welt gekommen, mit
Eric Clapton, B.B. King und
anderen die „Louisiana Gator
Boys“ für den Film „Blues
Brothers 2000“ stellte und
auf seinen Konzerten gern
auch mal Prince oder die
Beatles covert, reicht die Palette der verwobenen Frag-
mente bei Mehldau, 1970 in Jacksonville, Florida geboren,
von Franz Schubert über Radiohead bis hin zu Nick Drake.
Auf der Bühne scheinen die beiden ein eher ungleiches
Paar zu sein. Während Mehldau sich gern mit dem ange-
strengten Gesicht eines Gastkritikers zweifelnd über seine
Tasten beugt, um ihnen dann doch fast heitere Impro-
visationen zu entlocken, steht Redman auffallend lässig
daneben, spielt aber auf seinem Saxophon den melancho-
lischen und ziemlich kontrollierten Part des Abends. Ein
Konzert im Rahmen der Reihe „JazzNights“.
Konzerthaus, Dortmund, 20 Uhr
bodo verlost 3 x 2 Karten.
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
Theater | Naked Lenz
Es heißt, die Welt der Illusionen sei für diejenigen ge-
26 VERANSTALTUNGEN NOVEMBER 2011
18 | 11 | 11 Volker Diefes 19 | 11 | 11 Mahala Rai Banda
CATEL & BOCQUET | Kiki de Montparnasse (Carlsen Comics)
Der neue Trend im Comic, sich Persönlichkeiten der Geschichte in so genannten „Graphic Novels“ zu nähern, ist für Comic-Freaks
wie mich natürlich eine feine Sache. Da kann man mit Fug und Recht behaupten: Comiclesen kann auch bilden. Blieben früher
nur einge geschichtliche Daten und lateinische Wortfetzen von Asterix hängen, so wird dem Comicleser heute u.a das Leben von
Fidel Castro, Johnny Cash und nun eben auch einer Dame, die als Alice Prin 1901 in Frankreich geboren wurde, nahegebracht.
Bekannt wurde sie allerdings als Kiki de Montparnasse, eine Sängerin, Schauspielern, Malerin, Akt-Modell und vor allem Muse so
bekannter Künstler wie Calder, Foujita, Utrillo, Léger und natürlich Man Ray, dem sie fast ihr ganzes Leben lang partnerschaftlich
verbunden war. Ihre Art und ihr Lebensstil passten so perfekt in das Leben der Bohème der goldenen Zwanziger in Paris, dass man
sie quasi schon als Sinnbild dieser Zeit vorführen könnte. Kleiner Tip: die Kiki-Filmchen auf YouTube & Co. Zudem war sie eine der
ersten wirklich emanzipierten Frauen des 20. Jahrhunderts, die Zeit ihres Lebens deswegen außerhalb der künstlerischen Zirkel als
„Nutte“ tituliert wurde. All das und noch viel mehr habe ich durch das Lesen dieser Comic-Biografie erfahren dürfen – sehr genau
recherchiert und erzählt, vielleicht in den S/W-Zeichnungen ein wenig zu nah am Funny-Cartoon. Insgesamt aber eine gelungene
Graphic Novel, spannend, bisweilen humorvoll erzählt und dabei eben auch noch bildend. (BvR)
COMIC-TIPP
27
24 | 11 | 11 Superhero23 | 11 | 11 Stoppok Solo
schaffen, die an der Realität zu zerbrechen drohen. Man
könnte diese Formel auch umkehren: Vielleicht gibt es Re-
alität ja nur, um allen einen Ort zu geben, die aus der Welt
der Illusionen schockiert zurückkehren? „Naked Lenz“
nimmt Büchners Lenz und David Cronenbergs Filmadap-
tion „Naked Lunch“ zum Anstoß, um über das Verhältnis
von Wirklichkeit und Illusion nachzudenken und an ge-
sellschaftliche Fragen anzuknüpfen: In beiden Werken
steht ein Dichter im Mittelpunkt, dessen Ich sich auflöst.
Lenz hört die Stimmen der Felsen, und William Lee wird in
einer Serie von Rauschzuständen in die Welten gesogen,
die er selbst aufschreibt. Die neue Uraufführung von „Vi-
sitor Q"-Regisseur Martin Laberenz im Studio.
Theater, Dortmund, 20 Uhr
SA 26 | 11 | 11
BODO VERLOSUNG | Wise Guys
Die Wise Guys sind Deutschlands Vokal-Pop-Band Num-
mer 1 und zählen zu den erfolgreichsten Live-Acts im
deutschsprachigen Raum. Ihre Songs
sind ebenso unverwechselbar wie der
Wise-Guys-Sound, der aus fünf Stim-
men besteht, aber klingt wie der einer
voll ausproduzierten Pop-Band. Daniel
Dickopf (Dän), Edzard Hüneke (Eddi),
Marc Sahr (Sari), Nils Olfert und Ferenc
Husta sagen über ihre Musik: „Wir ma-
chen Popmusik, ohne Instrumente, mit Spaß, Begeiste-
rung und Leidenschaft, oft witzig, manchmal ernst und
auch mal traurig.“ Die Wise Guys sind bekannt dafür,
sehr engen Kontakt mit ihren Fans zu halten. Nun gehen
die fünf Sänger erstmalig also auf „Wunschtour“, vom
Herbst 2011 bis zum Sommer 2012. Das Besondere: Das
Programm wählten – zumindest in weiten Teilen – die
Fans (per Post und via Internet). Sicher werden die Wise
Guys viele bekannte Hits aus ihrer 15jährigen Karriere
singen, wie „Es ist Sommer”, „Radio”, „Es ist nicht immer
leicht“ und „Hamlet”. Aber jeder Fan konnte diesmal sein
heimliches Lieblingslied einfordern, das viel zu selten
oder nie auf der Bühne gesungen wird.
bodo verlost 5 x 2 Karten.
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
SO 27 | 11 | 11
Kindertheater | Ronja Räubertochter
Im letzten Jahr gab es schon die putzige Inszenierung
„Hotzenplotz“ nach Ottfried Preussler. Nun ist also As-
trid Lindgrens „Ronja Räubertochter“ an der Reihe, von
den Truffaldinos originell in Szene gesetzt zu werden.
Die Truffaldinos sind der Jugendclub des Rottstr5 The-
aters. Spielbegeisterte Kinder im Alter zwischen acht
und dreizehn Jahren haben einmal wöchentlich Spaß
am Improvisieren, Probieren und Behaupten. Ziel ist
es, das Spektrum und die Fantasie der Kinder zu er-
weitern und somit auch einen Beitrag zur persönlichen
Entwicklung zu leisten. Ganz nach dem Motto „Nichts
muss, (fast) alles darf“ sammeln sie so ihre ersten
Bühnenerfahrungen im Theater. Die Truffaldinos unter
Anleitung von Tanja Grix erheben nicht den Anspruch
an Perfektion, sondern sind ein Projekt, in dem alle
Beteiligten gemeinsam Schritt für Schritt gehen.
Rottstr5 Theater, Bochum, 16 Uhr
BODO VERLOSUNG | Ton Steine Scherben Family
„Jeder Satz, den die Scherben je gesungen haben, ist
immer noch wahr“, meinte kürzlich Jan Müller von To-
cotronic. Die Medienkriti-
ken zu den Auftritten der
„Ton Steine Scherben Fami-
ly“ sehen das ähnlich: Von
Gänsehaut bereits bei den
ersten Klängen ist da die
Rede und von Inhalten, die in einer globalisierten Welt
aktueller sind denn je. „Für die 68er war die Band Kult,
sie war stilbildend für die deutsche Rockmusik, den
deutschen Punk und Teile der NDW. Radikal politisch
wurden sie zum Mythos einer ganzen Generation und
spiegelten ihre Träume wieder.“ (Arte)
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
bodo verlost 3 x 2 Karten.
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
MO 28 | 11 | 11
Kindertheater | Die Brüder Löwenherz
Eine Geschichte, in der es für zwei Brüder um Leben und
Tod geht. Aber vielmehr geht es um die Liebe zwischen
den Brüdern, die alles übersteht und niemals enden wird.
Die Geschichte über die Abenteuer der beiden Brüder,
die im Bahnhof Langendreer seine Bochumer Premiere
feiert, wird als Erzähltheater mit Musik, Bildern und viel
Raum für die eigene Phantasie erzählt. Mit dieser Pro-
duktion öffnet sich das Reibekuchen-Theater, das dieses
Jahr seinen 35. Geburtstag feierte, für junge professio-
nelle Theaterschaffende (u.a. Jasminka Wrobel, Till und
Nils Beckmann). Ein Kindertheater mit Musik nach Astrid
Lindgren für Menschen ab acht Jahren.
Bahnhof Langendreer, Bochum, 10 & 15 Uhr (auch 29.11.)
28 | 11 | 11 Die Brüder Löwenherz
Adressen | Bochum (0234)Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108, 687 16 10
Christuskirche, An der Christuskirche 1, 338 74 62
Endstation Kino, Wallbaumweg 108, 687 16 20
Eve Bar, Königsallee 15, 333 354 45
Freilichtbühne Wattenscheid, Parkstraße, 61 03-0
HalloDu-Theater, Lothringer Str. 36c, 87 65 6
Jahrhunderthalle, Gahlensche Str. 15, 369 31 00
Kulturhaus Oskar, Oskar-Hoffmann-Straße 25
Kulturrat Bochum, Lothringer Straße 36, 862 012
Museum, Kortumstraße 147, 51 60 00
Mus. Zentrum der RUB, Universitätsstr. 150, 322 28 36
Prinz-Regent-Theater, Prinz-Regent-Str. 50 – 60, 77 11 17
Riff, Konrad-Adenauer-Platz 3, 150 01
RuhrCongress, Stadionring 20, 610 30
Schauspielhaus, Königsallee 15, 333 30
Stadthalle Wattenscheid, Saarlandstraße 40, 610 30
Thealozzi, Pestalozzistraße 21, 175 90
Varieté et Cetera, Herner Straße 299, 130 03
Zauberkasten, Lothringer Straße 36c, 86 62 35
Zeche, Prinz-Regent-Straße 50-60, 977 23 17
Zeche Lothringen, Lothringer Straße 36c, 876 56
Zwischenfall, Alte Bahnhofstraße 214, 28 76 50
Adressen | Dortmund (0231)Auslandsgesellschaft, Steinstraße 48, 838 00 00
Cabaret Queue, Hermannstraße 74, 41 31 46
DASA, Friedrich-Henkel-Weg 1 – 25, 90 71 24 79
Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstr. 50 – 58, 502 51 45
domicil, Hansastraße 7 – 11, 862 90 30
Fletch Bizzel, Humboldtstraße 45, 14 25 25
F.-Henßler-Haus, Geschw.-Scholl-Str. 33 – 37, 502 34 72
FZW, Ritterstraße 20, 17 78 20
Galerie Torhaus, Haupteingang Rombergpark, 50 23 194
Konzerthaus, Brückstraße 21, 22 69 62 00
Museum f. Kunst u. Kulturgesch., Hansastr. 3, 502 55 22
Piano Musiktheater, Lütgendortmunder Str. 43, 604 206
Rasthaus Fink, Nordmarkt 8, 999 876 25
Reinoldikirche, Ostenhellweg 1, 52 37 33
Schauspielhaus, Hiltropwall, 502 55 47
Sissikingkong, Landwehrstraße 17, 728 25 78
Strobels, Strobelallee 50, 999 50 60
Subrosa, Gneisenaustraße 56, 82 08 07
SweetSixteen Kino im Depot, Immermannstr. 29, 910 66 23
Theater im Depot, Immermannstraße 29, 98 21 20
U, Leonie–Reygers-Terrasse, 50 247 23
Westfallenhallen, Rheinlanddamm 200, 120 40
Westfalenpark, An der Buschmühle 3, 35 02 61 00
Zeche Zollern, Grubenweg 5, 696 12 11
Adressen | Herne (02323)Flottmann-Hallen, Flottmannstr. 94, 16 29 52
Mondpalast, Wilhelmstraße 26, 58 89 99
Adressen | Witten (02302)Saalbau, Bergerstraße 25, 581 24 24
Werkstadt, Mannesmannstraße 2, 94 89 40
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28 DAS INTERVIEW | von Bianka Boyke | Fotos: Claudia Siekarski · Bianka Boyke
»Kinder müssen aus dem Schatten treten«Psychologin Michaela Pavelka im Interview über Depression
Arbeitsüberlastung, Versagensängste in der Schule oder die Pflege von Angehörigen: Viele Menschen sind heutzutage mit ihrem Alltag über-fordert. Die Folge kann eine völlige psychische und körperliche Erschöpfung (Burn-out-Syndrom) sein, verbunden mit der Entwicklung einer De-pression. bodo-Redakteurin Bianka Boyke sprach mit der Diplom-Psychologin Michaela Pavelka (46) aus Oberhausen über die schwere Krankheit und wie sie sich auf Kinder auswirkt. Außerdem verriet Pavelka, was ihr neuester Roman „Im Schatten der Stille“ mit all dem zu tun hat.
bodo Frau Pavelka, Sie beschäftigen sich täglich
mit Menschen, die an Depressionen leiden. Kön-
nen Sie die Symptome mal mit einfachen Worten
beschreiben?
MP Gerne. Zu den Beschwerden gehören anhal-
tende Niedergeschlagenheit, Antriebsminderung
und der Verlust von Freude. Die Betroffenen
beklagen, dass sie häufig müde sind. Fast immer
bestehen Konzentrationsstörungen und eine
reduzierte Fähigkeit, sich Dinge zu merken. Häu-
fig haben die Betroffenen Schuldgefühle, eine
negative Sicht der eigenen Person, der Umwelt
und der Zukunft.
bodo Es gibt organische und psychische Gründe
für eine Depression. Können Sie bitte psychische
Gründe nennen?
MP Oft entwickeln sich Depressionen auch bei
Konflikten in der Partnerschaft, bei Trennungen
sowie als Folge von Todesfällen. Arbeitslosigkeit
und Mobbing am Arbeitsplatz sind seit einigen
Jahren ebenso bedeutsame Auslöser. Anhaltende
Überlastung durch Arbeit, Haushalt und Erzie-
hung der Kinder kann in eine depressive Entwick-
lung münden. Hinzu kommen oft ja auch noch die
alltäglichen Probleme.
bodo Was ist mit nicht aufgearbeiteten Erinne-
rungen?
MP Natürlich, die gibt es auch. Depressionen
entwickeln sich auch als Folge schädlicher
Kindheitserfahrungen – bei Vernachlässigung,
Gewalt oder sexuellem Missbrauch. Depressionen
werden ebenfalls begünstigt, wenn die Eltern
selbst depressiv und zu streng sind, das Kind
seine Bedürfnisse und vitalen Impulse ständig
unterdrücken muss. Auch eine sehr pessimis-
tische Weltsicht der Eltern bleibt für das Kind
nicht ohne Folgen.
bodo Können Sie kurz erklären, wie Sie den
Betroffenen helfen?
MP Im Gespräch mit dem Patienten werden
Ursachen abgeklärt, Konflikte bearbeitet und
Lösungen gesucht. Einstellungen und Gedanken,
die eine depressive Stimmung fördern, werden
differenziert und hinterfragt. Das Selbstwert-
gefühl wird stabilisiert. Vorhandene, aber nicht
genutzte Fertigkeiten werden aktiviert, sodass
man sich wieder als aktiv und kompetent erleben
kann. Es kommt auch vor, dass ein Mensch allein
schon deswegen Erleichterung verspürt, weil er
in der Psychotherapie überhaupt zum ersten Mal
über seine Probleme spricht.
bodo Und wie ist es mit depressiven Kindern?
MP Natürlich gibt es auch depressive Kinder.
Und Jugendliche. Wenn ein Kind sich häufig
zurückzieht, lustlos ist, nicht mehr gerne nach
draußen geht, seine sozialen Kontakte vernach-
lässigt, sich nicht mehr mitteilt, dann sollte
man eine depressive Verstimmung in Erwägung
ziehen. Bei Jungen, mehr als bei Mädchen, kann
auch zunehmendes aggressives Verhalten einen
Hinweis darstellen. Auf jeden Fall sollte man auf-
merksam werden, wenn ein Kind sich plötzlich so
ganz anders verhält, als man es kennt. Dies muss
nicht sofort ein Hinweis auf eine vollständige
Depression sein, aber es ist sehr wahrscheinlich,
dass das Kind einen Kummer hat, mit dem es
nicht mehr alleine zurechtkommt.
bodo Was können Eltern oder andere Bezugsper-
sonen dann tun?
MP Sie sollten einfühlsam das Gespräch zu ihren
Kindern suchen, ihnen Beachtung schenken, auf
sie eingehen und bei Bedarf fachliche Hilfe in
Anspruch nehmen. Es gibt besonders ausgebilde-
te Kinder- und Jugendtherapeuten.
bodo Wenn hingegen Eltern unter Depressionen
leiden, trifft das vor allem auch die kleinen Kin-
der. Oft fühlen sie sich sogar schuldig. Warum?
MP Kinder suchen immer auch bei sich selbst und
fragen sich, ob sie etwas falsch gemacht haben.
Wenn Eltern psychisch erkrankt sind, brauchen
immer auch die Kinder Unterstützung. Depressive
29
29
Eltern können sich nicht wirklich auf die Bedürf-
nisse ihrer Kinder einstellen oder angemessen
emotional auf ihre Kinder reagieren. Das hat
ganz einfach mit der Depression zu tun. Häufig
haben solche Kinder später ebenfalls emotionale
Probleme oder Schwierigkeiten in Beziehungen.
So kann es z.B. sein, dass ein Kind schon früh
beginnt, sich selbst zurückzunehmen und sich
um die Eltern zu kümmern. Es lernt im Übermaß,
hauptsächlich auf den anderen einzugehen, was
sich in späteren Beziehungen widerspiegelt.
bodo Wie kann man diesen Kindern helfen?
MP Betroffene Eltern und deren Kinder müssen
aus dem Schatten treten, d.h. das Schweigen,
die Stille, das Vertuschen muss überwunden
werden. Hier ist ein offenes Umgehen mit den
Problemen ganz entscheidend, damit sowohl den
Eltern als auch den Kindern geholfen werden
kann.
bodo Können Bücher zum Thema da ein guter
Einstieg sein, um dem Kind die Situation näher-
zubringen?
MP Ich denke, ja. Sie können als Medium be-
nutzt werden, um mit Kindern und Jugendlichen
über solche Themen ins Gespräch zu kommen.
bodo Gibt es denn ein Mindestalter, das Kinder
haben sollten, wenn ich sie mit so einem ernsten
Thema konfrontiere?
MP Eigentlich nein. Es hängt davon ab, wie man
das Thema anspricht. Auf jeden Fall sollte aber
schon eine gewisse Verständnisleistung beim
Kind vorhanden sein. Der Inhalt eines solchen
Buches muss natürlich altersgemäß sein und
damit der Lebenserfahrung des Kindes ent-
sprechen. Wenn es z.B. um ein Kleinkind geht,
dessen Mutter depressiv ist, so kann ein einfühl-
sames, kindgerechtes Buch dem Kind helfen, die
Geschehnisse in der Familie besser zu verstehen
und sie zu benennen.
bodo Sie schreiben auch Bücher zum Thema.
Aktuell steht „Im Schatten der Stille“ in den
Buchhandlungen. Der Roman ist sehr vielschich-
tig. Können Sie ihn dennoch kurz skizzieren?
MP „Im Schatten der Stille“ beschreibt das
Erleben und Verhalten eines Familienvaters, der
im Krieg traumatisiert worden ist und dessen
depressive Stimmung und aggressive Verhaltens-
weisen für seine beiden Kinder unerklärlich blei-
ben. Oft sitzt er im Wohnzimmer, reglos und hört
immer wieder dieselbe traurige Schallplatte. Es
entsteht eine sehr beklemmende Stimmung in
der Familie. Man spricht nicht miteinander. Jeder
ist sich selbst überlassen.
30
bodo Wie gehen die Geschwister damit um?
MP Sie versuchen, dieser Atmosphäre zu ent-
fliehen. Sie verbringen ihre Nachmittage mit
anderen Jugendlichen in ihrem Versteck am
Bahndamm. Doch Zuhause spüren sie den unaus-
sprechlichen Schmerz der Eltern, und es entsteht
eine Stille, in der alle einsam sind.
bodo Sie erzählen die Geschichte aus der Sicht
der zunächst vierzehnjährigen Claudia. Die ge-
wöhnt sich irgendwann an das Schweigen in ihrer
Familie und geht eine heimliche Beziehung zu
ihrem Lehrer ein.
MP Schweigen innerhalb der Familie kann
gefährlich sein, weil man dann auch nicht mehr
mitbekommt, was die Kinder beschäftigt und
ob sie irgendwelchen Gefahren ausgesetzt sind.
Auch, wenn man seinen Kindern beibringt, über
gewisse Dinge nicht sprechen zu dürfen. Kinder
übertragen dies oft auf andere Erwachsene und
lassen sich dann auch von ihnen zum Schweigen
bringen. In meinem Roman entgeht Claudias
Klassenlehrer die Traurigkeit des jungen Mäd-
chens nicht. Und er lässt sich einiges einfallen,
um Claudia an sich zu binden. Zwiespältig,
ängstlich und neugierig geht sie eine heimliche
Beziehung zu ihm ein.
bodo Und dann kommt ein großer Zeitsprung.
MP Viele Jahre später ist Claudia Kranken-
schwester und selbst Mutter einer Tochter.
Ihr Bruder Tim arbeitet als Arzt in demselben
Krankenhaus. Rückblickend erkennt sie, welchen
Einfluss vergangene Erlebnisse auf die Gegen-
wart haben. Besonders durch die Begegnung mit
einem alten Patienten wird ihr dies bewusst.
Es sind die Gespräche mit ihm, die ihr helfen,
ihren Vater in einem anderen Licht zu sehen. Sie
begreift, dass er nicht einfach ein launischer
und aggressiver Mann war, sondern dass er noch
immer unter seinen Kriegserfahrungen gelitten
hat. Nachdem sie viele Jahre zuvor die Beziehung
zu ihm abgebrochen hatte, denkt sie nun zum
ersten Mal darüber nach, den Kontakt zu ihm
wieder aufzunehmen.
bodo Berichten Sie in „Im Schatten der Stille“
von wahren Begebenheiten?
MP Nein. Alle geschilderten Personen sind frei
erfunden.
bodo Vielen Dank für das Gespräch.
MP Ich danke auch. Es hat mich gefreut.
INFO www.michaela-pavelka.de
30
Bilderbuch
Bereits für Kinder ab zwei Jahren geeignet ist das Bilderbuch „Warum ist Mama
traurig?“ Einfache, farbenfrohe Bilder erzählen von Lämmchen Lilli, dessen Mama
eines Tages nur noch müde ist. Mit wenigen Worten schafft es die Autorin, die
Krankheit zu schildern: So spielt Lilli zunächst mit ihrem besten Freund Paul, hört
Gutenachtgeschichten von ihrer Mama und alles ist gut.
Wie passend: die Sonne scheint. Doch dann ist Mama plötzlich ganz anders und
Regenwolken ziehen auf. Gutenachtgeschichten gibt es nicht mehr und Lilli fragt
sich, was sie falsch gemacht hat. Lilli bleibt lieber bei ihr, um aufzupassen; lässt
Paul stehen. Zum Glück ist der nicht beleidigt, sondern holt Hilfe. So zeigt sich
die Sonne hinter den dicken schwarzen Wolken wieder, und nach dem Besuch beim
Arzt wird alles langsam besser. „Du bist nicht schuld“, „Kapsle dich nicht ab“, „Hol
Hilfe“, „Du bist nicht allein“, „Alles wird wieder gut“ – was Kinder über Depressi-
onen unbedingt wissen müssen, wird hier einfach thematisiert und bildlich veran-
schaulicht. Der Ratgeberteil am Ende rundet das Buch wunderbar ab.
Kinderbücher
Um den Verlust eines geliebten Menschen geht es im Roman „Anni“. Seit Annis
Mutter bei einem Unfall ums Leben kam, schweigt ihre Schwester, Bruder Collin
schlägt nur noch auf sein Schlagzeug ein und ihr Vater sitzt den ganzen Tag vor
dem Fernseher. Glücklicherweise sind da aber noch die liebevollen Großeltern
und Tanten, die verständnisvolle Lehrerin und Annis beste Freundin Orla, die im-
mer zu ihr halten. Der Autor beschreibt Annis Probleme, mit denen sie in Familie
und Schule zu kämpfen hat, sehr sensibel. Und er zeigt, dass das Leben nach
dem Tod eines lieben Menschen wieder schön werden kann. Das gibt Hoffnung,
die vor allem für Kinder wichtig ist.
„Die Füchse von Andorra“ führt seine Leser ganz behutsam an das Thema heran
und zeigt am Ende eindrucksvoll, dass beim Thema Depression nur Reden hilft – in
diesem Fall sogar vielleicht zu einer wunderbaren Freundschaft führt.
Bei Sophies Familie ist immer etwas los. Kein Wunder: Die Zehnjährige ist ein Vier-
ling. Trotzdem fühlt sie sich auch mal alleine, denn die Geschwister sind grund-
verschieden. Sophie träumt von einer Freundschaft mit Alice, doch deren Leben ist
vollkommen anders als ihr eigenes. Alice ist ein Einzelkind, und ihre Eltern haben
viel Geld. Sie scheint Sophie nicht zu beachten. Zudem ist Sophies Mutter manch-
mal seltsam traurig. Erst als sie in eine Klinik kommt, geht es ihr etwas besser.
Das ist doppelt gut: Alice' Vater hat nämlich genau dieselbe Krankheit, und nach
einigen Missverständnissen nähern sich Alice und Sophie einander an.
Für Erwachsene und Jugendliche
Im Roman „Im Schatten der Stille“ beschreibt Psychologin Michaela Pavelka
(siehe auch Interview Seite 28 – 30) das Leben der zunächst vierzehnjährigen
Claudia. Ihr Vater wurde im Krieg traumatisiert und verbringt seine Tage jetzt
meist allein im Wohnzimmer. Seine Kinder verscheucht er mit seinem aggressi-
ven Verhalten. Erklärungen gibt es keine. Man spricht nicht miteinander. Jeder
ist sich selbst überlassen. Claudias Klassenlehrer entgeht die Traurigkeit seiner
Schülerin nicht, und er lässt sich einiges einfallen, um das Mädchen an sich zu
binden. Zwiespältig, ängstlich und neugierig geht sie eine heimliche Beziehung
zu ihm ein. Zeitsprung: Viele Jahre später ist Claudia Krankenschwester und
selbst Mutter einer Tochter. Rückblickend erkennt sie, welchen Einfluss vergange-
ne Erlebnisse auf die Gegenwart haben. Dabei hilft ihr die Begegnung mit einem
alten Patienten besonders. Pavelkas Roman erzählt aus dem wahren Leben und
weckt tiefe Gefühle – lässt weinen und lachen.
LITERATUR ZUM THEMA | gelesen von Bianka Boyke
Lesen, um das Schweigen zu brechenBücher über Depression
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John Newman: AnniFischer 2010, 237 Seiten, ab 10 Jahren, 12,95 Euro. ISBN: 978-3-596-85436-3
Marjaleena Lembcke: Die Füchse von Andorra. Nagel & Kimche 2010, 128 Seiten, ab 9 J., 12,90 Euro ISBN: 978-3312009909
Michaela Pavelka: Im Schatten der Stille. Rotblatt Verlag 2011, 262 Seiten, 18,95 EuroISBN: 978-3940063465
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Rätsel-Lösung: HOERER
33
Der tapfere, kleine Pirat kämpft, auf einem Fass balancierend, gegen ein Furcht erregendes Seemonster. Im rechten Bild kämpft ein tapferes Seemonster gegen einen Furcht erregenden kleinen Piraten. Findest Du die 10 Unterschiede zwischen den beiden Szenen?
ESELSOHR | von Volker Dornemann
Fehlersuchbild – Lösung:
1) Am Himmel fehlt ein Vogel, 2)
der Totenkopf auf dem Kopftuch
des Piraten hat keine Augen, 3) der
Berggipfel hat eine andere Form,
4) das Seeungeheuer hat ein weite-
res Auge, 5) einer seiner Tentakel
ist kürzer, 6) in einem Hosenbein
des Piraten ist ein Loch, 7) auf
seinem T-Shirt fehlt der Streifen
8) und an einer Hand ein Daumen,
9) in der Rückenflosse des Unge-
heuers ist ein Riss und 10) einer
der vom Entermesser reflektierten
Lichtpunkte ist dicker.
33
Beim letzten Mal haben wir Euch
einiges über die Lebensweise der
Wale berichtet – heute geht es um
die Geschichten, die sich um Wale
ranken. Schon seit jeher haben die
riesigen Meeressäuger die Fantasie
der Menschen beflügelt, und auch
heute findet man sie in Büchern,
Filmen oder Comics.
Recht alt ist die Geschichte von Jonas
und dem Wal aus der Bibel. Er wird
von dem Tier verschlungen und lebt
einige Zeit in dessen Bauch weiter,
bis er sich wieder ins Freie flüchten
kann. Diese Geschichte ist in neuerer
Zeit mehrfach wieder aufgegriffen
worden. Z.B. kennt Ihr sie vielleicht
aus der Geschichte von Pinocchio?
Auch er wird von einem Wal ver-
schluckt und trifft dort auf seinen
Vater, den Puppenmacher Gepetto.
Natürlich können auch sie sich wie-
der befreien. Der dritte von einem
Wal Verschluckte ist schließlich Lü-
gnügungspark, wo er Kunststücke
für die Besucher aufführt. Als der
Wal getötet werden soll, plant der
Junge schließlich eine Rettungsakti-
on, und der Wal findet nach vielen
Jahren der Gefangenschaft in die
Freiheit zurück.
Es gibt noch so manch weitere Ge-
schichten über Wale. In den älte-
ren von ihnen werden sie meist als
riesige Fische beschrieben, da die
Menschen früherer Zeit noch nicht
wussten, dass Wale eigentlich
Säugetiere sind. Vielleicht findet
Ihr ja noch die eine oder ande-
re Geschichte? Wenn Ihr Lust
auf Walgeschichten bekommen
habt – alle hier genannten las-
sen sich in Büchern nachlesen und
sind sicher eine interessan-
te Ferienlektüre. Oder
aber Ihr schaut sie
euch als Filme an.
Sowohl die Ge-
schichte von Moby
Dick als auch die
von Pinocchio und
Münchhausen sind
– sogar mehrfach
– verfilmt worden.
Wir wünschen Euch
viel Spaß dabei! (vd)
genbaron Münchhausen, dem die
Flucht aus dem Bauch des Gigan-
ten durch eine List gelingt:
Er verstreut Schnupftabak
im Inneren des Wals,
dieser muss niesen und
niest Münchhausen wie-
der aus.
Eine weitere sehr berühm-
te Geschichte ist die des Wals
Moby Dick von Herman Melville.
Ein junger Seemann heuert als
Matrose auf einem Walfänger-
schiff an. Dieses wird von Ka-
pitän Ahab geführt, der von
dem Wahn besessen ist, den
weißen Wal Moby Dick zur
Strecke zu bringen. Denn
in der Vergangenheit
hat er bei der Jagd auf
den Wal ein Bein verlo-
ren und will sich rächen.
Natürlich geht das völlig in
die Hose – der unbesiegbare weiße
Wal, an dem bisher jeder Walfänger
gescheitert ist, versenkt das Schiff
mit Mann und Maus samt Kapitän
Ahab, und nur der junge Matrose
überlebt die Katastrophe.
In einer neueren Geschichte, viel-
mehr einem Kinofilm (Free Willy),
geht es um die Freundschaft zwi-
schen einem Schwertwal und einem
Jungen. Der Wal lebt in einem Ver-
34
34 SOZIALE INITIATIVEN | von Sebastian Sellhorst | Fotos: Claudia Siekarski
Keine Voranmeldung, keine Praxisgebühr!Ein Besuch bei der „Aufsuchenden medizinischen Hilfe“ in Dortmund.
Obdachlose Menschen sind meist über ge-setzlich geregelte Leistungen medizinisch versorgt. Doch allzu oft passen die Angebote nicht zur Lebenssituation von in Obdachlosig-keit lebenden Menschen. Praxisgebühren, Me-dikamentenzuzahlung und bürokratisch gere-gelte Abläufe machen es ihnen oft unmöglich, traditionelle medizinische Hilfen in Anspruch zu nehmen. Ein niederschwelliges medizini-sches Hilfsangebot von Gesundheitsamt und Diakonie unterstützt der Verein „Aufsuchende medizinische Hilfe für wohnungslose Menschen in Dortmund e.V.“.
Im Innenhof der Zentralen Beratungsstelle für
Wohnungslose (ZBS) in Dortmund – eine der Sta-
tionen der aufsuchenden medizinischen Hilfe
– warten bereits einige Patienten. Überwiegend
Männer mittleren Alters. Viele von ihnen sehen
müde aus, scheinen die Nacht im Freien verbracht
zu haben. Die Sprechstunden bei Dr. Müller sind
bekannt und beliebt. Ich frage nach dem Weg und
bekomme auch prompt eine Antwort. „Dr. Müller?
Immer den Gang durch!“
Der Verein Aufsuchende Medizinische Hilfe e.V.
feiert dieses Jahr sein zehnjähriges Bestehen.
Was 1996 als Modellprojekt der Ärztekammer
Westfalen-Lippe und des Landesarbeitsamts
Nordrhein-Westfalen begann, ist mittlerweile
eine feste Größe der Dortmunder Obdachlosenhil-
fe. Mitglieder des Vereins sind neben dem Diako-
nischen Werk Dortmund und Lünen gGmbH viele
andere soziale und medizinische Einrichtungen
sowie Privatpersonen, die durch ihre Tätigkeit
mit dem Verein verbunden sind.
Das Interview mit dem Team der aufsuchenden me-
dizinischen Hilfe, bestehend aus Dr. Martin Müller
und den beiden Krankenschwestern Petra Freitag
und Heike Ester, beginnt etwas ungewöhnlich.
Bei der Terminkoordination ist es zu einem klei-
nen Missverständnis gekommen, was dazu geführt
hat, dass Dr. Müller nicht wusste, dass er von bodo
besucht wird. Selbstverständlich erklärt er sich
trotzdem dazu bereit, uns etwas über seine Arbeit
zu erzählen. Unter einer Bedingung: „Wenn einer
meiner Patienten mich braucht, müssen wir unter-
brechen!“ Kaum ein Satz könnte die Haltung, mit
35
35
der das Team der aufsuchenden medizinischen Hil-
fe arbeitet, besser beschreiben.
An fünf Tagen der Woche ist Dr. Müller unterwegs,
ca. die Hälfte der Zeit in Begleitung einer Kran-
kenschwester. Oft aber auch alleine. Besucht wer-
den klassische Einrichtungen der Wohnungslosen-
hilfe wie z.B. die Männerübernachtungsstelle für
Obdachlose in der Unionstraße oder der Dortmun-
der Brückentreff. Aber auch andere Stationen wie
die Beratungsstelle für Prostituierte von KOBER
e.V oder das Café Flash der Drogenhilfe stehen
auf seinem Wochenplan, der an allen Anlaufstel-
len aushängt.
Den Weg, der ihn zur Arbeit mit Obdachlosen ge-
bracht hat, schildert er wie folgt. „Ich habe mich
schon immer für diese Arbeit interessiert. Ich habe
viel in Kliniken gearbeitet und aus der Perspektive
der Praxis beobachtet, wie sich die Arbeit an den
Kliniken verändert hat. Mein Facharzt ist jetzt 30
Jahre alt und der Beginn meiner Ausbildung ist 37
der medizinischen Behandlung sei es aber auch
Teil der Arbeit, die Patienten bei anderen Termi-
nen, z.B. beim Zahnarzt zu begleiten. „Wir haben
ganz viele Patienten, die unheimliche Angst ha-
ben, und die begleiten wir dann. Wir halten dann
Händchen“, berichtet Heike Ester. Auch Kranken-
besuche machen sie, wenn einer ihrer Patienten
im Krankenhaus liegt.
Auf meine Frage, inwieweit sich die Arbeit hier
von der Arbeit in einer klassischen Praxis unter-
scheidet, deutet Dr. Müller in sein einfach einge-
richtetes Behandlungszimmer. Nur ausgestattet
mit Schreibtisch, einer Liege und ein paar klassi-
schen medizinischen Geräten wie Stethoskop und
Blutdruckmessgerät. Technisches Gerät sucht man
vergebens. „Einer der größten Unterschiede ist
einfach der Basischarakter. Wir haben hier kein
Edelstahl. Ich kann keine Hightech-Medizin ma-
chen. Schon alleine aus Kostengründen und auch
aus Gründen der Mobilität nicht. Ich hab nur zwei
Arme, um meine Koffer zu tragen.“
Ein weiterer Unterschied sei die deutlich bürokra-
tieärmere Arbeit. „Wir müssen nicht nach Leis-
tungsziffern abrechnen. Sondern wir bekommen
pro behandeltem Patienten eine Pauschale. Wo-
bei die Politik von Vermutungszahlen ausgeht,
wie viele Obdachlose bzw. Wohnungslose es in
einer Stadt wie Dortmund mutmaßlich gibt. Und
diese Anzahl müssen wir pro Vierteljahr erreichen
oder überschreiten. Das tun wir aber auch locker,
ganz locker. Und so kriegen wir pro Patient einen
bestimmten Betrag. Und aus diesem Topf wird
dann z.B. die Arztstelle refinanziert.“
1.250 Patienten hat Dr. Müller in seiner Kartei.
Viele kommen nur ein einziges Mal, andere wie-
derum sind schon seit Jahren bei ihm. Wenn er
die Zahl der Patienten durch die Zahl der Be-
handlungs- und Beratungskontakte teile, kom-
me er im Schnitt auf sechs Kontakte pro Pati-
ent. Werbung für seine Arbeit müsse er nicht
machen. Er mache sich nur langsam Sorgen, an
seine Kapazitätsgrenzen zu stoßen. Die Sprech-
stunden seien ja nur das Grundgerüst. Viel Zeit
würde auch die Arbeit neben den eigentlichen
Sprechstunden in Anspruch nehmen. „Man kriegt
Jahre her. Ab nächstem Jahr bin ich im Rentenal-
ter, würde aber gerne noch weiter arbeiten. Es hat
sich alles enorm verändert. Das Arbeitsklima, der
Arbeitsstil und die Werteorientierung in den Klini-
ken, die sich in einer Weise verändert hat, dass ich
da gar nicht mehr mitmachen möchte. Da dachte
ich, da arbeite ich doch lieber an der Basis“, so
Dr. Müller. Auch Petra Freitag und Heike Estern
wollten wieder näher an die Patienten und weg
von Klinikalltag und Wechselschicht. Man habe
einfach eine ganz andere Beziehung zu den Pati-
enten, so Petra Freitag.
Die Erkrankungen, mit denen sich das Team am
häufigsten konfrontiert sieht, seien Hauterkran-
kungen wie Abszesse und Erkrankungen der Atem-
wege. Da sein Hauptbüro im gleichen Gebäude
wie das Landesmethadon-Programm liegt, habe er
dort viel Kontakt zu Drogenabhängigen und Subs-
tituierten mit all ihren begleitenden Krankheiten
wie HIV, Hepatitis und allgemeinen drogenasso-
ziierten Symptomen, erzählt Dr. Müller. Neben
36
36 ORTE | von Marcus Preis | Foto: Claudia Siekarski
Den Tod zurück ins Leben holenDie Grabeskirche Liebfrauen in Dortmund
Immer mehr Kirchengemeinden werden zusammengefasst und vorhandene Got-teshäuser bleiben als solche ungenutzt. Zunehmend sucht man nach alternativen Funktionen für die meist historischen und denkmalgeschützten Immobilien (bodo berichtete im Dezember 2010). Seit einem Jahr beherbergt die Liebfrau-enkirche in Dortmunder ein Kolumba-rium. Sie ist die erste Grabeskirche im Ruhrgebiet.
Der Tod ist nahezu aus dem gesellschaft-
lichen Leben unserer Zeit verbannt. Wäh-
rend noch in der Generation unserer Groß-
eltern die Verstorbenen bis zur Beisetzung
zu Hause aufgebahrt wurden, garantieren
heute Bestattungsunternehmen, prakti-
scherweise vis-à-vis den Krankenhaus-
eingängen, eine schnelle und problem-
lose ,Entsorgung‘. Den Hinterbliebenen
wird damit die Möglichkeit genommen, in
Ruhe Abschied zu nehmen. Dabei wird im
Gespräch und im gemeinsamen Erleben
der Prozess der Trauer durchlebt, und der
Schmerz findet Ausdruck und kann dadurch
Heilung erfahren, statt sich im Körper oder
in der Seele zu manifestieren.
Während sich früher die Friedhöfe immer an
der Kirche befanden, werden heute die Ver-
storbenen zunehmend abseits unserer tägli-
chen Laufwege beigesetzt. Das Konzept der
Grabeskirche will dem entgegenwirken. „Wir
beobachten immer wieder, dass Leute nach
ihrem Einkauf auf dem Hellweg, bepackt
mit Plastiktüten, den Weg in die Grabes-
kirche finden und miteinander ins Gespräch
kommen“, berichtet Catrin Drewes, Verwal-
tungsleiterin des Kolumbariums.
Die neugotische Gemeindekirche Liebfrau-
en war stark sanierungsbedürftig und als
solche nicht mehr zu erhalten. Zur Gestal-
tung der Urnengräber wurde ein Architek-
tenwettbewerb ausgeschrieben. Bislang
orientierte man sich dabei eher an senk-
rechten Stelen; das Ungewöhnliche am
Gewinnerentwurf für Dortmund ist, dass
durch die bodenbezogene Anordnung der
bronzenen Urnenpodeste die bewusste
Nähe zur traditionellen Erdbestattung ge-
sucht worden ist. Das Grab wird mit einer
individuell gestalteten Gedenkplatte ver-
sehen. Im Oktober wurde mit der „Grab-
stätte für Unbedachte“ ein zusätzlicher
Bereich eröffnet für Mittellose, die an-
sonsten im Rahmen von Sozialbegräbnis-
sen beigesetzt würden.
Integrierte Sitzbänke in den Grabfeldern
laden zum Verweilen ein, leise spielt klas-
sische Musik. Noch sind erst vereinzelte
Felder besetzt, deutlich erkennbar an den
kleinen Vasen und brennenden Kerzen, die
an der Grabplatte mit passenden Bronze-
halterungen angebracht werden können.
Doch es sind bereits zahlreiche Urnenkam-
mern verkauft, manche Grabplatte ist sogar
schon beschriftet, obwohl die Käufer noch
leben und sich bester Gesundheit erfreu-
en. Zukünftig sind auch Ausstellungen und
Konzerte in einem angemessenen Rahmen
geplant. Catrin Drewes: „Wir haben mit dem
Kolumbarium eine Chance geschaffen, den
Tod wieder ins Leben zu holen.“ (mp)
INFOKolumbarium, auch Columbarium (von la-
teinisch columbarium, der Taubenschlag; zu
columba, die Taube), war ursprünglich die
Bezeichnung für einen Taubenschlag; we-
gen der optischen Ähnlichkeit wurden dann
auch altrömische Grabkammern mit reihen-
weise übereinander angebrachten Nischen
zur Aufnahme von Urnen nach Feuerbestat-
tungen so benannt. Heute bezeichnet man
als Kolumbarium ein Gebäude oder Gewölbe,
das der Aufbewahrung von Urnen dient und
oft einem Friedhof oder Krematorium ange-
gliedert ist. (Quelle: wikipedia)
Papiere vom Jobcenter oder von Rechtsanwäl-
ten vorgelegt und versucht, den Sachverhalt zu
verstehen. Und schaut dann, was man tun kann.
Viele Leute kennen ihre Rechte nicht. Die wissen
nicht, dass sie auf Antrag unter bestimmten Be-
dingungen von Zuzahlungskosten befreit werden
können. Wenn wir merken, dass so etwas in der
Luft liegt, dann machen wir auch mal ungefragt
eine Beratung.“
Auf die Frage, was für Änderungen am Gesund-
heitssystem er sich wünschen würde, stellt er
fest, dass Änderungen am Gesundheitssystem
allein wohl nicht ausreichen würden. Deutsch-
land sei eines der Länder mit der höchsten
Arztdichte pro Einwohner, aber trotzdem sind
die Wartezimmer immer voll. „Das ist ein Zei-
chen dafür, dass die Leute nicht das bekommen,
was sie brauchen. Zuwendung zum Beispiel.“ Mit
falscher Solidarisierung habe das nichts zu tun,
sondern mit Umgang auf Augenhöhe und Res-
pekt vor dem Menschen.
Während wir noch ein paar Fotos machen, klopft
es an der Tür. Einige der Patienten, die gerade
noch im Hof standen, warten jetzt vor dem Be-
handlungszimmer. „Jetzt muss ich mich aber
wirklich um meine Patienten kümmern“, verab-
schiedet sich Dr. Müller. (sese)
Sprechstunden:
Montag:
10 – 12 Uhr | Streetwork-Café, Leopoldstraße 22
14 – 15.30 Uhr | FÜS, Prinz-Friedrich-Karl-Straße 5
Dienstag:
9 – 10.30 Uhr | Gesundheitsamt Nord, Bornstraße 239
11 – 12.30 Uhr | Drobs, Cafe Flash, Schwanenwall 42
Jeden 1., 3., und 5. Dienstag des Monats:
14.30 – 16 Uhr | Übernachtungsstelle, Unionstraße 33
18.30 – 20 Uhr | KOBER e.V., Nordstraße 50
Jeden 2. und 4. Dienstag des Monats:
16 – 17.45 Uhr | Brückentreff, Kesselstr. 50
18 – 19.30 Uhr | Übernachtungsstelle, Unionstr. 33
Mittwoch:
9.30 – 12.30 Uhr | ZBS Diakonie, Rolandstraße 10
12.30 – 13.30 Uhr | Wichernhaus Suppenküche,
Stollenstraße 23
Donnerstag:
10 – 12 Uhr | Gesundheitsamt Nord, Bornstraße 239
14 – 15.30 Uhr | Nordmarkt Kiosk, Mallinckrodtstraße
Freitag:
9.30 – 11.30 Uhr | Gesundheitsamt Nord, Bornstraße 239
38
Die Lampen über der Theke sind an, und sie sind immer noch orange: Die Goldkante ist wieder da. Nach über anderthalb Jahren Renovierung ist der Umzug der kleinen Sze-nebar von der Herner Straße ins Bochumer Ehrenfeld geschafft. Das bewährte Konzept bleibt: Die Goldkante ist ein Laden zum Sel-bermachen.
der neuen Goldkante. Innerhalb weniger Stunden
hatten mehr als 1.000 Menschen den Clip gese-
hen. Bei der Eröffnungsparty am selben Abend
war die Goldkante gerammelt voll. Ein würdiger
Start für einen besonderen Laden.
Die Goldkante war schon an der Herner Straße kei-
ne gewöhnliche Bar. Gegründet wurde sie, weil sich
ein paar Stammgäste der Vorgänger-Bar „London
Tokyo Paris“ nicht mit dem Ende ihres Lieblingsla-
dens abfinden wollten. Also machten sie sich als
Verein h13 e.V. selbstständig und schufen in den
Räumen des ehemaligen „London Tokyo Paris“ die
Goldkante. Seitdem gilt: Wer die unkommerzielle
Self-Made-Bar unterstützen will, kann Vereinsmit-
glied werden. Mitmachen ist nicht nur erlaubt,
sondern erwünscht. Das kulturelle Programm, das
stets fest zum Konzept der Bar gehörte, gestalten
die Gäste selber. Filmabende, DJ-Sets, Lesungen,
Ausstellungen – die Goldkante hat sich so zu ei-
nem Bochumer Zentrum für unabhängige Kultur
entwickelt. Auch internationale DJ-Größen wie
Hans Nieswandt legten hier schon auf.
Bewährte Veranstaltungen laufen im neuen La-
den weiter. „Vier Stunden, vier DJs“ zum Beispiel
– eine Art Open Stage für DJs, die sich an den
Plattenspielern abwechseln können. Dabei dür-
fen je nach der zufälligen Besetzung des Abends
auch ganz unterschiedliche Stile aufeinander-
treffen. „Aber auch völlig neue Programmpunk-
te sind in Planung“, so Sandra Schulz aus dem
Vereinsvorstand. Die Goldkante solle jedenfalls
ein Ort sein, an dem Kultur nicht nur dargeboten,
sondern auch diskutiert wird.
Die Renovierung und die Gestaltung der neuen
„Kante“ hat ein harter Kern aus engagierten
Vereinsmitgliedern so weit wie möglich selber
übernommen. In der Bar steckt der geballte Ide-
alismus der Macher. Die selbst gebaute Theke
ist zum Beispiel ein echte Hingucker geworden.
Allein hieran haben die Hobby-Handwerker über
Monate gewerkelt. Als kleine Reminiszenz an den
alten Laden ist hier auch die Marmorplatte ver-
baut, auf der schon in der Herner Straße die Bie-
re über die Theke gingen – und darüber hängen
die legendären orangen Lampen, die längst zum
Wahrzeichen der Goldkante avanciert sind.
Holzdielen, DJ-Pult, Beleuchtung, Boxen, Rück-
buffet, Vorhänge: Alles ist liebevoll selbst ge-
baut oder gebastelt, Handwerker wurden nur
engagiert, wenn es gar nicht anders ging. „Ich
glaube, keinem von uns war vorher richtig klar,
wie viel Arbeit die Renovierung ist“, so Sandra
Schulz. Gut so: „Denn sonst hätten wir es viel-
leicht gar nicht erst versucht.“ Anscheinend hat
sich der Aufwand aber gelohnt: „Die ersten Wo-
chen liefen toll“, sagt Sandra Schulz. „So kann es
bitte weitergehen!“ (Hanno Jentzsch)
GoldkanteAlte Hattinger Straße 22 | 44789 Bochum
www.goldkante.org
Dienstag bis Samstag ab 18 Uhr
„Sofort, unverzüglich!“
Goldkante | Bochum
38 BODO GEHT AUS | von Hanno Jentzsch | Fotos: Claudia Siekarski
„Wann macht denn die Goldkante auf?“ Diese
Frage haben die Mitglieder des Vereins h13 e.V.,
der die Bar an alter und neuer Wirkungsstät-
te betreibt, nur zu oft gehört. „Wenn sie fertig
ist“, lautete die Antwort der fleißigen Renovierer
meist. Aber dann machte am 16. September plötz-
lich ein Youtube-Video auf Facebook die Runde:
„Sofort, unverzüglich!“ Ein Mann im spießigen
Anzug sagt diese Worte, er guckt unsicher in die
Kamera, sein schrulliger Kollege beugt sich auch
noch ins Bild.
Zur Eröffnung des neuen Ladens hatte sich der Ver-
ein einen PR-Coup einfallen lassen: Detailgetreu
wurde die berühmte Pressekonferenz nachgebildet,
in der Günter Schabowski die Öffnung der deutsch-
deutschen Grenze aus Versehen um einen Tag vor-
verlegt. Carsten Marc Pfeffer verkündet in dem
Video ganz und gar schabowskihaft die Eröffnung
39
CARTOON | Idee und Zeichnung: Volker Dornemann
39LESERSEITE
Schreiben Sie uns Ihre Meinung! bodo e.V. | Postfach 100543 | 44005 Dortmund oder eMail an: [email protected]
Am 17. September schenkten uns über 50 MitarbeiterInnen der Firma Dr. Ausbüttel & Co aus Witten einen Tag. In der Dort-
munder Innenstadt unterstützten sie uns einen ganzen Samstag lang und verkauften unter anderem gemeinsam mit unseren
VerkäuferInnen das Straßenmagazin. Hier ist ein Erfahrungsbericht. Fotos und ein Video finden Sie auf www.bodoev.de.
bodo dankt: Sparkasse Bochum
Monika Henkel, Christian Müller, Gerd Schlitzer, Peter
Thanscheidt, Oliver Stiller, Wolf Stammnitz, Erika Ma-
letz, Volker Schaika, Elsemarie Bork, Peter Lasslop,
Christina Kolivopoulos, Jutta und Wido Wagner, Mari-
anne Linnenbank, Klara Lehmann, Sabine Raddatz, Petra
Danielsen-Hardt, Thomas Kirschdorf, Silke Harborth, Do-
ris Buderus, Timo Zimmermann, Hildegard Reinitz, Ruth
Hanke, Dolf Mehring, Ruth Hanke, Ute Soth-Dykgers,
Dorothee Pischke, Annette Düe, Dr. Josef Balzer, Ale-
xander Barbian-Steinfort, Michael Buddenberg, Helmut
Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul
Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Matthias Grigo,
Grünbau GmbH, Britta Richter, Manfred Kater, Almuth
Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Birgit Kuehn,
Otfried Ladwig, Nicola Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix
Zulechner, Ingeborg Schumacher, Brigitte Sonntag, Ga-
briele Steinbrecher, Gabriela Schaefer, Hermann Schro-
eder, Christoph Roeper, Susanne Mildner, Barbara Meyer,
Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl
Bonbardt, Das Grafikhaus/O. Schäfer, Ralf Finke, Michael
Stange, Nicole Goralski, Jörg Gruda, Erika Janssen, Mar-
lis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula
Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stücker,
Thomas Terbeck, Linda Wotzlaw, Heinz Schildheuer, Tho-
mas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers,
Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Heike Pan-
nitz, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo
Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine
Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Ast-
rid Kaspar, Annette Krtizler, Ursula Machatschek, Lie-
selotte Markgraf, Thorsten Matern, Jutta Meklenborg,
Marlies und Eberhard Piclum, Sandra Rettemeyer, Inge
Schaub, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno
Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christain Scheer,
Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn,
Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M.
Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Else Stockert,
Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Eberhard
Garburg, Jutta Haring, Lieselotte Koch, Katrin Lichten-
stein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus
Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten klink, Thomas Olschow-
ny, Daniela Gerull, Dieter Schibilski, Martin Scholz,
Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel, Sandra Wortmann,
Annabell Preusler, Birgitt Kuhlmann, Dieter Zawodni-
ak, Elisabeth Heymann-Roeder, Friederike Jansen, Dirk
Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel