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MemorixNotfallmedizin
Sönke Müller
10., aktualisierte Auflage
667 Abbildungen
Georg Thieme VerlagStuttgart · New York
Bibliografische Informationder Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnetdiese Publikation in der Deutschen National-bibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.
1. Auflage 1991 VCH Verlagsgesellschaft2.-3. Auflage 1995 Chapman & Hall, Weinheim4. Auflage 1999 Hippokrates, Stuttgart5. Auflage 2002 Hippokrates, Stuttgart6.-7. Auflage 2005 Thieme, Stuttgart8. Auflage 2007 Thieme, Stuttgart9. Auflage 2011 Thieme, Stuttgart1. tschechische Auflage 19921. ungarische Auflage 19931. französische Auflage 19941. türkische Auflage 19952. französische Auflage 19961. englische Auflage 19972. ungarische Auflage 20002. türkische Auflage 20013. türkische Auflage 20051. russische Auflage 20053. ungarische Auflage 20072. russische Auflage 20094. ungarische Auflage 2013
© 2017 Georg Thieme Verlag KGRüdigerstr. 1470469 StuttgartDeutschlandwww.thieme.de
Printed in Italy
Zeichnungen: Heike Hübner, BerlinChristiane und Dr. Michael von Solodkoff,NeckargemündUmschlaggestaltung: Thieme VerlagsgruppeUmschlaggrafik: Martina Berge, Stadtbergen;verwendete Fotos von © Kzenon –Fotolia.com, © hooyah808 – Fotolia.comSatz: Druckhaus Götz GmbH, LudwigsburgDruck: LEGO S.p.A, Vicenza
ISBN 978-3-13-139910-6 1 2 3 4 5 6Auch erhältlich als E-Book:eISBN (PDF) 978-3-13-157810-5eISBN (epub) 978-3-13-202910-1
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Vorwort zur 10. Auflage
Ständiges Verbessern, kontinuierliches Modernisieren und stets leitliniengerechtesAufarbeiten der aktuellen deutschen und europäischen Standards der Notfallmedizinhaben das Memorix Notfallmedizin zu dem gemacht, was es von Anfang an schonimmer war: ein Buch für den Notarzt- und Rettungsalltag, ein Buch aus der Praxis fürdie Praxis, ein Nachschlagewerk, das auch in Zeiten der elektronischen Medien stetsstrom- und internetunabhängig einsatzbereit ist und seinen enormen Wissensschatzpreisgeben kann.Eine klare Gliederung, ein großes Schwerpunktkapitel „Notfälle A–Z“, Sonderkapitel zuden Notfällen in der Schwangerschaft und zu den Notfällen bei Kindern, pharma-kologische Details zu den relevanten Notfallmedikamenten, das alles mit einem ent-sprechenden Layout klar aufbereitet, lässt das Memorix Notfallmedizin auch und ge-rade in der 10. Auflage zu einem „treuen“ Begleiter für alle diejenigen werden, die sicheiner sehr schweren und risikoreichen, aber auch sehr spannenden und sehr sinn-vollen Aufgabe gestellt haben: Leben retten.Ihnen allen, ob Notfallsanitäter, Rettungsassistent oder Rettungssanitäter, ob Hausarzt,Klinikarzt oder Notarzt, soll das Kitteltaschenbuch mit Rat und Tat und klaren Hand-lungsanweisungen im Zweifel stets den richtigen Tipp geben und im Endeffekt dem-jenigen helfen und dienen, dem wir möglichst Gesundheit und Leben erhalten wollen:dem Patienten.
Bammental im März 2017
Ein großer Teil der Abbildungen und einige Textabschnitte zu den StichwortenHerzinfarkt, Herzrhythmusstörungen und Herzschrittmacher (Seiten 256–267 und270–312) stammen aus der Broschüre „Grundkurs EKG“ von Ralf Kleindienst, die imInternet unter www.ekg-online.de eingesehen werden kann.
Vorwort zur 10. Auflage
5
Anschriften
Dr. med. Sönke MüllerFischersberg 3069245 Bammental
E-Mail:[email protected]:www.memorix-notfallmedizin.de
Ralf KleindienstSchwarzwaldstraße 7d79423 Heitersheim
E-Mail:[email protected]:www.ekg-online.de
Anschriften
6
Inhaltsverzeichnis
I Allgemeine Notfallmaßnahmen 13
1 Retten und Lagern 141.1 Rautek-Griff 141.2 Bedeutung des Airbags 151.3 Abnehmen des Schutzhelms 171.4 Immobilisierung der Wirbel-
säule 181.5 Stabile Seitenlagerung 241.6 Spezielle Lagerungsarten 25
2 Freimachen der Atemwege 282.1 Überstrecken des Kopfes 282.2 Esmarch-Handgriff 282.3 Reinigen des Mund-Rachen-
Raums 29
2.4 Heimlich-Handgriff 292.5 Pharyngealtuben 30
3 Blutstillung 333.1 Mögliche Maßnahmen 333.2 Maßnahmen bei arterieller
Blutung 33
4 Venenpunktion 394.1 Indikation 394.2 Periphere Venenwege 394.3 Zentrale Venenwege/Ports 424.4 Komplikationen 47
II Erweiterte Notfallmaßnahmen 51
5 Beatmung 535.1 Allgemeines 535.2 Beatmung ohne Hilfsmittel 565.3 Beatmung mit Hilfsmitteln 585.4 Supraglottische Atemwegs-
hilfen 615.5 Endotracheale Intubation 675.6 Intubation 705.7 Chirurgische Atemwegs-
sicherung 70
6 Maschinelle Beatmung 836.1 Invasive Beatmung 866.2 Nichtinvasive Beatmung 87
7 Herzdruckmassage 917.1 Allgemeines 917.2 Klassische Herzdruckmassage 917.3 Weitere Methoden 93
8 EKG-Diagnostik 958.1 Monitor-EKG 958.2 Standard-EKG 96
9 Pulsoxymetrie 99
10 Kapnometrie undKapnografie 101
11 Defibrillation undKardioversion 103
11.1 Manuelle Defibrillation 10311.2 Automatisierte externe
Defibrillatoren (AED-Geräte) 10611.3 Elektrische Kardioversion 110
12 Elektrische Stimulation 11112.1 Implantierbare Kardioverter-
Defibrillatoren (ICD) 112
13 Applikationswege fürMedikamente 114
14 Medikamente bei derReanimation 129
14.1 Vasopressoren 13114.2 Antiarrhythmika 13314.3 Sonstige 134
Inhaltsverzeichnis
7
15 KardiopulmonaleReanimation 137
15.1 Allgemeines 13715.2 Basismaßnahmen (BSL) beim
Erwachsenen 13815.3 Einsatz eines automatischen
externen Defibrillators (AED) 14215.4 Erweiterte Maßnahmen (ALS) bei
Erwachsenen 143
16 ROSC und Postreanimations-behandlung 150
17 Sedierung – Analgesie –Narkose 151
17.1 Sedierung 15117.2 Analgesie 15217.3 Narkose 154
18 Magenspülung 168
19 Thoraxdrainage 170
20 Perikardpunktion 173
21 Karotissinusdruck 174
22 Valsalva-Pressversuch 175
23 Unblutiger Aderlass 176
III Spezielle Notfälle 177
Übersicht 180
AAkuter arterieller Verschluss 190Akuter venöser Verschluss 191Akutes Abdomen 192Akutes Koronarsyndrom 194Alkoholentzugsdelir 200Alkoholvergiftung 202Amputationsverletzungen 204Anurie 206Aortenaneurysmaruptur undAortenruptur 207Apoplexie (Hirninsult, Stroke,Schlaganfall) 208Aspiration 213Asthma bronchiale 216Augenverletzungen 220
BBeinahe-Ertrinken/Ertrinkungsunfall 225Blitzunfall 227Bolusgeschehen (Bolusverlegungder oberen Luftwege) 229
CCOPD-Exazerbation 231
DDelirsyndrome 235Dialyse-Notfälle 237
EElektrounfall 239Epileptischer Anfall/Epilepsie(zerebrales Krampfleiden) 241Erfrierung 247Erhängen/Erwürgen/Erdrosseln/Strangulation 248Erregungszustand 250
GGallenkolik 252Glaukomanfall 253
HHerzbeuteltamponade 255Herzinfarkt (akuter Myokardinfarkt)/STEMI 256Akute Herzinsuffizienz 267Herz-Kreislauf-Stillstand 270Herzrhythmusstörungen 270
Inhaltsverzeichnis
8
Hitzeschäden 312Höhenkrankheit 318Hypertonie/hypertensive Krise 320Hyperventilationstetanie(Hyperventilationssyndrom) 322
KKoma 324
LLungenembolie 336Kardiales Lungenödem 338Toxisches Lungenödem(Reizgasvergiftung) 341Luxationen 343
MMagen-Darm-Blutung(gastrointestinale Blutung) 347
NNasenbluten (Epistaxis) 349Nierensteinkolik 352
OÖsophagusvarizenblutung 354
PPsychiatrische Notfälle 358
SSchock 363Schussverletzungen 371Störungen des Wasser-, Elektrolyt-und Säure-Basen-Haushalts 372Strahlenunfall 383Subarachnoidalblutung 387Synkope 388
TTauchunfall 390Traumatologische Notfälle 392
UUnterkühlung 421
VVerbrennung und Verbrühung 424Vergiftungen 428
IV Notfälle während Schwangerschaft und Geburt 479
42 Geburtshilfliche Daten undMaßnahmen 480
42.1 Schwangerschaft 48042.2 Normale Geburt 484
43 Erstversorgung desNeugeborenen 490
44 Spezielle Notfälle während derSchwangerschaft 495
V Notfallmaßnahmen im Säuglings- und Kindesalter 507
45 Normwerte undDosierungen 508
46 Allgemeine Notfall-maßnahmen 511
46.1 Freimachen/Freihaltender Atemwege 511
46.2 Venöser Zugang 512
47 Spezielle Notfall-maßnahmen 515
47.1 Beatmung 51547.2 Intubation 51747.3 Herzdruckmassage 51847.4 Defibrillation 51947.5 Reanimation 52047.6 Narkose 531
Inhaltsverzeichnis
9
VI Notfälle im Säuglings- und Kindesalter 533
AAnaphylaxie(anaphylaktischer Schock) 534Akute Atemnot 538
BBeinahe-Ertrinken 548
EExsikkose (Dehydratation) 550
HHerz-Kreislauf-Stillstand 552
KKrampfanfall (Fieberkrampf,epileptischer Anfall) 553
PPlötzlicher Kindstod 558Polytrauma 559
SSchädel-Hirn-Trauma 562
VVerbrennung und Verbrühung 566Vergiftungen 570
VII Notfallmedikamente 575
AAzetylsalizylsäure 579Adenosin 580Adrenalin 580Ajmalin 581Aktivkohle s. Kohle, medizinische 581Alteplase 581Amiodaron 581Atropin 582
BBeclometason 583Biperiden 583Butylscopolaminiumbromid 584
CCafedrin + Theodrenalin 585Cimetidin 585Clemastin 586Clonazepam 586Clonidin 587
DDexamethason 588Diazepam 588Digoxin 589Dihydralazin 590Dimenhydrinat 590
Dimeticon 591Dimetinden 5924-DMAP (4-Dimethylaminophenol) 592Dopamin/Dobutamin 592
EEpinephrin-Autoinjektor 596Epinephrin-Spray 596Esmolol 597Etomidat 598
FFenoterol 599Fentanyl 600Flumazenil 601Furosemid 602
GGlukose 5%–40% 603Glyceroltrinitrat (Nitroglycerin) 604
HHaloperidol 605Heparin 605Hydroxocobalamin 606
IIpratropiumbromid 608
Inhaltsverzeichnis
10
KKalziumgluconat 609Ketamin 609S-Ketamin (Esketamin) 611Kohle, medizinische 612Kortikosteroide 612
LLidocain 613Levomepromazin 613Lorazepam 614
MMagnesiumsulfat 615Metamizol 615Methylprednisolon 616Metoclopramid 616Metoprolol 617Midazolam 618Morphin-HCl 619
NNaloxon 621Natriumbikarbonat 621Natriumthiosulfat 621Nifedipin 621Nitrendipin 622Nitroglycerin 622Noradrenalin (Norepinephrin) 622
OObidoximchlorid 624Orciprenalin 625
PPethidin 626Phenobarbital 626Phenytoin 627Physostigmin 628Prednisolon 628
Prednison 629Promethazin 629Propofol 630
RReproterol 631Reteplase 631Rocuronium 632
SSalbutamol 633Suxamethoniumchlorid(Succinylcholin) 634
TTenecteplase 635Terbutalin 635Theophyllin 635Theophyllinderivat 636Thiopental 636Tramadol 637Tranexamsäure 638
UUrapidil 639
VVecuronium 640Verapamil 641
Infusionslösungen 642Elektrolytlösungen 642Dextrane 642Gelatine und -derivate 643Stärkederivate(Hydroxyethylstärke) 643Humanalbumin 644Hyperonkotische Infusions-lösungen 644
Inhaltsverzeichnis
11
VIII Organisationen und Adressen 645
77 Informations- und Behandlungs-zentren für Vergiftungen 646
78 Rettungshubschrauber-stationen 648
79 Zentren für Schwerbrand-verletzte 650
80 Regionale Strahlenschutz-zentren 651
81 Druckkammern 653
IX Ergänzungen 655
82 Kennzeichnung gefährlicherGüter 656
83 Todesfeststellung 660
84 Eigenschutz 663
X Anhang 667
85 Medikamentenregister 668
86 Notfallkarte Kinder 674
87 Notfallkarte KinderMedikamente 675
88 Sachverzeichnis 676
Inhaltsverzeichnis
12
I AllgemeineNotfallmaßnahmen1 Retten und Lagern 14
1.1 Rautek-Griff 141.2 Bedeutung des Airbags 151.3 Abnehmen des Schutzhelms 171.4 Immobilisierung der Wirbelsäule 181.5 Stabile Seitenlagerung 241.6 Spezielle Lagerungsarten 25
2 Freimachen der Atemwege 28
2.1 Überstrecken des Kopfes 282.2 Esmarch-Handgriff 282.3 Reinigen des Mund-Rachen-Raums 292.4 Heimlich-Handgriff 292.5 Pharyngealtuben 30
3 Blutstillung 33
3.1 Mögliche Maßnahmen 333.2 Maßnahmen bei arterieller Blutung 33
4 Venenpunktion 39
4.1 Indikation 394.2 Periphere Venenwege 394.3 Zentrale Venenwege/Ports 424.4 Komplikationen 47
13
I
1 Retten und Lagern
1.1 Rautek-Griff
Indikation
Rettung von Patienten sowohl aus sitzender als auch aus liegender Position.
Technik
• Sitzender Patient:– vom Rücken des Patienten her mit beiden Armen
unter den Achselhöhlen hindurchgreifen– einen Arm des Patienten im Ellenbogen rechtwinklig
beugen– Unterarm dann von oben her mit beiden Händen
umfassen und in Höhe des Oberbauchs gegen denKörper des Patienten drücken
– Patient auf diese Weise auf die eigenen Oberschen-kel ziehen, wodurch das Gewicht günstig verlagertwird
– Patient zum Transport nach rückwärts wegziehen– zweiten Helfer (wenn vorhanden) Beine aufnehmen
lassen
• Liegender Patient:– vom Kopfende des Patienten aus mit beiden Händen
flach unter den Hinterkopf und Nacken fassen– Oberkörper vorsichtig anheben und nach vornüber
beugen– angehobenen Oberkörper mit eigenem Knie stützen– weiter wie beim sitzenden Patienten angegeben
14
Rautek-Griff1.1 1 Retten und Lagern
1.2 Bedeutung des Airbags
Fahrzeuge mit Airbag sind durch Schriftzüge „Airbag, SRS, SIPS, HPS, JC“ oder „RS“ aufdem Modul gekennzeichnet. Moderne Fahrzeuge sind mit bis zu 10 verschiedenenAirbagsystemen ausgerüstet.
Ausgelöster Airbag
Bei bereits ausgelöstem Airbag ist ein direkter Kontakt mit dem durch die hohe Ak-tivierungsenergie erhitzten Airbag-Modul zu vermeiden. Für etwa 20min besteht fürdie Rettungskräfte die Gefahr von Verbrennungen bei Berührung.
Nicht ausgelöster Airbag
! Ein nicht ausgelöster Airbag stellt für die Helfer eine nicht zu unterschät-zende Gefahrenquelle dar. Insbesondere während technischer Manipulatio-nen am Unfallfahrzeug Wirkbereiche des Airbags unbedingt meiden!
Verhinderung der Auslösung. Das Abklemmen der Batterie bietet keine absoluteSicherheit, da manche Hersteller Spannungserhaltungssysteme verwenden, die selbstnach Unterbrechung der Stromversorgung eine Aktivierung des Airbags noch bis zu20min lang ermöglichen. Zudem werden durch die Unterbrechung der Stromversor-gung auch elektrische Sitzverstellungen inaktiviert und damit die Rettung des Patien-ten möglicherweise erschwert.Airbag-Rückhaltesysteme, die über dem Lenkrad fixiert werden und den Fahrer- bzw.Beifahrer-Airbag bei einer sekundären Auslösung an der vollständigen Entfaltung hin-dern, können einen Schutz für Patienten und Retter bieten.
Fehlauslösung des Airbags. Eine Fehlauslösung des Airbags kann theoretisch durcheine Defibrillation des Patienten im Fahrzeug oder durch eine Verwendung von Funk-geräten oder Funktelefonen in der Nähe des Fahrzeuges bedingt werden. Deshalb ist insolchen Situationen bei der Verwendung von mobilen Kommunikationsmitteln einausreichender Abstand von mehr als ca. 5 Meter zu wahren.Für Ersthelfer besteht nach heutigen Erkenntnissen keine Gefahr, solange keine tech-nischen Rettungsgeräte eingesetzt werden.
15
1 Retten und Lagern 1.2Bedeutung des Airbags
Airbag-RegelBei Verkehrsunfällen empfiehlt es sich, nach der A-I-R-B-A-G-Regel vorzuge-hen
A - Abstand halten (30–60–90-Regel)Von nicht ausgelösten Airbagsystemen Abstände einhalten:30 cm von Seiten- und Fensterairbags60 cm von Fahrerairbags90 cm von Beifahrerairbags
• Von dieser Regel sollte nur abgewichen werden, wenn die Batterie abge-klemmt ist und keine Arbeiten mit schwerem Rettungsgerät erfolgen.
• Patient in Absprache mit dem Rettungsdienst so weit wie möglich aus demWirkbereich bringen (z. B. Sitz zurückschieben, Lehne zurückdrehen).
• Keine Gegenstände zwischen unausgelöste Airbags und Patienten bringen.
I - Innenraum erkundenAirbagsuche durchführen! Mögliche Kennzeichnungen:
• Einprägungen: RS, SRS, AIRBAG, SIPS, HPS, IC
• Airbagleuchte im Armaturenbrett
R - Rettungskräfte warnen
• Alle Rettungskräfte sind über nicht ausgelöste SRS-Systeme zu informie-ren.
• Vollständige Schutzausrüstung tragen (evtl. Gehörschutz).
B - Batterie(n) abklemmen (Feuerwehr)
• Einzige Möglichkeit, die meisten Airbags zu deaktivieren
• Achtung! Deaktivierungszeit bei Neufahrzeugen beträgt meist nur wenigeSekunden, ist aber im Bestand der älteren Airbags bis zu 45 min nachAbklemmen der Batterien möglich. Manche Airbags lassen sich nicht de-aktivieren (Airbags mit Druckgasbehälter).
A - Abnehmen der Innenverkleidung (Feuerwehr)
G - Gefahr an Airbag-KomponentenWahrscheinlichkeit einer ungewollten Auslösung ist gering, jedoch könnenausgelöste Airbags
• eine 2. Zündstufe haben
• im Bereich des Gasgenerators heiß sein, wodurch Verbrennungen möglichsind
• Reizungen hervorrufen, Verbrennungsrückstände sind jedoch nicht giftig
• weggedrückt oder abgeschnitten werden, wenn ein ausgelöster Airbagstört
16
Bedeutung des Airbags1.2 1 Retten und Lagern
1.3 Abnehmen des Schutzhelms
Indikation
Bei verunfallten Zweiradfahrern Integralhelm grundsätzlich abnehmen!
Technik
Immobilisierung statt aktive Extension! Möglichst immer 2 Helfer:Helfer 1 nimmt den Helm ab, Helfer 2 fixiert den Kopf-Hals-Übergang.
Die bisher praktizierte „blinde“, möglichst kräftige Exten-sion der HWS wird nicht mehr empfohlen!
• Ausgangsposition und Vorbereitung:– Helfer 1 kniet hinter dem Kopf des Patienten und
fixiert den Helm mit beiden Händen– Helfer 2 kniet in Nähe des Oberkörpers des Verunfall-
ten seitlich, öffnet sofort das Visier des Helms, nimmteine evtl. vorhandene Brille ab und öffnet den Helm-verschluss
• Helm abnehmen:– Helfer 2 stabilisiert jetzt die HWS, indem er den Un-
terkiefer mit der einen, das Hinterhaupt mit der an-deren Hand umfasst, und damit konsequent – ggf.immer wieder auch durch „Nachrutschen“ derHände während der Helmabnahme – den Hals-Kopf-Übergang fixiert
– Helfer 1 muss nun den Helm abnehmen, indem ersich durch das „Hineingreifen in den Helm“ und dasZusammendrücken der Wangenpolster etwas Spiel-raum verschafft, um den Helm etwas auseinanderzu ziehen und zu mobilisieren
– Der Helm wird von Helfer 1 mit vorsichtigen kleinenBewegungen unter ständigen Fixationsmaßnahmendes Helfers 2 nach hinten abgenommen, bis schließ-lich Helfer 2 den Kopf ohne Helm alleine in seinenHänden hält
! Cave: Die Nase des Patienten kann das Abneh-men des Helms behindern, hier kann der Vorder-teil des Integralhelms bei nicht ausreichenderVorsicht „hängen bleiben“. Gegebenenfallsmuss der Helm deshalb auch bis zum Überwin-den der Nasenpartie kurzfristig nach vorne auf-gedehnt werden!
17
1 Retten und Lagern 1.3Abnehmen des Schutzhelms
• Vorbereitung weiterer Maßnahmen (z. B. Anlegen einerHalskrawatte, Durchführung der stabilen Seitenlage):– Immobilisierung der HWS durch Helfer 1, am sichers-
ten nach der Bobath-Methode, „Inline-Immobilisa-tions-Handgriff“
– mit der einen (rechten) Hand die Schulter/Schlüssel-beinregion des Patienten fest umfassen, sodass dereigene Unterarm eine „Schiene“ bildet die in Ohrhöheden Kopf des Patienten seitwärts immobilisiert unddie sich auf dem Oberschenkel des Helfers abstützt
– durch kräftigen Druck mit der anderen Handinnen-fläche auf der Gegenseite des Kopfes kann anschlie-ßend die gesamte Kopf-HWS-Region im (rechten)Unterarm fixiert werden
1.4 Immobilisierung der Wirbelsäule
Es stehen eine ganze Reihe von Hilfsmitteln für die präklinische Immobilisierung derWS bei Traumapatienten zur Verfügung, die sich durch unterschiedliche Anwendungs-bereiche und Indikationen unterscheiden.
Hilfsmittel für die präklinische Immobilisierung der Wirbelsäule.
Medizinisches Gerät Anwendungsbereich, Indikationen
HWS-Schienen,z. B. Stiffneck
Immobilisierung der HWS in liegender oder sitzender Positionfür jede Indikation; Einsatz in Kombination mit allen anderenGeräten
Rettungskorsett,z. B. KED-System
Immobilisierung der gesamten WS mit Kopf (in Kombinationmit z. B. Stiffneck); Patienten in nicht liegender Position unterschwierigen räumlichen Bedingungen, z. B. im Autositz;wertvolle Hilfe bei der seitlichen Rettung aus einem PKW,aus engen Schächten etc.
Schaufeltrage Umlagerungshilfe für alle traumatisierten Patienten, dieauf relativ glattem Untergrund liegen (z. B. Verdacht aufWS-Verletzung, bei Becken- oder Oberschenkeltraumen);das Aufnehmen und Heben des Patienten ist unter völligerRuhigstellung der WS möglich; auch als Behelfstrage inengen Räumlichkeiten (Treppen, Schächte); Umlagerungs-hilfe bei Patienten, die in Bauchlage aufgefunden werden
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1.31.4
Abnehmen des SchutzhelmsImmobilisierung der Wirbelsäule 1 Retten und Lagern
Medizinisches Gerät Anwendungsbereich, Indikationen
Vakuummatratze Standard der Ganzkörperimmobilisation im deutschen Ret-tungsdienst; neben WS-Immobilisierung auch Methode derWahl zur Ruhigstellung von Becken- und proximalen Fraktu-ren der unteren Extremitäten (in Kombination mit z. B. Stiff-neck) sowie bei jedem polytraumatisierten Notfallpatienten
Spine board Alternative zur Vakuummatratze vor allem im angelsächsi-schen Raum; Fixierung des Patienten nach Umlagerung mitSchaufeltrage auf einem Holz- oder Kunststoffbrett
HWS-Immobilisationskragen (Halskrawatte, Halskrause)
Indikation
Bei jedem Patienten, bei dem eine Traumatisierung der HWS nicht ausgeschlossenwerden kann, sollte zur Stabilisierung der HWS ein Immobilisationskragen (z. B. Stiff-neck) angelegt werden.
Technik
HWS-Immobilisationskragen immer zu zweit anlegen! Helfer 1 stabilisiert dieHWS des Patienten in Neutralposition ohne Extension, Helfer 2 legt die Hals-krawatte an.
• Vorbereitung:– Halskrawattengröße bestimmen, indem der Ab-
stand zwischen Kinn und Rumpf z. B. mit derHand abgemessen wird; entsprechende Krawatten-größe aus dem Sortiment entnehmen bzw. Halskra-watte auf die entsprechende Größe einstellen
– Aufklärung des Patienten, was mit ihm geschehenwird, störende Kleidungsstücke, Schmuck u. a. ent-fernen, evtl. Halsregion freischneiden
• Krawatte anlegen (Helfer 2):– zuerst die Kinnstütze der Halskrawatte von brust-
wärts her fest an den Hals drücken– dann unter Beibehaltung des Drucks den Nackenteil
der Halsstütze um den Nacken legen und mit Klett-verschluss straff befestigen
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1 Retten und Lagern 1.4Immobilisierung der Wirbelsäule
! Cave: Zu eng anliegende Orthese vermeiden, da sonst die Gefahr besteht,die Halsvenen zu komprimieren.Auch bei korrekt angelegter Orthese verbleibt eine Restbeweglichkeit.Daher beim Umlagern und sonstigen Transportbewegungen für zusätzlichemanuelle achsengerechte Immobilisation sorgen.
Rettungskorsett (KED-System)
Aufbau und Indikation
Ein sog. Rettungskorsett, z. B. das KED-System (KendrickExtrication Device), ermöglicht eine schonende Rettungunter besonderen räumlichen Bedingungen, bei denenkeine Schienen oder Tragen zur Anwendung kommen kön-nen. Es handelt sich hierbei um ein rigides Korsett miteingearbeiteten Längsstäben, das um den Rumpf des Pa-tienten angelegt wird und die WS und den Kopf immobi-lisiert. Durch Griffe ist eine vergleichsweise schonendeBewegung und Rettung des Patienten gewährleistet. DerVerletzte kann durch ein korrekt angelegtes KED-Systemmit geringem Gefährdungspotenzial z. B. aus dem Fahr-zeug oder einem Schacht geborgen werden.
Technik
• HWS-Schiene anlegen
• KED-System vor allem am sitzenden Patienten in geöff-netem Zustand hinter den Rücken des Patienten schie-ben
• durch Schließen und Zuziehen der 3 Gurte Patient fixie-ren
• zusätzliche Fixierung des Patienten mit 2 Beingurten(sichert das Herausrutschen aus dem Korsett)
Schaufeltrage
Indikation
Ermöglicht es, den Patienten unter größtmöglicher Sta-bilität vom Boden aufzunehmen und auf die Trage oderdie Vakuummatratze umzulagern. Besteht aus dünnem,ungepolstertem Aluminium und kann in der Längsachsehalbiert bzw. wieder zusammengesetzt werden, sowiein der Länge verstellt werden.
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20
Immobilisierung der Wirbelsäule1.4 1 Retten und Lagern
Technik
Die korrekte Anwendung ist nur mit 2 Helfern möglich!
• Vorbereitung:– Schaufeltrage durch Arretierung der Längsverstellung auf die Größe des Patienten
anpassen– anschließend Verriegelungsknöpfe am Kopf- und am Fußende lösen, Trage hal-
bieren und zu beiden Seiten des Patienten ablegen
• Aufladen auf die Schaufeltrage:– Helfer 1 hebt die ihm gegenüberliegende Seite des
Patienten, z. B. durch Straffen der Kleidung vorsich-tig ein wenig so an, dass Helfer 2 die eine Hälfte derSchaufeltrage behutsam unter den Patienten schie-ben („schaufeln“) kann
– Helfer 2 fixiert nun den Patienten auf der einenSchaufeltragenhälfte durch Festhalten bzw. durchseine Knie und hebt nun die andere Patientenseitevorsichtig an, sodass Helfer 1 nun die andere Hälfteder Schaufeltrage unter den Patienten bringen kann
– Verriegelungsknöpfe an Kopf- und Fußende arretie-ren, Patient kann nun mit der Schaufeltrage sicherangehoben/transportiert/umgelagert werden
Vakuummatratze
Aufbau und Indikation
Dient der Ganzkörperruhigstellung, der Immobilisierung einzelner Körperteile, derLagerung und dem Transport traumatisierter Patienten. Erhält ihre Stabilität dadurch,dass sich in ihrer luftundurchlässigen Umhüllung kleine Kunststoff-/Schaumstoffper-len befinden, die durch das Erzeugen eines Vakuums mit einer Absaugpumpe übereinen Ventilmechanismus fest aneinander gepresst werden und so eine von außenvorgeformte Kontur optimal beibehalten.
Standardtechnik
• Vorbereitung:– Vakuummatratze auf ebenem Untergrund ausbreiten und glatt streichen, sodass
die Kunststoffkugeln gleichmäßig verteilt sind– Stofftuch auflegen, Matratze mit dem Absaugventil kopfwärts z. B. auf die Trage
oder neben den Patienten legen
• Patienten lagern:– Patienten auf die Matratze lagern– Anmodellieren der Matratze ggf. durch mehrere Helfer– Absaugen der Matratze, Ablassventil schließen – Matratze behält ihre Form bei
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1 Retten und Lagern 1.4Immobilisierung der Wirbelsäule
Sandwich-Technik
Dient der schonenden Umlagerung von in Bauchlage aufgefundenen Patienten auf dieTransporttrage:
• an der Schaufeltrage zunächst 5 Gurte in Höhe von Kopf, Brustkorb, oberhalb undunterhalb des Beckens und im Bereich der Unterschenkel anbringen; dabei beach-ten, dass die Verschlüsse seitlich platziert werden
• Schaufeltrage unter den Patienten platzieren
• anschließend Vakuummatratze auf den Patienten legen, anmodellieren (besondersgutes Anformen im Kopf-Hals-Bereich, da Halskrawatte in Bauchlage nicht sicheranlegbar!) und absaugen
• den mit Gurten fixierten Patienten vorsichtig, aber zügig mit 4 Helfern in dieRückenlage drehen
• Gurte entfernen, Schaufeltrage entfernen
• Halskrawatte anlegen
• Vakuummatratze erneut anmodellieren
Spine board
Aufbau und Indikation
Zur Rettung und Lagerung von Verletzten, zur achsengerech-ten Fixierung der Wirbelsäule. Besteht aus Holz oder Kunst-stoff und ist erheblich robuster und kostengünstiger als dieVakuummatratze. Die Kunststoffmodelle sind zudem meistmit einem Schaumstoffkern versehen und können daherauch zur Rettung im Wasser oder auf Eisflächen eingesetztwerden. Am Rand des Spine boards befinden sich länglicheAussparungen, die als Tragegriff oder zur Fixierung der Gurteverwendet werden können.
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Immobilisierung der Wirbelsäule1.4 1 Retten und Lagern
Technik
• HWS-Schiene anlegen
• Patient mit der Schaufeltrage auf das Spine board legen (oder schonend mittels „logroll“ auf das Spine board drehen, wenn eine Schaufeltrage fehlt)
• Kopf und HWS durch zusätzliche Fixierungssysteme in Neutralposition ruhig stellen
• Patienten mit Klettgurten auf dem Brett sichern
! Der Liegekomfort für den Patienten, die Schmerzlinderung durch Immobi-lisierung und die Lagerungsstabilität sind aber nach überwiegender Mei-nung gegenüber der Vakuummatratze schlechter.
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1 Retten und Lagern 1.4Immobilisierung der Wirbelsäule
1.5 Stabile Seitenlagerung
Indikation
Jeder bewusstlose, spontan atmende und nichtintubierte Patient muss in stabiler Seitenlagegelagert werden.
Technik
• neben dem Bewusstlosen auf die Seiteknien, zu der der Patient gedreht werdensoll
• den auf Ihrer Seite befindlichen Arm desPatienten angewinkelt nach oben legen(Handfläche nach oben)
• den anderen Arm über den Brustkorb zie-hen und die Hand des Patienten auf dessenWange legen. Hand nicht loslassen!
• das auf der Gegenseite befindliche Beinim Kniegelenk beugen und dadurch aufstel-len
• den Patienten am Oberschenkel des ange-winkelten Beins fassen und ihn zu sichherüberziehen
• den Kopf des Patienten überstrecken, er-neut prüfen, ob Atmung und Puls vorhan-den sind!
Das Ziel der Seitenlage ist es, dass Erbrochenes, Blut oder Schleim nach außenabfließen können, ohne dass es zu einer Aspiration kommt. Gleichzeitig werdendurch eine ausreichende Überstreckung im Nacken die oberen Atemwege frei-gehalten.
Ist eine stabile Seitenlage, z. B. aus räumlichen Gründen, nicht möglich, muss derPatient von einem Helfer in der entsprechenden Position gehalten werden.
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Stabile Seitenlagerung1.5 1 Retten und Lagern
1.6 Spezielle Lagerungsarten
Lagerung bei Atemstörungen
Lagerung bei Atemstörungen.
Erkrankung Lagerungsart Beispiel
Atemnot (z. B.Asthma bronchiale,Herzinsuffizienz)
Oberkörper hoch
Lungenödem sitzende Position, herunter-hängende Beine
Thoraxtrauma Oberkörper erhöht, Lagerungmöglichst auf die verletzte Seite
Lagerung bei Herz-Kreislauf-Störungen (nicht bewusstloser Patient)
Lagerung bei Herz-Kreislauf-Störungen (nur beim nicht bewusstlosen Patienten!).
Erkrankung Lagerungsart Beispiel
Herzinfarkt Oberkörper erhöht
kardiogener Schock Oberkörper leicht erhöht
hypertone Krise Oberkörper erhöht
Volumenmangel-schock, anaphy-laktischer Schock
Hochlagerung der Beine, Auto-transfusion, ggf. Kopftieflage-rung in Rücken- oder Bauchlage
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1 Retten und Lagern 1.6Spezielle Lagerungsarten
Erkrankung Lagerungsart Beispiel
akuter Beinarterien-verschluss
Tieflagerung der betroffenenExtremität – Bein herunterhän-gen lassen (Verbesserung desarteriellen Zustroms)
akuter Venen-verschluss
Hochlagerung der betroffenenExtremität, dadurch Erleichte-rung des venösen Abflusses
Lagerung bei Traumata (nicht bewusstloser Patient)
Lagerung bei Traumata (nur beim nicht bewusstlosen Patienten!).
Art der Verletzung Lagerungsart Beispiel
Schädel-Hirn-Trauma Oberkörper leicht erhöht, Kopfin Mittelstellung, Ziel: Herabset-zung des Hirndrucks
Thoraxtrauma Oberkörper erhöht, ggf. Lage-rung auf die verletzte Seite,dadurch bessere Belüftung desunverletzten Lungenflügels
WS-Trauma zunächst Belassen in der vor-gefundenen Lage, Umlagerungmöglichst nur mit 4–5 Helfern,evtl. Schaufeltrage
Flachlagerung auf vorgeformterVakuummatratze, Spine boardoder harter Unterlage
Abdominaltrauma Rückenlage mit angezogenenKnien (Knierolle) und Kopfpols-ter zur Entspannung der Bauch-decke
Extremitätentrauma Ruhigstellung der betroffenenExtremität (Schienung, Vakuum-matratze); falls erforderlichSchocklagerung
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Spezielle Lagerungsarten1.6 1 Retten und Lagern
Lagerung bei gynäkologischen Notfällen/Schwangerschaft/Geburt
Lagerung bei gynäkologischen Notfällen/Schwangerschaft/Geburt.
Erkrankung Lagerungsart Beispiel
vaginale Blutung(z. B. Abort, Tumor)
Kopftieflagerung, evtl. kom-biniert mit Fritsche-Lagerung:Beine gestreckt übereinander-schlagen → Blut sammelt sichzwischen den Oberschenkeln →Stärke der Blutung kann besserbeurteilt werden
V.-cava-Kompres-sionssyndrom
Lagerung auf die linke Seite
EPH-Gestose Oberkörper hoch, evtl. linkeSeite
bevorstehendeGeburt
Flachlagerung oder Lagerungnach Wunsch der Schwangeren,evtl. linke Seite
Nabelschnurvorfall Kopftieflagerung
Notgeburt Oberkörper hoch, Beine ange-zogen
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1 Retten und Lagern 1.6Spezielle Lagerungsarten
2 Freimachen der Atemwege
2.1 Überstrecken des Kopfes
Die häufigste Ursache für eine Verlegung der oberen Luft-wege ist das Zurücksinken des Zungengrunds gegen die Ra-chenhinterwand. Die einfachste Methode zur Herstellungfreier Atemwege ist deshalb oft das Überstrecken des Kopfesin den Nacken.
! Cave: Bei Verdacht auf HWS-Trauma Kopf nur bei vitaler Indikation (wennAtemwege auf andere Weise nicht freizubekommen sind) überstrecken.
Technik
• mit einer Hand den Kopf des Patienten an der Stirn fassen,mit der anderen unter dem Kinn
• Kopf nach hinten überstrecken
• Unterkiefer nach vorne ziehen (mit dem Esmarch-Hand-griff oder anderen Techniken)
2.2 Esmarch-Handgriff
Indikation
Erlaubt das Vorziehen des Unterkiefers und Öffnen des Mun-des beim Bewusstlosen, z. B. um den Mund-Rachen-Raum zuinspizieren und Sekrete, Blut oder Erbrochenes zu entfernen(s. u.).
Technik
• Kopf des Patienten von hinten so umfassen, dass mitden Fingern die Unterkieferwinkel auf beiden Seiten undmit dem Daumen das Kinn umschlossen werden
• mit den Fingern – durch Druck auf die Unterkieferkno-chen – den Unterkiefer nach vorne schieben, die Daumenöffnen dabei den Mund
• mit der einen Hand diese Stellung fixieren, mit der ande-ren Hand z. B. den Mund-Rachen-Raum reinigen
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2.12.2
Überstrecken des KopfesEsmarch-Handgriff
2 Freimachen derAtemwege
2.3 Reinigen des Mund-Rachen-Raums
Technik
• einfachste Methode: manuelles Aus-räumen oder Auswischen
• flüssiges Sekret ggf. absaugen
• künstliche Gebisse, Zahnprothesenetc. sollten entfernt werden!
2.4 Heimlich-Handgriff
s. a. S. 539
Indikation
Dient der Entfernung von Fremdkörpern aus demBereich der oberen Luftwege (Bolusgeschehen)und wird angewendet, wenn:
• der Patient nicht mehr in der Lage ist, denFremdkörper aus eigener Kraft, z. B. durch kräf-tiges Husten, herauszubefördern und
• der Fremdkörper auch durch kräftige Schlägemit der flachen Hand zwischen die Schulter-blätter des liegenden oder stehenden Patientennicht gelöst werden kann!
Kontraindikationen
Als relative Kontraindikationen für den Heimlich-Handgriff gelten:
• fortgeschrittene Schwangerschaft
• extreme Adipositas
• Säuglingsalter
Bei diesen Personengruppen sollte zuerst der Versuch der Bolusentfernung durch eineDruckerhöhung im Thoraxraum durch Thoraxkompressionen wie bei der Herzmassagegemacht werden.
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2 Freimachen derAtemwege
Reinigen des Mund-Rachen-RaumsHeimlich-Handgriff
2.32.4