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Praktische Aspekte der equinen Samenübertragung H. Sieme 1 , H. Hamann 2 , O. Distl 2 und E. Klug 3 1 Einleitung Seit etwa zwei Jahrzehnten wird die instrumentelle Samenübertragung flächendeckend in den westeuropäischen Reitpferdezuchten eingesetzt. Hierbei wird im Inland überwie- gend flüssigkonserviertes Sperma in regional engen Grenzen als sogenannter Frisch- samen (FS) (flüssigkonserviertes Sperma, künstliche Besamung [KB] innerhalb von 12 h nach Samengewinnung) oder bei entsprechend geeigneter Spermaqualität überregional (Bundesgebiet, EG-Länder) per Versand als gekühltes flüssigkonserviertes Sperma (VS) (+5°C, KB 24 – 36 h nach Samengewinnung) eingesetzt. Tiefgefriersperma (TG) wird aufgrund seiner Vorteile hinsichtlich der Lagerungsfähigkeit vorwiegend für den Export herangezogen. Im Jahr 2003 wurden von 50.416 zuchtaktiven deutschen Reitpferde- stuten 36.632 (72,6 %) mit flüssigkonserviertem Sperma und 1.077 (2,1 %) mit Tiefge- friersamen besamt. Insgesamt wurden 162 (0,3 %) Embryotransfers registriert, und 12.545 Stuten (24,8 %) wurden im Natursprung belegt (FN Jahresberichte 2003) (s. Abb. 1). 2 Vergleich von Natursprung und Samenübertragung Bei einem Vergleich von Samenübertragung und Natursprung wird die Fruchtbarkeits- leistung als ein wesentlicher Faktor herangezogen. Diese lässt sich anhand der Trächtig- keitsrate pro Zyklus, der Non-Return-Rate, des Trächtigkeitsergebnisses am Saisonende und anhand der Abfohlrate im Folgejahr bestimmen. Grundsätzlich gilt: je näher der Fruchtbarkeitsparameter am Belegungsereignis liegt, desto präziser ist der Informati- onsgehalt zum Management und zur Hengstfruchtbarkeit. Des Weiteren ist bei einer Vergleichsanalyse von Zuchtmethoden zu differenzieren hinsichtlich der beobachteten Population, der Rasse und des Beobachtungszeitraums. So ist in der deutschen Reitpfer- dezucht mit Einführung der Besamung und durch intensiveres Management der Pro- zentsatz registrierter Fohlen in den letzten 20 Jahren stetig gestiegen (Abb. 1). Auf- grund der Vielzahl zu berücksichtigender Einflussgrößen auf das Fruchtbarkeitsergeb- nis ist es allerdings nicht verwunderlich, wenn im Schrifttum von höheren (Pickett und Voss 1999), ähnlichen (Vidament et al. 1999) und geringeren Fruchtbarkeitsraten (Mertens 2002) in der Samenübertragung im Vergleich zum Natursprung berichtet wird. Des Weiteren ist die Stutenanzahl pro Hengst und Zuchtsaison eine wichtige Ver- gleichsgröße. Im Natursprung liegt die Obergrenze bei 80 – 100 Stuten je Hengst und Saison, darüber hinausgehende Stutenzahlen bedingen im Natursprung – einhergehend mit hohem Infektionsrisiko, verbunden mit bedeutsamer Keiminzidenz und ggf. sper- matologischer Exhaustion – reduzierte Fruchtbarkeitsraten (Merkt et al. 1979). Bei fer- tilen Hengsten mit gutem Spermienbildungsvermögen wird unter den Bedingungen der Samenübertragung von bis zu 600 Stuten pro Hengst und Zuchtsaison berichtet. Züchtungskunde, 77, (2/3) S. 180 – 193, 2005, ISSN 0044-5401 © Eugen Ulmer Verlag GmbH & Co., Stuttgart 1 Niedersächsisches Landgestüt Celle, Spörckenstraße 10, 29221 Celle 2 Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Bünteweg 17p, 30559 Hannover 3 Klinik für Pferde, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, E-Mail: stallions.Celle@t-on- line.de

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Praktische Aspekte der equinen Samenübertragung

H. Sieme1, H. Hamann2, O. Distl2 und E. Klug3

1 Einleitung

Seit etwa zwei Jahrzehnten wird die instrumentelle Samenübertragung flächendeckendin den westeuropäischen Reitpferdezuchten eingesetzt. Hierbei wird im Inland überwie-gend flüssigkonserviertes Sperma in regional engen Grenzen als sogenannter Frisch-samen (FS) (flüssigkonserviertes Sperma, künstliche Besamung [KB] innerhalb von 12 hnach Samengewinnung) oder bei entsprechend geeigneter Spermaqualität überregional(Bundesgebiet, EG-Länder) per Versand als gekühltes flüssigkonserviertes Sperma (VS)(+5°C, KB 24 – 36 h nach Samengewinnung) eingesetzt. Tiefgefriersperma (TG) wirdaufgrund seiner Vorteile hinsichtlich der Lagerungsfähigkeit vorwiegend für den Exportherangezogen. Im Jahr 2003 wurden von 50.416 zuchtaktiven deutschen Reitpferde-stuten 36.632 (72,6 %) mit flüssigkonserviertem Sperma und 1.077 (2,1 %) mit Tiefge-friersamen besamt. Insgesamt wurden 162 (0,3 %) Embryotransfers registriert, und12.545 Stuten (24,8 %) wurden im Natursprung belegt (FN Jahresberichte 2003) (s.Abb. 1).

2 Vergleich von Natursprung und Samenübertragung

Bei einem Vergleich von Samenübertragung und Natursprung wird die Fruchtbarkeits-leistung als ein wesentlicher Faktor herangezogen. Diese lässt sich anhand der Trächtig-keitsrate pro Zyklus, der Non-Return-Rate, des Trächtigkeitsergebnisses am Saisonendeund anhand der Abfohlrate im Folgejahr bestimmen. Grundsätzlich gilt: je näher derFruchtbarkeitsparameter am Belegungsereignis liegt, desto präziser ist der Informati-onsgehalt zum Management und zur Hengstfruchtbarkeit. Des Weiteren ist bei einerVergleichsanalyse von Zuchtmethoden zu differenzieren hinsichtlich der beobachtetenPopulation, der Rasse und des Beobachtungszeitraums. So ist in der deutschen Reitpfer-dezucht mit Einführung der Besamung und durch intensiveres Management der Pro-zentsatz registrierter Fohlen in den letzten 20 Jahren stetig gestiegen (Abb. 1). Auf-grund der Vielzahl zu berücksichtigender Einflussgrößen auf das Fruchtbarkeitsergeb-nis ist es allerdings nicht verwunderlich, wenn im Schrifttum von höheren (Pickett undVoss 1999), ähnlichen (Vidament et al. 1999) und geringeren Fruchtbarkeitsraten(Mertens 2002) in der Samenübertragung im Vergleich zum Natursprung berichtetwird.

Des Weiteren ist die Stutenanzahl pro Hengst und Zuchtsaison eine wichtige Ver-gleichsgröße. Im Natursprung liegt die Obergrenze bei 80 – 100 Stuten je Hengst undSaison, darüber hinausgehende Stutenzahlen bedingen im Natursprung – einhergehendmit hohem Infektionsrisiko, verbunden mit bedeutsamer Keiminzidenz und ggf. sper-matologischer Exhaustion – reduzierte Fruchtbarkeitsraten (Merkt et al. 1979). Bei fer-tilen Hengsten mit gutem Spermienbildungsvermögen wird unter den Bedingungen derSamenübertragung von bis zu 600 Stuten pro Hengst und Zuchtsaison berichtet.

Züchtungskunde, 77, (2/3) S. 180 – 193, 2005, ISSN 0044-5401© Eugen Ulmer Verlag GmbH & Co., Stuttgart

1 Niedersächsisches Landgestüt Celle, Spörckenstraße 10, 29221 Celle2 Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover,

Bünteweg 17p, 30559 Hannover3 Klinik für Pferde, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, E-Mail: stallions.Celle@t-on-

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Hoher Hygienestandard und Minimierung des Verletzungsrisikos der Spenderhengs-te sind systemimmanente Vorteile der Samenübertragung im Vergleich zum Natur-sprung.

Die Vorhaltung sachlicher und räumlicher Vorraussetzungen zur Gewinnung, Aufbe-reitung und Übertragung von Equidensperma auf Seiten der Hengsthalter sowie auf derSeite der Stutenhalter der Aufwand zur Bestimmung des Besamungstermins sind in derSamenübertragung erhebliche Kostenfaktoren.

3 Fruchtbarkeitsleistung von Hengst und Stute

In der eigenen Arbeitsgruppe wurden mittels Varianzanlayse verschiedene systemati-sche Effekte unter Bedingungen der praktischen Samenübertragung in der hannover-schen Landespferdezucht (6 Zuchtjahre, 13.192 Hannoveraner Stuten, 125 Zucht-hengste, 30.815 Saisonergebnisse, 57.950 Rossen, 128.538 Besamungen) für dasMerkmal Trächtigkeitsrate pro Rosse am Ende der Zuchtsaison untersucht (Tabelle 1).Effekte der Station, der Hengste, das Jahr, der Belegungsmonat, das Alter der Stuten,die bisherige Zuchtleistung der Stuten und die Art des eingesetzten Spermas (Frisch-,Versandsperma) erklären einen signifikanten Teil der Varianz der Fruchtbarkeitsresul-tate.

Die inhärente Fertilität der Hengste ist ein wesentlicher Einflussfaktor für das Frucht-barkeitsergebnis; hier gilt es neben den dominierenden interindividuellen Unterschie-

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Abb. 1. Entwicklung der Samenübertragung (KB) und der Fruchtbarkeit (dargestellt als Prozent-satz registrierter Fohlen) in der deutschen Reitpferdezucht (1975-2003) (entwickelt ausJahresberichte FN, Warendorf)Relation between A.I. and natural mating and development of the foaling rate in germanriding horse population (adopted from Jahresberichte FN, Warendorf)

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den (Tabelle 1) auch intraindividuelle Schwankungen der Spermaqualität zu berück-sichtigen (Love et al. 1995).

Unter Bedingungen der Samenübertragung nehmen Frequenz und Intervall der Sa-menentnahme Einfluss auf die Spermaqualität. Durch Optimierung der Technik derSpermagewinnung sind bei Hengsten gewisse Verbesserungen in den qualitativen undquantitativen Spermaparametern zu erzielen (Sieme et al. 2004 a). Bei im Frischsper-maversand eingesetzten Hengsten wirken sich kontinuierliche – einmal tägliche – Sa-mengewinnungen positiv auf die Fruchtbarkeit aus. Im Vergleich dazu ist die Fertilitätbei in unregelmäßigen und großen Intervallen gewonnenen Ejakulaten deutlich redu-ziert (Sieme et al. 2004 a).

Der Reproduktionsstatus nimmt deutlichen Einfluss auf die Fruchtbarkeitsleistungder Stute. So führen Besamungen in der ersten postpartalen Rosse (Fohlenrosse) imVergleich zu späteren Rossen zu herabgesetzten Trächtigkeitsergebnissen (Lieux 1980;Fiolka et al. 1985, Sieme et al. 2004 b). Vidament et al. (1997) erhielten für güste, Mai-den- und Fohlenstuten sowie für Stuten, die abortiert hatten, keine signifikant unter-schiedlichen Trächtigkeitsraten bei Einsatz von Tiefgefriersperma. Anderen Untersu-chungen zufolge ist die Fruchtbarkeitsleistung bei Stuten mit vorberichtlich niedrigerAbfohlleistung (Mertens 2002) und älteren Maidenstuten (Barbacini et al. 1999; Mor-ris u. Allen 2001; Samper et al. 2002) deutlich verringert.

Bei der Samenaufbereitung ist zu berücksichtigen, ob der Samen direkt nach Gewin-nung unverdünnt (nativ) übertragen werden soll oder ob Frischsperma, Versandspermaoder Tiefgefriersperma zum Einsatz kommt. Die wesentlichen Richtwerte für die Sa-menaufbereitung sind in Tabelle 2 aufgeführt. Hinsichtlich der genauen Vorgehenswei-se und der Bedeutung dieser Faktoren für das Fruchtbarkeitsergebnis wird auf dasSchrifttum verwiesen (Davies-Morell 1999, Sieme 2004).

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Tab. 1. Darstellung von Faktoren mit Einfluss auf das Fruchtbarkeitsergebnis und deren Least-Square-Schätzwerte für das Merkmal Trächtigkeit pro Rosse am Ende der Zuchtsaisonunter Bedingungen der Samenübertragung in der hannoverschen Landespferdezucht(Zuchtjahre 1997-2002, 13.192 Stuten, 125 Zuchthengste, 30.815 Saisonergebnisse, 57.950Rossen, 128.538 Besamungen, Varianzanalyse mit der Prozedur GENMOD von SAS)Least-Square-values for pregnancy rate per cycle at the end of season after A.I. in dependenceon different factors based on data of the National State stud of Lower Saxony

Faktor n Least-Square-Schätzwerte der Trächtigkeit pro Rosse am Ende der Zuchtsaison

Hengst 125 8,8 – 67,1% (min – max)

Fruchtbarkeitsleistung 13.192der Stuten in den 0 – 60 % geborene Fohlen 30,2 %letzten 5 Jahren 60 – 80 % geborene Fohlen 42,0 %

80 – 100 % geborene Fohlen 51,6 %

Station 40 28,1 – 50,6 % (min – max)

Zuchtjahr 1997 – 2002 32,4 – 46,3 % (min – max)

Zuchtsaison Jan – März 38,2 %April 39,6 %Mai 42,0 %

Juni – Juli 43,1 %

Art des Spermas Frischsperma Station 42,3 %Frischsperma transportiert 41,9 %

Versandsperma 37,9 %

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4 Frequenz, Intervall und Terminierung der Samenübertragung

Die erfolgreiche Vereinigung der Gameten als Ergebnis einer Fülle physiologischer Er-eignisse bedarf der präzisen zeitlichen und örtlichen Abstimmung. Spermiendosis, Inse-minationszeitpunkt, -frequenz und –intervall werden dabei hinsichtlich des Befruch-tungserfolgs als wesentliche limitierende Faktoren angesehen. Die Überlebensdauermännlicher Gameten im Genitaltrakt der Stute variiert deutlich zwischen den Hengsten(24 h – 6 Tage; Woods et al. 1990). Die Lebensdauer der Eizelle nimmt postovulatorischmit zunehmendem Abstand zur Ovulation kontinuierlich ab. Obwohl Besamungen 24 hpost ovulationem bei der Stute zu Trächtigkeiten geführt haben, gehen Belegungen>18 h post ovulationem mit reduzierten Trächtigkeitsergebnissen einher (Woods et al.1990; Katila 2003). Kommt es zudem nach postovulatorischen Belegungen auch zurKonzeption, wird im Vergleich zur präovulatorisch erfolgreichen Belegung von erhöh-ten embryonalen Verlustraten berichtet (Koskinen et al. 1990; Woods et al. 1990). Inder Pferdebesamungszucht wurde daraufhin bei Einsatz von frischem oder gekühltemSperma ein Besamungsintervall von 48 h bis zu dem das Ende der Rosse anzeigendenAbschlagen der Stute oder bis zur tierärztlich transrektalen Feststellung der Ovulationetabliert. Tiefgefriersperma wird aufgrund der reduzierten Fertilitätsaussichten entwe-der unter begleitender tierärztlicher Follikelkontrolle einmalig möglichst zeitnah zurOvulation übertragen oder aber – Empfehlungen französischer Arbeitsgruppen folgend– frequenter im 24 h-Rhythmus bis zur Ovulationsfeststellung inseminiert. Dieses Besa-mungsregime ist der Abbildung 2 zu entnehmen.

Aufgrund der bei der Stute problematischen Ovulationsprognostik wird häufigzwecks Optimierung des Besamungs-Ovulationsintervalls die medikamentelle Ovulati-onsinduktion angewandt, um wertvolle Spermaportionen nicht zu verschwenden unddas Infektionsrisiko der zu besamenden Stuten zu reduzieren (Sieme 2004). Die prakti-sche Vorgehensweise zur Besamung von Stuten nach medikamenteller Ovulationsin-duktion ist in der Abbildung 3???? wiedergegeben.

184 Sieme u.a.

Abb. 2. Optimale Zeitpunkte, Intervalle und Frequenzen der Samenübertragung in Abhängig-keit von der Art des Samens (entnommen aus Sieme 2004) Optimal time, intervalls and freqencies of A.I. in horses in dependence on sort of semen(adopted from Sieme 2004)

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Bisher teilten die meisten Autoren die Ansicht, dass mit möglichst wenigen und ovu-lationsnahen Besamungen die besten Ergebnisse zu erzielen sind. Diese Ansicht wirddurch Untersuchungen anderer Arbeitsgruppen in Frage gestellt (Vidament et al. 1997;Vidament et al. 1999; Clement et al. 2000).

Nach Woods et al. (1990) ist das periovulatorische Zeitfenster für optimale Befruch-tungsresultate von Stuten bei Insemination mit Frischsperma relativ lang. Die Autorenerzielten mit Besamungen bis zu 3 Tagen vor der Ovulation gute Trächtigkeitsraten,während Besamungen 4 oder mehr Tage vor der Ovulation und Besamungen am Tagder Feststellung der Ovulation das Fertilitätsergebnis bedeutend minderten. Das bis zu72 h reichende Befruchtungsvermögen (Woods et al. 1990) von Frischsperma im Geni-taltrakt der Stute konnte durch Untersuchungen von Clement et al. (2000) bestätigtwerden. Demnach stammten nach Frischsamenübertragungen mit Wechsel des Spen-derhengstes nach jeder im 48 h-Intervall durchgeführten Insemination 74 % (n = 23) dergewonnenen Embryonen nicht von Vatertieren, deren Sperma 0 – 2 Tage vor der Ovula-tion übertragen wurde. Besamungen, welche im Mittel 2,6 Tage vor der Ovulation la-gen, erzielten die besten Fertilitätsergebnisse. Pace und Sullivan (1975) inseminiertenStuten mit Tiefgefriersperma beginnend am dritten Rossetag bis Rosseende und wech-selten nach jeder in 12 h- bis 24 h-Intervallen durchgeführten Besamung den Spender-hengst. Die resultierenden Fohlen wurden anhand einer Blutgruppenbestimmung iden-tifiziert; demzufolge erwiesen sich die zuletzt – im Bereich 12 h vor bis 12 h nach Ovu-lation – eingesetzten Spendertiere als die Väter der Fohlen, ein Ergebnis, das deutlichvon den Resultaten nach Frischsamenübertragung abweicht (Clement et al., 2000).

Für Frischsperma werden Überlebensraten equiner Spermatozoen nach In-vitro-Kul-tivierung mit Epithelzellen des Eileiters mit 1–4 Tagen angegeben (Ellington et al.1993). Für gekühlt gelagertes Sperma wird von einer leicht reduzierten In-vitro-Überle-bensrate (24 – 90 h) ausgegangen (Samper et al. 1995).

Im Kontrast zu den genannten Untersuchungen liegt das Besamungsoptimum beiWarmblutstuten nach eigenen Resultaten in zeitlich engeren Grenzen (Sieme et al.

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Abb. 3. Besamungsterminierung nach medikamenteller Ovulationsinduktion bei der Stute Timing of A.I. after ovulation induction in mares

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2003). Bei Einsatz gekühlten Frischsamens liegt der optimale Bereich innerhalb von24 h vor bis 12 h nach Ovulation.

Dass Besamungen mit Tiefgefriersperma – bedingt durch Spermienschädigungen an-lässlich des Einfrierens und anschließenden Wiederauftauens (Watson 2000) –schlechtere Fertilitätsresultate erzielen, wird durch eine Vielzahl von Veröffentlichun-gen bestätigt (Jasko et al. 1992; Vidament et al. 1997; Katila 2003, Sieme et al. 2003,Sieme et al. 2004 b). In-vitro-Studien mit equinen Eileiterepithelien belegen reduzierteBindungseigenschaften und Überlebensraten tiefgefrorenen Hengstspermas (Dobrinskiet al., 1995).

Bei Tiefgefriersperma liegt das Besamungsoptimum innerhalb von 12 h vor bis 12 hnach Ovulation (Sieme et al. 2003). Aliev (1981) besamte Stuten innerhalb von 12 h,13 – 24 h, 25 – 36 h und 37 – 48 h vor der Ovulation mit Tiefgefriersperma und erzielteTrächtigkeitsraten von 62 %, 72 %, 33 % und 18 %. Der deutliche Trend zu besserenFruchtbarkeitsresultaten in Ovulationsnähe wird auch hier deutlich.

Andere Autoren empfehlen, mit Tiefgefriersperma nicht später als 6 – 8 h post ovula-tionem zu besamen (Kloppe et al. 1988: 70 %, 0 – 6 h; Darenius u. Darenius 1992:43 %, 0 – 8 h; Newcombe 1999: 40 % Trächtigkeit pro Zyklus, 0 – 12 h post ovulatio-nem). Postovulatorische Besamungen sind aufgrund der Alterung der Eizelle und mög-licher Mängel im Spermientransport – bedingt durch sinkenden Östrogen- und steigen-den Progesteroneinfluss auf den Genitalapparat der Empfängerstute zum Rosseende –problematisch. Nicht nur das Trächtigkeitsergebnis ist reduziert (Katila 2003), zudemist bei eventuell erfolgender Befruchtung gealterter Eizellen mit höheren Resorptionsra-ten zu rechnen (Woods et al. 1990; Koskinen et al. 1990).

In Untersuchungen von Pickett et al. (1987) war der Unterschied in der Trächtig-keitsrate der Besamungsintervalle 24 h (64 %) und 48 h (63 %) nicht bedeutsam, wäh-rend Intervalle > 48 h mit herabgesetzten Trächtigkeitsergebnissen einhergingen (53 %).Einmalige Inseminationen mit Frischsamen pro Rosse erbrachten reduzierte Trächtig-keitsresultate im Vergleich zu höherfrequenter Samenübertragung (Pickett et al. 1987).In der genannten Untersuchung unterschieden sich die Trächtigkeitsraten nicht, wenndie Stuten 2- bis 8-mal pro Rosse besamt wurden. Einmalige Inseminationen gingen imVergleich zu wiederholten Inseminationen sowohl beim Einsatz von Frischsamen (19 %bzw. 38 %, Voss et al., 1982) als auch bei Verwendung gekühlten Spermas nach 24 h La-gerung (39 % bzw. 52 %, Battellier et al. 1998) mit reduzierten Trächtigkeitsergebnis-sen einher. Auch Squires et al. (1998) erhielten signifikant höhere Trächtigkeitsraten,wenn am Tag vor bzw. nach der Ovulation jeweils 1 x 109 Spermatozoen (Versandsper-ma) versamt wurden, als mit einer einmaligen KB mit 2 x 109 Spermatozoen.

Bei Einsatz von Tiefgefriersperma waren höhere Trächtigkeitsraten bei Mehrfachbe-samungen (34 %) gegenüber Einzelinseminationen (26 %) zu verzeichnen (Vidamentet al. 1997). Nach Besamungen östrischer Stuten im 24 h-Rhythmus bis zur sonographi-schen Feststellung der Ovulation mit Tiefgefriersperma (150 x 106 oder 300 x 106 Sper-matozoen/KB) wurden im Zeitraum von 1991-1995 Trächtigkeitsraten zwischen 32-41 % pro Zyklus erzielt (Vidament et al. 1997). Nach Erhöhung der Spermienzahl/KBauf 400 x 106 wurde eine durchschnittliche Trächtigkeitsrate von 49 % erzielt (Vida-ment et al. 1999).

Der Vorteil einer Einzelbesamung liegt neben dem wirtschaftlichen Aspekt bei Einsatzteuren Hengstspermas und der Ausnutzung stark frequentierter Hengste in der Vermei-dung einer wiederholten Keimeinschleppung in den Uterus. Das erfordert jedoch einekonsequente Überwachung des Ovulationsverhaltens. Der positive Effekt hinsichtlichhöherer Fertilitätsraten bei multipler Insemination pro Rosse erscheint aufgrund eige-ner Untersuchungen nur kompensierbar, wenn beim Einsatz gekühlten Frischspermaseinmalig 24 h vor bis 12 h nach Ovulation und mit Tiefgefriersperma noch präziser 12 hvor bis 12 h nach Ovulation inseminiert wird (Sieme et al. 2003).

186 Sieme u.a.

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5 Spermiendosis

Für jedes männliche Zuchttier besteht – gemäß dem asymptopischen Modell von Salis-bury und Vandemark (1961) – eine Beziehung zwischen Anzahl der Spermien in derBesamungsportion und der Trächtigkeitsrate, die in Abhängigkeit von der Spermaqua-lität einen unterschiedlich steilen Anstieg und einen individuellen Schwellenwert mit ei-ner maximal zu erreichenden Fertilität zeigt. Die Trächtigkeitsraten sind dann auchdurch weitere Erhöhung der Spermienzahl nicht zu erhöhen, und somit sind dann auchqualitative Spermamängel nicht beliebig quantitativ kompensierbar (Amann u. Ham-merstedt 2002). Die für den maximalen Reproduktionserfolg beim Pferd für den kom-merziellen Besamungseinsatz erforderliche Mindestspermiendosis ist – abgesehen vonexperimentellen Versuchen mit niedrigen Stutenzahlen (Morris et al. 2000; Morris etal. 2003) – bis heute nicht bekannt.

Pickett und Voss (1975) erzielten mit aufbereitetem Frischsamen bessere Trächtig-keitsraten bei Einsatz von 500 x 106 als mit 100 x 106 vorwärtsbeweglichen Spermien(72,2 % bzw. 27,8 %). Householder et al. (1981) erreichten mit 500 x 106 vorwärtsbe-weglichen Spermien höhere Trächtigkeitsraten als mit 50 x 106 (75 % bzw. 37,5 %).Nach konventioneller Übertragung von Frisch- oder Versandsperma in den Gebärmut-terkörper unterschieden sich die Trächtigkeitsergebnisse in den Studien von Vidamentet al. (1999) (FS: 200 x 106, 47 % bzw. 400 x 106, 47 %), Gahne et al. (1998) (FS:500 x 106, 64 % bzw. 300 x 106, 75 %) und Squires et al. (1998) (VS: 1 x 109, 31 % bzw.2 x 109, 41,4 %) nicht hinsichtlich der Spermiendosis. Vidament et al. (1999) berichtenbei Inseminationen im 48 h-Intervall bis zum Rosseende und einer Spermienmindestdo-sis von 200 x 106 nach Frischsamenübertragung unmittelbar (5300 Rossen), innerhalbvon 12 h (2050 Rossen) sowie innerhalb von 12 h und Samentransport (4030 Rossen)nach Samengewinnung über Trächtigkeitsraten von 56 %, 56 % bzw. 49 %.

Nach Untersuchungen von Leipold et al. (1998) führte die Verwendung von320 x 106 bzw. 800 x 106 Spermien/KB (Tiefgefriersperma) zu keinen unterschiedlichenTrächtigkeitsergebnissen (27 % bzw. 31 %). Vidament et al. (1997) konnten keine do-sisabhängigen Effekte auf das Trächtigkeitsergebnis bei einmaliger Insemination inner-halb von 24 h vor der Ovulation oder Besamungen im 24 h-Intervall bis zur Feststellungder Ovulation mit 150 x 106 oder 300 x 106 Spermien ermitteln (21 % bzw. 27 %; 34 %bzw. 41 %). Im Gegensatz dazu wird nach Samper et al. (2002) nach zusammenfassen-der Auswertung von Daten aus 14 Besamungszentren unterschiedlicher Staaten dasTrächtigkeitsergebnis bei Einsatz von Tiefgefriersperma entscheidend von der Sper-miendosis beeinflusst.

Eine Reduktion der Spermiendosis unter die von der World Breeding Federation ofSport Horses (WBFSH) empfohlenen Richtwerte (Tab. 1), d.h. von den üblicherweiseeingesetzten 300 auf 50 Millionen vorwärtsbewegliche Spermien bei Frischsperma bzw.800 auf 100 Millionen Spermien bei Tiefgefriersperma, hat bei optimalem Besamungs-regime keinen negativen Effekt auf die Fertilität (Nie et al. 2003, Sieme et al. 2004).Hinsichtlich der Dosierung von Versandsperma bedarf es jedoch weiterer Untersuchun-gen. Dies bedeutet, dass von wertvollen Zuchthengsten bei einer Reduzierung der bis-her üblichen Spermienzahl pro Inseminationsdosis die Herstellung einer deutlich größe-ren Anzahl von fertilen Samenportionen möglich ist.

6 Samendeponierung und „Low Dose“-Insemination

Eine bedeutsame Fragestellung besteht darin, ob die Etablierung einer befruchtungspo-tenten Spermienpopulation im kaudalen Isthmus des Eileiters – dem physiologischenSpermienreservoir der Stute – in einem Zusammenhang mit der Lokalisation der Sa-mendeponierung steht. In den Gebärmutterkörper eingebrachte Spermien erreichen

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schon nach relativ kurzer Zeit die Uterushornspitze (Katila et al. 2000) und stehen ineiner spezifischen Anordnung zu den epithelialen Strukturen der uterotubalen Verbin-dung (Scott et al. 2002). Der Spermientransport gilt 4 h post inseminationem als abge-schlossen (Katila et al. 2000). Deutlicher als durch die individuelle Progressivität derSpermien wird die Verteilung im weiblichen Genitale jedoch durch eine Uterusmotili-tätssteigerung im Zuge der Interaktion mit dem Inseminat beeinflusst (Katila et al.2000). Als wesentliche Ursache für eine gestörte Fertilität wird bei der Stute eine herab-gesetzte Motilität des Uterus angesehen (Troedsson et al 1998). Dies kann dazu füh-ren, dass einerseits der Spermientransport in Richtung Eileiter gestört ist und anderer-seits die „uterine Clearance“, d.h. die Entfernung überschüssiger Flüssigkeit aus demUterus nach einer Insemination, herabgesetzt ist (Madill et al. 2000). In den letztenJahren wurden neue Methoden entwickelt, welche im Gegensatz zu der bisherigen In-seminationstechnik, bei der die Samendeponierung im Corpus uteri erfolgt, eine Instil-lation des Spermas im Bereich der Papilla uterina des Eileiters ermöglichen. Dadurchkonnten die Spermiendosis und das Inseminationsvolumen deutlich reduziert werden(Morris u. Allen 2002; Sieme et al. 2003, MORRIS 2004).

Mit hysteroskopischer Besamungstechnik ist es zahlreichen anderen Arbeitsgruppenmit Frischsamen (Morris et al. 2000; Rigby et al. 2001), Versandsperma (Brinsko etal. 2003) und Tiefgefriersperma (Alvarenga u. Leao 2002; Morris et al. 2003) gelun-gen, mit weitaus niedrigeren Spermienzahlen im Vergleich zu kommerzieller Dosierungerfolgreich zu besamen.

188 Sieme u.a.

Tab. 2. Richtwerte für die Herstellung und Einsatzmöglichkeiten von Hengstsperma in derSamenübertragungCriteria for the production and application of stallion semen

unverdünnt Flüssigsperma Tiefgefrier-Frischsperma Versandsperma sperma

Aufbereitungstechnik – Verdünnung Verdünnung, ZentrifugationZentrifugation

Verdünnungsverhältnis 1:3 1:3 50 x 106 sp./ml(Sperma : Verdünner) 25 x 106 sp./ml 25 x 106 sp./ml vor Zentrifug.

Kühlrate (20°ˇ5°C) 0.05°C/min. 0.05°C/min.Gefrierrate (5°ˇ–120°C) 25°C/min.

Lagerungsbedingungen +37°C 18 – 20°C 5°C –196°Caerob anaerob

Zeitspanne: unmittelbar 0 – 12 h 24 – 36 h –Samengew. ˇ KB

Spermiendosis* 300 x 106 pms 600 x 106 pms 800 x 106

Inseminationsoptimumbei einmaliger KB/Rosse <+36 h ˇ –8 h <+24 h ˇ –8 h <12 h ˇ –8 h[h relativ zur Ovulation]

Vor-‰ / Nach-¸teile:– Eignung Hengste ‰ ‰ ¸ ¸¸

– niedrige Spermiendosis ‰ ‰ ¸ ¸

– Lagerungsdauer ¸¸ ¸¸ ‰ ‰‰‰

– Lagerungskosten ‰ ‰ ¸ ¸¸¸

– Fertilitätsprognose ‰ ‰ ¸ ¸

* Richtwerte für die Spermiendosis in der equinen Samenübertragung gemäß Empfehlungender World Breeding Federation of Sport Horses WBFSH (Quelle: www.wbfsh.org)

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In der Literatur wird bei tiefintracornualer oder hysteroskopischer Besamung einer-seits von besseren (Féo et al. 1992; Morris et al. 2000; Wooods et al. 2000; Petersenet al. 2002) und andererseits von schlechteren (Manning et al. 1998; Buchanan et al.2000; Squires et al. 2002) Befruchtungsergebnissen gegenüber der konventionellen In-semination in den Gebärmutterkörper berichtet.

Die Vorteile hysteroskopischer Besamung scheinen erst bei sehr geringer Spermien-dosis deutlich zu werden; so erzielten Morris et al. (2003) mit Tiefgefriersperma mit3 x 106 motilen Spermien nach hysteroskopischer Übertragung bessere Trächtigkeitser-gebnisse als nach konventioneller Übertragung (47 % bzw. 14 %). Wurde die Spermien-dosis auf 14 x 106 motile Spermien erhöht, ergaben sich hinsichtlich der Besamungstech-nik keine Unterschiede im Trächtigkeitsergebnis (67 % bzw. 64 %).

Nach Morris (2004) ist bei Einsatz fertiler Hengste und Samenübertragung im perio-vulatorischen Bereich eine Reduktion der Spermiendosis auf 5 x 106 bei Frischsamenund ultraschallkontrollierter tiefintrauteriner Besamungstechnik ipsilateral zur erwarte-ten Ovulation möglich. Die hysteroskopische Samenübertragung erlaubt eine Redukti-on der Frischspermadosis auf 1 x 106 und der Tiefgefrierspermadosis auf 3 x 106. Nachchirurgischer Übertragung wurden Trächtigkeiten mit nur 2 x 105 Spermien erzielt (Car-nevale et al. 2001).

Nach eigenen Untersuchungen war nach hysteroskopischer Samenübertragung nurbei fertilen Stuten ein positiver Effekt auf die Trächtigkeitsrate zu erzielen. Bei subferti-len Stuten sind vermutlich aufgrund der erhöhten Kontaminationsgefahr die Fertilitäts-aussichten deutlich herabgesetzt (Sieme et al. 2004 b).

Das Waschen von Spermien mit speziellen Separationstechniken zur Entfernung vonZelldetritus und geschädigten Spermien prä inseminationem hat keinen positiven Effektauf das Trächtigkeitsergebnis bei hysteroskopischer Samenübertragung (Alvaraengaund Leao 2002). Ebensowenig ließ sich prä inseminationem durch prätubale Applika-tion von Prostaglandin E2 – zum Zwecke der Beeinflussung der glatten Muskulatur desEileiters – das Trächtigkeitsergebnis nach rektal geleiteter tief intracornualer oder hys-teroskopischer Besamung verbessern (Brinsko et al. 2003).

Bei Einsatz deutlich reduzierter Spermienzahlen erscheint die rektal geleitete tiefintracornuale Besamung hinsichtlich der Praktikabiltät für den Feldeinsatz besser geeig-net, birgt aber im Vergleich zur hysteroskopischen Besamung ein höheres Risiko uteri-ner Traumatisierung. Andererseits bedarf die hysteroskopische Samenübertragung teu-rer Instrumentarien und erfahrener Operateure.

Der Einsatz tiefintrauteriner Besamungstechniken bei Verwendung von Hengsten mitvorberichtlich herabgesetzten Fruchtbarkeitsraten wird in der Literatur kontrovers dis-kutiert und bedarf weiterer Untersuchungen hinsichtlich durch die Besamungstechnikpotentiell kompensierbarer spermatologischer Parameter (Morris 2004).

Da – bedingt durch den aufwendigen Aufbereitungsprozess im Rahmen des Sperm-Sexing – die Spermienausbeute zeitlich begrenzt ist, stellt der Einsatz von gesextemSperma die klassische Indikation für die hysteroskopische Samenübertragung beimPferd dar.

7 Zukunftsaussichten der Samenübertragung beim Pferd

Aktuell sind auf dem Gebiet der equinen Samenübertragung zunehmende Aktivitätenzum Einsatz gesexten Spermas zu verzeichnen (Morris 2004). Ein kommerzieller Ein-satz gesexten Spermas besteht jedoch noch nicht. In den Bereichen Tiefgefrierung vonHengstsperma, Langzeitlagerung flüssigkonservierten Spermas und Selektion vonHengsten auf fertilitätsrelevante Merkmale besteht jedoch nach wie vor erheblicher Ver-besserungs- und Forschungsbedarf.

Die rasante Entwicklung im Bereich der Genetik ermöglicht auch beim Pferd zuneh-mend die Identifizierung zucht- und produktionsrelevanter Gene, so dass auch beim

Praktische Aspekte der equinen Samenübertragung 189

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Pferd in naher Zukunft die traditionelle Selektion von Zuchthengsten mit Hilfe von Mar-kergenen unterstützt werden könnte.

In Kombination mit dem Embryotransfer könnte – in Anlehnung an die Rinderzucht– eine größere Anzahl zukünftiger Spenderhengste mit bevorzugtem Genmaterial gene-riert werden, jedoch sind in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern (USA, Süd-amerika, Frankreich) auf dem Gebiet des equinen Embryotransfers erst seit den letzten2 Jahren zunehmend Aktivitäten zu verzeichnen.

Auch die Klonierung beim Pferd ist mittlerweile gelungen (Galli et al. 2003). So wirdbereits angedacht, aus Zellmaterial von Wallachen, welche hoch erfolgreich im Sport-einsatz waren, Klone zu generieren, welche dann als Spenderhengste via Samenübertra-gung angeboten werden sollen.

Die Zielrichtung der Einbeziehung des Embryotransfers, der Klonierung oder weite-rer Biotechniken in Zuchtstrategien ist die Etablierung einer Basispopulation mit he-rausragendem Genmaterial. Die Samenübertragung wird jedoch weiterhin als die effek-tivste Biotechnik zur Verbreitung exclusiven Genmaterials ihren herausragendenStellenwert behalten.

Zusammmenfassung

Es werden Daten der hannoverschen Landespferdezucht (6 Zuchtjahre, 13.192 Hanno-veraner Stuten, 125 Zuchthengste, 30.815 Saisonergebnisse, 57.950 Rossen, 128.538Besamungen) für das Merkmal Trächtigkeitsrate pro Rosse am Ende der Zuchtsaisonausgewertet. Dabei werden die Effekte Station, Hengst, Jahr, Belegungsmonat, Alterder Stuten, bisherige Zuchtleistung der Stuten und Art des eingsetzten Spermas(Frisch-, Versandsperma) sowie das Besamungsregime (Anzahl und Intervall der Besa-mungen) berücksichtigt. Daraus werden Empfehlungen für ein optimales Besamungs-management abgeleitet.

Schlüsselwörter: Pferd, Hengst, Stute, Fruchtbarkeit, Besamungsmanagement

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Practical aspects of A.I. application in equine reproduction

By H. Sieme, H. Hamann, O. Distl und E. Klug

Data of the National State stud of Lower Saxony (6 saisons, 13.192 mares, 125 stal-lions, 30.815 results of breeding, 57.950 heats, 128.538 A.I.s) were analysed for thetrait „pregnancy rate per cycle at the end of season“. Effects of factors like station,stallion, year, month, age of the mare and breeding history of the mares were consid-ered. Based on the results recommendations for an optimal A.I. management aregiven.

Keywords: horse, stallion, mare, fertility, A.I. management

Praktische Aspekte der equinen Samenübertragung 193