Artikel AFRICA live zum Kalebassenfestival Koom Koom 2008

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Nr. 01/2009 | Seite 22 Wirtschaft und Umwelt Mehrere Tausend Besucher ka- men Mitte Dezember zum er- sten Kalebassenfestival in Zi- guinchor im Süden Senegals. Das von dem seit 20 Jahren mit der Kalebasse arbeitenden senegalesischen Künstler und Designer, Khalifa Dramé, ins Leben gerufene Ereignis über- traf alle Erwartungen und überraschte viele Teilnehmer, die sich erst vor Ort über die unzähligen Anwendungsmög- lichkeiten und Vorzüge der Kalebasse klar wurden. Höhe- punkte des Festivals waren das mit namhaften Wissen- schaftlern besetzte Symposi- um, die Kunsthandwerksaus- stellung rund um die Kalebas- se und die Auftritte vieler be- kannter Musiker. Aufgrund der etwas schwieri- gen Verkehrsverbindungen zwischen dem Norden und Süden Senegals (Gambia muss dabei durchquert werden), flogen wir von Dakar aus mit der Air Sénégal bis Cap Skir- ring, wo wir abends bereits nach 45 Minuten landeten. Am Flughafen erwarteten uns ein Bus und ein Allradfahr- zeug zur Weiterfahrt ins 70 km entfernte Ziguinchor. Nach einigem Hin und Her waren alle Gäste auf die Fahr- zeuge verteilt, und wir konn- ten endlich starten. Die Schönheit der Landschaft konnten wir leider nur erah- nen, da es bereits sehr dunkel war, aber was zu erkennen war, ließ keinen Zweifel darü- ber, dass wir hier in einer der schönsten Regionen Senegals angekommen waren. Mangro- venwälder, weite Felder und kleine in die Natur eingebun- dene Dörfer säumten die Straße nach Ziguinchor. Nach einer guten Stunde Fahrt ka- men wir dann im Hotel Kadi- andoumagne an, wo einfache, aber saubere Zimmer für uns reserviert waren. Am nächsten Morgen, auf dem Weg zur Terrasse des Hotels, sah ich zum ersten Mal ei- nen Kalebassen- baum. Ich war also angekommen. Ich setzte mich direkt ans Wasser, wo we- nige Meter entfernt emsiges Treiben der ortansässigen Fi- scher herrschte, die ihre Piro- gen zur Abfahrt bereit mach- ten. Hier und da fuhren Segel- boote oder kleinere Motorboo- te. Ich genoss die unendliche Ruhe, den strahlend blauen Himmel, die Sonne und die wundervolle Aussicht auf die Mangrovenwälder. Um mich herum tauchten im- mer mehr Gäste des Festivals auf, die wie ich auf die Ab- fahrt warteten, um an der Eröffnung teilzunehmen. Schließlich war es so weit. Als wir ankamen, war die Stim- mung bereits ausgelassen. Gleich am Eingang wurden wir von verschiedenen Frau- engruppen empfangen, die uns in traditioneller Kleidung, tanzend be- grüßten. Im eigens für das Festival er- richteten Kunst- hand- werks- dorf wur- den un- zählige Kunst-und Kunst- handwerks- objekte rund um die Kalebasse ausgestellt und von musikalischen Darbietun- gen anhand von Kalebassenin- strumenten untermalt. Beson- ders interessant fand ich eine Frauengruppe, die als Kopfbe- deckung eine mit bunten Bän- dern und Kaurimuscheln ver- zierte Kalebasse trug. Als nach kurzer Zeit der Schirmherr des Festivals in Begleitung des weltbekann- ten Musikers Touré Kounda eintraf, gab es kein Halten mehr. Unzäh- lige Men- schenmassen strömten ins Dorf um der Festivaleröff- nung beizu- wohnen. Zeit für mich, et- was Abstand in einem Re- staurant zu suchen, wohin sich auch die Podiumsteil- nehmer des wissenschaft- lichen Sympo- siums zurück- gezogen hatten, das in Kürze beginnen sollte. Nach einigen netten Gesprächen und ei- nem typisch senegalesischen Mittagessen, dem Tjeb, fuh- ren wir dann zurück ins Hotel Kadiandoumagne zum Sym- posium. Facetten der Kalebasse Wir wurden vom Vorsitzen- den des wissenschaftlichen Komitees, dem international bekannten Geschichtsprofes- sor und Schriftsteller Djibril Tamsir Niane, begrüßt, der mehrere Referate zu den un- terschiedlichen Anwendungs- möglichkeiten und der Sym- bolik der Kalebasse ankündig- te. Prof. Alain Sissao aus Burkina Faso wandte sich in seinem Vortrag dem Ursprung und der kulturellen Bedeutung der Kalebasse zu, die bei vie- len Ethnien seines Landes im Allgemeinen als Symbol der Gastfreundschaft betrachtet, aber auch als Nahrungsmittel selbst und als Behältnis für Festival Koom Koom in Ziguinchor: Die Kalebasse im Rampenlicht

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Artikel im Afrikamagazin AFRICA live 1/09 zum Kalebassenfestival Koom Koom 2008

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Nr. 01/2009 | Seite 22Wirtschaft und Umwelt

Mehrere Tausend Besucher ka-men Mitte Dezember zum er-sten Kalebassenfestival in Zi-guinchor im Süden Senegals.Das von dem seit 20 Jahrenmit der Kalebasse arbeitendensenegalesischen Künstler undDesigner, Khalifa Dramé, insLeben gerufene Ereignis über-traf alle Erwartungen undüberraschte viele Teilnehmer,die sich erst vor Ort über dieunzähligen Anwendungsmög-lichkeiten und Vorzüge derKalebasse klar wurden. Höhe-punkte des Festivals warendas mit namhaften Wissen-schaftlern besetzte Symposi-um, die Kunsthandwerksaus-stellung rund um die Kalebas-se und die Auftritte vieler be-kannter Musiker.

Aufgrund der etwas schwieri-

gen Verkehrsverbindungenzwischen dem Norden undSüden Senegals (Gambia mussdabei durchquert werden),flogen wir von Dakar aus mitder Air Sénégal bis Cap Skir-ring, wo wir abends bereitsnach 45 Minuten landeten.Am Flughafen erwarteten unsein Bus und ein Allradfahr-zeug zur Weiterfahrt ins 70km entfernte Ziguinchor.Nach einigem Hin und Herwaren alle Gäste auf die Fahr-zeuge verteilt, und wir konn-ten endlich starten.

Die Schönheit der Landschaftkonnten wir leider nur erah-nen, da es bereits sehr dunkel

war, aber was zu erkennenwar, ließ keinen Zweifel darü-ber, dass wir hier in einer derschönsten Regionen Senegalsangekommen waren. Mangro-venwälder, weite Felder undkleine in die Natur eingebun-dene Dörfer säumten dieStraße nach Ziguinchor. Nacheiner guten Stunde Fahrt ka-men wir dann im Hotel Kadi-andoumagne an, wo einfache,aber saubere Zimmer für unsreserviert waren.

Am nächsten Morgen, aufdem Weg zur Terrassedes Hotels, sah ichzum ersten Mal ei-nen Kalebassen-baum. Ich war alsoangekommen. Ichsetzte mich direktans Wasser, wo we-

nige Meter entfernt emsigesTreiben der ortansässigen Fi-scher herrschte, die ihre Piro-gen zur Abfahrt bereit mach-ten. Hier und da fuhren Segel-boote oder kleinere Motorboo-te. Ich genoss die unendlicheRuhe, den strahlend blauenHimmel, die Sonne und diewundervolle Aussicht auf dieMangrovenwälder.

Um mich herum tauchten im-mer mehr Gäste des Festivalsauf, die wie ich auf die Ab-fahrt warteten, um an derEröffnung teilzunehmen.Schließlich war es so weit. Alswir ankamen, war die Stim-mung bereits ausgelassen.

Gleich am Eingang wurdenwir von verschiedenen Frau-engruppen empfangen, die

uns in traditionellerKleidung, tanzend be-grüßten. Im eigens für

das Festival er-r i c h t e t e n

K u n s t -h a n d -w e r k s -dorf wur-den un-z ä h l i g eKunst-und

K u n s t -handwerks -

objekte rund umdie Kalebasse ausgestellt undvon musikalischen Darbietun-gen anhand von Kalebassenin-strumenten untermalt. Beson-ders interessant fand ich eineFrauengruppe, die als Kopfbe-deckung eine mit bunten Bän-dern und Kaurimuscheln ver-zierte Kalebasse trug.

Als nach kurzer Zeit derSchirmherr des Festivals inBegleitung des weltbekann-ten Musikers Touré Koundaeintraf, gab es kein Haltenmehr. Unzäh-lige Men-schenmassenströmten insDorf um derFestivaleröff-nung beizu-wohnen. Zeitfür mich, et-was Abstandin einem Re-staurant zusuchen, wohinsich auch diePodiumstei l -nehmer deswissenschaft-lichen Sympo-siums zurück-

gezogen hatten, das in Kürzebeginnen sollte. Nach einigennetten Gesprächen und ei-nem typisch senegalesischenMittagessen, dem Tjeb, fuh-ren wir dann zurück ins HotelKadiandoumagne zum Sym-posium.

Facetten der Kalebasse

Wir wurden vom Vorsitzen-den des wissenschaftlichenKomitees, dem internationalbekannten Geschichtsprofes-sor und Schriftsteller DjibrilTamsir Niane, begrüßt, dermehrere Referate zu den un-terschiedlichen Anwendungs-möglichkeiten und der Sym-bolik der Kalebasse ankündig-te.

Prof. Alain Sissao aus BurkinaFaso wandte sich in seinemVortrag dem Ursprung undder kulturellen Bedeutungder Kalebasse zu, die bei vie-len Ethnien seines Landes imAllgemeinen als Symbol derGastfreundschaft betrachtet,aber auch als Nahrungsmittelselbst und als Behältnis für

Festival Koom Koom in Ziguinchor:

Die Kalebasse im Rampenlicht

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verschiedenen Gerichte undGetränke genutzt wird. DieKalebasse hat ebenfalls einegroße Symbolik bei Geburten,Hochzeiten und Beerdigun-gen und wird zur Herstellungvon Musikinstrumenten, wiez.B. dem Balafon verwendet.Auch im medizinischen Be-reich spielt sie eine wichtigeRolle, da sie u.a. zur Aufbe-wahrung der Medikamentedient. In der Landwirtschaftwird die Kalebasse zur Un-krautvernichtung eingesetzt,

und im kunsthandwerklichenBereich werden Kalebassen zuunterschiedlichsten Objektenverarbeitet, wie verzierteSchüsseln, Schmuck, Lampenu.v.m.

Dr. Ahmadou Bouya Koutou-dio, rief in seinem Beitrag dieIntellektuellen Afrikas auf,die Kalebasse als kulturellesErbe Afrikas zu bewahren undihren Stellenwert in der heu-tigen Gesellschaft wieder auf-zuwerten. Er sprach die kultu-relle, symbolische und mysti-sche Bedeutung der Fruchtbei verschiedenen Ethnien,wie den Mandinka und denSerern an, bei denen sie z.B.als Fruchtbarkeitssymbol derFrau bei Geburten, Taufen etc.

eingesetzt wird.

Der Ökologe Dr. MamadouSarr ging in seinen Aus-führungen auf den biologi-

schen Ursprung und die

chemische Zusammenset-zung der vor 12.000 Jahrenentdeckten Kalebasse ein. Ererklärte, dass die Kalebasseüber ein eigenes Ökosystemverfügt und ein Mikroklimahervorruft, das Verdunstungverhindert, weshalb sie mög-lichst nicht als Monokultur

angebaut werden sollte. Dr.Sarr schlug außerdem mehre-re Lehrprogramme rund umdie Kalebasse vor.

Omar Samb, Leiter der staatli-chen Förderagentur für dasKunsthandwerk im Senegal,ging auf die große wirtschaft-liche Bedeutung der Kalebas-se ein, die sowohl den Bereichdes Kunsthandwerks durchdie Schaffung von Arbeitsplät-zen vor allem bei der jungenGeneration, aber auch derLandwirtschaft betrifft, ex-portiert doch das Nachbar-land Mali jährlich Kalebassenim Wert von mehreren Milli-arden FCFA allein nach Sene-gal.

Hamady Bocoum, zuständigfür das kulturelle Erbe imKulturministerium Senegals,kündigte im Laufe der an -schließenden Diskussion dieGründung eines Regionalmu-seums in Ziguinchor an, indem nun auch ein Bereich fürdie Kalebasse geschaffen wer-den soll.

Der Abschlussbericht desSymposiums zur Kalebasseliegt der AFRICA-live Redakti-on in französischer Original-fassung vor und kann dort be-zogen werden.

Aufgrund des großen Zu-spruchs der Festivalbesucheraus dem In- und Ausland undder vielen positiven Reaktio-nen vor, während und nachder Veranstaltung steht fürKhalifa Dramé, den Initiator,sowie alle Organisatoren desFestivals fest: „Das Kalebas-senfestival Koom Koom wirdvon nun an jedes Jahr in Zi-guinchor stattfinden, und wirwürden uns freuen, wennsich auch die umliegendenLänder an diesem afrikani-schen Ereignis beteiligten!“(Susanne Lassal)

Nr. 01/2009 | Seite 23Wirtschaft und Umwelt

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