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ARBEITSSICHERHEIT/GESUNDHEIT 64 WALD UND HOLZ 8/03 Eine Entwicklungsgeschichte Arbeitsschutz- ausrüstung gestern und heute Persönliche Schutzausrüstung wurde schon seit 1960 in Form von einfachen Industrieschutzhelmen in der Wald- arbeit eingesetzt. Die Überprüfung der Qualität und der forstlichen Brauchbarkeit ist jedoch – an forstlichen Nachhaltigkeits-Zeiträumen gemessen – ein noch relativ junges Unterfangen. Ein Blick zurück. E rste sporadische Tests von Arbeitsschutz- ausrüstungen für die Waldarbeit gab es etwa Ende der 70er-, Anfang der 80er- Jahre. Seit etwa 1982 testet das Kurato- rium für Waldarbeit und Forsttechnik (KWF) Arbeitskleidung und Persönliche Schutz- ausrüstungen (PSA) in einem regulären Testbetrieb. Die anfänglich durchgeführte Brauch- barkeitsprüfung betraf im wesentlichen marktverfügbare Schutzhelme, erste Ar- beitsanzüge und Sicherheitsschuhe. Mitte der 80er-Jahre wurden solche Ausrüstungen mit dem Prädikat des FPA- Zeichens versehen. Alle FPA-anerkannten Produkte sind heute an nebenstehendem Prüfzeichen zu erkennen. Im Verlaufe der Zeit wurde das Prüf- gebiet neben den Arbeitsschutzanzügen, Helmen und Sicherheitsschuhen auch auf die Gebiete Nässeschutzbekleidung, Wald- arbeiter-Personalwagen und Funktions- bekleidung für die Forstarbeit erweitert. Mit Einbeziehung der Suva in der Schweiz als Teststelle konnte der Prüfbetrieb weiter ausgebaut werden. Damit verfügt das KWF mit seinem Arbeitsausschuss «Arbeits- schutzausrüstung» heute über 11 Test- aussenstellen. Der Wandel der PSA soll im Folgenden an einigen wenigen Beispielen demonstriert und der heutige Stand der Technik erläutert werden. Die Kopfschutzkombination Eine Kopfschutzkombination bestand Ende der 70er-Jahre im Wesentlichen aus * Der Autor leitet den Fachbereich «Mensch und Arbeit» des Kuratoriums für Waldarbeit und Forst- technik KWF in DE-64823 Gross-Umstadt. einem Industrieschutzhelm. Es gab erste Versuche, das Gesicht mittels eines Visieres zu schützen, das durch Anbohren ange- bracht war. Die Helmschale selbst wurde seinerzeit nach DIN 4840 geprüft. Nach der Harmonisierung der Normen in Europa zeichnen sich heute verwende- te Kopfschutzkombinationen durch eine nach EN 397 geprüfte Helmschale aus, die zusätzlich mit einem nach EN 352 Teil 3 geprüften Gehörschutz und einem nach EN 1731 geprüften Visier versehen ist. Das Sicherheitsschuhwerk Der Sicherheitsschuh Ende der 70er- Jahre war im Wesentlichen ein Schuh, der sich durch eine «Stahlkappe» auszeichne- Kopfschutzkombination aus den 70er-Jahren (links) und moderne Kopfschutzkombination. Fotos: KWF Von Jörg Hartfiel* Fotos: WVS

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A R B E I T S S I C H E R H E I T / G E S U N D H E I T

64 W A L D U N D H O L Z 8/03

Eine Entwicklungsgeschichte

Arbeitsschutz-ausrüstung gestern und heutePersönliche Schutzausrüstung wurde schon seit 1960 inForm von einfachen Industrieschutzhelmen in der Wald-arbeit eingesetzt. Die Überprüfung der Qualität undder forstlichen Brauchbarkeit ist jedoch – an forstlichenNachhaltigkeits-Zeiträumen gemessen – ein noch relativjunges Unterfangen. Ein Blick zurück.

Erste sporadische Tests von Arbeitsschutz-ausrüstungen für die Waldarbeit gab

es etwa Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre. Seit etwa 1982 testet das Kurato-rium für Waldarbeit und Forsttechnik (KWF)

Arbeitskleidung und Persönliche Schutz-ausrüstungen (PSA) in einem regulärenTestbetrieb.

Die anfänglich durchgeführte Brauch-barkeitsprüfung betraf im wesentlichenmarktverfügbare Schutzhelme, erste Ar-beitsanzüge und Sicherheitsschuhe.

Mitte der 80er-Jahre wurden solcheAusrüstungen mit dem Prädikat des FPA-Zeichens versehen. Alle FPA-anerkanntenProdukte sind heute an nebenstehendemPrüfzeichen zu erkennen.

Im Verlaufe der Zeit wurde das Prüf-gebiet neben den Arbeitsschutzanzügen,Helmen und Sicherheitsschuhen auch aufdie Gebiete Nässeschutzbekleidung, Wald-arbeiter-Personalwagen und Funktions-bekleidung für die Forstarbeit erweitert.

Mit Einbeziehung der Suva in der Schweizals Teststelle konnte der Prüfbetrieb weiterausgebaut werden. Damit verfügt das KWFmit seinem Arbeitsausschuss «Arbeits-schutzausrüstung» heute über 11 Test-aussenstellen. Der Wandel der PSA soll imFolgenden an einigen wenigen Beispielendemonstriert und der heutige Stand derTechnik erläutert werden.

Die KopfschutzkombinationEine Kopfschutzkombination bestand

Ende der 70er-Jahre im Wesentlichen aus

* Der Autor leitet den Fachbereich «Mensch undArbeit» des Kuratoriums für Waldarbeit und Forst-technik KWF in DE-64823 Gross-Umstadt.

einem Industrieschutzhelm. Es gab ersteVersuche, das Gesicht mittels eines Visiereszu schützen, das durch Anbohren ange-bracht war. Die Helmschale selbst wurdeseinerzeit nach DIN 4840 geprüft.

Nach der Harmonisierung der Normenin Europa zeichnen sich heute verwende-te Kopfschutzkombinationen durch einenach EN 397 geprüfte Helmschale aus,

die zusätzlich mit einem nach EN 352 Teil 3geprüften Gehörschutz und einem nachEN 1731 geprüften Visier versehen ist.

Das SicherheitsschuhwerkDer Sicherheitsschuh Ende der 70er-

Jahre war im Wesentlichen ein Schuh, dersich durch eine «Stahlkappe» auszeichne-

Kopfschutzkombination aus den 70er-Jahren (links) und moderne Kopfschutzkombination.

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Von Jörg Hartfiel*

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Arbeitskleidungen des Waldarbeiters um 1950.

Sicherheitsschuh aus den 70er-Jahren (links). Moderne Sicherheitsschuhe (rechts) haben einen Nässeschutz und ersetzen so teilweise dieGummistiefel.

te. Er war damals nach DIN 4843 geprüftund manche Modelle hatten, wie mandem obenstehenden Bild entnehmenkann, bereits den Ansatz eines Schnitt-schutzes gegen Kettensägenschnitte.

Neuere Modelle von FPA-anerkanntenSicherheitsschuhen für die Waldarbeitsind nach EN 345, Grundtyp S 2 sowie EN 345 Teil 2 (Schnittschutz) geprüft. Sieweisen neben dem geprüften Schnitt-schutz vielfach eine Nässeschutzmem-

bran (zum Beispiel GoreTex, Sympatexund ähnliche) und die bequeme Trekking-form auf.

Diese Art der Schuhe ersetzt in der Pra-xis aufgrund des Nässeschutzes häufigden Gummistiefel.

Die ArbeitskleidungBetrachtet man die Arbeitskleidung der

70er-Jahre, so fällt auf, dass der so ge-

nannte «Blaumann» das äussere Erschei-nungsbild des Waldarbeiters prägte.Wenngleich eine Pellerine aus Leder dochsehr fortschrittlich anmutet, lässt die ge-samte restliche Ausrüstung vom Helmzu-behör bis zu den Stiefeln doch sehr viel zuwünschen übrig. Notwendige Signalfarb-flächen, mit Ausnahme der gelben Helm-schale, fehlten komplett. Einen Schnitt-schutz, der vor allem Beine und Unter-bauch vor Schnitten und anderen Verlet-zungen schützt, gab es zu dieser Zeitnoch nicht.

Gerade die zunehmende Holzernte-arbeit in hoher Naturverjüngung macht inder modernen Forstwirtschaft eine ex-trem gute Sichtbarkeit der Beschäftigtenerforderlich. Deshalb sind moderne Jackenan grossen und überaus auffälligen Signal-farbflächen sehr gut zu erkennen. Sie be-sitzen weiter eine ausreichende Anzahlgut platzierter, funktioneller Taschen (zumBeispiel eine Tasche für das Erste-Hilfe-Material).

Bei einem Gewicht von 400 bis 600 gsind sie wesentlich leichter als die Jackenvon früher.

SchnittschutzhosenErste Schnittschutzeinlagen werden in

Europa seit zirka 1983 bis 1986 offiziellgeprüft und heute muss eine Schnitt-schutzhose den Anforderungen der DINEN 381 Teil 2 entsprechen. Diese gibt dieAnforderungen an die Hosentypen A, Bund C vor.• Hosentyp A: Die Abbildung zeigt den

Hosentyp A einer Schnittschutzhose.Dieser Typ mit der üblichen Schutzab-deckung ist für den Profi in den mittel-europäischen und vor allem deutsch-sprachigen Ländern gebräuchlich.

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Schnittschutz-hosentyp A.

Schnittschutzhosenbieten auch heutenoch keinen 100-prozentigen Schutz.

• Hosentyp B ist ein mehr speziell fürFinnland und England gefertigter Typ,der gegenüber dem Typ A am linkenBein innen eine um 5 cm verbreiterteSchutzfläche besitzt.

• Der Hosentyp C ist nur für Personen gedacht, die wenig Erfahrung mit demUmgang mit der Motorsäge besitzen(zum Beispiel Auszubildende, Feuer-wehren, Technische Hilfswerke, Bun-deswehr). Es ist ein Schutztyp mit ei-nem «Rundumschutz», also auch mitSchnittschutz im hinteren Beinbereich.

Beinlinge können bei der Waldarbeit eben-falls, zum Beispiel besonders im Sommer,verwendet werden. Sie müssen in derSchutzabdeckung gemäss der Norm denoben beschriebenen Hosentypen ent-sprechen. Beinlinge mit Rundumschutzsind anderen Typen vorzuziehen.

Schnittschutzhosen werden zurzeit nach3 Schutzklassen geprüft:– Klasse 1 entspricht einer Kettenge-

schwindigkeit von 20 m/s.– Klasse 2 entspricht einer Kettenge-

schwindigkeit von 24 m/s.– Klasse 3 entspricht einer Kettenge-

schwindigkeit von 28 m/s.Aufgrund der Dicke der Materialien undder Nachteile im Tragekomfort und Er-gonomie bei Schutzklasse 2 und 3 wirdvon den Versicherungsträgern derzeit die Klasse 1 als Sicherheitsstandard an-erkannt.

Schnittschutzhosen bieten keinen 100-prozentigen Schutz. Reparaturen dürfennur am Oberstoff ausgeführt werden. BeiVerletzung von mehr als der oberen Stoff-schicht muss die Hose ausgesondert wer-den. Schnittschutzlagen dürfen nie an-oder durchgenäht werden.

Weitere Anforderungen an eine Wald-arbeiterschutzhose, basierend auf den Erfahrungen des zentralen Gebrauchs-testes, sind:• Ein relativ geringes Gewicht der Hose,

das heisst nicht mehr als 1500 g insge-samt.

• Ein Zwickel aus dehnbarem Material imSchrittbereich.

• Die Zugänglichkeit für die Reparaturdes Oberstoffes (zum Beispiel am Saummit Klettverschluss zugänglich).

• Die Hosenträger in Signalfarbe.• Die ausreichende und gut platzierte

Anzahl an Taschen, inklusive Meter-stabtasche oder Erste-Hilfe-Tasche.

• Die möglichst dreifachen und verriegel-ten Nähte.

Die PersonalwagenSeit etwa 1995 werden auch Personal-

wagen einer Gebrauchswertprüfung un-terzogen.

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Damit wurde eine Entwicklung ange-stossen, die vom reinen Wetterschutz-wagen, wie er in der Praxis noch wohl be-kannt und obenstehend abgebildet ist,zum modernen Personalwagen verlaufenist. Hintergrund und Ziel ist vor allem derGesundheitsschutz und die Durchbe-schäftigung der Mitarbeiter bis zum Ren-tenalter.

Moderne Personalwagen zeichnen sichunter anderem durch Gasheizung, Kraft-stoffbetankungsanlage, Trockenschrank,Kocher und Solaranlage für den Stromvon Lampen und Geräten sowie entspre-chende Isolierung der Wände und des Bodens aus. Nur Wagen, die diesen be-

sonders hohen Ansprüchen genügen,werden mit dem Prädikat des «FPA-Zei-chens» versehen.

FazitEs zeigt sich deutlich, dass die Prüfung

der forstlichen Brauchbarkeit zu einer be-achtlichen Weiterentwicklung der Schutz-ausrüstung geführt hat. Diese positiveWeiterentwicklung dient nicht nur demHersteller, sondern in besonderem Masseauch der Zielgruppe der Verwender, inder Regel Vollprofis, die unter Einsatz ge-prüfter Ausrüstungen im harten Betriebihr Geld verdienen. Alles was bei den

Prüfungen den hohen Anforderungendes Praxisbetriebes nicht genügt, wirdzwangsläufig ausgesondert.

EG Baumusterprüfungen, die letztlichdie Grundvoraussetzung des Handels mitder PSA im europäischen Raum darstel-len, sind in der Regel reine Sicherheits-prüfungen und stellen keine Überprüfungder Gebrauchstauglichkeit von Produktendar. Vor allem Aussagen zur Haltbarkeit,zur Strapazierfähigkeit und zu den Trage-eigenschaften wären letztendlich ohneFeldversuche nicht möglich.

Brauchbarkeits- und Qualitätsprüfun-gen haben somit heute mehr denn je ihreBerechtigung. ��

Wetterschutzwagen aus den 50er-Jahren. Moderner Personalwagen.

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