Altersbestimmung von Schreibmitteln durch chemische Analyseverfahren

10
ORIGINALBEITRAG ALTERSBESTIMMUNG VON SCHREIBMITTELN DURCH CHEMISCHE ANALYSEVERFAHREN Kristina Jahns Der nachfolgende Beitrag basiert auf einem Vortrag der Autorin bei dem VI. Internationalen Kongress der Gesellschaft für Forensische Schrift- untersuchung in Heidelberg, 2004. Es werden einige der in der Literatur veröffentlichten Methoden der Schreibmittelaltersbestimmung vorgestellt und mit eigenen Erfahrungen und Forschungsergebnissen diskutiert. 1. Alterungsprozesse bei Schreibmitteln Es stellt sich die Frage, was eigentlich passiert, nachdem ein Schreibmittel auf einem Schriftträger aufgebracht ist, d.h. wenn die Schrift zu altern be- ginnt. In Abbildung 1 ist eine anschauliche Graphik dargestellt, welche von Gaudreau und Brazeau bei der ASQDE-Konferenz 2002 gezeigt wurde. Zunächst findet die eigentliche Trocknung, d.h. die Verdampfung des Lö- sungsmittels statt. Je nach Lösungsmittel dauert diC!S unterschiedlich lange. Dies ist abhängig von dessen physikalischen Eigenschaften wie Siedepunkt usw. Die Verdampfungsgeschwindigkeit wird in erster Linie durch die Temperatur beeinflusst. Zudem kann es zu einer Ausbleichung oder Degra- dation der Farbstoffkomponenten kommen. Viele Farbstoffe wie zum Bei- spiel die in Flüssigschreibmitteln und Kugelschreiberpasten häufig vor- kommenden Triarylmethanfarbstoffe, welche sich durch eine hohe Farbstär- ke auszeichnen, sind nicht lichtecht und bleichen mit der Zeit aus. Zudem kann eine Veränderung von Farbstoffen auch bei Dunkelheit, d.h. ohne Lichteinwirkung stattfinden. Dabei handelt es sich vor allem um oxidative Abbaureaktionen durch den in der Luft vorhandenen Sauerstoff. 120

description

K. Jahns, Altersbestimmung von Schreibmitteln durch chemische Analyseverfahren, Mannheimer Hefte fur Schriftvergleichung, Peter E. Baier, Universitat Mannheim, Schmidt/Romhild, 29, Jahrgang, 3/04, 2004.p120-129 ISSN 0172-8563

Transcript of Altersbestimmung von Schreibmitteln durch chemische Analyseverfahren

Page 1: Altersbestimmung von Schreibmitteln durch chemische Analyseverfahren

ORIGINALBEITRAG

ALTERSBESTIMMUNG VON SCHREIBMITTELN DURCH CHEMISCHE ANALYSEVERFAHREN

Kristina Jahns

Der nachfolgende Beitrag basiert auf einem Vortrag der Autorin bei dem VI. Internationalen Kongress der Gesellschaft für Forensische Schrift­untersuchung in Heidelberg, 2004. Es werden einige der in der Literatur veröffentlichten Methoden der Schreibmittelaltersbestimmung vorgestellt und mit eigenen Erfahrungen und Forschungsergebnissen diskutiert.

1. Alterungsprozesse bei Schreibmitteln

Es stellt sich die Frage, was eigentlich passiert, nachdem ein Schreibmittel auf einem Schriftträger aufgebracht ist, d.h. wenn die Schrift zu altern be­ginnt. In Abbildung 1 ist eine anschauliche Graphik dargestellt, welche von Gaudreau und Brazeau bei der ASQDE-Konferenz 2002 gezeigt wurde.

Zunächst findet die eigentliche Trocknung, d.h. die Verdampfung des Lö­sungsmittels statt. Je nach Lösungsmittel dauert diC!S unterschiedlich lange. Dies ist abhängig von dessen physikalischen Eigenschaften wie Siedepunkt usw. Die Verdampfungsgeschwindigkeit wird in erster Linie durch die Temperatur beeinflusst. Zudem kann es zu einer Ausbleichung oder Degra­dation der Farbstoffkomponenten kommen. Viele Farbstoffe wie zum Bei­spiel die in Flüssigschreibmitteln und Kugelschreiberpasten häufig vor­kommenden Triarylmethanfarbstoffe, welche sich durch eine hohe Farbstär­ke auszeichnen, sind nicht lichtecht und bleichen mit der Zeit aus. Zudem kann eine Veränderung von Farbstoffen auch bei Dunkelheit, d.h. ohne Lichteinwirkung stattfinden. Dabei handelt es sich vor allem um oxidative Abbaureaktionen durch den in der Luft vorhandenen Sauerstoff.

120

Page 2: Altersbestimmung von Schreibmitteln durch chemische Analyseverfahren

Abb. 1: Zeitabhängige Veränderungen in Schreibmitteln (Gaudreau, Bnzeau 2002)

Zunächst findet die eigentliche Trocknung, d.h. die Verdampfung des Lö­sungsmittels statt. Je nach Lösungsmittel dauert dies unterschiedlich lange. Dies ist abhängig von dessen physikalischen Eigenschaften wie Siedepunkt usw. Die Verdampfungsgeschwindigkeit wird in erster Linie durch die Temperatur beeinflusst. Zudem kann es zu einer Ausbleichung oder Degra­dation der Farbstoffkomponenten kommen. Viele Farbstoffe wie zum Bei­spiel die in Flüssigschreibmitteln und Kugelschreiberpasten häufig vor­kommenden Triarylmethanfarbstoffe, welche sich durch eine hohe Farb­stärke auszeichnen, sind nicht lichtecht und bleichen mit der Zeit aus. Zu­dem kann eine Veränderung von Farbstoffen auch bei Dunkelheit, d.h. ohne Lichteinwirkung stattfinden. Dabei handelt es sich vor allem um oxidative Abbaureaktionen durch den in der Luft vorhandenen Sauerstoff.

Sind im Schreibmittel Harze vorhanden, dann beginnt ein gewisser Här­tungsprozess. Es handelt sich dabei um einen komplexen physikalischen und chemischen Vorgang, welcher zu Wasserunlöslichkeit oder zur Ausbil­dung eines sogenannten 11 resistant films 11 führen kann. Dieser Vorgang ist am Anfang langsam, dann wird eine Art 11 steady state11 erreicht und an­schließend kann auch der Abbau von polymerisierten Harzen durch UV-

121

Page 3: Altersbestimmung von Schreibmitteln durch chemische Analyseverfahren

Strahlen und Oxidationsprozesse stattfinden. Die Dauer dieser Prozesse ist stark abhängig von der Art des Harzes und den Lagerungsbedingungen.

Bemerkenswert ist die Zeitskala, die von Gaudreau und Brazeau angegeben wird. Man erkennt, dass schon nach einem Jahr die größten Veränderungen stattgefunden haben und nach dieser Zeit nur noch geringe Änderungen zu beobachten sind. Dieses Verhalten hat zur Folge, dass die Genauigkeit der Altersbestimmung bei älteren Schriften sehr stark abnimmt.

2. Static Approach- Indirekte Altersbestimmung

Prinzipielllassen sich die chemischen Verfahren in zwei Ansätze einteilen (Cantu, 1995). Bei dem ersten Ansatz, dem sqgenannten statischen Ansatz oder "static approach" werden altersunabhängige Inhaltsstoffe im Schreib­mittel untersucht und mit Referenzsubstanzen verglichen. Durch bekannte, entscheidende Veränderungen in der Schreibmittelzusammensetzung oder durch Einführung von neuen Schreibgeräten lässt sich der Erstellungs­zeitraum einer Schreibleistung indirekt durch einen Anachronismus in be­zug auf die Markteinführung eingrenzen (Abbildung 2).

122

Event Date Event Date

lndia/Carbon lnks 618-906 AD Copper Phihalocyanine Dye 1954 lron Gallotannate lnks aboui600AD flourescerrt compounds in ink 1955-1957

Fountain Pen lnks FibreJPorous Tip Pen lnks 1962 (in Japan) -Galletannate 1680s 1965 (in U.S.} - Blue Black 1880s -Modern Washable 1940s Rolling Ball Marker Pen lnks 1968

Ballpoint lnks Gei-Pen lnks Mid-1980s (in Japan) -Oil Base 1945 (in U.S.) I about 1990 {in U.S.)

-Glycol Base 1951 - erasable 1963 - pressurized 1968 I

Abb. 2: Einführung von neuen Schreibgeräten oder Schreibmittelzusätzen (Brunelle, 2003)

Page 4: Altersbestimmung von Schreibmitteln durch chemische Analyseverfahren

Der erste Kugelschreiber wurde von Ladislao Biro 1939 entwickelt; in den Vereinigten Staaten wurden erstmals 1945 ungefähr 50000 Kugelschreiber im Gimbel's Department Store in New York City verkauft. Nach diesen Anfängen gab es dann einige Veränderungen in der chemischen Zusam­mensetzung. 1951 war der Kugelschreiber in der heutigen Form mit gly­kolhaltigen Pasten auf dem Markt. 1954 wurden Metallkomplexe als zu­sätzliche Farbstoffkomponente in Kugelschreiberpasten verwendet, haupt­sächlich der blau-grüne Kupferphthalocyanin-Farbstoff. Diese Farbstoff­klasse ist lichtecht und hat ausgezeichnete Lösungseigenschaften.

1962 wurde durch Pentel in Japan der neue Faserschreiber entwickelt, ge­folgt vom Rollerpen, 1968 und dem radierbaren Kugelschreiber, 1963. Die jüngste Entwicklung sind die sogenannten Geltinten, welche zunehmend beliebter werden. Zum ersten Mal wurden Geltinten 1984 von Sakura Color Products Corporation in Japan hergestellt (Wilson, 2004). Wasser ist das H~uptlösungsmittel und als färbende Komponente werden Pigmente einge­setzt - d.h. im Vergleich zu den sonstigen Schreibmitteln grundsätzlich andere Farbmittel. Dies hat den Nachteil, dass bei Geltinten die für die an­deren Schreibmittel üblichen Analysemethoden überhaupt nicht bzw. nur sehr eingeschränkt möglich sind.

3. Vergleich mit Schreibmittelsammlung

Es gibt beim United States Secret Service die größte Schreibmittel­sammlung der Welt mit über 8000 verschiedenen Schreibmitteln. In einem jährlichen Turnus wird mit Hilfe der Hersteller diese Sammlung aktu­alisiert. Kleinere Schreibmittelsammlungen gibt es auch hier in Deutschland in den diversen Landeskriminalämtern.

Der entscheidende Nachteil dieser indirekten Methode der Altersbestim­mung ist, dass sich die Zusammensetzung von Schreibmitteln heutzutage nur noch selten ändert. Zum Beispiel gab es bei Füllfederhaltertinten und Kugelschreiberpasten in den letzten Jahren keine entscheidende Änderung. Das prinzipielle Problem ist zudem, dass die größte überhaupt mögliche Schreibmittelsammlung nie umfassend genug sein kann. Dazu müsste man marktabdeckende Mustersammlungen von Schreibmittelherstellern der gan­zen Welt besitzen. Dies wird allerdings etwas vereinfacht durch die Tat­sache, dass nur wenige Schreibmittelhersteller die Schreibgerätefirmen be­liefern.

123

Page 5: Altersbestimmung von Schreibmitteln durch chemische Analyseverfahren

4. Ink Taging-Programm

Ein interessanter Ansatz für die Altersbestimmung von Kugelschreiber­pasten war das vom Bureau of Alcohol, Tobacco and Firearrns begonnene Nationale Markierungsprogramm (Brunelle, 1984). Dabei wurden den Pas­ten jedes Jahr verschiedene spezielle Marker zugesetzt, so dass eine Bestimmung des Produktionsjahres möglich ist. Bei den Markern handelt es sich um verschiedene Kombinationen von seltenen Erdenelementen, die durch Dünnschichtchromatographie oder Röntgenfluoreszenzspektroskopie analysiert werden können. Im Jahr 1978 waren ungefähr 50% aller Pasten in USA erfasst (Brunelle, 1987).

Abbildung 3 zeigt exemplarisch ein System von vier fluoreszierenden Mar­kern, welche den Kugelschreiberpasten des großen amerikanischen Schreib­mittelherstellers Formulab im Zeitraum von 1969 bis 1991 zugesetzt wur­den. Die Analytik ist einfach, die Auftrennung in die einzelnen Komponen­ten erfolgt mit Hilfe der Dünnschicht-Chromatographie, die Identifikation der fluoreszierenden Substanzflecke ist mit Hilfe von UV -Licht möglich.

l'orDt111lab Datlnc Tolp Crelatlve Rf nluee or rn..-nt ,...I

TLC ~l'lta:raltm: Clllittot1tßd1'41;•1'J~ U~1tf\INII

oi....T

Ql F"riD.r1o+

Cl .C;:J Cl t::l Cl p-c.. i

Cl 0 c 1:::1 c t:;3 0 O·A

t::l c:J t:l Cl 0 c o-.e ..

Co. .Q. ·""" = t.::l .t:::> b-1l

. - . . . . .. - ~ .. ;." '

\':!'!" -~~- !il!O 1:!!1 "{a.. 11..'1 l'U n'" . .,, ... '""1 l'l,a..... I"I"U .,,.'{

Abb. 3: Markierungsmuster bei Formulab

124

Page 6: Altersbestimmung von Schreibmitteln durch chemische Analyseverfahren

Es erwies sich als schwierig dieses Programm durchzusetzen, da zuneh­mend Pasten von Asien auf den amerikanischen Markt kamen. Zudem bedeutet es auch einen erhöhten Aufwand für die Pastenhersteller, derwirt­schaftlich nicht interessant ist. Das Programm wurde aus Mangel an staat­lichen Zuschüssen zunächst eingestellt. Auch gab es wohl Probleme, dass die Marker nicht einheitlich in der Paste verteilt waren. Es wurde jedoch von Cantu in diesem Jahr veröffentlicht, dass seit November 2002 ein gro­ßer Schreibmittelhersteller wieder Marker in .Zusammenarbeit mit dem Secret Service verwendet (Cantu, 2004).

5. Dynamic Approach - Direkte Alterbestimmung

Bei dem zweiten, dynamischen Ansatz oder "dynamik approach", werden Eigenschaften oder Größen eines Schreibmittels untersucht, welche sich mit der Zeit verändern (Cantu, 1995). Er stellt somit eine direkte Methode der Altersbestimmung dar, denn es werden physikalische und/oder chemische Eigenschaften eines Schreibmittels untersucht, die einem Veränderungspro­zess unterliegen.

Ein Verfahren ist die Chloridmethode nach Mezger, Rall und Heeß bei Flüssigschreibmitteln (Heeß, 1937). Bei der Untersuchung der derzeit auf dem Markt befindlichen Tinten von Faserschreibern, Kugelfüllern und Fül­federhaltern zeigte sich, dass diese teilweise noch Chloridionen enthalten, so dass eine Altersbestimmung mit Hilfe dieser Methode möglich ist. Dabei ist eine Unterscheidung von einer frischen Erstellung oder mindestens ei­nem Alter von mehr als zwei Jahren möglich. Die am Aufbewahrungsort herrschende Luftfeuchtigkeit und Temperatur hat einen großen Einfluss. Wichtig ist, dass niemals vor einer Altersbestimmung mit dieser Methode eine elektrostatische Oberflächenprüfung (ESDA) durchgeführt werden sollte, denn durch die "Anfeuchtung" werden die Ergebnisse verfälscht.

6. Extraktionsmethode

Die Lösungsmittelextraktionstechnik nach Cantu, die in den späten 1970er Jahren begonnen wurde, wird hauptsächlich von einigen privaten Sachver­ständigen in den USA bei den forensischen Untersuchungen von Kugel­schreiberpasten verwendet (Brunelle, 1989; Cantu, 1987). Dieser Ansatz basiert auf der Beobachtung, dass die Extraktion, d.h. Entfernung eines

125

Page 7: Altersbestimmung von Schreibmitteln durch chemische Analyseverfahren

Schreibmittels mit Hilfe von sogenannten schwachen Lösungsmitteln (weak solvents) umso schwieriger ist, je länger das Schreibmittel auf dem Papier aufgetragen, d.h. je älter der Schriftzug ist. Betrachtet man die Extraktions­fähigkeit eines Schreibmittels mit einem schwachen Lösungsmittel in Ab­hängigkeit von der Zeit, also die Alterungskurve, so zeigt sich ein monoton fallendes Verhalten mit einer asymptotischen Annäherung an einen Grenz­wert.

In der Literatur wird angegeben, dass Altersbestimmungen bis zu einem Schriftalter von 3 bis 4 Jahren möglich sind.

Durch das Extraktionsverfahren sollten sogenannte relative Altersbestim­mungen möglich sein. Dabei wird das Alter zweier Schreibleistungen verglichen, von denen eine fraglich und die andere datierbar ist. Außerdem werden von einigen Labors in den USA mit Hilfe der künstlichen Alterung absolute Altersbestimmungen durchgeführt. Dabei entnimmt man aus dem zu untersuchenden Schriftzug zwei Proben und führt bei einer Probe eine künstliche Alterungen bei erhöhter Temperatur und einer gewissen Luft­feuchtigkeit durch. Dabei sollte eine zeitliche Raffung der Alterungsvor­gänge stattfinden.

Das Hauptproblem bei dieser künstlichen Schnellalterung ist die Wahl der Bedingungen, um den natürlichen Alterungsprozess möglichst genau nach­ahmen zu können. Es gibt keine umfassende Untersuchung darüber, welche Temperatur oder auch Luftfeuchtigkeit günstig sind.

Bei Tests des Extraktionsverfahrens von der Autorio zeigte sich, dass die Ergebnisse nicht reproduzierbar waren. Es ergab sich insbesondere ein Un­terschied, ob die extrahierte Lösung manuell mit einer Glaskapillaren oder mit einem automatischen Auftragegerät auf die Dünnschichtplatte aufge­bracht wurde. Verschiedene Lösungsmittel, Extraktionszeiten und Rührbe­dingungen wurden untersucht. Es zeigte sich auch bei den Absorptionskur­ven, dass sich das relative Verhältnis der Farbstoffkomponenten während der Extraktion verändert und somit die quantitative Auswertung erschwert wird (Abbildung 4). Auch Spurenelemente bei zwei unterschiedlichen Chargen von Lösungsmitteln des gleichen Herstellers führen zu einem an­deren Absorptionsverhalten.

126

Page 8: Altersbestimmung von Schreibmitteln durch chemische Analyseverfahren

11!18

% 811

28

5~0·· 558··

at585 nm measuremem

6811·· 668··

Hef1ilz blue. 2-melhyl-3-pentanol (weak}. pyridine (sbtlng}

/streng solvent

?SB·· 9&11 [n~~~J

· Abb. 4: Veränderung der Absorptionskurven bei \erschiedenen Extraktionszeiten und Unterschied der Absorptionskurven von schwa::hen und starken Lösungsmitteln

7. Gaschromatographie

Vielversprechender ist derzeit die Altersbestimmung mit Hilfe der Gaschro­matographie. Es wird dabei die Verdampfung von flüchtigen Stoffen in den Schreibmitteln untersucht, welche hochsiedende Lösungsmittel oder In­haltsstoffe enthalten. Die Konzentration dieser Lösungsmittelanteile und flüchtigen Stoffe nimmt beim Trocknen und somit mit der Zeit ab (A­ginsky, 1996; Steward, 1985). Die Verdampfungsrate ist am Anfang am größten, unmittelbar nachdem das Schreibmittel auf den Schriftträger auf­gebracht wurde: Sie wird dann immer langsamer und nach einer gewissen Zeit bleibt die Konzentration mit ungefähr 20% relativ konstant.

Kugelschreiberpasten enthalten solche Lösungsmittel in unterschiedlicher Konzentration. Auch in Faserschreibern, Rollerpens, Stempelkissenfarben und ähnlichen Schreibmitteln sind entsprechende hoch siedende Lösungs­mittel vorhanden.

Es hat sich gezeigt, dass 2-Phenoxyethanol sehr häufig in Kugelschrei­berpasten als Hauptlösungsmittel verwendet wird. 2-Phenoxyethanol hat ei­nen hohen Siedepunkt und verdampft nur sehr langsam. In einem kürzlich veröffentlichten Artikel beschreibt Cantu, dass in 85% der schwarzen und

127

Page 9: Altersbestimmung von Schreibmitteln durch chemische Analyseverfahren

83% der blauen Kugelschreiberpasten diese chemische Substanz vorhanden ist (Cantu, 2004).

Jüngste Veröffentlichungen gibt es von der Gruppe von Brazeau und Gaudreau von der Forensie Division of the Canada Customs and Revenue Agency (CCRA) in Ottawa, Canada (Brazeau, Gaudreau, 2002). Auch hier in Deutschland gibt es Forschungsprojekte beim BKA und in verschiedenen Landeskriminalämtem. Bei der Kantonspolizei in Zürich wird im nächsten halben Jahr auch ein Gaschromatograph aufgebaut. Und schließlich wird auch die Autorin in Zusammenarbeit mit Prof. Martin Kreyenschmidt vom Lehrstuhl Analytische Chemie an der Fachhochschule Münster in naher Zukunft auf diesem Gebiet tätig werden.

8. Literatur

Aginsky, V.N. (1996). Dating and Characterizing Writing, Stamp Pad and Jet Printer Inks By Gas Chromatography/Mass Spectrometry. International Journal of Forensie Doeument Examiners, 2, 103-116.

Brunelle, R.L. (1984). Forensie Examination of Ink and Paper, Springfield, USA: Charles C. Thomas Publisher.

Brunelle, R.L., Cantu, A.A. (1987). A Critical Evaluation of Current Ink Dating Techniques. Journal of Forensie Scienees, 32, 1522-1536.

Brunelle, R.L., Lee, H. (1989). Deterrnining the Relative Age of Ballpoint Ink Using a Single-Solvent Extraction Mass-Independent Approach. Jour­nal of Forensie Scienees, 34, 1166-1182.

Brunelle, R.L. (1992). Ink Dating- The State of the Art. Journal of Foren­sie Scienees, 37, 113-124.

Brunelle, R.L. (1995). Sequential Multiple Approach to Deterrnining the Relative Age of Writing Inks. International Journal of Forensie Document Examiners, 1, 94-98.

Brunelle, R.L, Crawford K.R. (2003). Advanees in the Forensie Analysis and Dating of Writing Ink, Springfield, USA: Charles C. Thomas Publisher.

128

Page 10: Altersbestimmung von Schreibmitteln durch chemische Analyseverfahren

Cantu, A.A. (1995). A Scetch of Analytical Methods for Document Dating Part I. The Static Approach: Determining Age Independent Analytical Pro­files. International Journal of Forensie Document Examiners, 1, 40-51.

Cantu, A.A. (1995). A Scetch of Analytical Methods for Document Dating Part II. The Dynamic Approach: Determining Age Dependent Analytical Profiles. International Journal of Forensie Document Examiners, 2, 192-208.

Cantu, A.A., Prough, R.S. (1987). On the Relative Aging of Inks- The Sol­vent Extraction Technique. Journal of Forensie Sciences, 32, 1151-1174.

Gaudreau, M., Brazeau, L. (2002). Ink Dating Using a Solvent Lass Ratio Method, Presentation 60th Annual Conference· of the American Society of Questioned Document Examiners, San Diego, Califomia

Heeß, W. (1937). Ein neues Verfahren, Identität und Alter von Tinten­schriften festzustellen. Archiv für Kriminologie, 101, 7-37.

LaPorte, G.M., Wilson, J.D., Cantu, A.A., Mancke, S.A., Fortunato, S.L. (2004). The Identification of 2-Phenoxyethanol in Ballpoint Inks Using Gas Chromatography/Mass Spectrometry-Relevance to Ink Dating. Journal of Forensie Sciences, 49, 155-159.

Steward, L.F. (1985). Ballpoint Ink Age Determination by Volatile Compo­nent Camparisan- A Preliminary Study. Journal of Forensie Sciences, 30, 405-411.

Steward, L.F., Fortunato, S.L. (1996). Distinguishing between Relative Ink Age Determinations and the Accelerated Aging Technique. International Journal of Forensie Document Examiners, 2, 10-15.

Wilson, J.D., Laporte, G.M., Cantu, A.A. (2004). Differentiation of Black Gel Inks Using Optical and Chemical Techniques. Journal of Forensie Sciences, 49, 364-370.

Anschrift der Verfasserin: Dr. Kristina Jahns, Wintergasse 19/2, D-69469 Weinheim, Email: [email protected]

129