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98 | Trigonale 2015 – Vorschau I Trigonale 2015 – Vorschau | 99 I Mittwoch, 09. September | 19 Uhr Stiftskirche St. Georgen / Längsee Dennoch – ein Land bleibt geheimnisvoll, auch wenn es seit Menschengedenken von jeder Frau, jedem Mann und jedem Kind auf seinem Weg durch das Leben bereist, durchwandert und erforscht wird: das Land der Liebe. Wie also soll ein Liebender wissen, auf welchem Weg die Gunst der Angebeteten errungen werden kann, welcher Pfad zu ihrem Herzen führt? Was gibt ihm die Gewissheit, nicht ziellos umherzuirren? Wie kann er die vollkommene Liebe finden? Unbestritten Fragen von zeitloser Aktualität. Auf der Suche nach Antworten entstand im Frankreich des 17. Jahrhunderts die Carte de Tendre, eine allegorische Landkarte des Reiches der Liebe, welche uns als Abbildung in einem der zehn Bände des pseudohistorischen Romans Clélie der schon zu Lebzeiten überaus populären franzö- sischen Schriftstellerin Madeleine de Scudéry (1607 - 1701) überliefert ist. Auf dieser Landkarte der zärtlichen Empfin- dungen, die dem Liebenden bei der Suche nach der amour parfait hilfreich sein soll, werden allen Schattierungen zwi- schenmenschlicher Gefühle geographische Positionen zuge- ordnet. So finden sich im von den Flüssen der Zuneigung, der Dankbarkeit und der Wertschätzung durchflossenen Ter- rain Ortsbezeichnungen wie Ehrfurcht, Zärtlichkeit, Einfüh- lungsvermögen und Freundschaft, aber auch Treulosigkeit, Indiskretion, Nachlässigkeit oder Leichtfertigkeit. Besondere Uns Menschen des 21. Jahrhunderts sind alle Kontinente bekannt, jeder Berg, Fluss und See trägt seinen Namen. In Atlanten und auf Globen sind selbst viele Reliefs der Tiefsee faszinierend genau dargestellt, das Internet und Dokumen- tationen im Fernsehen lassen uns glauben, es gäbe sie nicht mehr: die weißen Flecken auf den Landkarten dieser Erde. Airs de cour – airs de coeur Wege zur amour parfait

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Mittwoch, 09. September | 19 Uhr Stif tskirche St. Georgen / L ängsee

Dennoch – ein Land bleibt geheimnisvoll, auch wenn es seit Menschengedenken von jeder Frau, jedem Mann und jedem Kind auf seinem Weg durch das Leben bereist, durchwandert und erforscht wird: das Land der Liebe.

Wie also soll ein Liebender wissen, auf welchem Weg die Gunst der Angebeteten errungen werden kann, welcher Pfad zu ihrem Herzen führt? Was gibt ihm die Gewissheit, nicht ziellos umherzuirren? Wie kann er die vollkommene Liebe finden? Unbestritten Fragen von zeitloser Aktualität.

Auf der Suche nach Antworten entstand im Frankreich des 17. Jahrhunderts die Carte de Tendre, eine allegorische Landkarte des Reiches der Liebe, welche uns als Abbildung in einem der zehn Bände des pseudohistorischen Romans Clélie der schon zu Lebzeiten überaus populären franzö-sischen Schriftstellerin Madeleine de Scudéry (1607 - 1701) überliefert ist. Auf dieser Landkarte der zärtlichen Empfin-dungen, die dem Liebenden bei der Suche nach der amour parfait hilfreich sein soll, werden allen Schattierungen zwi-schenmenschlicher Gefühle geographische Positionen zuge-ordnet. So finden sich im von den Flüssen der Zuneigung, der Dankbarkeit und der Wertschätzung durchflossenen Ter-rain Ortsbezeichnungen wie Ehrfurcht, Zärtlichkeit, Einfüh-lungsvermögen und Freundschaft, aber auch Treulosigkeit, Indiskretion, Nachlässigkeit oder Leichtfertigkeit. Besondere

Uns Menschen des 21. Jahrhunderts sind alle Kontinente bekannt, jeder Berg, Fluss und See trägt seinen Namen. In Atlanten und auf Globen sind selbst viele Reliefs der Tiefsee faszinierend genau dargestellt, das Internet und Dokumen-tationen im Fernsehen lassen uns glauben, es gäbe sie nicht mehr: die weißen Flecken auf den Landkarten dieser Erde.

Airs de cour – airs de coeurWege zur amour parfait

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prägend wurde. Es folgten Studien bei Eugène Green und Benjamin Lazar in Deklamation und barocker Gestik. Seit einigen Jahren setzt sie ihr Studium bei Christine Schweitzer fort. Ihre Vertrautheit mit dem barocken Re-pertoire ließ sie zur bevorzugten Interpretin zahlreicher Ensembles werden und führte sie an viele französische und ausländische Bühnen, darunter der Salle Gaveau, das Festival de Beaune, die Opéra de Rouen, die Opéra d'Avignon, das Festival in Utrecht, die Sankt Petersburger Philharmonie, der Palau de la Mùsica in Barcelona, der Palais des Beaux Arts in Budapest, das Festival Bozar in Brüssel, das Concertgebouw in Amsterdam sowie Veranstalter in Tokio und Buenos Aires.Seit 1999 ist Claire die zentrale Interpretin der Produktionen von Le Poème Harmonique unter der Leitung von Vin-cent Dumestre. Ihre Konzerte und Aufnahmen mit diesem Ensemble, seien es Werke von Etienne Moulinié, Pierre Guédron, Antoine Boesset, Emilio de Cavalieri, Il Fasolo oder französische Romanzen, werden einhellig von der Pres-se gewürdigt. Claire sang 2004 an der Opéra d'Avignon und 2005 am Théâtre Royal in Versailles die weibliche Rolle in den Zwischenspielen von Le bourgeois gentilhomme von Lully und Molière. 2006 verkörperte sie die Titelrolle in Marazzo-lis Oper La vita humana u.a. im Concertgebouw in Utrecht und beim Festival in Ambronay. 2008 sang sie Hermione in Cadmus et Hermione von Lully (Inszenierung: Benjamin Lazar) an der Opéra Comique, dann am Théâtre des Arts in Rouen. Ebenfalls 2008 sang sie den Annius in La clemenza di Tito von Mozart (Inszenierung: Alain Garichot) am Théâtre des Arts in Rouen.

Vorsicht sei jedoch geboten, nähert man sich dem Meer der Feindschaft oder dem See der Gleichgültigkeit ...

Das Ensemble Stylus Phantasticus und die unvergleichliche Claire Lefilliâtre begeben sich auf die Suche nach dem Weg zur amour parfait – die Carte de Tendre möge auch ihnen dabei als Orientierungshilfe dienen.

Cl aire Lefilliâtre – Sopran

St ylus Phanta sticusGebhard David – Zink, Viola da gambaFriederike Heumann – Viola da gamba & LeitungRomina Lischk a – Viola da gambaIrene Klein – Viola da gambaFrauke Hess – Viola da gambaEvangelina Mascardi – Renaissancelaute

Cl aire Lefilliâtre begann im Alter von sechzehn Jahren ihr Gesangsstudium am Conservatoire National de Région de Caen, wo sie ihr Abschlussexamen in Ge-sang und Musikgeschichte machte. Paral-lel zu einem Theater- und Filmstudium an

der Université de Caen nahm sie Unterricht bei Alain Buet am ENM d'Alençon, der sie zur Alten Musik führte und für ihre künstlerische, stilistische und pädagogische Ausrichtung

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Romina Lischk a begann mit siebenJahren Gitarre und mit dreizehn Jahren Gambe an verschiedenen Musikschulen in Wien zu lernen. Von 1999 bis 2002 studierte sie klassische Gitarre bei Prof. Walter Würdinger an der Universität für

Musik, Wien. Ihr starkes Interesse für die Alte Musik führte sie an die Schola Cantorum Basiliensis in Basel, wo sie ab 2002 Viola da gamba bei Paolo Pandolfo studierte und 2006 ihr Solistendiplom mit Auszeichnung bestand. Anschlie-ßend studierte sie mit Philippe Pierlot am Königlichen Konservatorium Brüssel, wo sie 2008 einen Master mit Auszeichnung machte. Seit 2008 arbeitet sie als freischaf-fende Gambistin mit Ensembles wie Collegium Vocale Gent, Ricercar Consort, Les Flamboyants, Le Jardin Secret, Queens Consort, B-Rock, Capilla Flamenca, Vlaamse Opera, Zefiro Torna, Roza Enflorese u.a. Ihre Konzertaktivität führte sie in den letzten Jahren zu Festivals und an Häuser wie: Early Music Festival York, Brighton Early Music Festival, Züri-cher Tonhalle, Concertgebouw Amsterdam, Lincoln Center NY, Festival d'Aix en Provence u.a. Romina hat bei CD- Aufnahmen für Labels wie Coro, Flora, Ricercar und Chris-tophorus mitgewirkt. Neben ihrer Tätigkeit als Gambistin studierte sie ab 2006 klassischen nordindischen Gesang (Stil Dhrupad) am Konser- vatorium Rotterdam in Holland sowie bei Ustad Faridud-din Dagar und Uday Bhawalkar in Delhi und Pune (Indien). 2011 gründete sie ihr Hathor-Consort, mit dem sie sich dem Consort-Repertoire der Renaissance und des Barock widmet.

Gebhard David, geboren in Erlangen, begann seine musikalische Ausbildung auf der Blockflöte und der Viola da gam-ba. Im Alter von zwölf Jahren entdeckte er den Zink, der von da an sein Haupt-instrument wurde. Er studierte an der

Schola Cantorum Basiliensis Alte Musik mit Hauptfach Zink bei Bruce Dickey und erhielt 1997 sein Diplom. Im selben Jahr gründete er zusammen mit Bork-Frithjof Smith das Ensemble Les Cornets Noirs.Gebhard spielt seit Jahren mit den bekanntesten Ensem-bles für Alte Musik wie Double Bande, Hesperion XX/XXI, Il Giardino Armonico, Concerto Köln, La Petite Bande, Concerto Palatino, La Fenice oder L'Arpeggiata und tritt mit ihnen bei den bedeutendsten Festivals in ganz Europa auf. Außerdem konzertierte er in Israel und Russland sowie in Nord- und Südamerika. Mehr als 60 CD-Einspielungen bei verschie- densten Labels dokumentieren seine bisherige Laufbahn. Für die Mitwirkung bei einer CD mit L'Arpeggiata erhielt er 2010 einen Echo, 2011 einen Grammy für eine CD-Einspie-lung mit Jordi Savall.Von 2006 bis 2008 war Gebhard Dozent für Zink und Diminution an der Staatlichen Hochschule für Musik Tros-singen. Seit 2009 ist er Lehrer an der Hochschule für Künste in Bremen.

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bei Opernproduktionen mit Thomas Hengelbrock, Konrad Junghänel, Lars-Ulrik Mortensen, Pablo Heras-Casado u.a. mit. Sie ist Preisträgerin des 3. Internationalen Telemann-Wettbewerbs. 2007 schloss sie mit Auszeichnung ihre Aus-bildung mit dem Konzertexamen an der Abteilung Alte Musik Bremen bei Hille Perl ab, wo sie seitdem auch als Lehrbeauftragte tätig ist. 2012 erschien ihre erste Solo-CD mit Kammermusik von D. Buxtehude, C. PH. Erlebach, A. Kühnel u.a. beim Label Coviello Classics.

Die 1977 in Buenos Aires geborene Evangelina Ma sc ardi studierte in ihrer Heimatstadt Gitarre an der J. P. Esnaola National School of Music bei Sil-via Fernandez und Gabriel Schebor, bevor sie 1997 in die Lautenklasse von Hopkin-

son Smith an der Schola Cantorum Basiliensis eintrat. Dort erlangte sie 2001 ihr Solistendiplom. Als Solistin trat sie mit großem Erfolg bei verschiedenen Festivals auf (u.a. Fringe Barcelona, Junge Künstler Nürnberg, Concentus Berlin). Evangelina spielt Continuo in verschiedenen Ensembles wie dem Venice Baroque Orchestra, dem Ensemble Zefiro, Ensemble 415, Capriccio Basel, Ensemble Vocal de Lausanne u.a.Auf CD hat Evangelina Musik von Silvius Leopold Weiss, J. S. Bach und Bellerofonte Castaldi eingespielt, sowie jüngst Musik für die jesuitische Barockharfe und Barockgitarre.Evangelina unterrichtet Laute an der Hochschule für Musik und Theater in München.

Die Biografie von Friederike Heumann finden Sie auf Seite 73.

Irene K lein studierte an der Schola Cantorum Basiliensis bei Paolo Pandolfo und in Mailand an der Civica Scuola di Musica bei Roberto Gini. Sie war Preis-trägerin beim 1. Internationalen Bach-Abel-Wettbewerb für Viola da gamba in

Köthen/Anhalt und bei mehreren internationalen Ensem-blewettbewerben mit ihrem Gambenduo Musicke&Mirth, in dem sie gemeinsam mit Jane Achtman musiziert. Verschie-denste Konzert- und Aufnahme-Projekte führten sie seither durch viele Länder der Welt. Seit 2004 ist sie Dozentin für Viola da gamba an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy.

Fr auke Hess studierte zunächst in Hamburg Musikwissenschaft, bevor sie 1999 ihr Gambenstudium bei Sarah Cunningham und Hille Perl an der Hochschule für Künste Bremen begann. Sie ergänzte ihr Studium durch Besuche

verschiedener Meisterkurse, u.a. bei Jordi Savall, Wieland Kuijken, Paolo Pandolfo und Vittorio Ghielmi. Seit 2000 tritt sie als freischaffende Solistin auf den renommierten Festi-vals im In- und Ausland mit Gruppen wie Ensemble Weser-Renaissance, Sirius Viols, Concerto Köln, Movimento, Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Balthasar-Neumann-Ensem-ble, Cantus Cölln, Concerto Copenhagen, Freiburger Barock Consort, Dresdner Kammerchor u.a. auf. Außerdem nahm sie an zahlreichen CD- und Rundfunkproduktionen teil und wirkte als Continuospielerin mit Gambe, Lirone und Violone